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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters

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Die übrigen Belustigungen gleichen sehr denen unserer Feste in den Elisäischen Feldern an den öffentlichen Belustigungs-Tagen; sie bestehen aus Herkulessen aller Länder, Wachskabinetten, Riesen und Zwergen, das alles von einer grausigen Musik und kosmopolitischen Vagabunden verkündigt. So viel ich nach den Gebärden und nach den Paraden, mit welchen sie ihre Kunden herbeiriefen, urtheilen konnte, hatten sie mit den unsrigen eine große Aehnlichkeit, obgleich sich alles durch besondere Eigenthümlichkeiten des Landes unterschied. Einer der Späße, welcher mir das meiste Glück zu machen schien, ist der, welchen man einem einfältigen Familien-Vater spielt, der ungeduldig ist seinen Letztgeborenen wieder zu sehen, welcher am selben Tage von dem Dorfe, wohin er gesandt ist, zurückkommen soll. Bald erscheint die Amme, indem sie den so vollständig in Windeln gewickelten Jungen hält, daß man nur die Spitze eines schwarzen Maules sieht. Der Vater, entzückt seinen Nachkömmling, der ein lautes Brummen ausstößt, wiederzusehen, findet, daß er für das körperliche ganz sein, und für die Liebenswürdigkeit seiner Mutter Ebenbild ist. Bei diesen Worten kommt die Mutter herbei und hört das Kompliment; das Kompliment führt eine Erörterung, die Erörterung einen Zank herbei, der Junge, von beiden Seiten gezerrt, macht sich aus den Windeln los; ein junger Bär kommt zum großen Beifallklatschen der Menge hervor, und der Vater fängt an gewahr zu werden, daß man ihm sein Kind bei der Amme vertauscht habe.

Während der letzten Woche des Karnevals durchwandern nächtliche Maskeraden die Straßen von St. Petersburg, indem sie neckend von Haus zu Haus gehen, wie das in unsern Provinzstädten geschieht. Dann ist die, am allergemeinten angenommene Verkleidung die eines Parisers. Sie besteht in einem Frack mit langen Schößen, einem schmählich gestärkten Hemdekragen, welcher um drei oder vier Zoll weit über die Halsbinde hinaus steht, einer Locken-Perücke, einem ungeheuren Busenstreifen und einem kleinen Strohhute; die Karikatur vervollständigt sich durch mächtige Uhrgehänge und Ketten, welche um den Hals hängen und auf dem Gürtel spielen. Sobald die Masken erkannt sind, hört unglücklicher Weise die Freiheit auf, die Etikette nimmt ihre Rechte wieder ein, und der Hanswurst wird wieder Excellenz, was natürlich der Intrigue etwas Anziehendes raubt.

Was das Volk anbelangt, so beeilt es sich, um sich im voraus für die Strenge der großen Fasten zu entschädigen, alles, was es vermag an Fleisch und Liqueuren zu verschlingen; sobald es aber Mitternacht vom Sonntag oder Fastnachts-Montag schlägt, so geht man von dem Gelage zu dem Fasten über, und das mit einer solchen Gewissenhaftigkeit, daß die Reste des Mahles bei dem ersten Glockenschlage schon den Hunden vorgeworfen sind, wenn der letzte ertönt. Dann ändert sich alles, die schlüpfrigen Gebärden werden Zeichen des Kreuzes, und die Trinkgelage verwandeln sich in Gebete. Man zündet die Kerzen vor dem Bilde des Schutzpatrons vom Hause an, und die bis dahin einsamen Kirchen, die man gänzlich vergessen zu haben schien, werden von einem Tage zum anderen zu klein.

Inzwischen sind diese Feste, so glänzend sie auch heut zu Tage noch sein mögen, sehr ausgeartet gegen das, was sie früher waren. Im Jahre 1740 entschloß sich zum Beispiele die Kaiserin Anna Iwanowna alles zu übertreffen, was in dieser Art bis jetzt bestanden hatte, und wollte eines jener Feste geben, wie sie eine Kaiserin von Rußland nur allein geben kann. Sie setzte zu diesem Zwecke die Hochzeit ihres Hofnarren auf die letzten Tage des Karnevals fest, und sandte jedem Gouverneur den Auftrag, ihr, um bei dieser Feierlichkeit zu erscheinen, ein Paar von jeder Art Einwohner seines Bezirkes in ihrem National-Kostüm und den ihm eigenthümlichen Fuhrwerke zu übersenden. Die Befehle der Kaiserin wurden, pünktlich ausgeführt, und am bestimmten Tage sah die mächtige Herrscherin eine Deputation von hundert verschiedenen Völkern anlangen, von denen einige ihr kaum dem Namen nach bekannt waren. Das waren Kamtschadalen und Lappländer in Schlitten, von denen die einen durch Hunde, die anderen durch Rennthiere gezogen waren. Das waren Kalmucken auf ihren Kühen, Bucharen auf ihren Kameelen, Indier auf ihren Elephanten, und Ostiacken auf ihren Schlittschuhen. Nun fanden sich zum ersten Male, von den äußersten Enden des Reiches angelangt, einander gegenüber der rothe Finnländer und der Cirkaffier mit schwarzen Haaren, der riesige Ukrainer und der zwerghafte Samojede; endlich der gemeine Baschkir, den sein Nachbar, der Kirgiese, Istalki, das heißt der Schmutzige, nennt, und der schöne Bewohner Georgiens und Jaroslaws, deren Töchter die Zierde der Harems von Konstantinopel und von Tunis ausmachen.

So wie sie anlangten, wurde jeder Abgesandte von jedem Volke nach dem Lande, welches er bewohnte, unter eines der vier sie erwartenden Banner gereihet; das erste stellte den Frühling vor, das zweite den Sommer, das dritte den Herbst, das vierte den Winter; als hierauf alle an dem Sammelplatze vereinigt waren, begann eines Morgens der sonderbare Zug durch die Straßen von St. Petersburg zu rücken, wo diese Prozession, obgleich sie sich acht Tage lang alle Tage erneuerte, dennoch die öffentliche Neugierde noch nicht befriedigt hatte.

Endlich erschien der Tag der ehelichen Einsegnung. Die Neuverheiratheten begaben sich, nach dem sie die Messe in der Schloßkapelle gehört, von ihrem possierlichen Gefolge begleitet, nach dem Palaste, welchen die Kaiserin ihnen hatte herrichten lassen, und der übrigens wegen seiner Wunderlichkeit des Festes würdig war. Es war ein Palast von zwei und fünfzig Fuß Länge und zwanzig Fuß Breite, der mit seinen äußeren und inneren Verzierungen, mit seinen Tischen, seinen Stühlen, seinen Leuchtern, seinen Tellern, seinen Statuen und seinem durchsichtigen Hochzeitsbette, seinen Galerien auf dem Dach, seinem Giebel über der Thür ganz vom Eis gebauet, so angestrichen, um vollkommen den grünen Marmor nachzuahmen, und durch sechs Kanonen von Eis vertheidigt war, von denen eine mit anderthalb Pfund Pulver und einer Kugel geladen, sie bei ihrer Ankunft begrüßte, wobei die Kugel auf siebzig Schritt. Weite ein Brett von zwei Zoll Dicke durchbohrte. Aber das merkwürdigste Stück dieses Winter-Palastes war ein kolossaler Elephant, auf welchem ein ganz bewaffneter Perser ritt und der von zwei Sklaven geführt wurde; glücklicher als sein Bruder von der Bastille, ließ dieser, bald Brunnen und bald Leuchtthurm, aus seinem Rüffel am Tage Wasser und des Nachts Feuer spritzen; ferner stieß er von Zeit zu Zeit, wie es die Gewohnheit dieser Thiere ist, vermittelt acht oder zehn Mann, die durch die ausgehöhlten Beine in seinen hohlen Leib drangen, ein fürchterliches Geschrei aus, welches von einem Ende St. Petersburgs bis zum anderen gehört wurde.

Unglücklicher Weise sind dergleichen Feste selbst in Rußland vorübergehend. Die Fastenzeit sandte die Hundert Völker nach Hause, und das Thauwetter schmolz den Palast. Seit der Zeit hat man nichts ähnliches gesehen, und mit jedem neuen Jahr scheint der Karneval trübseliger zu werden.

Der vom Jahre 1825 war noch weniger heiter als gewöhnlich, und schien nur das Gespenst einer fröhlichen Vorgänger zu sein! Das kam daher, weit die immer wachsende Schwermuth des Kaisers sich zu gleicher Zeit über den Hof, der ihm zu mißfallen fürchtete, und über das Volk, das ohne ihn zu kennen, seinen Kummer theilte, verbreitet hatte.

Da einige gesagt haben, daß dieser Kummer Gewissensvorwürfe wären, so wollen wir getreulich erzählen, was sie veranlaßt hatte.

XII

Bei dem Tode Katharinens II., seiner Mutter, stieg Paul II. auf den Thron, von dem er wahrscheinlich für immer verbannt gewesen wäre, wenn sein Sohn Alexander sich zu den Absichten hätte hergeben wollen, die man auf ihn hatte. Lange Zeit vom Hofe entfernt, immer von seinen Kindern getrennt, deren Erziehung ihre Großmutter übernommen hatte, brachte der neue Kaiser in die Verwaltung der so lange Zeit durch das Genie Katharinens und die Ergebenheit Potemkins geleiteten höchsten Angelegenheiten einen mißtrauischen, unfreundlichen und wunderlichen Charakter, der aus dem kurzen Zeitraume, während welchem er auf dem Throne blieb, ein beinahe unbegreifliches Schauspiel für seine Nachbarvölker und die Könige, seine Brüder, machte.

Der Klageruf, welchen Katharina II. nach sieben und dreißig Stunden des Todes-Kampfes ausgestoßen, hatte Paul I. in dem Palaste zum Selbstherrscher aller Russen erklärt. Auf diesen Ruf war die Kaiserin Maria mit ihren Kindern zu den Füßen ihres Gatten gesunken, und hatte ihn zuerst als Czar begrüßt. Paul hatte sie erhoben, indem er ihnen seine kaiserliche und väterliche Güte zusicherte. Sogleich waren der Hof, die Verwaltungsbehörde und die Anführer der Armee, die Großen und die Hofleute vor ihm erschienen, indem nach der Ordnungs-Numer jeder nach seinem Range und seinem Dienstalter vor, ihm niederkniete, und hinter ihnen hatte eine in den Palast geführte Abtheilung der Garden, mit den Officieren und den von Gatschina, Pauls früherer Residenz angelangten Garden dem Herrscher Treue geschworen, welchen sie am Tage zuvor noch, eher um für ihn zu stehen, als um ihm Ehre zu erweisen, und eher als Gefangenen, als wie als Thronerben bewacht hatten. Augenblicklich hatten die Kommando-Rufe, das Geräusch der Waffen, das Scharren grober Stiefel und das Klirren der Sporen in den Gemächern ertönt, in welchen die große Katharina so eben für immer entschlafen war. Am anderen Tage war Paul I. als Kaiser, und sein Sohn Alexander als Czarewitsch, oder muthmaßlicher Thronerbe proklamirt worden.

Paul gelangte nach fünf und zwanzig Jahren der Entbehrung, der Verbannung und der Verachtung zum Throne, und im Alter von drei und vierzig Jahren sah er sich als obersten Herrn des Reiches, in welchem er am Tage zuvor nur ein Gefängnis gehabt. Während dieser fünf und dreißig Jahre hatte er viel gelitten, und dem zu Folge viel gelernt; er erschien demnach auch mit Taschen voll von während der Verbannung entworfener Anordnungen auf dem Throne, Anordnungen, welche er sich mit einer außerordentlichen Haft beeilte, eine nach der anderen, und zuweilen alle zusammen, in Ausführung zu bringen.

 

Zuerst auf eine, der Katharinens, gegen welche sein langsam erbitterter und in Haß verwandelter Groll durch, jede seiner Handlungen drang, ganz entgegengesetzte Weise verfahrend, umgab er sich mit seinen Kindern, einer der schönsten und reichsten Herrscher-Familien der Welt, und machte den Großfürst Alexander zum Militair-Gouverneur von St. Petersburg. Was die Kaiserin Maria anbelangte, welche sich bis dahin sehr über seine Entfernung zu beklagen hatte, so sah sie ihn mit einem mit Furcht gemischten Erstaunen wieder gut und liebevoll zu ihr zurückkehren. Ihre Einkünfte wurden verdoppelt, und inzwischen zweifelte sie noch, aber bald begleiteten Liebkosungen seine Wohlthaten, und nun glaubte sie, denn sie war eine heilige Mutterseele und ein edles Frauen-Herz.

Durch eine ihm eigenthümliche Sucht des Widerspruches, die sich immer in dem Augenblicke erhob, wenn man sie am wenigsten erwartete, war die erste Ukase, welche Paul erließ, die Aufhebung einer kürzlich von Katharinen anbefohlenen Rekrutirung, welche durch das ganze Reich auf Hundert Leibeigene einen aushob. Diese Maaßregel war mehr als menschlich, sie war politisch; denn sie erwarb zu gleicher Zeit dem neuen Kaiser die Dankbarkeit des Adels, auf welchem dieser militairische Zehnten lastete, und die Liebe der Bauern, welche ihn in Natur lieferten.

Subow, der letzte Günstling Katharinens, glaubte alles mit dem Verluste seiner Herrscherin verloren zu haben, und fürchtete nicht allein für seine Freiheit, sondern auch noch für sein Leben. Paul I. ließ ihn kommen, bestätigte ihn in seinen Aemtern, und sagte zu ihm, indem er ihm den Kommandostock, den der Generaladjutant trägt, und den er zurückgeschickt hatte, wieder gab: »Fahren Sie fort, Ihren Dienst bei dem Körper meiner Mutter zu vollziehen, ich hoffe, daß Sie mir eben so getreu dienen werden, als Sie ihr gedient haben.«

Kosciusko war zum Gefangenen gemacht worden; er hatte in der Wohnung des verstorbenen Fürsten von Anhalt Arrest und einen Major zu seiner gewöhnlichen Wache, der ihn niemals verließ und mit ihm aß. Paul ging selbst hin, um ihm seine Freiheit anzukündigen. Da in dem ersten Augenblicke, ganz voller Erstaunen und Ueberraschung, der Polnische General sich den Kaiser hatte entfernen lassen, ohne ihm alle den Dank zu bezeugen, den er ihm schuldig zu sein glaubte; so ließ er sich, den Kopf mit Bandagen umwickelt, denn er war noch schwach und leidend an seinen Wunden, nach dem Palaste tragen. Vor den Kaiser geführt bot ihm Paul Ländereien und Bauern in seinem Reiche an; aber Kosciusko schlug es aus, und bat dagegen um eine Summe Geldes, um zu leben und zu sterben, wo er wünschte. Paul gab ihm hundert Taufend Rubel, und Kosciusko ging nach der Schweiz, um dort zu sterben.

In Mitte aller dieser Verordnungen, welche jedermann täuschend eine edle Regierung verkündeten, kam der Moment herbei, um der Kaiserin die letzten Ehren zu erweisen. Nun beschloß Paul I. eine doppelte kindliche Pflicht zu erfüllen. Seit fünf und dreißig Jahren war der Name Peter III. in St. Petersburg nur mit leiser Stimme ausgesprochen worden; Paul I. begab sich in das Kloster des heiligen Alexander Newsky, woselbst der unglückliche Kaiser begraben worden war; er ließ sich durch einen alten Mönch das unbekannte Grab zeigen, den Sarg öffnen, kniete vor den erhabenen Resten, die es einschloß, nieder, und den Handschuh, welcher die Hand des Skelettes bedeckte, ausziehend, küßte er sie mehrere Male. Als er hierauf lange und andächtig an dem Sarge gebetet, ließ er ihn in Mitte der Kirche aufstellen, und befahl, daß man bei den Ueberresten Peters dieselben Feierlichkeiten begehe, als wie bei dem in einem Saale des Palastes auf ihrem Paradebette ausgestellten Leichname Katharinens. Endlich, nachdem er die Zufluchtsstätte entdeckt, in welcher seit einem Drittel-Jahrhundert in Ungnade gefallen der Baron Ungern-Sternberg, ein früherer Diener seines Vaters, lebte, ließ er ihn in einen Saal des Palastes rufen, in welchem sich ein Portrait Peters III. befand, und als der Greis gekommen war, sagte er zu ihm: »Ich habe Sie rufen lassen, damit in Ermangelung meines Vaters selbst dieses Portrait Zeuge meiner Dankbarkeit gegen seine getreuen Freunde sei.« Und nachdem er ihn zu diesem Bilde geführt, als ob seine Augen sehen könnten, was vorginge, umarmte er den alten Krieger, ernannte ihn zum kommandierenden General, hing ihm das Band des heiligen Alexander Newsky-Ordens um den Hals, und beauftragte ihn, den Dienst bei dem Körper seines Vaters in derselben Uniform zu versehen, welche er als der Generaladjutant Peters III. getragen hatte.

Der Tag des Leichenbegängnisses kam herbei; Peter III. war niemals gekrönt worden, und aus diesem Vorwande hatte man ihn wie einen einfachen russischen Großen in der Kirche des heiligen Alexander Newsky begraben. Paul I. ließ seinen Sarg krönen, und ihn nach dem Palaste bringen, um neben dem Leichname Katharinens ausgestellt zu werden; von dort wurden die Ueberreste der beiden Herrscher nach der Citadelle gebracht, auf derselben Estrade ausgestellt, und während acht Tagen kamen die Hofleute aus Kriecherei, und das Volk aus Liebe, um die Todtenhand der Kaiserin und den Sarg des Kaisers zu küssen.

An dem Fuße dieses doppelten Grabes, wohin er gleich den anderen kam, scheint Paul I. seine Frömmigkeit und seine Klugheit vergessen zu haben. Mit zwei oder drei Kompagnien Garden in seinem Palaste von Gatschina abgesondert, hatte er dort die Gewohnheiten des kleinen militairischen Dienstes angenommen, und brachte zuweilen ganze Stunden damit zu, um mit derselben Sorgfalt und mit derselben Emsigkeit seine Uniformknöpfe zu bürsten, welche Potemkin darauf verwandte, um seine Diamanten zu putzen. Von dem Morgen seiner Gelangung zum Throne an hatte demnach auch alles ein anderes Ansehen im Schlosse genommen, und der neue Kaiser hatte, bevor er sich mit der Sorge für den Staat beschäftigte, damit angefangen, alle die kleinen Veränderungen, welche er in dem Dienste und in der Kleidung der Soldaten einzuführen gedachte, in Ausführung zu bringen. Demzufolge war er gegen drei Uhr desselben Tages in den Hof gegangen, um seine Soldaten nach seiner Art manövrieren zu lassen, und ihnen das Exercitium nach einem Geschmacke zu zeigen. Diese Musterung, welche sich täglich erneuerte, erhielt von ihm den Namen Wachtparade, und wurde nicht allein die wichtigste Einrichtung seiner Regierung, sondern auch noch der Centralpunkt aller Verwaltungen des Reiches. Bei diesen Paraden war es, daß er die Rapporte bekannt machte, seine Befehle ertheilte, seine Ukasen erließ, und sich seine Officiere vorstellen ließ; dort war es, wo man ihn zwischen den beiden Großfürsten Alexander und Konstantin alle Tage drei Stunden lang, wie kalt es auch sein mochte, ohne Pelz, mit entblößtem und kahlem Haupte, die Nase in den Wind, eine Hand auf den Rücken und mit der anderen seinen Stock abwechselnd hebend und senkend, indem er ausrief: Raz, dwa! raz, dwa (eins, zwei! eins, zwei!)! um sich zu erwärmen, trippeln sah, indem er seine Eigenliebe aufbot, um zwanzig Graden Kälte zu trotzen.

Bald wurden die kleinsten militairischen Einzelheiten Staatsangelegenheiten; zuvörderst veränderte er die Farbe der russischen Kokarde, welche weiß war, um an deren Stelle die schwarze Kokarde mit einem gelben Saume treten zu lassen, und das war gut, denn, hatte der Kaiser gesagt, das Weiße sieht man von ferne, und kann als Zielpunkt dienen, während dem sich das Schwarze in der Farbe des Hutes verliert, und durch diese Einförmigkeit der Feind nicht mehr weiß, wohin er auf den Soldaten zielen soll. Aber die Verbesserung blieb dabei nicht stehen; sie erreichte eines nach dem anderen, die Farbe des Federbuches, die Höhe der Stiefeln und die Kamaschenknöpfe, so daß der größte Beweis von Eifer, den man ihm geben konnte, darin bestand, am anderen Tage bei der Wachtparade mit den Veränderungen zu erscheinen, die er am Tage zuvor eingeführt hatte, und mehr als einmal wurde diese Pünktlichkeit, sich diesen kleinlichen Verordnungen zu unterwerfen, mit einem Kreuze beehrt, oder durch einen Grad belohnt.

Welche Vorliebe Paul I. auch für seine Soldaten hatte, die er ohne Unterlaß an kleidete und auskleidete, wie es ein Kind mit seiner Puppe macht, seine Verbesserungssucht dehnte sich von Zeit zu Zeit auch auf seine Bürger aus. Indem die französische Revolution die runden Hüte in die Mode gebracht, so hatte sie ihm einen Abscheu vor dieser Art von Kopfbedeckung eingeflößt, demnach erschien auch an einem schönen Morgen eine Verordnung, welche verbot, sich in den Straßen von St. Petersburg in einem runden Hute zu zeigen. Sei es nun Unwissenheit, oder sei es Widersetzlichkeit, das Gesetz empfing keine so schnelle Anwendung, als der Kaiser gewünscht hätte. Nun stellte er an jede Straßenecke einen Kosacken und Polizeisoldaten mit dem Befehle, den Widerspänstigen den Hut abzunehmen, und er selbst durcheilte im Schlitten die Straßen, um zu sehen, ob man in St. Petersburg an der gebotenen Veränderung sei. Nach einer ziemlich zu seiner Zufriedenheit ausgefallenen Fahrt, war er im Begriffe in den Palast zurückzukehren, als er einen Engländer erblickte, welcher in der Meinung, daß eine Ukasse gegen die Hüte ein Angriff gegen die persönliche Freiheit sei, den einigen behalten hatte. Sogleich hält der Kaiser an, und befiehlt einem seiner Officiere, dem unverschämten Insulaner, der es wagt, ihm bis auf den Admiralitäts-Platz zu trotzen, den Hut abzunehmen; der Officier sprengt im Galop davon, und bei dem Strafbaren angelangt, findet er denselben ganz ehrerbietig mit einem dreieckigen Hute bedeckt. Der getäuschte Bote wendet sogleich den Rücken und kehrt zurück, um seinen Bericht abzustatten. Der Kaiser, welcher sieht, daß seine Augen ihn getäuscht haben, zieht seine Lorgnette, und richtet sie auf den Engländer, welcher fortfährt, seinen Weg mit demselben Ernste zu verfolgen. Der Officier hat sich getäuscht, der Engländer trägt einen runden Hut, der Officier wird in Arrest gesetzt, und ein Generaladjutant an seiner Stelle abgesandt. Begierig dem Kaiser zu gefallen, setzt der Generaladjutant sein Pferd in vollen Galop, und in einigen Sekunden hat er den Engländer erreicht. Der Kaiser hat sich getäuscht, der Engländer trägt einen dreieckigen Hut. Der Generaladjutant kehrt ganz beschämt zu dem Fürsten zurück, und bringt ihm dieselbe Antwort, als der Officier. Der Kaiser nimmt seine Lorgnette wieder, und der Generaladjutant wird mit dem Officier in Arrest geschickt: der Engländer trägt einen runden Hut. Nun bietet sich ein General an, die Sendung auszuführen, die seinen beiden Vorgängern so unglückselig gewesen ist, und sprengt von neuem auf den Engländer zu, ohne ihn einen Augenblick aus den Augen zu verlieren. Nun sieht er in dem Maße, wie er sich nähert, den Hut die Gestalt verändern, und aus der runden in die dreieckige übergehen; eine ähnliche Ungnade als die des Officiers und des Generaladjutanten fürchtend, führt er den Engländer vor den Kaiser, und alles erklärt sich. Der würdige Insulaner hatte sich, um seinen Nationalstolz mit der Laune des fremden Herrschers auszusöhnen, einen Filz machen lassen, welcher vermittelt einer im Innern angebrachten kleinen Feder plötzlich aus der verbotenen Gestalt in die gesetzmäßige überging. Der Kaiser fand den Gedanken glücklich, begnadigte den Generaladjutanten und den Officier, und erlaubte dem Engländer, sich in Zukunft nach seinem Gutdünken zu bedecken.

Die Verordnung über die Wägen folgte der über die Hüte. – Eines Morgens machte man in St. Petersburg das Verbot bekannt, die Pferde nach der russischen Art und Weise anzuspannen, das heißt, daß der Fahrende auf dem rechten Pferde reitet, und das Handpferd zur Linken hat. Vierzehn Tage waren den Eigenthümern der Kutschen, der Landauer und der Droschken bewilligt, um sich deutsches Geschirr anzuschaffen, nach welcher Zeit es der Polizei eingeschärft war, die Stränge derjenigen Equipagen abzuschneiden, welche sich erlaubten, Widerstand zu leisten. Uebrigens blieb die Verbesserung nicht bei den Wägen stehen, sie ging bis zu den Kutschern; Die Ivoschiks empfingen den Befehl, sich deutsch zu kleiden, so daß sie zu ihrer großen Verzweiflung ihren Bart abschneiden, und an den Kragen ihres Rockes einen Zopf annähen mußten, der immer an derselben Stelle blieb, währenddem er den Kopf zur Rechten und zur Linken drehete. Ein Officier, der noch nicht die Zeit gehabt hatte, sich nach dieser neuen Verordnung einzurichten, hatte sich entschlossen, sich eher zu Fuße nach der Wachtparade zu begeben, als den Kaiser durch den Anblick eines verbotenen Wagens zu erzürnen. In einen großen Pelz gehüllt, hatte er einem Soldaten seinen Degen zu tragen gegeben, als ihm Paul begegnete, welcher diese Verletzung der Disciplin bemerkte: der Officier wurde zum Soldaten, und der Soldat zum Officier gemacht.

 

Bei alle diesen Anordnungen war die Etikette nicht vergessen. Ein altes Gesetz verlangte, daß, wenn man in den Straßen dem Kaiser, der Kaiserin oder dem Czarewitsch begegnete, man seinen Wagen oder sein Pferd halten lassen, und nachdem man aus dem einen oder von dem anderen abgestiegen war, in den Staub, den Koth, oder den Schnee niederknieen sollte. Diese Huldigung, welche in einer Hauptstadt, wo durch jede Straße und zu jeder Stunde Tausende von Wagen kommen, so schwer zu erzeigen ist, war unter der Regierung Katharinens abgeschafft worden. Paul stellte sie gleich nach seiner Thronbesteigung in ihrer ganzen Strenge wieder her. Ein Generalofficier, dessen Leute die Equipage des Kaisers nicht erkannt hatten, wurde entwaffnet und in Arrest geschickt; als die Zeit seiner Gefangenschaft abgelaufen war, wollte man ihm seinen Degen wiedergeben, aber er weigerte sich ihn anzunehmen, indem er sagte, daß es ein ihm von Katharinen mit dem Vorrechte gegebener Ehrendegen sei, daß er ihm nicht genommen werden könnte. Paul untersuchte den Degen, und in der That sah er, daß er von Gold und Diamanten besetzt sei; nun ließ er den General kommen, und übergab ihm den Degen selbst, indem er zu ihm sagte, daß er keinen Groll gegen ihn habe; nichts desto weniger befahl er ihm, binnen vier und zwanzig Stunden nach der Armee abzugehen.

Unglücklicher Weise wandten sich die Sachen nicht immer auf eine so befriedigende Weise. Eines Tages war einer der tapfersten Brigadiers des Kaisers, Herr von Likarow, auf dem Lande krank geworden; seine Frau, die einen so wichtigen Auftrag niemand anders anvertrauen wollte, kam selbst nach St. Petersburg, um einen Arzt zu holen; das Unglück wollte, daß der Wagen dem Kaiser begegnete. Da sie und ihre Leute seit drei Monaten von der Hauptstadt abwesend waren, so hatte niemand von ihnen von der neuen Verordnung reden hören, so daß ihr Wagen ohne anzuhalten in einiger Entfernung von Paul, der spazieren ritt, vorüber fuhr. Eine solche Verletzung seiner Befehle verletzte den Kaiser heftig, welcher sogleich einen Generaladjutanten mit dem Befehle nach der rebellischen Equipage absadte, die vier Bedienten unter die Soldaten zu stecken, und ihre Herrin in das Gefängniß zu führen. Der Befehl wurde ausgeführt: die Frau wurde wahnsinnig und der Gatte starb.

Die Etiquette war im Innern des Palastes nicht minder streng, als in den Straßen der Hauptstadt: jeder zum Handkusse zugelassene Hofmann mußte den Kuß mit seinem Munde, und den Boden durch seine Knie ertönen lassen; der Fürst Georg Galitzin wurde in Arrest gesandt, weil er nicht eine hinlänglich tiefe Verbeugung gemacht, und die Hand zu nachlässig geküßt hatte.

Diese thörichten Handlungen, welche wir nur auf Gerathewohl aus dem Leben Paul I. nehmen, hatten nach Verlauf von vier Jahren eine längere »Regierung beinahe unmöglich gemacht, denn mit jedem Tage verschwand das wenige von Vernunft, was dem Kaiser noch geblieben, um einer neuen Thorheit Platz zu machen, und die Thorheiten eines allmächtigen Herrschers, dessen geringstes Zeichen ein augenblicklich ausgeführter Befehl wird, sind gefährliche Dinge. Paul fühlte auch instinktmäßig, daß eine unbekannte, aber wirkliche Gefahr ihn umringe, und diese Befürchtungen gaben seinem Geiste ein noch viel launenvolleres Schwanken. Er hatte sich fast gänzlich in den Sanct Michaelspalast zurückgezogen, den er auf der früheren Stelle des Sommerpalastes hatte bauen lassen. Dieser zur Ehre einer seiner Maitressen, welche eines Abends mit Handschuhen dieser Farbe an den Hof gekommen war, roth angestrichene Palast, war ein massives Gebäude in ziemlich schlechtem Style, ganz mit Bastionen besetzt, in deren Mitte sich der Kaiser allein in Sicherheit glaubte.

Inzwischen waren in Mitte aller dieser Hinrichtungen, Verbannungen und Ungnaden zwei Günstlinge wie eingewurzelt auf ihrem Platze geblieben. Der eine war Kutaisoff, ein früherer türkischer Sclave, der von dem Range als Barbier, welchen er bei Paul einnahm, plötzlich, und, ohne daß irgend ein, Verdienst zu dieser Gunst Veranlassung gegeben, eine der wichtigsten Personen des Reiches geworden war; der andere war der Graf Pahlen, ein Kurländischer Edelmann und Generalmajor unter Katharina II, welchen die Freundschaft Subows, des letzten Günstlings der Kaiserin, zu der Stelle als Civilgouverneur von Riga erhoben hatte. Nun ereignete es sich, daß der Kaiser Paul einige Zeit vor seiner Gelangung zum Throne durch diese Stadt kam; das geschah zu jener Zeit, wo er beinahe geächtet war, und wo die Hofleute kaum mit ihm zu reden wagten. Pahlen erzeigte ihm die dem Czarewitsch gebührenden Ehren. Paul war an eine solche Ehrerbietigkeit nicht gewöhnt, er bewahrte das Andenken daran in seinem Herzen, und einmal zum Throne gelangt, erinnerte er sich der Aufnahme, welche ihm Pahlen hatte angedeihen lassen, und ließ ihn nach St. Petersburg kommen, schmückte ihn mit den ersten Orden des Reiches, und ernannte ihn zum Anführer der Garden und zum Gouverneur der Stadt an die Stelle des Großfürsten Alexander, seines Sohnes, dessen Ehrfurcht und Liebe sein Mißtrauen nicht hatten entwaffnen können.

Aber Pahlen war durch die hohe Stellung, welche er bei Paul einnahm, und die er gegen alle Wahrscheinlichkeit schon beinahe vier Jahre behauptet, mehr als irgend jemand im Stande, die Unbeständigkeit des menschlichen Glückes zu würdigen. Er hatte so viele Menschen steigen, und so viele Menschen sinken, er hatte so viele andere fallen und sich zerschmettern sehen, daß er selbst nicht begriff, wie der Tag seines Falles noch nicht herbeigekommen sei, und beschloß, ihm durch den des Kaisers zuvorzukommen. Subow, sein früherer Beschützer, derselbe, welchen der Kaiser anfangs zum Generaladjutanten des Palastes ernannt, und dem er die Wache des Leichnames seiner Mutter anvertrauet hatte, Subow, der plötzlich in Ungnade gefallene frühere Beschützer Pahlens, hatte eines Morgens die Siegel an seine Kanzelei gelegt, seine beiden ersten Secretaire, Altesi und Gribowski schimpflich fortgejagt, und alle Officiere seines Generalstabes und seines Gefolges genöthigt gesehen, sich augenblicklich zu ihren Regimentern zu begeben, oder ihre Entlassung einzureichen. Gegen alles dieses hatte ihm der Kaiser durch einen sonderbaren Widerspruch einen Palast zum Geschenk gemacht; nichts desto weniger war aber seine Ungnade wirklich, denn am anderen Morgen waren ihm alle seine Aemter genommen worden; am zweiten Tage hatte man von ihm verlangt, seine Entlassung über die fünf und zwanzig oder dreißig Stellen, die er bekleidete, einzureichen, und es war noch keine Woche verflossen, als er die Erlaubniß, oder vielmehr den Befehl erhielt, Rußland zu verlassen. Subow hatte sich nach Deutschland zurückgezogen, wo er reich, jung, schön, mit Orden bedeckt und voller Geist, dem guten Geschmacke Katharinens Ehre machte, indem er bewieß, daß sie bis in ihren Schwächen groß zu sein verstanden hatte.

Dort war es, wo ein Rath Pahlens ihn aufsuchte. Ohne Zweifel hatte sich Subow schon gegen seinen früheren Schützling über seine Verbannung beschwert, welche, so erklärbar sie auch war, dennoch unerklärt geblieben war, und Pahlen hatte nur auf einen seiner Briefe geantwortet. Diese Antwort enthielt einen Rath, dieser bestand darin, zu thun, als ob er die Tochter Kutaisoffs, Pauls Günstlings, heirathen wolle; es unterlag keinem Zweifel, daß der durch diese Bitte geschmeichelte Kaiser dem Verbannten erlaubte, wieder in St. Petersburg zu erscheinen; dann, und wenn man so weit sei, würde man sehen.

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