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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters

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XIV

Der Kaiser langte zu Taganrog gegen Ende August 1825 an, nachdem er durch Warschau gekommen war, wo er sich einige Tage aufgehalten, um den Geburtstag des Großfürsten Konstantin zu feiern: das war die zweite Reise, welche der Kaiser nach dieser Stadt machte, deren Lage ihm gefiel, und wohin er, wie er oft sagte, die Absicht hätte sich zurückzuziehen. Die Reise hatte übrigens sowohl ihm als der Kaiserin sehr wohl gethan, und man prophezeihete Wunder von ihrem Aufenthalte unter diesem schönen Himmel, wohin sie gekommen waren, um von ihm ihre Genesung zu erbitten. Uebrigens war die Vorliebe des Kaisers für Taganrog nur durch die zukünftigen Verschönerungen, welche er dort vorzunehmen gedachte, gerechtfertigt, denn so, wie sie damals war, bestand diese kleine, an den Ufern des Azof’schen Meeres gelegene Stadt nur ungefähr aus ein Tausend Häusern, von denen höchstens ein Sechstel aus Backsteinen und Steinen gebaut ist, alle übrigen sind nur hölzerne, mit einer Schicht von Koth gedeckte Käfige. Was die Straßen an belangt, die freilich breit, aber nicht gepflastert sind, so ist ihr Boden dermaßen locker, daß man bei dem geringsten Regen bis an die Knie einsinkt; wenn da gegen die Sonne und der Wind, diese feuchten Massen getrocknet haben, so erheben die über sie hin schreitenden Heerden und die mit Erzeugnissen der Landes beladenen Pferde unter ihren Füßen einen solchen Wirbel von Staub, welchen der Wind in so dichten Wolken drehet, daß man am hellen Tag und auf einige Schritte weit weder Mann noch Roß unterscheiden kann. Dieser Staub verbreitet sich überall, dringt in die Häuser, durch zugemachte Jalousien oder geschlossene Läden, dringt durch die Kleider, so dicht sie auch sein mögen, und bildet in dem Wasser eine Art von Satz, den man nicht anders niederschlagen kann, als wenn man es mit Wein Steinsalz kochen läßt. Der Kaiser war in dem der Festung Azof gegenüber liegenden Hause des Gouverneurs abgestiegen, aber er verweilte fast niemals in demselben, indem er von morgens früh an ausging, und nicht eher, als bis zur Stunde des Mittagessens, das heißt um zwei Uhr, zurückkehrte. Alle übrige Zeit wanderte er in dem Kothe und dem Staube herum, indem er alle die Vorsichtsmaaßregeln vernachlässigte, welche die Bewohner des Landes selbst gegen die Herbstfieber nehmen, welche übrigens dieses Jahr sehr zahlreich und sehr bösartig gewesen waren. Seine Hauptbeschäftigung bestand in dem Abstecken und dem Anpflanzen eines großen öffentlichen Gartens, dessen Arbeiten von einem Engländer geleitet waren, den er von St. Petersburg hatte kommen lassen; des Nachts schlief er auf einem Feldbette, das Haupt auf ein ledernes Kopfkissen gelegt.

Einige sagten, daß diese in einiger Art sichtbaren Beschäftigungen einen verborgenen Plan verschleierten, und daß der Kaiser sich nur darum an das Ende seines Reiches zurückgezogen habe, um daselbst ungestört irgend einen großen Entschluß zu fassen. Diese hofften von einem Augenblicke zum anderen aus dieser kleinen Stadt einen Konstitutionsplan für ganz Rußland hervorgehen zu sehen; da lag, wenn man ihnen glauben mußte, die wahre Ursache dieser angeblichen Gesundheitsreise; der Kaiser hätte außer dem Einflusse seines Adels handeln wollen, der noch heut zu Tage eben so sehr an seinen Vorurtheilen hängt, als zu den Zeiten Peters des Großen.

Inzwischen war Taganrog nur der Hauptpunkt von Alexanders Residenz; Elisabeth allein blieb daselbst wohnen, denn sie hätte die Reisen nicht ertragen können, welche der Kaiser in den Donischen Ländern bald nach Tscherkast, bald nach Donetz machte. Bei der Rückkunft von einer dieser Reisen fand er im Begriffe, nach Astrachan abzugehen, als die plötzliche Ankunft des Grafen von Woronzoff desselben, der sich bis zum Jahre 1818 in Frankreich befand, und der Gouverneur von Odessa war, den neuen Plan umstürzte; in der That brachte Woronzoff dem Kaiser die Nachricht, daß die unzufriedenen Großen im Begriffe fänden, in der Krimm loszubrechen, und daß allein seine Gegenwart sie beruhigen könne. Es waren drei Hundert Stunden zu durcheilen, aber was sind drei Hundert Stunden in Rußland, wo die Pferde mit zerzaußten Mähnen uns durch Steppen und Wälder mit der Schnelligkeit eines Traumes dahin tragen? Alexander versprach der Kaiserin, in drei Wochen wieder zurück zu sein, und ertheilte die Befehle zur Abreise, welche sogleich nach der Rückkehr eines von ihm nach Alupka abgesandten Couriers statt haben sollte.

Der Courier kehrte zurück; er brachte neue Berichte über die Verschwörung. Man hatte entdeckt, daß es nicht blos die Regierung, sondern auch das Leben des Kaisers sei, an das man wollte. Als Alexander diese Nachricht erfuhr, ließ er sein Haupt in seine Hände sinken, und, indem er einen tiefen Seufzer ausstieß, rief er aus: – O mein Vater! mein Vater!

Es war mitten in der Nacht; der Kaiser ließ den ein benachbartes Haus bewohnenden General Diebitsch rufen. Ihn erwartend schien er sehr unruhig, ging mit großen Schritten im Zimmer auf und ab, indem er sich von Zeit zu Zeit auf sein Bett warf, von wo aus ihm die Aufregung bald wieder vertrieb. Der General kam; zwei Stunden gingen mit Schreiben und mit Besprechen hin; dann sprengten zwei Couriere fort, von welchen der eine Depeschen für den Vicekönig von Polen, der andere für den Großfürsten Nikolaus überbrachte.

Am anderen Tage hatten die Züge des Kaisers ihre gewohnte Ruhe wieder angenommen, und niemand vermogte in ihnen die Spuren der Aufregung der Nacht zu lesen. Inzwischen fand ihn Woronzoff, als er kam, um ihn um eine Verhaltungsbefehle zu bitten, in einem Zustande der Reizbarkeit, welche der gewohnten Sanftmuth seines Charakters gänzlich entgegen war. Nichts desto weniger erhellte er den Befehl zur Abreise für den anderen Morgen früh.

Die Reise vermehrte dieses moralische Leiden nur noch; jeden Augenblick beschwerte sich der Kaiser, was ihm sonst niemals begegnete, über die Langsamkeit der Pferde und über den schlechten Zustand der Wege. Diese ärgerliche Laune verdoppelte sich vor allem dann, wenn ihm sein Arzt Wyllie einige Vorsicht gegen den eisigen Herbstwind anempfahl. Dann warf er Mantel und Pelz weg, und schien die Gefahren zu suchen, welche seine Freunde ihn zu fliehen anfleheten. So viel Unvorsichtigkeit trug ihre Früchte: Der Kaiser wurde eines Abends von einem hartnäckigen Husten befallen, und am anderen Tage erklärte sich bei seiner Ankunft zu Orieloff ein intermittierendes Fieber, welches in einigen Tagen, befördert durch die Halsstarrigkeit des Kranken, in ein Wechselfieber ausartete, das Wyllie bald für dasjenige erkannte, welches während des ganzen Herbstes zu Taganrog und Sebastopol geherrscht hätte.

Die Reise wurde sogleich unterbrochen. Alexander, als ob er das Ernste seiner Krankheit fühle und die Kaiserin vor seinem Tode wiedersehen wollte, verlangte, daß man auf der Stelle den Weg nach Taganrog wieder einschlüge. Immer den Bitten Wyllies entgegen, machte er einen Theil des Weges zu Pferde, da er sich aber nicht mehr im Sattel halten konnte, so war er bald gezwungen, wieder in seinen Wagen zu steigen. Am 5. November kehrte er endlich nach Taganrog zurück. Kaum in dem Palaste des Gouverneurs angelangt, wurde er, ohnmächtig.

Die Kaiserin, beinahe selbst sterbend an einer Herzkrankheit, vergaß augenblicklich ihre Leiden, um sich nur mit ihrem Gatten zu beschäftigen. Das unselige Fieber erneuerte trotz der Veränderung des Ortes mit jedem Tage seine Anfälle, so daß, als am 8ten die Symptome fortwährend bedenklicher wurden, Sir James Wyllie verlangte, daß der Doctor Stophiegen, der Arzt der Kaiserin, ihm beigegeben würde. Am 13ten schlugen die beiden Aerzte, um die Gehirnentzündung zu bekämpfen, welche die Krankheit schwieriger zu machen drohete, dem Kaiser einen Aderlaß vor; aber der Kaiser widersetzte sich hartnäckig, indem er nur Eiswasser verlangte, und als man ihm dieses verweigerte, alles übrige zurückwieß. Gegen vier Uhr Nachmittags verlangte der Kaiser Tinte und Papier, schrieb und siegelte einen Brief. Als das Licht brennend geblieben war, sagte er zu einem Bedienten: »Lösche das Licht aus, mein Freund, man könnte es für eine Kerze halten und glauben, daß ich schon gestorben wäre.«

Am folgenden Tage, den 14ten erneuerten die beiden Aerzte, unterstützt durch die Bitten der Kaiserin, ihren Vorschlag, aber es war wieder vergeblich, und der Kaiser wies sie sogar erzürnt zurück. Inzwischen bereuete er beinahe sogleich diese Regung des Unwillens, und indem er sie alle beide zurückrief, sagte er zu Stophiegen: »Hören Sie, Sie und Sir James Wyllie, es macht mir viel Vergnügen, Sie zu sehen, indessen sage ich Ihnen im voraus, daß ich gezwungen, sein werde, auf dieses Vergnügen zu verzichten, wenn Sie mir den Kopf mit Ihrer Medicin zerbrechen.« Inzwischen willigte der Kaiser gegen Mittag ein, eine Dosis Calomel zu nehmen.

Gegen vier Uhr Abends hatte das Uebel so erschreckende Fortschritte gemacht, daß es dringend nothwendig wurde, einen Priester rufen zu lassen. Sir James Wyllie trat auf das Ersuchen der Kaiserin in das Zimmer des Sterbenden, und, indem er sich dem Bette näherte, rieth er ihm weinend, daß, da er fortführe die Hilfe der Arzeneikunde zu verweigern, er zum mindesten nicht die der Religion ausschlagen möge. Der Kaiser antwortete, daß er in dieser Beziehung in alles willige, was man verlangte.

Am 15ten wurde der Beichtvater um fünf Uhr morgens zu ihm geführt. Kaum hatte ihn der Kaiser erblickt, als er ihm die Hand reichend zu ihm sagte: »Behandeln Sie mich als Mensch, mein Vater, und nicht als Kaiser.« Der Priester näherte sich nun dem Bette, empfing die kaiserliche Beichte, und gab dem erhabenen Kranken die Sakramente.

Nun, da er die Hartnäckigkeit kannte, mit welcher Alexander alle Heilmittel ausgeschlagen hatte, griff er über diesen Punkt die Gottesfurcht des Sterbenden an, indem er zu ihm sagte, daß wenn er fortführe in dieser Beziehung zu beharren, er zu fürchten habe, daß Gott seinen Tod als einen Selbstmord betrachten würde. Dieser Gedanke brachte auf Alexander einen so tiefen Eindruck hervor, daß er sogleich Wyllie herbeirief und ihm sagte, daß er sich seinen Händen übergäbe, um mit ihm zu machen, was ihm gut dünke.

 

Wyllie verordnete sogleich die Anlegung von zwanzig Blutigeln am Kopfe, aber es war zu spät. Der Kranke war von einem hitzigen Fieber verzehrt, so daß man von diesem Augenblicke an alle Hoffnung zu verlieren begann, und sich das Zimmer mit weinenden und schluchzenden Dienern füllte. Elisabeth hatte das Bett des Kranken nur verlassen, um dem Beichtvater Platz zu machen, und sobald sich dieser entfernt, hatte sie sogleich ihren gewohnten Posten wieder eingenommen.

Gegen drei Uhr schien der Kaiser eine Verdoppelung der Schmerzen zu empfinden. Er machte ein Zeichen, daß man sich dem Bette nähere, als ob er ein Geheimniß mittheilen wolle. Nun, als ob er seine Ansicht ändere, rief er aus: »Die Könige leiden mehr als andere.« Dann, plötzlich innehaltend und auf sein Kopfkissen zurücksinkend, murmelte er: »Sie haben da eine schändliche That begangen.« Von wem wollte er reden? Niemand weiß es, aber einige haben geglaubt, daß es ein letzter Vorwurf an die Mörder Pauls gewesen sei.

Während der Nacht verlor der Kaiser alle Besinnung.

Gegen zwei Uhr Morgens sprach der General Diebitsch von einem Greise Namens Alexandrowitsch, welcher, wie man sagte, mehrere Tartaren von demselben Fieber, dem der Kaiser unterlag, gerettet hätte. Sogleich verlangte Sir James Wyllie, daß man diesen Mann holen ließe, und die sich an diesen Strahl von Hoffnung klammernde Kaiserin befahl, daß man ihn auf der Stelle herbringe.

Während dieser ganzen Zeit lag die Kaiserin am Bette des Sterbenden auf den Knieen, indem sie die Augen auf seine Augen gerichtet mit Entsetzen das Leben langsam dahin schwinden sah. Gewiß, wenn heilige und inbrünstige Gebete genügt hätten, um Gott zu erweichen, Gott wäre erweicht und der Kaiser gerettet worden.

Gegen neun Uhr morgens trat der Greis ein. Nur mit Mühe hatte er zu kommen eingewilligt, und man hatte ihn beinahe mit Gewalt herführen müssen. Als er den Kranken sah, schüttelte er den Kopf; über dieses verneinende Zeichen befragt, sagte er: »Es ist zu spät, außerdem waren diejenigen welche ich geheilt habe, nicht von derselben Krankheit befallen.«

Mit dieser Erklärung erlosch Elisabeths letzte Hoffnung.

In der That, morgens um zehn Uhr fünfzehn Minuten verschied der Kaiser.

Es war nach der russischen Zeitrechnung der 1. December.

Die Kaiserin war dermaßen über ihn gebeugt daß sie seinen letzten Athemzug aushauchen fühlte. Sie stieß einen fürchterlichen Schrei aus, sie auf die Knie und betete; nach einigen Minuten erhob sie sich ruhiger, schloß die offen gebliebenen Augen des Kaisers, umband den Kopf mit einem Taschentuch damit sich die Kinnladen nicht öffnen möchten, küsste seine schon kalten Hände, und wieder auf die Knie fallend blieb sie in Gebeten bis zu dem Augenblick, wo die Aerzte von ihr erlangten, daß sie sich in ein anderes Zimmer entfernen möge, damit sie zur Oeffnung der Leiche schreiten könnten.

Bei der Leichenöffnung fand man zwei Unzen Flüssigkeit in den Gehirnkammern und eine Stockung der Adern und Blutgefäße des Kopfes. Außerdem fand man eine Erweichung der Milz, eine Art von diesem Organe eigenthümlicher Verletzung, wenn der Tod durch das Fieber des Landes herbeigeführt ist. Der Kaiser konnte demnach gerettet werden, wenn er nicht hartnäckig alle Hilfe ausgeschlagen hätte.

Am anderen Tage wurde der Körper auf einer, in demselben Hause, in welchem er gestorben war, aufgerichteten Estrade ausgestellt. Das Zimmer war schwarz behangen, der Sarg mit einem Gold-Tuche bedeckt, und eine große Anzahl von Kerzen erleuchtete das Gemach. Jedermann, der eintrat, empfing eine angezündete Kerze, welche er die ganze Zeit über behielt, als er in dem Trauersaale blieb. Ein an das Kopfende des Sarges gestellter Priester las Gebete; zwei Schildwachen wachten mit entblößtem Degen Tag und Nacht, zwei andere bewachten die Thüren, und auf jeder Stufe der Treppe waren noch zwei andere aufgestellt.

Auf diese Weise blieb der Körper zwei und zwanzig Tage ausgestellt, besucht von einer Menge von Zuschauern, welche wie zu einem Schauspiele herbeieilten, und bewacht von der Kaiserin, welche jeder Messe beiwohnen wollte, deren man alle zwei Tage eine las, bei welcher sie jedes mal ohnmächtig wurde. Endlich am 23. December um neun Uhr Morgens wurde der Leichnam aus dem Palaste nach den griechischen Kloster Sanct Alexander gebracht, wo er bis zu einer Abführung nach St. Petersburg ausgestellt verbleiben sollte. Er stand auf einem, mit acht Pferden bespannten Leichenwagen, welche mit bis auf den Boden reichenden schwarzen Decken behangen waren, unter einem Thronhimmel von Goldtuch, und in einem Sarge, der mit einem, mit dem kaiserlichen Wappen geschmückten Silbertuche bedeckt war. Die Kaiserliche Krone war unter dem Thronhimmel angebracht. Vier Generalmajore begleitet von acht Majoren, trugen die Schnüre des Thronhimmels. Die Personen von dem Gefolge des Kaisers und der Kaiserin folgten unmittelbar in langen Trauermänteln und Kerzen tragend, während von Minute zu Minute die an Wällen der Festung in Batterien aufgestellte Artillerie der donischen Kosacken einen Kanone abfeuerte.

In der Kirche angelangt wurde der Körper einer Estrade von zwölf mit schwarzem Tuch behangenen Stufen gebracht, über welcher sich ein Katafalk von rohem Tuche befand, der ein Fußgestell trug, das mit Ponceaurothem Sammet, mit den Wappen in Gold, bedeckt war. Vier Säulen hielten den Thronhimmel, welchen das kaiserliche Diadem, der Scepter und die Weltkugel krönten. Der Katafalk war mit Vorhängen von Ponceaurothem Sammet und Goldtuch umgeben, und vier große Kandelaber, an die vier Ecken der Estrade gestellt, trugen eine hinreichende Zahl von Kerzen, um mit der Dunkelheit der Kirche zu kämpfen, eine Dunkelheit, die von einem Behange von schwarzem, mit weißen Kreuzen besäeten Tuche, womit die inneren Fenster der Kirche bedeckt waren, herrührte.

– Die Kaiserin hatte diesem letzten Trauergeleite beiwohnen wollen; aber auch dieses Mal hatte sie ihre Gemüthsbewegung nicht ertragen können. Man brachte sie ohnmächtig in den Palast zurück; kaum wieder zu sich selbst gekommen, ging Elisabeth in die Kapelle hinab, wo man dieselben Gebete ablas, welche in der Kirche Sanct Alexander gehalten wurden.

Sobald die ersten Symptome der Krankheit erkannt waren, das heißt am 18., demselben Tage, als der Kaiser nach Taganrog zurückgekehrt, war ein Courier an Seine Kaiserliche Hoheit, den Großfürsten Nikolaus abgefertigt worden, um ihm Nachricht von dem Unwohlsein des Kaisers zu geben, diesem Couriere waren andere in derselben Absicht gefolgt, welche am 21., 24., 27. und 28. November abgesandt waren. Alle Briefe, deren Ueberbringer sie waren, kündigten eine wachsende Gefahr an, und hatten schon Trostlosigkeit in die kaiserliche Familie geworfen, als endlich ein Brief vom 29. wieder einige Hoffnung verlieh, indem er meldete, daß der Kaiser, dessen letzte Ohnmacht länger als acht Stunden gedauert, seine Besinnung wieder erhalten, jedermann erkannt, und sogar gesagt hätte, daß er ein wenig Besserung in seinem Zustande verspüre.

So schwankend die Hoffnungen auch sein mochten, die man auf einen solchen Brief fassen konnte, so hatte die Kaiserin Mutter und der Großfürst Nikolaus doch am 10. December ein öffentliches Te Deum in der großen Metropolitankirche von Kasan angeordnet, und kaum hatte das Volk erfahren, daß dieses Te Deum gesungen würde, um eine Besserung in der Gesundheit des Kaisers zu feiern, als es sich voller Freuden dorthin begeben und den ganzen, von den erhabenen Anwesenden mit ihrem Gefolge freigelassenen Raum ausgefüllt hatte.

Gegen das Ende des Te Deums, und als sich die reinen Stimmen der Sänger in einer heiligen und lieblichen Harmonie gen Himmel erhoben, meldete man dem Großfürsten Nicolaus ganz leise, daß ein Courier von Taganrog als Ueberbringer einer letzten Depesche angekommen sei, die er nur ihm selbst übergeben wolle, und deshalb in der Sakristei warte. Der Großfürst stand auf, und verließ, gefolgt von seinem General-Adjutanten, die Kirche. Die Kaiserin Mutter allein hatte dieses Fortgehen bemerkt, und der göttliche Dienst war fortgesetzt worden.

Der Großfürst brauchte nur einen Blick auf den Courier zu werfen, um zu errathen, welche unselige Nachricht er überbrachte; außerdem war der Brief, den er ihm überreichte, schwarz gesiegelt. Der Großfürst Nicolaus erkannte die Handschrift, Elisabeths, er öffnete die kaiserliche Depesche: sie enthielt nur folgende wenige Zeilen:

»Unser Engel ist im Himmel, und ich weile noch auf Erden; aber ich habe die Hoffnung, mich bald mit ihm zu vereinigen.«

Der Großfürst ließ den Erzbischof, einen schönen Greis mit langem weißen Barte und langen, bis auf die Mitte des Rückens fallenden Haaren, rufen, und übergab ihm den Brief, indem er ihn beauftragte die unselige Nachricht, welche er enthielt, der Kaiserin Mutter mitzutheilen; hierauf kehrte er zurück, nahm seinen Platz bei ihr wieder ein und begann wieder zu beten.

Einen Augenblick nachher trat der Greis wieder in das Chor. Auf ein Zeichen von ihm schwiegen aller Stimmen, und eine Todesstille folgte. Nun, in Mitte der Spannung und des allgemeinen Erstaunens, ging er mit langsamen und würdevollen Schritten auf den Altar zu, und über das Symbol alles irdischen Schmerzes und aller göttlichen Hoffnung einen schwarzen Schleier werfend, näherte er sich der Kaiserin Mutter, und reichte ihr das Cruzifix in Trauer zum Kusse dar.

Die Kaiserin stieß einen Schrei aus, und sank mit dem Gesicht zu Boden; sie hatte verstanden, daß ihr ältester Sohn gestorben sei.

Die traurige Hoffnung, welche die Kaiserin Elisabeth in ihrem kurzen und rührenden Briefe aussprach, sollte bald erfüllt werden. Ohngefähr vier Monate nach dem Tode Alexanders, das heißt bei der Wiederkehr der schönen Jahreszeit verließ sie Taganrog, um nach dem Gouvernement Kaluga zu gehen, wo man für sie eine prächtige Herrschaft gekauft hatte. Kaum auf dem dritten Theile des Weges fühlte sie sich schwach werden, und blieb in Beloff, einer kleinen Stadt im Gouvernement Kursk; acht Tage nachher war sie mit ihrem Engel im Himmel vereinigt.

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