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GESELLSCHAFTLICHE UNGERECHTIGKEITEN HABEN MICH SCHON IMMER BERÜHRT
Als das Nachhaltigkeitsthema anfangs noch nicht so ernst genommen wurde, also von vielen Chefs als sogenanntes weiches Thema eingestuft wurde, landete es zuerst in der PR-, manchmal auch in der Marketingabteilung, wurde also geradezu instinktiv hauptsächlich bei Frauen verortet. Da habe sich, so Cziharz, in den vergangenen Jahren vieles verändert, da klar wurde, dass das ein zentrales, wichtiges Thema ist und Verantwortung und Steuerung von Vorstandsebene aus braucht. »Dabei ist es für die Sache an sich eigentlich egal, ob eine Frau oder ein Mann das Thema beackert«, sagt Cziharz, die sich erinnert, sich schon als Mädchen mit dem Thema Gleichberechtigung und Gerechtigkeit beschäftigt zu haben. »Als ich zwölf Jahre alt war, wurde ich für eine Tageszeitung zum Thema: ›Gleiche Rechte für Mädchen und Buben‹ befragt und ich habe damals kritisiert, dass Frauen nicht Pfarrerinnen werden dürfen. Keine Ahnung, weshalb mich gerade das so beschäftigt hat, aber gesellschaftliche Ungerechtigkeiten haben mich eigentlich schon immer in irgendeiner Form berührt. Aber für mich war und ist da immer der humanistische Ansatz im Vordergrund gestanden, wo es nicht vor allem um das Thema Mann / Frau geht, sondern um das Menschsein an sich und um gleichberechtigte Bedingungen.«
Nachhaltigkeit gehört auch zu ihrem privaten Lebensstil. »Ich glaube, es geht darum, im Leben Interessen zu finden, die über einen konsumistischen Zugang hinausgehen. Mir sind zum Beispiel Natur und Bewegung wichtig, aber auch, die Welt in ihrer Komplexität über Kunst und Kultur verstehen zu lernen. Dieses Interesse versuche ich auch in meinen Kindern zu wecken.« Und auch ihr Reiseverhalten ist davon geprägt. »Ich finde Zugfahren super. Und ich weiß, mit einer Flugreise habe ich mein Autofahren für ein Jahr mit einem Mal konsumiert. Also das ist schon eine bewusste Entscheidung, dass ich darauf schaue«, schildert sie und fügt an, dass unsere Generation ja an sich relativ konformistisch und konventionell sei. »Natürlich gab es Mitte der Achtziger die Hainburger Au. Aber wir waren damals mit vierzehn, fünfzehn ja fast noch zu jung. Es gab den sauren Regen, das Waldsterben und die FCKW-freien Kühlschränke, daran erinnern wir uns noch. Aber natürlich waren wir auch eine Generation, die lange ohne nachzudenken geflogen ist.« Deshalb freut sie sich über Bewegungen wie »Fridays for Future« der heutigen Jungen, »weil sie erkannt haben, dass es notwendig ist, sich wieder für etwas einzusetzen«.
DIE MIDLIFEKRISE HAT SICH UM ZEHN JAHRE NACH HINTEN VERSCHOBEN
Apropos Sinn – oder Sinnsuche: Ein klassisches Thema in der Mitte des Lebens, beschäftigt das auch sie? »Die Midlifekrise, die unsere Eltern so Ende dreißig, Anfang vierzig hatten, die hat sich – wie auch das Kinderkriegen in unserer Generation – um zehn Jahre nach hinten verschoben. Weil: Natürlich sind wir in unserem Alter jetzt in einer Art Transformationsphase, denke ich. Ich beobachte das auch bei meinen Freundinnen, aber ich erlebe das als sehr positiv. Ich verstehe mich auch mit meinen Freundinnen noch besser«, lacht sie. Woran das liegt? »Es hat wohl etwas mit Essenz zu tun, Wesentlicheres rückt in den Fokus und wird offener thematisiert.«
So viel zu den inneren Veränderungen, aber was ist mit dem Äußerlichen, dem sichtbaren Älterwerden? »Naja, in der Früh erkennt man sich manchmal selbst nicht mehr«, lacht sie, »aber was mir im Moment gut gefällt, ist, dass graue Haare auch bei Frauen mittleren Alters salonfähig geworden sind. Und überhaupt eine Selbstverständlichkeit, mit dem Körper zu leben, der natürlich auch das Leben abbildet. Ich sehe diese Gelassenheit bei einigen meiner Freundinnen und das gefällt mir sehr.« Gleichzeitig könne sie aber auch jene Frauen verstehen, die mit Botox und Co. gegen die Zeichen der Zeit kämpfen – nur wenn es allzu exzessiv wird, sei dieser Schönheitswahn zu hinterfragen. Aber jede gehe eben auf ihre Art mit dem Älterwerden um – und mit den damit verbundenen hormonellen Veränderungen: »Ja, die Hormone knallen«, lacht sie, »dieser Veränderungsprozess geht nicht unbemerkt vorbei«. Und wenn dann die Tochter in die Pubertät kommt und die Mutter in den Wechsel? »Ich finde das sehr spannend, weil ich dann manchmal spüre, wir ähneln einander. Mein Verständnis für ihre Befindlichkeiten wird dadurch auch größer, dann wieder bin ich gereizter.« Und was sagen die Männer der Familie, also Vater und Sohn zu den Launen der Damen? »Da gibt es schon manchmal große Augen, fassungslose Blicke«, lacht Catherine, die ihren 50. Geburtstag wenige Tage nach unserem Interview feiert. »Mein Sohn hat unlängst gesagt: ›Jetzt wirst du fünfzig und ich werde zehn.‹ Na, da habe ich ihm eine gemeinsame Party vorgeschlagen, also ich bin eigentlich ziemlich heiter, was diesen bevorstehenden runden Geburtstag betrifft. Für ihn ist es, glaube ich, ein viel größerer Schritt, dass er zehn wird.« Wenn er maturiert, wird sie achtundfünfzig sein, ein manchmal seltsamer Gedanke, andererseits: »Ich bin froh darüber, dass ich meine Kinder jetzt so bewusst erleben kann. Es ist lustig, wenn er mich über Harry Potter und Quidditch im Wandel der Zeiten aufklärt. Die Kinder halten mich sicher zu einem gewissen Grad auch jung – und up to date.« Und Role Models habe sie ohnedies noch nie entsprechen wollen. »Aber jede und jeder muss für sich selbst Parameter finden. Wie zum Beispiel: Man möchte sich mit fünfundfünfzig noch die Schuhbänder zubinden können und mit siebzig sowieso.« schmunzelt Catherine, die seit Jahren Yoga und Pilates praktiziert »Es kommt eh immer anders, als man denkt« – ein Satz, der sie sehr geprägt hat. Also wozu sich vorstellen, wie sie sein und sich fühlen werde in weiteren zehn Jahren? Tätig bleiben und schauen, was das Leben bringt und sich vielleicht doch ein bisschen an Frauen orientieren, die sie beeindrucken. »Ich finde so wirklich gescheite Frauen faszinierend. Wenn ich auf Ö1 Interviews mit wirklich alten Frauen, also über neunzig höre, mit Philosophinnen oder Psychoanalytikerinnen oder anderen Wissenschafterinnen, dann denke ich mir: Genau das ist es. Die haben wirklich noch einen Text.«
DORIS GRUBER
PREPARE FOR MENOPAUSE
Es ist ein Wiedersehen nach fast zwanzig Jahren. Doris Gruber war eine der Frauen, die im Buch »30erinnen. Portraits von Frauen, die schon weit gekommen sind« mit ganz klaren und starken Ansagen ihre Lebenseinstellung und ihr Lebensfeeling als extrem erfolgreiche Frau um die dreißig schilderte. »Wenn es einmal einen Mann gibt, mit dem ich mir vorstellen könnte, mich zu reproduzieren«, meinte sie damals, dann wäre ein Kind schon ein Thema, »wenn nicht, dann lieber nicht«. Oder sie erzählte, wie sie es geschafft hatte, ihr Studium in Mindestdauer durchzuziehen und sich damals als erst sechste Frau in Österreich im Fach Gynäkologie zu habilitieren. »Ich bin mit dem Ziel ins Studium gegangen: Ich mach das in zwölf Semestern fertig, weil zwölf Semester dauert das, und das habe ich durchgezogen.« Ihre wissenschaftliche Arbeit verfolgte sie als Schülerin des Hormonspezialisten Prof. Johannes Huber mit größter Verve. Auf Urlaub zu gehen hielt sie für überbewertet, Urlaubstage nahm sie sich meist nur, um an internationalen Kongressen teilnehmen zu können, dafür aber mit ein paar Tagen Verlängerung an so manch schönem Ort. Doris Gruber etablierte sich als Hormonspezialistin, was zunehmend auch medial wahrgenommen wurde. Ging und geht es um Hormonfragen, wurde und wird die Gynäkologin von JournalistInnen interviewt, in TV-Talkrunden eingeladen – als eloquente Diskussionsteilnehmerin, die sich nicht davor scheut, mit ihrer klaren Meinung auch Kritik einzustecken.
Dass biologische Unterschiede zwischen Mann und Frau eine, so drückte sie das in »30erinnen« aus, »totale Gleichberechtigung eigentlich nicht erstrebenswert machen«, war und ist eine ihrer Überzeugungen, zu der sie nach wie vor steht, mit der sie nicht im Meinungs-Mainstream liegt, aber Mainstream war soundso noch nie ihre Sache. Auf die Anfrage, ob sie bereit wäre, für unser neues Buch wieder so offen zu erzählen, Bilanz zu ziehen über die vergangenen zwanzig Jahre und auch ihre eigenen Aussagen von damals neu zu bewerten, kam in kürzester Zeit eine begeisterte und sehr herzliche E-Mail.
Wir verabredeten uns zum Interview in ihrer Ordination, Frau Dr. Gruber öffnete die Tür und da steht genau die Frau, mit der ich vor zwanzig Jahren das letzte Mal über das Leben philosophiert habe: Genau so war sie, die erfolgreiche Dreißigerin, so hat sie ausgesehen, so hat sie gesprochen – wir waren uns seitdem nie mehr persönlich begegnet. Wir freuen uns und lachen gemeinsam über die Jahre, die wir mittlerweile auf dem Buckel haben, darüber, dass wir uns aber selbstverständlich längst nicht so fühlen, wie wir damals als Dreißigjährige Frauen in unserem jetzigen Alter gesehen haben: als alt nämlich. »Wo ist die Falle, dass wir uns nicht als alt empfinden?«, scherzt Gruber, »wobei man schon sagen muss, die Fünfzigjährigen von heute sind nicht mehr wie Fünfzigjährige vor fünfzig Jahren. Weil, das muss man schon anerkennen und sehen, da hat sich wahnsinnig viel getan, auch medizinisch.« Womit wir schon mitten im Thema dieses Buches sind. Aber zuerst einmal zum Persönlichen.
HORMONE PROGRAMMIEREN UNSER GEHIRN AUF BRUTPFLEGE
Was waren die größten Veränderungen seit damals? »Eine der größten Veränderungen ist natürlich die berufliche Weiterentwicklung. Aber der entscheidendste und nachhaltigste Einschnitt in meinem Leben war die Geburt meines Sohnes. Ein Kind zu bekommen, das stellt dein Leben vollkommen auf den Kopf. Also, wenn du ein Kind kriegst, gibst du deine ›alte Persönlichkeit‹ ab – die lässt du im Kreißsaal. Du kommst schwanger rein und gehst als anderer, ›neuer Mensch‹ –, als Mutter hinaus. Das ist so. Das können sie genau so schreiben!« Man glaube es nicht, wie ein Kind das Leben umkrempeln kann. Auch sie habe das nicht einmal den wichtigsten Vertrauenspersonen glauben können, die ihr vor der Geburt ihres Sohnes im Jahr 2004 zu schildern versuchten, wie sehr ein Kind das Leben verändere. Stolz zeigt sie das Foto ihres feschen Sohnes, das auf ihrem Schreibtisch in der Ordination steht. »Er ist ein wunderbares Geschenk und die größte Bereicherung für uns. Ich stand damals wirklich mitten in meinem Leben. Ich hatte die Arbeit an der Klinik, ich hatte meine Ordination und ein schönes Leben rundherum. Mit der Geburt meines Sohnes habe ich die Arbeit am AKH aufgegeben. Es gab keinen Druck, es war kein ›Muss‹, es war ein Bedürfnis, Mutter sein zu können. In die Ordination bin ich aber sehr wohl drei Wochen nach der Geburt wieder regelmäßig gegangen. Es war alles so schön und so normal und mein Sohn war herzlichst willkommen.« Der Mann, mit dem sie sich vorstellen konnte, »sich zu reproduzieren«, kam also? »Ja, der richtige Mann ist gekommen. Ich weiß noch, was ich damals gesagt habe«, lacht sie, »das mit dem Reproduzieren. Das war natürlich hart. Das waren wirklich Worte, also die Diktion einer Endokrinologin, muss ich einmal sagen.« Sie schmunzelt. »So streng würde ich es heute nicht mehr formulieren, denn Liebe gehört natürlich unbedingt dazu.« Ihr Sohn war ein Wunschkind und ein Kind der Liebe, erzählt sie, auch wenn sie mit dem Vater ihres Sohnes schon lange nicht mehr zusammen ist. »Ich bin nach wie vor ledig, aber wir haben ein gutes Einverständnis, mein Sohn ist regelmäßig bei seinem Vater, er versteht sich gut mit ihm. Das passt alles. Aber ich habe mich nachher nie mehr nachhaltig verlieben können und das wird wohl auch so bleiben«, meint sie. Sie selbst habe nur wenige berufliche Abstriche machen müssen, weil sich der Vater und auch andere Familienmitglieder liebevoll um ihren Sohn kümmerten. »Das Einzige, was ich die ersten sechs Jahre nach der Geburt meines Sohnes gestrichen habe, waren Kongress-Aufenthalte. Erst als mein Sohn sechs Jahre alt war, holte mich eine Freundin aus dem ›nur Muttersein‹ heraus und ich besuchte wieder einen Kongress: in Ägypten – für eine ganze Woche!«
Wäre sie vor zwanzig Jahren noch auf die sprichwörtlichen Barrikaden gegangen und hätte die absolute Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern eingefordert, weil Mütter immer noch mehr berufliche Einschränkungen haben? »Nein, das tue ich heute nicht und das wäre ich auch damals nicht. Es gibt eine Ambivalenz, für die jede Frau eine persönliche Lösung finden muss«, meint sie, um aber sofort hinzuzufügen: »Die Natur hat es so vorgegeben, Frauen bekommen Kinder, die Hormone programmieren unser Gehirn auf Brutpflege, und wenn das Gehirn auf Brutpflege programmiert ist, dann sagst du das tollste Engagement ab, dann verzichtest du gerne auf sehr viel. Das ist das evolutionäre Muster, das uns zugrunde gelegt ist – auch einer Universitätsprofessorin.« Sie lacht, meint das aber genau so, wie sie es formuliert hat.
In unserem Interview vor zwanzig Jahren bezeichnete Doris Gruber »totale Gleichberechtigung« als »nicht erstrebenswert«, heute sieht sie das nicht anders und argumentiert das wie damals mit den biologischen Unterschieden zwischen Mann und Frau: »Die viel zitierte gläserne Decke, die ist bei uns Frauen nicht so sehr in der Berufswelt zu finden, glaube ich, sondern durch unsere Fruchtbarkeit gegeben.« Ihre persönliche Erfüllung erlebe sie aber nach wie vor auch sehr stark durch ihren Beruf. Das Wort »Job« gefällt ihr übrigens gar nicht. »Die Arbeit mit meinen Patientinnen erfüllt mich mit großer Freude. Jedes Mal ist es spannend, welch interessante Biografien Frauen mitbringen. Das Wichtigste ist, zu versuchen, den Menschen in seiner Gesamtheit zu erfassen, darum bemühe ich mich bei jeder einzelnen.«
Frauen müssten sich früher als Männer – und vor allem auch rechtzeitig – die Frage stellen: »Was will ich wirklich? Ist das Kind das große Ziel? Oder ist der Beruf das große Ziel? Da muss man ernsthaft versuchen, die persönlichen Prioritäten zu ordnen. Als Frau musst du bereit sein, diese Prioritätenverschiebung auch zu leben und anzunehmen.« Was auch zu berücksichtigen ist: »Als Frau hast Du nicht immer eine große Zeitspanne, besonders, was die Kinderfrage anbelangt.«
Sie selbst fühlt sich angekommen. »Ich glaube, ich habe meinen Platz gefunden. Sowohl was mich als Mensch anbelangt, als auch was mich als Mutter und auch als Ärztin anbelangt. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann, dass es so weitergeht.« Eine Zufriedenheit, die sie in ihren Dreißigern nicht kannte: »Da waren so viele Dinge noch unerledigt, der Beruf nicht ausgefeilt, partnerschaftlich vieles offen, die Kinderfrage stand an. Also da war noch so viel unentschieden, und du glaubst, mit dreißig noch viel Zeit zu haben, aber das ist ein Irrtum.« Und wieder lacht sie. »Es geht so schnell.« Fünfzigjährige Frauen und Männer habe auch sie mit dreißig als alt empfunden. Ganz genau erinnere sie sich noch, als der Fünfziger ihres Vaters gefeiert wurde. »Da habe ich mir gedacht: Um Gottes Willen – kriege ich dann zu meinem Fünfziger auch so einen Geschenkkorb mit einem goldenen Fünfziger drauf?« Sie hat ihn bekommen. »Weil ich das einer lieben Freundin erzählt habe. Und ja, dann hat sie ihn mir geschenkt, genau so einen Korb mit einem goldenen Fünfziger drauf.« Aber sie lacht darüber. Die Bedrohlichkeit dieser Ziffer fünf vor dem eigenen Alter war nur in jüngeren Jahren ein komischer Gedanke, als das eigene Älterwerden noch eine Theorie war. »Also die Kinder ordnen uns schon ein, wo wir numerisch sind. Wir selbst tun das nicht. Und das finde ich gut so, wenn wir das nicht selber tun.«
WECHSEL ALS GROSSER EINSCHNITT IM LEBEN JEDER FRAU
Rein körperlich gesehen passiert freilich bei Frauen um die fünfzig sehr viel. Wer könnte das besser erklären als die Hormonspezialistin Dr. Doris Gruber? »Schauen Sie, auch Gynäkologinnen kommen in den Wechsel«, lacht sie und schildert, wie sie mit ihren Patientinnen das Thema Hormonumstellung bespricht. Der Wechsel sei ein großer Einschnitt im Leben jeder Frau, auch wenn jede Einzelne die hormonellen Veränderungen anders er- und durchlebt. »Ein Drittel merkt gar nichts, ein Drittel hat ein paar Beschwerden und ein Drittel macht wirklich viel mit.« Und genau so, je nach Bedarf, je nach persönlichem Zugang, könne man Hormone ersetzen oder auch eben nicht. »Mit Geduld, nicht im Übermaß, auf keinen Fall nach dem Gießkannenprinzip.« Viele Frauen möchten ja keine Hormone nehmen, setzen viel mehr auf alternative Medizin. »Das ist auch verständlich und total individuell. Das – und das können Sie gerne auch genau so schreiben – das, was ich meinen Patientinnen sage, ist Folgendes: Wenn die Familienplanung erledigt ist, dann sollte jede Frau bereits allmählich das nächste große Projekt im Auge haben: Prepare for Menopause! Die kommt nämlich mit Sicherheit, für jede von uns. Also wie bereite ich mich am besten darauf vor, damit ich gesund und fit bin für all das, was noch auf mich zukommen wird, damit sich nicht plötzlich ein großes Loch auftut, in das ich zu stürzen drohe.« Nicht nur körperlich, auch psychisch sei der Wechsel für viele Frauen eine riesige Herausforderung – das reicht von Stimmungsschwankungen bis hin zu schlimmen Depressionen. »Es kommt zur Umstellung des Stoffwechsels im Gehirn, auch da sind Hormone im Spiel. Und das macht Frauen heftig zu schaffen.«
So individuell die Auswirkungen, die Herangehensweise und die jeweiligen Therapien seien, eines gelte für alle: gesund leben. »Indem man Nikotin, Alkohol oder sonstige Drogen meidet und die Nacht nicht zum Tag macht. Regelmäßiger, erholsamer Schlaf ist wirklich wichtig. Sich außerdem wirklich gesund zu ernähren und den passenden Sport zu betreiben, dann ist man schon auf der guten Seite. Die Energiebilanz wird eine andere in der Menopause. Ich erkläre das immer so: Wenn der Eisprung wegfällt, ist das ein ganz wichtiges Energiereservoir, das nicht mehr gespeist werden muss. Der Eisprung ist für den weiblichen Körper sehr energieintensiv – das verbrennt natürlich auch einiges an Kalorien. Fällt diese hormonelle Meisterleistung des Körpers weg, nehmen wir Frauen zu. Die Umstellung des Stoffwechsels und des Hormonsystems lassen auch die Haut schlaff werden und, und, und. Hormone halten eine Frau frisch, fruchtbar, gesund und schön. Wenn du nicht mehr mitspielst im Orchester der Reproduktion und des sexuellen Wettbewerbs, dann ist es der Natur ziemlich egal, wie du aussiehst. Wallungen kommen, die Silhouette verändert sich, Haarausfall beginnt und die Libido ist auch bei einigen im Verschwinden. Das ist der Lauf der Natur.« Wie begegnet die Expertin persönlich dieser Herausforderung? »Ich versuche all das Gesagte zu berücksichtigen. Ich gehe sehr viel spazieren. Aber nicht Windowshopping. So richtig, bis ich ins Schwitzen komme. Das geht am besten alleine. Und ich meide Noxen. Also kein Alkohol, noch nie Nikotin, maßvoll essen und ich pflege meine Nachtruhe, die ist meine wahre Luxuszeit. Das alleine Spazierengehen gibt mir außerdem Zeit zu denken. Wo stehe ich gerade? Was sind die nächsten Pläne? Und viele weitere gute Gedanken kommen mir dabei.«
Da ist sie wieder, die Doris Gruber von vor zwanzig Jahren: Lernpensum eingeteilt und Studium in Mindeststudienzeit durchgezogen. Tickt sie immer noch genauso? »Ja, das ist in mir drinnen«, lacht sie, »kann man auch Prägung nennen.« Auf die Frage, was man ihr einmal nachsagen solle, meinte sie im Buch »30erinnen«: »Konsequenz«. Und heute? »Ich glaube, ohne einen gewissen, konsequenten Plan funktioniert das Leben nur halb so gut. Natürlich gibt es Abweichungen, Sackgassen, Schicksalsschläge, aber man sollte sich einen ungefähren Wunschlebensplan zurechtzimmern und – ganz wichtig – die neuen Weichenstellungen, die sich immer wieder ergeben, annehmen und damit leben lernen« – eine Lebenseinstellung, die sie auch ihrem Sohn mitgibt? »Das versuche ich. Ich versuche ihm beizubringen, dass er sich zuerst einmal hinsetzen soll und sich überlegen soll: Was soll am Ende herauskommen? Wie ist der Weg dorthin? Und was muss ich dazu beitragen, damit ich mein Ziel am besten erreichen kann?« Und nimmt er das auch an? »Ich hoffe, er tickt mittlerweile ähnlich wie ich«, meint sie und erzählt, wie ihr Sohn am Tag, an dem wir miteinander reden, eigentlich null Bock auf Schule hatte, sich schließlich doch überwunden habe zu gehen, aber leider die Turnsachen zu Hause vergessen habe. »Damit dieser ›Fehler‹« niemandem auffallen würde, habe ich ihm die Turnsachen in einer Schulpause so unauffällig nachgebracht, dass niemand gemerkt hat, dass er sie vergessen hat.« Perfektion. Mutter wie Sohn. Und Organisationstalent, aber das haben wohl alle berufstätigen Mütter entwickeln müssen.
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