Читать книгу: «Charles Darwin: Die Vögel und die geschlechtliche Zuchtwahl», страница 4

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Einen ausgezeichneten Fall bietet für diese Untersuchung die Familie der hirschartigen Tiere dar. Bei sämtlichen Arten, mit Ausnahme einer einzigen, entwickelt sich das Geweih nur beim Männchen, trotzdem es ganz sicher durch das Weibchen überliefert wird und auch wohl imstande ist, sich gelegentlich abnormer Weise bei diesem zu entwickeln. Andererseits ist beim Rentier das Weibchen mit einem Geweihe versehen, so dass bei dieser Art das Geweih entsprechend unserem Gesetze zeitig im Leben auftreten müsste, lange bevor die beiden Geschlechter zur Reife gelangen und in ihrer Konstitution sehr auseinander gehen. Bei allen den anderen Arten der Hirsche müsste das Geweih später im Leben auftreten und infolge hiervon nur bei demjenigen Geschlechte zur Entwicklung gelangen, bei dem es zuerst am Urerzeuger der ganzen Familie erschien. Ich finde nun bei sieben zu verschiedenen Sektionen der Familie gehörigen und verschiedene Gegenden bewohnenden Spezies, bei welchen nur die Männchen Geweihe tragen, dass das Geweih zuerst in einer Zeit erscheint, welche von neun Monaten nach der Geburt, und dies beim Rehbock, bis zu zehn oder zwölf oder selbst noch mehr Monaten nach derselben variiert, letzteres bei den Hirschen der sechs anderen größeren Spezies. [Ich bin Herrn Cupples sehr verbunden, welcher von Mr. Robertson, dem erfahrenen Oberwildwart des Marquis of Breadalbane, Erkundigungen über den Rehbock und den Hirsch in Schottland für mich eingezogen hat. In Bezug auf den Damhirsch bin ich Mr. Eyton und anderen für Mitteilungen zu Dank verpflichtet. Wegen des Cervus alces von Nord-Amerika s. Land and Water, 1868, p. 221 u. 254. und wegen Cervus virginianus und strongylocerus desselben Kontinents s. J. D. Caton in: Ottawa Acad. of Natur. Science. 1868, p. 13. Wegen des Cervus Eldi von Pegu s. Lieutenant Beavan in: Proceed. Zoolog. Soc. 1867, p. 762.] Aber bei dem Rentier liegt der Fall sehr verschieden. Denn wie ich von Professor Nilsson höre, welcher freundlich genug war, meinetwegen spezielle Untersuchungen in Lappland anstellen zu lassen, erscheinen die Hörner bei den jungen Tieren innerhalb der ersten vier oder fünf Wochen nach der Geburt, und zwar zu derselben Zeit bei beiden Geschlechtern. Wir haben daher hier ein Gebilde, welches sich zu einer äußerst ungewöhnlich frühen Lebenszeit in einer Spezies der Familie entwickelt und welches auch allein in dieser einen Spezies beiden Geschlechtern eigen ist.

Bei mehreren Arten von Antilopen sind die Männchen allein mit Hörnern versehen, während in einer größeren Zahl beide Geschlechter Hörner haben. In Bezug auf die Periode der Entwicklung derselben teilt mir Mr. Blyth mit, dass im zoologischen Garten gleichzeitig einmal ein junger Kudu (Antilope strepsiceros), bei welcher Art nur die Männchen gehörnt sind, und das Junge einer nahe verwandten Spezies, nämlich das Eland (Antilope oreas), lebten, bei welchem beide Geschlechter gehörnt sind. Nun waren in strenger Übereinstimmung mit unserem Gesetz bei dem jungen männlichen Kudu, trotzdem derselbe bereits zehn Monate alt war, die Hörner merkwürdig klein, wenn man die schließlich von ihnen erreichte Größe in Betracht zieht, während bei dem jungen männlichen Eland, obgleich er nur drei Monate alt war, die Hörner bereits sehr viel größer waren als bei dem Kudu. Es ist auch der Erwähnung wert, dass bei der gabelhörnigen Antilope [Antilokapra amerikana. Ich habe Dr. Kanfield für Angaben in Betreff der Hörner des Weibchens zu danken; s. auch seinen Aufsatz in: Proceed. Zoolog. Soc. 1866, p. 209. s. auch Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 627.] nur einige wenige Weibchen, etwa eines unter fünf, Hörner haben; diese finden sich in einem rudimentären Zustand, wennschon sie zuweilen über einen Zoll lang werden. Es befindet sich daher diese Spezies, was den Besitz von Hörnern seitens der Männchen allein betrifft, in einem intermediären Zustand, und die Hörner erscheinen nicht eher, als ungefähr fünf oder sechs Monate nach der Geburt. Im Vergleich daher mit dem Wenigen, was wir von der Entwicklung der Hörner bei anderen Antilopen wissen und was in Bezug auf die Hörner der Hirsche, Rinder usw. bekannt ist, treten die der Gabelhorn-Antilope in einer intermediären Lebensperiode auf, d. h. weder sehr früh, wie bei Rindern und Schafen, noch sehr spät, wie bei den größeren Hirschen und Antilopen. Bei Schafen, Ziegen und Rindern, bei denen die Hörner in beiden Geschlechtern gut entwickelt sind, wenn sie auch in der Größe nicht völlig gleich sind, können sie schon bei der Geburt oder bald nachher gefühlt oder selbst schon gesehen werden. [Mir ist versichert worden, dass bei den Schafen in Nord-Wales schon zur Zeit der Geburt die Hörner immer gefühlt werden können und zuweilen selbst einen Zoll lang sind. In Bezug auf das Rind sagt Youatt (Cattle, 1834, p. 277), dass der Vorsprung des Stirnbeines bei der Geburt die Haut durchbohrt und dass die Hornsubstanz sich bald auf demselben bildet.] Unser Gesetz lässt uns indess in Bezug auf einige Schafrassen im Stich, z. B. bei den Merinos, wo nur die Widder gehörnt sind. Denn infolge eingezogener Erkundigungen [Prof. Victor Carus hat für mich bei den höchsten Autoritäten in Bezug auf die Merino-Schafe in Sachsen Erkundigungen eingezogen. An der Guineaküste in Afrika gibt es indessen eine Schafrasse, bei welcher wie bei den Merinos nur die Widder allein Hörner haben; und Mr. Winwood Reade teilt mir mit, dass in einem von ihm beobachteten Falle ein junger, am 10. Februar geborener Widder zuerst am 6. März die Hörner zeigte, so dass die Entwicklung der Hörner in diesem Falle zu einer späteren Lebensperiode eintrat, unserem Gesetze zufolge, als bei dem Waliser Schaf, bei dem beide Geschlechter gehörnt sind.] bin ich nicht imstande, zu sagen, dass die Hörner bei dieser Rasse später im Leben entwickelt werden als bei gewöhnlichen Schafen, bei denen beide Geschlechter gehörnt sind. Es ist aber bei domestizierten Schafen das Vorhandensein oder das Fehlen der Hörner kein scharf fixiertes Merkmal, denn eine gewisse Zahl von Merinomutterschafen trägt kleine Hörner und einige Widder sind hornlos, während bei den meisten Rassen gelegentlich auch hornlose Mutterschafe geboren werden.

Dr. W. Marshall hat neuerdings die Protuberanzen, welche so häufig am Kopf von Vögeln auftreten, speziell studiert [Über die knöchernen Schädelhöcker der Vögel, in: Niederländ. Archiv für Zoologie. Bd. I. Heft 2. 1872.] und gelangt zu dem folgenden Schluss, dass sie sich bei denjenigen Arten, bei denen sie auf die Männchen beschränkt sind, spät im Leben entwickeln, während sie bei den Arten, bei denen sie beiden Geschlechtern zukommen, in einer sehr frühen Periode entwickelt werden. Sicherlich ist dies eine auffallende Bestätigung meiner zwei Vererbungsgesetze.

Bei den meisten Arten der prachtvollen Familie der Fasanen weichen die Männchen auffallend von den Weibchen ab und erreichen ihre Körperzierde in einer verhältnismäßig späten Periode des Lebens. Der Ohrenfasan (Crossoptilon auritum) bietet indess eine merkwürdige Ausnahme dar, denn hier besitzen beide Geschlechter die schönen Schwanzfedern, die großen Ohrbüschel und den scharlachnen Sammet um den Kopf; und ich finde, dass alle diese Besonderheiten in Übereinstimmung mit unserem Gesetz sehr zeitig im Leben erscheinen. Das erwachsene Männchen kann indessen vom erwachsenen Weibchen durch das Vorhandensein von Spornen unterschieden werden; und in Übereinstimmung mit unserer Regel fangen diese, wie mir Mr. Bartlett versichert hat, sich nicht vor dem Alter von sechs Monaten zu entwickeln an und, können selbst in diesem Alter die beiden Geschlechter kaum unterschieden werden. [Beim gemeinen Pfau (Pavo cristatus) besitzt nur das Männchen Sporne, während der Javanische Pfau (Pavo muticus) den ungewöhnlichen Fall darbietet, dass beide Geschlechter mit Spornen versehen sind. Ich glaubte daher sicher erwarten zu dürfen, dass sich dieselben bei der letzten Spezies früher im Leben entwickeln würden, als beim gemeinen Pfau. Mr. Hegt in Amsterdam teilt mir aber mit, dass bei jungen, zu beiden Spezies gehörenden Vögeln des vorhergehenden Jahres eine am 23. April 1869 vorgenommene Vergleichung keine Verschiedenheit in der Entwicklung der Sporne zeigte. Indessen waren zu dieser Zeit die Sporne nur durch unbedeutende Höcker oder Erhebungen repräsentiert. Ich glaube annehmen zu dürfen, dass man es mir mitgeteilt haben würde, wenn später irgendeine Verschiedenheit in der Schnelligkeit der Entwicklung bemerklich gewesen wäre.] Der männliche und weibliche Pfau differieren auffallend voneinander in fast jedem Teile ihres Gefieders, mit Ausnahme des eleganten Federstutzes auf dem Kopf, welcher beiden Geschlechtern eigen ist; und dieser entwickelt sich sehr früh im Leben, lange zuvor, ehe die anderen Zieraten sich entwickeln, welche auf das Männchen beschränkt sind. Die wilde Ente bietet einen analogen Fall dar, denn der schöne grüne Spiegel auf den Flügeln ist beiden Geschlechtern gemeinsam, trotzdem er beim Weibchen dunkler und etwas kleiner ist; und dieser entwickelt sich zeitig im Leben, während die gekräuselten Schwanzfedern und andere dem Männchen eigentümlichen Zierden später entwickelt werden. [Bei einigen anderen Arten der Familie der Enten ist der Spiegel bei beiden Geschlechtern in einem bedeutenden Grade verschieden; ich bin aber nicht imstande gewesen, nachzuweisen, ob seine völlige Entwicklung bei den Männchen solcher Arten später im Leben eintritt als bei der gemeinen Ente, wie es unserer Regel zu Folge der Fall sein sollte. Wir haben aber bei dem verwandten Mergus cucullatus einen Fall dieser Art: hier weichen die beiden Geschlechter auffallend in der allgemeinen Befiederung und auch in einem beträchtlichen Grade in dem Spiegel ab, welcher beim Männchen rein weiß, beim Weibchen gräulich-weiß ist. Nun sind die jungen Männchen zuerst in allen Beziehungen den Weibchen ähnlich und haben einen gräulich-weißen Spiegel; dieser wird aber in einem früheren Alter rein weiß als in dem, in welchem das erwachsene Männchen seine stärker ausgesprochenen sexuellen Verschiedenheiten im Gefieder erhält, s. Audubon, Ornithological Biography. Vol. III 1835, p. 249-250.] Zwischen solchen extremen Fällen großer sexueller Übereinstimmung und bedeutender Verschiedenheit, wie denen des Crossoptilon und des Pfauen, könnten viele mitten inneliegende angeführt werden, bei denen die einzelnen Merkmale in der Reihenfolge ihrer Entwicklung unseren beiden Gesetzen folgen.

Da die meisten Insekten ihre Puppenhülle in einem geschlechtsreifen Zustande verlassen, so ist es zweifelhaft, ob die Periode der Entwicklung das Übertragen ihrer Merkmale auf eines oder beide Geschlechter bestimmt. Wir wissen aber nicht, ob die gefärbten Schuppen z. B. in zwei Arten von Schmetterlingen, von denen bei der einen beide Geschlechter verschieden gefärbt sind, während bei der anderen beide gleich sind, in demselben relativen Alter im Cocon sich entwickeln. Auch wissen wir nicht, ob alle Schuppen gleichzeitig auf den Flügeln einer und derselben Spezies von Schmetterlingen entwickelt werden, bei welcher gewisse gefärbte Auszeichnungen auf ein Geschlecht beschränkt sind, während andere Flecke beiden Geschlechtern gemeinsam sind. Eine Verschiedenheit dieser Art in der Periode der Entwicklung ist nicht so unwahrscheinlich, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Denn bei den Orthoptern, welche ihren erwachsenen Zustand nicht durch eine einzige Metamorphose, sondern durch eine Reihe aufeinanderfolgender Häutungen erreichen, gleichen die jungen Männchen einiger Spezies zuerst den Weibchen und erlangen ihre unterscheidenden männlichen Merkmale erst während einer späteren Häutung. Streng analoge Fälle kommen auch während der aufeinanderfolgenden Häutungen gewisser männlichen Krustentiere vor.

Wir haben bis jetzt nur die Übertragung von Merkmalen in Bezug auf die Periode der Entwicklung bei Spezies im Naturzustand betrachtet. Wir wollen uns nun zu den domestizierten Tieren wenden und zuerst Monstrositäten und Krankheiten berühren. Das Vorhandensein überzähliger Finger und das Fehlen gewisser Phalangen muss in einer frühen embryonalen Periode bestimmt werden – wenigstens ist die Neigung zu profusen Blutungen angeboren, wie es wahrscheinlich auch die Farbenblindheit ist; – doch sind diese Eigentümlichkeiten und andere ähnliche oft in Bezug auf ihre Überlieferung auf ein Geschlecht beschränkt, so dass das Gesetz, dass Merkmale, welche in einer frühen Periode sich entwickeln, auf beide Geschlechter vererbt zu werden neigen, hier vollständig fehlschlägt. Wie aber vorhin bemerkt wurde, scheint dieses Gesetz keine auch nur annähernd so allgemeine Gültigkeit zu haben, wie der umgekehrte Satz, dass nämlich Eigentümlichkeiten, welche spät im Leben an einem Geschlecht erscheinen, auch nur ausschließlich auf dieses Geschlecht vererbt werden. Aus der Tatsache, dass die oben erwähnten abnormen Eigentümlichkeiten auf ein Geschlecht beschränkt werden, und zwar lange ehe die geschlechtlichen Funktionen in Tätigkeit treten, können wir schließen, dass eine Verschiedenheit irgendwelcher Art zwischen den Geschlechtern schon zu einem äußerst frühen Lebensalter bestehen muss. Was geschlechtlich beschränkte Krankheiten betrifft, so wissen wir zu wenig von der Zeit, zu welcher sie überhaupt entstehen, um irgendeinen sicheren Schluss zu ziehen. Indessen scheint die Gicht unter unser Gesetz zu fallen, denn sie ist meist verursacht durch Unmäßigkeit im Mannesalter und wird vom Vater auf seine Söhne in einer viel ausgesprocheneren Art als auf seine Töchter vererbt.

Bei den verschiedenen domestizierten Schafen, Ziegen und Rindern weichen die Männchen von ihren respectiven Weibchen in der Form oder der Entwicklung ihrer Hörner, ihrer Stirn, ihrer Mähne, ihrer Wamme, ihres Schwanzes und ihrer Höcker auf den Schultern ab; und in Übereinstimmung mit unserem Gesetze werden diese Eigentümlichkeiten nicht eher vollständig entwickelt, als ziemlich spät im Leben. Bei Hunden weichen die Geschlechter nicht voneinander ab, ausgenommen darin, dass bei gewissen Rassen, besonders bei dem schottischen Hirschhunde, das Männchen viel größer und schwerer als das Weibchen ist. Und wie wir in einem späteren Kapitel sehen werden, nimmt das Männchen bis zu einer ungewöhnlich späten Lebenszeit beständig an Größe zu, welcher Umstand nach unserer Regel es erklären wird, dass die bedeutendere Größe nur seinen männlichen Nachkommen vererbt wird. Andererseits ist die dreifarbige Beschaffenheit des Haares (tortoise-shell), welche auf weibliche Katzen beschränkt ist, schon bei der Geburt völlig deutlich, und dieser Fall streitet gegen unser Gesetz. Es gibt eine Taubenrasse, bei welcher nur die Männchen mit Schwarz gestreift sind, und die Streifen können selbst bei Nestlingen schon nachgewiesen werden; sie werden aber deutlicher mit jeder später eintretenden Mauserung, so dass dieser Fall zum Teil unserer Regel widerspricht, zum Teil sie unterstützt. Bei der englischen Botentaube und dem Kröpfer tritt die völlige Entwicklung der Fleischlappen und des Kropfes ziemlich spät im Leben ein; und diese Merkmale werden in Übereinstimmung mit unserem Gesetze in Vollkommenheit nur den Männchen vererbt. Die folgenden Fälle gehören vielleicht in die früher erwähnte Klasse, bei welcher die beiden Geschlechter in einer und derselben Art und Weise auf einer ziemlich späten Periode des Lebens variiert und infolgedessen ihre neuen Merkmale auf beide Geschlechter in einer entsprechend späten Periode vererbt haben; und wenn dies der Fall ist, so widersprechen derartige Fälle unserer Regel nicht. Es gibt Unterrassen der Tauben, welche Neumeister [Das Ganze der Taubenzucht. 1837, p. 21, 24. In Bezug auf die gestreiften Tauben s. Dr. Chapuis, Le Pigeon Voyageur Belge. 1865, p. 87.] beschrieben hat, bei denen beide Geschlechter im Verlaufe von zwei oder drei Mauserungen die Farbe verändern, wie es in gleicher Weise auch der Mandelpurzler tut. Nichtsdestoweniger sind diese Veränderungen, trotzdem sie ziemlich spät im Leben auftreten, beiden Geschlechtern gemeinsam. Eine Varietät des Kanarienvogels, nämlich der „London Prize“, bietet einen ziemlich analogen Fall dar.

Bei den Hühnerrassen scheint die Vererbung verschiedener Besonderheiten auf ein Geschlecht oder auf beide Geschlechter allgemein durch die Periode bestimmt zu werden, in welcher sich solche Auszeichnungen entwickeln. So weicht in allen den Zuchten, bei welchen das erwachsene Männchen bedeutend in der Färbung von den Weibchen und von der wilden Stammart abweicht, dasselbe auch von dem jungen Männchen ab, so dass die erst neuerdings erlangten Eigentümlichkeiten in einer verhältnismäßig späten Periode des Lebens erschienen sein müssen. Andererseits sind bei den meisten Rassen, bei denen die beiden Geschlechter einander ähnlich sind, die Jungen in nahezu derselben Art und Weise gefärbt wie ihre Eltern, und dies macht es wahrscheinlich, dass ihre Farben zuerst früh im Leben auftraten. Wir sehen Beispiele dieser Tatsache bei allen schwarzen und weißen Rassen, bei denen die Jungen und Alten beider Geschlechter einander gleich sind. Auch kann nicht behauptet werden, dass in einem schwarzen oder weißen Gefieder etwas Eigentümliches liege, welches zu seiner Vererbung auf beide Geschlechter führe. Denn bei vielen natürlichen Spezies sind allein die Männchen entweder schwarz oder weiß, während die Weibchen sehr verschieden gefärbt sind. Bei den sogenannten Kukuksunterrassen des Huhns, bei welchen die Federn quer mit dunklen Streifen gestrichelt sind, sind beide Geschlechter und die Hühnchen in nahezu derselben Art und Weise gefärbt. Das Gefieder der Sebright-Bantam-Hühner mit schwarz geränderten Federn ist in beiden Geschlechtern dasselbe und bei den Hühnchen sind die Schwungfedern deutlich, wenn schon unvollkommen gerändert. Die geflitterten Hamburger bieten indess eine teilweise Ausnahme dar, denn wennschon die beiden Geschlechter sich nicht vollkommen gleich sind, so ähneln sie sich doch einander mehr, als es die Geschlechter der ursprünglichen elterlichen Spezies tun; und doch erreichen sie ihr charakteristisches Gefieder spät im Leben, denn die Hühnchen sind deutlich gestrichelt. Wendet man sich zu anderen Merkmalen außer der Farbe, so besitzen allein die Männchen der wilden elterlichen Spezies und der meisten domestizierten Rassen einen wohlentwickelten Kamm; aber bei dem jungen spanischen Hahne ist er in einem sehr frühen Alter bedeutend entwickelt, und in Übereinstimmung mit dieser frühen Entwicklung beim Männchen ist er auch bei den erwachsenen Weibchen von ungewöhnlicher Größe. Bei der Kampfhahnrasse wird die Kampfsucht in einem wunderbar frühen Alter entwickelt, wovon merkwürdige Beweise gegeben werden könnten; und dieser Charakter wird auch auf beide Geschlechter vererbt, so dass die Hennen wegen ihrer außerordentlichen Kampfsucht jetzt allgemein in besonderen Behältern ausgestellt werden. Bei den polnischen Rassen bildet sich die Protuberanz des Schädels, welche die Federkrone trägt, zum Teil schon ehe die Hühnchen ausschlüpfen, und die Federkrone selbst beginnt sehr bald zu wachsen, wenn auch anfangs nur schwach. [Wegen ausführlicher Einzelheiten und Verweisungen über alle diese Punkte in Bezug auf verschiedene Rassen des Huhns s. Das Varieren der Tiere und Pflanzen im Zustande der Domestikation. 2. Aufl. Bd. I, p. 278 und 285. Was die höheren Tiere betrifft, so sind die geschlechtlichen Verschiedenheiten, welche im Zustande der Domestikation entstanden sind, in demselben Werke unter den die einzelnen Spezies behandelnden Abschnitten beschrieben.] Und in dieser Rasse charakterisiert eine große knöcherne Protuberanz und eine ungeheure Federkrone die erwachsenen Tiere beider Geschlechter.

Nach dem nun endlich, was wir jetzt von den Beziehungen gesehen haben, welche in vielen natürlichen Spezies und domestizierten Rassen zwischen der Periode der Entwicklung ihrer Merkmale und der Art und Weise ihrer Überlieferung existieren, – wenn z. B. die auffallende Tatsache des frühen Wachstums des Geweihes beim Rentier, bei dem beide Geschlechter Geweihe tragen, im Vergleich mit dessen viel später eintretendem Wachstum bei den anderen Spezies, bei denen das Männchen allein ein Geweih trägt, – können wir schließen, dass die eine, wenn auch nicht die einzige Ursache der Vererbung von Eigentümlichkeiten ausschließlich auf ein Geschlecht der Umstand ist, dass sie sich in einem späteren Alter entwickeln, und zweitens, dass eine, wenn auch wie es scheint weniger wirksame Ursache der Vererbung von Besonderheiten auf beide Geschlechter deren Entwicklung in einem frühen Alter ist, in einer Zeit also, wo die Geschlechter in ihrer Konstitution nur wenig voneinander abweichen. Es scheint indessen, als wenn doch irgendeine Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern selbst während einer frühen embryonalen Periode existieren müsste; denn in diesem Alter entwickelte Merkmale werden nicht selten auf ein Geschlecht beschränkt.

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Zusammenfassung und Schlussbemerkungen. – Nach der vorstehenden Erörterung über die verschiedenen Gesetze der Vererbung sehen wir, dass Merkmale der Eltern oft oder selbst ganz allgemein geneigt sind, sich bei demselben Geschlecht in dem nämlichen Alter und periodisch in derselben Jahreszeit, in welcher sie zuerst bei den Eltern auftraten, zu entwickeln. Diese Regeln sind aber infolge unbekannter Ursachen beiweitem nicht fixiert. Die aufeinanderfolgenden Stufen im Verlaufe der Modifikation einer Spezies können daher leicht auf verschiedenen Wegen überliefert werden; einige dieser Stufen werden nur auf ein Geschlecht, andere auf beide vererbt, einige auf die Nachkommen eines bestimmten Alters und einige andere auf allen Altersstufen. Es sind nicht bloß die Gesetze der Vererbung äußerst kompliziert, sondern es sind auch die Ursachen so, welche die Variabilität herbeiführen und beherrschen. Die auf diese Weise verursachten Abänderungen werden durch geschlechtliche Zuchtwahl erhalten und angehäuft, welche an sich wieder eine äußerst verwickelte Angelegenheit ist, da sie von der Gluth der Liebe, dem Mut und der Nebenbuhlerschaft der Männchen ebensowohl wie von dem Wahrnehmungsvermögen, dem Geschmacke und dem Willen der Weibchen abhängt. Geschlechtliche Zuchtwahl wird auch bedeutend von der auf die allgemeine Wohlfahrt der Spezies gerichteten natürlichen Zuchtwahl beherrscht. Es kann daher nicht anders sein, als dass die Art und Weise, in welcher die Individuen eines von beiden Geschlechtern oder beider Geschlechter durch geschlechtliche Zuchtwahl beeinflusst worden sind, im äußersten Grade kompliziert ist.

Wenn Abänderungen spät im Leben bei einem Geschlecht auftreten und auf dasselbe Geschlecht in demselben Alter überliefert werden, so werden notwendigerweise das andere Geschlecht und die Jungen unverändert bleiben. Wenn die Abänderungen spät im Leben auftreten, aber auf beide Geschlechter in demselben Alter vererbt werden, so werden nur die Jungen unverändert gelassen. Indessen können Abänderungen auf jeder Periode des Lebens in einem Geschlechte oder in beiden auftreten und auf beide Geschlechter in allen Altersstufen überliefert werden, und dann werden alle Individuen der Art in ähnlicher Weise modifiziert werden. In den folgenden Kapiteln werden wir sehen, dass alle diese Fälle im Naturzustand häufig auftreten.

Geschlechtliche Zuchtwahl kann niemals auf irgendein Tier wirken, bevor nicht das Alter der Fortpflanzungsfähigkeit erreicht ist. Infolge der großen Begierde des Männchens hat sie meistens auf dieses Geschlecht und nicht auf die Weibchen gewirkt. Hierdurch sind die Männchen mit Waffen zum Kampfe mit ihren Nebenbuhlern oder mit Organen zur Entdeckung und zum sichern Festalten der Weibchen oder zum Reizen oder zum Gefallen derselben versehen worden. Wenn die Geschlechter in dieser Hinsicht voneinander abweichen, so ist es auch, wie wir gesehen haben, ein äußerst allgemeines Gesetz, dass das erwachsene Männchen mehr oder weniger vom jungen Männchen verschieden ist; und wir können aus dieser Tatsache schließen, dass die aufeinanderfolgenden Abänderungen, durch welche das erwachsene Männchen modifiziert wurde, allgemein nicht lange vor dem Eintritt des reproduktionsfähigen Alters entwickelt wurden. Sobald aber nur immer einige oder viele der Abänderungen früh im Leben aufgetreten sind, werden die jungen Männchen in einem größeren oder geringeren Grade an den Auszeichnungen der erwachsenen Männchen teilhaben. Verschiedenheiten dieser Art zwischen den alten und den jungen Männchen können bei vielen Tierarten beobachtet werden.

Es ist wahrscheinlich, dass junge männliche Tiere oft in einer Weise zu variieren gestrebt haben, welche in einem frühen Alter nicht bloß für sie von keinem Nutzen, sondern geradezu schädlich gewesen sein würde – wie z. B. die Erlangung glänzender Farben, welche sie ihren Feinden viel sichtbarer gemacht haben würden, oder von Gebilden, wie großen Hörnern, welche während ihrer Entwicklung viel Lebenskraft beansprucht haben würden. Bei jungen Männchen auftretende Abänderungen dieser Art werden beinahe gewiss durch natürliche Zuchtwahl beseitigt worden sein. Andererseits wird bei erwachsenen und erfahrenen Männchen der aus der Erlangung derartiger Eigentümlichkeiten hergeleitete Vorteil den Umstand, dass sie dadurch Gefahren in mancherlei Graden ausgesetzt wurden, mehr als aufgehoben haben.

Da die Abänderungen, welche dem Männchen eine Superiorität über andere Männchen beim Kampfe oder beim Aufsuchen, Festalten oder Bezaubern des anderen Geschlechts geben, wenn sie durch Zufall beim Weibchen aufträten, diesem von keinem Nutzen sein würden, so werden sie in diesem Geschlecht durch geschlechtliche Zuchtwahl nicht erhalten worden sein. Wir haben hinreichende Belege dafür, dass bei domestizierten Tieren Abänderungen aller Arten durch Kreuzung und zufällige Todesfälle bald verloren gehen, wenn sie nicht sorgfältig bei der Nachzucht ausgewählt werden. Infolge hiervon werden Abänderungen der obigen Art, wenn sie durch Zufall bei Weibchen auftreten und ausschließlich in der weiblichen Linie weiter vererbt werden, äußerst geneigt sein, verloren zu gehen. Wenn indessen die Weibchen abänderten und ihre neu erlangten Besonderheiten ihren Nachkommen beiderlei Geschlechts überlieferten, so werden diejenigen derselben, welche den Männchen von Vorteil waren, von diesen durch geschlechtliche Zuchtwahl erhalten und folglich die beiden Geschlechter in der nämlichen Art und Weise modifiziert werden, trotzdem derartige Merkmale für die Weibchen von keinem Nutzen sind. Ich werde indessen später auf diese verwickelten Fälle zurückzukommen haben. Endlich können die Weibchen auch Merkmale durch Überlieferung von dem männlichen Geschlecht erlangen und haben sie allem Anschein nach auch oft erlangt.

Unaufhörlich hat die Natur von Abänderungen, welche spät im Leben auftreten und nur auf ein Geschlecht überliefert werden, Vorteil gezogen und hat solche durch geschlechtliche Zuchtwahl mit Beziehung auf die Reproduktion der Art angehäuft. Es erscheint daher auf den ersten Blick als unerklärliche Tatsache, dass ähnliche Abänderungen nicht auch häufig durch natürliche Zuchtwahl mit Beziehung auf die gewöhnliche Lebensweise angehäuft worden sind. Wäre dies eingetreten, so würden die beiden Geschlechter häufig in verschiedener Weise modifiziert worden sein, z. B. zum Zwecke des Fangens von Beute oder des Entgehens der Gefahr. Verschiedenheiten dieser Art zwischen den beiden Geschlechtern treten gelegentlich auf, besonders bei den niederen Tieren; dies setzt voraus, dass beide Geschlechter im Kampf um die Existenz verschiedenen Lebensgewohnheiten folgen, was bei den höheren Klassen selten ist. Der Fall liegt indessen ganz verschieden, wenn es sich um die reproduktiven Funktionen handelt, in welcher Hinsicht beide Geschlechter notwendig voneinander verschieden sind. Denn es haben sich Bildungsabänderungen, welche auf diese Funktionen Bezug haben, oft als von Wert für das eine Geschlecht herausgestellt und sind, da sie in einer späteren Periode des Lebens aufgetreten sind, nur auf ein Geschlecht überliefert worden. Derartige Abänderungen, in dieser Weise erhalten und überliefert, haben dann zur Entwicklung sekundärer Sexualcharaktere geführt.

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In den folgenden Kapiteln werde ich von den sekundären Sexualcharakteren bei Tieren aller Klassen handeln und werde in jedem einzelnen Falle die in dem vorliegenden Kapitel auseinandergesetzten Grundsätze anzuwenden versuchen. Die niedrigsten Klassen werden uns nur für sehr kurze Zeit aufhalten; aber die höheren Tiere, besonders die Vögel, müssen in einer ziemlichen Ausführlichkeit betrachtet werden. Man muss dabei im Auge behalten, dass ich aus bereits angeführten Gründen nur beabsichtige, einige wenige erläuternde Beispiele von den zahllosen Bildungen zu geben, durch deren Hilfe das Männchen das Weibchen findet oder, wenn es dasselbe gefunden hat, festhält. Auf der anderen Seite werden alle die Bildungseigentümlichkeiten und Instinkte, durch welche ein Männchen andere Männchen besiegt und durch welche dasselbe das Weibchen anlockt oder aufreizt, ausführlich erörtert werden, da diese in vielen Fällen die interessantesten sind.

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