Tarzan – Band 3 – Tarzans Tiere

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Из серии: Tarzan bei Null Papier #3
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Nach Afrika entführt

Gera­de als Tar­zan mit sei­nem Beglei­ter im Dun­kel der Kai­an­la­ge ver­schwand, war eine tief in Schlei­er gehüll­te Dame ei­lig in die enge Gas­se ein­ge­bo­gen, nicht weit mehr von der Knei­pe, die die bei­den eben ver­las­sen hat­ten.

Sie blieb ste­hen, sah sich um und schi­en be­frie­digt. End­lich war sie da. Sie fass­te Mut und trat in die Win­kel­k­nei­pe ein.

Halb­be­trun­ke­ne Ma­tro­sen und »Kai-Rat­ten« blick­ten von ih­ren Ti­schen auf. Das war et­was Neu­es: eine vor­nehm ge­klei­de­te Dame hier mit­ten un­ter ih­nen. Sie ging so­fort auf die Kell­ne­rin am Schank­tisch zu. Die hat­te be­reits ihre glück­li­che­re Schwes­ter mit nei­di­schem Blick aufs Korn ge­nom­men.

Ha­ben Sie einen großen, gut­ge­klei­de­ten Herrn hier ge­se­hen? frag­te sie. Er muss vor ei­ni­gen Mi­nu­ten noch hier ge­we­sen sein. Muss sich hier mit je­man­dem ge­trof­fen ha­ben und dann mit ihm fort sein. Die Kell­ne­rin be­stä­tig­te dies. Wo­hin sie ge­gan­gen sei­en, kön­ne sie nicht sa­gen.

Ein Ma­tro­se hat­te zu­ge­hört; er kam her­an und ver­si­cher­te, wie er ge­ra­de in die Knei­pe her­ein­ge­gan­gen, sei­en zwei Män­ner nach dem Kai fort­ge­schlen­dert.

In wel­cher Rich­tung? Die Dame drück­te ihm rasch ein Trink­geld in die Hand. Der Bur­sche zog sie so­gleich auf die Stra­ße. Sie wand­ten sich zum Kai und, wie sie so am Was­ser ent­lang eil­ten, be­ob­ach­te­ten sie, dass ein klei­nes Boot ge­ra­de in den dich­ten Schat­ten ei­nes Damp­fers un­ter­tauch­te. Es schi­en nicht weit zu sein.

Da sind sie ja, flüs­ter­te der Ma­tro­se ihr zu.

Zehn Pfund für ein Boot und wenn Sie mich gleich auf dies Schiff hin­über­brin­gen! Wie ein Auf­schrei klang das.

Schnell also, be­stä­tig­te er. Don­ner­wet­ter, das muss gut ge­hen, wenn wir die »Kin­caid« noch fas­sen! Seit drei Stun­den schon steht sie un­ter Dampf. Gera­de auf den da ha­ben sie noch ge­war­tet. Ich hab’s ge­hört, vor ei­ner Stun­de. Da er­zähl­te ei­ner von der Mann­schaft was … Mit die­sen Wor­ten wa­ren sie am Ende der Kai­mau­er. Ein Boot war dort fest­ge­macht; er half ihr hin­ein, schwang sich nach und ru­der­te los. Sie jag­ten nur so durch die Flu­ten da­hin.

Am Schiff for­der­te der Mann sein Geld.

Sie zähl­te gar nicht, mit ei­nem Griff drück­te sie ihm ein Bün­del Bank­no­ten in die aus­ge­streck­te Hand. Gleich der ers­te Blick moch­te ihn über­zeugt ha­ben, dass er mehr als ge­nug be­zahlt sei. So half er ihr die Strick­lei­ter hin­auf, und war­te­te mit dem Boot dicht am Schiff. Das Ge­schäft soll­te ihm nicht ent­ge­hen! Vi­el­leicht wür­de die no­ble Dame auch wie­der an Land zu­rück­wol­len?

Aber fast im glei­chen Au­gen­blick dröhn­te die Hilfs­ma­schi­ne, er hör­te das Klir­ren ei­ner Ket­te und das Knar­ren der Win­de. Kein Zwei­fel, die »Kin­caid« lich­te­te den An­ker. Und schon setz­ten sich auch die Schrau­ben in Be­we­gung. Lang­sam glitt der Damp­fer von ihm weg. Hin­aus in den Kanal.

Er wand­te sich, um zum Kai zu­rück­zu­ru­dern. Da, eine Frau­en­stim­me, ein Schrei. Das war auf Deck. Ko­mi­sche Sa­che! mur­mel­te er vor sich hin. Ich soll­te mir ge­narrt vor­kom­men, hät­t’ ich nicht die­ses hüb­sche Pa­ket­chen da.

*

Jane war oben an Deck an­ge­langt. Die »Kin­caid« schi­en völ­lig ver­las­sen. Kei­ne Spur von de­nen, die sie such­te; ein­fach nichts war zu se­hen. Und doch, wozu sich auf­hal­ten! Die Hoff­nung be­flü­gel­te ihre Schrit­te, ge­wiss, die blo­ße Hoff­nung, Mann und Kind hier wie­der­zu­fin­den.

Sie stürz­te nach der Ka­jü­te,1 die halb über das Deck her­aus­rag­te. Es ging eine klei­ne Trep­pe in den Haup­traum hin­ab, und auf der an­de­ren Sei­te la­gen si­cher die klei­ne­ren Of­fi­ziers­ka­bi­nen. Sie stutz­te. Vor ihr muss­te sich eben rasch eine Tür ge­schlos­sen ha­ben, so klang es. Sie durch­schritt den gan­zen Haup­traum der Län­ge nach, dann dämpf­te sie ihre Schrit­te. Sie horch­te an je­der Tür und such­te die Klin­ke lei­se nie­der­zu­drücken. Still war es, un­heim­lich still. Nur ihre Ner­ven schie­nen aufs höchs­te ge­reizt. Wild poch­te ihr zu Tode ge­mar­ter­tes Herz, und es woll­te ihr vor­kom­men, als müs­se die­se wo­gen­de Stim­me ih­res Blu­tes wie ein mäch­ti­ger Alarm bis in alle Win­kel die­ses Schif­fes drin­gen …

Eine Tür nach der an­de­ren tat sich vor ihr auf, und im­mer wie­der stand sie vor der­sel­ben un­heim­li­chen Lee­re. Äu­ße­re Ein­drücke schie­nen sie nicht mehr zu tref­fen. Sie merk­te nicht, dass plötz­lich Le­ben in das Schiff kam, dass die Ma­schi­nen stampf­ten und die Schrau­ben das Was­ser peitsch­ten.

Die letz­te Tür rechts stieß sie eben auf; da wur­de sie von ei­nem star­ken Män­ne­r­arm ge­packt. Fins­te­re Bli­cke fun­kel­ten ihr ent­ge­gen, dann wur­de sie in die Ka­bi­ne hin­ein­ge­zerrt.

Bis ins Mark er­schro­cken über die­sen plötz­li­chen und un­er­war­te­ten Über­fall ent­rang sich ih­rer Brust ein ein­zi­ger durch­drin­gen­der Schrei, dann press­te der Roh­ling sei­ne Faust auf ih­ren Mund.

Ruhe, du lie­bes Ding, du, herrsch­te er sie an. Erst wol­len wir mal ein Stück­chen wei­ter von Land weg sein. Kannst dir dann mei­net­we­gen dein gan­zes rei­zen­des Herz aus dem Lei­be schrei­en.

Die Lady dreh­te sich um. Sie sah ei­nem strup­pi­gen Men­schen dicht in die bö­sen Au­gen. Da ließ der Druck sei­ner Faust lang­sam nach. Ein neu­er Schre­cken durch­zit­ter­te sie. Das war der also – –. Sie wich zu­rück.

Ni­ko­laus Ro­koff! Herr Thu­ran! Sie hier? rief sie laut. Ihr ge­hor­sams­ter Die­ner, er­wi­der­te der Rus­se und ver­beug­te sich leicht.

Sie wür­dig­te sei­ne an­züg­li­chen Schmei­che­lei­en kei­nes Wor­tes. Wo ist er? frag­te sie kurz. Ich will ihn se­hen. Ni­ko­laus Ro­koff, wie kön­nen Sie so grau­sam sein, eben Sie ge­ra­de? Ken­nen Sie kei­ne Barm­her­zig­keit? Ha­ben Sie denn nicht we­nigs­tens ein Fünk­chen Mit­ge­fühl? Kom­men Sie, sa­gen Sie mir, wo er ist. Ist er über­haupt hier an Bord? O, bit­te, wenn Sie über­haupt noch ein Herz im Lei­be ha­ben, ge­ben Sie mir mei­nen Jun­gen wie­der!

Nichts soll Ih­nen ge­sche­hen, wenn Sie mei­nen Be­feh­len fol­gen, ent­geg­ne­te Ro­koff. Üb­ri­gens: Es ist nur Ihre höchst ei­ge­ne Schuld, dass Sie hier sind. Ich stel­le fest, Sie sind aus frei­en Stücken er­schie­nen. Die Fol­gen müs­sen Sie selbst tra­gen.

Er mur­mel­te noch, ohne dass sie es hät­te hö­ren kön­nen, so et­was wie: Don­ner­wet­ter, solch ver­teu­fel­tes Glück kann auch ich bloß ha­ben … Dann ging er an Deck, nach­dem er die Tür sorg­fäl­tig ver­schlos­sen hat­te. Sie war ge­fan­gen. Ta­ge­lang ließ er sich nicht wie­der se­hen. Der Wahr­heit die Ehre: Ni­ko­laus Ro­koff konn­te das See­fah­ren nicht ver­tra­gen, und die­weil die »Kin­caid« von An­fang an sich bei schwers­ter See vor­wärts­ar­bei­ten muss­te, lag der Rus­se in sei­ner Koje fest. Die See­krank­heit moch­te ihn übel ge­packt ha­ben.

In der Zwi­schen­zeit kam ihr nur ein und die­sel­be Per­son zu Ge­sicht: Der Koch der »Kin­caid«, ein un­ge­schlach­ter, we­nig an­ge­neh­mer Mensch, der re­gel­mä­ßig das Es­sen brach­te; er war Schwe­de und nann­te sich Sven An­ders­sen. In sei­nen klei­nen, blau­en Au­gen lag im­mer ein un­ru­hi­ges Fla­ckern, das sich auch auf sei­ne gan­ze Er­schei­nung über­trug. Kat­zen­ar­tig sein Gang, und die­ser Ein­druck ver­stärk­te sich noch, weil er stets mit ei­nem Kü­chen­mes­ser im Schür­zen­gurt auf­tauch­te. Dazu war er schmut­zig von oben bis un­ten. Das Mes­ser schi­en üb­ri­gens so eine Art Ab­zei­chen sei­ner Zunft zu sein. Nie konn­te sie sich des Ge­dan­kens er­weh­ren, dass es nur des ge­rings­ten An­sto­ßes be­durft hät­te, sein noch harm­lo­ses Ge­tue in ein­deu­ti­ge Bös­ar­tig­keit zu wan­deln.

Ob­wohl er meist mür­risch da­her­kam, zwang sie sich doch im­mer zu ei­nem leich­ten Lä­cheln. Auch ein paar Dan­kes­wor­te ver­säum­te sie nie, wenn er ihr das schlech­te Es­sen brach­te, das sie oft ein­fach durch die Licht­lu­ke hin­aus­be­för­der­te, so­bald die Tür hin­ter ihm ins Schloss ge­fal­len war. Zwei Fra­gen hat­ten die arme Jane die lan­gen qual­vol­len Stun­den seit ih­rer Ge­fan­gen­nah­me im­mer und im­mer wie­der be­schäf­tigt. Wo moch­te ihr Tar­zan sein und wo der arme Klei­ne? Sie war fest über­zeugt, dass das Kind auf der »Kin­caid« sei, wenn an­ders es über­haupt noch am Le­ben war. Aber Tar­zan? Wie soll­te er noch un­ter den Le­ben­den sein kön­nen, hier, wo er gleich­sam in des Teu­fels Kü­che ge­ra­ten?

Sie wuss­te ja um den ab­grün­di­gen Hass des Rus­sen ge­gen ih­ren Mann, und nur so ließ sich die­se Ver­schlep­pung hier­her be­grei­fen: Hier hat­te man ihn si­cher. Ra­che, Ra­che, galt es, denn er hat­te es ja ge­wagt, Ro­koffs Weg zu kreu­zen und sei­ne Schand­ta­ten zu ver­hin­dern; er al­lein hät­te es ja in der Hand ge­habt, Ro­koff wie­der dem fran­zö­si­schen Ker­ker zu­zu­füh­ren.

*

Tar­zan lag in sei­ner fins­te­ren Haft. Hät­te er nur ah­nen kön­nen, dass sein Weib das glei­che Schick­sal teil­te, ge­ra­de in der Ka­bi­ne über ihm!

Der­sel­be Schwe­de brach­te auch ihm das Es­sen. Es war je­doch nichts aus dem Man­ne her­aus­zu­brin­gen, so oft Tar­zan auch ein Ge­spräch an­zu­knüp­fen such­te. Erst hat­te er er­fah­ren wol­len, ob das Kind an Bord wäre; doch auf jede der­ar­ti­ge Fra­ge kam im­mer nur die­sel­be Ant­wort: Wird sich al­les früh ge­nug fin­den. Nur nicht so stür­misch! –

So ließ Tar­zan nach ei­ni­gen Ver­su­chen das Fra­gen.

Wo­chen schie­nen Mo­na­te, der klei­ne Damp­fer stampf­te im­mer noch im glei­chen Takt vor­wärts, und vor bei­den Ge­fan­ge­nen stand stumm die große Fra­ge: Wo­hin? Wie lan­ge noch? Ein­mal wur­den Koh­len über­ge­nom­men. Man war vor An­ker ge­gan­gen. Doch nach ein paar Stun­den war das Schiff schon wie­der auf der Fahrt, als müs­se es ewig so ge­hen …

 

Ein­mal nur hat­te Ro­koff sich nach Jane um­ge­se­hen, seit er sie in die win­zi­ge Koje ein­ge­sperrt. Ab­ge­zehrt und hohl­äu­gig kam er an­ge­wankt. Ja, die See­krank­heit! Er woll­te von ihr auch nur eine Un­ter­schrift. Ei­nen Scheck über eine hohe Sum­me heisch­te er, und als Ent­gelt bot er ihr si­che­re Rück­kehr nach Eng­land, das heißt für ihre Per­son.

Nur wenn Sie dies für mei­nen Mann, mein Kind und für mich ga­ran­tie­ren, ent­geg­ne­te sie so­fort. Das Dop­pel­te sol­len Sie dann in blan­kem Gol­de ha­ben, sonst kei­nen Pen­ny, nicht mal im Trau­me.

Sie ge­ben ein­fach, was ich ver­lan­ge, ver­ste­hen Sie! Und mit ge­stei­ger­ter Wut fuhr er fort: Oder –, kei­nes von Ih­nen Drei­en wird je wie­der fes­ten Bo­den un­ter die Füße be­kom­men, nicht ein­mal bei den Wil­den. Ich möch­te Ih­nen doch nicht trau­en, er­wi­der­te sie. Wie kann ich auch? Ich habe ja nicht die ge­rings­te Ge­wiss­heit da­für, dass Sie nicht ein­fach mein Geld ein­ste­cken und dann doch rück­sichts­los tun, was Ih­nen ge­ra­de be­liebt.

Da­rauf sag­te er nur: Ich ver­lan­ge, Sie tun ein­fach das, was ich be­feh­le. Er wand­te sich zum Ge­hen.

Aber den­ken Sie dar­an: Ich habe Ihr Kind in mei­ner Ge­walt. Gut, wenn Sie das Wim­mern solch ei­nes klei­nen, zu Tode ge­mar­ter­ten Ge­schöpf­chens mit­an­hö­ren kön­nen, nur zu! Trös­ten Sie sich dann ge­fäl­ligst da­mit, dass das Kind – üb­ri­gens Ihr Kind – sei­ne Qua­len Ih­rer Hart­nä­ckig­keit zu ver­dan­ken hat.

Nein, nie­mals, schrie sie. Sie …, Sie …! So un­sag­bar roh und grau­sam …!

Ich und grau­sam? ent­geg­ne­te er. Sie sind grau­sam, Sie al­lein, weil Sie das Schick­sal Ihres Kin­des von ei­nem Fet­zen Geld ab­hän­gig ma­chen.

Jane setz­te einen ho­hen Be­trag ein und gab Ro­koff den Scheck mit der Un­ter­schrift. Ge­nug­tu­ung lag in sei­nen Zü­gen, als er schmun­zelnd die Koje ver­ließ. Am nächs­ten Tage wur­de der Lu­ken­de­ckel zu Tar­zans Häup­ten ge­öff­net; Paw­lo­wi­tsch er­schi­en mit dem Kop­fe in dem Aus­schnitt, durch den das Licht sich nur so her­ein­dräng­te.

Marsch, her­aus, be­fahl der Rus­se. Aber Ach­tung! Bei der ge­rings­ten Tät­lich­keit mir oder ei­nem an­de­ren ge­gen­über wer­den Sie ein­fach nie­der­ge­knallt.

Be­händ schwang sich der Af­fen­mensch an Deck. Ein hal­b­es Dut­zend Ma­tro­sen, mit Ge­wehr oder Pis­to­le be­waff­net, bil­de­te in ei­ni­ger Ent­fer­nung einen Kreis um ihn. Paw­lo­wi­tsch trat dicht an ihn her­an.

Tar­zans Bli­cke such­ten Ro­koff. Er muss­te an Bord sein. Je­doch ver­geb­lich, er konn­te ihn nicht ent­de­cken.

Der Rus­se be­gann: Lord Grey­sto­ke, Sie ha­ben sich fort­wäh­rend und ohne Be­rech­ti­gung in Herrn Ro­koffs An­ge­le­gen­hei­ten ein­ge­mischt. Sie dür­fen sich nicht wun­dern, wenn Sie nun­mehr dies Un­heil über sich und Ihre Fa­mi­lie her­auf­be­schwo­ren ha­ben. Al­les Ihr höchstei­ge­nes Werk. Sie be­grei­fen: Die gan­ze Sa­che hat Herrn Ro­koff ein schwe­res Stück Geld ge­kos­tet. Ich mei­ne die­se gan­ze »Ex­pe­di­ti­on« hier. Sie sind der al­lein Schul­di­ge. Sie ha­ben also für alle Kos­ten voll auf­zu­kom­men. Nur wenn Sie Herrn Ro­koffs durch­aus ge­rech­te For­de­run­gen er­fül­len, kön­nen Sie das Schlimms­te von Frau und Kind ab­wen­den und sich selbst Le­ben und Frei­heit si­chern.

Wie viel wol­len Sie? frag­te Tar­zan. Üb­ri­gens, wer ga­ran­tiert mir denn da­für, dass ich über­haupt noch am Le­ben blei­be, wenn man mei­ne Un­ter­schrift er­presst hat? Ich däch­te, ich hät­te al­len Grund, zwei sol­chen Schur­ken wie Ih­nen und Ro­koff nur mit Miss­trau­en zu be­geg­nen.

Der Rus­se beb­te vor Wut.

Mein Herr! Ihre Lage ist wohl nicht dazu an­ge­tan, dass Sie sich der­ar­ti­ge Be­mer­kun­gen ge­stat­ten kön­nen. Im Üb­ri­gen muss Ih­nen mein Wort schon als Si­cher­heit ge­nü­gen. An­dern­falls dür­fen Sie glau­ben, dass wir ganz ein­fach mit Ih­nen kur­z­en Pro­zess ma­chen, so­bald Sie nicht einen Scheck mit dem von uns ge­wünsch­ten Be­trag aus­fer­ti­gen. Ich hät­te Sie üb­ri­gens nicht für so tö­richt ge­hal­ten. Ab­ge­se­hen von un­se­rer of­fen­sicht­li­chen Über­zahl müss­ten Sie be­mer­ken, dass es für mich kein grö­ße­res Ver­gnü­gen ge­ben könn­te als hier ein­fach »Feu­er« zu kom­man­die­ren. Wa­rum wir da­von ab­se­hen, das liegt in un­se­ren an­der­wei­ti­gen Plä­nen für Ihre Be­stra­fung be­grün­det. Ihr Tod wür­de da nur vor­zei­tig Schluss ma­chen.

Eine Fra­ge! sag­te Tar­zan. Ist mein Kind an Bord? Nein, gab Paw­lo­wi­tsch zur Ant­wort. Ihr Kind ist in Si­cher­heit, aber nicht hier. Ge­tö­tet wird es, so­bald Sie un­se­re For­de­run­gen ver­wei­gern. Soll­ten wir mit Ih­nen Schluss ma­chen müs­sen, läge kein Grund vor, Ihrem Kin­de das Le­ben zu schen­ken. Das Kind wür­de nach Ihrem Tode eine neue Ge­fah­ren­quel­le für uns be­deu­ten. Sie se­hen also: Ret­ten Sie sich, er­hal­ten Sie auch Ihrem Kin­de das Le­ben. Und Ihre Ret­tung hängt eben wie ge­sagt, ganz von dem Scheck ab, den wir ver­lan­gen.

Gut, er­wi­der­te Tar­zan. Er wuss­te, dass Paw­lo­wi­tsch mit der ein­mal aus­ge­spro­che­nen Dro­hung un­be­dingt Ernst ma­chen wür­de. Als ein­zi­ge Hoff­nung blieb ihm im­mer­hin die Mög­lich­keit, durch Ein­len­ken we­nigs­tens dem Kin­de das Le­ben zu ret­ten.

Über sein ei­ge­nes Schick­sal nach Er­le­di­gung der rein ge­schäft­li­chen Wün­sche war er sich je­doch völ­lig im Kla­ren. Wozu sich auch über das ein­zig Wahr­schein­li­che täu­schen! So viel stand aber fest: Es wür­de selbst­ver­ständ­lich noch einen Kampf ge­ben, an den sie in alle Ewig­keit ge­den­ken soll­ten, und, wenn nicht al­les schief gin­ge, – – den Paw­lo­wi­tsch wür­de er mit ins Jen­seits hin­über­neh­men. Zu scha­de nur, dass Ro­koff nicht an des­sen Stel­le da war. Er nahm Scheck­heft und Füll­fe­der­hal­ter aus der Brust­ta­sche.

Wie viel wird ver­langt? frag­te er.

Paw­lo­wi­tsch nann­te einen mär­chen­haft ho­hen Be­trag, so­dass Tar­zan kaum das La­chen ver­bei­ßen konn­te.

Man woll­te na­tür­lich auf die­se Wei­se her­aus­be­kom­men, wie hoch das Lö­se­geld min­des­tens be­mes­sen wer­den kön­ne. Tar­zan sei­ner­seits such­te her­un­ter­zu­han­deln, aber Paw­lo­wi­tsch blieb fest. Schließ­lich schrieb der Af­fen­mensch den Scheck aus. Der Be­trag über­stieg bei Wei­tem sein Bank­gut­ha­ben, und da­mit wur­de der Scheck ja wert­los!

Als er ihn dem Rus­sen gab, ging sein Blick über Steu­er­bord. Über­ra­schung spie­gel­te sich in sei­nem Ant­litz: Land, nur ei­ni­ge hun­dert Me­ter weit. Tro­pi­sches Sumpf­dickicht bis fast dicht ans Ufer und da­hin­ter be­wal­de­te Hü­gel.

Paw­lo­wi­tsch hat­te Tar­zan be­ob­ach­tet.

Ja­wohl, hier soll Ihre Frei­heit wie­der be­gin­nen, sag­te er.

Der Ge­dan­ke, nun so­fort hand­greif­li­che Ra­che an dem Rus­sen zu neh­men, schoss jäh in Tar­zan hoch. Dann dach­te er: Dies Land hier ist ja mein al­tes be­kann­tes Afri­ka. Wer­de ich hier der Ket­ten le­dig, dann will ich mir schon den Weg in zi­vi­li­sier­te Ge­gen­den bah­nen. Ganz wahr­schein­lich kam ihm das vor.

Paw­lo­wi­tsch nahm den Scheck.

Klei­den Sie sich aus, be­fahl er dem Af­fen­menschen. Hier brau­chen Sie so et­was nicht.

Tar­zan zö­ger­te, doch deu­te­te Paw­lo­wi­tsch so­fort auf die bis an die Zäh­ne be­waff­ne­ten Ma­tro­sen. Lang­sam ent­le­dig­te sich der Eng­län­der sei­ner Klei­dung.

Ein Boot wur­de hin­ab­ge­las­sen und Tar­zan un­ter schärfs­ter Be­wa­chung an Land ge­bracht. Nach ei­ner hal­b­en Stun­de war das Boot wie­der zu­rück, und die »Kin­caid« setz­te sich lang­sam in Fahrt.

Tar­zan blick­te von dem schma­len Stran­de dem Schif­fe nach. Dort war je­mand an die Re­ling ge­tre­ten und such­te sich durch lau­tes Ru­fen be­merk­bar zu ma­chen. Ab und zu wa­ren Tar­zans Bli­cke auf den Zet­tel ge­fal­len, den ihm ein Ma­tro­se noch zu­letzt zu­ge­steckt hat­te. Aber jetzt blie­ben sie mit ei­nem Male haf­ten an dem, was auf der »Kin­caid« vor­ging: Ein schwarz­bär­ti­ger Mann hielt ein klei­nes Kind hoch in die Luft; sein höh­ni­sches Ge­läch­ter über­tön­te das Rau­schen der See. In Tar­zan zuck­te es auf, schon ging er mit dem Ge­dan­ken um, sich in die Bran­dung zu stür­zen und schwim­mend das Schiff ein­zu­ho­len – –; aber er emp­fand auch so­gleich die Aus­sichts­lo­sig­keit ra­scher un­durch­dach­ter Tat – und blieb.

Kei­nen Blick wand­te er vom Schif­fe, bis es hin­ter ei­nem Küs­ten­vor­sprung ver­schwun­den war. –

Vom Dschun­gel hin­ter ihm starr­ten blut­un­ter­lau­fe­ne Au­gen un­ter bu­schi­gen Brau­en böse auf den Neu­ling.

Klei­ne Af­fen schnat­ter­ten und kreisch­ten in den Baum­kro­nen, und vom Wal­desin­nern kam das Brül­len ei­nes Leo­par­den.

Aber noch im­mer blieb John Clay­ton, Lord Grey­sto­ke, gleich­sam taub und blind ge­gen al­les, was um ihn vor­ging. Bit­te­re Vor­wür­fe moch­ten ihn zer­wüh­len. Wie hat­te er auch so leicht­hin dem glau­ben kön­nen, was der Hand­lan­ger sei­nes Erz­fein­des da an Bord ver­si­chert hat­te! Ein ein­zi­ger Trost, dach­te er, bleibt mir: Jane ist in Lon­don si­cher. O wie gut, dass sie we­nigs­tens vor den Klau­en die­ser Schuf­te ge­bor­gen ist! Wie eine Kat­ze auf die Maus hat­te in­zwi­schen je­nes zot­ti­ge Un­tier hin­ter Tar­zan auf der Lau­er ge­le­gen. Jetzt schlich es vor­sich­tig nä­her.

Hat­te der Af­fen­mensch sei­ne schar­fen Sin­ne nicht mehr? Sein fei­nes Ge­hör, sei­ne untrüg­li­che Wit­te­rung?

1 Wohn- und Schlaf­raum auf Schif­fen <<<

Wilde Tiere in der Bucht

Lang­sam ent­fal­te­te Tar­zan den Zet­tel, den ihm der Ma­tro­se noch in die Hand ge­drückt hat­te. Er las, fast ohne dass sich die dunklen Schat­ten, die der Schmerz der letz­ten Stun­de über ihn ge­wor­fen, son­der­lich ver­stärk­ten. Dann aber kam ihm der nie­der­träch­ti­ge Ra­che­plan in sei­nem gan­zen Um­fan­ge zu Be­wusst­sein. Der Wort­laut des Schrift­stückes war fol­gen­der:

Die­se Zei­len sol­len Ih­nen Klar­heit über al­les ge­ben, was ich mit Ihrem Kin­de und mit Ih­nen vor­ha­be. Sie sind als Affe ge­bo­ren, Sie leb­ten nackt im Dschun­gel. Also, jetzt sind Sie wie­der dort, wo Sie hin­ge­hö­ren, in Ih­rer Hei­mat. Ihr Kind aber soll schon eine Stu­fe hö­her kom­men als sein Va­ter. Das ist un­ab­än­der­li­ches Na­tur­ge­setz.

Der Va­ter ein wil­des Tier, der Sohn schon ein mensch­li­ches We­sen, al­ler­dings auf der nächs­ten Spros­se der Ent­wick­lungs­lei­ter. Kein nack­tes Dschun­gel­tier, nein, er soll Len­den­schurz und kup­fer­ne Fuß­span­gen ha­ben, viel­leicht auch einen Ring durch die Nase. Wir wol­len ihn ei­nem wil­den Kan­ni­ba­len­stamm zur Er­zie­hung ge­ben.

Ich hät­te Sie ja tö­ten kön­nen, doch da­mit wür­de ich doch nur das Maß der Ih­nen zu­ge­dach­ten und wohl­ver­dien­ten Stra­fe vor­zei­tig her­ab­ge­setzt ha­ben. Ein­mal tot, könn­ten Sie sich lei­der nicht mehr quä­len­den Ge­dan­ken über die Lage Ihres Kin­des hin­ge­ben. So aber wer­den Sie hier in Ohn­macht da­hin­le­ben; nie wer­den Sie von hier ent­rin­nen, nie wer­den Sie nach Ihrem Kin­de su­chen oder ihm hel­fen kön­nen. Är­ge­res als den Tod wer­den Sie in all den Jah­ren Ihres Le­bens er­lei­den, so oft Sie sich des schre­cken­vol­len Da­seins Ihres Kin­des er­in­nern.

Dies soll ein Teil Ih­rer Stra­fe sein, weil Sie es wag­ten, sich mir in den Weg zu stel­len.

N. N.

Nach­schrift: Was an Ih­rer Be­stra­fung noch fehlt, wird Ihre Frau auf sich neh­men müs­sen, und zwar ab heu­te. Ich über­las­se es Ih­nen, sich das aus­zu­ma­len.

Kaum hat­te Tar­zan dies ge­le­sen, als ihn ein schwa­ches Geräusch hin­ter sei­nem Rücken ruck­ar­tig in die raue Wirk­lich­keit zu­rück­ver­setz­te. Fast im Au­gen­blick schie­nen sei­ne Sin­ne wie­der­er­wacht zu sein. Er war wie­der der Af­fen-Tar­zan.

Eine Wen­dung, und vor ihm stand ein un­ge­heu­rer Affe, halb zit­ternd aus ei­nem ge­wis­sen In­stinkt her­aus, sich vor dem Un­be­kann­ten zu si­chern, halb be­reit, je­den Au­gen­blick über ihn her­zu­fal­len.

Zwei Jah­re war es her, seit Tar­zan mit der ge­ret­te­ten Gat­tin Ur­wald und Wild­nis ver­las­sen. Ein we­nig wohl moch­te von sei­ner furcht­ba­ren Kraft in­zwi­schen ge­schwun­den sein, die ihn einst zum un­be­sieg­ten Herr­scher des Dschun­gels ge­macht hat­te. Viel Zeit und Mü­hen hat­te er sei­nen Län­de­rei­en in Uzi­ri wid­men müs­sen, reich, ja über­reich war das Ar­beits­feld ge­we­sen, das sich dort sei­ner bei­na­he über­mensch­li­chen Kraft er­öff­net hat­te. Aber nackt und waf­fen­los kämp­fen sol­len mit solch ei­nem strup­pi­gen, stier­nacki­gen Un­ge­heu­er, wie es jetzt vor ihm stand: Nein, nicht ein­mal in den Jah­ren, da er nur die Wild­nis ge­kannt, wür­de er über einen der­ar­ti­gen Geg­ner ent­zückt ge­we­sen sein.

 

Doch was blieb ihm jetzt an­de­res, als dem ra­sen­den Tie­re mit den Waf­fen zu be­geg­nen, die die Na­tur ihm ver­lie­hen!

Über des Un­ge­tüms Schul­ter hin­weg ge­wahr­te Tar­zan Köp­fe und Schul­tern von zwölf oder noch mehr die­ser furcht­ba­ren Vet­tern ur­mensch­li­cher We­sen.

Doch wuss­te er we­nigs­tens, dass die gan­ze Schar kaum ge­schlos­sen zum An­griff über­ge­hen wür­de. Noch reich­te ja der Ver­stand der Men­schen­af­fen nicht so weit, um den Wert des »Alle ge­gen einen« über­haupt zu er­fas­sen. An­de­rer­seits war er sich dar­über im Kla­ren, dass sie lan­ge ge­nug die Ge­bie­ter je­ner Land­stri­che sein moch­ten, denn schre­cken­ge­wal­tig schie­nen ihm ihre dro­hen­den Fäus­te und wild­flet­schen­den Fang­zäh­ne.

Mit tie­fem Ge­knurr stürz­te jetzt das Un­ge­tüm auf Tar­zan los, doch der Af­fen­mensch hat­te ge­lernt! Nicht bloß, was all­ge­mein im Rei­che der Zi­vi­li­sa­ti­on auf den Neu­ling ab­färbt. Auch Kampf­me­tho­den wa­ren ihm ver­traut ge­wor­den, die das Dschun­gel­tier nicht kann­te. Noch vor we­ni­gen Jah­ren wür­de er ro­her Ge­walt mit ro­her Ge­walt be­geg­net sein. Jetzt wich er rasch dem an­stür­men­den Fein­de aus. Ein Schritt seit­wärts, das ra­sen­de Un­tier stürz­te ihm nach, aber schon saß ihm ein Schlag der ge­wal­ti­gen Rech­ten in der Ma­gen­gru­be. Ein Wut­ge­heul war die Ant­wort, und vor Schmerz ge­krümmt sank der Men­schen­af­fe zu Bo­den. Ver­ge­bens sein fast au­gen­blick­li­ches Be­mü­hen, wie­der auf die Bei­ne zu kom­men …

Sein wei­ßer Geg­ner war mit ei­ner ra­schen Wen­dung auch schon zur Stel­le; wie ein Ha­bicht stieß er auf ihn nie­der, und die letz­ten Spu­ren ober­fläch­li­cher Zi­vi­li­sa­ti­on wa­ren in je­nem Au­gen­bli­cke wie ein Man­tel von des eng­li­schen Lords Schul­tern her­ab­ge­glit­ten.

Mit ei­nem Male war in ihm wie­der das Dschun­gel­tier gleich­sam neu er­wacht im Rin­gen mit ei­nem von sei­nes­glei­chen. Mit ei­nem Male war er wie­der Tar­zan, Sohn Kalas, der Men­schenäf­fin. Und sei­ne schar­fen, wei­ßen Zäh­ne gru­ben sich tief in des Fein­des zot­ti­gen Hals. Die Schlag­ader! Kraft ball­te sich in sei­nen Fin­gern, die mäch­ti­gen Nä­gel von sei­nem Kör­per ab­zu­weh­ren, und dann saus­ten sie wie ein Dampf­ham­mer auf sei­nen wut­schnau­ben­den Feind her­nie­der.

Rings­um stan­den die üb­ri­gen sei­nes Stam­mes, voll Er­war­tung und nicht ohne eine ge­wis­se Be­lus­ti­gung. Sie knurr­ten Bei­fall, so oft die Fet­zen flo­gen, aber still wur­den sie vor Ent­rüs­tung und Span­nung, als der ge­wal­ti­ge wei­ße Affe auf den Rücken ih­res Kö­nigs loss­prang, mit straff­ge­spann­ten Mus­keln ihn un­ter den Ach­seln pack­te und auf sei­nen feis­ten Rücken nie­der­riss. Da lag der Af­fen­kö­nig im dich­ten Dschun­gel­gra­se, hilf­los, so sehr er sich auch un­ter wil­dem Ge­brüll zu Wehr set­zen moch­te.

Und wie Tar­zan da­mals vor Jah­ren, als er sich auf die Su­che nach Ge­schöp­fen sei­ner Art und Fär­bung ge­macht hat­te, je­nen Ter­kop klein krieg­te, so ging er jetzt mit dem­sel­ben Griff, den ihm ein Zu­fall in je­nem Kamp­fe of­fen­bar­te, auf dies neue ge­wal­ti­ge Un­ge­heu­er los.

Schon moch­te die klei­ne Schar wü­ten­der Men­schen­af­fen das lei­se Knacken ver­neh­men, das sich un­heim­lich in ih­res Kö­nigs schreck­li­ches Jam­mer­ge­brüll misch­te.

Und dann gab es plötz­lich einen Krach, als wür­de ein Baum, eben noch fest und trot­zig in der Erde ver­wur­zelt, vom ra­sen­den Or­kan ge­knickt wie ein Streich­holz. Nach vorn sank das rie­si­ge Haupt, nie­der auf die be­haar­te Brust. Schlaff die Hals­mus­keln, zu Ende das Krei­schen und Ge­brüll …

Die klei­nen »Schwein­sau­gen« der Zuschau­er wan­der­ten un­schlüs­sig von ih­res Füh­rers re­gungs­lo­sem Kör­per zu dem wei­ßen Af­fen. Der er­hob sich und trat zur Sei­te. Und dann bohr­ten sich ihre Bli­cke wie­der in die Ge­stalt ih­res Kö­nigs, gleich als wun­der­ten sie sich, warum er nicht auf­sprän­ge und die­sen ver­mes­se­nen Fremd­ling nie­der­schlü­ge.

Sie sa­hen, wie der Neu­ling sei­nen Fuß in den Na­cken sei­nes Geg­ners setz­te, – und der zuck­te sich nicht! Tar­zan warf mit ei­nem Ruck sein Haupt zu­rück, und un­sag­bar wild ent­quoll sei­ner Keh­le der ge­wal­ti­ge Af­fen-Ruf. Da wuss­ten sie: der Kö­nig war tot.

Und weit­hin trug der Dschun­gel je­nen schreck­li­chen Sie­ger­ruf. Das Schnat­tern der klei­nen Af­fen in den Baum­kro­nen ver­stumm­te, es schwie­gen die Stim­men der bunt­ge­fie­der­ten Vo­gel­welt, und von fern her kam ei­nes Leo­par­den kla­gen­de Ant­wort und das tie­fe Brül­len ei­nes Lö­wen.

Der alte Tar­zan war’s, der sei­ne Au­gen jetzt fra­gend auf die­sen klei­nen Af­fen­trupp vor sich rich­te­te. Der alte Tar­zan, wie er jetzt sein Haupt schüt­tel­te, als hät­te er die Fül­le sei­nes Haa­res aus dem Ge­sich­te zu­rück­zu­wer­fen: Eine alte Ge­wohn­heit aus den Ta­gen, da ihm das Haar in dich­ten schwar­zen Sträh­nen bis auf die Schul­tern her­ab­hing und ihm gar oft den frei­en Blick zu neh­men droh­te, wenn es auf Le­ben und Tod ging.

Tar­zan wuss­te, dass er mit so­for­ti­gem An­griff von ei­nem der Über­le­ben­den – es schi­en ihm, als sei die­ser ganz be­son­ders gut ge­baut, ja als hiel­te er sich al­lein zum Kamp­fe um die Kö­nigs­wür­de sei­nes Stam­mes be­ru­fen – zu rech­nen hat­te. Es war ihm aber auch von frü­her her in der Erin­ne­rung, dass man einen völ­lig Frem­den bis­wei­len in die Stam­mes­ge­mein­schaft auf­nahm, ja dass die­ser sich nach Er­le­di­gung des Kö­nigs so­gar zum Stam­mes­ge­bie­ter und Ober­haupt der al­ten kö­nig­li­chen Fa­mi­lie auf­schwin­gen konn­te.

Wenn er an­der­seits jetzt ih­nen nicht zu fol­gen such­te, wür­den sie sich viel­leicht auch weg­schlei­chen, fort aus sei­nem Be­rei­che, und dann nur un­ter­ein­an­der um die Füh­rer­schaft kämp­fen … Dass er ihr Kö­nig sein kön­ne, wenn er nur woll­te, so viel war ihm klar; nicht aber, ob er auch die man­cher­lei läs­ti­gen Pf­lich­ten, die not­wen­dig mit die­ser Wür­de zu­sam­men­hin­gen, auf sich neh­men woll­te. Denn dar­in lag ja­wohl kein be­son­de­rer Vor­teil.

Der Affe, noch jung, aber mit furcht­ba­ren Mus­keln ge­rüs­tet, rück­te nä­her an ihn her­an. Aus dem weit­ge­öff­ne­ten Mun­de blitz­ten statt­li­che Fang­zäh­ne, und ein tie­fes, un­wil­li­ges Brum­men ließ sich hö­ren.

Wie in Stein ge­mei­ßelt stand Tar­zan da. Kei­ne Re­gung sei­nes Ge­gen­über schi­en ihm zu ent­ge­hen. Ei­nen Schritt zu­rück­wei­chen? Oder sich vor­stür­zen? Bei­des wür­de wohl nur einen un­mit­tel­ba­ren An­griff aus­lö­sen, dach­te er. Oder? Könn­te er nicht auch so den Kampf­lus­ti­gen in die Flucht schla­gen? Nun, das hin­ge eben al­les von des jun­gen Af­fen Mut ab.

Ru­hi­ges Ab­war­ten schi­en ihm also der rech­te Mit­tel­weg zu sein. Brum­mend und zäh­ne­flet­schend wür­de der Affe bis dicht an ihn her­an­kom­men, so fin­gen sie ja ge­wöhn­lich an; er wür­de sich dann ganz vor­sich­tig um ihn her­um­zu­schlei­chen su­chen, im­mer dar­auf aus, sei­ne Schul­ter zu pa­cken. Und so kam es auch.

Soll­te das ein be­son­ders kö­nig­li­cher Trick sein, oder wür­de eine plötz­li­che Re­gung der im­mer un­be­stän­di­gen Af­fen­na­tur plötz­lich und ohne je­den war­nen­den Laut den zot­ti­gen Ko­loß wie einen rei­ßen­den Wolf über sei­nen Geg­ner her­ein­bre­chen las­sen?

Das Un­ge­heu­er kreis­te. Tar­zans Au­gen wi­chen kei­ne Se­kun­de von ihm, denn, so jung es sein moch­te: Es schi­en ihm vollauf eben­bür­tig dem eben ver­en­de­ten Stam­mes­haupt, ihn dünk­te, es wür­de ei­nes Ta­ges oh­ne­hin auch über je­nen her­ge­fal­len sein. Wie wun­der­bar die For­men die­ses Un­tiers, wie es so da­stand und die kur­z­en ge­krümm­ten Bei­ne mit dem wuch­ti­gen Lei­be um mehr als zwei Me­ter über­rag­te! Selbst in die­ser Hal­tung reich­ten sei­ne großen, dicht be­haar­ten Arme bis zur Erde, und wie lang und scharf schie­nen gar die Fang­zäh­ne, als sie jetzt sich dro­hend Tar­zans Ge­sicht zu­wand­ten! Nur we­nig Un­ter­schied glaub­te Tar­zan zwi­schen die­sem Stamm hier und den Af­fen, bei de­nen er sei­ne Ju­gend zu­ge­bracht, zu be­mer­ken.

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