Читать книгу: «Grundwissen Konfessionskunde», страница 9

Шрифт:

3.3.2 Besonderheiten der historischen Entwicklung

Grundsätzlich werden in der konfessionskundlichen Systematik der Orthodoxen Kirche zwei Kirchenfamilien unterschieden, die sich in je eigenen historischen Entwicklungen herausbildeten: die orientalischen oder altorientalischen orthodoxen Kirchen und die orthodoxen Kirchen byzantinischer TraditionTradition. Beide Kirchenfamilien sehen sich selbst als „orthodoxe“ Kirchen an. Im allgemeinen Sprachgebrauch aber sind es die byzantinischen Kirchen, die im engeren Sinne orthodoxe Kirchen heißen, während die altorientalischen Kirchen nach ihrer geografischen Lage als orientalische oder altorientalische Kirchen bezeichnet werden.

Kennzeichnend für die beiden Kirchenfamilien ist ihre jeweilige Orientierung an den frühkirchlichen Konzilien [→ AusdifferenzierungAusdifferenzierung (des Christentums)], besonders dem KonzilKonzil / Konziliarismus von Chalcedon 451. Die orientalischen Kirchen verweigerten den Beschlüssen des Konzils ihre Zustimmung. Deshalb werden sie auch „vor-chalcedonensische“ oder „nicht-chalcedonensische“ Kirchen genannt. Mit dieser Bezeichnung wird versucht, den museal anmutenden, jedoch am meisten gebräuchlichen Begriff altorientalische Kirchen in einen neutralen und nicht pejorativen Terminus umzuwandeln.

Die autokephalen Kirchen der byzantinischen Kirchenfamilie erkennen die Beschlüsse aller sieben altkirchlichen Ökumenischen KonzilKonzil / KonziliarismusÖkumenisches Konzilien an.

3.3.3 Orthodoxe Kirchen

Orthodoxe Lokal- und Nationalkirchen und die Orthodoxe KircheIn ekklesiologischer Perspektive gibt es nur eine universale Orthodoxe Kirche. Unter historischen, jurisdiktionellen und organisatorischen Gesichtspunkten existieren allerdings zahlreiche orthodoxe Lokal- oder Nationalkirchen, die mitunter eng mit der Geschichte und der nationalen Identität des Landes verbunden sind, auf dessen Territorium sie liegen.

Das Ideal der SymphoniaSymphoniaDas orthodoxe Verständnis des Staat-Kirche-Verhältnisses ist geprägt von dem byzantinischen Ideal der SymphoniaSymphonia, das in der Zeit der byzantinischen Reichskirche entstand. Es meint die politisch enge Verbindung von Kaisertum und Patriarchat, das einträchtige Zusammenwirken von politischer und kirchlicher Gewalt, die zwar getrennte Lebens- und Seinsbereiche betreffen, aber doch ineinander verflochten sind. Historisch ließ sich das Prinzip der Symphonia so lange realisieren, wie sich die orthodoxen Kirchen in einem orthodoxen Staat befanden. In der Zeit der osmanischen Herrschaft in Ost- und Südosteuropa [→ AusdifferenzierungAusdifferenzierung (des Christentums)] kam es zur Verlagerung dieser alten Kirche-Staat-Beziehung hin zu einer Kirche-Nation-Beziehung (Bremer, 2000, 470).

Kanonisches TerritoriumBereits im Namen der Kirche zeigt sich die Zugehörigkeit zu einem Land, einer Nation, einer Volksgruppe, auch wenn in orthodoxer Selbstwahrnehmung „Nation“ eine nachrangige Kategorie von Kirche, Frömmigkeit und Glauben ist.

In der Orthodoxie gilt das kanonische Territorialprinzip als jurisdiktionelle Festlegung, auf welchem Gebiet eine Kirche existiert und tätig ist. Auf dem kanonischen Territorium einer orthodoxen Kirche darf keine andere Kirche wirken, missionieren oder eine ihr zugehörige Kirche gründen.

Auch wegen des kanonischen Territorialprinzips sind die Gebiete von Ländern und Staaten in vielen Fällen deckungsgleich mit denen der jeweiligen Lokalkirchen.

AutokephalieAutokephalie und AutonomieAutonomieKirchenrechtlich unterscheiden sich die orthodoxen Lokalkirchen in autokephale, autonome und Kirchen mit ungeklärtem rechtlichem Status.

AutokephalieAutokephalie meint, dass die betreffenden Kirchen selbstständig in ihrer Verwaltung und Jurisdiktion sind, ihnen eigene Bischofsversammlungen und ein eigener PatriarchPatriarch oder ErzbischofBischofErzbischof vorstehen. Bischofsernennungen gehen von der Kirche selbst aus, unabhängig von den anderen Kirchen. Die Kirchen dürfen sich nicht gegenseitig in ihre Angelegenheiten einmischen.

Derzeit gibt es 14 autokephale orthodoxe Kirchen nach byzantinischem Ritus. Dazu kommt mit der Orthodoxen Kirche der Ukraine eine Kirche, deren AutokephalieAutokephalie-Status zwar vom Ökumenischen Patriarchat proklamiert wurde, der aber momentan in der orthodoxen Gemeinschaft noch umstritten ist.

Autonome orthodoxe Kirchen besitzen eigene Verfassungen und verhandeln ihre internen Angelegenheiten auch selbst, unterstehen jedoch einem anderen Patriarchat, in der Regel dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel. Von dem PatriarchenPatriarch, dem sie unterstehen, müssen sie sich die Wahl ihres Kirchenoberhauptes bestätigen lassen. Zu den autonomen orthodoxen Kirchen gehören beispielsweise die kleine Orthodoxe Kirche vom Berg Sinai [→ Patriarchat von Jerusalem, → Autonome Kirchen] oder die Orthodoxe Kirche Finnlands [→ Autonome Kirchen].

Trotz dieser klaren Regelungen gibt es in der Praxis immer wieder Spannungen, wenn die Anerkennung von autonomen Kirchen nicht oder nur von einem Teil der autokephalen Kirchen erfolgt. So wird z.B. die AutonomieAutonomie der Estnischen Apostolischen Orthodoxen Kirche, die sich als die eigentliche orthodoxe Kirche Estlands sieht und dem Ökumenischen Patriarchat untersteht, nicht von der Russisch-Orthodoxen Kirche anerkannt, die mit der Estnisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats eine eigene estnisch-nationale Jurisdiktion hat.

Die Problematik der autonomen Kirchen war u.a. Thema des 2016 stattgefundenen (Pan)orthodoxen KonzilsKonzil / KonziliarismusPanorthodoxes Konzil. In dem entsprechenden Konzilsbeschluss wurde die Regelung festgehalten, dass eine autokephale Kirche nur dann den Status der AutonomieAutonomie verleihen darf, wenn die betreffende Kirche auf ihrem geografischen Kirchengebiet liegt. In der orthodoxen Diaspora kann eine Kirche nur in panorthodoxer Übereinstimmung durch Vermittlung des Ökumenischen Patriarchats die Autonomie erhalten.

3.3.3.1 Die altorientalischen Kirchen

Die Heilige Apostolische Katholische Assyrische Kirche des Ostens als eine der ältesten christlichen Kirchen wird mitunter aufgrund von Lehrunterschieden nicht zu der altorientalischen Kirchenfamilie gezählt, sondern wird gesondert genannt. Ihre TraditionTradition, Geschichte und viele Bräuche sind allerdings ähnlich der der anderen altorientalischen Kirchen.

Die altorientalische Kirchenfamilie umfasst die ebenfalls schon in der christlichen Frühzeit entstandene Heilige Apostolische Kirche der Armenier, die vorrangig in Ägypten verbreitete Koptische Orthodoxe Kirche sowie die Äthiopische Orthodoxe TewahedoTewahedo-Kirche. Aus letzterer ging 1993 mit der Unabhängigkeit Eritreas die Eritreische Orthodoxe Tewahedo-Kirche hervor. Die Stadt Antiochien (altgriech.: Antiocheia) am Orontes war die Ursprungsgemeinde von mehreren Kirchen, zu denen zwei orthodoxe Kirchen zählen: In der Spätantike teilte sich die Gemeinde in die altorientalische Syrische Orthodoxe Kirche von Antiochien und dem ganzen Osten mit engen Verbindungen zu den Thomaschristen in Indien und in das autokephale byzantinisch-orthodoxe Patriarchat von Antiochien und dem ganzen Osten. Altorientalische orthodoxe Kirchen in Indien sind die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Malankara, die Teil der Syrisch-Orthodoxen Kirche (von Antiochien) ist, die Malankarisch Orthodoxe Syrische Kirche und die Unabhängige Syrische Kirche von Malabar. Im Folgenden werden die genannten Kirchen in ihrer Geschichte und mit ihren konfessionskundlichen Spezifika skizziert.

Heilige Apostolische Katholische Assyrische Kirche des Ostens (auch: Kirche des Ostens der Assyrer, Assyrische Kirche, Apostolische Kirche des Ostens)

Geschichte

Die Assyrische Kirche ist eine der ältesten christlichen Kirchen, im 21. Jahrhundert allerdings auch im Hinblick auf die Mitgliederzahlen eine der kleinsten Kirchen im Nahen Osten. Ihre Geschichte begann etwa 100, als das Christentum auf dem Gebiet zwischen Euphrat und Tigris Fuß fasste, und zwar sowohl auf dem oströmischen als auch auf dem persischen Gebiet.

Ein wichtiges geografisches Zentrum für die Ausbreitung des Christentums in der damaligen Zeit war die Stadt Edessa, heute Şanlıurfa oder kurz Urfa im Süden der Türkei an der Grenze zu Syrien. Die Bedeutung Edessas wird im Zusammenhang mit der → Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien ausführlich erläutert. Aber auch für die Assyrische Kirche spielte Edessa eine bedeutende Rolle, u.a. als Ausbildungsstätte ihrer Theologen.

In den ersten Jahrhunderten erlebten die Christen an der Grenze zwischen dem römischen und neupersischen Reich schwere Christenverfolgungen. Zudem geriet die Assyrische Kirche durch die Feindschaft der persischen Sassaniden und der Oströmer zwischen die politischen Fronten. Sie war gezwungen 424 ihre Unabhängigkeit vom Christentum des oströmischen Reichs zu erklären und wurde zur christlichen Kirche im Perserreich. Damit einher ging in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts die Stabilisierung der Kirchenstrukturen in Abgrenzung zum oströmischen Reich. Die Assyrische Kirche organisierte sich in Diözesen mit dem Zentrum Seleukia-Ktesiphon, der Reichshauptstadt am Tigris im heutigen Irak. Eigene christologischeChristologie Erklärungen wurden Ende des 5. Jahrhunderts formuliert und 612 endgültig festgehalten. Im Gegensatz zu den theologischen Beschlüssen des KonzilsKonzil / Konziliarismus von Chalcedon präferierten die persischen Christen die Vorstellung, dass Jesus ChristusJesus Christus nicht nur in zwei Naturen in einer Person existiert, sondern mit zwei Naturen und zwei Hypostasen in einer Person ausgestattet sei. Dadurch war die Assyrische Kirche nicht nur organisatorisch, sondern auch theologisch-dogmatisch von der oströmischen Kirche getrennt.

Seit dem 6. Jahrhundert führte die Assyrische Kirche weitreichende Missionsunternehmungen durch, und zwar bis hin zu den Gebieten des heutigen Jemen, des Oman, Südindiens, Tibets, der Mongolei und Chinas. Die Kirche hatte im Mittelalter ihre größte geografische Ausdehnung und errichtete sogar in Peking einen Bischofssitz. Die Assyrische Kirche ist die erste Weltkirche und Missionskirche der Christenheit. Auch unter der arabischen Herrschaft seit 633 konnte sie bis ins 9./10. Jahrhundert ihre theologische und kirchliche Ausstrahlungskraft im östlichen Raum bewahren.

Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte diese Kirche ähnliche Verfolgungen und Massaker durch die Osmanen wie die Armenische Kirche [→ Heilige Apostolische Kirche der Armenier], teilweise mit dieser zusammen. Die darauffolgende assyrische Fluchtbewegung führte die Gläubigen in den britisch besetzten Irak. Als sich 1933 die Briten aus dem Irak zurückzogen, begann eine neue Verfolgungswelle, diesmal seitens des um seine nationale Unabhängigkeit und Identität ringenden Irak, in dem die Christen als britische Kollaborateure angesehen wurden. Als die Assyrer versuchten, nach Syrien zu emigrieren, wurden Tausende von ihnen auf den Flüchtlingszügen getötet. Die meisten der Überlebenden flohen in die USA.

Es gab im Laufe der Geschichte einige SchismenSchisma in dieser Kirche. Die wesentlichste im 20. Jahrhundert ist die Abspaltung der Alten Apostolischen und Katholischen Kirche des Ostens 1964, die im Irak staatlicherseits 1972 anerkannt wurde, mit Sitz in Bagdad.

In jüngster Zeit litt die Kirche wie alle christlichen Gemeinschaften in Syrien und im Irak im Golfkrieg (1980–1988), den beiden Irakkriegen (1990/91, 2003) und im Syrienkrieg (seit 2011). Viele Assyrer flohen aus ihren Heimatgebieten. Besonders schwer wiegen die Anfeindungen und Bedrohungen, denen Christen seitens radikalislamischer Gruppen, Milizen und Rebellengruppen und des Islamischen Staats (IS) ausgesetzt waren und die das Christentum in diesen Gebieten nahezu zum Erliegen brachten.

Der Großteil der assyrischen Christen lebt heute in den USA. Der Sitz der Kirche liegt demzufolge auch in den USA, in Morton Grove bei Chicago.

Theologie, Kirche, Frömmigkeit

 Die frühere und heute abgelehnte Bezeichnung der Assyrischen Christen als Nestorianer geht darauf zurück, dass sich die Assyrische Kirche bereits 431 von den Beschlüssen des KonzilsKonzil / Konziliarismus von Ephesus distanzierte. Auf diesem Konzil wurde die Lehre des PatriarchenPatriarch von Konstantinopel Nestorios$Nestorios, um 386-um 450, orthodoxer Patriarch von Konstantinopel (um 386-um 450) verurteilt. Nestorios ging von zwei Naturen in Christus aus. Sein Schwerpunkt lag aber darauf, dass diese keinesfalls vermischt werden dürften, da verschiedene Eigenschaften der menschlichen NaturNatur, z.B. der Tod Jesu, nicht der göttlichen Natur zugerechnet werden können. Nestorios wurde von seinen Gegnern unterstellt, mit der getrennten Verortung der beiden Naturen die Person Jesu zu „zerreißen“. Seine Anhänger wurden deshalb auch Dyophysiten (griech.: dyo = zwei, physis = Natur) genannt.

 Mit dem alexandrinischen und dem römischen Papst entspann sich die Auseinandersetzung um den Begriff Gottesgebärerin oder, so von Nestorios$Nestorios, um 386-um 450, orthodoxer Patriarch von Konstantinopel vertreten, Christusgebärerin.

 Die Zuschreibung nestorianisch für die Assyrische Kirche gilt heute als falsch, da die Kirche einen, wie auch immer gearteten Nestorianismus auch nach der Trennung von der oströmischen Kirche nicht einführte. So argumentierte der antiochenische Theologe Theodor von Mopsuestia$Theodor von Mopsuestia, um 350–428/29, Theologe, Bischof (um 350–428/29), der in der Assyrischen Kirche intensiv rezipiert wurde, Christus habe in zwei Naturen existiert und sei in einer Person geeint gewesen. Theodors Gegner wiederum wollten die Einheit auf der Ebene der Naturen sehen und warfen ihm vor, keine wirkliche Einheit der Göttlichkeit und Menschlichkeit Jesu ChristiJesus Christus herzustellen, sondern eine Form des Adoptianismus zu vertreten, bei dem die göttliche NaturNatur die menschliche „adoptiert“ habe. Auch Theodor von Mopsuestia wurde 553 als Häretiker verurteilt, was die Kluft zwischen der Assyrischen Kirche und den Oströmern vergrößerte.

 Theologische Aspekte, die die Assyrische Kirche in der Tat von anderen Kirchen unterscheiden, sind das Fehlen einer tiefergehenden Hypostasenlehre sowie die Ablehnung der Augustinischen Erbsündenlehre. Der biblische KanonKanon der Assyrischen Kirche weist eine andere Zusammensetzung auf: Aufgenommen wurde das Buch „Jesus Sirach“, nicht aufgenommen sind der 2. Petrusbrief, der 2. und 3. Johannesbrief, der Judasbrief und die OffenbarungOffenbarung des Johannes.

 Der PatriarchPatriarch der Kirche ist „Katholikos-Patriarch“ im Sinne eines Amtes, das sich als allumfassend zuständig für die „eine und gesamte Kirche“ versteht.

 Die Assyrische Kirche hatte 2010 weltweit etwa 330000 Gläubige. Aufgrund des Bürgerkriegs in Syrien und der unbekannten Anzahl von Todesopfern und Flüchtlingen lässt sich für die Zeit danach für den nahöstlichen Raum keine genaue Angabe zu Mitgliederzahlen machen.

Heilige Apostolische Kirche der Armenier (Armenische Apostolische Kirche)

Geschichte

Als Gründer der armenischen Kirche gilt Gregor der Erleuchter (um 240-um 331/32)$Gregor der Erleuchter, um 240-um 331/32, Gründer und Apostel der armenischen Kirche, der der Legende nach 301 den armenischen König Tiridates III.$Tiridates III., um 250–330, König von Armenien (um 250–330) taufte. Die historische Forschung geht bei diesem Übertritt zum Christentum von mehreren anderen (späteren) Zeitpunkten aus. Zumindest konkurriert die Gründung der armenischen StaatskircheStaatskirche mit der Errichtung des Staatskirchentums im oströmischen Reich. Im Falle einer Hinwendung des armenischen Königs zum Christentum noch vor der Annahme des Christentums durch Kaiser Konstantin$Konstantin (der Große), 270/288–337, 306–337 Kaiser des Römischen Reichs, seit 324 als Alleinherrscher wäre sie die älteste christliche Staatskirche.

Die WeiheWeihe der armenischen Bischöfe nahm bis etwa 370 der Metropolit von Kaisareia (lat.: Chaesarea) in Kappadokien vor; seitdem wurden die armenischen Oberhirten im Lande selbst geweiht. Damit war die armenische Kirche unabhängig und selbstständig. Ihr oberster Geistlicher war der „Katholikos“, der in Edschmiadzin residierte und eng mit der politischen Leitung des Landes verbunden war. Umso härter traf es die Kirche, als das armenische Reich 387 zwischen dem römischen und persischen Reich aufgeteilt wurde. Noch Ende des 4. Jahrhunderts, bereits unter persischer und römischer Oberhoheit, entwickelte der Mönch Mesrop Maschtotz$Mesrop Maschtotz, um 360–440, armenischer Mönch, Erfinder des armenischen Alphabets (um 360–440) das armenische Alphabet. Das war der Beginn der beeindruckenden armenischen Literaturgeschichte, die nicht nur eine reichhaltige eigene Literaturproduktion aufweist, sondern auch mit zahlreichen Übersetzungen besticht, denn in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts, dem armenischen Goldenen Zeitalter, wurde damit begonnen, in großem Umfang griechische und syrische Werke ins Armenische zu übersetzen. Die armenische Sprache diente in den folgenden Jahrhunderten, die von einer politischen und kirchenpolitischen Zersplitterung gekennzeichnet waren, der Wahrung der armenischen Identität und des kirchlichen Zusammengehörigkeitsgefühls.

Unter den sassanidischen Großkönigen kam es im 5. Jahrhundert zur Unterdrückung der Kirche, die in kriegerischen Erhebungen der Armenier mündete. Die Schlacht von Avarair 451 spielt im kulturellen Gedächtnis der Armenier bis heute eine Rolle. Die armenischen Kämpfer unterlagen zwar der persischen Übermacht. Fortan aber gestaltete sich die persische Religionspolitik weniger repressiv für die Armenier.

Im 7. Jahrhundert wurde Armenien von arabischen Heeren erobert, die Kirche konnte sich aber auch unter muslimischer Herrschaft entfalten. Erst mit der Rückeroberung durch Byzanz, dessen StaatskircheStaatskirche abweichende christliche Kirchen unterdrückte, und durch die Kriege im Zuge des Untergangs des byzantinischen Reichs und den erneuten Eroberungsfeldzügen der Muslime erlebte die Kirche neue Verunsicherungen. Sie führten dazu, dass sich ein Teil der Armenier im 11. Jahrhundert aufmachte, um ein neues Siedlungsgebiet zu suchen, das sie in Kilikien an der Mittelmeerküste fanden. Die Kirche folgte der Auswanderung. Unter byzantinischer Oberhoheit und in Anbindung an das abendländische Christentum entstand in Kilikien ein neues Zentrum der armenischen Kirche. 1294 wurde der Sitz des Katholikos, inzwischen in Hromkla (osman./türk.: Rum Kalesi) bei Edessa, nach Sis verlegt. 1441 erfolgte die Rückverlegung des Katholikossitzes in das großarmenische Gebiet nach Edschmiatzin, wobei der Katholikos von Sis weiterhin im Katholikat Kilikien residierte. Die Kirche zersplitterte in der Zeit vom 12. bis zum 15. Jahrhundert in drei Katholikate und zwei Patriarchate, deren Jurisdiktionen nicht klar zu unterscheiden waren und die Kirche erheblich schwächten. Seit dem 17./18. Jahrhundert wurde zwar der Vorrang des Katholikats von Edschmiatzin anerkannt, aber die Kirchenspaltung nicht aufgehoben.

Die Armenische Kirche ist bis heute eng mit der armenischen Identität verbunden, ein Aspekt, der die Kirche in den nationalpolitischen Auseinandersetzungen Ende des 19. Jahrhunderts sowohl stärkte als auch zum Verhängnis wurde. Als im Zuge des Untergangs des osmanischen Reichs und des aufbrechenden türkischen Nationalismus muslimische Massaker an Christen verübt wurden, betraf das in starkem Maße die armenische Kirche. Während des Ersten Weltkrieges erlitten hunderttausende, vorrangig armenische Christen auf Gewaltmärschen in der Wüste einen qualvollen Tod. Die geschätzten Opferzahlen bewegen sich bei etwa eineinhalb Millionen Menschen.

Die internationale Debatte um die Verwendung des in der Türkei abgelehnten, rechtlich und politisch determinierten Terminus „Völkermord“ für diese Massenmorde ist seit Ende des 20. Jahrhunderts virulent. Deutschland war im Ersten Weltkrieg Verbündeter des osmanischen Reichs und hinderte seinen politischen Partner nicht an den Massakern an Christen. Im Jahr 2015 wurde in Deutschland der Begriff Völkermord in den offiziellen Sprachgebrauch übernommen.

Theologie, Kirche, Frömmigkeit

 Nicht zuletzt durch die Trennung der Kirche im Kalten Krieg gibt es bis heute zwei armenische Katholikate: das Katholikat von Etschmiadzin in der ehemaligen Sowjetrepublik Armenien, wo das kommunistische Regime das Christentum wie in allen Sowjetrepubliken massiv unterdrückte, und das Katholikat von Kilikien im Libanon mit Sitz in Antelias bei Beirut, in dem die auf Ausgleich mit der Sowjetregierung bedachte armenische Kirchenpolitik kritisiert worden war. Außerdem existieren in Jerusalem und Istanbul eigene Patriarchate der Kirche. Seit Mitte der 1990er Jahre wird an der Beseitigung der historisch gewachsenen Rivalitäten zwischen den Katholikaten gearbeitet.

 Die armenische Kirche war auf dem KonzilKonzil / Konziliarismus von Chalcedon 451 nicht vertreten, da die Armenier zu dieser Zeit gegen die Perser kämpften. Unter kirchenpolitischem Druck wurde 506 das Chalcedonense abgelehnt, obwohl die Kirche 431 die Verurteilung von Nestorios$Nestorios, um 386-um 450, orthodoxer Patriarch von Konstantinopel auf dem Konzil von Ephesus noch bejaht hatte. Auch auf den folgenden Synoden des 6. Jahrhunderts verwarf die Kirche die Zwei-Naturen-LehreZwei-Naturen-Lehre. Damit grenzte sie sich sowohl gegen die westliche Reichskirche als auch gegen die Heilige Apostolische Assyrische Kirche des Ostens im Perserreich ab.

 Im Vergleich mit anderen orientalischen und v.a. byzantinisch-orthodoxen Kirchen ist die armenische Kirche wenig ikonografisch orientiert und geprägt. IkonenIkone spielen bei ihr kaum eine Rolle, aber dafür werden umso mehr fein gearbeitete Reliefs verwendet. Ikonografisch sind die Chatschkar, die ,Kreuzsteine‘, von besonderer Bedeutung.

 Eine hohe Bedeutung in der Kirche haben, ebenfalls im Vergleich zu anderen orthodoxen Kirchen, die kirchlichen Laien bzw. das allgemeine Priestertum im Gegensatz zum sakralen Priestertum. Auf die fundierten Kenntnisse religiöser und kirchlicher Sachverhalte bei den Laien legt die Kirche ebenso Wert wie auf eine sehr gute theologische Ausbildung ihrer Geistlichen. Die hohe Bedeutung der (theologischen) Bildung wird in dieser Kirche mit einem eigenen Weihegrad gekennzeichnet: Der Vardapet, der theologische ,Lehrer‘ oder ,Lehrmeister‘, wird in einer Weihehandlung ordiniert und kann verschiedene Aufgaben in der Kirche wahrnehmen.

 Zur Armenischen Apostolischen Kirche gehören etwa sechs bis sieben Millionen Mitglieder, von denen ca. vier Millionen im Ausland leben. In Armenien stellen sie die Bevölkerungsmehrheit dar.

Koptische Orthodoxe Kirche

Geschichte

Der arabische Begriff für das aus dem Griechischen stammende Wort „ägyptisch“ ist qibtī, von dem sich der Terminus koptisch ableitete. Kopten sind also „Ägypter“. Bereits im Namen wird die enge Verbindung des ägyptischen Volkes mit dem koptischen Christentum zum Ausdruck gebracht. Diese Verschränkung hat in der historischen Entwicklung seinen Ursprung. Aus der frühen christlichen Gemeinde in der antiken Weltstadt Alexandrien (altgriech.: Alexandreia) gingen zwei Kirchen hervor: eine nicht-chalcedonensische Kirche und eine byzantinisch-orthodoxe Kirche [→ Patriarchat von Alexandrien]. Letztere umfasste hauptsächlich den griechischsprachigen Adel und eingewanderte Kaufleute, die als Fremde und nicht als „Ägypter“ wahrgenommen wurden. Im Gegensatz dazu bürgerte sich für die nicht-chalcedonensische, altorientalische Kirche mit Sitz in Alexandrien der Begriff koptisch ein, als Signum der engen Verbindung der Kirche mit dem Volk. Heute machen etwa 90 % des Christentums in Ägypten die Mitglieder der Koptischen Kirche aus.

Über die frühe Geschichte des Christentums in Alexandrien ist wenig historisch Gesichertes bekannt. Der Legende nach soll der Evangelist Markus die Gemeinde gegründet haben. Sowohl das Oberhaupt der Koptischen Kirche als auch des byzantinisch-orthodoxen Patriarchats von Alexandrien sehen sich als Nachfolger des Evangelisten und führen die Amtsbezeichnung PatriarchPatriarch des Stuhles des Heiligen Markus. Vom koptischen papé (= Oberhaupt) leitet sich außerdem der Titel Papst ab, den der BischofBischof von Alexandrien schon vor dem Bischof von Rom führte und der auch heute der Ehrentitel der Kirchenoberhäupter ist.

Die Christenverfolgungen der römischen Kaiser Decius$Decius, um 190/200–251, 249–251 Kaiser des Römischen Reichs (um 190/200–251), Diokletian$Diokletian, um 240–313, 284–305 Kaiser des Römischen Reichs (um 240–313) und Maximinus Daia$Maximinus Daia, 270–313, 305/311–313 Kaiser des Römischen Reichs (270–313) wüteten unter den ägyptischen Christen besonders grausam. Diese Märtyrerzeit prägte sich tief in das kulturelle Gedächtnis der Kopten ein und schlug sich sogar in der Zeitrechnung nieder: Das Jahr 1, der Beginn der Ära der Märtyrer im Kalender der Koptischen Kirche fällt auf das Jahr 284, in dem Kaiser Diokletian seine Regierung antrat.

Im dritten Jahrhundert begann in Ägypten das christliche Mönchtum mit dem Wirken des „Wüstenvaters“ Antonios$Antonios (der Große), um 251–356, ägyptischer Mönch und Einsiedler (um 251–356) und des Gründers des koinobitischen, d.h. ,gemeinschaftlichen‘ Mönchlebens Pachomios$Pachomios (der Ältere, der Große), um 292–346/47, ägyptischer Mönch (um 292–346/47). Die koptische Kirche hat bis heute eine tiefe innere Verbindung zu ihrem Mönchtum, mit dem sie in ihrer Geschichte eng verbunden war und das wiederum auf Teile ihrer Geschichte unmittelbar einwirkte.

Mit der Auseinandersetzung um die Beschlüsse des KonzilsKonzil / Konziliarismus von Chalcedon zerbrach die koptische Kircheneinheit. Seit 566, dem Tod des letzten anti-chalcedonensischen PatriarchenPatriarch, wählten die ägyptischen Gegner des Konzils, die die Mehrheit des Volkes hinter sich sammelten, ihre eigenen Patriarchen.

Am Ende des 7. und im 8. Jahrhundert kam es zu einer Blüte der koptischen christlichen Literatur, die die miaphysitischeChristologieMiaphysitische Prägung der Theologie [→ AusdifferenzierungAusdifferenzierung (des Christentums)] ebenso wie die ägyptische Identität der Kirche unterstrich und beförderte. Das geschah bereits unter arabischer Oberhoheit, die allerdings nach der Zeit der persischen Besetzung von 619 bis 628/29 und der nachfolgenden byzantinisch-reichskirchlichen Herrschaft bis etwa 639 zumindest anfangs als Zeit des Wiederaufbaus wahrgenommen wurde. Sowohl die Perser als auch die Byzantiner hatten die Koptische Kirche unter Druck gesetzt.

In den folgenden Jahrhunderten wechselten die islamischen Richtungen der muslimischen Herrscher, was jeweils Positionswechsel der Koptischen Kirche in Staat und Gesellschaft bedeutete. Auch die individuellen Haltungen der Sultane zu der Kirche bestimmten das Geschick der Christen in Ägypten. Unter den fatimidischen Herrschern vom 10. bis zum 12. Jahrhundert war die Behandlung von Christen wohlwollend, unter den ayyubidischen und mamelukischen Sultanen verschlechterte sich ihre Situation bis hin zur Erduldung von Verfolgungen. Unter der osmanischen Herrschaft von 1517 bis 1798 gestaltete sich die Lage für Christen ebenfalls weitgehend prekär. Erst im 19. Jahrhundert erhielten Christen, im Zuge der allgemeinen bürgerlichen Gleichstellung, eine den Muslimen gleichgesetzte Position.

1922 wurde Ägypten unabhängiges Königreich und die Gleichheit aller Ägypter vor der Verfassung festgelegt. Trotz einiger islamistischer politischer Zwischenspiele blühte die Koptische Kirche seit dieser Zeit auf. Es gab einen bedeutenden Aufschwung des kirchlichen Lebens und der theologischen Ausbildung, eine Erneuerung des Mönchtums, des weiblichen Mönchtums inbegriffen, und eine Entfaltung des sozialen Engagements der Kirche. Getragen wurden diese Neuerungen u.a. von Reformbewegungen, die schon im 19. Jahrhundert im koptischen Christentum virulent waren oder diesem entstammten. Dem koptischen Papst Schenuda III.$Schenuda III., 1923–2012, Patriarch von Alexandrien und Papst des Stuhls des heiligen Markus (1923–2012), der von 1971 bis 2012 amtierte und der zu den profiliertesten Persönlichkeiten der Koptischen Kirche gehört, gelang es, nachdem er 1984 unter Husni Mubarak$Mubarak, Muhammad Husni, geb. 1928, ägyptischer Staatspräsident (geb. 1928) aus dem Exil zurückkehren konnte, seine Kirche zu exponieren und aufzubauen.

Seit dem Fall des Mubarak$Mubarak, Muhammad Husni, geb. 1928, ägyptischer Staatspräsident-Regimes 2011 verschlechterte sich die Lage der Kopten wieder drastisch. Muslimische Übergriffe sind in Ägypten nach wie vor an der Tagesordnung.

Theologie, Kirche, Frömmigkeit

 Seit dem 10. Jahrhundert gab es eine bemerkenswerte Verbindung von koptischer Theologie und arabischer Sprache, die im 13. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte. Unter der arabischen Oberhoheit entwickelten koptische Gelehrte ihre Theologien auf Arabisch. Dadurch trat die koptische Theologie in eine intensive Auseinandersetzung mit dem Islam und öffnete sich dem arabischen Kulturraum. Ein Ansteigen des theologischen Niveaus war die Folge. Ähnliche christlich-arabische Literaturentwicklungen gab es in Syrien und dem mesopotamischen Raum.

 In der Koptischen Kirche gehört das 3. Makkabäerbuch zur BibelBibel. Proverbien sind in zwei Bücher geteilt. In der kirchlichen Überlieferung und für die Volksfrömmigkeit spielt die im Matthäusevangelium bezeugte Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten eine große Rolle.

 Das diakonisch-karitative Engagement erfolgt in der Koptischen Kirche nicht nur auf lokaler, sondern auch auf gesamtkirchlicher Organisationsebene. Im Hinblick auf Bildungsarbeit ist die Koptische Kirche eine der wenigen orthodoxen Kirchen, die Sonntagsschulen und Katechismusunterricht anbietet.

 Es gibt ca. elf Millionen Gläubige, von denen etwa neun Millionen in Ägypten selbst leben.

Äthiopische Orthodoxe TewahedoTewahedo-Kirche

2 096,17 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
674 стр. 7 иллюстраций
ISBN:
9783846352540
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
Аудио
Средний рейтинг 4,2 на основе 357 оценок
Черновик
Средний рейтинг 5 на основе 122 оценок
Аудио
Средний рейтинг 4,6 на основе 681 оценок
Текст, доступен аудиоформат
Средний рейтинг 4,3 на основе 485 оценок
По подписке
Текст, доступен аудиоформат
Средний рейтинг 5 на основе 431 оценок
Аудио
Средний рейтинг 4,7 на основе 1816 оценок
Текст, доступен аудиоформат
Средний рейтинг 4,3 на основе 981 оценок
Аудио
Средний рейтинг 5 на основе 425 оценок
18+
Текст
Средний рейтинг 4,8 на основе 771 оценок
Текст
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Текст
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок