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Читать книгу: «Als Mariner im Krieg», страница 21

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Kommandant und Leutnant

In Cuxhaven übernahm ich stolzerfüllt das Kommando des Schleppers »Caroline«, wobei ich eine feierliche Ansprache an meine Mannschaft hielt und Zigaretten und Schnaps verteilte.

Das Essen ward auch bei unserer Division immer knapper und schlechter. Als mich jemand fragte: »Was gab‘s heute bei Ihnen auf ›Scharhörn‹ zu Mittag?« konnte ich wahrheitsgemäß antworten: »Steckrüben und Sekt.« Im Kaiserhof, in meinem nicht allzu sauberen, aber gemütlichen Stübchen hatte ich einen großen Stoß von Briefen und Zeitungen vorgefunden. Das las ich nun behaglich rauchend, während dem unter mir wohnenden Korvettenkapitän Lieber von der Z.V.E. ein Ständchen gebracht wurde. — M <sub>15</sub> war in die Luft geflogen. — »Kurfürst« und »Kronprinz« hatten bei einer Kollision fünfzig Tote. — Große U-Boots-Erfolge. Sogar in Südamerika war ein Transportdampfer torpediert. — Das U-Boot »Deutschland« hatte 15-Zentimeter-Kanonen erhalten. Der oft bewitzelte Kommandant König war nach Wilhelmshaven auf einen Hilfskreuzer versetzt. — Und so weiter, was uns halt interessierte. Dann eilte ich an Bord, wo ich als verantwortlicher Kommandant jetzt doppelt viel zu tun hatte. Papiere ausgestellt für einen meiner Matrosen, der als typhusverdächtig ins Lazarett mußte. Geheimbücher und Geheimkarten studiert. Personallisten, Kleiderlisten geführt. Ganz geheime, geheime und offene Befehle durchgelesen. Führungsbücher abgeschlossen. Logbuch, Maschinentagebuch, Befehlsquittungsbuch und Urlaubszettel unterschrieben. Kriegsartikel verlesen. Musterungen vorgenommen usw. Abends von den Thomsener Offizieren eingeladen. Dann Kegelabend im Kasino. Manchmal war ich dieser Gesellschaften und Saufereien recht überdrüssig. Oft kam ich erst um vier Uhr morgens zu Bett und wurde schon um fünf Uhr wieder geweckt und mußte um sechs Uhr meine »Caroline« hinausfahren. An der Leuchttonne sammelten sich die Boote, fuhren dann in Toni-Formation bis Tonne 6, wo das Gerät ausgebracht wurde, bis Elbe I, bis Helgoland NNW peilte. Auf der Rückfahrt ward evolutioniert, signalisiert, Räumgerät geübt oder gefischt. Im April blühte der Heringsfang. Wir fingen auch schon die ersten, die kleinen aber besonders wohlschmeckenden Frühlingsschollen. Meine »Caroline« erbeutete dreißig Schollen und Butts, außerdem viele Seespinnen, Kohlenschlacken, Seesterne, Seeteufel und einen riesigen Taschenkrebs, den ich zum Frühstück verzehrte.

Fahrt in Kiellinie bei Nebel. Als ich für eine Minute die Brücke verlassen hatte, um in meiner Kammer eine Erfrischung zu nehmen, gab es einen Krach und eine Erschütterung. »Caroline« war auf das vor ihr fahrende Boot des Vizesteuermanns Plappert gestoßen und hatte ihm die steuerbordsche Scheuerleiste zersplittert; meinem Boote war der Steven eingedrückt, wobei eine Niete herausgesprungen war. O weh! Das würde ein schlimmes Nachspiel bei dem D.-Chef geben. Zwischen Plappert und mir und unseren beiderseitigen Leuten entstand sofort der übliche und üble Streit um die Schuld. Aber wahrscheinlich nahmen sich ohne Verabredung beide Parteien vor, die Sache völlig zu verschweigen. Denn es traf sich günstig, daß die erste Gruppe, der wir angehörten, am nächsten Tage zur Kesselreinigung nach Hamburg fahren sollte, und dort konnten wir den Schaden leicht und unbemerkt ausbessern lassen. Als dann andern Tags die Gruppe mit »Scharhörn« voran zur Werftfahrt auslief, machten Plapperts Boot und mein Boot höchst seltsame Manöver, das eine wollte seine Steuerbordseite und das andere seinen Vordersteven vor dem Führerboot verbergen. Der D.-Chef merkte auch nichts und war besonders gut aufgelegt. In Hamburg lud er sämtliche Kommandanten auf »Scharhörn« zu einem Festessen, zu dem auch seine Frau und andere Damen erschienen. Es gab Schinken in Burgunder, und es ging hoch her, wie bei allen Reyeschen Veranstaltungen. Der Chef prostete mir wiederholt zu und animierte mich zu allerlei Scherzen. Nach einer kurzen Abwesenheit winkte er mich dann hinaus an Deck und brüllte mich plötzlich fürchterlich an: »Wenn Sie Schiffe entzweifahren, dann melden Sie mir das gefälligst!« Schinken und Burgunder und zum Dessert diesen Eisguß! Aber Reye war nicht nachträglich, und noch am selben Nachmittag bewilligte er mir fünf Tage Urlaub.

Fünf Tage war nicht viel. Aber ich wußte die Zeit zu nutzen und viele Orte zu berühren. Von Eisenach nach Friedrichroda, von dort nach Milz bei Römhild, einem abgelegenen und von der Zivilisation vergessenen Dörfchen, in dem Marburgs Eltern wohnten. Mit Marburg und Lona Kalk traf ich mich dann in Meiningen. Überall erlebte ich merkwürdige und lustige Anekdoten und manche galante Abenteuerchen, die ich in meiner Hast und Seligkeit zu notieren vergaß. Als ich mit den Mädchen in Meiningen in einem Kaffeehaus saß, ließ mir ein feldgrauer Unteroffizier durch den Kellner sagen, ich möchte mich doch einmal an seinen Tisch verfügen. In meiner Vize-Kommandantenwürde reagierte ich sauer auf diese unmilitärische Zumutung, und da kam der Unteroffizier zu mir und war mein alter, gutmütiger Schulfreund Schrickel. Der hatte, als wir uns nach der Schulzeit trennten, die Kochkarriere erwählt. Nun war er Chefkoch eines Lazarettzuges und als solcher der Begehrteste und daher auch Mächtigste in diesem Zug. Ich besuchte ihn andern Tages dort und er bereitete für mich, den Oberstabsarzt Hennig und einen Sanitätsrat ein fürstliches Friedensmahl, gab mir auch ein großes Paket Fleischernes auf den Weg. In Waltershausen besuchte ich den Geheimrat Trinius oder eigentlich seine schöne Tochter. Der stocktaube, alte Ketten- und Wachhund, den ich bei früheren Besuchen immer erst in den Schwanz kniff, ehe er merkte, daß jemand sich näherte, lebte nicht mehr. Er hatte eines Tages seinen Herrn ungewöhnlich traurig angeblickt und war dann ins Wasser gesprungen und ertrunken. — In Schnepfental besuchte ich Schills, das heißt eigentlich auch wieder ihre Töchter. — Lieblich und wild, warm und toll, boten sich mir damals die Ereignisse in Thüringen.

In Hamburg bezog ich Wohnung in dem komisch wüsten, aber durchaus nicht lieblos unordentlichen Atelier des zufällig auch beurlaubten Bahre. In der Werft, bei meiner Division gab es ein freundschaftliches Wiedersehen, sonst graue Nachrichten. Unserer Mannschaft war für drei Tage der Urlaub gestoppt. Man erwartete Unruhen bei der Hamburger Bevölkerung, weil die Brotration herabgesetzt war. Patrouillen zogen durch alle Straßen. Aber für Offiziere gab es noch Vergnügungsstätten, wo man das Düstere vergaß. Die Trokadero-Diele und Esplanade und die lange, laute Reeperbahn. Und durch Bahre wurde ich bei dem Großkaufmann Lührs eingeführt, wo ich in einer wohlhabenden und steif-vornehmen Gesellschaft viel Black and White genoß. Ich inspizierte die Arbeiten auf »Caroline«. — Kesselklopfen — Reparaturen — eine Spring war gestohlen.

Die »Caroline« gehörte, ehe sie von der kaiserlichen Marine geschartert wurde, der Reederei Petersen und Alpers. Ich ließ es mir nicht nehmen, einmal den Chef dieser Firma in seinem Büro zu besuchen. Wir sprachen von der »Caroline« und ihren Schwesterschiffen und dann über Politik. In bezug auf England waren wir gleicher Meinung. Der fünfundsechzigjährige Herr hatte kurz zuvor seinen einzigen Sohn im Felde verloren. Er sagte dennoch ernst zu mir: »Ich freue mich auf den Tag, da dort, wo Sie jetzt sitzen, wieder der erste englische Kapitän sitzt.«

Ein Geheimschreiben befahl den Kommandanten, darauf zu achten, welche Matrosen an einer bestimmten Stelle ihres Hemdkragens einen unauffälligen roten Faden trügen. Dieser Faden wäre ein Erkennungszeichen gewisser aufwieglerischer Elemente.

Die Zahl unserer U-Boote war eine ganz in Dunkelheit gehüllte Angelegenheit. Es interessierte alle, aber niemand wußte, und den offiziellen Angaben oder Andeutungen glaubte man nicht. Die U-Bootskommandanten selbst waren nicht informiert. Als ich in Hamburg einen Direktor einer Privatwerft kennenlernte, schnitt ich auch diese U-Bootsfrage an. Er antwortete bitter: »Unsere Werft hätte Platz und alle Möglichkeit, um U-Boote zu bauen, aber wir bekommen keine Aufträge.«

An den folgenden Abenden war ich bei Herrn Nielsen und bei anderen, wie mir schien, unbegreiflich reichen und mächtigen Handelsherren zu Gast. Whisky und Burgunder flossen in Strömen. Ich tanzte mit der schönen Mrs. Eder und verirrte mich stockbetrunken in dem nächtlich verlassenen Harvestehude. Zu anderer Zeit streifte ich durch die Hafenviertel und ließ wehmütige und glückliche Erinnerungen wach werden — Michaeliskirche — Fleete — Baumwall — Schiffsnachrichten — Freihafen — Kohlenschuten — Meta Seidler.

Ich erhielt folgenden Brief: »Rentwertshausen i. Thür., den 10. April 1917. Lieber Gustav! Mir war so, als ob wir beide uns noch etwas zu sagen hätten, darum kam ich plötzlich auf die Idee, Dir zu telefonieren. Doch es ist besser so. Mir tat es nur auf einmal so leid, daß ich nicht lieber zu Dir war. Doch ich kann so schwer zeigen, was ich fühle. Glaub mir, ich hab dich auch lieb, sehr lieb und möchte Dir so gern etwas Liebes tun. Ich wünsche Dir, daß es Dir gut gehe, recht, recht gut gehe. Sei auch in Cuxhaven ein wenig froh. Viele Grüße und einen herzlichen Kuß von Lona Kalk.«

Was ich täglich dienstlich zu tun hatte, war in einer Stunde abgemacht. Über diese Faulheit tröstete mich der Gedanke, daß die Mannschaften gern auch den freundlichsten Offizier entbehrten, und daß die Mäuse spielen sollen, wenn die Katze nicht zugegen ist. Mit den anderen Vize traf ich mich selten. Wir hatten alle in Hamburg Sonderinteressen. Bahre wurde von einer Tante geliebt, und er nutzte diese Liebe sehr aus. Wir speisten manchmal märchenhaft bei der alten Dame.

Bevor wir Hamburg verließen, gab der Chef noch seinen Damen und Freunden und uns Kommandanten ein Essen im Ratskeller. Das nahm insofern keinen guten Ausklang, als Reye plötzlich durch den Genuß von Austern oder Krebsen von einem heftigen Friesel befallen wurde.

Die erste Gruppe dampfte nach Cuxhaven zurück, ein Boot zum andern im Abstand von fünfzehn Minuten. Das war so befohlen, damit die entarteten Kommandanten nicht zwecks weiterer Gelage von Boot zu Boot stiegen. Bei Brunshausen wurde erst kompensiert. Als ich von den Sankt-Pauli-Brücken ablegte, erbrach ich einen zweiten Brief von Lona Kalk. Er begann: »Heil ›Caroline‹!« —

Nach einer ganzen geheimen Meldung war in Wilhelmshaven die mit Minen und Sprengmaterial beladene Hulk »Seeadler« vermutlich durch Attentäter in die Luft gesprengt worden, wobei nebst zahlreichen Menschenleben viel Minen und Minensuchmaterial vernichtet wurde. Die Kommandanten wurden deshalb angewiesen, beim Räumen künftig möglichst das schwere Suchgerät und Schneidegreifer anstatt Sprengpatronen zu benutzen. Ferner sollten wir noch früher als bisher auslaufen und außer Such- und Übungsfahrten auch Fischzüge unternehmen. Aha! Man hatte unser Fischen beobachtet und mochte uns nun aus Habsucht und Schulmeisterdünkel die Freude daran verderben, indem es das, was wir freiwillig taten, nun anbefahl. Bisher hatten wir es so gehalten: Von den gewöhnlichen Fischen erhielt jeder Mann genau denselben Anteil wie der Kommandant. Das übrige wurde verkauft und der Erlös dafür ebenso gleichmäßig verteilt. Den Kommandanten gehörte nur, als einziges Vorrecht, das, was an Butts und Seezungen gefangen wurde und die Hummer, von denen aber nur selten einer ins Netz ging. Wollte nun der Staat den Leuten die Fische und die Gelder wegnehmen? Es wäre doch zu töricht gewesen, denn wir brachten doch die Fische auch unter die Zivilbevölkerung. Und man konnte wohl befehlen, ein Netz auszubringen, aber Fische zu fangen konnte man nicht befehlen. Nun: noch war das letzte Wort darüber nicht gesprochen.

Die nächste Zeit brachte mir wieder angestrengtesten Dienst, zumal man mir die Nebenfunktion eines Artillerieoffiziers der Division gegeben hatte. Außerdem war ich für die Division zum Haßprediger ernannt, wogegen sich alles in mir sträubte. Ich humpelte, mein Hühnerauge schmerzte. Ich goß heißes Harz darauf, aber das nützte auch nichts. Zur See fuhr ich mit großer Lust, nur etwas vorsichtiger, um jede Ramming zu vermeiden. Bobby gab mir folgenden Winkspruch: »K. an K. Während wir uns in Hamburg amüsierten, sind bei der großen Offensive der Engländer und Franzosen im Westen Tausende von Deutschen gefallen.«

Der deutsche Vorstoß im Kanal, der uns zwei G.-Boote kostete, ward in Cuxhaven sehr getadelt.

Aus allen Teilen des Landes schrieb man mir um Proviant. Aber wir erhielten nur selten noch und wenig. Ich aß abends manchmal trockenes Brot, weil ich kein Geld hatte, ins Wirtshaus zu gehen, wo auch alles rar und teuer war. Selbst die Preise der Kasinoweine schienen für uns Vizes nicht mehr erschwinglich. Bei der Sperrfahrzeugdivision meldete sich ein Mann, man möge ihn in Schutzhaft nehmen, er wüßte sonst nicht, was er aus Hunger anrichten würde.

Sturmfahrten. — Sturmfahrten. — Unsere überanstrengten, von Regen, Salzwasser und Ruß mitgenommenen Boote sahen schmutzig und verwahrlost aus. Es gab keine Farbe mehr. Seife und Putzmaterial wurden nur noch selten und in unzulänglichen Mengen verabfolgt. Wenn ich meine seelische Verfassung ehrlich überprüfte, mußte ich mir gestehen, daß ich selbst kriegsmüde war. Was mich trughaft noch hielt, waren kindliche Ruhmsucht und dürftiger Ehrgeiz. Ich wollte Offizier werden, um vor kleinen Leuten damit großzutun, und ich hoffte noch immer, zu einer gefahrvollen Heldentat zu kommen.

Käte Hyan sang in Cuxhaven geschmackvoll Lieder zur Laute. Sie war mir von München her bekannt. Nach ihrem Vortrag durchbummelte ich mit ihr und Bobby die Nacht, eine schöne, kalte Nacht mit dem Lichtzauber einer großen Scheinwerferübung. Ich konnte Frau Hyan einige neue Soldatenlieder mitteilen.

Sturmfahrt. Plapperts Boot und das meinige machten dabei einige bedenkliche Manöver. Wofür uns später zwei Stunden Straffahrt zudiktiert wurde.

30. April 1917. Halb fünf Uhr geweckt. Bis abends halb acht Uhr gesucht und gefischt. Zirka 400 Pfund Schollen, einige Butts und Taschenkrebse und zwei Zentner Seesterne, Seetang, Seerosen, Dwarsgänger und anderes schleimige Getier und Geschling, was ich als Dünger verkaufte. Von den Fischen verschenkte ich viel, denn für die Freunde im Binnenlande waren das seltene Delikatessen, und beim D.-Chef, bei Drache und den anderen Offizieren konnte ich mich derart ein wenig für freundliche Bewirtungen revanchieren. Diesmal bekam Pampig (Vize Otto) die größten Butts, denn er hatte Geburtstag. Plappert war am gleichen Tage zum Leutnant ernannt. Das mußte eine sektfeuchte Nacht werden.

Das frühe Gewecktwerden war ein Theater der Qual. Wie ein teuflisches Todesurteil klang die Stimme des Burschen: »Ganze Division läuft aus!« Dann fragte ich mit verzweifelter, schwacher, beinahe flehender Stimme: »Kann ich denn nicht noch zehn Minuten liegenbleiben?« Und mein Bursche Dreyer, im Gefühl seiner diesbezüglichen Machtbefugnis, antwortete streng: »Fünf!« War ich dann einmal auf der Brücke meiner »Caroline«, so war alle Müdigkeit wie weggeblasen. Ich wechselte dann mit den Vizes von Bord zu Bord Anfragen über gestern, oder wir gaben ganz ernsthaft groteske Winksprüche auf, um zu beobachten, was die Signalgäste dazu für Gesichter schnitten. Z. B.: »K. an K. Sind die abgeschnittenen Matrosenfinger der Staatsanwaltschaft übergeben?«

Wigge gab eine nächtliche Gesellschaft in seiner Privatwohnung. Wir tranken aus Zinnkrügen allzuviel Wein und schossen schließlich scharf mit Pistolen. Andern Tags gab es eine verkaterte Fahrt bei diesigem Wetter. Auf meinem Boot platzte ein Wasserstandsglas. Dann meldeten die Decksleute, die Dampfwinde wäre so mürb, daß sie demnächst in die Brüche ginge. Dann fiel mir mein Füllfederhalter über Bord. Beim Fischen zerriß uns das Netz, es hatte sich ein Stück Kabel darin verfangen. Auf der Rückfahrt legte ich bei Elbe A an, um den Kommandanten dieses Feuerschiffs, den Leutnant Axer, zu besuchen. Man zog mich hinterher damit auf, unsere Schraube hätte die Kabelverbindung mit Helgoland zerstört, denn tatsächlich war die Verbindung mit Helgoland unterbrochen.

Unsere Fischerei reüssierte mehr und mehr. Ich konnte die Vorgesetzten und meine Verwandten und alle Freunde in Cuxhaven und auswärts mit Schollen, Kabeljaus und Butts beschenken. Mitunter erreichten diese Sendungen aber verspätet und verdorben ihr Ziel. Es kam eine Meldung: Zwischen Wangeroog und Scharhörn triebe Butter herum.

Ich setzte die Beförderung meines fleißigen Obermatrosen Böttcher zum Bootsmannmaaten durch. Den Matrosen Ronk ließ ich abkommandieren, er hatte sich übel aufgeführt. Mein Koch erbat und erhielt Urlaub nach Schweden. Es war nicht schwer, einen Vertreter für ihn zu finden. Alle Matrosen rissen sich um den Posten, und die Kocherei war zu einer sehr primitiven Kunst herabgesunken.

Bei einer Übung schiffte sich der Obermaschinist der Division auf meinem Boot ein. Er erschrak über den Zustand der Dampfwinde. Ich fischte eine jener großen Glaskugeln auf, die die Engländer für ihre U-Bootsnetze benutzten. Mittags versprach mir der D.-Chef, mich bald zur Beförderung vorzuschlagen. — M <sub>49</sub> war in die Luft geflogen.

Saufereien. Ausflug mit Bobby und Käthe Hyan nach Otterndorf. Auf Hafenwache in dunkler Nacht kletterte ich, um die Maschinenwache zu kontrollieren, über die elf Boote, die wie unheimliche schwarze Tiere aneinandergeschmiegt lagen, sich nach dem Atem des Wassers hoben und senkten und nach Ebbe oder Flut bald auf, bald unter der Höhe der Pier schaukelten.

Da mir der Divisionschef abermals versicherte, daß er mich nunmehr zur Beförderung vorschlagen würde, und da ich dann auch die formelle Erklärung unterzeichnen mußte: »Ich habe gegen meine Wahl zum Reserveoffizier nichts einzuwenden«, so bestellte ich mir beim Schneider eine Leutnantsuniform. Um die erforderlichen zweihundertdreißig Mark zu beschaffen, hatte ich nun viel Schreibereien und noch mehr Sorgen. Nach dem Kasinokegeln zechten Bobby und ich noch bei Wigge weiter; wiederum schossen wir mit Pistolen große Löcher in die Wand, und zu meiner Verwunderung hatte die Wirtin Hildebrand dagegen nichts einzuwenden.

Krommes und Schütte besuchten uns manchmal. Sie waren auf jene schematisch aus Blech zusammengeschlagenen M-Boote gekommen, von denen viele hergestellt wurden, aber noch mehr in die Luft flogen. Und Schütte erzählte. Draußen wurden massenweise Minen geräumt. Die Nordsee war allerwärts verseucht. Oberassistenzarzt Olivius hatte das Eiserne Kreuz Erster Klasse erhalten. Er stand auf der Brücke, um ein anderes M-Boot zu fotografieren, das im Begriffe war, auf eine Mine zu laufen. Da lief aber sein eigenes Boot auf eine Mine. Bei der Explosion wurde Olivius in die Höhe und beinahe in den Schornstein geschleudert. Kaum war er zur Besinnung gekommen, so nahm er sofort seine Tätigkeit als Arzt auf.

Wir suchten den neuen Hafen mit scharfem Gerät ab. Dort war in der Nacht eine Mine detoniert. Ein M-Boot hatte sie überfahren. Es war dicke Luft. Plapperts Boot brachte meines mehrmals in Gefahr. Maat Döring war Vizefeuerwerker geworden. Otto und Örter warteten nervös auf ihre Beförderung zum Leutnant. Auch ich war verstimmt, weil in meiner Beförderungsangelegenheit sich bürokratische Schwierigkeiten ergaben. Wir wurden jetzt täglich schon um vier Uhr geweckt. Suchen. Wachboot. Prielboot. Postboot.

Am 21. Mai unternahm »Scharhörn« eine Vergnügungsfahrt nach der Lühe zur Baumblüte. Außer uns Vizen und Offizieren nahmen auch Militärs anderer Divisionen und der Hauptmann Brockhaus und Damen daran teil. Unterwegs spielten zehn Landsturmmusiker auf. Weil wir Vize schüchtern zurückhielten, so nahmen sich die Damen schließlich Matrosen zum Tanz. Es war ein hübsches Bild, das wir fotografisch festhielten. Reye bewirtete uns wieder unübertrefflich. Nach der Landung machten Otto und ich uns selbständig. Wir sprachen zwei einfache Mädchen an und wollten sie gerade zum Bier führen, als etwas uns Faszinierendes auftauchte, nämlich drei ungewöhnlich schick und modern gekleidete Mädchen mit ihren distinguierten Eltern. Wir Schufte ließen sofort die einfachen Mädchen los und stiegen den eleganten nach, die auch sofort auf unsere Blicke reagierten. Der Zufall war uns günstig. Die fünf Vornehmen hatten einen hübschen Wolfshund bei sich. Der wurde plötzlich von einer wütenden Dogge angefallen. Die Hunde verbissen sich so ineinander, daß sie auf keinerlei Zurufe mehr hörten. Da ergriff ich einen der Gartenstühle, und sprang äußerlich heldenhaft, innerlich mit Angst auf die Bestien zu. Diese ließen gerade voneinander ab, und es sah noch aus, als hätte ich das bewirkt. Der lange Herr trat auf mich zu und bedankte sich höflich. Die Töchter rückten ihm sofort nach und bedankten sich überhöflich. Ich wehrte sehr höflich ab, aber zähe verweilend. Otto rückte dicht hinter mich und griff ein. Auf der andern Seite nahm die Mutter jetzt das Wort. Und ehe man sich‘s versah, war man vorgestellt und saß gemeinsam am Kaffeetisch eines Gartenlokals, Herr und Frau Wolke, deren beide Töchter und die Hauslehrerin Grete Timm. Das ward eine reizvolle, charmante Unterhaltung und weil Frau Wolke Engländerin war, konnte ich meine englischen Sprachkenntnisse anbringen. Wir versprachen vor der Trennung unseren Besuch in Rissen, wo Wolkes ein Haus gemietet hatten.

Örter, die Offiziere und auch die Mannschaften hatten sich derweilen offenbar auch nicht gelangweilt, denn als »Scharhörn« ablegte, stand am Ufer eine lange Reihe heller, bunter Mädchen. Sie winkten noch lange, und wir alle winkten zurück, Otto und ich auf eine besonders verabredete, bedeutungsvolle Weise.

In der Nacht tobte ein Sturm, bei dem sich unsere Boote losrissen. Meiner »Caroline« wurde die Heckwallschiene zertrümmert. — Bei Nordholz, nahe der Luftschiffhalle, brannte die Heide. — Ein gehobenes halbes deutsches U-Boot wurde nach Cuxhaven gebracht.

Als wir Vizes nach einer Budensauferei zur Maibowle ins Kasino zogen, erregten wir unliebsames Aufsehen. Zunächst grüßte ich in meiner Betrunkenheit den Admiral auf eine ganz phantastische, unmilitärische Weise. Dann fingen wir noch an zu singen, und zwar so laut, daß der D.-Chef zu uns kam und uns dies verwies. Später kränkte Otto den Oberleutnant Ohlenbusch, und ich hatte am andern Tag das wieder einzurenken. Wir soffen viel zuviel. Wir soffen im Kasino und nachts privat weiter, und früh an Bord und jeder Zeit. Es gab auch immer Anlässe. Nun feierte Kapitänleutnant Drache Geburtstag. Dann kam Ottos und Örters Beförderung heraus. Ich war sehr traurig an dem Tag, denn meine Beförderung stand in weitester Ferne. Ich hatte noch anderen Kummer, vor allem Geldnot, was ich mir aber als Vize nicht anmerken lassen durfte. Leider konnte ich mich bei der Jubelfeier für Otto und Örter nicht so weit beherrschen, meine Mißstimmung zu verbergen. Die beiden neugebackenen Leutnants trösteten mich in reizender Art, und alle anderen behandelten mich an diesem Abend besonders nett. Aber mein Mißmut stieg nunmehr und bis zum kindischen Trotz. Ich rührte kein Getränk an und benützte um zwölf Uhr die Gelegenheit, den rührend betrunkenen Klinke heimzubringen und zu entkleiden. Dann schlich ich mich selbst nach Hause und fand auf meinem Tisch einen Blumenstock ohne Begleitworte. Vielleicht von Grete Prüter. Drei Stunden später ward ich schon wieder zum Auslaufen geweckt. Es war ein linder Maienmorgen und Pfingsten. Plappert war nicht erschienen, sein Boot lief ohne Kommandanten aus. Klinke gab mir auf einen dienstlichen Winkspruch hin die gereizte Antwort: »Das K. an K. können Sie sich sparen!« Nach dem Suchen blieb ich mit drei anderen Booten noch lange draußen zum Fischen. Mit großem Erfolg. Wie ich nach Peilung und Lotung plötzlich feststellte, waren wir im Eifer weit auf verbotenes Gebiet geraten. Am Pfingstsonntag erledigte ich die langweiligen schriftlichen Bordgeschäfte und überholte die gesamte Divisionsmunition. Die hatte in erschreckender Weise unter Feuchtigkeit, Rost und Dreck gelitten. Dann fuhr ich »Caroline« zwecks Einbau einer neuen Dampfwinde zum Minendepot. An der Drehbrücke stand, wie er es versprochen hatte, der alte Prüter und reichte mir in einem Catcher eine geräucherte Scholle herüber, ein Scherz, der mit den Zollvorschriften zusammenhing. Es war ein alter und weitergeführter Witz zwischen Prüter und mir, daß er meiner »Caroline« etwas Lächerliches anzuhängen suchte, und daß ich »S.M.S. Caroline« als das wichtigste Schiff der Flotte herausstrich.

Ich fuhr für drei Tage auf Urlaub nach Lüneburg, Rissen und Hamburg. Wolkes Haus lag zwischen Nadel- und Laubwald versteckt. Es war mit schönen alten Möbeln eingerichtet. Man empfing mich äußerst liebenswürdig. Der hagere feinfühlende Wolke, der aussah wie ein edler und guter Jagdhund, spielte Klavier und seine Töchter und Fräulein Timm sangen dazu. Das Lieblingslied war — es wurde nun mein Lieblingslied — »Wien, Wien, nur du allein«. Frau Wolke, formgewandt und charmant, bewirtete uns aufs beste. Wenn trotz meiner gegenteiligen Vorsätze das Gespräch auf Politik geriet, dann stritten wir uns alle ganz sachlich und wie Neutrale, aber die sonst bescheidene und kluge Frau Wolke blieb steif dabei, England würde siegen. Ein Ausflug wurde unternommen, und ich brachte es zustande, daß Kitty Wolke und Grete Timm sich am nächsten Tag in Hamburg mit mir und Tula Reemi im Esplanade trafen. Eine Tafel Schokolade kostete fünfzehn Mark.

Mit Tula unternahm ich eine kleine Reise, um ihr eine Sommerfrische zwischen Hamburg und Cuxhaven zu suchen. Wir fuhren und wanderten nach Därsdorf und nach X-Dorf und Y-Dorf, aber nirgends gab man uns einen Bissen zu essen. Wir sagten, die wollen nicht geben, sie haben. Sie hatten auch, doch nicht genügend und konnten uns wohl nichts geben. Dagegen setzte man uns in einer einfachen Landkneipe einen wundervollen echten Bordeaux vor. Der Wirt ahnte gar nicht, was er daran hatte. Schließlich trieben wir in Stade ein Rumpsteak mit Bratkartoffeln auf. Ich fuhr dann allein nach Otterndorf und übernachtete dort in der Post. In Otterndorf war viel Militär, angeblich, weil die russischen Gefangenen einen Ausbruch planten. In der Post war eine stattliche, breitschultrige Wirtin, und am nächsten Morgen, anläßlich eines Viehmarktes, großer Einstallungsbetrieb. Ich beobachtete, daß die Kühe sich immer Kopf zu Schwanz nebeneinander stellten. Das taten sie, so fand ich heraus, um sich die Fliegen einander abzuwedeln. Ich fuhr nach dem Forsthaus Höfgrube und anderswohin, wo ich ein wenig Ereignis, etwas Abwechslung erhoffte. Ich sah Störche auf den Wiesen, auf See gab es keine. Ich brach meinen Urlaub vorzeitig ab und kehrte ins Minendepot zurück zu meiner »Caroline«. Der Flieder fing an zu blühen. Asmussen ließ seine Aale im Salz totlaufen. Die Kühe blieben draußen. Waldmeister gab es und Leberblümchen und Butterblümchen und Wiesenschaumkraut. Prüters schenkten mir einen Rasierapparat.

Wenn ich morgens jetzt zum Hafen schritt, lag alles in rosigstem Dunst, und die Amseln sangen, und der Posten am Alten Hafen salutierte und lächelte über den eiligen Vize, der für ihn so komisch aussah.

Ferner Kanonendonner, als wir ausliefen. Bei Wangeroog schossen sie ein neues Geschütz ein, das zweiundsechzig Kilometer weit und dreißig Kilometer hoch schießen sollte.

Im Kasino war Mammiabend. So bezeichneten die Junggesellen die Damenabende. Ich verzog mich in eine entlegene Ecke und ließ die laute Unterhaltung zweier Armeeoffiziere über Pferdesportliches über mich ergehen. »Ein sehr sympathischer Kerl, aber er schlägt mit dem Kopf. Man muß ihn hinten schnallen.« Dann hörte ich hinter mir berichten: Ostende wirkungsvoll beschossen. Ein österreichisches und ein deutsches U-Boot beschossen. Die Stimmung in Norwegen noch schärfer gegen uns. Die Flandernschlacht im Gange. Amerika bereitet gewaltige Unterstützungen der Entente vor. Viele Minensucher in letzter Zeit aufgeflogen und die Engländer warfen noch täglich massenweise Minen in die deutsche Bucht. Nur in Rußland stand unsere Sache besser. — Da vergrübelte ich mich wieder in trübe Gedanken. Meine Beförderung war abermals verschoben. Ein Schreiben vom Hamburger Bezirkskommando verlangte neue Auskünfte von Gewährsleuten über meine Vermögensverhältnisse und eine Erklärung betreffend Ehrenhändel.

Meine Leute merkten mir‘s an, wieviel Groll und Galle in mir steckte, und in diesem Zustande hatte ich auch ein besseres Augenmerk und ein feineres Gehör für sie. Ich stellte fest, daß sie eigentlich niemals mehr laut sangen oder herzhaft lachten.

Ich machte wieder einen guten Fischfang, viele Zentner Schollen und Steinbutts und Seezungen und Petermännchen. Als die Fische weggeschaufelt wurden, beobachtete ich, wie seit einiger Zeit schon mehrmals, daß mich Obermaat Schürf betrog, indem er Edelfische, die doch mir zukamen, heimlich beiseite schaffte. Als wir zur Prielwache ankerten und ich in meine Koje stieg, nahm ich mir vor, ihn am nächsten Morgen einmal recht drastisch zur Rede zu stellen. Wir schaukelten stark im Seegang, und ich spürte im Schlaf, wie durch die undichten Decks und Wände Wassertropfen mir ins Gesicht rannen, und ich verwischte sie mit instinktiven Gewohnheitsbewegungen, ohne zu ahnen, daß es diesmal nicht Wasser, sondern Tinte war. Beim Rollen des Bootes war die Tintenflasche vom Kojenbord gekippt und hatte sich über mein Gesicht geleert. Beim Erwachen war mein erster Gedanke Schürf. Und ich rief nach ihm, bevor ich mich wusch. Ich wollte ihn auf der Stelle energisch und so hart, wie ich gerade dachte, anschnauzen, daß es einen nachhaltigen Eindruck auf ihn machen sollte. Es klopfte. — »H‘rrein!« Schürf trat ein, machte stramm. Ich brüllte los: »Wenn Sie sich noch einmal unterstehen —« ich brach ab, weil Schürf furchtbar lachte. »Meinen Sie, ich scherze?« brüllte ich noch lauter. Schürf lachte noch mehr, lachte so, daß er‘s plötzlich nicht mehr aushielt und hinausstürzte. Ich schrie nach meinem Burschen. Der kam und lachte, lachte, lachte.

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30 августа 2016
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