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Der schweizerische Robinson

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»Seht doch! Seht doch!« rief in diesem Augenblicke Jack.

Im Röhricht regte sich‘s, hob sich‘s. Ein fröstelnder Schauder rann uns über den Leib. Da – da stieg sie auch schon kerzengerade in die Höhe. Die funkelnden Augen starrten auf die freiwillig nahende Beute. Die gespaltene, spitze Zunge ging lüstern ein und aus, hin und her. Entsetzt blieb der Esel samt seiner mutwilligen Gefolgschaft wie angewurzelt stehen. Im nächsten Augenblick schoß die Schlange blitzschnell nach vorn, packte eines der Lämmchen, umschlang, umschnürte es, preßte es zusammen. Das arme Tierchen zappelte in den schauerlichen Banden. Schreiend stoben die andern drei Zicklein davon. Der Esel tat einen mächtigen Satz, überschlug sich und stürzte im Schwunge rücklings in den Sumpf.

»Himmel!« rief Jack halblaut, »er ersäuft, und wir können ihm nicht helfen!« Dieser Stoßseufzer löste die eisige Spannung in unserer dicht zusammengedrängten Gruppe. »Vater«, flüsterten die Jungen eifrig, »wir wollen näher, wir wollen schießen! Am Ende können wir das arme Lämmchen noch retten.«

Ich beschwichtigte die Angriffslustigen. »Laßt, Kinder, wir gewinnen nichts damit und setzen uns nur der schrecklichsten Gefahr aus. Wer bürgt uns für die Folgen, wenn wir die gefährliche Bestie mit einem verfehlten Schuß am Ende wütend machen? Das tödlich umstrickte Tierchen retten wir doch nicht mehr. Auch unser armer Esel ist sicher schon in dem zähen Schlamm auf dem Grunde des Sumpfes erstickt. Es regt sich nichts mehr dort auf der Oberfläche und im Röhricht. Wir müssen warten, bis die Schlange anfängt, ihr Opfer zu verschlucken. Dann hat sie das Gebiß nicht mehr frei, und wir können ihr gefahrloser zu Leibe gehen.«

»Der heillose Wüterich wird doch nicht diesen ganzen vierfüßigen Bissen auf einmal hinunterschlingen?« sagte Jack, ohne die weitaufgerissenen Augen von dem greulichen Schauspiel dort unten zu wenden. »Das wäre ja schauderhaft!«

»Da die Schlangen keine Stockzähne zum Kauen, sondern nur Fangzähne zum Anpacken haben«, bemerkte ich, »wie sollten sie sich nähren, wenn sie nicht ihre Beute jedesmal ganz verschlängen? Im Grund ist das nicht abscheulicher als das blutige Zerreißen in einzelne Stücke, wie es von den Tigern und Wölfen geschieht; es ist nur riesenhafter und darum erschütternder, zumal bei einem so mächtigen Tiere.«

»Wie kann aber die Schlange das Fleisch von dem Tier zu solcher schauderhaften Schluckerei von den Knochen losmachen?« fragte Fränzchen immer noch halblaut und mit zitternder Stimme. »Ist es eine giftige?«

»Nein, lieber Junge!« entgegnete ich, »giftig ist sie gar nicht; aber dafür ist sie desto stärker und grimmiger. Auch schält sie keineswegs das Fleisch von den Knochen ihrer Gefangenen; sie schluckt alles mit Haut und Haar, Fleisch und Knochen samt allem Eingeweide hinunter. Ihr werdet ja sehen, ihr werdet ja sehen!«

»Ich begreife aber doch nicht«, sagte Jack, »wie die Rippen und die starken Hüftknochen durch den Schlund des Untiers gehen können!«

»Sieh nur hin, was die Schlange jetzt tut!« raunte Fritz. »Wie sie es umringelt und umschnürt, enger und enger, das arme, kleine Vieh! Sie zerknickt und zerdrückt es ja ordentlich! O scheußlich! So wird sie sich‘s maulgerecht machen zum Hinunterwürgen! Du elendes Untier!«

Die Mutter, von dem greulichen Anblick ganz erschüttert, wollte nicht länger zusehen; sie eilte daher mit Fränzchen in unsere Wohnung zurück, was mir um so lieber war, da der Anblick immer gräßlicher und selbst mir fast unerträglich wurde. Wie Fritz eben voller Entsetzen vorausgesagt hatte: Sie machte sich‘s maulgerecht, mit langsamer und fürchterlicher Umständlichkeit. Mit dem Ende ihres Schweifes hielt sie ein schrägaufstehendes, beträchtliches Felsenstück umschlungen, damit sie desto mehr Halt gegen das widerstrebende Tier gewinne; noch einen Augenblick zwar schlug das arme Ding mit den freigewordenen Hinterbeinen aus; dann aber wurden auch diese von dem schrecklichen Wurm umwunden, und nun erhob er den Kopf mit weitgeöffnetem, dampfhauchendem Rachen, schoß zu und packte die Schnauze des keuchenden Lämmchens. Noch einige Zuckungen, und das erstickte, zerdrückte Geschöpf erlag seinem Peiniger. Es sank regungslos zusammen.

Der Mörder ließ aber darum noch keinen Augenblick von ihm ab; vielmehr begann er nun erst recht das Würgen und Zerknicken aller Knochen an seiner Beute, und nichts blieb einigermaßen in erkennbarer Form als der Kopf, der jedoch ebenfalls verletzt und blutig war.

Diesem gräßlichen Auftritt folgte unmittelbar ein anderer, weit garstiger und ekelhafter; der gewaltige Beinbrecher wand sich von dem Aase wieder los, schlich bedächtig um und über dasselbe hin, labte sich gleichsam an seinem Triumph und fing dann an, es allenthalben mit einem schleimartigen Geifer zu überziehen, der reichlich aus dem mörderischen Rachen quoll; hierauf dehnte das Ungeheuer, immer mit der Schnauze schiebend und stoßend, den großen übergeiferten Bissen mit ziemlicher Gewandtheit vor sich aus, streckte die Hinterbeine des armen, zermalmten Tieres ganz hart aneinander nach hinten, die Vorderbeine neben dem Kopf hinaus und legte sich hierauf selbst der Länge nach ausgestreckt über den Boden, so daß es mit der Maulöffnung gerade bei den Hufen der Hinterbeine zu liegen kam; dann endlich ging der Rachen wieder voneinander und schlürfte gleichsam diese Hufe samt den Beinen langsam, allmählich in sich hinein, worauf dann durch einen tüchtigen Ruck auch die Schenkel folgten; mit den Hüften oder dem Kreuz jedoch setzte es einen härtern Stand ab, und die Bestie schlang oder würgte sehr mühselig, bis auch dieser Teil allmählich hinunterglitt; allein, je schwerer das Einsaugen wurde, desto reichlicher floß der Geifer von den Lefzen der Schlange und desto schlüpfriger machte dieser teils den Schlund, teils den mächtigen Brocken selbst, bis das Verschlucken sich endlich mit Erfolg bewerkstelligen ließ.

Auf diese abscheuliche Weise ward unser armes Zicklein in sein lebendiges Grab gepackt, bis nichts mehr als sein Kopf noch aus dem weit voneinander klaffenden Rachen des Ungetüms heraussah. Es sah aus, als ob entweder das Raubtier jetzt völlig ermüdet oder das Knochenwerk am Kopfe des Opfers nicht hinlänglich zermalmt sei, um vollends durch den Hals des Mörders hinabgleiten zu können. Übrigens hatte dieser ganze widerwärtige Auftritt beinahe von sieben Uhr des Morgens bis gegen Mittag hin gedauert.

Ich wartete mit ängstlicher Spannung auf den Zeitpunkt, wo wir den Lindwurm mit dem größten Vorteil angreifen konnten. Wir standen immer noch auf demselben Fleck, wie gebannt, wie festgezaubert durch den lähmenden Schauder des grauenvollen Schauspiels. Jetzt indessen hatte sich der längst erwartete Augenblick eingestellt, und in freudiger Aufwallung rief ich den Jungen zu: »Vorwärts, Gesellen! nun können wir Meister werden, es ist außer Verteidigungszustand.«

Rasch, mit vorgehaltenem Jagdrohr und gespanntem Hahn, schritt ich selber als erster aus unserm Spähwinkel hervor und näherte mich dem starr ausgestreckten, unbehilflichen Vielfraß am Rande des Sumpfes. Mir folgte in gleich jägerischer Haltung Fritz auf dem Fuße nach. Jack hingegen blieb um zehn Schritte zurück und verriet eine gewiß verzeihliche Furchtsamkeit; Ernst endlich wagte es gar nicht, unsern Standort zu verlassen.

Als ich völlig in die Nähe des Lindwurms kam, graute mir selbst vor dem Untiere nicht wenig. Ganz genau glaubte ich jetzt die große Königs- oder Abgottschlange, die sogenannte Boa, auch aus der Zeichnung der Haut zu erkennen; sie glich in diesem Augenblick mit ihrem Vorderteil einem steifen, unförmigen Klotz oder Wulst, gegen dessen Starrheit die sprühenden und rollenden Augen desto furchtbarer abstachen, wobei der Schweif beinahe krampfhaft mit leiser Wellenbewegung auf und nieder zuckte.

In einer Entfernung von achtzehn bis zwanzig Schritten brannte ich mit Fritz unsere Gewehre los. Die beiden Kugeln hatten unverkennbar den Schädel des Tieres zerschmettert; die Augen erloschen, Vorderleib und Rachen blieben unbeweglich wie zuvor, während der Hinterleib sich mächtig aufrollte, um blindlings nach beiden Seiten auszuschlagen. Wir eilten indes, mit zwei Pistolenschüssen dem Ungeheuer vollends den Rest zu geben, und sofort dehnte sich der Hinterleib krampfhaft zitternd aus, bis er nach einigen Sekunden wie der Bindbaum eines großen Heuwagens ausgestreckt dalag.

Mit Jubel ward einstimmig ein Siegesgeschrei erhoben, so daß sich nun die Entfernten wieder herbeiließen und namentlich Ernst im Augenblick auf der Walstatt war, während die Mutter mit Fränzchen langsamer von der Felswohnung heranschritt, wo sie inzwischen das aneinandergebundene Vieh wieder frei gemacht hatte.

»Was für ein gräßliches Siegesgeschrei habt ihr angestimmt«, rief sie uns entgegen, »fast wie die kanadischen Wilden, wenn sie aus einem Gefechte heimkehren.«

»Sieh aber auch den gewaltigen Feind, der hier zu unsern Füßen liegt!« antwortete ich. »Ist er nicht eines rechtschaffenen Siegesrufs wert? Wenn es uns nicht gelungen wäre, ihn zu bewältigen, so hätten wir einfach landesflüchtig werden und alle Vorteile der neuen Wohnung in Felsenheim aufgeben müssen.«

»Ich will gern bekennen«, sagte Fritz, »daß ich nicht wenig beklommen war, solange das Ungeheuer uns belagert hielt; jetzt erst kann ich wieder aufatmen und des Lebens recht froh sein; das aber verdanken wir seltsam genug der Unbesonnenheit und der plötzlichen Freiheitslust des armen ersoffenen Gräuels. Er ist für uns in den Abgrund gefahren, wie weiland Curtius, der römische Ritter, für seine Römer.«

»Was in aller Welt«, fragte Jack, »wollen wir aber mit dem garstigen Ding da anfangen?« – »Ich meine«, sagte Fritz, »wir könnten sie ausbälgen und als Merkwürdigkeit aufbewahren.«

»Oh, das wäre prächtig«, jubelte Jack, »wir wollen sie mit aufgesperrtem Rachen vor unserer Wohnung aufstellen. Das gibt dann mal eine Schildwacht, wenn die Wilden kommen!«

 

»Ja, prosit die Mahlzeit!« rief Fritz. »Und unsere armen Haustiere? Was meinst du wohl, wie die vor dem Scheusal reißaus nehmen würden! Das geht nicht. Aber ich denke, in unsern Bücher- und Naturaliensaal gehört diese große Merkwürdigkeit mit Fug und Recht; zu den Korallen namentlich und zu den Muscheln von neulich.«

Aber wir hatten wahrhaft lange genug an dem greulichen Untier zu schauen, und erst nach einiger Zeit der allgemeinen Erholung, deren wir insgesamt, nach einigen Stunden der Angst, der Spannung und des Angriffes der Schlange, höchst bedürftig gewesen waren, ward die Mutter ersucht, mit Fritz und Jack einerseits was Gescheites zu essen zur Herzstärkung und andererseits unser junges Ochsenpaar mit Joch- und Zugriemen herbeizuholen, während ich mit Ernst und Fränzchen bei dem Lindwurm die Totenwache übernähme, damit nicht Aasvögel oder Raubtiere den Leichnam zerrissen.

Harrend saßen wir demnach im Schatten eines großen Felsenblocks mit neu geladenen Flinten oder Pistolen. Nach einer Weile erschien das Hausvolk mit Eßwaren und dem Zugvieh wieder bei uns. Sofort nach dem eiligst verzehrten kalten Mittagessen machten wir uns dann an die Schlange, und zwar wurde vor allem der Kopf des armen Zickleins durch unsere vorgespannten Zugtiere aus dem Schlund seines Mörders gezogen, dem dann der Balg mit dem zerknirschten Knochengebäude auf eine grausenerregende Weise folgte. Wir senkten die garstige Bescherung sogleich in ein nächstgelegenes Sumpfloch und wälzten einige von den herumliegenden Bruchstücken der Felswand darauf hin, um ihrer nie wieder ansichtig zu werden. Dann wurden die zwei Ochsen so gut es ging an den Schweif der Boa gespannt, und wir ließen das Tier bis vor unsere Salzhöhle schleppen, indes wir wechselweise seinen Kopf in einer Art Schlinge trugen, damit er nicht durch das Schleifen beschädigt und allzusehr entstellt werde.

»Wie sollen wir‘s denn eigentlich machen, Vater, den gewaltigen Burschen auszuziehen?« fragten mich nun die Jungen.

»Da müßt ihr euch einmal selbst Rat schaffen, ihr ewigen Frager!« versetzte ich. »Aber ich denke, es wird euch gut gelingen, wenn ihr in unserer Metzgerei, die dazu eingerichtet ist, die Schlange bei dem Kopf in die Höhe windet; dann muß einer von euch sich schrittlings über sie stellen, das Messer kräftig in ihren Hals stecken, so daß die Schneide niederwärts gekehrt ist, und dann hinabdrücken, während das Tier emporgewunden wird. Macht euch nur sofort dran. Es wird noch Arbeit genug kosten. Fritz, als der Stärkste, führt das Messer. Den Kopf müßt ihr natürlich nachher skelettieren, so gut es geht. Die abgezogene Haut muß tüchtig eingesalzen und mit Asche bestreut werden. Dann näht ihr sie wieder zu und stopft sie mit Bartmoos oder Baumwolle aus.«

Sie begannen sogleich die Arbeit, wenn auch etwas ängstlich. Fritz leitete sie sehr zweckmäßig ohne meine tätliche Beihilfe. Es war ihnen aber doch sehr angenehm, daß ich stets in der Nähe blieb und mit Weisungen und Ratschlägen nicht kargte.

An einem der folgenden Tage konnte dann mit der großen Ausstopferei begonnen werden. Die zur Hälfte zugenähte Schlange war mit dem Kopf an einen mehrere Fuß hohen Pfahl gebunden, damit sie nicht wegrutschen konnte. Jack stellte sich, ein Bein hüben, eins drüben, über den offenen Schlauch, seinen Rücken dem Schwanzende zugekehrt, und nahm das von den Brüdern dargereichte Bartmoos entgegen, das er ballenweise hineinschob, hineinstopfte, hineinpuffte, immer mit dem neuen Büschel das frühere nach unten drückend. Das Kerlchen sah sehr komisch aus, wie es da mit ausgebreiteten Beinen vornübergebückt stand und im Schweiße seines Angesichts immer so unter sich weg arbeitete. Von Zeit zu Zeit richtete er sich auf, reckte sich und strich mit der äußeren Handfläche das Haar aus der feuchten Stirn. »Gelt, Vater«, rief er strahlend, »das machen wir meisterlich!«

Es ging indessen abermals ein Tag vorüber, ehe die Schlange vollständig ausgestopft und bis an die Kehle wieder zugenäht war. Aber nun erst hatten wir die größte Not mit einer recht charakteristischen Aufstellung des Tieres, was doch den Hauptspaß bei dem Ding ausmachen sollte. Gern also legte ich hier wieder Hand an, damit ein tüchtiges Bild herauskomme, das so langen Beschwerden und Vorrichtungen auch gehörig Ehre brächte.

Ein starkes Bodenkreuz samt einem fest eingezapften starken Pfahl gab mir die Grundlage der Stellung. Auf dieses kam der Schwanz des Tieres in einer ziemlich weiten Krümmung zu liegen, die sich dann um den Pfahl herum bis etwas zu acht Fuß in die Höhe verjüngte. Hier aber lehnte sich die Brust des Wurmes auf die abgestumpfte Spitze des Pfahles so, daß Hals und Kopf beinahe waagrecht und nur um so viel gesenkt herausstanden, daß das Untier auf einen Menschen von gewöhnlicher Größe herabzudrohen schien. Versteht sich, daß der Rachen möglichst aufgerissen und die Zunge hervorgestreckt war, welche beide wir mit dem Safte der indianischen Feigen blutrot angestrichen hatten. In Ermangelung des nötigen Glases wurden ein paar Augen von Gipskugeln eingesetzt, deren Stern ebenfalls mit roter Farbe gemalt und mit einem Firnis von durchsichtigem Fischleim bestrichen, wodurch ein lebhafter Glanz des furchtbaren Blickes bewirkt ward. Das Gebilde wurde wirklich so natürlich und täuschend, daß unsere Hunde es niemals anders als knurrend anblicken konnten und seine Nachbarschaft stets vermieden. Das Zugvieh ward beinahe wütend beim Anblick der scheußlichen Gestalt, die wir zum Behuf des Trocknens an der Sonne vor unserer Höhle aufgepflanzt hatten. Wir bestimmten daher das fürchterliche Geschöpf für unser neues Museum, wo es gerade der Türe gegenüber aufgestellt wurde. Über dem Eingang befestigten die übermütigen Jungen eine große Gipstafel, auf der in riesigen roten Buchstaben die doppelsinnigen Worte standen: »Kein Esel komme hier hinein!«

Die größte Gefahr von seiten der Boa war nun zwar glücklich vorübergegangen; aber es blieb uns doch noch die nicht unbegründete Besorgnis, es möchte das erlegte Ungeheuer irgendwo in der Nähe noch andere seinesgleichen zurückgelassen haben, entweder – da es ein Weibchen war – ein vielleicht bei Nachtzeit hergekommenes Männchen oder dann junge Brut, die uns in naher Zukunft verderblich sein könnte. Ich beschloß daher zwei Streifzüge, den einen nach dem Gänsesumpf in unserer Nähe und den andern über den Weg nach Falkenhorst, woher das Untier zu uns gekommen war. Der letzte Ausflug sollte sich bis nach jener Felsenklus erstrecken, durch die allein aus dem Innern des Landes eine solche Bestie zu uns hergelangen konnte.

Natürlich wollte ich den Anfang mit dem nahe gelegenen Gänsesumpf machen, allein Jack und Ernst bezeugten keine große Lust, mich dahin zu begleiten; »denn«, sagte Jack, »es überläuft mich allemal ein Schauer, wenn ich an das Scheusal denke, wie es mich beinahe noch auf den Boden hingeworfen hätte, als es mit dem Schwanze um sich schlug.«

Da mir jedoch ein solches Beispiel auch für die übrigen gefährlich schien, so munterte ich sie auf, bei einer bloß möglichen Gefahr nicht zaghafter zu sein als bei der wirklichen, da wir selbst auf die Schlange losgingen. »Festigkeit und Beharrlichkeit«, sagte ich, »müssen in der Regel vollenden, was augenblicklicher Mut oder vielleicht gar die Verzweiflung eingegeben hat; halb getan ist oft ebenso schlimm als nicht getan. Hätte die Boa von ihrer Brut in dem Sumpfe zurückgelassen, so könnte diese uns einst viel unerwarteter überfallen, als es die Alte getan hat, die am hellen Tag und auf der offensten Bahn gekommen ist.«

Wir bewaffneten uns denn mit unserm besten Jagdgerät und versahen uns überdies mit einigen Stangen von Bambusrohr, mehreren Brettern und aufgeblasenen Schläuchen von Tierfellen, die uns im Notfall über dem Wasser flott erhalten sollten, wenn wir in Gefahr kämen einzusinken.

An Ort und Stelle angelangt, legten wir die Bambusstangen und die Bretter bald übereinander, bald hintereinander auf den morastigen Grund, holten immer aufs neue die hintersten herum, setzten sie vorn wieder an und durchschritten so, wenn auch langsam, doch mit ziemlicher Sicherheit den Morast, bis wir endlich jenseits auf festeren Boden gelangten.

Hin und wieder in dem Pfuhle hatten wir unverkennbar die Spur des Ungeheuers entdeckt; aber zum großen Vergnügen sahen wir doch nirgends ein Anzeichen, daß Junge oder Eier des Tieres zurückgeblieben seien. Selbst am jenseitigen Ende des Sumpfes, wo die Schlange am längsten verweilt haben mochte, fanden wir nichts als etwas zusammengepreßten Rasen und mehrere geknickte Sumpfpflanzen, die eine Art von Nest vorstellten; etwas weiterhin hingegen entdeckten wir eine nicht unbeträchtliche Grotte, die sich wohl zwanzig Schritte in der Felswand ausdehnte und aus der ein spiegelklares Bächlein hervorrieselte.

Die ganze Decke dieser Höhle war mit Stalaktiten oder Tropfsteinen von der mannigfaltigsten Form behangen, die sich zum Teil auch den Wänden nach herunterzogen, zum Teil aber als stattliche Säulen das Gewölb zu tragen schienen, während andere wieder durch ihre sonderbare Bildung der Einbildungskraft ebenso vielen Stoff zu allerlei Vergleichungen gaben.

Wir forschten inzwischen nach der Quelle des Bächleins, das aus einer ziemlich beträchtlichen Spalte des Felsens einige Fuß hoch von der Erde herausrann, räumten bei dieser Mündung ein wenig auf und fanden das Gestein so locker, daß wir immer weiter vordrangen, bis endlich Fritz in die Öffnung einkroch und mir zurief, der Gang scheine sich allmählich zu erweitern und wohl gar mit einer innern großen Höhlung zu endigen. Da mir alles daran gelegen war, vor jeder anfälligen Brut unseres Feindes vollkommen sicher zu sein, so drang ich eilfertig nach, bis sich so viel Raum zeigte, daß ich aufrecht neben Fritz zu stehen vermochte, während Jack und Ernst in der äußern Grotte zurückgeblieben waren.

Unser erstes war, eine Pistole vor uns hin in die Dunkelheit loszubrennen, deren tiefer, langer Widerhall uns die mächtige Ausdehnung des Gewölbes bewies. Unverzüglich steckten wir nun zwei Lichter an; denn Feuerzeug und ein Stück Wachslicht waren in unsern Jagdtaschen stets vorrätige Dinge. Übrigens wollte ich mehr die Gesundheit der Luft probieren, als den weiten Raum hinlänglich erleuchten; da aber die Lichter ungehindert brannten, so ließ sich‘s ohne Gefahr in den Höhlenraum hineinschreiten, der mit der äußern Luft hinlängliche Verbindung gehabt hatte, um sich nicht mit einer verdorbenen Gasart anfüllen zu können.

Immerhin schritten wir mit großer Behutsamkeit vorwärts und sahen uns überall um, so weit die Strahlen unserer winzigen Lichtlein einen Teil der großen Finsternis aufklären konnten. Da rief mit einmal Fritz frohlockend: »Ach, Vater, eine neue Salzhöhle! Sieh, wie alles flimmert, was das für gewaltige Salzblöcke sind, die gleich prächtigen Kristallen aus dem Boden und von den Wänden hervorstrahlen!«

»Das können nicht Salzkristalle sein«, versetzte ich, »weil das Wasser über sie weg und an ihnen hin fließt, ohne getrübt zu werden oder einen Geschmack anzunehmen; vielmehr glaube ich, wir seien hier in eine ganz eigentliche Höhle von Bergkristallen eingedrungen.«

»Das wäre ja vortrefflich!« rief Fritz freudig aus; »so hätten wir einen großen und kostbaren Schatz entdeckt.«

»Allerdings! Wenn er uns nur zu etwas dienen könnte«, sagte ich, »in unserer Lage aber wird er uns just so ersprießlich sein als weiland dem guten Robinson Crusoe sein gefundener Goldklumpen.«

»Jedenfalls schlage ich hier ein kleines Stück los, damit wir den Fund genauer untersuchen können. Sieh, da ist ein beträchtliches Müsterchen, und es ist kein Salz, sondern eigentlicher Kristall, aber trüb und fast undurchsichtig.«

»Ja, du hättest eben nur nicht so rasch zu Werke gehen sollen; dann würdest du wohl dein Stück da so hell bekommen haben als die übrigen, die noch angewachsen stehen! Alle diese prächtigen Kristallmassen stehen als ebenso viele sechseckige Säulen, die zu sechseckigen Pyramiden auslaufen, in verschiedenen Richtungen auf einem festen, kristallartigen Gestein, das gleichsam mit dem feinen Lehm des Bodens verwachsen und daher undurchsichtig ist; dieses wird die Kristallmutter geheißen, und man kann wirklich mit bloßem Auge ein feines Gewebe einer Art Nadeln entdecken, die gewissermaßen nur Keime der Kristalle sind. Ein Stück solchen Muttergesteins mit mehreren Pyramiden zusammen wird eine Kristalldruse genannt und trägt mehr oder weniger kleinere oder größere Stücke, die mit ihrem breitern Unterteil ganz daran festgewachsen sind. Will man nun einen Kristall mit Gewalt von seiner Mutter losschlagen, so wird er plötzlich trübe und undurchsichtig, was von einer Menge kleiner Spältchen herrühren mag, die sich wahrscheinlich infolge der Erschütterung durch den versetzten Streich in dem Innersten der Masse verbreiten.«

 

»Aber wie muß man es denn anfangen«, fragte Fritz, »um einen ganz hellen, durchsichtigen Kristall von der Mutter losbrechen zu können?«

»Man muß ihn behutsam damit zugleich ausgraben und allenfalls nur diese, ja nicht die Säule selbst, mit Hammerschlägen berühren.«

Während dieser ganzen Unterredung hatten wir fortgefahren, die Kristallhöhle in verschiedenen Richtungen zu durchstreifen, und Fritz ließ nicht ab, bis er eine Kristalldruse von ungefähr zehn Pfund mit den zierlichsten Pyramiden für unser Museum abgesprengt hatte; unsere Lichter waren aber bis zu einem ganz kleinen Reste heruntergebrannt, so daß ich schnell wieder ans Tageslicht zu eilen beschloß, nachdem Fritz noch einen zweiten Schuß nach einer finstern Schlucht hin getan hatte, dessen langer Widerhall uns auf eine beträchtliche Entfernung der Hinterwand schließen ließ.

Als wir durch die Spalte bei dem Bächlein wieder ins Freie gelangten, erblickten wir Jack weinend und schluchzend. Kaum sah er uns aber, so kam er mit einem Jubelschrei auf uns losgestürzt. Der gute Junge war vor Freude ganz außer sich; er hatte geglaubt, wir würden aus dem finstern Bergschlund nicht mehr zurückkehren.

Während Fritz nun seinem bald getrösteten Bruder die Kristalle zeigte und ihm von der Höhle erzählte, schritt ich langsam vor und fand in kurzem den bedächtigen Ernst am Rande des Sumpfes. Er hatte sich einzelne dünne und schlanke Rohre in einen Kreis gesteckt und sie mit gespaltenen Rohrstreifen so durchflochten, daß sie oberhalb ganz trichterförmig zusammenliefen und mit einer etwa dreizölligen Öffnung endigten, über die die zugespitzten Stäbchen noch ein wenig hinausreichten. Dieser Korbtrichter sollte, nach der Erklärung des Jungen, in ein anderes bauchiges und langes, aber am Ende ganz verschlossenes Geflecht hineinbefestigt werden, so daß die engere Öffnung des Trichters ungefähr in die Mitte des blinden Korbes zu stehen käme, damit ein hineingeschlüpfter Fisch, zumal auch wegen der einwärts stehenden Rohrspitzen am Durchgang, nicht so leicht wieder den Ausweg finden könnte.

Ich erkannte sogleich die Bestimmung des Machwerkes und lobte den Knaben über seine Arbeit.

»Nebenbei habe ich aber auch eine junge Riesenschlange geschossen!« rief mir der Junge freudig zu, »hier liegt sie neben meinem Gewehr, mit Schilf bedeckt; sie mag wohl vier Fuß lang sein und ist fast wie mein Handgelenk so dick.«

»Oder doch vielmehr einen recht tüchtigen Aal!« lachte ich, als ich das Schilf hinweggeträumt hatte, »hübsch, groß und fett; der soll uns diesen Abend einen ganz vortrefflichen Braten geben.«

Als die beiden andern Knaben, die inzwischen herbeigesprungen waren, in mein Gelächter einstimmten, Ernst aufzogen, daß er einen Aal für eine Riesenschlange gehalten habe, sagte dieser ganz ruhig: »Ei was! Ich habe nun einmal geglaubt, es werde eine sein, da wir doch hier dergleichen vermutet und aufgesucht haben.«

Wir nahmen Ernsts Arbeit und Beute sowie Fritzens Kristalle mit und schlugen unsern Rückweg über den Sumpf diesmal etwas näher an der Felswand ein, wo wir ungleich mehr trockene Stellen fanden als bei der früher genommenen Richtung.

Von Seiten des Entensumpfes glaubten wir nun vor weiterer Gefahr von Schlangen gesichert zu sein; hingegen beschloß ich nun meinen zweiten Streifzug bis zur Felsenklus, die ich zugleich etwas mehr zu befestigen gedachte. Diese Arbeit mochte jedoch unsere vereinten Kräfte einige Wochen in Anspruch nehmen; es wurde daher Mundvorrat und Schießbedarf für diesen Zeitraum eingepackt, das Reisezelt und der Wagen in Bereitschaft gesetzt, auch Wachsfackeln zu nächtlicher Abhaltung der reißenden Tiere und Kerzen zur Erleuchtung des Zeltes, endlich Gefäße und Werkzeuge kurz, jeder Bedarf wurde zusammengesucht und auf das Fuhrwerk geladen. Noch nie hatten wir uns zu einem Unternehmen so umständlich angeschickt als zu diesem.

Wohlgerüstet zogen wir an dem bestimmten Morgen insgesamt von Felsenheim aus. Die Mutter hatte sich einen Platz auf dem Frachtwagen bereitet; Sturm und Brummer zogen ihn im Joch, indem sie zugleich ihre zwei Reiter, Jack und Fränzchen, auf dem Rücken trugen, die Kuh führte im Vorgespann das Fuhrwerk an; und Fritz auf seinem Leichtfuß trabte als fliegender Vorposten etwa hundert Schritte voraus, während ich selbst gewöhnlich neben der Kuh und Ernst neben dem Wagen einherschritt, doch so, daß auch wir uns das Recht zu reiten oder zu fahren vorbehielten, wenn wir uns ermüdet fühlten. Unsere Flanken endlich wurden von allen unsern vier Hunden samt dem Jager sattsam gedeckt.

Die Reise ging zunächst auf Waldegg und Zuckerfeld, auf welchem Wege sich Spuren genug von der Riesenschlange zeigten, die den Furchen einer streifenden Haubitzgranate in dem lockern Sandboden glichen.

In Falkenhorst wurde, wie gewöhnlich, wenn wir auszogen, alles Geflügel nebst Schafen und Ziegen in Freiheit gesetzt und Futter hingeschüttet, damit die guten Geschöpfe sich fortwährend an die Umgegend hielten; dann zogen wir weiter nach Waldegg, wo wir die Nacht zuzubringen gedachten, um uns womöglich noch einige Baumwollkissen zu stopfen und den dortigen See samt dem angrenzenden Reissumpf etwas näher auszukundschaften.

Je weiter wir uns aber von Falkenhorst entfernten, desto mehr verloren wir jede Spur der Riesenschlange, wie auch die der Affen verschwunden war; nur der Hahnenruf und das Geblök von Waldegg belebte die allgemeine Stille, und bei unserer kleinen Meierei sah es so niedlich und sauber aus, als ob wir erst vor kurzem dagewesen wären und alles in Ordnung gebracht hätten. Auf den ersten Ruf unseres Lockens kamen auch hier Ziegen und Schafe, dort Hühner und Hähne in lustigen Sprüngen und mutwilligen Flügen mit Freudengeschrei heran und wurden in der Eile wenigstens mit ein paar Händen voll Getreidekörner und Salz erfreut.

Sofort richteten wir uns ein, den Tag an diesem freundlichen Orte zu verbringen; und während die Mutter die Küche besorgte, streiften wir in der Nähe herum, die Reste von der Baumwolle einzusammeln, da wir einige neue Kopfkissen auf den bevorstehenden weitern Zug mitnehmen wollten.

Nach dem Mittagessen ward zur nähern Erkundigung der Gegend Anstalt getroffen; und zwar nahm ich diesmal Fränzchen zu meinem Gefährten und vertraute ihm zum erstenmal ein kleines Flintchen an, indem ich ihm die nötigen Weisungen der Behutsamkeit beim Laden und Tragen erteilte. Wir nahmen uns vor, die linke Seite des Schwanensees zu durchstreifen, während Fritz und Jack an der rechten wanderten und Ernst bei der Mutter am obern Ende des Sees blieb, um in dem Reissumpf allfällig reife Ähren einzusammeln. Jede Partei hatte übrigens eine Bedeckung von unserm leichten Truppenkorps bei sich; die Mutter und Ernst behielten Bill und Meister Knips, den Affen; unter Fritzens Kommando marschierten Türk und Jager; mich endlich begleiteten Falb und Braun. Ich schlenderte also mit Fränzchen langsam am linken Seeufer hin, wo wir uns oft wegen des sumpfigen und mit Rohr verwachsenen Bodens in einiger Ferne von dem offenen Wasser halten mußten; unsere vierbeinigen Gefährten durchstöberten hingegen vorzugsweise das Röhricht und jagten einige Reiher oder auch Schnepfen auf, die aber gewöhnlich ihren Flug über das Wasser hin nahmen, so daß sie mir nicht schußgerecht erschienen. Noch lüsterner indes machten uns die vielen Enten und Schwäne, die wir in der Ferne auf der Oberfläche des Wassers spielen sahen, und Fränzchen war ganz ungeduldig, an diesen seinen Probeschuß zu wagen, sei es an Ente, Schwan oder gar an einer Rohrdommel, deren häßliche, dem Eselgeschrei ähnliche Stimme wir tief aus dem Sumpf heraus hörten.

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