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Читать книгу: «Ini: Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert», страница 11

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Dort angekommen, ward Guido eingeladen, vor einem engeren Ausschuß der oberen Leitung der Seemacht, Versuche mit der anzufertigenden entworfenen Maschine zu halten. Sie betrogen die hohe Erwartung nicht; die Admiralität ertheilte ihm ein Ehrenzeichen und machte ihm bekannt: daß dem Strategion und dem Kaiser eine Nachricht von seinem bedeutenden Verdienst um den Seekrieg würde zugesandt werden. Bescheiden zog sich der Jüngling zurück, und drang in den erfreuten Lehrer, abzureisen. Das Ehrenzeichen trug er nicht, sondern übermachte es Ini, mit der Bitte, es mit jenem aufzubewahren. – Diese hatte sich aber damals schon von Sizilien entfernt.

Man schlug nun den Weg nach Spanien ein. Hier fand Guido viele Monumente mit traurigen Bezeichnungen, und überschrieben: „Denkmal beweinter Irthümer.“ Gelino gab ihm hierüber folgende Auskunft: Spanien hatte vor mehr als einem halben Jahrtausend einen hohen Gipfel des Wohlstandes eingenommen. Freundlich durch die Natur begünstigt, sah man zahlreiche, kunstfleißige, kluge Bewohner, seiner üppigen, reitzenden Gefilde pflegen, in den weiten blühenden Städten wohnten Thätigkeit und Ueberfluß. Doch ein Sistem frevelhafter Kirchlichkeit, weiter von Religion entfernt als irgend in einem Lande und zu irgend einem Zeitraum der Verfinsterung, trat mit widrigen Maaßregeln seiner Regenten in Bund, und entvölkerte nach und nach den gesegneten Erdstrich bis auf ein Drittheil der alten Menschensumme. Der Zufall ließ Spanien die ersten Vortheile von Amerikas Entdeckung ziehn, weite reiche Landschaften eignete es sich dort zu, Gold- und Silberminen, wie sie zuvor keinem Staate gehörten, wurden sein Eigenthum. Doch dieser Umstand brachte, statt wiedererwachten Flor, nur tiefere Verarmung zuwege; denn Spanien ergab sich dem Müßiggang, das Gold wich in die Fremde, man sank in Schulden. Zuletzt schwelgten nur noch wenige Großen und die Priester, die Geisteskraft lag in den Banden des wahnsinnigsten Aberglaubens, die Regierung, trotz der meerumflossenen und durch die Mauer der Pirenäenkette gesicherten Lage von Spanien, konnte sich nicht mehr vertheidigen. Die späterhin geistesentwölkten Nachkommen, blickten nun mit Wehmuth in eine Vergangenheit zurück, die so viel Säumniß, das Gute zu erkennen, zu beklagen darbot. Sie meinten, wenn man der Kraft und Weisheit billig Denkmale stelle, gebühre solches auch wohl zerrüttenden Irthümern, damit die schaudernden Enkel laut gemahnt würden, auf edlem Pfad zu wandeln.

Guido seufzte bei dieser Erzählung, freute sich aber desto inniger über das nun paradiesisch angebaute Land, die prangenden Reisgefilde, die duftenden Orangenhaine, die Weingärten, alle übrigen, welche er je gesehn, an Schönheit hinter sich lassend.

Madrit, sagte Gelino, wird dich entzücken. Ehedem soll es eine winklige, ohne Geschmack aufgeführte, und über alle Beschreibung unreinliche Stadt gewesen sein, späterhin ist sie jedoch von Grund auf neu erbaut worden, und das, dem an sich lieblichen, und noch viel veredelten Klima angemessen.

Guido fand die Bestätigung dieser Worte.

Hatten Polen und Teutonien, durch Kultur ihrem Boden Früchte erzogen, die man sonst nur in Spaniens Breite sah, so hatte dies Land, durch glückliches Streben und bei reicherem Segen der Naturkräfte, manche Erzeugnisse von Afrika zu sich verpflanzt. Die Gärten um Madrit sahen die edelsten Feigengattungen reifen, der Pisang blühte lustig, die Dattelpalme, der Kokosbaum breiteten ihre dichten Laubgewölbe in langen Blättern aus, die Brodfrucht gedieh auf kräftigen Stämmen und erhöhte den Reichthum an Lebensnahrung. Gewürzstauden mancher Art, sonst ein Eigenthum indischer Eilande, wurden auch mit Erfolg gezogen und durchhauchten die Lüfte mit den angenehmsten Aromen. Madrit hatte sehr breite Straßen, in welche, zur erfrischenden Kühlung, Kanäle geleitet waren. Man wachte über ihre Sauberkeit mit fleißiger Sorge, spiegelhell wogten sie langsam zwischen den marmornen Bekleidungen hin. Zu beiden Seiten prangten Baumgänge, und die Straßen hatten ihre Benennung davon, je nachdem es Pfirsich, Granatäpfel, die stattliche Benta von Senegal, der nützliche Kapok, die schattige Pflaumenpalme u. s. w. waren, welche dort in gleichförmigen Reihen standen. In Herbst- und Winternächten hüllte sie am Stamm eine Decke ein, und oben waren Frostableiter angebracht. Vor den Häusern sah man auch in graden Abtheilungen Blumenbeete, und von den platten, mit Geländern versehenen, Dächern, winkten allerhand liebliche Stauden in Vasen, wie sie auch, von guten Steinwölbungen unterstützt, eine Erdlage für Lustpflanzen trugen. Die Einwohner brachten schöne Morgen und Abende oben zu, verrichteten hier mancherlei Geschäfte. Oft klang die kastilianische Guitarre, noch, wiewohl sehr veredelt, im Gebrauch, in süßen Melodien herab, begleitet vom Sopran liebeathmender Mädchen, oder der alte Fandango drehte sich auf den Blumenmatten der Höhe.

Von den vielen Plätzen waren diejenigen, welche nicht zu Handelsmärkten dienten, entweder mit Lustwäldchen von Cedern oder üppigen südlichen Fruchtbäumen bepflanzt, oder in anmuthige Wiesenplane umgeschaffen, oder mit weiten klaren Wasserbecken geziert, auf denen bequeme Gondeln zu Freudenfahrten einluden.

So glich Madrit einem großen Garten, und die Wohnungen der Menschen darin, Pavillonen, Nischen u. s. w. Kaum ließ sich ein reitzenderer Aufenthalt erträumen. Es gab auch Tempel aus Baumgewölben von seltner Höhe, unten mit Meisterwerken der Bildhauerei geschmückt, und die Andacht darin hatte einen feierlichen Zauber. Der große Hang, die Lieblichkeit der schönen Natur zu genießen, hatte auch mancher Bühne, aus Hecken erbaut, das Dasein gegeben. Bei guter Witterung sah man hier Schauspiele unter dem freien Himmelsbogen, oft noch ein Werk des Lope de Vega voll seltsamer Liebesabentheuer, die die romantisch empfindenden Einwohner nicht vergessen hatten.

Dem Mansanares war ein Bett von mehr Tiefe und Umfang als Ehedem gehöhlt worden, er stand mit dem Minho, Guadiana, Guadalquivir u. s. w. in Verbindung, welche, jetzt auch geeignet Seeschiffe zu tragen, der Hauptstadt den Vortheil eines ausgebreiteten Handels verschafften.

Nur Buenretiro und Aranjuez entzückten Guido noch mehr, als das liebliche Madrit, und er hätte es beweinen mögen, nicht mit Ini in diesen Elisäen wandeln zu können. Denn Geschmack und Reichthum hatten wetteifernd sich verbunden, die Gärten dort, mit Allem, was Phantasie und Herz glühend füllen kann, verschwenderisch auszustatten. Obgleich der Winter nahte, ließ ihn die noch überall grünende Wonne nicht ahnen.

Der Lehrer sagte aber: Fort von hier, mein Guido! Wenn diese Lust dich, dem die üppigen Vergnügungen von London und Paris langweilten, im Streben nach Unterricht, mehr ankettet, weil die Natur höheren Theil daran hat, freut es mich, doch deinem Zweck darf sie dich auch nicht entführen. In tieferer Wissenschaft kannst du hier nichts Beträchtliches erlernen, dies Volk hat noch manchen Schritt zu thun, die alte Säumniß einzuholen, um neben den Teutonen, Britten und Franken zu stehn. Wir wollen nach Lissabon, doch auch da nur kurze Frist weilen.

Guido folgte sogleich, er hatte Selbstbeherrschung genug, um zu wollen, was er sollte.

Die Luftpost trug die Reisenden bald nach der westlichsten Hauptstadt in Europa. Dort befand sich unter andern eine berühmte Vorkehrung gegen Erdbeben. Weshalb Lissabon so große Summen zu diesem Zweck aufgewendet hatte, sieht man leicht ein. Die Anstalt würde einem Bürger des achtzehnten oder neunzehnten Jahrhunderts so großes Staunen aufgedrungen haben, wenn ihm ein prophetischer Geist davon hätte Meldung thun können, wie Jedermann im zehnten gefühlt hätte, wenn damals die Rede von Feuerröhren und Blitzableitern gewesen wäre.

Doch eine andere Szene fesselte Guidos Aufmerksamkeit, wo möglich, noch mehr. Da er nämlich am Ausfluß des Tago umherging, kam etwas über die See, keinem Schiffe gleichend. Das Herannahen des Phänomens setzte ihn in nur heißere Verwunderung. Er begriff nicht, wie ein Gegenstand von diesem Umfange auf den Wogen schwimmen könne. Endlich sah er klar, daß es eine Insel sei, und halb Lissabon strömte hinaus, sie anzustaunen.

Sie kam noch näher. Fernröhre hatten die Versammlung Neugieriger schon überzeugt, daß sich viele Menschen darauf befänden, welche theils auf dem Rasen und in den kleinen Gebüschen sich ergingen, theils in einem Wohnhause, das man auf dem Eilande erblickte, allerhand Zeitvertreib hielten. Wer konnte aber das alles erklären? War ein Stück Land irgendwo durch ein gewaltsam Naturereigniß losgerissen worden, und schwamm es nun zufällig gerade auf Lissabon her? Niemand wußte, was er denken sollte.

Freundlich grüßten aber von der Insel Kanonenschüsse, und die dankende Antwort wurde vom Kasteel des Hafens nicht vergessen.

Endlich hielt die Insel. Sie hatte eine so geringe Tiefe, daß sie unfern der Küste ihren Lauf enden konnte.

Nun offenbarte sich aber, daß Wallfische von ungeheurer Größe, deren Köpfe und Rücken auch vorher, obwohl nicht deutlich, über der Fluth bemerkt worden waren, das Eiland gezogen hatten. Die Männer, mit ihrer Lenkung bis dahin beschäftigt, spannten sie jetzt von den unerhört dicken Geschirren, warfen Anker von seltener Schwere, und banden die Thiere an ihren Tau.

Wallfische gezähmt, zum Dienst des Menschen angelehrt? rief Alles; in wem erwachte zuerst der kecke Einfall? welche Mittel ersann er, ihm Wirklichkeit zu geben?

Mit einem kleinen Nachen kamen nun einige Männer ans Land, fast erdrückt von Portugiesen. Sie zeigten auf einen hochbejahrten Greis in ihrer Mitte, nannten ihn den Besitzer des unerhörten Seefuhrwerks. Alles ging diesen nun um Auskunft an, er mußte einen Balkon besteigen, zu der immer mehr angewachsenen Menge zu reden.

Ich bin aus Nordamerika, Philadelphia mein Geburtsort, hub er an. Schon mein Vater kam in früher Jugend auf die Vermuthung, es werde möglich sein, sich Fischen mit seinem Willen verständlich zu machen, und ihre geringe Denkkraft, mit der vielumfangenden menschlichen, in Beziehung zu setzen. Denn, dachte er, geht dies bei Thieren vom Lande an, wo ist der Grund, es werde hier nothwendig mißlingen? Ohne Zweifel gab es einst Menschen, die den verlacht haben würden, der behauptet hätte, man könne Roß oder Stier zum dienenden Knecht machen. Genug, mein Vater begann sein Werk mit unsäglicher Mühe. Kleine Flußfische in Becken waren es, womit er den Anfang machte. Die Nachbarn fragten, wozu denn das je nützen solle? Dies mochte mein Vater auch noch nicht recht einsehen, doch machte ihn nichts irre, und nach Jahren konnte er doch einen Hecht, einen Aal zeigen, welche auf seinen Wink allerlei kleine Künste vollzogen. Der Neuheit wegen lief man herzu, sah es an, zuckte hernach aber die Achsel ob der eiteln Mühe. Doch mein Vater fuhr fort. Ein Zitterfisch, ein Kabliau und ein Hai, sehr jung eingefangen, kamen an die Reihe. Er fand bei diesen Thieren größere Gelehrigkeit, mit gebändigterem Muth bei dem folgenden Geschlecht verbunden, das er zog. Mit dem dritten ging es noch weiter. In einem großen Teich, den Meerwasser füllte, hatte der Vater eine Menge Kabliaue und Haie, ruderte sich auf demselben umher, sie abrichtend. Sie kamen auf seinen Ruf, empfingen Speise, entfernten sich wenn er es haben wollte, ließen sich ergreifen, sprangen sogar in den Nachen, und schmeichelten ihrem Herrn, indem sie aber zu bitten schienen, sie wieder in ihr Element zu entlassen.

Mein Vater genoß keinen Vortheil davon, als daß er von denen, welche die seltsamen Künste seiner Thiere zu sehn begehrten, sich ein Zutrittgeld erlegen ließ, wodurch er aber dennoch eine artige Summe gewann.

Eines Tages blieb ein großer Hai ganz zufällig an dem Stricke hangen, womit mein Vater den Nachen am Lande zu befestigen pflegte. Und so zog er diesen, indem er fortschwamm, hinter sich. Das kann ein neues Kunststück geben, dachte mein Vater, und fertigte Sielenzeug für zwei Haie an. Erst thaten die Thiere unbändig, eine Last hinter sich empfindend, und einen Zügel im Mund, sie wollten ihre Bande zerreißen, schossen gegen den Grund, was den Nachen in Gefahr brachte. Doch fortgesetzte Liebkosung, Fütterung, wie sie sie gern empfingen, und nach Jahr und Tag, gab mein Vater seinen Haien ein Zeichen mit einer im Wasser bewegten Glocke, sie kamen, ließen sich Zaum und Geschirr anlegen, und lenken, wohin man wollte. Gegen das Ende seines Lebens fuhr der Alte aus seinem Teich nach dem hohen Meere, holte von einem Küstenorte zum andern allerhand Waaren.

Ich, noch ein Knabe, sann dem Dinge weiter nach. Wie, wenn man Seeschiffe so fortbringen könnte? Man dürfte des entgegenwehenden Windes oft spotten, hätte nicht nöthig zu kreutzen, würde mehr Herr der Zeit, bedürfte der kostspieligen Ruder nicht, und käme vielleicht schneller als mit ihnen davon. Aber da bedürfte es größerer Thiere. Wenn indessen der Hai zum Gehorsam zu bringen ist, warum sollte es nicht auch der Wallfisch sein?

Der Vater starb bald, ich nahm mein Erbe, und begab mich nach Kanada, mir dort einen kleinen Meerbusen als Eigenthum zu verschaffen. Seine Enge vorn ließ ich mit einem Damm versehn, der durch eine Schleuse gesperrt werden konnte. Eine Wohnung erbaute ich mir am einsamen Strand, machte Niemand zum Zeugen meines Vorhabens, als einige Knechte, weil ich vor der Zeit nicht davon geredet wissen, und von keinen Neugierigen überlaufen sein wollte.

Nun ruhte ich nicht, bis es mir gelungen war, vieler jungen Wallfische habhaft zu werden, wobei mir Taucherhütten und dazu eingerichtete Fangwerke dienten.

Dies gelang, aber mein weiteres Beginnen war mühevoll. Doch jung, kräftig, ausdauernd und mein Ziel mit festem Willen ins Auge gefaßt, ließ ich mich nicht ermüden. Daß ich kurz bin, sage ich euch, wie ich mein Vorhaben funfzig ganzer Jahre lang treu verfolgte. Dann sahe ich mich aber auch belohnt. Es war mir ein Schertz, eine Brigg oder einen Dreimaster von wohleingefahrenen Wallfischen dahin schleppen lassen, ich sah jedoch auch ein, wie die Kraft dieser Ungeheuer noch mehr leisten könne. Da fertigte ich einen großen Floß, aus aneinander gefügtem Treibholz, bewarf ihn mit durchsiebter fruchtbaren Erde und pflanzte allerhand Gras und Kräuter darauf. Einige erhöhte Hügel konnten Katalpen und Akazien, andere Fruchtbäume tragen. Ein gemächlich Wohnhaus und Speicher zu Waaren folgten. So entstand das künstliche Eiland welches ihr seht. Manches Jahr übte ich erst die Fahrt in meiner Bai, dann ließ ich den Damm mit Pulver wegsprengen, die Insel zum Ozean bringen zu können, und langte damit wohlbehalten auf der Rheede von Philadelphia an. Die Einwohner staunten wie ihr. Man überzeugte sich aber bald von der Festigkeit und Sicherheit meiner Fahrt und gab mir reiche Ladung nach Europa, die ich verlangte. Auch einige Passagiere fanden sich, andere wagten es noch nicht, die Reise zu theilen. Die meisten unter jenen Männern sind meine Knechte. Doch fahrt jetzt zu der Schwimminsel hinüber, erschaut ihre Bequemlichkeiten. Der Reisende merkt kaum, daß es weiter geht. Welch ein angenehmer Aufenthalt. Bei heitrer Witterung lustwandelt man auf den Hügeln, schlummert im Grase, belustigt sich mit Fischfang. Ist der Himmel unfreundlich ladet das Gebäude ein, wo sich mehr angenehme Einrichtungen finden, als auf dem größten Schiffe, nicht Büchersammlung, Orchesterorgel, Lusttheater, Fechtboden u. s. w. fehlen. Eine Taucherhütte hängt hinten am Eiland, daß man sich auf der Reise beliebig in die Tiefe senken, und dort umsehen kann. Dies alles wurde erst in Philadelphia vollendet. Und prüft auch meine großen Waarenspeicher. Wohl mehr noch als ein Dutzend große Schiffe, vermag ich zu laden, wohlgeordnet, wohlgepackt, keinem Verderbniß blosgestellt, und dennoch geht meine Insel nicht tief, weil ihre Breite und Länge im ausgleichenden Verhältniß zu den aufgebürdeten Lasten steht. Eiliger schießen die Wallfische dahin, als der günstigste Wind ein Fahrzeug zu treiben vermag. Der Sturm kann ihnen nichts anhaben, er trifft sie nicht in ihrer Tiefe. Das Eiland ist zu groß um ein Spiel der Wogen zu sein, zu hoch, zu fest, durch Brandungen zu leiden; stranden kann es nicht leicht, und wenn auch, es ruhet dann sicher auf dem Grunde und es sind Winden vorhanden, die es bald wegschaffen. Seht, ihr Europäer, dies alles kann des Menschen Fleiß ins Werk richten!

Der Greis endete. Man konnte nicht Chaluppen genug finden, die Neugierigen überzusetzen. Daß Gelino und Guido nicht zurückblieben versteht sich. Man fand alles, wie der Mann gesagt hatte, bewunderte am meisten die Sielen und Zugketten der sechs Meerungeheuer, und sahe zu, wie sie gefüttert wurden und die Knechte auf ihren Rücken tanzen ließen.

Das Abladen der Waaren begann und der Mann verlangte an der Börse Rückfracht nach Nordamerika. Sie fand sich, seine Maschinen machten Alles in wenigen Tagen ab.

Während der Zeit erwachte in Guido eine heiße Neigung, die Inselfahrt auch zu theilen. Wir wollten ja ohnehin nach Westindien, sagte er zum Lehrer, laß uns Plätze miethen. Gelino hatte kein Ohr dazu, sein Alter empfahl mehr Vorsicht als der jugendlich ungestüme Muth. Zu wenig ist das noch erprobt, mein Freund, antwortete er, Unfälle, die der Mann selbst nicht erwartet, könnten uns treffen. Erfahrung muß noch deutlicher über den Gegenstand reden, vielleicht litt diese Reise nicht von heftigen Stürmen, er wähnt nun seine Anstalten über alle Gefahr erhoben, und ein Andermal kann sie ihn überwinden. Doch dies alles leuchtete unserm Guido nicht ein, sein Verlangen wuchs nur am Widerstande und er drang so lange mit Bitten in den Lehrer, bis er, obwohl bedenklich genug, einwilligte.

Viertes Büchlein

Reise außer Europa

Nun ward der Vertrag geschlossen, und das Eiland bezogen. Niemand fragte um günstigen Wind. Als die Ladung eingenommen war, lichtete man die Anker, legte die Thiere vor, befreite das Eiland vom Grunde, und fuhr unter dem jubelnden Nachruf der Menge ab. In wenigen Stunden sahn unsre Reisenden die hohen blauen Felsenküsten von Portugal nicht mehr. Guido war entzückt.

Freilich raubte die Jahrzeit der Reise manches Angenehme. Im Sommer würde sie viel reitzender ausgefallen sein. Aber so lebte man bereits in der Mitte des Novembers, in Lissabon freilich nicht unbehaglich empfunden, doch desto mehr, als man in den nördlicheren Gewässern anlangte. Da gewährten die entlaubten bereiften Bäume und das falbe, mit dürren Blättern überstreute Gras auf der Insel, eben keinen freudigen Anblick mehr, auch war sie in kurzem ganz mit Schnee bedeckt. Der Inhaber hatte indessen auf das Vergnügen seiner Passagiere gedacht, mehrere lebendige Hasen, Füchse, Kaninchen verborgen, von denen er jetzt welche heraus ließ, damit man sie jagen könne. Einige der Reisenden belustigte das weidlich, doch Guido nicht, wohlthätige Schonung gegen Thiere lag in seiner Sinnesart. Er blieb meistens bei Gelino im Zimmer, mit Wissenschaften die Zeit verkürzend.

Auf der hohen See wütheten einige Stürme, die Balken der Gebäude krachten, die Wellen spülten ihren weißen Schaum über die Ufer. Unbesorgt, rief der Pilot, es hindert unsere Fahrt nicht! In der That war es auch also. Die Wallfische schwammen dann tiefer, als die Wogen vom Sturm bewegt wurden, so wenig ein Boot vom Kräuseln eines Baches leidet, ward auch das Eiland vom hohlen Gewühl des Atlantus verletzt. Haus und Speicher widerstanden.

Mit großen Reusen fingen die Knechte täglich kleinere Seefische in großer Menge, welche sie in einer Art Futterbeuteln, von eines Zeltes Größe, den Wallfischen gaben. Diese zehrten dann, ihren Lauf nicht unterbrechend. Zeigten sie sich einmal widerspenstig, wollten eine andere Richtung nehmen, als der an großen, mit Winden versehenen Pfählen hängende, Zügel vorschrieb, neckten einander beißend, oder wollten, dem Instinkt folgend, der Fischjagd obliegen, strafte man sie durch zackige Mastbäume deren Streiche ein Hebel auf sie fallen ließ. Die bändigenden Eisenstangen in ihren Rachen wogen mehrere Zentner, und ließen ihnen, scharf durch die Maschinen angezogen, die Lust des Ungehorsams bald vergehn.

Nur vierzehn Tage währte die Fahrt, dann lag man auf der Rheede von Philadelphia. Sie war schon mit Eis überdeckt, aber das Eiland brach sich sowohl Bahn, als die Wallfische unter dem Rande hingleitend, ihn leicht wegbröckelten. Dennoch fuhren die Reisenden auf Eisschlitten zur Stadt, frohlockten über das Vollbrachte und wurden mit freudigem Gruß bewillkommt.

Gelino war froh, diese Reise überstanden zu haben. Sie hatte ihn mehr geängstet, als er sich selbst merken ließ.

Philadelphia hatte einen großen Umfang und viele Schönheiten der Baukunst aufzuweisen. An Reichthum und Vergnügungen gab sie keiner Stadt in Europa von ähnlicher Größe etwas nach, übertraf sie sogar. Denn die Kultur in Nordamerika hatte eine Stufe erreicht, welche den Vorrang der europäischen streitig machte. Dies konnte auch nicht anders sein, da diejenigen Mittel, welche einen raschen Gang der Bildung begründen können, den Einwohnern schon in sehr früher Zeit zu Gebote standen. Die ganze Halbinsel von der Honduras-Bai, bis weit hinter der Beringsstraße und Kap Lisburn hinauf, wie an der östlichen Seite hinter der Baffins-Bai, Grönland noch eingeschlossen, war nach einem schon frühen glücklichen Kriege, zu einem glücklichen Staat vereint, dessen viele weitläuftige Lande, jedes seine demokratische Regierungsform hatte, und wieder durch einen, dem europäischen ähnlichen Föderalismus, sich zur vollkommneren Gesammtkraft verbanden. Man war auch durch die Vortheile einer bequemeren Weltverbindung bewogen worden, die neue europäische Sprache einzuführen.

Von der Hauptstadt Wassington sprach alles, wie von einem Theben oder Babilon, die Ufer der Ströme Lorenz, Niagara, Ohio, Susquehannah, Missisippi u. s. w. waren fast mit neuen Wohnplätzen besäet. Mexiko, Luisiana, Florida waren Erdenparadiese, nördlicher konnte man den Zustand der Dinge mit jenem in Spanien, Frankreich oder Brittanien vergleichen. Gegen die Hudsons-Bai erblickte man die Landeinrichtungen von Polen oder Moskau wieder. Im Innern des Landes waren die wichtigsten neuen Entdeckungen gemacht worden, der Unterschied zwischen Nadovessiern, Huronen oder Ueberkömmlingen aus der alten Welt schwand immer mehr, da diese Völker durch Heirathen sich verschmolzen und ihre Sitten ausgeglichen hatten, doch war dies vielleicht auch der Grund, weshalb die Nordamerikaner, in der Mehrzahl, an Schönheit den Europäern nachstanden.

Guido und sein Lehrer schoben es aber bis zum künftigen Frühling auf, das Land zu durchwandern. Es sollte zudem sehr flüchtig geschehen, dann wollten sie nach Südamerika, jetzt ebenfalls ein eignes Reich, dann nach Ulimaroa, den ostindischen Eilanden und China. Auch einen Besuch am Kaiserhofe zu Calcutta gedachten sie abzustatten, und dann, über Persien die Reise um den Erdball zu vollenden. Afrika sollte ausgeschlossen bleiben, weil die Mißverständnisse, schon einige Zeit zwischen den Höfen von Neu-Carthago und Rom obwaltend, eine bedenklichere Ansicht gewannen.

Für die Gegenwart faßten sie den Entschluß, einer Reise zum Nordpol beizuwohnen, wovon einst schon in Petersburg die Rede gewesen war. Sie fanden mehrere Gefährten, die sich eben in Philadelphia dazu bereiteten. Niemand sparte an den nöthigen Summen, und so trat man den Weg bald an.

Ueber das alte Land der Eskimos flog die Gesellschaft in Luftfahrzeugen dahin, ließ die Hundsonsstraße unter sich liegen. Weiterhin ward die Kälte in der hohen Region zu empfindlich. Man stieg nieder und bediente sich der Schlitten mit Rennthieren. Sie fanden bis über Jones-Sund hinaus noch Anbau, freilich nur in zerstreuten Hütten von Einwohnern, die im Sommer sich vom Fang der Meerfische, und im Winter von jenem der Robben, Seekühe und anderer Amphibien nährten. Einen Beweis, daß der Mensch nach und nach den Willen aller Thiere beherrschen könne, fanden sie hier dadurch abgelegt, daß die Wölfe gezähmt und angelehrt waren, den Dienst der Hunde bei den Wohnungen zu versehn. Auf den Jagden bediente man sich ihrer allerdings mit noch größerem Vortheil. Und die Eisbären, in so furchtbarer Gestalt, und einer Wildheit, von der Niemand sonst sich würde haben träumen lassen, sie sei je zu bändigen, fand man in Ställen, um mit ihnen dort zu reisen, wo selbst das Rennthier oft erfror, nämlich jenseit des achtzigsten Grades nördlicher Breite.

Die Einwohner, die man wegen ihrer unglaublichen Abhärtung ehern hätte nennen mögen, ritten auf diesen wohlgesattelten Eisbären und legten artige Strecken zurück, wer aber aus milderen Himmelstrichen kam, fürchtete, sie nicht lenken zu können, oder auch die zu strenge Kälte im Freien, ließ sie also vor die Schlitten legen.

Fast gegen den zwei und achtzigsten Grad gab es noch ein Dörfchen, bewohnt von Verwiesenen aus Nordamerika. Ihre Häuser waren auf hohe Säulen gebaut, an welche Treppen hinauf gingen, um nicht von der, wohl an funfzig Schuh reichenden, Verschneiung überdeckt zu werden. Man sah bei dem allen hier Wohlstand, durch den Handel mit Kristall vom Pol, der schon bei den Nordländern jener Hemisspähre zur Sprache kam, erzeugt, daneben durch den Gewinn, welchen sie von neugierigen Reisenden, welche alljährlich ankamen, zogen.

Man hielt alles für diese bereit, was ihnen zu Vollbringung ihres Vorhabens nöthig war. Die Schlitten, mit Teppichen aus dichtem Pelzwerke überall versehn, mit Fenstern aus sehr dickem Kristall, mit kleinen Oefen, deren Züge an den Wänden umhergeleitet waren, und die vermöge ihrer guten Einrichtung nur eines geringen Feuermaterials aus Papier bedurften, ließen die entsetzliche Kälte vergessen. Der Schnee hatte eine gefrorne Decke, über welche sie hingleiteten.

Meer oder Land waren vollkommen gleich. Einem Schlitten, den etwa vier Wanderer einnahmen, folgte ein zweiter mit Lebensnothwendigkeiten für die ganze Dauer der Reise. Sie bestanden aus Suppentafeln, Gallerten, Austern, Fischrogen und anderen Dingen, die viele Nährkraft in kleinem Umfang verschließen. Doch nahm man auch Früchte in Spiritus, sogar einiges lebendige Geflügel mit. Zudem vortreffliche gebrannte Wasser und Weinessenzen. Ein dritter Schlitten enthielt Feuerungstoff, da über diese Linie weg, weder Holz noch Gesträuche sichtbar wurden. Ein vierter Nahrung für die Eisbären.

Zwei Grad legte man bei dem geschwinden Lauf dieser Thiere in vier und zwanzig Stunden zurück, wobei man ihnen achte zur Ruhe gönnte, sie fütterte und ein Pelzzelt über sie aufschlug. Auch vergaß man nicht einen kleinen Ofen hineinzubringen. Sonst hatte die Natur für sie durch die eigne zottige Haut gesorgt.

Aus Hundert Schlitten bestand etwa die Karavane. Es versteht sich, daß die Reisenden schon lange keinen Tag mehr sahen. Doch Schnee, Mondschein, Nordlichte oder Laternen machten, daß man die dauernde Nacht keineswegs hinderlich empfand, ja von diesem fremdartigen Schauspiele vieles Wohlbehagen der Neuheit genoß.

Magnetnadel und Gestirn deuteten den Weg. Unfälle störten nicht. Acht Tage noch, seit jenem Dörfchen der Verwiesenen, und der Polarstern schwebte über Guidos Zenith.

Welche Empfindung, auf dem Achspunkte des Erdballs zu stehen, wo der gleichmäßige Sternentanz uns umkreist, und der Vollmond (der unsern Wanderern eben schien) nicht untergeht! Welche Fülle neu angeregter Ideen! Guido umfing den Lehrer mit flammenden Dank, daß er ihm diese Entzückung bereitet habe. Der Alte aber, wenn gleich vielfach in Kleidung, von sibirischen Mäusen, Eidervögeln und Zobeln gehüllt, auch das Antlitz mit einer guten Larve versehn, konnte sich nicht lange aus dem Schlitten entfernen, wogegen der muntere Guido Stundenlang umherschweifte, bis die Erstarrung ihn mahnte, an den Ofen zu fliehn.

Die Reisegesellschaft fand jedoch noch andere Pilger vor, die aus Grönland und Samojeden dem nämlichen Ziele zugeeilt waren. Wechselseitige Unterstützung linderte die Beschwerden, gab den Untersuchungen mancher Art, welche die Naturkundigen – dies waren sie meistens – anstellten, erhöhtes Leben.

Einer darunter hatte eine erzene Bildsäule Newtons mitgebracht, sie hier aufzustellen. Alle zollten dem Einfall gerechtes Lob. Wohl, riefen sie, gebührt dem Manne gerade hier ein Denkmal, der schon vor vierhundert Jahren der Menschheit die Gestalt dieser Abdachung zu verkündigen wußte.

Doch das Kristallgebirge am Pol ahnte Newton noch nicht. Die zackigen Spitzen erhoben sich aus dem Schnee, wunderbar funkelnd im Strahl des Mondes, oder vom röthlichen Nordlichte erhellt.

Viel Pracht der Menschen, viele hohe Schönheitzauber, der gerne lieblich oder erhaben gestaltenden Natur, war an Guidos Blicken vorübergegangen, allein diese diamantnen Kolossen auf dem unübersehbaren, ebnen, reinen, weißen Teppich, galten ihm dennoch wieder das Niegeschaute, Niebewunderte.

Sie umringten zuletzt einen tiefen Krater in ihrer Mitte. Es schien ein Vulkan, die Lava am Rande ließ es vermuthen. Wichtiger stellte sich ein dichter grauer Nebel dar, aus der Tiefe steigend, und hoch in der Luft nach allen Seiten zerfließend. An diesem Dampf und seiner Vermengung mit dem ganzen Luftkreis der Sphäroide hing die lebendige Simpathie des Magneten, deren Geheimniß aber nicht in diesem Traum der Zukunft aufgedeckt werden kann, um nicht Entdeckern der Wirklichkeit vorzugreifen. Die Neigung der Nadel hatte mit den inneren Bewegungen des magnetischen Vulkans, die auf das größere oder geringere Sinken der Dampfsäule wirkten, Verwandschaft. Die Naturkundigen meinten, ein Herabsteigen in den räthselhaften Krater werde noch einst viel wesentlichere Aufschlüsse geben, endlich wohl gar die Anziehekraft der Erde erklären lehren.

Während die Versammlung mit Instrumenten mancher Art forschte, die Beobachtungen in Schlitten niederschrieb, mit älteren verglich, sich neuer Ausbeute freute, (worüber eine Zeit der halbjährigen Nacht hinfloh, die nach dem gewöhnlichen Maaß, vierzehn Tage enthält) waren die Männer welche die Schlitten führten, beschäftigt, Kristallblöcke zu brechen, und auf die, zum Behuf dieses Handels, noch mitgenommenen unbeladenen Schlitten, zu laden. Sie hatten diesmal vorzüglich geeignete Werkzeuge mitgebracht und bemächtigten sich auch mancher Stücke von schöner Seltenheit. Guido nahm eins darunter, von ansehnlicher Höhe und Klarheit in Beschlag, er wollte es für Ini kaufen und ihr Standbild daraus fertigen lassen. Er meinte, da dieser Kristall das Gold bei weitem an Glanz überträfe, und dem Diamanten, er mögte natürlich oder kunstverfertigt sein, gar wenigen Vorzug ließ, so müßte dies das herrlichste Standbild auf dem ganzen Erdball werden. Und seine Liebe setzte hinzu: Wie sehr verdient die erste Schönheit auch die gediegenste Verewigung! Doch ein furchtbar schauderhaft Mißgeschick brach über Guido herein. Dort so hinaus gewagt aus den Kreisen der Menschen, fand der Pilger auch einen mächtigeren, schwerer zu bekämpfenden Zufall.

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Дата выхода на Литрес:
30 июня 2018
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