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|111|4. Die Funktion der Vater-Bezeichnung im Apostolikum
»Ich glaube an Gott, den Vater […].« Das Apostolikum formuliert in strikter Konsequenz zur im frühen Christentum pointiert entwickelten Überzeugung, dass das entscheidende Verhältnis zwischen Gott und Glaubenden ein Vater-Kind-Verhältnis ist. Dabei ist auch für das Apostolikum nicht nur an die Liebe in diesem Vater-Kind-Verhältnis zu denken. Auch im Apostolikum dürften zahlreiche weitere Aspekte der Vater-Kind-Beziehung wie die Strenge und Autorität des Vaters, seine Fürsorge, seine Zuverlässigkeit, sein machtvolles Eintreten für seine Kinder und seine Vorbildlichkeit impliziert sein. Die Vater-Bezeichnung beinhaltet auch Konsequenzen für das Selbstbild der Gott als Vater bekennenden Glaubenden, die als Kinder ihren Vater imitieren, ja imitieren sollen.
Die Vater-Bezeichnung impliziert allerdings auch immer die Vaterschaft Gottes Jesus gegenüber; denn die Rede vom Gottessohn lässt stets die Vater-Metapher mitanklingen. So klingt auch im Apostolikum spätestens mit seinem zweiten Artikel die christologische Referenz der Vaterschaft mit an.
Die Verfasser des Apostolikums haben schlüssigerweise die bereits durch das frühe Christentum etablierte Vater-Metapher als diejenige an den Anfang des Credos gesetzt, die das Gottesbild entscheidend neu bestimmt hat. In ihr wird sowohl an die Sendung des Gottessohnes als grundlegende Neuzuwendung Gottes zu den Menschen erinnert als auch an das auf dieser Sendung basierende neue Gottesverhältnis der Glaubenden als Kinder des göttlichen Vaters.
Als Vater ist Gott der Spender individuellen Lebens, insofern betont der Anfang des apostolischen Bekenntnisses den entscheidenden Aspekt der Gottesrelation für das glaubende Subjekt. Die Vater-Metapher korreliert mit ihrer kosmologischen Referenz jedoch auch mit dem Bekenntnis zu Gott als Schöpfer des Himmels und der Erde, das die Trias zu Beginn des Apostolikums beendet. Als Vater ist Gott aber auch Vater des einziggeborenen Sohnes, wie es der zweite Artikel des Apostolikums impliziert. Doch die Vaterschaft Gottes harmoniert auch mit den weiteren Aussagen des Apostolikums: Der Heilige Geist ist der durch den Vater gesandte Geist, durch den die Glaubenden die Kindschaft empfangen. Als Vater ist Gott auch Vater der glaubenden Gemeinschaft, der ekklesia, der Kirche, die im Schlussteil des Apostolikums benannt wird. Als Vater ist Gott zudem Spender des präsentischen und eschatischen Lebens. Insofern bilden die Schlussworte |112|des Credos mit dem Bekenntnis zum Glauben an die Auferstehung und das ewige Leben eine stimmige Inklusion mit den ersten Worten des Apostolikums: Kein anderer wird Auferstehung und ewiges Leben geben als Gott Vater, der Lebensspender. Insofern bestimmt die Vater-Metapher nicht nur den Eingang des Apostolikums, sondern klingt als Leitmotiv konsequent bis zum Abschluss des Textes als die das christliche Gottesbild entscheidend prägende Metapher mit.
5. Schlussgedanken: Möglichkeiten und Grenzen der Vater-Metapher
Gott kann nur metaphorisch beschrieben werden. Das antike Christentum fand in der auch im zeitgenössischen Judentum und in den paganen Religionen verwendeten Vater-Metapher Konnotationen, die bestimmt waren durch die patriarchalische Gesellschaftsstruktur der Zeit, den frühen Christinnen und Christen für ihr Gottesbild jedoch als besonders zutreffend erschienen. Das oben genannte Zitat aus dem Philippusevangelium (EvPhil 11a; s.108) zeigt allerdings, dass man sich der Verwendung metaphorischer Sprache für Gott bereits in der Antike bewusst war. Auch Justin stellt in seiner zweiten Apologie in anderer Weise fest, dass »Vater, Gott, Schöpfer, Herr und Herrscher keine Namen« sind, sondern Bezeichnungen, die Gott aufgrund seiner »guten Taten und Werke« zugesprochen werden,[61] die also auf menschlicher Heuristik beruhen und damit letztlich auch austauschbar sind. Auch Tertullian relativiert die Namensgebung in seiner Exegese des Vater-Gebets, indem er die »Mutter«, d.h. die Kirche, hinzufügt und diese letztlich zur Grundlage der Benennung von Vater und Sohn erklärt: »Wenn wir aber sagen: ›Vater‹, so erkennen wir damit zugleich auch die Gottheit an. Diese Anrede ist Ausdruck des Kindesverhältnisses und der Macht. Im Vater wird auch der Sohn angerufen, denn es heißt: ›Ich und der Vater sind eins‹. Nicht einmal die Mutter, die Kirche, wird übergangen. Im Sohne und im Vater wird ja die Mutter erkannt; in ihr findet die Benennung Vater und Sohn ihre Grundlage.«[62] Einige antike christliche Denker waren sich also |113|durchaus bereits der Metaphorizität der Vater-Anrede bewusst und interpretierten sie entsprechend.
Heutige Glaubende assoziieren bei der Verwendung der Vater-Metapher andere, durch ihre eigenen individuellen und gesellschaftlichen Erfahrungen geprägte Konnotationen. Dazu gehört inzwischen auch die Infragestellung der mit der Vater-Metapher aufgerufenen »Geschlechtlichkeit«, die Gott einseitig als männlich fokussiert, bzw. der Wunsch, Gott auch als Mutter zu apostrophieren. Die nur auf der Ebene von Metaphern mögliche Rede über Gott lässt die Frage nach der Aktualität von Gottes-Metaphern berechtigt erscheinen. Die Diskussion um eine Bewahrung oder Nicht-Bewahrung der in traditionellen Gebets- und Bekenntnistexten wie dem Vaterunser und dem Apostolikum überlieferten Metaphern sollte sich jedoch jeweils der besonderen historischen Genese und der identitätsstiftenden Kraft dieser Texte von der Antike bis in die Moderne hinein bewusst sein.[63]
Fußnoten
1
Zur Metapherntheorie vgl. R. ZIMMERMANN, Metapher. II. Neutestamentlich, in: O. Wischmeyer (Hg.), Lexikon der Bibelhermeneutik. Begriffe, Methoden, Theorien, Konzepte, Berlin 2009, 377f.
2
Das Lexem »ekklesiologisch« dient im Folgenden der Beschreibung der Mitglieder einer antiken glaubenden Gemeinschaft, jüdisch, pagan oder christlich, auch wenn ἐκκλησία in den frühchristlichen Texten vor allem die christliche Gemeinschaft benennt. Ihren Ursprung hat die christliche Bezeichnung ἐκκλησία vermutlich in der Jerusalemer Urgemeinde und deren Selbstbezeichnung qehal el, die im apokalyptischen Judentum das endzeitliche Aufgebot Gottes bezeichnete und möglicherweise bereits in Jerusalem mit ἐκκλησία τοῦ θεοῦ übertragen wurde. Vgl. A. DU TOIT, Paulus Oecumenicus. Interculturality in the Shaping of Paul’s Theology, in: NTS 55 (2009), 121–143 (133f.); H.-U. WEIDEMANN, Ekklesia, Polis und Synagoge. Überlegungen im Anschluss an Erik Peterson, in: E. PETERSON, Ekklesia. Studien zum altchristlichen Kirchenbegriff, hg. v. B. Nichtweiß/H.-U. Weidemann, Würzburg 2010, 152–195 (181). Ἐκκλησία war jedoch auch der allgemeine griechische Terminus für die Versammlung der stimmberechtigten und freien Männer mit öffentlich-rechtlichem, aber auch kultischem Charakter. Vgl. dazu PETERSON, Ekklesia, 18f.
3
J. JEREMIAS, Neutestamentliche Theologie. Erster Teil: Die Verkündigung Jesu, Gütersloh 41988, 67–73.
4
G. SCHELBERT, Abba Vater. Der literarische Befund vom Altaramäischen bis zu den späten Midrasch- und Haggada-Werken in Auseinandersetzung mit den Thesen von Joachim Jeremias (NTOA 81), Göttingen 2011; A. STROTMANN, »Mein Vater bist du!« (Sir 51,10). Zur Bedeutung der Vaterschaft Gottes in kanonischen und nichtkanonischen frühjüdischen Texten (FTS 39), Frankfurt 1991.
5
Vgl. dazu den Beitrag von R. ACHENBACH in diesem Band sowie A. VON LIEVEN, Father of the Fathers, Mother of the Mothers. God as Father (and Mother) in Ancient Egypt, in: F. Albrecht/R. Feldmeier (Hg.), The Divine Father. Religious and Philosophical Concepts of Divine Parenthood in Antiquity, Themes in Biblical Narrative 18, Leiden 2014, 17–36.
6
Vgl. dazu C. ZIMMERMANN, Die Namen des Vaters. Studien zu ausgewählten neutestamentlichen Gottesbezeichnungen vor ihrem frühjüdischen und paganen Sprachhorizont (AGJU 69), Leiden 2007, 64–70.
7
A.a.O., 70–73.
8
A.a.O., 48–52; R. FELDMEIER/H. SPIECKERMANN, Der Gott der Lebendigen. Eine biblische Gotteslehre (TOBITH 1), Tübingen 22017, 52–66; H. SPIECKERMANN, The »Father« of the Old Testament and Its History, in: Albrecht/Feldmeier, The Divine Father (s. Anm. 5), 71–84.
9
ZIMMERMANN, Namen (s. Anm. 6), 52–64; STROTMANN, Mein Vater (s. Anm. 4); vgl. ebenso J. VAN RUITEN, Divine Sonship in the Book of Jubilees, in: Albrecht/Feldmeier, The Divine Father (s. Anm. 5), 85–105; L. DOERING, God as Father in Texts from Qumran, in: a.a.O., 107–135; R. HAYWARD, God as Father in the Pentateuchal Targumim, in: a.a.O., 137–164; M. POPOVIĆ, God the Father in Flavius Josephus, in: a.a.O., 181–197.
10
Vgl. etwa Tob 13,2–5 (BA).
11
STROTMANN, Mein Vater (s. Anm. 4), 376.
12
Strotmann zählt als weitere Aspekte auf: Erziehung, Erbarmen, Vergebung, Treue, Verlässlichkeit, Fürsorge, Verantwortung, Liebe, Güte, Zuwendung, Nähe, Schutz, Hilfe, Rettung, machtvolles Eingreifen, absolute Schöpfermacht, Anteilgabe an Gottes Macht, Herrlichkeit und Erkenntnis (STROTMANN, Mein Vater [s. Anm. 4], 360–362).
13
Vgl. dazu auch E. LOHSE, Das Vaterunser. Im Licht seiner jüdischen Voraussetzungen, Tübingen 2008.
14
Vgl. dazu ZIMMERMANN, Namen (s. Anm. 6), 74–166; F. WILK, »Vater …«. Zur Bedeutung der Anrede Gottes als Vater in den Gebeten der Jesusüberlieferung, in: Albrecht/Feldmeier, The Divine Father (s. Anm. 5), 199–231; R. WAGNER, Is God the Father of the Jews only, or also of Gentiles? The Peculiar Shape of Paul’s »Universalism«, in: Albrecht/Feldmeier, The Divine Father (s. Anm. 5), 233–254.
15
J.S. KLOPPENBORG, The Formation of Q. Trajectories in Ancient Wisdom Collections, Philadelphia 1987, 197f.
16
Vgl. auch den Verweis auf den Menschensohn und »seinen« Vater in Mk 8,38.
17
Mk und die Logienquelle kennen die Bezeichnung »mein Vater« aus dem Munde Jesu noch nicht. Vgl. ZIMMERMANN, Namen (s. Anm. 6), 111.
18
Vgl. dazu C. ZIMMERMANN, Gottes rekreatorisches Handeln bei Paulus und Johannes I. Das »Lebendigmachen« und das »aus Gott/von oben Gezeugtwerden«, in: V. Burz-Tropper (Hg.), Studien zum Gottesbild im Johannesevangelium, Tübingen 2019, 161–186.
19
Zur Textkritik dieser Stelle vgl. C. ZIMMERMANN, Gott und seine Söhne. Das Gottesbild des Galaterbriefs (WMANT 135), Neukirchen-Vluyn 2013, 77f.
20
Vgl. dazu M. PHILONENKO, Das Vaterunser. Vom Gebet Jesu zum Gebet der Jünger, Tübingen 2002, 112.
21
Zur Frage der zeitlichen oder lokalen Denotation von ἄνωθεν vgl. ZIMMERMANN, Gottes rekreatorisches Handeln (s. Anm. 18), 178.
22
M. THEOBALD, Das Evangelium nach Johannes. Kapitel 1–12 (RNT IV/1), Regensburg 2009, 251.
23
U.U. KAISER, Die Rede von »Wiedergeburt« im Neuen Testament. Ein metapherntheoretisch orientierter Neuansatz nach 100 Jahren Forschungsgeschichte, Tübingen 2018, 290f.
24
Vgl. ZIMMERMANN, Gottes rekreatorisches Handeln (s. Anm. 18), 180.
25
Deutlich wird diese Übertragung auch an der Verwendung von Lexemen des Stammes γεν-: μονογενής (Joh 1,18), γενέσθαι (Joh 1,12), γεννηθῆναι (Joh 1,13).
26
Zur Interpretation von μονογενής vgl. ZIMMERMANN, Gottes rekreatorisches Handeln (s. Anm. 18), 174f.
27
Vgl. Röm 1,7; 1 Kor 1,3; 2 Kor 1,2; Gal 1,3; Phil 1,2; Phlm 3; 1 Thess 1,1; 2 Thess 1,1–2; Eph 1,2–3; Kol 1,2; 1 Tim 1,2; 2 Tim 1,2; Tit 1,4; 1 Petr 1,2; 2 Joh 3; Jud 1. Vgl. auch die Präskripta der Ignatius-Briefe, sowie G. SCHNEIDER, Gott, der Vater Jesu Christi, in der Verkündigung Jesu und im urchristlichen Bekenntnis, in: DERS., Jesusüberlieferung und Christologie. Neutestamentliche Aufsätze 1970–1990, Leiden 1992, 3–38 (34).
28
Vgl. ZIMMERMANN, Namen (s. Anm. 6), 60.
29
A.a.O., 70–73.
30
Zur kosmologischen Bedeutung der Vaterschaft in Eph und ihrem griechisch-römischen Hintergrund vgl. G.H. VAN KOOTEN, The Divine Father of the Universe from the Presocratics to Celsus. The Graeco-Roman Background of the »Father of All« in Paul’s Letter to the Ephesians, in: Albrecht/Feldmeier, The Divine Father (s. Anm. 5), 293–324. Zur Bezeichnung Gottes als »Vater der Lichter« in Jak 1,17 vgl. ZIMMERMANN, Namen (s. Anm. 6), 149–151.
31
ZIMMERMANN, Namen (s. Anm. 6), 550–551.
32
Im Präskript von IgnRöm ist in ähnlicher Weise von der Kirche in Rom als πατρώνυμος die Rede.
33
Vgl. jedoch auch die Metapher von Gott als »Vater der Lichter« in Jak 1,17, die ebenfalls auf Gottes kreatorisches Handeln referiert; s. dazu ZIMMERMANN, Namen (s. Anm. 6), 149–151.
34
C. GERBER, Das Gottesbild Jesu und die Bedeutung der Vatermetaphorik, in: J. Schröter/C. Jacobi (Hg.), Jesus Handbuch, Tübingen 2017, 361–368 (366). Vgl. zum Folgenden a.a.O., 366f.
35
ZIMMERMANN, Namen (s. Anm. 6), 115–127.
36
Mit der Bezeichnung als »Vater der Geister« (τῷ πατρὶ τῶν πνευμάτων) wird Gott hier den irdischen »Vätern des Fleisches« (τοὺς μὲν τῆς σαρκὸς ἡμῶν πατέρας) gegenübergestellt.
37
Vgl. dazu bereits Dtn 10,18; Ps 67,6 (LXX); Sir 35,14.
38
Bereits in der paganen Antike wurde das Sterben von Menschen zugunsten anderer immer wieder damit verbunden, dass dieses Sterben aus Liebe motiviert sei (Alkestis). Dieses Liebesmotiv wird nun vom sterbenden Sohn auf den göttlichen Vater übertragen und die Liebe des Vaters damit als Ursache für das Sterben des Sohnes benannt. Vgl. C. ESCHNER, Gestorben und hingegeben »für« die Sünder. Die griechische Konzeption des Unheil abwendenden Sterbens und deren paulinische Aufnahme für die Deutung des Todes Jesu Christi, Bd. 1: Auslegungen der paulinischen Formulierungen, Bd. 2: Darstellung und Auswertung des griechischen Quellenbefundes (WMANT 122/1–2), Neukirchen-Vluyn 2010.
39
Wenn Mt vom »Vater in den Himmeln« spricht, spitzt er die atl. Rede vom Gott/Herrn/König »in den Himmeln« ebenfalls auf den Aspekt der Regentschaft des Vaters hin zu (ZIMMERMANN, Namen [s. Anm. 6], 103). Andererseits ist der Vater als einer »in den Himmeln« deutlich unterschieden vom irdischen Vater und für alle, unabhängig von ihrer Nationalität, ansprechbar.
40
Möglicherweise referiert auch 1 Petr 1,17 auf die Epiklese Gottes als Vater im Vater-Gebet.
41
Zur Diskussion um die Echtheit der Verse vgl. K.M. HARTVIGSEN, Matthew 28:9–20 and Mark 16:9–20. Different Ways of Relating Baptism to the Joint Mission of God, John the Baptist, Jesus, and their Adherents, in: D. Hellholm u.a. (Hg.), Ablution, Initiation, and Baptism. Late Antiquity, Early Judaism, and Early Christianity I (BZNW 176/1), Berlin 2011, 655–715 (657–659).
42
Vgl. auch den Dank an den Vater in Eph 5,20; Kol 1,3.
43
Die Tauferzählungen der Apg belegen hingegen nur eine Taufe auf den Namen Jesu. Vgl. dazu L. HARTMANN, »Auf den Namen des Herrn Jesus«. Die Taufe in den neutestamentlichen Schriften (SBS 148), Stuttgart 1992, 39–46.
44
Zitiert nach A. LINDEMANN/H. PAULSEN, Die Apostolischen Väter. Griechisch-deutsche Parallelausgabe, Tübingen 1992.
45
So U. LUZ, Das Evangelium nach Matthäus (Mt 26–28) (EKK I/4), Neukirchen-Vluyn 2002, 431. Vgl. IgnMagn 13,1: ἐν υἱῷ καὶ πατρὶ καὶ ἐν πνεύματι; Od Sal 23,22.
46
Vgl. A. MÜLLER, Tauftheologie und Taufpraxis vom 2. bis zum 19. Jahrhundert, in: M. Öhler (Hg.), Taufe, Tübingen 2012, 83–135 (86); R. STAATS, Das Taufbekenntnis in der frühen Kirche, in: D. Hellholm u.a. (Hg.), Ablution, Initiation, and Baptism II (BZNW 176/2), Berlin 2011, 1553–1584 (1557–1558).
47
Vgl. dazu auch Jak 2,7; Herm sim 8,6,4.
48
Zu Kongruenzen und Divergenzen mit Mt vgl. K. NIEDERWIMMER, Die Didache (KAV 1), Göttingen 21993, 170–172.
49
Vgl. dazu auch M. Brocke u.a. (Hg.), Das Vaterunser. Gemeinsames im Beten von Juden und Christen, Freiburg i. Br. 31990; M.-B. VON STRITZKY, Studien zur Überlieferung und Interpretation des Vaterunsers in der frühchristlichen Literatur (MBTh 57), 1989.
50
Tert., De oratione 1,6 (CSEL 20, 181, 18f. Reifferscheid-Wissowa).
51
Cyp.dom.orat. 9 (CSEL 3/1, 94 Moreschini).
52
Zitiert nach H.-G. BETHGE, Das Evangelium nach Thomas (Thomasevangelium [NHC II,2]), in: C. Markschies/J. Schröter (Hg.), Antike christliche Apokryphen in deutscher Übersetzung I/1, Tübingen 2012.
53
Zitiert nach H.-M. SCHENKE, Das Philippusevangelium (NHC II,3), in: Markschies/Schröter, Apokryphen (s. Anm. 52).
54
Die im Folgenden genannten Schriften werden zitiert nach LINDEMANN/PAULSEN, Die Apostolischen Väter (s. Anm. 44).
55
G. BRUNNER, Die theologische Mitte des ersten Klemensbriefs. Ein Beitrag zur Hermeneutik frühchristlicher Texte (FTS 11), Frankfurt 1972, 126.
56
IgnEph inscr.; 9,1; IgnMagn 3,1; IgnTrall 11,1; IgnRöm 7,2; IgnPhld 3,1; IgnSm 13,1.
57
IgnEph 2,1; IgnMagn 3,1; IgnTrall inscr.; 9,2; IgnRöm inscr.; IgnPhld 7,2.
58
Vgl. dazu A. SCHINDLER, Gott als Vater in Theologie und Liturgie der christlichen Antike, in: H. Tellenbach u.a. (Hg.), Das Vaterbild im Abendland, Bd. 1: Rom, Frühes Christentum, Mittelalter, Neuzeit, Gegenwart, Stuttgart 1978, 55–69 und 200f. (57); NIEDERWIMMER, Didache (s. Anm. 48), 161.
59
In der gnostischen Literatur findet sich diese Bezeichnung mehrfach.
60
Vgl. Iren., haer. 1,13,3; 1,15,3 (FC 8/1, 220,2; 244,21 Brox). Vgl. auch Theophilus, Ad Autolycum 1,4; 2,22 (PTS 44, 19,5–6; 70,3 Marcovich).
61
Iust. 2 apol. 6,2: Τὸ δὲ πατὴρ καὶ θεὸς καὶ κτίστης καὶ κύριος καὶ δεσπότης οὐκ ὀνόματά ἐστιν, ἀλλ’ ἐκ τῶν εὐποιϊῶν καὶ τῶν ἔργων προσρήσεις (SC 507, 332,3–5 Murnier; PTS 38, 145,3–5 Marcovich).
62
Tert., De oratione 2,4–6: »dicendo autem patrem deum quoque cognominamus. appellatio ista et pietatis et potestatis est. item in patre filius inuocatur. ego enim, inquit, et pater unum sumus. ne mater quidem ecclesia praeteritur. siquidem in filio et patre mater recognoscitur, de qua constat et patris et filii nomen« (CSEL 20, 182 2–7, Reifferscheid-Wissowa).
63
Für die sorgfältige formale Durchsicht des Textes sowie hilfreiche inhaltliche Kommentare und Anmerkungen danke ich herzlich meiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Hi-Cheong Lee.
|115|»Godfather«?
Das religiöse Vaterbild aus systematisch-theologischer Sicht
Malte Dominik Krüger
New York. Im Jahr 1945. Eine fröhliche Hochzeitsgesellschaft. Nur der Vater der Braut hält sich abseits. Sein Ort ist ein dunkles Büro. Von dort aus beobachtet er das Treiben, das er in Wahrheit steuert. Die Welt ist seine. Es ist Don Vito Corleone, »Godfather«. Es ist der »Pate«, wie die deutsche Übersetzung und auch der bekannte Filmtitel von Francis Ford Coppola im Deutschen lauten. In der Eingangsszene, die manche für die beste Szene halten, wird Don Vito von einem Bittsteller, der vor ihm steht, um Vergeltung an einem Dritten gebeten. Don Vito weist das ab, während er selbst hinter seinem Schreibtisch sitzend eine Katze krault, von der man nicht weiß, ob er ihr im nächsten Moment das Genick bricht. Der Bittsteller hätte zuvor, so sagt Don Vito, nie seine Freundschaft gewollt. Und vor allem: Er würde ihn, Don Vito, nie »Godfather« nennen. Der Bittsteller bietet an, jeden Betrag zu bezahlen, wenn Don Vito ihm Gerechtigkeit verschaffen würde. Dieser antwortet: Dies sei eine Forderung ohne Respekt. Und man versteht: Aufgrund dieser Respektlosigkeit wäre es wohl besser gewesen, wenn der Mann nie aufgetaucht wäre. Don Vito tritt dem Bittsteller entgegen. In dem Augenblick bricht der Bittsteller zusammen: »Be my friend, Godfather?« und senkt den Kopf. Don Vito hält ihm Hand und Ring entgegen. Der Mann darf sie küssen. Danach richtet ihn Don Vito auf. Der Bund ist besiegelt. Don Vito wird aus reiner Gnade die erbetene Vergeltung üben. Dafür wird der Bittsteller im Machtbereich Don Vitos zu agieren haben. Da der Bittsteller ein Bestatter ist, wird Don Vito für ihn Verwendung finden.[1]
|116|Die Szene zeigt die Ambivalenz der religiösen Vatersymbolik wie unter dem Brennglas, auch wenn allen etymologischen (Dis-)Kontinuitäten zum Trotz semantisch ein Unterschied zwischen Gott-Vater und einem Mafia-Anführer hervorsticht. Da ist die Sehnsucht des Menschen nach einem bestimmenden Über-Ich, das auf persönliche Bitte die Welt zum persönlich Gerechten regelt. Da ist »Godfather«, der in seiner Souveränität nicht mit sich handeln lässt, insbesondere nicht auf der respektlosen Ebene der Augenhöhe. Da ist der Zusammenbruch des Bittenden, der sich demütig in sein Schicksal fügt, und genau dadurch – man denke an den lutherisch-paradoxen Übergang von dem Gesetz in das Evangelium – den heilvollen Umschwung realisiert. Und da ist der nunmehr anerkannte »Godfather«, der sich als gnädiger Vater erweist und mit dem Bittsteller asymmetrisch einen Bund schließt, der den Bittsteller nicht aus dem Machtraum des Bundes entlässt. Oder um es mit Formeln barthianisch inspirierter Bundeshermeneutik zu sagen: Der Zuspruch schließt den Anspruch ein. Zusammenfassend und provokativ kann man fragen: Ist das religiöse Vatersymbol wirklich kategorial von der Figur des paternalistischen Patriarchen einer Untergrundkultur zu unterscheiden?
Der folgende Beitrag möchte dem nachgehen, indem erstens die Krise des religiösen Vaterbildes thematisiert wird, zweitens für einen programmatischen Neuansatz plädiert wird und drittens daraus die Folgen für das religiöse Vaterbild gezogen werden.[2]