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6 Schluss

Im Zentrum dieses Beitrags standen jene sprachlichen Mittel, die man als die „Mittlere Schicht“ der Fachsprachen bezeichnen kann. Ich hoffe, gezeigt zu haben, dass es hier einen breiten Bereich der Fachdiskurse gibt, der einer genaueren Beschreibung noch weitgehend harrt. Diese Schicht liegt, was den Fachlichkeitsgrad angeht, in der Mitte zwischen der hochspezifischen Fachterminologie der einzelnen Disziplinen einerseits und den generellen gemeinsprachlichen Mitteln andererseits, aus denen sich fachsprachliche Diskurse speisen; er ist dabei aber eindeutig fachspezifischer als die „allgemeine Wissenschaftssprache“.

Es handelt sich um nicht-terminologische sprachliche Elemente, die durch ihre Frequenz und Funktion bestimmte Fachsprachen und -diskurse kennzeichnen. Gewisse, aber nicht sämtliche, Fachdiskurse, denn das unterscheidet die „Mittlere Schicht“ von der sogenannten „allgemeinen Wissenschaftssprache“ oder dem „Fachstil“, wie er von Werner Forner und von den BeiträgerInnen zur Sammlung von Tutin 2007a beschrieben wurde. Er kennzeichnet aber gewisse Fachsprachen und -diskurse im Plural, denn meist verbinden sich mehrere verwandte Fächer in ihrer Präferenz für gewisse semantische und/oder syntaktische Elemente. Beispiele wären die Ausdrücke für das Steigen und Fallen von Werten, die in Kapitel 4 beschrieben wurden, und die nicht nur für Wirtschafts-, sondern auch für Soziologie- und Demographie-Diskurse charakteristisch sind. Wir haben außerdem gesehen, dass die Basismetapher dieses Bereichs, die Kurvengraphik, einer grundlegenden konzeptuellen Metapher der Wirtschaftswissenschaften entspricht. Die in Kapitel 5 analysierten Ranking-Ausdrücke verbinden ihrerseits die Wirtschaftssprache mit der Sprache des Sports, wobei eine ganze Reihe von Sport-Metaphern, insbesondere das Wettrennen, in eine Reihe anderer Domänen übernommen werden. In ähnlicher Weise könnte man die Ausdrücke für Ursache und Wirkung in verschiedenen Disziplinen vergleichend untersuchen: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Naturwissenschaften, Technik. All diese sprachlichen Mittel sind generell nicht einer Einzeldisziplin zugehörig (wie es ja die Terminologie ist), und auch nicht andererseits der Gesamtheit wissenschaftlicher Disziplinen (wie die „allgemeine Wissenschaftssprache“), sondern sie bedienen Bündel verwandter Fächer, für die sie durch ihre Frequenz und Funktion charakteristisch sind. Diese typischen, präferierten sprachlichen Ausdrücke bilden die hier illustrierte und beschriebene „Mittlere Schicht“, ohne die man weder Fachdiskurse beschreiben noch Fachsprachen unterrichten kann.

Die Tatsache, dass es diese „Mittlere Schicht“ gibt, sollte uns auch zu denken geben, was die Struktur der Sprache und ihrer Varianten betrifft, und sollte uns abbringen von der Vorstellung der Fachsprachen als streng getrennter, jeweils für sich existierender Einzel-Codes, sozusagen als nicht kommunizierender Gefäße. Stattdessen hat man sie sich als Berglandschaften vorzustellen mit einzelnen Spitzen extremer Einzelfachlichkeit (z. B. in den Terminologien gewisser Fächer: Herzchirurgie, Quantenphysik, etc.), die aber aus breiten Hochebenen auftauchen, welche mehreren Disziplinen gemeinsam sind – eben die „Mittlere Schicht“ –, wobei die „allgemeine Wissenschaftssprache“ und noch weiter unten die nicht spezialisierte Allgemeinsprache als tief darunter­liegende tektonische Platten zu denken sind.

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Sprachverwendung im digitalen Arbeitsmarkt

Eine Fallstudie zu Neologismen und Euphemismen im Italienischen und Französischen

Antje Lobin (Mainz)

1 Einführung

Im Zusammenhang mit der Digitalisierung ist der Arbeitsmarkt seit einigen Jahren tiefgreifenden Veränderungen unterworfen. Neben der Sharing-Economy, in deren Zentrum der Gemeinschaftskonsum steht und die durch das systematische Ausleihen von Gegenständen und das gegenseitige Bereitstellen von Räumen und Flächen gekennzeichnet ist (Gabler 2009)1, prägt die sog. Gig-Economy in immer stärkerem Maße die gegenwärtige Arbeitswelt. Die Anfänge der Gig-Economy sind in den USA und der dortigen Wirtschaftskrise im Jahr 2009 zu suchen. Nach dem Vorbild des amerikanischen Fahrtenvermittlers UBER werden in Unternehmen wie DELIVEROO und FOODORA, meist über eine Online-Plattform, kleinere Aufträge kurzfristig an Freiberuflerinnen und Freiberufler vergeben. Die Arbeitskräfte sind nicht fest angestellt, sie werden je Auftrag (Gig) bezahlt. Sie haben kein festes Einkommen und i.d.R. auch keine Absicherung für den Krankheitsfall oder das Alter. Sie werden daher auch als „digitale Tagelöhner“ bezeichnet.2 Die Vermittlung über eine Online-Plattform hat diesen unternehmerischen Aktivitäten die Bezeichnungen „Plattformisierung der Arbeit“ und „Plattformkapitalismus“ eingebracht.3

Die neuen Geschäftsmodelle gehen einher mit Versprechungen von Flexibilität, Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit. In einem Artikel der Zeit vom 10. November 2017 heißt es: „Die pinken Foodora-Kuriere sind das Sinnbild einer ultraflexiblen Arbeitswelt.“4 Die Relevanz der Argumentation der Flexibilität zeigt sich z. B. auch im Namen des Zusteller-Dienstes von Amazon AMAZON FLEX.5 Allerdings sorgen die „neuen“ Gründer nicht für Wirtschaftswachstum, sondern bleiben stets ihr einziger Angestellter.6 Daher wird auch vom Typus des „einzelkämpfenden Arbeitskraftunternehmers“ gesprochen.7

Im Zusammenhang mit der Bedrohung durch eine neue Form der Prekarisierung haben die Kurierfahrerinnen und -fahrer in Deutschland, aber auch in Italien und Frankreich, bereits den Arbeitskampf aufgenommen und fordern Regulierung. Die Forderungen reichen von einer Erhöhung des Stundenlohnes bzw. überhaupt seiner Einhaltung, über Verschleißpauschalen pro gefahrenem Kilometer, über die Garantie einer Mindestanzahl von Schichten hin zur Ver- und Absicherung.8 Hinsichtlich der Bedeutung und Verbreitung der Gig-Economy gehen die Zahlen weit auseinander. Nur verwiesen sei an dieser Stelle auf eine Studie von McKinsey Global Institutes aus dem Jahr 2016, wonach diese Wirtschaftsform in bestehenden Statistiken stark unterschätzt wird, und 30 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese Arbeitsform nicht freiwillig gewählt haben.9

Die skizzierten gesellschaftlichen und unternehmerischen Entwicklungen gehen mit einem Wandel des Arbeitnehmerbildes einher und schlagen sich auch in der Sprache nieder. Zum einen haben sich die deonomastischen Ableitungen ubérisation und uberizzazione zur Bezeichnung dieser Wirtschaftsform bereits im Französischen und Italienischen etabliert. So wurde das französische Verb ubériser inzwischen im Robert illustré (2017) aufgenommen, das italienische Nomen uberizzazione wird in der Enzyklopädie Treccani erfasst. Zum anderen wird sprachlich der geringe Grad an Bindung und Verantwortung gegenüber den (Gelegenheits-)Beschäftigten mit Argumenten wie Selbstbestimmung und Autonomie und einer Rhetorik der Vergemeinschaftung kompensiert. Analog zu den Zuschreibungen, wie sie für die political correctness beobachtet werden können, die Trabant (2017) als „Sprachwaschmaschine“, Merle (2001, 8) als art de l’esquive und Canobbio (2009, 40) als abile maquillage linguistico bezeichnen, beobachten wir im Bereich der digitalen Plattformwirtschaft, in der Unternehmen als Vermittler von Dienstleistungen auftreten, ein rimodellamento del lessico e delle sue regole d’uso (Canobbio 2009, 36). Zu bedenken ist jedoch, dass die neuen Begriffe nicht in jedem Fall der eindeutigen Kommunikation zuträglich sind. Vielmehr erfolgt eine Verschleierung, die im Dienste der Euphemisierung steht, und die es näher zu beschreiben gilt. In diesem Sinne versteht sich der Beitrag als Fallstudie, in der die italienischen und französischen Begrifflichkeiten und Benennungsmuster, die im Zusammenhang mit dem digitalen Arbeitsmarkt aufkommen, beleuchtet und systematisiert werden.

Im Zentrum der Untersuchung steht der Sprachgebrauch auf den beiden Plattformen DELIVEROO und FOODORA. Es handelt sich hierbei um Online-Lieferdienste, über die die Kunden mit Gerichten aus verschiedenen Partner-Restaurants beliefert werden können.

2 Zum Neologismus ubériser / ubérisation / uberizzare / uberizzazione

Der Begriff uberiser, dessen Graphie bezüglich des accent aigu noch instabil ist, wurde von Maurice Lévy in einem Interview gegenüber der Financial Times im Dezember 2014 erstmalig verwendet. Maurice Lévy wird zitiert mit den Worten: Tout le monde a peur de se faire ubériser.1 Im Robert illustré (2017, 1985) wird zum Lemma ubériser folgende Definition gegeben:

ubériser v. tr. (de Uber, nom d’une start-up) Transformer (un secteur d’activité) avec un modèle économique innovant tirant parti du numérique. Start-up qui ubérise le secteur de l’hôtellerie. n.f. ubérisation.

Bemerkenswert an dieser Stelle ist die Tatsache, dass im Journal Officiel vom 28.07.2001 zwei Äquivalente zu start-up gegeben werden: jeune pousse und entreprise naissante.2 Dass in semantischer Hinsicht bezüglich des Begriffs uberiser Klärungsbedarf besteht, veranschaulicht ein Presseartikel im Figaro am 9.11.2015 mit dem Titel Ce que cache exactement le nouveau mot «ubérisation»3:

Le néologisme créé à partir du nom de l’entreprise de VTC a submergé les médias et l’univers du numérique ces derniers mois. Sa définition varie pourtant d’un interlocuteur à un autre et le terme possède autant de nuances que de détracteurs. / J’ubérise, tu ubérises, il ubérise… À lire certains médias et à entendre les acteurs du numérique français, tout est ubérisable – si ce n’est pas déjà ubérisé. L’économie, la politique […] sont autant de secteurs où l’ubérisation serait en marche. Les uns vantent son avènement quand les autres mettent en garde contre ses dangers. Elle passionne autant qu’elle divise. Mais surtout, elle intrigue. Que signifie donc ce néologisme barbare?

Der Begründer der Namensagentur Nomen, Marcel Botton, äußert sich im oben erwähnten Zeitungsartikel wie folgt zum Potenzial des Begriffs ubérisation: „Le terme ‚ubérisation‘ constitue une gigantesque campagne de communication dont Uber profite, sans débourser un sou.“ Auch im Treccani wird uberizzazione definiert und anhand von Pressebelegen kontextualisiert:

Derivato dal nome d’azienda Uber con l’aggiunta del suffisso -izzazione.

s. f. 1. Trasformazione di servizi e prestazioni lavorative continuativi, propri dell’economia tradizionale, in attività svolte soltanto su richiesta del consumatore o cliente. 2. Adozione o imitazione del modello di attività economica caratteristico della multinazionale Uber.4

Gegenüber der Definition, die im Robert Illustré für das Französische gegeben wird, fehlt hier allerdings das Argument der Plattformisierung. Für das deonomastische Substantiv uberizzazione gibt es in Überschriften und im Fließtext von Presseartikeln zahlreiche Belege. Exemplarisch seien die Folgenden angeführt: „Uberizzazione unica via.“ (Foglio.it, 11.01.2016)5; „[…] il pericolo vero non è l’uberizzazione del terziario bensì la sua mutazione ad opera di un inedito motore di fiducia.“ (Corriere di Bologna.it, 11.07.2016)6

Der Begriff ubérisation taucht inzwischen als Titel in wirtschaftlichen Publikationen auf, so in Uberisation = Économie déchirée? von Teboul und Picard (2015) oder in Uberisation: Un ennemi qui vous veut du bien? von Jacquet und Leclercq (2016). Darüber hinaus gibt es in Orcemont ein Observatoire de l’ubérisation. Schließlich wird der Name Uber in kreativer Weise zur Bildung weiterer Namen verwendet, wie die Reihe UberFresh, UberCargo und UberKittens zeigt.7

Nur am Rande sei auf einen historischen Vorläufer der Zuschreibung eines Begriffes der Wirtschaftssprache als „barbarisch“ hingewiesen, wie dies im oben genannten Artikel des Figaro geschieht. In ihrem puristischen Wörterbuch aus dem Jahr 1877 Lessico dell’infima e corrotta italianità (1877-1881) richten sich Pietro Fanfani und Costantino Arlìa gegen die Einflüsse aus dem Französischen sowie zahlreiche bürokratische Ausdrücke. Exemplarisch sei der Eintrag zu monopolizzare vorgestellt:

MONOPOLIZZARE: È voce barbara, cara agli scrittori di Economia; per es.: Il Governo dovrebbe impedire, che sotto il pretesto della libertà di commercio due, tre monopolizzino tutto il grano. […]. Metti incettare, Fare incetta, e sarà il parlare proprio e regolare. (Fanfani / Arlìa 1890, 357)

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