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Verschlüsselt
Ich bin mir kryptisch verschlüsselt,
eine beseelte leibliche Chiffre,
sich ständig verändernd, winziges Teilchen
im universalen Code alles Lebendigen,
den nur das Leben selbst entschlüsselt.
Ich bin mir — warum nur? — ein lebenslanges Geheimnis.
Unzugänglich die Kehrseite meiner selbst.
Das Land meiner Seele: Terra incognita.
Wird sich nach meinem Tod
der Zugang öffnen zu diesem Geheimnis —
zum Geheimnis des Lebens?
Photonen-Welten
Die elektromagnetischen Kraftquanten, die Photonen,
regulieren das Geschehen im Lebendigen bis hin zum Bewusstsein.
Thomas Görnitz (Quantenphysiker)
1
Als wären die Photonen auserwählte Teilchen,
geschaffen aus reiner unbeschwerter Energie:
durch ihre masselose Leichtigkeit
eigens befähigt zur Lichtgeschwindigkeit,
beflügelt zum endlosen kosmischen Flug.
Seit ihrer Erstgeburt im Universum
immer wieder vervielfacht in Galaxien
durch Sonnensysteme, Supernovae.
Strahlen als Maßstab des Weltraums —
das Universum durchmessen von Lichtjahren.
2
Es birgt keine anderen Teilchen in sich: das Photon.
Sich selbst genug. Zentrum strahlender Kraft.
Mittelpunkt aus Licht: Energie auf den Punkt gebracht
und punktgenau ihre Wirkung.
Die Welt der Photonen, sie lebt in mir
als unsichtbares Organ, das mich durchwirkt,
ein Leuchtorgan aus Biophotonen.
Ultraschwach schwingendes Licht, präzise dosiert
zur Feinabstimmung meiner Körperzellen,
zum lichten Einklang meines Leibes.
3
Bestens vertraut mit der ausgeklügelten
Elektronik im Gehirn:
Photonen als Schrittmacher in den Synapsen,
beim Informationstransfer der Nervenzellen,
subtile Strategen beim Feuern der Neuronen.
Als Teil elektromagnetischer Felder
überblicken sie alle Areale des Gehirns —
Photonen als Supervisoren der Nervenimpulse,
der Kräfte zahlloser Quantenbits.
Im Unbewussten wirkende Photonen:
Geburtshelfer meiner Gedanken,
Gehilfen der Psyche, Vermittler von Emotionen.
4
Sie sind die Akteure elektrostatischer Felder,
im ganzen Körper unzählig präsent:
die virtuellen Photonen, stets einsatzbereit.
Energetische Multitalente,
wirksam in jeder Zelle,
Lotsen für Moleküle und Ionen
in ihrer wässrigen Lösung,
steuernde Assistenten beim Stoffwechsel.
In ihrer Gesamtheit verschränkte Photonen
— weiträumig durch Felder vernetzt —
leiten die Abstimmung zwischen Organen,
die Interaktion von Körper und Psyche.
Sie lenken die Mechanismen der Wechselwirkung
und sichern die Einheit, die Leben bedeutet.
5
Zuweilen geschieht es mir,
dass ein virtuelles Photon der Hoffnung
— nur eine Möglichkeit von vielen —
ganz unerwartet mutiert
zu einem realen Photon:
ein Lichtimpuls in meinem Leben,
der Neues in Gang setzt.
Was diesen Wandel bewirkt,
bleibt ein Mysterium.
Lichtweisen
1
Strahlen, die alle Formen ertasten,
mikroskopisch exakt,
und jede Gestalt erfassen —
unvergleichlich der Tastsinn des Lichtes.
Strahlen, die über die Dinge streichen
und was sie erspüren
mit Wellenreflexen beschreiben:
ein Farbenspektrum in allen Tönungen —
für jedes Geschöpf der geeignete Augenschein.
2
Was mich ins Bild setzt, mein Augenschein:
Es ist der Strahlenblick,
mit dem ich lerne, die Dinge wahrzunehmen,
ihr Formen- und Farbenwesen zu deuten.
Es ist die kosmische Lichtmächtigkeit.
Sie entfaltet in mir alles Sichtbare
und macht die Umgebung zum Schauplatz.
Sie imaginiert die Sinnbilder meiner Gedanken,
entfesselt das Ausschweifen der Fantasie,
die Freizügigkeit von Traumvisionen.
Sie lässt mich lichtabhängig werden
und lichtbegierig — das lehrt mich die Finsternis.
3
Die Zündschnur der Zeit im Mark der Kerze,
heruntergebrannt bis auf den blakenden Dochtstumpf,
wo die Flamme den Halt verliert,
zitternd einknickt, noch einmal aufflackert
und dann im geschmolzenen Wachs ertrinkt.
4
Ein nächtlich erleuchtetes Fenster
verschleiert sein Lichtgeheimnis.
Den Raum dahinter erfindet die Fantasie,
belebt ihn mit Wesen,
die wie im Traum erscheinen.
5
Im Dunst versickertes Licht,
befleckt vom Smog …
Der Blick verschmutzt,
die Farben ergraut …
Nichts befruchtet das Auge.
6
Bunte Hornveilchen,
zusammengedrängt im Blumenkasten.
Dichte Blütenbüschel wuchern im Wetteifer.
Eine Farbe übertrumpft die andren an Leuchtkraft,
brüstet sich als Sonnensymbol: das strahlende Gelb.
Diese flammende Farbe, ein Lichtüberschwang,
magnetisch zieht sie die Blicke auf sich,
lenkt von den übrigen Farben ab.
Seltsam nur, dass die Hummeln, angelockt
vom Violett und Blau anderer Blüten,
dem Gelb keine Beachtung schenken.
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