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Das Horoscop

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III.
Das Geburtstagsgeschenk des Präsidenten Minard

»Mein Landsmann« sprach er, »nahm den Brief mit, und da er verfolgt zu werden fürchtete, so entfloh er durch die Rue Montmartre nach der verödeten Gegend der Grange-Bateliere, wo er den Brief des Herzogs von Guise erst lesen konnte. Erst jetzt bemerkte er, wie auch ich selbst beim Lesen bemerkte, daß dieser Brief des Herzogs von Guise weiter nichts als ein Umschlag über einer Ordonnanz des Königs Franz II. war, wie Ihr selbst sogleich sehen sollt, meine Herr, wenn ich ihn Euch zeigen werde, denn da das Schreiben nicht versiegelt war, so glaubte mein Freund das Recht zu haben genau nachzusehen, von wem es kam und an wen es gerichtet war, um es nöthigenfalls in eigener Person und mit allen dem Unterzeichner gebührenden Rücksichten seiner Adresse zu über bringen.«

Jetzt zog der Schotte zum zweiten Mal das Pergament aus seiner Brust, entfaltete es und las wie folgt:

»Unsern lieben getreuen Präsident am Parlamentshof von Paris, Advocaten und Procuratoren desselben Gerichts.

»Im Namen des Königs

»Liebe Getreue. Wir haben große Ursache zur Unzufriedenheit, daß wir solche Verzögerungen in der Schlichtung und Abfertigung des Processes sehen müssen, der bei Unserm Parlamentshof gegen die wegen Religionssachen verhafteten Rathe und ganz besondere gegen den Rath Dubourg obschwebt, und da Wir wünschen, daß ihm ein schnelles Ende gemacht werde, so befehlen Wir Euch und verordnen ganz ausdrücklich, daß Ihr mit Einstellung aller andern Geschäfte lediglich der Entscheidung besagter Processe oblieget mit der von Unserm besagten Hofe bezeichneten und noch zu bezeichnenden Anzahl von Richtern, ohne zu dulden oder zu gestatten, daß man diese Processe noch länger verschleppe, damit Wir eine andere und größere Veranlassung zur Zufriedenheit bekommen, als wir bisher hatten.

Unterzeichnet Franz,
und weiter unten von Laubespine.«

»Ei wie, mein Herr,« rief der Präsident Minard, dem die Verlesung diesen Schreibens, wodurch das von ihm durchgesetzte Verdammungsurtheil voll kommen Recht erhielt, wieder einigen Muth verlieh »Ihr habt ein solches Schreiben seit heute früh?'·

»Seit gestern Abend um vier Uhr, mein Herr; erlaubt, daß ich der Wahrheit zur Steuer den Thatbestand ins Klare setze.«

»Ihr habt ein solches Schreiben seit gestern Mittag um vier Uhr?« wiederholte der Präsident mit derselben Betonung, »und Ihr habt mit der Ueberbringung bis jetzt gewartet?«

»Ich wiederhole Euch, mein Herr,« sagte der junge Mann, indem er den Brief wieder in sein Wamms steckte, »daß Ihr noch nicht wißt, um welchen Preis ich dieses Schreiben an mich gebracht habe, und um welchen Preis ich es hergeben will.«

»Nun so sprecht doch,« sagte der Präsident, »und erklärt Euern Wunsch in Betreff der Belohnung welche Ihr für eine Handlung in Anspruch nehmt, die übrigens weiter nichts als die Erfüllung einer einfachen Pflicht ist.«

»Es ist keine so einfache Pflicht, als Ihr glaubt, mein Herr,« erwiderte der junge Mann; derselbe Grund, der es meinem Landsmann wünschenswerth machte, daß der Brief nicht ins Parlament gelangte, ist noch jetzt vorhanden, und sei es nun, daß der Rath Anne Dubourg meinem Landsmann so nahe steht, daß sein Tod ein großer persönlicher Schmerz für ihn wäre, oder daß die Ungerechtigkeit des Parlaments ihm als ein abscheuliches Verbrechen erscheint, und daß dann die Beharrlichkeit, womit er den Brief behält, blos daher kommt, weil er wie jeder ehrliche Mensch die Vollziehung einer Schandthat zu verhindern oder doch wenigstens zu verzögern wünschen muß, kurz und gut, er hat geschworen diesen Brief nur dann abzugeben, wenn er die Gewißheit von der Freisprechung Anne Dubourgs hätte, und überdieß alle Diejenigen zu töten die sich der Befreiung dieses Rathes widersetzen würden. Seht, mein Herr, darum hat er Julian Fresne getödtet, nicht als ob er ein so gänzlich untergeordnetes Geschöpf, wie ein Canzleischreiber ist, für persönlich schuldig gehalten hätte; aber er, wollte den Höhergestellten dadurch beweisen, daß er, nachdem er mit dem Leben des Untergebenen keine Umstände gemacht, auch mit den Großen nicht viel Federlesens machen werde.«

Hier gerieth der Präsident in starke Versuchung das zweite Fenster öffnen zu lassen; jedes Haar seiner blonden Perücke trof von Schweiß, wie ein Weidenzweig nach einem Gewitter vom Regen trieft; da er jedoch dieses Mittel bei einer solchen Aufregung nicht genügend glaubte, so begnügte er sich über den Tisch herum verstörte Blicke zu werfen, wo durch er die Einen und Andern fragte, wie er sich gegenüber dem Schotten verhalten solle, der einen so grimmigen Freund habe; aber die Gäste, welche die Pantomime des Präsidenten nicht begriffen oder nicht begreifen wollten, weil sie fürchteten, eine ganze Legion von Schotten möchte über sie herstürzen, die Gäste, sagen wir, schlugen die Augen nieder und beobachteten ein tiefes Stillschweigen.

Inzwischen konnte ein Parlarmentspräsident, der Mann, den man so eben als die festeste Stütze des Glaubens und den größten Bürger Frankreichs proclamirt hatte, dieser Mann konnte solche Drohungen nicht feig hingeben lassen, ohne daraus zu antworten; aber wie sollte er antworten? Wenn er aufstand, um den Tisch herumging und seinen friedlichen Gewohnheiten entgegen, den trotzigen Schatten um den Leib fassen wollte, so riskirte er, daß dieser seine Absicht durchschaute und vom Leder zog oder eine Pistole aus seinem Gürtel nahm. Dieß geschah ganz sicher, nach dem entschlossenen Ausdruck im Gesichte des Schotten zu schließen. Wenn also der Gedanke seinen, wie man sieht, höchst lästigen Gast anzugreifen, auch für einen Augenblick in dem Präsidenten aufstieg, so ging er doch schnell wie eine vom Wind gesagte Wolle wieder vorüber, und dieser überaus klare Geist sah so gleich ein, daß er bei der Vollziehung eines solchen Entschlusses Alles zu verlieren und sehr wenig zu gewinnen hatte.

Nun befand sich unter den zu verlierenden Dingen sein Leben, das diesem guten Präsidenten Minard sehr angenehm war und das er so lang als möglich zu behalten wünschte. Er sann also auf ein Mittel, um aus dieser schwierigen Stellung herauszukommen, worin er, wie ihm sein Instinkt sagte, so viel zu fürchten hatte, daß er trotz seines Geizes gerne fünfzig Goldthaler gegeben hätte, um diesen verdammten Schatten auf der andern Seite der Thüre zu haben, statt blos auf der andern Seite des Tisches. Dieses Mittel bestand darin, daß er mit dem Eindringling das zu thun gedachte, was gewisse Leute mit bösen Hunden thun, d. h. er wollte ihm schmeicheln und fuchsschwänzeln. Nachdem er diesen Entschluß einmal gefaßt hatte, redete er den jungen Mann in einem Ton an, dem er einige Munterkeit zu geben versuchte.

»Ha, mein Herr, sagte er zu ihm, »nach Eurer Art Euch auszudrücken, nach Eurem höchst intelligenten Gesichte, nach Eurer distinguirten Haltung kann ich, ohne mich zu täuschen, behaupten, daß Ihr kein gewinn Mann seid, ja, ich will so gar sagen, daß Alles an Euch den Edelmann von gutem Hause verräth.«

Der Schotte verbeugte sich aber ohne zu antworten.

»Nun wohl,« fuhr der Präsident fort, »da ich mit einem Manne von guter Erziehung und nicht mit einem fanatischen Bürger, wie Euer Landsmann ist spreche« – er hatte große Lust zu sagen: und nicht mit einem Mörder wie Euer Landsmann, aber die den Juristen ungewohnte Klugheit hielt ihn zurück – »so erlaubt mir Euch zu sagen, daß ein einziger Mann nicht das Recht besitzt sich nach seiner persönlichen Anschauungsweise zum Richter über das Verhalten von Seinesgleichen zu machen: eine Menge Rücksichten kann ihn irre führen, und eben damit nicht Jeder sich zum Richter in seiner eigenen Sache aufwerfe, sind die Gerichte eingesetzt worden. Ich gebe also zu, junger Mann, daß Euer Landsmann bei seiner That in vollkommenem Einklang mit seinem Gewissen geblieben ist. Aber Ihr werdet mir zugestehen, daß, wenn Jeder das Recht hätte Justiz zu üben, darin noch kein Grund läge, daß Ihr – wenn ich annehmen will, obschon ich es für eine grundlose Annahme halte, daß Ihr die Gesinnungen Eures Landsmannes theilet – ich sage, daß darin kein Grund läge, daß Ihr, ein Mann von guter Erziehung und kaltem Blut, mir mitten in meiner Familie das Leben nähmet, unter dem Verwand, daß Ihr die Verurteilung des Rathes Dubourg nicht gutheißet.«

»Herr Präsident,« sagte der Schotte, der unter dieser weitschweifigen Rede die Kleinmüthigkeit von Meister Minard hervorscheinen sah, »Herr Präsident, erlaubet mir, wie man im Parlament sagt, daß ich Euch auf die Frage zurückverweise, nicht mehr und nicht weniger, als wenn Ihr ein einfacher Advocat wäret und kein Präsident.

»Ei, wir sind ja im Gegentheil mitten in der Frage, wie mir scheint; wir sind in der vollen Frage selbst,« antwortete Minard, der wieder einige Sicherheit gewann, sobald der Dialog in eine ihm geläufige Form zurücktrat.

»Entschuldigt, mein Herr,« erwiderte der Schotte, »Ihr, wendet Euch unmittelbar an mich, während doch bisher von mir gar nicht die Rede war; es war bis jetzt nur von meinem Freund die Rede denn nicht aus eigenem Antrieb, sondern im Auftrag meines Freundes bin ich hierher gekommen, um mir eine Antwort auf folgende Frage zu erbitten: Herr Präsident Minard, glaubt Ihr, daß der Herr Rath Dubourg zum Tode verurtheilt sei?«

Die Antwort war höchst einfach, da diese Verurtheilung wirklich vor einer Stunde erfolgt war und der Präsident bereits die dießfallsigen Glückwünsche seiner Familie entgegengenommen hatte.

Da jedoch Meister Minard dachte, daß er vielleicht, wenn er die Thatsache dieser Verurtheilung, die übrigens erst am folgenden Tag bekannt werden sollte, offen eingestände, von dem Schotten etwas Anderes als Glückwünsche bekommen könnte, so blieb er bei dem System, dessen Annahme er für klug gehalten hatte.

 

»Was soll ich Euch antworten, mein Herr?« sagte er: »ich kann Euch die Ansichten meiner Collegen darüber nicht mittheilen, sondern könnte Euch höchstens die meinige geben.«

»Herr Präsident,« sagte der Schotte, »ich habe vor Eurer persönlichen Ansicht eine solche Hochachtung, daß ich Euch nicht um die Ansichten Eurer Collegen frage, sondern um die Eurige.«

»Was kann sie Euch helfen?« fragte der Präsident, der fortwährend Ausflüchte suchte.

»Sie wird mir das helfen, daß ich sie kennen lerne,« antwortete der Schotte, der entschlossen schien in Betreff des Meisters Minard dasselbe zu thun, was ein Jagdhund mit dem Hasen thut, d. h. ihn auf allen seinen Schleichwegen zu verfolgen, bis er ihn bewältigt hat.

»Mein Gott, mein Herr,«,sagte der Präsident, als er sich zur Erklärung genöthigt sah, »meine Ansicht über den Ausgang dieses Prozesses steht schon seit langer Zeit fest.«

Der junge Mann fixirte Herrn Minard scharf. Dieser schlug unwillkürlich die Augen nieder und fuhr langsam fort, wie wenn er die Notwendigkeit begriffen hätte jedes seiner Worte genau abzuwägen.

»Es ist allerdings bedauerlich,« sagte er, »einen Mann zum Tod zu verurtheilen, der vermöge anderer Eigenschaften die öffentliche Achtung hätte verdienen können – einen Collegen, ich möchte bei nahe sagen einen Freund – aber Ihr seht es ja selbst aus dieser königlichen Verordnung, der Hof wartet nur auf das Ende dieses unglücklichen Prozesses, uni wieder Athem zu schöpfen und zu andern überzugehen: man muß also mit der Sache ein Ende wachen, und ich zweifle nicht daran, daß, wenn das Parlament gestern das Schreiben Seiner Majestät empfangen hätte, der arme unglückliche Rath, den ich als Ketzer verurtheilen muß, aber als Menschen sehr aufrichtig beklage, seine Strafe schon heute erlitten haben würde oder sehr nahe daran wäre sie zu erleiden.«

–»Ah! Es hat also doch Etwas genützt, daß mein Freund gestern diesen Julian Fresne getödtet hat!« sagte der Schotte.

»Nicht viel,« antwortete der Präsident, »es ist ein Aufschub, weiter nicht.«

»Aber ein Aufschub von einem Tag, das sind immerhin vierundzwanzig Stunden Frist, die einem Unschuldigen vergönnt werden, und in vierundzwanzig Stunden kann sich viel verändern.«

»Mein Herr,« sagte der Präsident Minard, der in seiner Eigenschaft als ehemaliger Advocat während der Discussion allmählig wieder Kräfte gewann, »Ihr sprecht von dem Rath Dubourg immer als von einem Unschuldigen.«

»Ich spreche von ihm nach dem Gesichtspunkte Gottes, mein Herr,« sagte der Schotte, indem er ernst einen Finger zum Himmel erhob.

»Ja,« sagte der Präsident, »aber von Gesichtspunkt der Menschen aus?«

»Glaubt Ihr, Meister Minard,« fragte der Schotte, »daß selbst vom menschlichen Gesichtspunkt aus das Verfahren ganz redlich sei'?«.

»Die Bischhöfe haben ihn verurtheilt, mein Herr, drei Bischöfe haben denselben Ausspruch gethan; drei ganz gleiche Urtheilssprüche.«

»Waren diese Bischöfe nicht Richter und Partei zugleich?«

»Das ist möglich, mein Herr, aber wie kann sich auch ein Hugenott an katholische Bischöfe wenden?«

»An wen hätte er sich wenden sollen, mein Herr?«

»Das ist eine sehr kitzlige Frage und voll von Schwierigkeiten.«

»Deßhalb hat das Parlament beschlossen diese Frage zu entscheiden.«

»Wie Ihr sagt, mein Herr,« antwortete der Präsident.

»Nun wohl, mein Herr, mein Landsmann hat sich eingebildet, daß der Ruhm dieser Verurtheilung Euch zufalle.«

Der Präsident hielt es für so schmählich in dieser Frage vor einem einzigen Menschen zurückzuweichen, während er sich kaum erst vor zehn andern der besagten That gerühmt hatte, daß er, nachdem er seine Verwandten mit den Augen befragt und, wie es scheint, aus ihren Blicken einige Kraft gesammelt hatte, erwiderte:

»Mein Herr, die Wahrheit zwingt mich Ihnen zu sagen, daß ich im gegebenen Fall allerdings die sehr zärtliche und sehr aufrichtige Freundschaft, die ich meinem Collegen Dubourg widmete, meiner Pflicht geopfert habe.

»Ah!« machte der Schotte.

»Nun wohl, mein Herr,« fragte Meister Minard, der die Geduld zu« verlieren anfing. »wohin führt uns das?«

»Zum Ziel, und wir sind ihm schon nahe.«

»Sagt mir doch, was kann Eurem Landsmann daran liegen, ob ich die Entscheidung des Parlaments beeinflußt habe oder nicht?«

»Es liegt ihm viel daran.«

»In welcher Beziehung?«

»Mein Landsmann behauptet, Ihr hattet die ganze Sache angezettelt, und nun müsset Ihr sie auch entwirren.«

»Ich begreife nicht,« stammelte der Präsident.

»Und doch ist die Sache höchst einfach: statt Euren Einfluß zur Verurtheilung aufzubieten, müßt Ihr ihn jetzt zur Freisprechung gebrauchen.«

»Ei,« sagte einer der Neffen, der gleichfalls ungeduldig wurde, »Eure Rath Anna Dubourg ist nun einmal verurtheilt, wie könnt Ihr also verlangen, daß mein Onkel jetzt auf seine Freisprechung hinarbeite?«

»Verurtheilt!« rief der Schotte; »habt Ihr da unten nicht gesagt, der Rath Dubourg sei verurteilt?«

Der Präsident warf dem indiscreten Neffen einen entsetzten Blick zu.

Aber entweder sah der Neffe diesen Blick nicht, oder er achtete nicht darauf.

»Nun ja, verurtheilt,« sagte er, »heute Mittag um zwei Uhr ist er verurtheilt worden. Ha, Onkel, habt Ihr uns nicht so gesagt, oder sollte ich falsch gehört haben?«

»Ihr habt recht gehört, mein Herr,« versetzte der Schotte gegen den jungen Martin indem er sich das Schweigen des Präsidenten ganz richtig erklärte.

Dann wandte er sich gegen Minard und fragte:

»Also heute um zwei Uhr ist der Rath Dubourg verurtheilt worden?«

»Ja, mein Herr,« stammelte Minard.

»Und zu was? zu einer Geldbuße?«

Keine Antwort

»Zum Gefängniß?«

Dasselbe Schweigen von Seiten des Präsidenten.

Bei jeder Frage des Schotten wurde sein Gesicht bleicher; bei der letzten wurden seine Lippen blau.

»Zum Tod?« fragte er endlich.

Der Präsident nickte mit dem Kopf.

So viel Unentschlossenheit in diesem Nicken lag, so war es gleichwohl bejahend.

»Nun wohl, es sei!« sagte der Schotte. »da er noch nicht todt ist, so darf man am Ende auch nicht verzweifelt, und wie mein Freund sagte, da Ihr Alles angezettelt habt, so müßt Ihr auch Altes entwirren.«

»Wie so?«

»Indem Ihr den König um Cassation des Urtheils bittet.«

»Ei, mein Herr,« sagte Meister Minard, der mit jedem Schritt über einen Abgrund wegzukommen meinte, um allerdings wieder einen andern vorzufinden, der sich aber dennoch bei jedem Abgrund, über den er weggekommen war, für den Augenblick beruhigte, »ei mein Herr, selbst wenn ich die Absicht hätte für Anne Dubourg Gnade zu erbitten, so wurde der König sie nicht bewilligen.«

»Warum das?«

»Nun, weil der Brief, den Ihr vorgelesen habt, seinen Willen klar genug ausspricht.«

»Ja, scheinbar.«

»Wie so? Scheinbar?«

»Allerdings. Dieser Brief des Königs war, wie ich die Ehre hatte Euch zu sagen, in einen Brief des Herzogs von Guise eingeschlossen. Nun wohl, diesen Brief des Herzogs von Greise, den ich Euch noch nicht vorgelesen habe, will ich Euch jetzt vorlesen.«

Der junge Mann zog das Pergament von Neuem aus seiner Brust hervor und verlas jetzt den Brief des Herzogs Franz von Lothringen.

Er war folgendermaßen abgefaßt:

Als Ueberschrift: »Mein Herr Bruder,

»Hier ist endlich der Brief Seiner Majestät; ich habe ihm denselben mit großer Mühe aus den Händen gerissen, und war genöthigt ihm die Feder zu führen, damit er die fünf lumpigen Buchstaben schrieb, auf denen sein Name besteht. Wir müssen in der Nähe Seiner Majestät irgend einen unbekannten Freund dieses verdammten Ketzers haben. Sputet Euch also, damit der König nicht seinen Entschluß zurücknimmt oder den Rath, wenn er verurtheilt ist, begnadigt.

»Euer respektvoller Bruder, » 17. Dezember des Jahrs der Gnade 1559. »Franz von Guise«

Der Schotte richtete sein Haupt wieder empor.

»Habt Ihr recht gehört, mein Her?i« fragte er den Präsidenten.

»Ja gewiß.«

»Soll ich Euch den Brief noch einmal vorlesen, im Fall Euch irgend ein Punkt entgangen wäre?«

»Das ist unnöthig.«

»Wollt Ihr Euch versichern, daß er wirklich von der Hand des lothringischen Prinzen ist und wirklich sein Siegel trägt?«.

»Ich verlasse mich hierin vollkommen auf Euch.«

»Nun wohl, was geht für Euch aus diesem Brief hervor?«

»Daß der König Anstand genommen hat zu schreiben, mein Herr, daß der König aber dennoch zuletzt geschrieben hat.«

»Aber er hat mit Widerwillen geschrieben, und wenn ein Mann.wie Ihr z. B. Herr Präsident, zu diesem gekrönten Kinde, das man König nennt,« sagen würde: Sire, wir haben den Rath Dubourg des Exempels wegen verurtheilt, aber Eure Majestät muß ihn der Gerechtigkeit wegen begnadigen, so würde der König, dem Herr von Guise die Hand führen mußte, um die fünf Buchstaben seines Namens zu schreiben, Gnade üben.«

»Und wenn mein Gewissen mir verbietet Das zu thun, was Ihr da von mir verlanget, mein Herr,« sagte der Präsidentin der augenscheinlichen Absicht sein Terrain zu erkunden.

»Dann werde ich Euch bitten, mein Herr, des Schwures eingedenk zu sein, welchen mein Freund, der Schotte, gethan hat, als er Julian Fresne tödtete, er schwur nämlich gleich diesem alle Diejenigen zu tödten, welche von nah oder fern zur Verurtheilung des Rathes Dubourg beigetragen hätten.«

In diesem Augenblick zog ganz gewiß der Schatten des Canzleischreibers, einem Schatten aus einer Zauberlaterne ähnlich, über die Wand des Speisesaales hin; aber ohne Zweifel wandte der Präsident seinen Kopf ab, um ihn nicht zu sehen.

»Ach, das ist Unsinn, was Ihr mir da sagt,« antwortete er dem jungen Mann.

»Unsinn! warum, Herr Präsident?«

»Weil Ihr mich, einen Beamten, und zwar in meinem eigenen Hause, im Schooße meiner Familie bedrohet.«

»Dieß geschieht, mein Herr, damit Ihr gerade aus diesen Rücksichten auf Haus und Familie ein Gefühl des Mitleids, welches Gott Euch gegen Andere nicht ins Herz gelegt hat, gegen Euch selbst schöpfet.«

»Es scheint mir, mein Herr, daß Ihr, statt zu bereuen und Euch zu entschuldigen, in Euren Drohungen gegen mich fortfahren wollt.«

»Ich habe es Euch bereits gesagt, mein Herr: Derjenige, der Julian Fresne getödtet, hat Jedem, der sich der Befreiung und Rettung von Anne Dubourg widersagen würde, den Tod geschworen, und damit man an seinem Wort nicht zweifeln soll, hat er zuerst den Canzleischreiber getödtet, weniger weil er ihn für schuldig hielt, als weil er durch seinen Tod seinen andern Feinden, so hoch gestellt sie sein mochten, eine heilsame Warnung ertheilen wollte Werde! Ihr den König um Begnadigung von Anne Dubourg angehen? Ich fordere Euch im Namen meines Freundes zur Antwort auf.«

»Ah! Ihr fordert mich im Namen eines Mörders, eines Meuchlers, eines Diebes zur Antwort auf!« rief der Präsident erbittert.

»Bemerket wohl, mein Herr,« sagte der junge Mann, »daß es Euch frei steht mir mit Ja oder Nein zu antworteten.«

»Ah! Es steht mir frei mit Ja oder Nein zu antworten?«

»Allerdings.«

»Nun denn,« heulte der Präsident. außer sich über die Kaltblütigkeit seines Verhörers, »so sagt Eurem Schotten, daß es einen Mann Namens Anton Minard, einen der Präsidenten des Hofes, gebe, der seinerseits den Tod Arme Dubourgs geschworen habe; daß dieser Präsident ein Mann von Wort sei und es Euch morgen beweisen werde.«

»Nun denn mein Herr,« antwortete Robert Stuart, ohne eine Geberde zu machen und ohne ein Zeichen von Aufregung zu geben, indem er beinahe die gleichen Worte nachsprach, »so wißt, daß es einen Schotten gibt, der den Tod des Herrn Anton Minard, eines der Präsidenten des Hofs, geschworen hat; daß dieser Schotte ein Mann von Wort ist und es Euch heute beweist.«

Bei diesen legten Worten machte Robert Stuart, der seine rechte Hand unter seinen Mantel gesteckt hatte, eine seiner Pistolen los, spannte geräuschlos den Hahn, legte, ehe man beider Schnelligkeit seiner Bewegung daran dachte ihn zu verhindern, über den Tisch hinüber d.h. in unmittelbarster Nähe auf Ihn an und ließ krachen.

Herr Minard sank sammt seinem Stuhl rücklings zu Boden.

Eine andere Familie als die des Präsidenten würde ohne Zweifel Alles gethan haben, um den Mörder festzunehmen; aber nein, sämmtliche Gäste des verstorbenen Präsidenten waren nur auf ihre eigene Sicherheit bedacht; die Einen flohen unter Verzweiflungsgeschrei in die Küche, die Andern schlüpften unter den Tisch und hüteten sich wohl ein Wörtchen zu sagen. Es war eine allgemeine Ausreißerei, und Robert Stuart, der sich gewissermaßen allein in diesem Speisesaal befand, wo Alles mittelst einer Fallthüre verschwunden zu sein schien, zog sich langsam nach Art der Löwen, wie Dante sagt, zurück, ohne daß es Jemand einfiel ihn im mindesten zu beunruhigen.

 
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