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Der Frauenkrieg

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»Ich danke,« erwiederte der junge Edelmann mit trockenem Tone. »Ich kenne Fräulein von Lartigues nur dem Namen nach und wünsche sie nicht anders kennen zu lernen.«

»Ihr habt bei Gott Unrecht. Nanon ist in jeder Beziehung ein gutes Mädchen.«

Der junge Manns faltete die Stirne.

»Ah, um Vergebung,« versetzte der Reisende erstaunt, »aber ich glaubte, in Eurem Alter . . .«

»Mein Alter ist allerdings das, in welchem man dergleichen Vorschläge gewöhnlich annimmt,« versetzte der Jüngling, als er die schlimme Wirkung bemerkte, welche sein strenges Wesen hervorbrachte, »und ich würde ihn ebenfalls gern annehmen, wäre ich nicht hier auf der Durchreise und genöthigt, meinen Weg noch in dieser Nacht fortzusetzen.«

»Oh! bei Gott, Ihr werdet wenigstens nicht gehen, bevor ich weiß, wer der edle Ritter ist, der nur auf eine so zuvorkommende Weise das Leben gerettet hat.«

Der junge Mann schien zu zögern; dann nach einem Augenblick:

»Ich hin der Vicomte von Cambes.«

»Ah, ah,« rief der Andere, »ich hörte von einer reizenden Vicomtesse von Cambes sprechen, welche eine bedeutende Anzahl von Gütern rings um Bordeaux besitzt und die Freundin der Frau Prinzessin ist.«

»Das ist meine Verwandtin,« sprach der Jüngling lebhaft.

»Meiner Treue, ich wache Euch mein Compliment, Vicomte, denn man nennt sie unvergleichlich. Ich hoffe, wenn mich die Gelegenheit in dieser Hinsicht begünstigt, werdet Ihr mich derselben vorstellen. Ich bin der Baron von Canolles, Kapitän in Navailles, und benütze für den Augenblick einen Urlaub, den mir der Herzog von Epernon auf Empfehlung von Fräulein von Lartigues bewilligt hat.«

»Der Baron von Canolles!« rief der Vicomte und schaute diesen mit der ganzen Neugierde an, welche in ihm der in den galanten Abenteuern jener Zeit berühmte Name erweckte.

»Ihr kennt mich,« sprach Canolles.

»Nur dem Rufe nach,« antwortete der Vicomte.

»Dein schlimmen Rufe nach, nicht wahr? Was wollt Ihr? Jeder folgt seiner Natur und ich, ich liebe das bewegte Leben.«

»Es steht Euch vollkommen frei, mein Herr, zu leben, wie es Euch zusagt.« erwiederte der Vicomte. »Erlaubt mir jedoch eine Bemerkung.«

»Welche?«

»Es wird hier eine Frau furchtbar Euretwegen gefährdet, und der Herzog wird sich dafür, daß er durch Euch hintergangen worden ist, rächen.«

»Teufel! Ihr glaubt?«

»Allerdings, wenn auch eine . . . leichtsinnige . . . Frau, ist darum Nanon von Lartigues nicht minder Frau, und durch Euch compromittiert. Es ist folglich Eure Sache, über ihr zu wachen.«

»Ihr habt meiner Treue Recht, junger Nestor, und ich besaß bei dem Zauber Eurer Unterhaltung meine Pflichten als Edelmann. Wir werden verrathen worden sein, und der Herzog weiß ohne Zweifel Alles. Wäre nur Nanon davon in Kenntniß gesetzt: sie ist geschickt, und ich würde mich auf sie verlassen, daß sie es dahin brächte, daß der Herzog um Verzeihung bitten müßte. Laßt hören, versteht Ihr den Krieg, junger Mann?«

»Noch nicht,« antwortete der Vicomte lachend; »aber ich glaube da, wohin ich gehe, werde ich ihn lernen.«

»Wohl, seine erste Lection! Ihr wißt, daß man im guten Kriege, wenn die Kraft unnütz ist, List anwenden muß; helft mir also eine List ausführen.«

»Gern. Aber sprecht, auf welche Art?«

»Das Wirthshaus hat zwei zwei Thüren.«

»Das weiß ich nicht.«

»Aber ich weiß es; eine geht auf die Landstraße, die andere auf das Feld. Ich entferne mich durch diejenige, welche auf das Feld geht, beschreibe einen Halbkreis und klopfe an das Haue von Nanon, welches ebenfalls eine Hinterthüre hat.«

»Ja, damit man Euch dort ertappt?« rief der Vicomte. »Ihr seid in der That ein guter Taktiker.«

»Damit man mich ertappt?« versetzte Canolles.

»Allerdings. Des Harrens müde, und da er Euch nicht wieder von hier herauskommen sah, wird der Herzog nach dem Hause zurückgekehrt sein.«

»Ja, ich gehe aber nur hinein und sogleich wieder zurück.«

»Seid Ihr einmal innen, so kommt Ihr nicht wieder heraus.«

»Junger Mann,« sprach Canolles, »Ihr seid offenbar ein Zauberer.«

»Ihr werdet ertappt und vielleicht unter ihren Augen getödtet, das ist das Ganze.«

»Bah!« sagte Canolles, »es gibt Schränke.«

»Oh!« rief der Vicomte.

Dieses Oh! Wurde mit einem so beredten Tone ausgesprochen, es enthielt so viele verschiedene Vorwürfe, es lag darin so viel Schamhaftigkeit, so viel Zartgefühl, daß Canolles plötzlich inne hielt und trotz der Dunkelheit seinen durchdringenden Blick auf den jungen Mann heftete, der sich mit dem Ellbogen auf das Fenster lehnte.

Der Vicomte fühlte das ganze Gewicht dieses Blickes und versetzte mit heiterer Miene:

»Ihr habt im Ganzen Recht,– Baron, geht; verbergt Euch nur gut, damit man Euch nicht ertappt.«

»Nein, ich habe Unrecht,« sprach Canolles, »und Ihr habt Recht. Aber wie sie benachrichtigen?«

»So scheint mir, ein Brief . . .«

»Wer wird ihn zu ihr tragen?«

»Ich glaubte einen Lackeien bei Euch gesehen zu haben. Ein Lackei wagt unter solchen Umständen nur einige Stockschläge, während ein Edelmann sein Leben einsetzt.«

»Ich will meinen Kopf verlieren, wenn Castorin den Auftrag nicht vortrefflich vollzieht, umso mehre als ich vermuthe, daß der Bursche ein Einverständniß im Hause hat.«

»Ihr seht, daß sich Allen auf diese Art ordnen läßt,« sprach der Vicomte.

»Ja; habt Ihr Dinte, Papier und Feder?«

»Nein,« sagte der Vicomte, »doch es gibt da unten.«

»Um Vergebung,« versetzte Canolles, »aber in der That, ich weiß nicht, wie mir diesen Abend geschieht, und ich mache Dummheit auf Dummheit. Gleichviel, ich danke für Euren guten Rath, Vicomte, und werde ihn sogleich befolgen.«

Und ohne mit den Augen den jungen Mann zu verlassen, den er seit einigen Momenten mit besonderer Beharrlichkeit prüfend anschaute, erreichte Canolles die Thüre und stieg die Treppe hinab, während der Vicomte sehr beunruhigt murmelte:

»Wie er mich anschaute sollte er mich erkannt haben!«

Canolles war indessen hinab gegangen, und nachdem er einen Augenblick als tief bekümmerter Mann die Wachteln, die Feldhühner und die Leckerbissen betrachtet hatte, welche Meister Biscarros selbst in dem Tischkorbe auf dem Kopfe seines Küchengehilfen aufhäufte, und die ein Anderer vielleicht essen sollte, obgleich sie für ihn bestimmt waren, fragte er nach dem Zimmer, das ihm Castorin hatte bereiten müssen, ließ sich Dinte, Feder und Papier bringen und schrieb folgenden Brief an Nanon:

»Liebe Dame,

»Hundert Schritte von Eurer Thüre könnt Ihr, wenn Euch die Natur die Fähigkeit verliehen hat, in der Nacht zu sehen, in einer Baumgruppe den Herzog von Epernon erblicken, der mich erwartet, um mich todt schießen zu lassen und Euch hernach furchtbar zu compromittiren. Aber ich wünsche eben so wenig das Leben zu verlieren, als Euch Eure Ruhe verlieren zu lassen. Bleibt also im Frieden auf jener Seite. Ich, was mich betrifft, will ein wenig den Urlaub benutzen, den Ihr einst unterzeichnen ließet, damit ich von meiner Freiheit Gebrauch mache, um Euch zu sehen. Wohin ich gehe, weiß ich nicht, und ich weiß sogar nicht, ob ich überhaupt irgendwohin gehe. Wie dem sein mag, ruft Euren Flüchtling zurück, sobald der Sturm vorüber ist. Man wird Euch im Goldenen Kalbe sagen, welchen Weg ich eingeschlagen habe. Hoffentlich werdet Ihr mir für das Opfer Dank wissen, das ich mir auferlege. Eure Interessen sind mir teurer, als mein Vergnügen. Ich sage mein Vergangen, denn es hätte mir Freude gemacht, Herrn von Epernon und seine Sbirren unter ihrer Verkleidung durchzuprügeln. Glaubt also, liebe Seele, daß ich Euer Ergebener und vor Allem sehr Treuer bin.«

Canolles unterzeichnete, das von der gascognischen Prahlerei, deren Wirkung auf die Gascognerin Nanon er kannte, ganz kochende Billet, rief dann seinen Bedienten und sagte zu diesem:

»Hierher, Meister Castorin, und gestehe offenherzig, wie weit Du mit Mademoiselle Francinette gekommen bist?«

»Gnädiger Herr,« antwortete Castorin ganz erstaunt über diese Frage, »ich weiß nicht, ob ich soll . . .«

»Sei unbesorgt, Meister Dummkopf, ich habe keine Absicht auf sie, und Du hast nicht die Ehre, mein Nebenbuhler zu sein. Ich verlange von Dir nur eine einfache Auskunft,«

»Ah! dann ist es etwas Anderes, gnädiger Herr. Mademoiselle Francinette besitzt Verstand genug, um meine Eigenschaften zu würdigen.«

»Du stehst also auf das Beste mit ihr, Taugenichts? Sehr gut. Nimm diesen Billet, umgehe den Wiesengrund . . .«

»Ich weiß den Weg genau,« sprach Castorin mit einer anmaßenden Miene.

»Das ist richtig. Klopfe an der Hinterthüre; ohne Zweifel kennst Du auch die Hinterthüre?«

»Allerdings.«

»Immer besser. Schlage diesen Weg ein, klopfe an die Thüre und übergib diesen Brief Mademoiselle Francinette.«

»Ich kann also in diesem Falle . . .« rief Castorin freudig.

»Du kannst sogleich abgehen und hast zehn Minuten für den Gang hin und zurück. Dieser Brief muß im Augenblick Fräulein Nanon von Lartigues übergeben werden.«

»Aber, gnädiger Herr,« entgegnete Castorin, der ein mißliches Abenteuer roch, »wenn man mir die Thüre nicht öffnet?«

»So bist Du ein Dummkopf; Du mußt doch eine besondere Art des Anklopfens haben, bei der man einen artigen Menschen nicht außen läßt; ist es anders, so bin ich ein sehr beklagenswerther Edelmann, daß ich einen solchen Lumpenkerl in meinen Diensten habe.«

»Ich habe meine Weise,« erwiederte Castorin mit seiner siegreichsten Miene. »Ich klopfe zuerst zweimal in gleichen Zwischenräumen, dann zum dritten Male.«

»Ich frage Dich nicht, auf welche Weise Du klopfst, gleichviel, wenn man Dir nur öffnet. Erwischt man Dich, so verschlinge das Papier; thust Du es nicht, so schneide ich Dir bei Deiner Rückkehr die Ohren ab, wenn dies nicht bereite geschehen ist.«

 

Castorin ging wie der Blitz ab. Aber unten an der Treppe blieb er stille stehen und steckte das Billet, gegen alle Regel, oben in seinen Stiefel; dann entfernte er sich durch die Thüre des Geflügelhofes, machte einen langen Umkreis, wobei er durch das Gebüsch schlich wie ein Fuchs und über die Gräben setzte wie ein Windhund, klopfte an die geheime Thüre, auf die Weise, welche er seinem Gebieter zu erklären versucht hatte, und dieses Klopfen war auch so wirksam, daß sich sogleich die Thüre öffnete.

Zehn Minuten nachher kam Castorin, ohne daß ihm irgend etwas Mißliches begegnet war, zurück und meldete seinem Herrn, das Billet wäre in die schönen Hände von Fräulein Nonen übergeben worden.

Canolles hatte diese zehn Minuten benutzt, um seinen Mantelsack zu öffnen, seinen Schlafrock herauszunehmen und sich den Tisch decken zu lassen. Er hörte zu seiner großen Befriedigung den Bericht von Castorin, machte einen Gang in die Küche, gab mit lauter Stimme seine Befehle und gähnte unmäßig, wie ein Mensch, der ungeduldig den Augenblick, des Schlafengehens erwartet. Ließ der Herzog von Epernon ihn belauern, so sollte er durch dieses Manoeuvre auf den Glauben kommen, der Baron hätte nie die Absicht gehabt, weiter als zu dem Gasthause zu gehen, wohin er als ein einfacher und harmloser Reisender gekommen wäre, um Abendbrod und ein Nachtlager zu fordern. Dreier Plan hatte wirklich das von dem Baron gewünschte Resultat; ein Mensch, der einem Bauern glich, trank in dem dunkelsten Winkel der Wirthsstube, rief dem Kellner, bezahlte seine Zeche, stand auf und entfernte sich ein Lied trällernd. Canolles folgte ihm an die Thüre und sah, wie er sich nach der Baumgruppe wandte. Zehn Minuten nachher hörte er den Tritt mehrerer Pferde: der Hinterhalt war aufgehoben.

Der Baron kehrte nun zurück, und da sein Geist in Beziehung auf Nanon völlig frei war, so dachte er nur daran, den Abend auf die vergnüglichste Weise zuzubringen. Er befahl demzufolge Castorin, Karten und Würfel bereit zu legen, und als hierfür gesorgt war, zu dem Vicomte von Cambes zu gehen und nachzufragen, ob er ihm wohl die Ehre erweisen würde, ihn zu empfangen.

Castorin gehorchte und fand auf der Schwelle des Zimmers einen alten Stallmeister mit weißen Haaren, welchen die Thüre halb geöffnet hielt und auf sein Compliment mit einer verdrießlichen Miene antwortete:

»Unmöglich, der Herr Vicomte hat in diesem Augenblick Geschäfte.«

»Sehr gut,« sprach Canolles, »ich werde warten.«

Und als er ein gewaltigen Geräusch in der Gegend der Küche vernahm, begab er sich, um die Zeit zu tödten, dahin und sah nach, was sich in diesem wichtigen Theile den Hauses ereignete.

Es war der arme Küchenjunge, welcher mehr todt als lebendig zurückkehrte. An der Biegung des Wegen war er von vier Männern angehalten worden, die ihn über den Zweck seines nächtlichen Spazierganges befragten, und als sie hörten, er habe Abendbrod zu der Dame des vereinzelten Hauses zu tragen, ihn seiner Mütze, seines weißen Wammses und seiner Schürze beraubten. Der Jüngste von den vier Männern zog sodann die Insignien seines Standes an, stellte den Korb im Gleichgewicht auf seinen Kopf und setzte statt des Küchenlehrlings den Weg nach dem kleinen Hause fort. Zehn Minuten nachher kehrte er zurück und besprach sich ganz leise mit demjenigen, welcher der Anführer der Truppe zu sein schien. Dann gab man dem Küchenjungen sein Wamms, seine Mütze und seine Schürze zurück, zurück, setzte ihm seinen Korb wieder auf den Kopf und ertheilte ihm einen Fußtritt, am ihn in die Richtung zu bringen, die er verfolgen sollte. Mehr verlangte der arme Teufel nicht. Er lief aus Leibeskräften und fiel halb todt vor Schrecken auf die Thürschwelle, wo man ihn aufhob.

Diesen Abenteuer war sehr unverständlich für alle Welt, mit Ausnahme den Canolles. Da dieser aber, keinen Grund hatte, eine Erläuterung darüber zu geben, so ließ er Wirth, Kellner, Mägde und Küchenjungen sich in Vermuthungen verlieren, und während sie nach Kräften schwärmten, ging er zu dem Vicomte hinauf, öffnete in der Voraussetzung, die erste Anfrage, die er durch die Vermittelung von Castorin gestellt hatte, überhebe ihn eines zweiten Schrittes dieser Art, die Thüre ohne weitere Umstände und trat ein.

Eine beleuchtete und mit zwei Gedecken versehene Tafel stand mitten im Zimmer und erwartete, um vollständig zu sein, nur die Platten, mit denen sie geschmückt werden sollte.

Canolles bemerkte diese zwei Gedecke und betrachtete dieselben als ein freudiges Vorzeichen.

Als aber der Vicomte ihn erblickte, stand er mit einer so ungestümen Bewegung auf, daß man leicht sehen kannte, der Besuch habe den jungen Mann überrascht und das zweite Gedecke sei nicht, wie er sich Anfangs geschmeichelt hatte, für ihn bestimmt.

Dieser Zweifel wurde durch die ersten Worte bestätigt, die der Vicomte an ihn richtete.

»Darf ich wohl fragen, Herr Baron,« sagte dieser, stets ceremoniös gegen ihn vorschreite, »welchem neuen Umstande ich die Ehre Eures Besuches zu verdanken habe?«

»Ei,« erwiederte Canolles, etwas verblüfft durch diesen sonderbaren Empfang, »einem ganz natürlichen Umstande. Ich bekam Hunger und dachte, Ihr müßtet auch bekommen haben. Ihr seit allein, ich bin auch allein und wollte die Ehre haben, Euch den Vorschlag zu machen, mit mir zu Nacht zu speisen.

Der Vicomte schaute Canolles mit sichtbarem Mißtrauen an und schien einigermaßen in Verlegenheit zu sein, wie er ihm antworten sollte.

»Bei meiner Ehre, sprach Canolles lachend, »man sollte glauben, ich machte Euch bange. Seid Ihr Malteserritter? Bestimmt man Euch für die Kirche, oder hat Euch Eure Familie im Abscheu vor den Canolles aufgezogen? . . . Bei Gott, ich werde Euch nicht in einer Stunde zu Grunde richten, die wir mit einander bei Tische zubringen.«

»Ich kann unmöglich zu Euch hinab kommen, Baron.«

»Gut, so kommt nicht herab,i aber da ich zu Euch herauf gekommen bin . . .«

»Noch viel unmöglicher, mein Herr. Ich erwarte Jemand.«

Diesmal wurde Canolles gleichsam aus dem Sattel gehoben.

»Ah! Ihr erwartet Jemand?« sprach Canolles.

»Ja.«

»Meiner Treue,« sagte Canolles nach kurzem Stillschweigen, »meiner Treue, es wäre mir lieber, Ihr hättet mich meinen Weg fortsetzen lassen, auf die Gefahr, was mir auch begegnet sein dürfte, statt durch den Widerwillen, den Ihr gegen mich an den Tag legt den Dienst zu verderben, den Ihr mir leistetet, und wofür ich Euch nicht genug gedankt zu haben scheine.

Der Jüngling erröthete, näherte sich Canolles und sprach mit zitternder Stimme:

»Um Vergebung, mein Herr, ich begreife meine ganze Unhöflichkeit, und wenn es nicht wichtige Angelegenheiten, Familienangelegenheiten wären, die ich mit der Person zu besprechen habe, welche ich erwarte, so würde ich es mir zugleich zur Ehre und zum Vergnügen schätzen, Euch als Dritten zu empfangen, obschon . . .«

»Oh, vollendet,« sprach Canolles, »was Ihr mir auch sagen möget, ich in entschlossen, mich nicht darüber zu ärgern.«

»Obschon,« fuhr der junge Mann fort, »unsere Bekanntschaft eine von den unvorhergesehenen Wirkungen des Zufalls, eines von den ephemeren Verhältnissen ist . . .«

»Und warum dies?« fragte Canolles. »Auf diese Art schließen sich im Gegentheil die langen und aufrichtigen Freundschaften. Man braucht nur der Vorsehung aus dem, was Ihr dem Zufall zuschreibt, ein Verdienst zu machen.«

»Die Vorsehung, mein Herr,« versetzte der Vicomte lachend, »will, daß ich in zwei Stunden abreise, und aller Wahrscheinlichkeit nach einer, der Eurigen entgegengesetzten Straße folge. Empfangt also mein ganzes Bedauern, daß ich nicht wie ich es wünschte, diese Freundschaft annehmen kann, die Ihr mir auf eine so herzliche Weise bietet, und deren vollen Werth ich zu schätzen weiß.«

»Meiner Treue,« sprach Canolles, »Ihr seid ein seltsamer Junge, und Euer edelmüthiges Wesen hatte mir Anfangs einen ganz andern Begriff von Eurem Charakter gegeben. Doch es mag sein, wie Ihr es wünscht. Ich habe allerdings nicht das Recht, Forderungen zu stellen, denn ich bin Euch zu Dank verpflichtet, und Ihr habt viel mehr für mich gethan, als ich von einem Unbekannten zu erwarten befugt war. Ich kehre zurück, um allein zu Nacht zu speisen; aber in der That, Vicomte, es wird mir schwer, denn das Selbstgespräch gehört nicht zu meinen Gewohnheiten.«

Ungeachtet dessen, was Canolles gesagt hatte, und trotz den Entschlusses, sich zu entfernen, den seine Worte ankündigten, zog er sich nicht zurück. Irgend etwas, worüber er sich keine Rechenschaft geben konnte, fesselte ihn an den Boden. Er fühlte sich unwiderstehlich zu dem Vicomte hingezogen; aber dieser nahm eine Kerze, näherte sich Canolles reichte ihm die Hand und sprach mit einem reizenden Lächeln:

»Mein Herr, wie es auch sein mag, und so kurz unser Zusammentreffen auch gewesen ist, so glaubt mir doch, daß es mich entzückt, wenn ich Euch zu irgend Etwas nützlich gewesen bin.«

Canolles sah nur das Compliment: er nahm die Hand, die ihm der Vicomte darreichte und die, statt den männlichen, freundschaftlichen Druck zu erwiedern, sich lau und zitternd zurückzog. Er begriff, daß, so umwickelt er auch mit einer höflichen Phrase war, der Abschied, den ihm der junge Mann gab, darum nicht minder als ein Abschied betrachtet werden mußte, und entfernte sich, völlig in seinen Hoffnungen getäuscht und ganz in Gedanken versunken.

An der Thüre begegnete er dem zahnlosen Lächeln des alten Dieners, der die Kerze aus den Händen des Vicomte nahm, Canolles auf eine unterthänige Weise bis an sein Zimmer begleitete und dann sogleich wieder zu seinem Herrn hinaufstieg, welcher ihn oben an der Treppe erwartete.

»Was macht er?« fragte der Vicomte mit leiser Stimme.

»Ich glaube, er entschließt sich, allein zu Nacht zu speisen.« antwortete Pompée

»Dann wird er nicht mehr heraufkommen.«

»Ich hoffe es wenigstens.«

»Bestelle die Pferde, Pompée, es ist immerhin gewonnene Zeit. Aber,« fügte der Vicomte horchend bei, »was für ein Lärm ist das?«

»Man sollte glauben, es wäre die Stimme von Herrn Richon.«

»Und die von Herrn von Canolles.«

»Sie zanken sich, wie es scheint,«

»Im Gegentheil, sie erkennen sich. Hört!«

»Wenn nur Richon nicht schwatzt!«

»Oh, es ist nichts zu befürchten, er ist ein umsichtiger Mann.«

»Stille . . .«

Die zwei Horcher schwiegen, und man vernahm die Stimme von Canolles.

»Zwei Gedecke, Meister Biscarros!« rief der Baron, »zwei Gedecke! Herr Richon speist mit mir.«

»Nein, wenn es Euch gefällig ist,« antwortete Richon. »Unmöglich!«

»Ah! Ihr wollt also allein zu Nacht speisen, wie der junge Edelmann.«

»Welcher Edelmann?«

»Der da oben.«

»Wie heißt er?«

»Vicomte von Cambes.«

»Kennt Ihr den Vicomte?«

»Bei Gott! er hat mir das Leben gerettet.«

»Er?«

»Ja, er.«

»Wie dies?«

»Speist mit mir zu Nacht, und ich erzähle Euch die Geschichte während des Mahles.«

»Ich kann nicht; ich speise mit ihm.«

»In der That, er erwartet Jemand.«

»Das bin ich, und da ich bereits zu spät komme, so erlaubt mir, daß ich Euch verlasse, nicht wahr, Baron?«

»Nein, Donner und Teufel! ich erlaube es nicht!« rief Canolles. »Ich habe mir in den Kopf gesetzt, in Gesellschaft zu speisen, und Ihr eßt mit mir oder ich esse mit Euch. Meister Biscarros, zwei Gedecke!«

Aber während Canolles sich umwandte, um zu sehen, ob dieser Befehl vollzogen werde, hatte Richon die Treppe erreicht und stieg rasch die Stufen hinauf. Als er auf die letzte Stufe gelangte, begegnete seine Hand einer kleinen Hand, die ihn in das Zimmer des Vicomte von Cambes zog, dessen Thüre sich hinter ihm schloß und deren Verschluß zu größerer Sicherheit noch durch zwei Riegel verstärkt wurde.

»In der That,« murmelte Canolles, während er vergeblich mit seinen Augen den verschwundenen Richon suchte und sich an seinen einsamen Tisch setzte, »in der That, ich weiß nicht, was man in diesem verfluchten Lande gegen mich hat. Die Einen laufen mir nach, um mich zu tödten, die Andern fliehen mich, als ob ich die Pest hätte. Beim Teufel, mein Appetit stirbt dahin. Ich fühle, daß ich traurig werde, und bin fähig mich zu betrinken, wie ein Landsknecht. Hollah, Castorin! Hierher, damit ich Dich durchprügle. Sie schließen sich da oben ein, als ob sie sich verschwören wollten! Ah, doppelter Ochs, der ich bin, in der That, sie konspirieren! So ist es: damit erklärt sich Alles. Für wen aber konspirieren sie? für den Coadjutor, für die Prinzen, für das Parlament, für den König, für Herrn von Mazarin? Meiner Treue, sie mögen konspirieren, für oder gegen wen sie wollen, mir gleichviel, mein Appetit hat sich wieder eingestellt. Castorin, laß auftragen und schenke mir ein; ich verzeihe Dir.«

 

Und Canolles hielt sich philosophisch an das erste Abendbrod, das für den Vicomte von Cambes bereitet worden war und von Meister Biscarros, in Ermanglung neuer Mundvorräthe, ihm aufgewärmt serviert werden wußte.

Während der Baron von Canolles vergeblich einen Menschen suchte, der sein Abendbrod mit ihm theilen sollte, und seiner fruchtlosen Nachforschungen müde allein zu Nacht zu speisen sich entschloß, wollen wir sehen, was bei Nanon vorging.

Nanon, was ihre Feinde auch gesagt und geschrieben haben mögen, und unter die Zahl ihrer Feinde muß man die meisten Schriftsteller rechnen, welche sich mit ihr beschäftigten, war zu jener Zeit ein reizendes Geschöpf von fünfundzwanzig bis sechsundzwanzig Jahren, klein von Wuchs, mit brauner Haut, aber mit geschmeidigem, anmuthigem Wesen, mit lebhaften, frischen Farben, mit tiefschwarzen Augen, deren durchsichtige Hornhaut in allen Regenbogenfarben, in allen Reflexen und Feuern spielte, wie die der Katzen. Heiteren Angesichts, scheinbar lachend, war Nanon jedoch weit entfernt, ihren Geist allen Launen, allen Nichtswürdigkeiten hinzugeben, welche mit tollen Arabesken den seidenen und goldenen Einschlag sticken, aus dem gewöhnlich das Leben einer Petite-maitre besteht. Reiflich und lange in ihrem eigensinnigen Kopfe abgewogen, nahmen im Gegentheil die ernsthaftesten Erörterungen ein im höchsten Maße verführerisches, leuchtendes Aeußere an, wenn sie sich durch ihre vibrierende Stimme mit dem stark gascognischen Accente verdolmeschten. Niemand hatte unter dieser rosigen Maske mit den feinen, lachenden Zügen, unter diesen glühenden Blicke voll wollüstiger Versprechungen die unermüdliche Beharrlichkeit, die unüberwindliche Standhaftigkeit und Tiefe des Staatsmannes errathen, und dennoch waren dies die Eigenschaften oder die Fehler von Nanon, je nachdem man sie von der Vorderseite oder von der Rückseite der Medaille betrachten will, dennoch war dies der berechnende Geist, das ehrgeizige Gemüth, dem ein Körper voll Eleganz als Hülle diente.

Nonen war von Agen. Der Herr Herzog von Epernon, der Sohn des unzertrennlichen Freundes von Heinrich IV., desjenigen, welcher mit ihm im Wagen saß, in dem Augenblicke, wo ihn das Messer von Ravillac traf, und über welchen der Verdacht schwebte, der bis auf Catharina von Medicis zurückging, der Herzog von Epernon hatte, zum Gouverneur der Guienne ernannt, wo ihn sein hochmüthiges Wesen, seine Anmerkungen und seine Erpressungen allgemein verhaßt machten, dieses kleine Bürgermädchen, die Tochter eines einfachen Advokaten, ausgezeichnet. Er machte ihr den Hof und legte mit großer Mühe und nach einer Vertheidigung, welche mit der Geschicklichkeit eines großen Taktikers ausgehalten wurde, der seinen Sieger den Preis den Sieges fühlen lassen will. Aber als Lösegeld für ihren nun verlorenen Ruf beraubte Nanon den Herzog seiner Macht und seiner Freiheit. Nach Verlauf einer Verbindung von sechs Monaten mit dem Gouverneur von Guienne wer es wirklich sie, welche die schöne Provinz regierte, und sie gab mit Wucher allen denen, welche sie einst verletzt oder gedemüthigt hatten, die empfangenen Beleidigungen zurück. Königin aus Zufall, wurde sie Tyrannin aus Berechnung. Bei ihrem feinen Geiste hatte sie das Vorgefühl, daß man die wahrscheinliche Kürze der Herrschaft durch den Mißbrauch ersetzen müßte.

Sie bemächtigte sich demzufolge Alles dessen, was in ihr Bereich kam, riß Schätze, Einfluß, Ehrenstellen an Sich. Sie wurde reich, sie ernannte zu Aemtern, und empfing die Besuche von Mazarin und den ersten Herren des Hofes. Mit wunderbarer Geschicklichkeit die verschiedenen Elemente, über welche sie zu verfügen hatte, zusammenfassend, machte sie sich daraus ein ihrem Ansehen nützliches, ihrem Vermögen vortheilhaftes Amalgam. Jeder Dienst, den Nanon leistete, hatte seinen bestimmten Preis. Ein Grad im Heere, eine Stelle in der bürgerlichen Verwaltung, Alles war in einen Tarif gebracht. Nanon bewilligte einen solchen Grad oder eine solche Stelle, aber man mußte ihr dafür in schönem, gutem Gelde oder durch ein königlichen Geschenk Zahlung leisten. Wenn sie sich so einen Bruchstückes von Gewalt zum Vortheile irgend einen Menschen entäußerte so nahm sie dieses Bruchstück unter einer andern Form wieder ein. Sie gab die Gewalt, behielt aber das Geld, das der Nerv davon ist.«

Dies erklärt die Dauer ihrer Herrschaft: denn die Menschen zögern in ihren Hasse, einen Feind zu stürzen, dem noch ein Trost bleibt. Die Rache will eine völlige Niederlage, ein gänzliches Zugrunderichten. Die Völker jagen ungerne einen Tyrannen fort, der ihr Gold mit sich nehmen und lachend weggehen würde. Nanon von Lartigues besaß zwei Millionen.

Sie lebte auch mit einer Art von Sicherheit auf dem Vulkan, der beständig um sie herum bebte. Sie hatte gefühlt, wie der Volkshaß der Fluth ähnlich stieg, immer größer wurde und mit seinen Wellen die Gewalt von Herrn von Epernon peitschte, der an einem Tage des Zorns von Bordeaux vertrieben, Nanon mit sich zog, wie die Barke dem Schiffe folgt. Nanon beugte sich unter dem Sturme, bereit sich wieder zu erheben, sobald der Sturm vorübergegangen wäre. Sie nahm Herrn von Mazarin zum Muster und trieb, eine demüthige Schülerin, von ferne die Politik des gewandten, geschmeidigen Italieners. Der Cardinal bemerkte diese Frau, welche durch dieselben Mittel, die aus ihm einen ersten Minister und den Besitzer von fünfzig Millionen gemacht hatten, sich vergrößerte und bereicherte. Er bewunderte die kleine Gascognerin; er that noch mehr, er ließ sie gewähren. Man wird vielleicht später erfahren, warum.

Dessen ungeachtet und obgleich Einige, die sich sehr gut unterrichtet nannten, die Behauptung aussprachen, sie stehe in unmittelbarem Briefwechsel mit Herrn von Mazarin, sprach man doch wenig von den politischen Intriguen der schönen Nanon. Canolles selbst, der übrigens hübsch, jung und reich, nicht begriff, das man Intrigant zu sein nöthig haben könnte, wußte nicht, woran er sich in dieser Beziehung zu halten hatte.

Was ihre Liebesintriguen betrifft, mag es nun sein, daß Nanon, mit ernsteren Sorgen beschäftigt, diese auf spätere Zeiten verschob, mag der Lärm, den die Liebe von Herrn von Epernon für sie machte, den Lärm gleichsam verschlungen haben, den Liebschaften zweiten Ranges hätten machen können, jedenfalls waren selbst ihre Feinde nicht verschwenderisch an Scandal gegen sie gewesen, und in seiner persönlichen und nationalen Eitelkeit, konnte Canolles mit einem gewissen Rechte glauben, Nanon habe sich vor seiner Ankunft unüberwindlich gezeigt. Wurde Canolles wirklich der erste Liebeserguß diesen bis dahin nur dem Ehrgeize zugänglichen Herzens zu Theil, oder hatte die Klugheit seinen Vorgängern eine unbegrenzte Discretion gerathen, Nanon mußte als Geliebte ein reizendes Weib, Nanon mußte beleidigt eine furchtbare Feindin sein.

Die Bekanntschaft von Nanon und Canolles hatte sich auf die natürlichste Weise gebildet; Canolles, Lieutenant im Regimente Navailles, wollte Kapitän werden. Er mußte zu diesen Behufe an Herrn von Epernon, den commandirenden General der Infanterie, schreiben. Nanon las den Brief, sie antwortete wie gewöhnlich, im Glauben, sie behandle eine Geschäftsache, und bewilligte Canolles eine Zusammenkunft in diesem Sinne. Canolles wählte unter seinen Familienjuwelen einen prachtvollen Ring, der wenigstens fünfhundert Pistolen werth war. Es war dies immer noch minder theuer, als sich eine Compagnie zu kaufen, und begab sich sodann zu dem Rendezvous. Aber der Sieger Canolles, dem sein prunkables Geleite von gutem Glück voranging, brachte diesmal die Berechnungen und das Besteuerwesen des Fräulein von Lartigues in Verwirrung. Es war das erste Mal, daß er Nanon sah, es war das erste Mal, daß Nanon ihn sah. Sie waren beide jung, schön und geistreich. Die Zusammenkunft ging in gegenseitigen Artigkeiten hin, von dem Geschäfte war nicht mit einer Sylbe die Rede, und dennoch wurde das Geschäft abgemacht. Am andern Morgen erhielt Canolles sein Kapitänspatent, und als der kostbare Ring von seinem Finger, an den von Nanon überging, war es nicht mehr der Preis des befriedigten Ehrgeizes, sondern das Pfand glücklicher Liebe.

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