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Der Wolfsführer

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Dann streckte er dem Amtmann seine Hand hin und sagte:

»Dein! Herrn Belzebub, Ihr seid ein verständiger Mann und habt ein gutes Herz, Gevatter; es wäre sündhaft, Eure Stirne mit Kummer zu belasten; wenn ich also jemals einen schlechten Gedanken gegen Euch gehabt habe, so möge Gott ihn mir verzeihen. Aber jedenfalls schwöre ich Euch, daß ich in Zukunft keinen solchen mehr haben will.«

Während dieser Vertrag der Reue und Verzeihung unter den drei Nebenpersonen unserer Erzählung wieder vollkommene Harmonie herstellte, wurde die Stellung der vierten Person, d. h. der Hauptperson immer reicher an Verlegenheiten.

Thibaults Herz schwoll von Wuth und Haß.

Ohne daß er selbst den Fortschritt bemerkte, wurde er aus einem neidischen Egoisten ein böser Mensch.

»Ich weiß nicht,« rief er auf einmal, indem seine Augen Blitze sprühten, »ich weiß nicht, warum ich nicht diesem ganzen Spuck da mit Schrecken ein Ende mache.«

Aus diesem Ausruf, der einer Drohung glich, und besonders aus dem Tone, womit er vorgebracht wurde, ersahen Herr Jean und Frau Susanna, daß irgend eine große, unbekannte, unerhörte Gefahr über ihren Häuptern schwebte.

Herr Jean war indeß nicht leicht einzuschüchtern.

Zum zweiten Mal schritt er mit seinem Degen in der Faust auf Thibault zu.

Zum zweiten Mal fiel ihm der Amtmann in den Arm.

»Herr Jean! Herr Jean!« murmelte Thibault, »das ist jetzt das zweite Mal, daß Du den Wunsch hast, mir Deinen Degen durch den Leib zu rennen, folglich bist Du in Gedanken schon zum zweiten Mal ein Mörder. Nimm. Dich wohl in Acht, man sündigt nicht bloß durch die That.«

»Tausend Teufel!« rief der Baron außer sich, »ich glaube fast, der Kerl will mir noch Moral lesen. Gevatter, Ihr wolltet ihn so eben spicken wie einen Hasen; erlaubet mir jetzt, daß ich ihm einen einzigen Stich versetze, wie der Stierkämpfer seiner Bestie, und ich stehe Euch dafür, daß er sich nicht mehr vom Boden erheben wird.«

»Aus Rücksicht auf Euren armen Diener, der Euch kniefällig bittet,« sagte der Amtmann, »laßt ihn im Frieden ziehen, gnädiger Herr, und bedeutet gnädigst, daß ihm als meinem Gast in meinem armen Hause kein Leid widerfahren darf.«

»Meinetwegen,« antwortete Herr Jean, »aber ich werde ihn schon wieder finden. Es gehen seit einiger Zeit schlimme Gerüchte über diesen Burschen, und das Wildern ist nicht das einzige Verbrechen, dessen man ihn beschuldigt; man hat ihn in Begleitung von wunderbar zahmen Wölfen durch die Wälder ziehen gesehen; ich glaube, daß der Kerl nicht jede Sabbatnacht in seinem Hause schläft, und daß er häufiger, als es einem guten Katholiken zukommt, auf einem Besenstiel reitet; die Müllerin von Coyolles hat sich, erzählt man mir, über seine Zaubereien beklagt; es ist für jetzt schon gut, sprechen wir nicht mehr davon; ich werde seine Wohnung durchsuchen lassen, und wenn ich nicht Alles in Ordnung finde, so lasse ich diese Zauberhöhle zerstören, die ich in den Domänen des Herrn Herzogs von Orleans nicht länger dulden will. Jetzt mach Dich aus dem Staub, und zwar schnell!«

Die Erbitterung des Holzschuhmachers hatte während dieser drohenden Warnungspredigt des Herrn Jean ihren höchsten Gipfel erreicht.

Gleichwohl benützte er den Weg, der ihm geöffnet wurde, um das Zimmer zu verlassen.

Mit seiner Fähigkeit, im Finstern zu sehen, ging er geradewegs nach der Hausthüre, öffnete sie, und als er die Schwelle dieser Wohnung überschritt, wo er so süße Hoffnungen auf immer begraben zurückließ, schlug er die Thüre so heftig hinter sich zu, daß das ganze Haus zitterte.

Er mußte sich wirklich den ganzen nutzlosen Aufwand an Wünschen und Haaren, den er an diesem Abend gemacht hatte, vor Augen halten, um nicht zu verlangen, daß das Haus sammt allen darin befindlichen Personen in Flammen aufgehen solle.

Erst nach zehn Minuten bemerkte Thibault, was für Wetter es war.

Es regnete furchtbar.

Aber dieser Regen schien, obschon er eiskalt war, und gerade weil er das war, Thibault wohl zu thun.

Wie der gute Magloire in seiner Naivität gesagt hatte, sein Kopf flammte.

Als Thibault vom Hause des Amtmanns herausgekommen war, hatte er sich aufs Gerathewohl ins Freie hinaus gestürzt.

Jeder Ort war ihm gleich lieb.

Er suchte nur offenen Raum, frische Luft und Bewegung.

Sein unsteter Lauf führte ihn zuerst ins Thal von Walue.

Aber er bemerkte selbst nicht, wo er war, bis er in der Ferne die Mühle von Coyolles erblickte.

Er schleuderte im Vorbeigehen einen stillen Fluch gegen die schöne Müllerin, lief wie rasend zwischen Vauciennes und Coyolles durch, und als er eine große schwarze Masse vor sich erblicke, stürzte er sich hinein.

Diese schwarze Masse war der Wald.

Der Weg von Ham, der von Coyolles nach Preciamont führt, lag vor ihm.

Er schlug ihn aufs Gerathewohl ein.

XIII
Eine Dorfhochzeit

Kaum hatte Thibault fünfhundert Schritte im Wald gemacht, als er sich wieder mitten unter seinen Wölfen befand.

Er freute sich, sie wieder zu sehen.

Er ging langsamer.

Er rief sie.

Die Wölfe drängten sich um ihn.

Thibault liebkoste sie, wie ein Schäfer seine Lämmer, wie ein Rüdenknecht seine Hunde liebkost.

Dies war seine Heerde, dies war seine Meute.

Eine Heerde mit blitzenden Augen, eine Meute mit flammenden Blicken.

Ueber ihm, unter den dürren Zweigen umher hüpften oder flatterten die Nachteulen mit ihrem kläglichen Geheul und die Käuzchen mit ihrem melancholischen Gekrächze.

Und auf den Zweigen sah man, geflügelten Kohlen gleich, die Augen der Nachtvögel funkeln.

Thibault schien der Mittelpunkt eines höllischen Kreises zu sein.

Wenn die Wölfe sich liebkosend zu seinen Füßen niederlegten, so schienen sich auch die Eulen und Käuze zu ihm angezogen zu fühlen.

Die Eulen streiften seine Haare mit den Spitzen ihrer geräuschlosen Flügel.

Die Käuze setzten sich auf seine Schultern.

»Ah! ah!« murmelte Thibault, »ich hin also doch nicht nicht der ganzen Schöpfung verfeindet; wenn die Menschen mich verabscheuen, so lieben mich die Thiere.«

Thibault vergaß, welchen Rang diese Thiere, die ihn liebten, in der Kette der geschaffenen Wesen einnahmen.

Er dachte nicht mehr daran, daß diese Thiere, die ihn liebten, die Thiere waren, welche den Menschen hassen, und die der Mensch verflucht.

Er überlegte nicht, daß diese Thiere ihn liebten, weil er unter den Menschen dasselbe geworden war, was sie unter den Thieren waren:

Ein Geschöpf der Nacht;

Ein Räuber.

Mit Hilfe all dieser Thiere zusammen konnte Thibault nicht das mindeste Gute thun.

Dagegen konnte er viel Böses thun.

Thibault freute sich über das Böse, was er thun konnte.

Er war noch eine Stunde von seiner Hütte entfernt.

Er fühlte sich müde.

Er wußte in der Nähe eine große hohle Eiche; er orientirte sich und ging nach diesem Baume zu.

Er hätte jedoch den Weg nicht gefunden ohne seine Wölfe, die seine Gedanken zu durchschauen und zu errathen schienen, was er suchte. Während die Eulen und Käuze von Zweig zu Zweig hüpften, gleichsam um ihm zu leuchten, trotteten die Wölfe vor ihm her, um ihm den Weg zu zeigen.

Der Baum war zwanzig Schritte von der Straße ab.

Es war, wie wir gesagt haben, eine alte Eiche, die nicht noch Jahren, sondern nach Jahrhunderten zählte.

Die Bäume, die zehn, zwanzig, dreißig Menschenleben währen, zählen nicht, wie die Menschen, nach Tagen und Nächten, sondern nach Jahreszeiten.

Der Herbst ist ihre Abenddämmerung der Winter ist ihre Nacht.

Der Frühling ist ihr Morgenroth, der Sommer ihr Tag.

Der Mensch beneidet den Baum, die Eintagsfliege beneidet den Menschen.

Den Stamm der alten Eiche hätten kaum vierzig Männer mit ihren Armen umspannt.

Die Höhlung, welche die Zeit hineingegraben hatte, indem sie mit ihrer Sichel täglich ein Stückchen Holz abrieb, war so groß wie ein gewöhnliches Zimmer.

Gleichwohl war der Eingang kaum weit genug für einen Mann.

Thibault schlüpfte hinein.

Er fand mitten in den Stamm eine Art von Sitz eingehauen, setzte sich darauf so bequem und behaglich, wie in einem Lehnstuhl à la Voltaire, wünschte seinen Wölfen und Eulen gute Nacht, schloß seine Augen und schlief ein oder schien wenigstens einzuschlafen.

Die Wölfe lagerten sich im Kreis um den Baum herum.

Die Eulen und Käuze setzten sich auf die Zweige.

Mit diesen zu ihren Füßen verbreiteten und auf ihren Zweigen zerstreuten Lichtern glich die Eiche einer großen, für irgend ein höllisches Fest illuminirten Eibe.

Es war heller Tag, als Thibault erwachte.

Die Wölfe waren längst nach ihren Höhlen, die Eulen und Käuze nach ihren Ruinen zurückgekehrt.

Vom gestrigen Regen war keine Spur mehr vorhanden.

Ein Sonnenstrahl, einer jener noch blassen Strahlen, in denen man aber gleichwohl schon Vorboten des Frühlings erkennt, glitt zwischen den entlaubten Baumzweigen durch und beglänzte, wenn auch kein Jahresgrün, das noch fehlte, so doch des Ginsters düsteres Immergrün.

Man hörte in der Ferne Musik.

Allmälig aber kam sie näher, und man konnte deutlich erkennen, daß das Concert mit zwei Geigen und einer Hoboe aufgeführt wurde.

Thibault glaubte Anfangs zu träumen.

Aber da es heller Tag war und er sich im Vollgenuß seiner geistigen Fähigkeiten befand, so mußte er bald begreifen, daß er Vollkommen wach war, zu mal da, nachdem er sich die Augen gehörig ausgerieben hatte, um sich der Wahrheit zu versichern, die ländlichen Töne, die er vernommen, vollkommen deutlich an sein Ohr gelangten.

Sie näherten sich ihm rasch.

Ein Vogel beantwortete das menschliche Concert mit dem Concert Gottes.

Allerdings glänzte eine Blume, ein Schneeglöckchen, gleich einem Stern am Fuße des Busches, wo der Vogel sang.

 

Der Himmel war blau wie an einem Apriltag.

Was wollte doch dieses Frühlingsfest mitten im Winter bedeuten?

Der Gesang des Vogels, der diesen ungehofften Tag begrüßte, der Glanz dieser Blume, die ihre Krone schillern ließ, um der Sonne für den freundlichen Besuch zu harrten, dieses festliche Geister, das dem unglücklichen Verdammten bewies, daß die Menschen sich mit der übrigen Natur vereinigten, um glücklich zu sein unter dem blauen Himmelsdach, dieser ganze Blumenstrauß von Freude, diese ganze Garbe von Glück machte Thibault nur noch übellaunischer, statt ihn zu ruhigeren Gesinnungen zurückzuführen.

Er hätte die ganze Welt düster und schwarz sehen mögen, wie seine eigene Seele war.

Er wollte Anfangs vor dem ländlichen Concert, das immer näher kam, fliehen.

Aber es schien ihm, als wären seine Füße durch eine Macht, die stärker war als sein Wille, auf den Boden festgenagelt.

Er vertiefte sich also wieder in seiner hohlen Eiche und wartete.

Man hörte lautes Gejauchse und lustige Lieder zwischen der Musik der Geigen und der Hoboe durch tönen.

Von Zeit zu Zeit krachte ein Flintenschuß oder ging eine Sprengbüchse los.

Thibault begriff, daß all dieses fröhliche Gelärme eine Dorfhochzeit verkündete.

In der That sah er hundert Schritte von sich, am äußersten Ende der langen Straße von Ham, einen Zug von festlich gekleideten Leuten herankommen, mit langen Bändern von allen Farben, die bei den Frauenzimmern in ihren Gürteln, bei den Mannspersonen auf ihren Hüten und in ihren Knopflöchern prangten.

Voraus gingen die Spielleute;

Dann einige Bauern und unter ihnen Leute in einer Livree, welche Thibault als die des Herrn Jean erkannte;

Sodann Engoulevent, der Rüdenknechtslehrling, der eine alte blinde Frau, die wie die andern bebändert war, am Arm führte;

Sodann der Haushofmeister des Schlosses Vez, der wahrscheinlich den Vater des kleinen Hundejungen vertrat und die Braut am Arm hatte.

Auf diese Braut heftete Thibault vergebens seine wirren Augen.

Er wollte sie lange nicht erkennen.

Endlich aber, als sie ihm auf dreißig oder vierzig Schritte nahe kam, mußte er sie erkennen.

Diese Braut war Agnelette

Agnelette!

Und was Thibault am meisten demüthigte, was seinem Hochmuth vollends den Boden ausschlug, Agnelette mußte nicht, bleich und zitternd, mit Gewalt zum Altar geschleppt werden, sie schien keinem Bedauern, keiner schmerzlichen Erinnerung Raum zu geben, sondern sie war freudvoll, wie der Vogel, der sang, wie das Schneeglöckchen, das blühte, wie der Sonnenstrahl, der schimmerte; sie war ganz stolz auf ihr Kränzchen von Orangeblüthe, aus ihren Tüllschleier, auf ihr Mousselinkleid; sie war ganz weiß und lächelte holdselig, wie die Mutter Gottes in der Kirche von Villers-Coterets, wenn man ihr am Pfingsttag ihr schönes weißes Kleid anlegt.

Ohne Zweifel verdankte sie all diesen Luxus der Burgdame von Vez, der Frau des Herrn Jean, die, was Almosen und Wohlthätigkeit berief, eine wahre Heilige war.

Was Agnelette so vergnügt machte und ihrem Gesicht: ein so holdseliges Lächeln gab, das war keine übergroße Liebe zu ihrem künftigen Manne, sondern das Bewußtsein, das gefunden zu haben, was sie so heiß ersehnte, was Thibault ihr versprochen, aber schändlicher Weise nicht gegeben hatte, eine Stütze für ihre alte, blinde Großmutter.

Die Musikanten, das Brautpaar, die Brautführer und Brautjungfern kamen zwanzig Schritte von Thibault auf der Straße vorbei, ohne diesen flammenhaarigen Kopf, diese blitzenden Augen zu sehen, die aus der Höhlung seines Baumes hervorschauten.

Thibault hatte sie durch den Hochwald einher kommen gesehen und sah sie jetzt wieder im Hochwald verschwinden.

Er hatte das Getöne der Geigen und der Hoboe allmälig stärker werden gehört, jetzt hörte er es allmälig verklingen.

Nach Verlauf einer Viertelstunde war der Wald wieder öde geworden.

Thibault war mit seinem singenden Vogel, seiner blühenden Blume, seinem schimmernden Sonnenstrahl zurückgeblieben.

Nur hatte sich in seinem Herzen eine neue Hölle entzündet, die schrecklichste von allen, diejenige, deren Schlangen das Herz mit den spitzesten Zähnen zerfleischen und ihm das ätzendste Gift einträufeln, die Hölle der Eifersucht.

Als er Agnelette so frisch, so liebreizend, so naiv vergnügt wiedersah, und zwar in dem Augenblick, wo sie für immer einem Andern gehören sollte, da bildete sich Thibault, der seit drei Monaten nicht mehr an sie gedacht, der niemals im Sinn gehabt hatte, ihr sein Versprechen zu halten, Thibault bildete sich ein, daß er nie aufgehört habe, sie zu lieben.

Ihm war, als sei Agnelette durch einen Eid an ihn gebunden, als raube Engoulevent ihm seinen Schoß.

Es fehlte nicht viel, so wäre er aus seinem Versteck hervorgesprungen, um dem Mädchen ihren Verrath vorzuhalten.

Die ihm entgehende Agnelette hatte so eben in seinen Augen Tugenden und Vorzüge erworben, an die er gar nicht gedacht hatte, als er nur ein Wort zu sagen brauchte, um sie zu besitzen.

Nach all den Täuschungen, die er erfahren hatte, auch noch das zu verlieren, was er als einen ganz sichern Schatz betrachtete, zu welchem er immer noch rechtzeitig zurückkommen könnte, weil Niemand daran denken würde, ihn darum zu beneiden, das erschien ihm als ein letzter und zermalmender Schicksalsschlag.

Seine Verzweiflung war stumm, aber darum nur um so düsterer und tiefer.

Er zerbiß seine Fäuste, er zerschlug den Kopf an den Wänden des Baumes, ja er weinte sogar und schluchzte.

Aber diese Thränen und Wehklagen gehören nicht zu denjenigen, die das Herz rühren und dadurch häufig den Uebergang von einem schlechten zu einem guten Gefühl vermitteln; nein, sie wurden mehr durch Zorn und Wuth als durch Bedauern hervorgerufen und konnten den Haß nicht aus Thibaults Seele bannen.

Es war ihm, als ob zu gleicher Zeit, wo die eine Hälfte der Thränen sich nach außen ergoß, die andere Hälfte nach innen flöße und gleich Galletropfen auf sein Herz zurückfielen.

Er log sich vor, daß er Agnelette anbete.

Er erhob Weltklagen, daß er sie verloren.

Allein die Zärtlichkeit des Wüthenden hätte sich sehr gerne darein gefunden, Agnelette sammt ihrem Bräutigam am Fuße des Alters, wo der Priester sie eben vereinen sollte, todt niederstürzen zu sehen.

Glücklicher Weise gestattete Gott, welcher den beiden Leutchen andere Prüfungen zudachte, nicht, daß der unheilvolle Wunsch bei Thibault förmlich zur Reife kam.

Unsere Brautleute befanden sich also in derselben Lage, wie ein Mensch, der in einem Gewitter das Donnergetöse hört und die Blitze um sich her züngeln sieht, aber das Glück hat von dem tödtlichen Fluidum nicht getroffen zu werden.

Bald schämte sich Thibault seiner Thränen und Seufzer.

Er drängte die einen in seine Augen, die andern in seine Brust zurück.

Er verließ sein Nachtlager mit wüstem Kopf und lief wie besessen nach seiner Hätte.

Der angestrengte Lauf that ihm wohl.

Er machte in weniger als einer Viertelstunde eine halbe Meile.

Endlich erkannte er die Umgebungen seiner Hütte.

Er trat hinein, wie ein Tiger in seine Höhle tritt, er schloß die Thüre hinter sich und kauerte sich im, dunkelsten Winkel des armseligen Häuschens nieder.

Die Ellbogen aus die Kniee, das Kinn auf die Handgelenke gestemmt, begann er jetzt nachzusinnen.

Welcher Art waren die Betrachtungen des verzweifelten Gesellen?

Fraget Milton, welche Gedanken Satan nach seinem Fall hatte.

Er dachte an jene Träume, welche Von jeher seinen Geist verwirrt, welche so Viele Menschen vor ihm in Verzweiflung gestürzt hatten und so Viele nach ihm der Verzweiflung preisgeben sollten.

Warum werden die Einen schwach geboren und die Andern mächtig?

Warum solche Ungleichheit in einer Sache, die in allen Schichten der Gesellschaft so gleichförmig vor sich geht, wie die Geburt?

WIE läßt sich dieses Spiel der Natur verbessern, bei welchem der Zufall ewig gegen den Menschen hält?

Natürlich, hatte er gedacht, wenn man es macht wie die gewandten Spieler, wenn man den Teufel auf seine Seite bringt.

Wenn man betrügt.

Er hatte dies auch gethan.

Aber was hatte ihm sein Betrügen genützt?

So oft er ein schönes Spiel gehabt, so oft er sich des Gewinns sicher geglaubt, hatte immer der Teufel gewonnen.

Welchen Vortheil hatte ihm diese unselige Macht, Böses zu thun, die er ihm eingeräumt hatte, eingetragen?

Ganz und gar keinen.

Agnelette war ihm entgangen.

Die Müllerin hatte ihn aus dem Hause gejagt.

Die Amtmännin hatte ihn verhöhnt.

Sein erster Wunsch hatte dem armen Markotte den Tod gebracht, aber ihm selbst nicht einmal einen Schlegel von jenem Damhirsch eingetragen, nach welchem er sich so sehr gesehnt, und der den Ausgangspunkt seiner getäuschten Wünsche gebildet hatte.

Er hatte diesen Damhirsch den Hunden des Herrn Jean überlassen müssen, um sie in Betreff des schwarzen Wolfes auf eine falsche Fährte zu leiten.

Und dann hatten sich diese Teufelshaare ganz schrecklich vermehrt.

Es ging damit wie mit der Forderung jenes Gelehrten, der ein Getreidekorn multiplicirt mit den vierundsechzig Feldern des Schachbretts verlangt hatte; es waren zehntausend gesegnete Erntejahre nöthig, um das letzte Feld zu füllen.

Wie viele Wünsche blieben ihm denn noch übrig? Höchstens sieben oder acht.

Er wagte sich nicht mehr anzusehen.

Er wagte es ebenso wenig, in die Quelle zu blicken, die an einem Baum im Walde rieselte, als in den Spiegel, der an seiner Wand hing.

Er fürchtete sich selbst allzu getreue Rechenschaft über die Dauer seiner Macht abzulegen.

Er wollte lieber in der Nacht bleiben, als die furchtbare Morgenröthe sehen, die jenseits dieser Nacht ausgehen sollte.

Gleichwohl mußte es ein Mittel geben, die Sache so zu berechnen, daß der Schaden eines Andern ihm selbst irgend einen Vortheil brachte.

Er meinte, wenn er eine wissenschaftliche Erziehung genossen hätte, statt ein armer Holzschuhmacher zu sein, der kaum lesen und rechnen konnte, so würde er in der Wissenschaft Combinationen gefunden haben, die ihm unfehlbar zu Reichtum und Glück verhelfen hätten.

Armer Thor!

Wäre er gelehrt gewesen so hätte er die Sage vom Doctor Faust gekannt.

Wohin hatte diesen die Allmacht geführt, welche Mephistopheles ihm, dem Träumen dem Denker, dem ausgezeichneten Gelehrten, eingeräumt hatte?

Zur Ermordung Valentins.

Zum Selbstmord Gretchens.

Zur Verfolgung eines Schattenbildes in der Gestalt Helenens.

Uebrigens konnte er ja Nichts überlegen, Nichts berechnen in dem Augenblick, wo die Eifersucht an seinem Herzen nagte; wo Agnelette in schneeweißem Kleide, am Fuß des Altars einem Andern ewige Treue gelobte.

Und wem gelobte sie ihre Treue?

Diesem elenden kleinen Engoulevent, der ihn auf seinem Baum entdeckt und im Gebüsch den Spieß gefunden hatte, welcher ihm die Riemenhiebe von Markotte's Hand eintrug.

O wenn er das gewußt hätte!

Wie würde er gewünscht haben, daß das Unglück ihm widerführe, statt Markotte!

Was war die physische Qual, welche er durch die Riemenhiebe ausgestanden hatte, gegen die moralische Qual, die er jetzt erlitt!

Hätte er sich nicht durch ehrgeizige Wünsche verlocken lassen, die ihn wie mit Geiersflügeln über seine Sphäre hinaushoben, während er als geschickter Handwerker sechs Franken täglich verdienen konnte, welches Glück würde ihm nicht dann an der Seite eines holden Weibchens wie Agnelette geblüht haben?

Denn offenbar hatte Agnelette ihn zuerst geliebt.

Vielleicht liebte sie ihn sogar noch jetzt, im Augenblick, wo sie einen Andern heirathete.

Unter solchen Betrachtungen floß Thibaults Zeit dahin.

Die Nacht kam.

So bescheiden die Vermögensumstände der Brautleute, so eng begrenzt die Wünsche der Bauern sein mochten, die ihnen das Geleite gaben, so war doch klar, daß zu dieser Stunde die Bauern und die Brautleute fröhlich mit einander schmausten.

Er dagegen war allein und traurig.

Er hatte Niemand, um ihm sein Mahl zu bereiten.

Was hatte er im ganzen Hause zu essen und zu trinken?

Brod!

Wasser!

Und dann die Einsamkeit, statt jenes Himmelssegens, den man eine Schwester, eine Freundin, ein Weib nennt!

Aber warum sollte er nicht ebenfalls nach Herzenslust schmausen?

Hatte er nicht den Erlös, vom legten Wildpret, das er an den Wirth zur goldenen Kugel verkauft hatte, noch in der Tasche?

Konnte er nicht ganz allein so viel verbrauchen, als die Brautleute und alle ihre Gäste zusammen?

Er brauchte nur zu wollen.

 

»Ha,wahrhaftig,« sagte er, »ich bin doch gar zu einfältig, daß ich mich im Kopf von der Eifersucht, im Magen vom Hunger quälen lasse, während ich mich binnen einer Stunde durch ein tüchtiges Mittagessen und zwei oder drei gute Flaschen Wein in einen Zustand versehen kann. wo ich an alles das gar nicht mehr denke. Fort! ich muß essen, und ganz besonders trinken!«

Und wirklich schlug er, um ein gutes Mahl einzunehmen den Weg nach Ferté-Milon ein, allwo der Wirth zum goldenen Delphin eine Küche führte an der sich, versicherte man, der Haushofmeister Sr. durchlauchtigen Hoheit des Herrn Herzogs von Orleans nicht zu schämen hatte.

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