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Die drei Musketiere

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Die drei Musketiere
Die drei Musketiere
Аудиокнига
Читает Eberhard Krug, Hans Mahlau, Klaus Jepsen, Peter Schiff, Rolf Marmitz, Rolf Marnitz
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Man hätte glauben sollen, Mylady würde mit weiblicher Aengstlichkeit gleich beim Anfang der Herausforderung zu vermitteln suchen, damit der Streit nicht zu weit käme, aber sie warf sich im Gegentheil in ihren Wagen zurück und rief dem Kutscher kalt zu:

»Fahr nach dem Hotel!«

Die hübsche Zofe warf einen unruhigen Blick auf d'Artagnan, dessen gefälliges Aussehen einen günstigen Eindruck auf sie gemacht zu haben schien.

Die Karrosse fuhr weiter und ließ die zwei Männer einander gegenüber. Kein materielles Hinderniß trennte sie mehr.

Der Reiter machte eine Bewegung, um dem Wagen zu folgen, aber d'Artagnan, dessen bereits gährender Zorn noch dadurch gesteigert würde, daß er in ihm den Engländer erkannte, der ihm sein Pferd und Athos beinahe seinen Diamant abgewonnen hatte, fiel ihm in den Zügel und hielt ihn zurück.

»Ei! mein Herr,« sagte er, »Ihr scheint mir noch mehr Narr zu sein, als ich, denn es kommt mir vor, als wolltet Ihr vergessen, daß sich ein kleiner Streit zwischen uns entsponnen hat.«

»Ah! ah!« entgegnete der Engländer, »Ihr seid es, Meister? Ihr müßt also immer irgend ein Spiel spielen?«

»Ja, und das erinnert mich daran, daß ich Revanche zu nehmen habe. Wir werden sehen, mein lieber Herr, ob Ihr den Degen eben so gut handhabt, als den Würfelbecher.«

»Ihr müßt bemerken, daß ich keinen Degen bei mir habe,« sprach der Engländer; »wollt Ihr gegen einen Unbewaffneten den Tapfern spielen?«

»Ich hoffe, Ihr werdet zu Hause einen besitzen. Jedenfalls habe ich zwei, und wenn Ihr wollt, so spiele ich um Einen mit Euch.«

»Unnöthig,« sprach der Engländer, »ich bin hinreichend mit dergleichen Werkzeug versehen.«

»Gut, mein würdiger Herr,« entgegnete d'Artagnan, »wählt Euren längsten Degen und zeigt ihn mir diesen Abend.«

»Wo, wenn ich bitten darf?«

»Hinter dem Luxemburg, das ist ein allerliebstes Plätzchen für Spaziergänge, wie ich sie Euch vorschlage.«

»Schön, man wird sich einfinden.«

»Zu welcher Stunde?«

»Um sechs Uhr.«

»Ihr habt auch wohl ein paar Freunde?«

»Ich habe drei, welche sich eine Ehre daraus machen würden, dasselbe Spiel zu spielen, wie ich.«

»Drei? vortrefflich! wie sich das trifft!« rief d'Artagnan, »das ist gerade meine Zahl.«

»Und nun, wer seid Ihr?« fragte der Engländer.

»Ich bin Herr d'Artagnan, gascognischer Edelmann, diene bei der Leibwache, Compagnie des Herrn des Essarts. Und Ihr?«

»Ich bin Lord Winter, Baron von Sheffield.«

»Gut! ich bin Euer Diener, mein Herr Baron,« sprach d'Artagnan, »obgleich Euere Namen sehr schwer zu behalten sind.«

Und er spornte sein Roß und galoppierte Paris zu.

Wie gewöhnlich bei solchen Gelegenheiten, stieg er unmittelbar bei Athos ab. Er fand diesen auf seinem Bette liegend, wo er, wie er sagte, wartete, bis seine Equipirung ihn aufsuchen würde.

D'Artagnan erzählte Athos, außer dem Brief an Herrn von Wardes, Alles was vorgefallen war.

Athos war entzückt, als er erfuhr, daß er sich mit einem Engländer schlagen sollte. Wir haben erzählt, daß dies sein Lieblingsgedanke war.

Man ließ sogleich Porthos und Aramis durch die Lakaien aufsuchen und von der Lage der Dinge in Kenntniß setzen.

Porthos zog seinen Degen aus der Scheide, focht gegen die Wand, ging von Zeit zu Zeit rückwärts und machte Verbeugungen wie ein Tänzer. Aramis, der immer noch an seinem Gedicht arbeitete, schloß sich im Cabinet von Athos ein und bat, ihn nicht eher zu stören, als bis es Zeit wäre, vom Leder zu ziehen.

Athos forderte von Grimaud durch ein Zeichen eine neue Flasche Wein.

D'Artagnan entwarf in aller Stille einen kleinen Plan, dessen Ausführung wir später sehen werden, und der ihm ein anmuthiges Abenteuer verhieß, wie man an dem Lächeln sehen konnte, das von Zeit zu Zeit über sein träumerisches Antlitz flog.

XV.
Engländer und Franzosen

Zur bestimmten Stunde begab man sich mit den vier Lakaien hinter dem Luxemburg in ein Gehege, das den Ziegen überlassen war, Athos gab dem Ziegenhirten ein Geldstück, damit er sich entferne. Die Lakaien mußten Wache halten.

Bald näherte sich eine stillschweigende Truppe demselben Gehege, trat ein und stieß zu den Musketieren. Dann fanden nach den englischen Gebräuchen die Vorstellungen statt.

Die Engländer waren insgesammt Leute von hohem Stande; die bizarren Namen der drei Freunde wurden deßhalb für sie ein Gegenstand, nicht nur des Erstaunens, sondern auch der Unruhe.

»Bei Allem dem,« sprach Lord Winter, als die Freunde genannt waren, »bei Allem dem wissen wir nicht, wer Ihr seid, und wir schlagen uns mit solchen Namen nicht. Das sind ja wahre Schäfernamen.«

»Es sind auch, wie Ihr voraussetzt, Mylord, nur falsche Namen.«

»Wir müssen um so mehr ein großes Verlangen darnach tragen, die wahren Namen kennen zu lernen,« antwortete der Engländer.

»Ihr habt doch auch gegen uns gespielt, ohne uns zu kennen,« sagte Athos, »und uns dabei unsere zwei Pferde abgenommen.«

»Das ist wahr, aber wir wagten nur unsere Pistolen. Diesmal setzen wir unser Blut ein. Man spielt mit der ganzen Welt, aber man schlägt sich nur mit Seines Gleichen.

»Das ist richtig,« sprach Athos.

Und er nahm denjenigen von den vier Engländern, mit welchem er sich schlagen sollte, bei Seite und nannte ihm ganz leise seinen Namen. Porthos und Aramis thaten ihrerseits dasselbe.

»Genügt das,« sprach Athos zu seinem Gegner, »und findet Ihr meine Abkunft vornehm genug, um mir die Gnade zu erzeigen, den Degen mit mir zu kreuzen?«

»Ja, mein Herr,« antwortete der Engländer sich verbeugend.

»Gut! soll ich Euch nun etwas sagen?« versetzte Athos kalt.

»Was?« fragte der Engländer.

»Ihr hättet viel besser daran gethan, nicht von mir zu fordern, daß ich meinen Namen nenne.«

»Warum dies?«

»Weil man mich für tot hält, und ich aus Gründen wünschen muß, daß man mein Leben nicht erfahre, ich werde deßhalb genöthigt sein, Euch zu töten, damit mein Geheimniß nicht in der Welt herumgetragen wird.«

Der Engländer schaute Athos an und glaubte, dieser scherze; aber Athos scherzte durchaus nicht.

»Meine Herren,« sagte Athos, sich an seine Gefährten und an seine Gegner wendend, »sind wir fertig?«

»Ja« antworteten einstimmig Engländer und Franzosen.

»Dann legt Euch aus!« sprach Athos.

Und alsbald glänzten acht Degen in den Strahlen der untergehenden Sonne, und rasch begann der Kampf mit einer Erbitterung, die bei dem gegenseitigen Nationalhaß ganz natürlich war.

Athos focht mit eben so viel Ruhe und Methode, als ob er in einem Fechtsaal stände.

Porthos, dem sein Abenteuer in Chantilly ohne Zweifel etwas von seinem allzu großen Selbstvertrauen benommen hatte, spielte den Feinen und Klugen.

Aramis, der den dritten Gesang seines Gedichtes vollenden wollte, arbeitete wie ein Mann der große Eile hat.

Athos tötete zuerst seinen Gegner. Er hatte ihm nur einen Stoß beigebracht, aber dieser war, wie er vorhergesehen tötlich gewesen; der Degen drang durch das Herz.

Porthos streckte hierauf seinen Gegner zu Boden; er hatte ihm den Schenkel durchstochen. Da ihm der Engländer seinen Degen übergab, so nahm er ihn in seine Arme und trug ihn in seinen Wagen.

Aramis bedrängte seinen Gegenkämpfer so kräftig, daß er ihn, nachdem er ihn beinahe fünfzig Schritt weit über die Mensur getrieben hatte, kampfunfähig machte.

D'Artagnan trieb ganz einfach ein Vertheidigungsspiel. Als er seinen Gegner sehr ermüdet sah, schlug er ihm mit einem sehr heftigen Quartstoß den Degen aus der Faust. Sobald der Baron sich entwaffnet sah, machte er ein paar Schritte rückwärts, aber bei dieser Bewegung glitt sein Fuß und er fiel auf die Erde.

D'Artagnan war mit einem Sprung auf ihm und setzte ihm den Degen an die Kehle.

»Ich könnte Euch töten, mein Herr,« sagte er zu dem Engländer, »und Ihr seid in meinen Händen, aber ich schenke Euch Eurer Schwester zu Liebe das Leben.«

D'Artagnan war im höchsten Grad erfreut: jetzt war der Plan verwirklicht, den er im Voraus gefaßt, und dessen Entwickelung auf seinem Gesicht das von uns besprochene Lächeln verbreitet hatte.

Entzückt darüber, daß er es mit einem Edelmann von so schönem Charakter zu thun hatte, schloß der Engländer d'Artagnan in seine Arme, sagte den drei Musketieren tausend Schmeicheleien, und da der Gegner von Porthos bereits in seinen Wagen gebracht war und der von Aramis sich aus dem Staube gemacht hatte, so dachte man nur noch an den Toten.

Als Porthos und Aramis in der Hoffnung, seine Wunde würde nicht tötlich sein, ihn entkleideten, fiel eine schwere Börse aus seinem Gürtel. D'Artagnan hob sie auf und reichte sie Lord Winter.

»Ei! den Teufel, was soll ich denn damit machen?« sprach der Engländer.

»Gebt diese Börse seiner Familie zurück,« erwiderte d'Artagnan.

»Seine Familie kümmert sich viel um eine solche Erbärmlichkeit! sie erbt eine Rente von fünfzehntausend Louisd'or. Behaltet diese Börse für Eure Lakaien!«

Während dieser Zeit hatte sich Athos seinem Freund d'Artagnan genähert.

»Nein,« sprach er, »geben wir die Börse nicht unsern Lakaien, sondern den englischen.«

Athos nahm die Börse, warf sie dem Kutscher in die Hand und rief: »Für Euch und Eure Kameraden.«

Diese Großartigkeit der Manieren bei einem gänzlich entblößten Menschen setzte sogar Porthos in Erstaunen, und diese französische Freigebigkeit hatte, von Lord Winter und seinem Freunde wieder erzählt, überall, nur nicht bei den Herrn Grimaud, Mousqueton, Planchet und Bazin, den günstigen Erfolg.

»Und nun, mein junger Freund, denn ihr erlaubt mir hoffentlich, daß ich Euch diesen Namen gebe,« sagte Lord Winter; »noch diesen Abend, wenn es Euch genehm ist, stelle ich Euch Lady Clarick, meiner Schwester, vor, denn sie soll Euch ebenfalls gewogen werden, und da sie bei Hof nicht übel angeschrieben ist, so wird vielleicht in Zukunft ein Wort von ihr nicht unvortheilhaft für Euch sein.«

 

D'Artagnan erröthete vor Vergnügen und verbeugte sich zum Zeichen der Einwilligung.

Lord Winter gab d'Artagnan, ehe er ihn verließ, die Adresse seiner Schwester; sie wohnte auf der Place Royale, was damals das vornehmste Quartier war, Nro. 6. Ueberdies machte er sich anheischig, ihn zum Behuf der Vorstellung abzuholen. D'Artagnan gab ihm um acht Uhr bei seinem Freunde Athos Rendezvous.

Diese Vorstellung bei Mylady nahm den Kopf unseres Gascogners gewaltig in Anspruch. Er erinnerte sich, auf welch seltsame Weise diese Frau bis jetzt in sein Geschick verwickelt gewesen war. Nach seiner Ueberzeugung war sie ein Geschöpf des Cardinals, und dennoch sah er sich unwiderstehlich durch eines jener Gefühle, von denen man sich keine Rechenschaft gibt, zu ihr hingezogen. Er fürchtete nur, Mylady möchte in ihm den Mann von Meung und Dover wieder erkennen. Dann würde sie wissen, daß er einer von den Freunden des Herrn von Treville war und folglich mit Leib und Seele dem König gehörte, wodurch er gleich einen Theil seiner Vortheile verlieren mußte. Was den Anfang einer Intrigue zwischen ihr und dem Grafen von Wardes betrifft, so kümmerte sich unser junger Mann nur sehr wenig um diesen Umstand, obgleich der Marquis jung, hübsch, reich und bei dem Cardinal sehr in Gunst war. Es will nicht wenig heißen, wenn man zwanzig Jahre zählt, besonders wenn man in Tarbes geboren ist.

D'Artagnan fing damit an, daß er in seinem Zimmer eine glänzende Toilette machte; dann kehrte er zu Athos zurück und erzählte diesem seiner Gewohnheit gemäß Alles. Athos hörte ruhig seine Pläne an, schüttelte sodann den Kopf und empfahl ihm mit einer gewissen Bitterkeit große Vorsicht.

»Wie?« sprach er, »Ihr habt vor Kurzem erst eine Frau verloren, die Ihr gut, schön, vollkommen nanntet, und Ihr lauft bereits einer andern nach?«

D'Artagnan fühlte die Wahrheit dieses Vorwurfs.

»Ich liebe Madame Bonacieux mit dem Herzen, während ich Mylady mit dem Kopfe liebe,« sagte er, »und indem ich mich bei ihr einführen lasse, suche ich mir Licht über die Rolle zu verschaffen, die sie bei Hofe spielt.«

»Die Rolle die sie spielt, bei Gott, das ist nach Allem, was Ihr mir erzählt habt, nicht schwer zu errathen. Sie ist eine Emissärin des Cardinals, eine Frau, die Euch in eine Falle locken wird, in der Ihr ganz einfach Euren Kopf lassen müßt.«

»Teufel! Athos, es scheint mir, Ihr seht die Dinge sehr schwarz.«

»Mein Lieber, ich mißtraue den Frauen; was wollt Ihr! ich habe meinen Lohn dahin; und ganz besonders mag ich nichts von den Blonden wissen. Mylady ist blond, sagtet Ihr mir?«

»Sie hat Haare vom schönsten Blond, das man sehen kann.«

»Ah! mein armer d'Artagnan!« rief Athos.

»Hört: ich will mir Licht verschaffen, und wenn ich weiß, was ich wissen will, halte ich mich ferne.«

»Verschafft Euch Licht,« sagte Athos phlegmatisch.

Lord Winter erschien zur bestimmten Stunde, aber zu rechter Zeit benachrichtigt, ging Athos in das zweite Zimmer. Er fand also d'Artagnan allein, und da es beinahe acht Uhr war, so führte er den jungen Mann mit sich fort.

Eine elegante Karrosse wartete vor der Hausthüre; sie war mit zwei vortrefflichen Pferden bespannt, und man hatte in einem Augenblick die Place Royale erreicht.

Mylady Winter empfing d'Artagnan höchst verbindlich.

Ihr Hotel war mit verschwenderischer Pracht ausgestattet, und sie hatte, obgleich die meisten Engländer durch den Krieg vertrieben, Frankreich verließen oder es zu verlassen im Begriffe waren, neue Ausgaben hierfür gemacht, woraus hervorging, daß die allgemeine Maßregel, wodurch die Engländer entfernt wurden, sie nicht traf.

»Ihr seht hier,« sprach Lord Winter, »Ihr seht hier einen jungen Edelmann, der mein Leben in seinen Händen hatte und keinen Mißbrauch von seinem Vortheil machen wollte, obgleich wir doppelte Feinde waren, einmal weil ich ihn beleidigt hatte, und dann weil ich ein Engländer bin. Dankt ihm also, wenn Ihr einige Freundschaft für mich fühlt.«

Mylady zog die Augenbrauen etwas zusammen, eine kaum bemerkbare Wolke lagerte sich über ihre Stirne, und ein so seltsames Lächeln erschien auf ihren Lippen, daß der junge Mann, der diese dreifache Nuance gewahr wurde, von einem leichten Schauder erfaßt wurde.

Der Bruder sah nichts; er hatte sich umgedreht, um mit dem Lieblingsaffen von Mylady zu spielen, der ihn am Wamms zupfte.

»Seid willkommen, mein Herr,« sprach Mylady mit einer Stimme, deren Weichheit in seltsamem Widerspruch mit den Symptomen schlechter Laune stand, welche d'Artagnan bemerkt hatte, »denn Ihr habt Euch heute ein ewiges Recht auf meine Dankbarkeit erworben.«

Der Engländer drehte sich jetzt wieder um und erzählte den Kampf, ohne auch nur das Geringste zu übergehen. Mylady hörte ihm mit gespannter Aufmerksamkeit zu; aber wie sehr sie sich auch anstrengte, um ihre Eindrücke zu verbergen, so sah man doch leicht, daß ihr das Gespräch durchaus nicht angenehm war; das Blut stieg ihr in den Kopf und ihr kleiner Fuß bewegte sich unruhig unter dem Kleide.

Lord Winter bemerkte nichts; als er vollendet hatte, näherte er sich einem Tisch, auf welchen man ein silbernes Brett mit einer Flasche spanischem Wein gestellt hatte; er füllte zwei Gläser und lud d'Artagnan ein, zu trinken.

D'Artagnan wußte, daß es eine grobe Unhöflichkeit gegen einen Engländer wäre, auf einen Toast nicht Bescheid zu thun. Er trat an den Tisch und ergriff das zweite Glas, verlor jedoch Mylady nicht aus dem Gesicht, und gewahrte im Spiegel die Veränderung, welche in ihren Zügen vorging. Jetzt, da sie nicht mehr beobachtet zu sein glaubte, belebte ein Gefühl, das der Wildheit glich, ihr Antlitz. Sie biß mit ihren schönen Zähnen in das Taschentuch.

Die hübsche Zofe, welche d'Artagnan bereits gesehen hatte, trat ein; sie sagte einige Worte auf Englisch zu Lord Winter, der augenblicklich, unter Vorschützung dringender Geschäfte, d'Artagnan um Erlaubnis bat, sich entfernen zu dürfen, und seine Schwester ersuchte, Verzeihung für ihn zu erlangen.

D'Artagnan tauschte einen Händedruck mit Lord Winter und kam zu Mylady zurück. Das Gesicht dieser Frau hatte mit überraschender Beweglichkeit seinen anmuthigen Ausdruck wieder angenommen: nur deuteten einige rote Fleckchen auf ihrem Taschentuche an, saß sie sich die Lippen blutig gebissen hatte.

Ihre Lippen waren herrlich, wie aus Korallen geformt.

Das Gespräch nahm eine heitere Wendung. Mylady schien ganz von ihrer vorhergehenden Stimmung zurückgekommen. Sie erzählte, daß Lord Winter nur ihr Schwager und nicht ihr Bruder sei; sie selbst habe einen jüngeren Sohn geheirathet, der sie als Wittwe mit einem Kind hinterlassen. Dieses Kind sei der einzige Erbe von Lord Winter, wenn er nicht heirathe. Alles dies ließ d'Artagnan einen Schleier erschauen, der etwas verhüllte; aber er vermochte noch nichts unter dem Schleier zu unterscheiden.

Nach einer Unterredung von einer halben Stunde hatte d'Artagnan indessen die Ueberzeugung gewonnen, daß Mylady seine Landsmännin war; sie sprach das Französische mit einer Reinheit und Eleganz, daß kein Zweifel übrig blieb.

D'Artagnan verschwendete galante Redensarten und Ergebenheits-Betheuerungen. Mylady lächelte wohlwollend zu allen Albernheiten, die unserem Gascogner entschlüpften. Endlich war die Stunde zum Aufbruch gekommen! d'Artagnan verabschiedete sich von Mylady und verließ den Saal als der glücklichste der Sterblichen.

Auf der Treppe begegnete er der hübschen Zofe, welche sanft an ihn anstreifte, bis unter die Augen erröthete und ihn mit so weicher Stimme wegen dieser Berührung um Verzeihung bat, daß diese auch augenblicklich bewilligt wurde.

D'Artagnan kam am andern Tag wieder und wurde noch freundlicher, als am Abend zuvor, empfangen. Lord Winter war nicht anwesend, und Mylady machte ihm alle Honneurs. Sie schien ein großes Interesse an ihm zu nehmen, fragte ihn, wo er wohne, wer seine Freunde seien, und ob er nicht zuweilen daran gedacht habe, in den Dienst des Herrn Cardinals zu treten.

D'Artagnan war, wie man weiß, sehr klug für einen jungen Mann von zwanzig Jahren, und erinnerte sich alsbald seines Verdachts in Beziehung auf Mylady. Er sprach mit großen Lobeserhebungen von Seiner Eminenz und sagte zu Mylady, er würde nicht verfehlt haben, bei der Leibwache des Cardinals statt bei der des Königs einzutreten, wenn er zum Beispiel Herrn von Cavois statt Herrn von Treville gekannt hätte.

Mylady gab dem Gespräch eine andere Wendung, ohne daß es nur entfernt den Anschein einer Absicht hatte, und fragte d'Artagnan auf die gleichgültigste Weise der Welt, ob er je in England gewesen sei.

D'Artagnan antwortete, er sei von Treville dahin geschickt worden, um wegen einer Remonte von Pferden zu unterhandeln, und habe auch vier Stück als Muster mitgebracht.

Mylady biß sich im Verlauf des Gespräches wiederholt auf die Lippen, sie hatte es mit einem jungen Manne zu thun, der sich keine Blößen gab.

D'Artagnan zog sich zu derselben Stunde, wie am Tage vorher, zurück. In der Flur begegnete er abermals der hübschen Ketty, so hieß die Zofe. Sie schaute ihn mit einem Ausdruck geheimen Wohlwollens an. Aber d'Artagnan war so sehr mit der Gebieterin beschäftigt, daß er nur das gewahr wurde, was von ihr herrührte.

Am zweiten Tag kam d'Artagnan abermals und am dritten ebenso, und jedes Mal wurde ihm ein freundlicherer Empfang von Mylady zu Theil.

Jenen Abend begegnete er auch der hübschen Zofe auf der Treppe, oder in der Hausflur.

Aber d'Artagnan ließ, wie gesagt, die seltsame Beharrlichkeit der armen Ketty unbeachtet.

XVI.
Ein Procuratorsmahl

Das Duell, bei welchem Porthos eine so glänzende Rolle gespielt hatte, ließ ihn indessen das Mittagsmahl nicht vergessen, wozu er von der Frau Procuratorin eingeladen worden war. Am andern Tag gegen ein Uhr ließ er sich von Mousqueton den letzten Bürstenstrich geben, und wanderte der Rue aux Ours zu. Sein Herz klopfte, aber nicht wie das von d'Artagnan, von einer jungen und ungeduldigen Liebe. Nein, ein materielles Interesse leitete seine Schritte. Er sollte endlich die geheimnißvolle Schwelle überschreiten, die unbekannte Treppe ersteigen, welche die alten Thaler des Meisters Coquenard einer um den andern erstiegen hatten. Er sollte wirklich eine gewisse Kiste sehen, deren Bild ihm zwanzigmal in seinen Träumen erschienen war; eine Kiste von langer und tiefer Form, mit Schlössern und Riegeln versehen, und mit eisernen Bändern an den Boden befestigt; eine Kiste, von der er so oft sprechen gehört, und welche die Hände des Procurators nun vor seinen bewundernden Blicken öffnen sollten.

Und er, der in der Welt umherirrende Mensch, der Mann ohne Vermögen, ohne Familie, der an Herbergen, Gasthöfen, Schenken und Wirtschaften aller Art gewöhnte Soldat, der Gourmand, genöthigt, sich meistens an Zufallsschmäusen zu halten, sollte sich an den Tisch einer bürgerlichen Haushaltung setzen, ein gemächliches Inneres kosten.

Täglich in der Eigenschaft eines Vetters bei einer guten Tafel erscheinen, die gelbe gefaltete Stirne des alten Procurators entrunzeln, die jungen Schreiber durch den Unterricht im Bassettspiele, im Lanzknecht und im Würfeln mit den feinsten Kunstgriffen rupfen und ihnen in Form eines Honorars für die Lection, die er ihnen in einer Stunde geben würde, die Ersparnisse eines Monats abnehmen. Alles dies lag in den seltsamen Sitten jener Zeit und war in der Voraussicht ungemein ergötzlich für Porthos.

Der Musketier erinnerte sich wohl der schlimmen Gerüchte, welche über die Procuratoren, ihre Knickerei, ihre Fasttage im Umlaufe waren. Da er aber im Ganzen die Procuratorin, abgesehen von einigen ökonomischen Anfällen, welche er stets sehr unzeitig fand, ziemlich freigebig gesehen hatte, wohl verstanden für eine Procuratorsfrau, so hoffte er ein angenehm eingerichtetes Haus zu finden.

An der Thüre regten sich jedoch einige Zweifel in dem Musketier. Der Zutritt hatte durchaus nichts Einladendes. Er fand einen übelriechenden schwarzen Gang, eine nur schlecht beleuchtete Treppe mit einem Fenster, durch dessen eiserne Stangen das graue Licht eines benachbarten Hofes mühsam eindrang. Im ersten Stock kam er vor eine niedere und, wie die Hauptthüre des großen Chatelet, mit ungeheuren eisernen Nägeln beschlagene Thüre. Porthos klopfte mit dem Finger an. Ein großer, bleicher und unter einem Wald von struppigen Haaren verborgener Schreiber öffnete und grüßte mit der Miene eines Mannes, der sich genöthigt sieht, an einem Andern den kräftigen hohen Wuchs, eine militärische Uniform und das frische rothe Gesicht zu achten, das die Gewohnheit gut zu leben andeutet.

 

Ein zweiter, kleinerer Schreiber hinter dem ersten, ein anderer größerer Schreiber hinter dem zweiten, ein Gassenjunge von zwölf Jahren hinter dem dritten.

Im Ganzen drei und ein halber Schreiber, was für jene Zeit eine Schreibstube von sehr bedeutender Kundschaft ankündigte.

Obgleich der Musketier erst um ein Uhr erscheinen sollte, war doch die Procuratorin seit der Mittagsstunde mit ihrem Auge auf der Lauer, und versah sich zu dem Herzen und vielleicht auch zu dem Magen ihres Anbeters, daß er vor der bestimmten Zeit erscheinen werde.

Madame Coquenard kam also beinahe in demselben Augenblick aus der Zimmerthüre, wo ihr Gast durch die Treppenthüre eintrat, und die Erscheinung der würdigen Dame entzog Porthos einer großen Verlegenheit. Die Schreiber sahen äußerst neugierig aus, und er blieb völlig stumm, da er nicht wußte, was er zu dieser aufsteigenden Tonleiter sagen sollte.

»Das ist mein Vetter!« rief die Procuratorin. »Tretet doch ein, Herr Porthos!«

Der Name Porthos brachte die gehörige Wirkung auf die Schreiber hervor, welche zu lachen anfingen; aber Porthos wandte sich um und auf alle Gesichter kehrte der Ernst zurück.

Man gelangte in das Kabinet des Procurators, nachdem man ein Vorzimmer, wo die Schreiber waren, und die Schreibstube, in der sie hätten sein sollen, durchschritten hatte. Die letztere war eine Art von schwarzem Saale, mit beschriebenem Papier tapezirt. Aus der Schreibstube heraustretend, ließ man die Küche zur Rechten und gelangte in das Empfangszimmer.

Alle diese Zimmer, welche mit einander in Verbindung standen, brachten Porthos durchaus keine guten Begriffe bei. Man mußte die Worte von ferne durch alle diese offenen Thüren hören; dann hatte er im Vorübergehen einen raschen, forschenden Blick in die Küche geworfen und sich zur Schande der Procuratorsfrau und zu seinem eigenen Bedauern gestanden, daß er nichts von dem Feuer, von der Belebtheit von der Bewegung wahrzunehmen vermochte, wie dergleichen gewöhnlich im Augenblicke eines guten Mahles im Heiligthum der Gern- und Gutesserei zu herrschen pflegt.

Der Procurator war ohne Zweifel zum Voraus von seinem Besuche in Kenntniß gesetzt worden, denn er gab nicht das geringste Erstaunen bei dem Anblick von Porthos kund, der sich ihm mit vollkommen ungezwungener Miene näherte und ihn höflich begrüßte.

»Wir sind Vettern, wie es scheint, mein Herr Porthos?« sagte der Procurator und stand, sich mit den Armen stützend, von seinem Rohrstuhle auf.

Der Greis war in ein großes schwarzes Wamms gehüllt, in welchem sich sein schmächtiger Körper verlor, und sah gelb und vertrocknet aus. Seine kleinen grauen Augen glänzten wie Karfunkel und schienen nebst seinem Munde, der in beständigen Grimassen begriffen war, der einzige Theil seines Gesichtes zu sein, wo noch Leben wohnte. Leider fingen die Beine an, dieser ganzen Knochenmaschine den Dienst zu verweigern. Seit den fünf oder sechs Monaten, wo sich diese Schwäche fühlbar gemacht hatte, war der würdige Procurator beinahe der Sklave seiner Gattin geworden.

Der Vetter wurde mit Resignation aufgenommen und nicht weiter. Wäre Meister Coquenard noch flink auf den Beinen gewesen, so würde er alle Verwandtschaft mit Porthos abgelehnt haben.

»Ja, wir sind Vettern,« sprach Porthos, der überdies nie darauf gerechnet hatte, der Gatten werde ihn mit Begeisterung aufnehmen.

»Durch die Frauen, glaube ich,« sagte der Procurator boshaft.

Porthos fühlte diesen Spott nicht und hielt ihn für eine Naivetät, worüber er in seinen dicken Schnurrbart lachte; Madame Coquenard, welche wußte, daß der naive Prokurator eine äußerst seltene Varietät in der Gattung ist, lächelte ein wenig und erröthete viel.

Herr Coquenard hatte seit der Ankunft von Porthos seine Augen unruhig auf einen großen, seinem eigenen Schreibtisch gegenüber stehenden Schrank geworfen. Porthos begriff, daß dieser Schrank, obgleich er seiner Form nach durchaus nicht demjenigen entsprach, welchen er in seinen Träumen gesehen hatte, das glückselige Geräthe sein mußte, und er beglückwünschte sich darüber, daß sie Wirklichkeit sechs Fuß mehr Höhe hatte, als der Traum.

Meister Coquenard trieb seine genealogischen Forschungen nicht weiter; aber seinen unruhigen Blick vom Schranke wieder Porthos zuwendend, begnügte er sich, zu sagen:

»Euer Herr Vetter wird wohl, ehe er in das Feld zieht, uns die Ehre erweisen, mit uns zu Mittag zu essen, nicht wahr, Madame Coquenard?«

Diesmal empfing Porthos den Stich in den vollen Leib und fühlte ihn; Madame Coquenard schien ihrerseits nicht unempfindlicher zu sein, denn sie fügte bei:

»Mein Vetter wird nicht wieder kommen, wenn er findet, daß wir ihn schlecht behandeln; aber im entgegengesetzten Fall hat er zu wenig Zeit noch in Paris zuzubringen und folglich uns zu sehen, als daß wir ihn nicht um jeden Augenblick bitten sollten, über den er noch zu verfügen vermag.«

»Oh! meine Beine, meine armen Beine!« murmelte Herr Coquenard und suchte zu lächeln.

Diese Hilfe, welche Porthos in dem Augenblicke zugekommen war, wo man ihn in seinen gastronomischen Hoffnungen angegriffen hatte, flößte dem Musketier große Dankbarkeit gegen seine Procuratorin ein.

Bald schlug die Mittagsstunde; man ging in das Speisezimmer, eine große dunkle Stube der Küche gegenüber.

Die Schreiber, denen, wie es scheint, die ungewöhnlichen Gerüche im Hause nicht entgangen waren, beobachteten eine militärische Pünktlichkeit und hielten, bereits sich niedersetzend, ihre Bestecke in der Hand. Man sah sie zum Voraus mit furchtbarem Tätigkeitsdrang ihre Kinnbacken bewegen. »Bei Gott!« dachte Porthos, indem er einen Blick auf die drei Ausgehungerten warf, denn der Gassenjunge wurde, wie man sich denken kann, nicht zu der Ehre eines Herrentisches zugelassen. »Bei Gott! an der Stelle meines Vetters würde ich solche Fresser nicht behalten. Sie sehen aus wie Schiffbrüchige, die seit sechs Wochen nicht gegessen.«

Herr Coquenard wurde auf seinem Rollstuhl von Madame Coquenard hereingeschoben, welche Porthos, bis er den Tisch erreichte, zuvorkommend im Rollen unterstützte. Kaum war er im Zimmer, als er Nase und Kinnbacken nach dem Beispiel seiner Schreiber in Bewegung setzte.

»Oh! oh!« sagte er, »das ist eine einladende Suppe.«

»Was Teufel riechen sie denn Außerordentliches in dieser Suppe?« sagte Porthos zu sich selbst beim Anblick einer blassen, weißlichen, aber ganz blinden Fleischbrühe, auf der einige seltene Krusten, wie die Inseln eines Archipels, schwammen.

Madame Coquenard lächelte und auf ein Zeichen von ihr beeilte sich Jedermann niederzusitzen.

Herr Coquenard wurde zuerst bedient, dann Porthos, hierauf füllte Madame Coquenard ihren Teller und theilte die Krusten ohne Fleischbrühe unter die Ungeduldigen aus.

In diesem Augenblick öffnete sich die Thüre des Speisezimmers knarrend von selbst, und Porthos erblickte durch die halbgeöffneten Flügel den kleinen Schreiber, der, da er nicht an dem Mahl Theil nehmen durfte, sein Brod bei dem doppelten Geruch von der Küche und dem Speisezimmer verzehrte.

Nach der Suppe brachte die Magd eine gesottene Henne, ein Prachtstück, bei dessen Anblick sich die Augenlider der Gäste so sehr erweiterten, daß man glaubte, sie müßten zerreißen.

»Man sieht, Ihr liebt Eure Familie, Madame Coquenard,« sprach der Procurator mit einem beinahe tragischen Lächeln, »das ist offenbar eine Galanterie, die Ihr Eurem Vetter erweist.«

Die arme Henne war alt und mit einer von den dicken, rauhen Häuten bekleidet, welche die Knochen mit aller Anstrengung nicht zu durchdringen vermögen. Man mußte sie lange gesucht haben, um ihre Aufsitzstange zu finden, auf die sie sich zurückgezogen hatte, um an Altersschwäche zu sterben.

»Teufel!« dachte Porthos, »das ist doch sehr traurig. Ich ehre das Alter, aber ich mache mir wenig daraus, wenn es gesotten oder gebraten ist.«

Und er schaute in der Runde umher, um zu beobachten, ob seine Meinung getheilt würde; aber er sah im Gegenteil nur flammende Augen, welche zum Voraus diese erhabene Henne, den Gegenstand seiner Verachtung, verschlangen.

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