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Die drei Musketiere

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Die drei Musketiere
Die drei Musketiere
Аудиокнига
Читает Eberhard Krug, Hans Mahlau, Klaus Jepsen, Peter Schiff, Rolf Marmitz, Rolf Marnitz
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Madame Coquenard zog die Platte zu sich heran, löste geschickt die zwei großen schwarzen Pfoten, die sie ihrem Gatten auf den Teller legte, schnitt den Hals ab, den sie mit dem Kopfe für sich nahm, trennte einen Flügel für Porthos ab und gab der Magd, welche es gebracht hatte, das Thier zurück, so daß es beinahe unberührt zurückkehrte und verschwunden war, ehe der Musketier Zeit hatte, die Veränderungen zu beobachten, welche diese Enttäuschung je nach den Charakteren und Temperamenten der Umsitzenden auf den Gesichtern hervorbrachte.

Nach der Henne machte eine Platte mit Bohnen ihre Aufwartung, in der einige Schöpsenknochen, von denen man Anfangs glauben konnte, sie wären mit Fleisch bekleidet, sich zu zeigen schien. Aber die Schreiber ließen sich durch diesen Trug nicht bethören, und aus ihren düsteren Mienen wurden in die Fügung des Schicksals ergebene Gesichter.

Madame Coquenard theilte dieses Gericht mit der Mäßigung einer guten Hauswirthin unter die jungen Leute aus.

Nun kam die Reihe an den Wein; Herr Coquenard schenkte aus einem sehr mageren Weinkruge jedem von den jungen Leuten das Drittheil eines Glases ein, nahm für sich ungefähr in gleichem Verhältniß, und die Flasche ging sogleich zu Porthos und Madame Coquenard über.

Die jungen Leute füllten das Drittel Wein mit Wasser; wenn sie die Hälfte des Glases getrunken hatten, füllten sie es abermals, und so machten sie dies fortwährend, wodurch sie am Ende des Mahles ein Getränke verschluckten, das von der Farbe des Rubins zu der des Rauchtopases übergegangen war.

Porthos verspeiste schüchtern seinen Flügel. Er trank auch ein halbes Glas von diesem so spärlich zugemessenen Weine und erkannte ihn als einen Montreuil. Meister Coquenard sah ihn den Wein ungemischt trinken und stieß einen Seufzer aus.

»Eßt Ihr vielleicht von diesen Bohnen, mein Vetter Porthos?« sprach Madame Coquenard mit jenem Tone, welcher sagen will: »Glaubt mir, eßt nichts davon.«

»Ich danke meiner Base,« erwiderte er, »ich habe keinen Hunger mehr.«

Es trat ein Stillschweigen ein. Porthos wußte nicht, wie er sich benehmen sollte. Der Procurator wiederholte mehrmals:

»Ah, Madame Coquenard, ich mache Euch mein Compliment. Euer Mittagsbrod ist ein wahres Festmahl!«

Porthos glaubte, man wolle ihn zum Besten halten, und fing an, seinen Schnurrbart in die Höhe zu streichen und die Stirne zu falten. Aber der Blick von Madame Coquenard ermahnte ihn zur Geduld.

In diesem Augenblick standen die Schreiber auf einen Wink des Procurators langsam vom Tische auf, legten ihre Servietten noch langsamer zusammen, verbeugten sich und traten ab.

»Geht, Ihr jungen Leute, geht und verdauet durch Arbeiten,« sagte der Procurator ernsthaft.

Als die Schreiber sich entfernt hatten, erhob sich Madame Coquenard und holte aus einem Speiseschrank ein Stück Käse, eingemachte Quitten und einen Kuchen, den sie aus Mandeln und Honig selbst verfertigt hatte.

Herr Coquenard runzelte die Stirne, weil er zu viel Gerichte erblickte.

»Ein Festmahl, ganz entschieden!« rief er, ungeduldig sich auf seinem Stuhl hin und her bewegend. »Ein wahres Festmahl! Epulae epularum: Lucullus speist bei Lucullus zu Mittag!«

Porthos schaute die Flasche an, die in seiner Nähe stand, und hoffte sich im Wein, Brod und Käse gütlich zu thun. Aber der Wein ging bald aus, die Flasche war leer. Herr und Madame Coquenard thaten, als ob sie es nicht bemerkten.

»Das ist gut,« sprach Porthos zu sich selbst, »ich weiß nun, woran ich bin.«

Er leckte ein wenig an einem Löffel voll eingemachter Quitten und verbiß sich die Zähne in dem zähen Teige von Madame Coquenard.

»Nun ist das Opfer gebracht,« sprach er.

Herr Coquenard fühlte nach den Leckereien eines solchen Mahles, das er einen Exceß nannte, das Bedürfniß, Siesta zu halten.

Porthos hoffte, dies würde an Ort und Stelle und in demselben Räume vorgehen, aber der Procurator wollte nichts davon hören. Man mußte ihn in sein Zimmer zurückbringen, und er schrie, so lange er nicht vor seinem Schranke war, auf dessen Rand er sodann aus Vorsicht seine Füße stellte.

Die Procuratorin führte Porthos in ein anstoßendes Zimmer.

»Ihr könnt dreimal in der Woche zu Tisch kommen,« sagte Madame Coquenard.

»Ich danke,« erwiderte Porthos, »ich mache nicht gerne Mißbrauch von solchen Einladungen. Ueberdies muß ich an meine Equipirung denken.«

»Das ist wahr,« sprach die Procuratorin seufzend, »diese unglückliche Equipirung nimmt Euch in Anspruch, nicht wahr?«

»Ach ja,« sagte Porthos.

»Aber worin besteht denn die Equipirung Eueres Corps, Herr Porthos?«

»Oh! in Mancherlei,« sprach Porthos, »die Musketiere sind, wie Ihr wißt, Elitesoldaten, und sie brauchen viele Dinge, welche die Garden und die Schweizer entbehren können.«

»Nennt sie mir einzeln.«

»Das belauft sich etwa auf . . . erwiderte Porthos, der sich lieber über den Gesammtbetrag, als über die einzelnen Punkte aussprechen wollte.

Die Procuratorin wartete zitternd.

»Auf wie viel?« fragte sie; »ich hoffe, es wird nicht mehr als . . .« hier blieb sie stecken, es fehlte ihr das Wort.

»Oh! nein, es beträgt nicht über zwei tausend fünf hundert Livres. Ich glaube sogar, daß ich bei einiger Sparsamkeit mit zwei tausend ausreichen könnte.«

»Guter Gott! zwei tausend Livres!« rief sie, »das ist ja ein ganzes Vermögen, und mein Mann wird sich nie herbeilassen, eine solche Summe zu borgen!«

Porthos machte eine sehr bezeichnende Grimasse; Madame Coquenard verstand ihren Sinn.

»Ich fragte nach den einzelnen Punkten,« sprach sie, »weil ich viele Verwandte und Kunden bei dem Handelsstand habe, und folglich überzeugt sein kann, daß ich die Sache um hundert Procent unter dem Preise bekomme, den Ihr dafür bezahlen müßt.«

»Ah! ah!« rief Porthos, »wenn Ihr damit andeuten wolltet . . .«

»Ja, mein lieber Herr Porthos. Ihr braucht also vor Allem . . .«

»Ein Pferd.«

»Ja, ein Pferd. Gut! das ist es gerade, was ich für Euch abmachen kann.«

»Ah!« sprach Porthos strahlend, »in Beziehung auf mein Pferd stehen also die Angelegenheiten ganz gut; dann brauche ich noch ein Pferd für meinen Bedienten und ein Felleisen. Was die Waffen betrifft, so dürft Ihr Euch nicht darum bekümmern, diese habe ich bereits.«

»Ein Pferd für Euern Bedienten?« versetzte die Procuratorin zögernd. »Aber das klingt sehr vornehm.«

»Ei! Madame!« sprach Porthos stolz, »bin ich etwa ein armer Schlucker?«

»Nein. Ich wollte Euch nur sagen, ein hübsches Maulthier sehe gleichsam eben so gut aus, wie ein Pferd, und es scheine mir, wenn ich Euch ein gutes Maulthier für Euren Mousqueton verschaffen würde . . .«

»Es mag sein, ein hübsches Maulthier; Ihr habt Recht, ich habe sehr vornehme spanische Herren gesehen, deren ganzes Gefolge auf Maulthieren ritt. Aber Ihr werdet dann begreifen, Madame Coquenard, daß ich ein Maulthier mit Federbusch und Schelle haben muß.«

»Seid unbesorgt,« erwiderte die Procuratorin.

»Nun ist noch das Felleisen übrig,« sagte Porthos.

»Oh! das darf Euch nicht beunruhigen,« rief Madame Coquenard, »mein Mann besitzt fünf oder sechs Felleisen, und Ihr sucht Euch das beste aus; es ist besonders eines darunter, das er sehr gerne mit auf Reisen nahm, man könnte eine ganze Welt hineinpacken.«

»Euer Felleisen ist also leer?« fragte Porthos.

»Gewiß, es ist leer,« antwortete die Procuratorin.

»Ah! dasjenige, welches ich brauche,« rief Porthos, »ist ein wohl ausgerüstetes, meine Theure.«

Madame Coquenard stieß neue Seufzer aus. Molière hatte damals seinen Geizhals noch nicht geschrieben. Madame Coquenard gebührt also der Vorrang vor Harpagon.

Der Rest der Equipirung wurde nach und nach auf dieselbe Weise debattirt, und das Resultat der Sitzung war, daß die Procuratorin von ihrem Gatten acht hundert Livres in baarem Gelde verlangen und das Pferd und das Maulthier liefern sollte, welchen beiden Geschöpfen die Ehre zugedacht war, Porthos und Mousqueton zum Ruhme zu tragen.

Als diese Bedingungen festgestellt und die Interessen vertragsmäßig bestimmt waren, nahm Porthos von Madame Coquenard Abschied und kehrte mit abscheulichem Hunger nach seiner Wohnung zurück.

XVII.
Zofe und Gebieterin

Trotz der Stimme seines Gewissens, trotz der weisen Rathschläge von Athos und der zarten Erinnerung an Madame Bonacieux, verliebte sich d'Artagnan von Stunde zu Stunde mehr in Mylady; auch verfehlte er nicht, ihr täglich auf eine Weise den Hof zu machen, von welcher der eitle Gascogner überzeugt war, sie müsse früher oder später eine Erwiderung zur Folge haben.

Als er eines Tages, die Nase hochtragend, leichten Sinnes wie ein Mensch, der einem Goldregen entgegensieht, nach dem Hotel von Mylady kam, traf er die Zofe unter der Einfahrt; aber diesmal begnügte sich die hübsche Ketty nicht mit einem flüchtigen Lächeln, sie nahm ihn sachte bei der Hand.

»Gut!« sprach d'Artagnan zu sich selbst, »sie ist mit einer Botschaft ihrer Herrin an mich beauftragt; sie wird mir ein Rendezvous bezeichnen, das man mir mündlich zu geben nicht gewagt hat,« und dabei schaute er das schöne Kind mit der siegreichsten Miene an.

»Ich wünschte ein paar Worte mit Euch zu sprechen, Herr Chevalier,« stammelte die Kammerjungfer.

»Sprich, mein Kind, sprich,« sagte d'Artagnan, »ich höre.«

»Hier unmöglich; was ich Euch zu sagen habe, ist zu lang und besonders zu geheim.«

»Nun! was ist aber dann zu machen?«

»Wenn der Herr Chevalier mir folgen wollte,« sagte Ketty schüchtern.

»Wohin Du willst, mein schönes Kind.«

»So kommt.«

Und Ketty, die seine Hand nicht losgelassen hatte, zog ihn nach sich auf eine düstere Wendeltreppe, und öffnete eine Thüre, nachdem sie etwa fünfzehn Stufen hinaufgestiegen waren.

 

»Tretet ein, Herr Chevalier, hier sind wir allein und können ruhig mit einander sprechen.«

»Was ist das für ein Zimmer, mein schönes Kind?« fragte d'Artagnan.

»Das meinige, gnädiger Herr; es steht mit dem meiner Gebieterin durch diese Thüre in Verbindung. Aber seid ohne Sorgen, sie kann nicht hören, was wir sprechen, da sie sich nie vor Mitternacht schlafen legt.«

D'Artagnan ließ seine Blicke umherschweifen. Das kleine Zimmer war reizend, sowohl was den Geschmack, als was die Reinlichkeit betraf, aber unwillkürlich hefteten sich seine Augen auf die Thüre, von der ihm Ketty gesagt hatte, sie führe nach dem Zimmer von Mylady.

Ketty erriet, was in der Seele des jungen Mannes vorging, und seufzte.

»Ihr liebt also meine Gebieterin sehr, Herr Chevalier?« fragte sie.

»Ich weiß nicht, ob ich sie wahrhaft liebe, ich weiß nur, daß ich wahnsinnig in sie verliebt bin.«

Ketty stieß einen zweiten Seufzer aus.

»Ach! mein Herr, das ist schade.«

»Was Teufels siehst Du denn darin so Unangenehmes?«

»Ich meine, weil meine Gebieterin Euch gar nicht liebt.«

»Wie!« rief d'Artagnan, »sollte sie Dich beauftragt haben, mir dies zu sagen?«

»Oh! nein, gnädiger Herr, aber ich habe aus Theilnahme für Euch den Entschluß gefaßt, es Euch kund zu thun.«

»Ich danke, meine gute Ketty, aber nur für die Absicht, denn Du wirst wohl zugeben, daß eine solche Eröffnung nicht gerade angenehm ist.«

»Das heißt, Ihr glaubt nicht an das, was ich Euch gesagt habe, nicht wahr?«

»Ich gestehe, daß ich, bis Du mir irgend einen Beweis für Deine Behauptung zu geben vermagst . . .«

»Was sagt Ihr zu diesem?«

Ketty zog aus ihrem Busen ein kleines Billet ohne Aufschrift hervor.

»Für mich?« rief d'Artagnan, sich rasch des Briefchens bemächtigend, und mit der Geschwindigkeit eines Gedankens zerriß er den Umschlag, trotz des Geschreies, das Ketty erhob, als sie sah, was er thun wollte, oder vielmehr, was er that.

»Ach! mein Gott! Herr Chevalier, was macht Ihr da?« sprach sie.

»Ei! bei Gott,« erwiderte d'Artagnan, »muß ich nicht von dem, was an mich gerichtet ist, Kenntniß nehmen?« Und er las: »Ihr habt auf mein erstes Billet nicht geantwortet: seid Ihr leidend, oder habt Ihr vergessen, mit welchen Augen Ihr mich auf dem Ball der Frau von Guise ansahst? Die Gelegenheit ist da, Graf, laßt sie nicht entschlüpfen.«

D'Artagnan erbleichte, er war in seiner Eigenliebe verletzt, er glaubte sich in seiner Liebe verwundet.

»Dieses Billet ist nicht für mich!« rief er.

»Nein es ist für einen Andern; Ihr habt mir nicht Zeit gelassen, dies Euch zu sagen.«

»Für einen Andern! sein Name! sein Name!« rief d'Artagnan wüthend.

»Für den Grafen von Wardes.«

Die Erinnerung an die Scene in Saint-Germain trat plötzlich wieder vor den Geist des anmaßenden Gascogners und bestätigte die Eröffnung Ketty's.

»Armer, lieber Herr d'Artagnan,« sprach diese in einem Tone voll Mitleids und drückte dem jungen Manne abermals die Hand.

»Du beklagst mich, gute Kleine,« sagte d'Artagnan.

»Oh! ja, von ganzem Herzen, denn ich weiß, was Liebe heißt.«

»Du weißt, was Liebe heißt?« fragte d'Artagnan und schaute sie zum ersten Male mit einer gewissen Aufmerksamkeit an.

»Ach! ja.«

»Nun wohl! dann würdest Du, statt mich zu beklagen, viel besser daran thun, mir zu meiner Rache an Deiner Gebieterin zu verhelfen.«

»Und was für eine Rache wollt Ihr nehmen?«

»Meinen Nebenbuhler aus seiner Stelle verdrängen.«

»Dazu werde ich Euch nie behilflich sein, Herr Chevalier,« erwiderte Ketty lebhaft.

»Und warum nicht?«

»Aus zwei Gründen.«

»Aus welchen?«

»Erstens, weil meine Gebieterin Euch nie lieben wird.«

»Weißt Du dies?«

»Ihr habt sie in ihrem Innersten verletzt.«

»In welcher Beziehung kann ich sie verletzt haben, da ich doch, seit ich sie kenne, wie ein Sklave zu ihren Füßen liege? Sprich, ich bitte Dich.«

»Ich werde dieß nur dem Manne gestehen . . . der in der Tiefe meines Herzens zu lesen vermag.«

D'Artagnan schaute Ketty zum zweiten Male an. Das junge Mädchen war von einer Frische und Schönheit, wofür manche Herzogin ihre Krone gegeben hätte.

»Ketty, ich werde in der Tiefe Deines Herzens lesen, darüber beruhige Dich, mein liebes Kind; aber sprich.«

»O! nein,« rief Ketty, »Ihr liebt mich nicht, Ihr liebt meine Gebieterin; das habt Ihr mir soeben gesagt.«

»Und das hält Dich ab, mir den zweiten Grund zu nennen?«

»Der zweite Grund, mein Herr Chevalier,« sprach Ketty, durch den Ausdruck der Augen des jungen Mannes ermuthigt! »der zweite Grund heißt: in der Liebe sorgt jedes für sich.«

Jetzt erinnerte sich d'Artagnan der schmachtenden Blicke Kettys, ihres Lächelns und ihrer unterdrückten Seufzer, so oft er ihr begegnete; aber ganz und gar von dem Verlangen beseelt, der vornehmen Dame zu gefallen, hatte er die Zofe verachtet: wer den Adler jagt, kümmert sich nicht um den Sperling.

Aber diesmal begriff unser Gascogner blitzschnell, welchen Nutzen man aus dieser Liebe ziehen konnte, die ihm Ketty auf eine so naive Weise zugestanden hatte – Auffangung der an den Grafen von Wardes gerichteten Briefe, Einverständniß am Platze, Eintritt zu jeder Stunde durch Kettys Zimmer, welches an das ihrer Gebieterin stieß. Der Treulose opferte, wie man sieht, bereits in Gedanken das arme Mädchen der vornehmen Dame auf.

Es schlug Mitternacht und man hörte beinahe um dieselbe Zeit das Glöckchen in Myladys Zimmer ertönen.

»Großer Gott!« rief Ketty, »meine Herrin ruft, geht, geht geschwind.«

D'Artagnan stand auf, nahm seinen Hut, als ob er zu gehorchen beabsichtigte, öffnete aber rasch statt der Treppenthüre die Thüre eines großen Schrankes und kauerte sich mitten unter die Kleider und Mäntel von Mylady hinein.

»Was macht Ihr denn?« rief Ketty.

D'Artagnan, der zum Voraus den Schlüssel genommen hatte, schloß sich in seinen Schrank ein, ohne zu antworten.

»Nun!« rief Mylady mit scharfer Stimme, »schläfst Du, daß Du nicht kommst, wenn ich läute?«

D'Artagnan hörte, daß die Verbindungsthüre heftig geöffnet wurde.

»Hier bin ich, Mylady, hier bin ich!« rief Ketty ihrer Gebieterin entgegenlaufend.

Alle Beide traten in das Schlafzimmer ein und da die Thüre offen blieb, konnte d'Artagnan noch einige Zeit hören, wie Mylady ihre Kammerjungfer auszankte; endlich beruhigte sie sich, und es kam auf ihn die Rede, während Ketty ihre Gebieterin bediente.

»Ei!« sagte Mylady, »ich habe unsern Gascogner diesen Abend nicht gesehen.«

»Wie, Madame,« sprach Ketty, »er ist nicht gekommen! Sollte er flatterhaft sein, ehe er glücklich gewesen ist?«

»Oh! nein, Herr von Treville, oder Herr des Essarts werden ihn abgehalten haben. Ich verstehe mich darauf, Ketty, diesen halte ich fest.«

»Was wird die gnädige Frau mit ihm machen?«

»Was ich mit ihm machen werde? sei unbesorgt, Ketty; zwischen diesem Menschen und mir liegt ein Ding, das er nicht kennt. Er hat mich beinahe um meinen Kredit bei Sr. Eminenz gebracht. O! ich werde mich rächen.«

»Ich glaubte, die gnädige Frau liebe ihn?«

»Ich, ihn lieben! ich verabscheue ihn. Ein Einfaltspinsel, der das Leben von Lord Winter in den Händen hat, ihn nicht tötet und mir dadurch einen Verlust von dreimal hunderttausend Livres Rente zuzieht.«

»Das ist richtig,« sagte Ketty. »Euer Sohn wäre der einzige Erbe seines Oheims, und bis zu seiner Volljährigkeit hättet Ihr die Nutznießung seines Vermögens gehabt.«

D'Artagnan schauerte bis in das Mark seiner Knochen, als er hörte, wie ihm dieses liebreizende Geschöpf, mit der scharfen Stimme, die sie nur mit größter Mühe im Gespräch zu verbergen vermochte, vorwarf, daß er einen Mann nicht getötet habe, den sie, wie er selbst gesehen hatte, von Beweisen der Freundschaft überhäufte wurde.

»Auch hätte ich mich bereits an ihm gerächt,« fuhr Mylady fort, »wenn mir nicht der Cardinal, ich weiß nicht aus welchem Grunde, befohlen hätte, ihn zu schonen.«

»Oh! ja, aber Madame hat die kleine Frau nicht geschont, die er liebte.«

»Ah! die Krämerin aus der Rue des Fossoyeurs! hat er nicht bereits vergessen, daß sie lebte? eine schöne Rache, meiner Treu!«

Der kalte Schweiß lief d'Artagnan von der Stirne: dieses Weib war ein Ungeheuer.

Er horchte wieder, aber leider war die Toilette beendigt.

»Gut,« sprach Mylady, »geh in Dein Zimmer, und suche morgen eine Antwort auf den Brief zu bekommen, den ich Dir gegeben habe.«

»Für Herrn von Wardes?« fragte Ketty.

»Allerdings.«

»Das ist ein Mann,« sprach Ketty, »der mir vorkommt, als wäre er gerade das Gegentheil von dem armen Herrn d'Artagnan.«

»Geht, Mademoiselle,« sagte Mylady, »ich liebe die Kommentare nicht.«

D'Artagnan hörte die Thüre zumachen, dann vernahm er das Geräusch von zwei Riegeln, welche Mylady vorschob, um sich in ihrem Zimmer einzuschließen. Ketty drehte auf ihrer Seite, aber so sachte als möglich, den Schlüssel einmal um. Dann stieß d'Artagnan die Thüre des Schrankes auf.

»Oh! mein Gott!« sprach Ketty mit gedämpfter Stimme, »was habt Ihr denn und wie bleich seht Ihr aus!«

»Das abscheuliche Geschöpf!« murmelte d'Artagnan.

»Stille! stille! kommt heraus; es ist nur eine dünne Scheidewand zwischen meinem Zimmer und dem von Mylady; man hört in dem einen ganz genau, was in dem andern gesprochen wird.«

»Schon gut; aber ich gehe nicht eher heraus, als bis Du mir gesagt hast, was aus Madame Bonacieux geworden ist.«

Das arme Mädchen schwur d'Artagnan auf das Krucifix, daß sie es nicht wisse, da ihre Gebieterin ihre Geheimnisse nie mehr als zur Hälfte durchdringen lasse. Nur glaube sie dafür stehen zu können, daß sie nicht tot sei.

Was die Ursache betraf, aus der Mylady beinahe ihren Kredit bei dem Cardinal verloren hatte, so wußte Ketty auch hiervon nicht mehr. Aber diesmal war d'Artagnan besser eingeweiht, als sie. Da er Mylady in dem Augenblick, wo er selbst England verließ, auf einem konsignirten Schiffe gesehen hatte, so vermuthete er, daß von den diamantenen Nestelstiften die Rede war.

Am klarsten trat bei Allem hervor, daß der wahre, tiefe und eingefleischte Haß Myladys gegen ihn davon herrührte, daß er ihren Schwager nicht getötet hatte.

D'Artagnan kehrte am andern Tag zu Mylady zurück. Sie war sehr übler Laune. D'Artagnan begriff, daß das Ausbleiben des Briefes ihre gereizte Stimmung veranlaßt hatte. Ketty trat ein, wurde aber äußerst hart von Mylady behandelt. Ein Blick, den sie d'Artagnan zuwarf, wollte sagen: »Ihr seht, wie ich um Euretwillen leide.«

Doch am Ende des Abends besänftigte sich die schöne Löwin; sie hörte lächelnd die zärtlichen Worte d'Artagnan's und gab ihm sogar die Hand zu küssen.

Als d'Artagnan sich entfernte, wußte er nicht mehr, was er denken sollte; da er aber ein Gascogner war, den man nicht so leicht den Kopf verlieren machte, so ersann er in seinem Innern ein Plänchen.

Er fand Ketty an der Thüre und ging wie am vorhergehenden Tage mit ihr hinauf, um Neuigkeiten von ihr zu erfahren. Ketty war viel gescholten worden; man hatte sie der Nachlässigkeit beschuldigt. Mylady konnte das Stillschweigen des Grafen von Wardes gar nicht begreifen und sie hatte ihr befohlen, am Morgen um neun Uhr in ihrem Schlafzimmer zu erscheinen, um ihre Aufträge zu vernehmen.

D'Artagnan ließ sich von Ketty das Versprechen geben, am andern Tage in seine Wohnung zu kommen, um ihm den Inhalt dieser Befehle mitzutheilen. Die Arme versprach alles, was d'Artagnan haben wollte; sie liebte wahnsinnig.

Um elf Uhr sah er Ketty kommen. Sie hielt ein neues Billet von Mylady in der Hand. Diesmal suchte es das arme Kind d'Artagnan nicht einmal streitig zu machen und ließ ihn gewähren. Sie gehörte mit Leib und Seele dem schönen Soldaten.

D'Artagnan öffnete dieses zweite Billet, das ebenfalls weder mit einer Unterschrift noch mit einer Adresse versehen war, und las, wie folgt:

»Ich schreibe Euch zum dritten Male, um Euch zu sagen, daß ich Euch liebe. Hütet Euch, daß ich Euch nicht zum vierten Male schreibe, um Euch zu sagen, daß ich Euch hasse.«

D'Artagnan wurde wiederholt blaß und roth, während er dieses Billet las.

»Oh! Ihr liebt sie immer noch!« sprach Ketty, die nicht einen Moment die Augen von dem Gesicht des jungen Mannes abgewandt hatte.

»Nein, Ketty, Du täuschest Dich; ich liebe sie nicht mehr, aber ich will mich für ihre Verachtung rächen.«

Ketty seufzte.

D'Artagnan nahm eine Feder und schrieb:

»Madame, bis jetzt habe ich gezweifelt, ob Eure beiden ersten Billets auch gewiß an mich gerichtet wären, so sehr wähnte ich mich einer solchen Ehre unwürdig.

 

»Heute aber muß ich an das Uebermaß Eurer Güte glauben, weil nicht nur Euer Brief, sondern auch Euere Kammerfrau mir die Versicherung geben, daß ich das Glück habe, von Euch geliebt zu werden.

»Ich werde heute Abend um elf Uhr meine Verzeihung erflehen. Einen Tag länger zögern, wäre jetzt in meinen Augen eine neue Beleidigung.

»Derjenige, welchen Ihr zum glücklichsten

Sterblichen macht.«

Dieses Billet war nicht gerade eine Fälschung – d'Artagnan unterzeichnete es nicht – aber es war eine Unzartheit, es war sogar, aus dem Gesichtspunkte unserer gegenwärtigen Sitten betrachtet, etwas wie eine Schändlichkeit; man machte sich in jener Zeit weniger Bedenken, als gegenwärtig. Ueberdieß wußte d'Artagnan durch das eigene Geständniß von Mylady, daß sie des Verraths an wichtigeren Häuptern schuldig war, und er hegte nur eine sehr geringe Achtung vor ihr.

Auch hatte er sich an ihr wegen ihrer Koketterie gegen ihn und wegen ihres Benehmens gegen Madame Bonacieux zu rächen.

D'Artagnans Plan war ganz einfach. Durch Ketty's Zimmer gelangte er in das ihrer Gebieterin. Er beschämte die Treulose, er drohte, sie durch öffentlichen Skandal zu kompromittiren, und erhielt von ihr durch den Schrecken alle Auskunft, die er über Constance's Schicksal zu haben wünschte. Vielleicht konnte sogar die Freiheit der hübschen Krämerin das Resultat dieser Zusammenkunft sein.

»Hier,« sprach der junge Mann und stellte Ketty das Billet ganz versiegelt zu, »gib diesen Brief Mylady; es ist die Antwort des Herrn von Wardes.«

Die arme Ketty wurde bleich wie der Tod; sie vermuthete, was das Billet enthielt.

»Höre, mein liebes Kind,« sagte d'Artagnan zu ihr, »Du begreifst, daß Alles dies auf die eine oder auf die andere Weise endigen muß; Mylady kann entdecken, daß Du das erste Billet meinem Bedienten übergeben hast, statt es dem Bedienten des Grafen einzuhändigen und daß ich die anderen entsiegelt habe, welche Herr von Wardes entsiegeln sollte. Dann wird Dich Mylady fortjagen, und Du kennst sie, sie ist nicht die Frau, ihre Rache hierauf zu beschränken.«

»Ach,« rief Ketty, »wofür habe ich mich Allem dem ausgesetzt!«

»Für mich, ich weiß es wohl, meine Schönste,« sagte der junge Mann; »auch bin ich Dir in hohem Maße dankbar, das schwöre ich.«

»Aber was enthält denn Euer Billet?«

»Mylady wird es Dir sagen.«

»Ach, Ihr liebt mich nicht!« rief Ketty, »und ich bin sehr unglücklich!«

Ketty weinte sehr, ehe sie sich entschloß, diesen Brief Mylady zu übergeben; aber endlich entschloß sie sich dennoch aus Ergebenheit für den jungen Musketier, und das war Alles, was d'Artagnan in diesem Augenblick wollte.

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