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Elim

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IX
Die Flucht

Bruder, das sind dieselben Räuber, welche Buckingham ermordet haben.

Richard III.

Während der Führer auf der Küste umherirrte, während Mynheer Van Naarvaessen das Haus des Fischers suchte und Elim sich der Barke so glücklich bemächtigte, wollen wir sehen was sich in der Mühle zutrug, wo wir die Schiffbrüchigen im Anfange dieser Geschichte ankommen sahen.

Jane war mit ihrem ganzen Schmerz zurückgeblieben.

Das arme Kind liebte zum ersten Male, und mit der ganzen Kraft ihres Herzens. Dieses junge reine Herz hatte von der gewaltigen Hand der Liebe eine neue Form erhalten, und um ihm diese zu nehmen, hätte man es zerbrechen müssen, wie ein Glas.

Als sie in die zweite Stube trat, – dieselbe, in welcher ihr Vater von den Banditen fast ermordet worden wäre, – sank sie auf einen Stuhl und blieb stumm und regungslos sitzen, wie eine Bildsäule; ihr Leben zeigte sich nur durch die Thränen, die aus ihren Augen flossen.

Plötzlich erschien Quentin athemlos, bestürzt, leichenblaß.

»Wo ist Ihr Vater, Jungfrau Jane?« fragte er hastig; »sagen Sie, wo ist Ihr Vater?«

»Da wo ich sein möchte,« antwortete Jane, ohne die Aufregung Quentins zu bemerken, ohne zu sehen wie verstört sein Gesicht war.

»Ich beschwöre Sie bei dem Hauptbuch,« setzte der trostlose Cassier hinzu, »sagen Sie mir, welchen Weg Ihr Vater genommen.«

»Ich weiß es nicht.«

»Aber ich muß es wissen – er ist in Gefahr.«

»In Gefahr? mein Vater in Gefahr?« erwiederte Jane erschrocken, denn die letzten Worte Quentins waren ihr zum Herzen gedrungen. »Was sagst Du, Quentin? Mein Vater in Gefahr? Warum?«

»Ach! Jungfrau Jenny, denken Sie sich, der Bürgermeister Peter van Daalen —«

»Was kümmert mich der Bürgermeister?« unterbrach ihn Jane; »hörst Du denn nicht, daß ich wissen will, wie mein Vater in Gefahr gekommen ist?«

»Der Capitän Montane hat uns Alle beim Bürgermeister angezeigt.«

»Alle? – wen denn?«

»Mich, Sie, Ihren Vater, die Russen, Herrn Elim. Er hat erklärt, Ihr Vater sei Verräther, er stehe in Verbindung mit dem Feinde und habe den Rassen und Engländern versprochen, ihnen die Festung zu überliefern.«

»Und was weiter?«

»Der Bürgermeister hat befohlen, Ihren Vater zu verhaften, ins Gefängniß zu bringen und vor Gericht zu stellen.«

»Mein Vater soll ins Gefängniß gebracht, vor Gericht gestellt – Vielleicht erschossen werden!« jammerte das arme Mädchen. »O, unser Unglück ist vollkommen!«

Quentin blickte seufzend zum Himmel aus.

»Was machen Sie denn hier, Mynheer Quentin? setzte Jane hinzu. »Eilen Sie doch – laufen Sie und suchen Sie meinen Vater. Sagen Sie ihm, in welcher Gefahr er sich befindet. Er muß eilends abreisen, ins Ausland fliehen. Hat er Geld bei sich? Hier, nehmen Sie diese Diamanten, diese Perlen.«

»Ich habe bei unserm Banquier eine hinreichende Summe genommen,« erwiederte Quentin; »ich hatte nur nicht Zeit, den Posten in das Hauptbuch einzutragen. Aber wenn mir etwas Menschliches begegnen sollte, so haben Sie die Güte, Jungfrau Jane, zehntausend neue Dukaten einzuschreiben.«

»Gehen Sie doch!« rief Jane und schob Quentin zur Thür hinaus. »Warum zögern Sie? Merken Sie wohl, mein Vater muß abreisen, er darf nicht im Lande bleiben, und sagen Sie ihm, er möge sich um meine Mutter und mich keine Sorgen machen, man wird uns nichts thun.«

»Gott gebe es!« sagte Quentin, indem er das große Wagenpferd bestieg und in der Dunkelheit wie ein riesiges Gespenst verschwand.

Jane war fast vernichtet; die für das Leben des Vaters zitternde Tochter hatte für den Augenblick sogar den Geliebten vergessen.

Sie blieb allein mit dem Müller und der Müllerin, oder vielmehr mit ihrem Schmerz.

Eine Stunde nachher wurde an die Thür geklopft.

Jane hörte es nicht.

»Aufgemacht!« rief eine rauhe Stimme; »im Namen des Kaisers!«

Keine Antwort.

»Cap de Dious!« sagte dieselbe Stimme. »Wir wissen wohl wer Ihr seid. Laßt uns also ein, oder wir behandeln Euch als Empörer und stecken das Haus in Brand!«

»Mein Gott!« sagte die Müllerin bestürzt, »es ist die Stimme desselben Räubers, der uns ermorden, unser Haus plündern wollte!«

»Ich höre Dich wohl, alte Hexe!« schrie Cabaret durch die Thür. »Aufgemacht, oder wir schlagen die Thür ein!«

»Was sollen wir thun?« sagte die Müllerin zu Jane, welche inzwischen in die Küchenthür getreten war; »wir sind mit unserer ganzen Habe verloren!«

»Unsere Habe,« sagte der Müller, »wird uns der Herr hundertfach ersetzen; aber wir— aber Jungfrau Jane.«

»O! ich werde lieber sterben, als diesen Banditen in die Hände fallen!« sagte Jane entschlossen. »Peter, vertheidige die Thür so lange Du kannst. Ich will flüchten und die Unsrigen einzuholen suchen.«

»Nehmen Sie sich in Acht, Jungfrau Jane,« warnte der Müller; »die Canäle sind gefährlich, es ist finster, Sie könnten hineinfallen.«

»Ich bin seit meiner Kindheit oft wochenlang hier gewesen, ich kenne jeden Bach.«

Jane nahm ihr Schmuckkästchen und sprang aus einem in den Garten hinausgehenden Fenster. Der Garten selbst grenzte ans Meer.

Sie war schon aus dem Strande, als die Thüren von den-Banditen erbrochen wurden.

Ohne stillzustehen, ohne zu wissen wohin sie kommen würde, lief Jane auf der Seeküste fort. Die Furcht gab ihr Kraft, die Hoffnung, Elim einzuholen, beflügelte ihre Schritte.

Aber während sie lief, rief sie von Zeit zu Zeit:

»Vater! Elim!«

Endlich glaubte sie an der Küste ein Boot und einige sich darin bewegende Leute zu bemerken.

Aber die Stimme erstarb ihr in der keuchenden Brust, es schien ihr, als ob sie verfolgt würde.

Sie war nur noch einige Schritte von dem kleinen Fahrzeuge. Aber das Boot entfernte sich.

Sie konnte keinen Schritt weiter: die Füße versagten ihr den Dienst. Noch einmal sammelte sie alle ihre Kräfte, um zum letzten Male zu rufen:

»Vater! – Elim!«

Dann fiel sie ohnmächtig auf den Strand.

Die Verfolger waren nur noch hundert Schritte von ihr entfernt.

X
Der Finger Gottes

Wenn Du ein Mensch bist, so antworte.

Wo kommst Du her?

Macbeth.

Diesen letzten Ruf hatte Elim gehört.

»Rudert rückwärts!« sagte er zu seinen Matrosen. »Rückwärts!«

Die Ruder wurden verkehrt eingelegt und das Boot fuhr wieder auf den Sand.

»Halt!« rief eine Stimme, die rasch näherkam. »Haltet an, oder wir schießen!«

»Mir nach!« sagte Elim; ein Einziger bleibt im Boote zurück, die Andern mit mir.«

Er sprang, in jeder Hand eine geladene Pistole haltend, ans Land.

Zwanzig Schritte vom Landungsplatz fand er die ohnmächtige Jane.

Er nahm sie in seine Arme und trug sie fort, um sie in das Boot zu legen.

Aber Jane war von ihren Verfolgern beinahe erreicht. Elim sah sich um. Zehn Schritte von ihm war Cabaret, der seinen Gefährten vorausgeeilt war.

»Steh Du selbst still!« rief ihm Elim zu, »oder Du bist des Todes!«

Der Bandit stand still, um seinen Carabiner auf den jungen Seemann anzuschlagen. Aber ehe er den Gewehrlauf erhoben hatte, drückte Elim ein Pistol ab – ein Blitz flammte in der Dunkelheit auf, und Cabaret von einer Kugel des Flüchtlings in die Brust getroffen, fiel in den Sand.

Elim sprang nun rasch ins Boot.

»Jetzt rudert, Kinder,« sagte er zu seinen Matrosen; »rudert, als ob wir im Paradiese landen sollten. Wir haben nicht nur unser, sondern auch ihr Leben zu retten.«

»Das Fräulein!« rief Jurko freudig überrascht. »Das war wohlgethan, Herr Lieutenant!«

»Feuer!« rief eine Stimme auf dem Strande, während sich die Barke schnell wie ein verspäteter Seevogel entfernte.

Die Kugeln verloren sich in der Finsterniß; nur eine, die dicht neben dem Boot ins Meer schlug, schleuderte der noch immer bewußtlosen Jane das aufspritzende Wasser ins Gesicht.

»Schönen Dank für die Ehre!« rief Jurko den Verfolgern zu.

Jane durch das aufspritzende kalte Wasser aus ihrer Betäubung geweckt, schlug die Augen auf.

Sie war in den Armen des Geliebten.

»Elim – lieber Elim!« lispelte sie und die Lippen des jungen Paares fanden sich zusammen.

Lange hielten sie sich zärtlich umfaßt, sie hatte ja eine lange, vielleicht ewige Trennung gefürchtet und nun waren sie durch Gottes Fügung so schnell wieder vereinigt.

Plötzlich fühlte Elim eine Hand auf seiner Schulter.

»Was gibts?« fragte er.

»Sehen Sie denn nicht?«

»Was denn?«

»Daß man gar nichts mehr sieht, Herr Lieutenant.«

Auf der Meeresfläche hatte sich in der That ein dichter Nebel ausgebreitet.

»Halt! laßt die Ruder ruhen!« befahl Elim, »ich höre die Brandung.«

Die Matrosen hoben die Ruder aus dem Wasser. Elim setzte Jane auf die Bank und richtete sich auf, um zu lauschen.

»Die Brandung ist rechts,« sagte er.

»Und links,« setzte Jurko hinzu. »Hören Sie nicht?«

Man hörte wirklich auf beiden Seiten das dumpfe Getöse, welches die an den Klippen sich brechenden Wogen machen.

Elim sah Jane mit Schrecken an.

»Wir haben uns verirrt, Herr Lieutenant,« sagte einer der Matrosen.

»Nein, erwiederte Elim, »ich weiß nur zu gut wo wir sind.«

»Es ist gewiß eine Durchfahrt da,« sagte Jurko.

»Das ist sehr wahrscheinlich,« versetzte Elim; »aber wer soll sie uns zeigen?«

»Dieser holländische Käsefresser,« setzte Jurko hinzu. »Er ist genug auf dem Strande herumspazirt, und muß die Durchfahrt wohl kennen.«

»Wahrhaftig, Du hast Recht, Jurko,« sagte der junge Seeoffizier. »Nimm ihm den Knebel vom Munde, aber ohne ihm die Hände und Füße loszubinden. – Fürchte Dich nicht, theuerste Jenny,« setzte er, sich zu der Geliebten wendend, hinzu.

 

»Was habe ich denn zu fürchten ?« erwiederte sie ; »jetzt weiß ich ja, daß ich mit Dir sterbe.«

Man machte dem gefangenen Zollwächter den Mund frei.

»Die Brandung! die Brandung!« rief er, sobald er wieder sprechen konnte.

»Er fürchtet sich,« sagte Elim.

»Ja wohl – die Brandung —«

»Aber es ist eine Durchfahrt da,« sagte der Gefangene, dessen Angst immer größer wurde, je stärker das Getöse erscholl.

»Kannst Du die Durchfahrt auffinden?« fragte ihn Elim. »Wenn Du uns glücklich auf die offene See dringst, so verspreche ich Dir nicht nur Leben und Freiheit, sondern auch hundert Ducaten Belohnung.«

»Ich würde sie mit verbundenen Augen finden,« erwiederte der Holländer.

»Bindet ihm die Hände los und überlaßt ihm das Steuer.«

Man band dem Grenzzoll-Sergenten die Hände los und setzte ihn ans Steuer.

Elim nahm an seiner Seite Platz und spannte den Hahn seines zweiten Pistols.

»Ich schieße Dich nieder,« sagte er, »sobald Du die mindeste Bewegung machst, uns wieder an die Küste zu führen.«

»Schon gut,« erwiederte der Holländer kleinlaut und das Steuer gegen den Backbord haltend; »jetzt rudert was Ihr könnt.«

Elim wiederholte den Befehl in russischer Sprache.

Die Matrosen legten sich mit aller Kraft in die Riemen und das kleine Fahrzeug glitt wie eine Möve über die Meeresfläche.

»Nicht zu nahe an der Küste hin!« rief Elim dem neuen Steuermanne zu.

»Sehen Sie – dort auf der Steuerbordseite,« sagte der Zollwächter.

Man sah wirklich in der Dunkelheit eine lange Reihe von schäumenden Wellen schimmern; das Boot war offenbar nicht weiter als zwanzig Scheine von der Brandung.

Inzwischen war der Wind stärker geworden.

»Herr Lieutenant,« sagte ein Matrose, »in diesem Winde ist es nicht möglich, sich in einem Boot auf das offene Meer zu wagen.«

Der junge Offizier mußte ihm Recht geben; er sah ebenfalls ein, daß das kleine Fahrzeug keine Viertelmeile auf der hohen See zurücklegen könne, ohne unterzugehen.

Plötzlich richtete sich Elim lauschend auf; er hörte den hellen Klang einer Glocke.

Nirgends hört man die Glockenschläge so deutlich und in so weiter Entfernung, als in der Nacht auf dem Meere; ein Vogel mit ehernen Fittigen scheint pfeilschnell über die Wasserfläche zu fliegen.

»Eins – zwei – drei,« zählte Elim.

Und der letzte Glockenschlag verhallte langsam in gedehnten Schwingungen.

»Die Glockentöne kommen nicht vom Lande, Herr Lieutenant,« sagte Jurko; »das Land ist zu entfernt.«

Ein Gedanke durchzuckte den jungen Offizier. Er wandte sich zu dem Steuermann. Die Augen des Holländers leuchteten vor Freude, sie starrten nach der Steuerbordseite in den Nebel, denn von dorther waren die Glockentöne gekommen.

»Ich verstehe,« sagte Elim zu ihm; »wir sind in der Nähe deiner Sloop, an deren Bord das Glockenzeichen gegeben wurde.«

»Und was weiter?« fragte der Holländer trotzig.

»Wie stark ist die Bemannung der Sloop?« fragte Elim.

»Stark genug, um Euch alle, wie Ihr da seid, an den Raaen aufzuhängen.«

»An diesem Anblick wirst Du Dich nicht weiden, Freund,« erwiederte Elim; »denn ehe es so weit kommt, wirst Du eine bleierne Pille im Schädel haben.«

Er wandte sich zu dem Steuermann und hielt ihm die Mündung der Pistole ans Ohr.

»Wie stark ist die Bemannung?« wiederholte er drohend.

»Zwölf,« antwortete der Douanier, als er sah, daß der junge Offizier nicht scherzte.

»Gut,« sagte Elim und wandte sich zu seinen Matrosen. »Hört, Kinder, der Himmel schickt uns ein seetüchtiges Schiff, wir brauchen es nur zu nehmen.«

»Dann ist es unser!« sagte Jurko frohlockend.

»Die Bemannung besteht aus zwölf Köpfen.«

»Die Mannschaft ist nicht vorbereitet, aber wir sind es,« erwiederte Jurko. »Ein Mann, der gewarnt ist, kann’s gegen zwei nicht gewarnte aufnehmen, wie das Sprichwort sagt. Wir sind also Zwölf gegen Zwölf. – Es ist freilich das Fräulein da —« setzte der Matrose zögernd hinzu.

»Einer von Euch wird als Wache bei ihr bleiben,« sagte Elim.

»Dann sind wir nur noch Fünf, also Zehn gegen zwölf,« sagte Jurko. »Aber bah! Wir wollen schon mit ihnen fertig werden, es sind ja nur Zollwächter, und noch dazu Holländer.«

Dieses Gespräch wurde in russischer Sprache geführt, so daß Jane nichts davon verstand.

»Ihr habt mich doch verstanden, nicht wahr?« fuhr der junge Offizier, sich wieder zu seinen Matrosen wendend, fort. »Wir müssen die Sloop nehmen. Es ist freilich ein kühnes Wagstück; aber wenn ich sage: es muß sein! wird hoffentlich keiner von Euch an dem Gelingen zweifeln. Ich werde Euch übrigens den Weg zeigen, Ihr habt mir nur zu folgen.«

»Durch Wasser und Feuer, ins Paradies oder in die Hölle!« antworteten die Matrosen einstimmig.

»Das läßt sich hören. Ich danke Euch, Kinder, für euer Vertrauen; mit Euch würde ich den Mond entern. – Jetzt die Gewehre schußfertig gemacht, und sobald wir am Sloop sind, springet Ihr an Bord und schießt Alles nieder, was sich wehrt. – Und Du,« sagte er zu dem Steuermann, »vergiß nicht, was ich Dir gesagt habe ; es bleibt bei der Abrede.«

»Vorwärts« sagte der Steuermann.

Man gab dem Steuer die nöthige Richtung. Nach einigen Minuten bemerkte man das Schiff, das sich ruhig auf den Wellen schaukelte.

Auf dem Verdeck ging eine einzige Schildwache auf und ab. An der Bewegung, welche sie machte, erkannte Elim, daß die sich rasch nähernde Barke bemerkt wurde.

»Achtung!« sagte er, indem er sein Pistol dem Steuermanne wieder ans Ohr hielt.

»Wer da?« rief die Schildwache.

»Antworte, « sagte Elim.

»Der Teufel mit seiner Großmutter!« rief der Zollwächter am Steuer zum Verdeck hinauf.

»Kann passiren,« sagte die Schildwache, die nicht den mindesten Verdacht schöpfte und sich dann umwandte, um den Offizier zu rufen.

»Soll ich Dich denn verlassen, Elim?« sagte Jane erschrocken. »O, ich will’s nicht – ich trenne mich keinen Augenblick von Dir!«

»Nun, dann schlinge den Arm um meinen Hals und halte Dich fest. – Wir sind zur Stelle.«

Die Barke hatte wirklich die Sloop erreicht und legte an. Elim umfaßte Jane mit einem Arme, mit der andern Hand ergriff er das Tau und sprang auf das Verdeck.

Die fünf russischen Matrosen eilten ihm nach.

Die Schildwache wollte rufen: sie that den Mund auf – und schloß ihn im Wasser.

Die Russen waren Herren des Verdecks.

Elim nahm seine Börse und warf sie dem in der Schaluppe zurückgebliebenen Zollwächter zu.

»Da nimm,« rief er ihm zu, »ein Russe hält sein Wort. Hier ist dein Geld – für dein Leben magst Dir selbst sorgen. Du hast den Weg hierher gefunden, Du wirst ihn also auch wieder zurück finden.«

Und ohne sich weiter um den Douanier zu kümmern, der schnell zwei Ruder ergriff und dem Lande zufuhr, rief Elim seinen Leuten zu:

»Schließet die Luke der Matrosenkammer – ich werde für die Bewachung der Offizierscajüte sorgen.«

»Wo willst Du hin?« fragte Jane.

»Aller Wahrscheinlichkeit nach dem Capitän Montane einen Besuch machen,« erwiederte Elim; »aber da er unverheiratet ist, so hat das schöne Geschlecht keinen Zutritt in seinem Zimmer. Setze Dich also und erwarte mich.«

Durch den scherzhaften Ton ihres Geliebten beruhigt, that Jane was er wünschte.

Elim hüllte sie sorgfältig in seinen Mantel. Der egoistische Bräutigam wollte kein Rosenblatt von ihren Wangen verlieren.

Dann ging er leise die Offizierstreppe hinunter. Die aus der Cajüte kommenden Stimmen zeigten ihm den Weg.

Elim fand , daß der Schlüssel draußen steckte ; er bückte sich und hielt das Auge ans Schlüsselloch.

Er hatte sich nicht geirrt. Der Capitän saß mit zwei anderen Offizieren am Tische und trank Champagner.

»Ach, Capitän,« sagte ein Lieutenant, »Sie haben also die Eroberung gemacht —«

»Wenn man einen Schnurrbart hat wie der Capitän,« setzte der andere Offizier hinzu, »so ist kein Widerstand bei einer Evastochter möglich.«

»Die Kleine sträubte sich freilich; aber Cap de Dious, wie Cabaret sagt, wo man mit Güte nichts ausrichtet, muß man Gewalt brauchen – und ich fange an zu glauben, daß der Teufel bei mir Unterricht in der Liebe nehmen könnte. Ich schlage zwei Fliegen mit einer Klappe todt.«

»Und der Schwiegerpapa ist reich ?«

»Steinreich, Theuerster, ein Millionär. Ich werde ein Leben führen wie ein Marschall von Frankreich – der Schwiegerpapa soll leben!«

»Der Schwiegerpapa soll leben!« wiederholten die beiden Offiziere ihre Gläser leerend.

»Das heißt: seine Thaler sollen leben,« setzte der eine hinzu.

»Das versteht sich. Was ist denn ein holländischer Schwiegervater? Ein Sack voll Ducaten, mehr oder minder umfangreich. Der meinige hat einen kolossalen Umfang.«

Elim schien an dem Gespräch großen Antheil zu nehmen. Als daher Jurko auf der Treppe erschien, um ihm anzuzeigen, daß die zur Matrosenkammer führende Luke geschlossen sei, winkte ihm der junge Schiffslieutenant Stillschweigen zu.

»Und Sie glauben, daß der Vater einwilligen wird ?« sagte ein Offizier in der Cajüte.

»Er muß wohl,« erwiederte Montane. »Er muß zu dieser Stunde in den Krallen des Bürgermeisters sein; er ist des Hochverraths angeklagt. Auf dieses Verbrechen steht bekanntlich Todesstrafe und da seine Schuld oder Unschuld von meiner Aussage und diese wieder von seiner Einwilligung oder Weigerung abhängt, so ist sein Leben in meiner Hand.«

»Ist sie hübsch, die Kleine?«

»Eine wahre Rosenknospe, auf Ehre! – Die Dornen fehlen freilich auch nicht.«

»Und ihr Name.«

»Sie heißt Jane.«

»Mademoiselle Jane soll leben!« sagte der eine französische Offizier.

Der Andere wiederholte den Toast.

»Jane soll leben!« wiederholte auch der Capitän, der es nicht für nöthig hielt, dem Taufnamen eine weitere Zugabe vorauszuschicken Ich danke Ihnen , meine Herren.«

Die drei Douaniers leerten ihre Gläser.

»Holt deine Cameraden,« flüsterte Elim dem hinter ihm stehenden Jurko zu.

»Ich verstehe,« sagte der Matrose und ging leise die Treppe hinaus.

Elim schaute wieder durch das Schlüsselloch und lauschte.

Der Capitän ließ den Pfropf der dritten Flasche springen.

»Was fangen Sie denn mit dem Liebhaber an, Capitän?« fragte einer der Offiziere.

»Mit dem mache ich kurzen Prozeß,« erwiederte Montane mit seinem fratzenhaften Lächeln; »er wird gebunden und geknebelt hierher gebracht, und um durch seine Liebesklagen nicht gelangweilt zu werden, expedire ich ihn nach Frankreich.«

»Wir sind da, Herr Lieutenant,« flüsterte Jurko seinem Vorgesetzten zu.

»Gut,« sagte Elim. »Verhaltet Euch ganz ruhig und folget meinem Beispiel«

»Hören Sie, Capitän,« sagte einer der französischen Offiziere, »wir wollen großmüthig sein.«

»Mit Vergnügen,« erwiederte Montane, indem er sich mit geckenhafter Miene auf seinem Sessel zurücklehnte. »Lassen Sie hören, Lieutenant, was meinen Sie?«

»Der arme Liebhaber soll leben. Sie können wohl seine Gesundheit trinken.«

»Ah! Cap de Dious! wie Cabaret sagt – eine köstliche Idee!« lachte Montane. »Also der arme Liebhaber soll leben! – Es thut mir nur leid, daß er nicht da ist, uns Bescheid zu thun.«

»Ihr Wunsch soll erfüllt werden, Capitän,« sagte Elim, die Thür aufreißend. »Er ist da.«

Die drei Douaniers sahen den Eintretenden, dessen Erscheinen sie nicht zu erklären wußten, ganz bestürzt an.

Elim trat an den Tisch, füllte ein Glas und wiederholte, dasselbe hoch emporhebend:

»Der arme Liebhaber soll leben!«

Dann wandte er sich zu seinen Matrosen und rief ihnen in russischer Sprache zu:

»Rufet Hurrah, Kinder!«

Die Matrosen beantworteten die Aufforderung mit lautem Jubel.

Elim leerte sein Glas.

»Nun, meine Herren,« sagte er, »Sie trinken ja nicht.« Der Capitän Montane, der Elim erkannt hatte, zitterte so heftig, daß das Glas, welches er in der Hand hielt, von selbst leer wurde. Die beiden andern Offiziere, die den Vorfall nicht begreifen konnten, stellten ihre Gläser auf den Tisch und legten die Hand an den Degen.

»Bemühen Sie sich nicht, meine Herren,« sagte Elim zu ihnen. »Ihr Widerstand würde fruchtlos sein. Ihr Schiff ist in unserer Gewalt; wenn Sie etwa daran zweifeln, so will ich es Ihnen beweisen. – Herein, meine Braven!«

» Die fünf Matrosen traten, mit Carabinern bewaffnet, in die Cajüte.

»Capitän,« sagte Elim, sich an Montane wendend, »Sie sehen, wie launenhaft das Schicksal ist. Statt mich in Ihre Gewalt zu bekommen, sind Sie mein Gefangener; statt mich nach Frankreich zu expediren, werden Sie eine Reise nach Rußland machen. Sie treffen’s recht gut, Sie werden gerade zur Schlittenbahn ankommen. – Ihre Waffen, meine Herren!«

 

An Widerstand war nicht zu denken, die drei Offiziere gaben ihre Degen ab.

»Jurko,« sagte Elim, »führe diese Herren in die Cajüte des Lieutenants; »wir brauchen diese für eine Dame.«

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