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La San Felice Band 10

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Championnet hatte, nachdem er Niccola Addones Bericht angehört, die Dringlichkeit dieses Verlangens eingesehen und Salvato beauftragt, in Salerno die Colonne zu organisierte deren Commando er dann seinem Adjutanten Villeneuve übertrug.

Achtes Capitel.
Der Geier und der Schakal

Als Salvato von Salerno zurückkehrte und in das Cabinet des Generals Championnet trat, dem er die Nachricht von der Landung des Cardinals Ruffo in Calabrien brachte, traf er darin zwei Personen, welche ihm vollständig unbekannt waren und in deren Mitte der Obergeneral, nach seiner gerunzelten Stirn und seiner verächtlich emporgezogenen Lippe zu urtheilen, sich ziemlich unbehaglich zu fühlen schien.

Der eine dieser beiden Unbekannten trug das Costüm der höheren Civilbeamten, das heißt den blauen Frack ohne Epauletten und ohne Stickereien, den dreifarbigen Gürtel, die weißen Beinkleider, Stulpenstiefel und Säbel; der andere die Uniform eines Adjutant-Majors.

Der erste war der Bürger Faypoult, Oberhaupt einer Civilcommission, welche von Paris nach Neapel geschickt worden, um dort Contribution zu erheben und sich dessen zu bemächtigen, was die Römer spolia opima nannten.

Der zweite war der Bürger Victor Mejean, welchen das Directorium kürzlich an Thiébauds Stelle ernannt, der von Championnet vor der Porta Capuana zum Generaladjutanten gemacht worden.

Der General hatte dem Directorium vorgeschlagen, den erledigten Posten seines Adjutanten durch Villeneuve zu besetzen, welcher in diesem Augenblick beschäftigt war, die Patrioten von Potenza und ganz besonders Niccola und Basilio Addone, die beiden Haupturheber der letzten Katastrophe, zu schützen.

Das Directorium war aber auf den Wunsch des Generals nicht eingegangen, sondern hatte, wie bereits bemerkt, ,Mejean zu seinem Adjutanten ernannt.

Der Bürger Faypoult war ein Mann von fünfundvierzig Jahren, lang, hager, mit gekrümmter Haltung, wie die Schreibe- und Rechenmenschen gewöhnlich haben. Seine Nase glich dem Schnabel eines Raubvogels, die Lippen waren dünn, der Kopf vorn schmal, hinten dich das Kinn hervorragend, das Haar kurz und die Finger an ihren Spitzen abgeplattet.

Der Bürger Mejean war ein Mann von zweiunddreißig Jahren, mit senkrechten Falten auf der Stirn, welche von der Nasenwurzel ausgehend, einen mürrischem sich leicht schlimmen Gedanken hingebenden Menschen verrathen.

Sein Auge, aus welchem in gewissen Augenblicken ein Schimmer des Neides, des Hasses und stiller Wuth leuchtete, hatte gewöhnlich einen stampfen, erloschenen Ausdruck, der durch die Willenskraft hervorgerufen ward.

Dabei nahm er sich in seiner Uniform ziemlich linkisch und unbeholfen aus, worüber man sich auch nicht wundern konnte, sobald man wußte, daß er eines schönen Morgens seine Adjutanten-Epauletten unter dem Kopfkissen einer der zahlreichen Maitressen des Directorialmitgliedes Barras gefunden, welcher sich genöthigt gesehen, ihn wegen einer Regelwidrigkeit in seinen Rechnungen aus seinem Bureau fortzuschicken und zur Armee zu versetzen, nicht als einen braven, redlichen Diener, welchem man ein ehrenvolles Avancement zu Theil werden läßt, sondern als einen unredlichen Beamten, den man durch die Verbannung bestraft.

Als Championnet die Thür seines Cabinets durch eine bekannte Hand öffnen hörte, drehte er sich herum, und als er das gleichzeitig freimüthige und strenge Gesicht Salvatos gewahrte, ging der Ausdruck in seinen Zügen von dem der Verachtung in den des Spottes über.

»Mein lieber Salvato, sagte er »ich habe die Ehre, Ihnen den Herrn Oberst Mejean vorzustellen, den Nachfolger unseres wackeren Thiébaut, den ich, wie Sie wissen auf dem Schlachtfeld zum Generaladjutanten ernannt habe. Ich hatte diesen Posten für unsern lieben Villeneuve gewünscht, die Herren Direktoren haben ihn aber nicht für würdig dazu erachtet. Sie hatten an diesem Herrn hier ganz besondere Dienste zu belohnen und haben ihm daher den Vorzug gegeben. Wir werden indessen für Villeneuve etwas Besseres finden. Hier ist Ihr Patent, Bürger Mejean. Ich kann und werde mich nicht den Bestimmungen des Directoriums widersetzen, sobald dieselben nicht das Interesse der Armee, die ich commandire, und das Frankreichs gefährden. Merken Sie wohl, daß ich nicht sage: und das der Regierung, sondern: und das Frankreichs, dem ich diene, denn ich diene vor allen Dingen Frankreich. Die Regierungen gehen vorüber und ich habe, Gott sei Dank, seit zehn Jahren deren keine kleine Anzahl vorübergehen sehen, diejenigen ungerechnet, die ich wahrscheinlich noch vorübergehen sehen werde, Frankreich aber bleibt. Gehen Sie, mein Herr, gehen Sie Ihren Posten anzutreten.«

Der Oberst Mejean runzelte seiner Gewohnheit gemäß die-Stirn, ward ein wenig bleich, verneigte sich, ohne ein Wort zu sprechen, und verließ das Zimmer.

Der General wartete, bis sich hinter dem Hinausgehenden die Thür geschlossen, gab Salvato einen nur von diesem zu bemerkenden Wink, drehte sich nach dem andern Abgesandten des Directoriums herum und sagte:

»Jetzt, mein lieber Salvato, stelle ich Ihnen den Bürger Jean Baptist Faypoult, Chef der Civilcommission, vor. Er hat sich mit Selbstverläugnung dazu verstanden, eine Mission zu übernehmen, welche schwer und unbequem ist besonders in diesem Lande. Er ist beauftragt Contribution zu erheben und überdies darauf zu sehen, daß ich mich weder zum Cäsar noch zum Cromwell mache. Nach den von ihm bereits gegen mich ausgesprochenen Ansichten glaube ich nicht, daß wir lange einig bleiben. Wenn wir uns ganz veruneinigen – und ein wenig veruneinigt haben wir uns schon – so muß Einer von uns Beiden Neapel verlassen.«

Salvato machte eine Bewegung der Ungeduld, Championnet aber fuhr lächelnd fort:

»Beruhigen Sie sich, mein lieber Salvato. Ich werde nicht derjenige sein, welcher Neapel verläßt – es müßten denn, wohlverstanden, höhere Befehle eintreffen. Mittlerweile,« setzte Championnet sich zu Faypoult wendend hinzu, »haben Sie die Güte, mir die Instruktion der Herren Direktoren dazulassen. Ich werde sie mit Ruhe und Muße studieren. Ich werde Sie bei der Ausführung derjenigen unterstützen, welche ich richtig und angemessen finde, sage Ihnen aber zugleich im Voraus, daß ich mich der Ausführung derer, die ich für ungerecht halte, mit meiner ganzen Macht widersetzen werde. Und nun Bürger,« sagte Championnet, indem er die Hand ausstreckte, um die Instruktionen von dem Chef der Civilcommission zu empfangen, »glauben Sie, daß ich zu viel verlange, wenn ich Sie bitte, mir zum Studium Ihrer Instructionen eine Frist von achtundvierzig Stunden zu bewilligen?«

»Mir,« antwortete der Bürger Jean Baptist Faypoult, »kommt es nicht zu, dem General Championnet die die Zeit vorzuschreiben welche er auf dieses Studium verwenden soll. Dennoch aber werde ich mir erlauben, ihm zu sagen, daß das Directorium eilig hat und daß es wünschenswerth sein wird, wenn er mir erlaubt, die Absichten meiner Regierung so bald als möglich in Ausführung zu bringen.«

»Damit bin ich vollkommen einverstanden. Es liegt keine große Gefahr im Verzuge und achtundvierzig Stunden Verzögerung werden das Wohl des Staates nicht in Frage stellen. Wenigstens hoffe ich das.«

»Nun also, General?«

»Also, übermorgen zu derselben Stunde werde ich Sie erwarten, Bürger Commissär,wenn Sie es so zufrieden sind!«

Faypoult verneigte sich, und verließ das Zimmer, nicht demüthig und stumm wie Mejean, sondern lärmend und mit drohenden Geberden wie Tartüffe, wenn er Orgon bedeutet, daß sein Haus ihm gehört.

Championnet begnügte sich die Achsel zu zucken.

Dann sagte er zu seinem jungen Freund:

»Meiner Treu, Salvato, Sie haben mich nur einen Augenblick verlassen, und bei Ihrer Rückkehr finden Sie mich gleichwohl zwischen zwei garstigen Thieren, zwischen einem Geier und einem Schakal – pfui!«

»Sie wissen aber doch, mein lieber General,« sagte Salvato lachend, »daß Sie nur ein Wort zu sagen brauchen, um mich zu veranlassen, den einen durch einen Faustschlag, den andern durch einen Fußtritt zu entfernen.«

»Nichts wahr, mein lieber Salvato, Sie bleiben bei mir, damit wir den Augiasstall gemeinschaftlich untersuchen? Ich glaube allerdings nicht, daß wir ihn säubern werden; wenigstens aber werden wir verhindern, daß sein Unrath uns überschwemme.«

»Sehr gerne,« antwortete Salvato, »und Sie wissen, daß ich ganz zu Ihren Befehlen stehe. Ich habe Ihnen aber zwei Nachrichten von der größten Wichtigkeit mitzutheilen.«

»Wenn Ihnen ein großes Glück widerfahren wäre, mein lieber Salvato, so würde mich dies freuen, aber nicht in Erstaunen setzen. Ihr Gesicht strahlt förmlich.«

Salvato reichte Championnet lächelnd die Hand.

»Ja, in der That,« sagte er, »ich bin ein glücklicher Mensch; die Nachrichten aber, die ich Ihnen mitzutheilen habe, sind politische Nachrichten die mit meinem Glück oder Unglück nichts zu schaffen haben. Se. Eminenz der Cardinal Ruffo hat die Meerenge passirt und ist in Catona gelandet. Ueberdies hat, wie es scheint, der Herzog von Calabrien den Stiefel umschifft und ist, während Se. Eminenz an der Spanne landete, am Absatz, das heißt in Brindisi, gelandet.«

»Teufel!« rief Championnet. »Das sind allerdings sehr wichtige Neuigkeiten mein lieber Salvato. Halten Sie dieselben für gegründet?«

»Die erste wenigstens ist vollkommen sicher, denn ich habe sie von dem Admiral Caracciolo, welcher heute Morgen in Salerno landete und von Catona kam, wo er den Cardinal Ruffo selbst in der Mitte von drei- bis vierhundert Mann und mit der königlichen Fahne auf dem Hause, welches er bewohnt, wehend, und bereit gesehen, nach Palmi und Mileto zu gehen, wo sich die Sammelplätze für seine Rekruten befinden. Was die zweite Nachricht betrifft, so habe ich sie ebenfalls von ihm. Nur hat er sie nicht bestätigt sondern zweifelt selbst daran, weil er den Herzog von Calabrien eines so energischen Schrittes nicht fähig glaubt. Auf alle Fälle ist aber so viel gewiß, daß, wer auch der Mund sei, welcher den Brand anfacht, doch Untercalabrien und die ganze Terra d‘Otrante in Flammen stehen.«

 

In diesem Augenblick trat der Ordonnanzsoldat ein und meldete den Kriegsminister.

»Ich lasse ihn bitten, einzutreten,« rief Championnet lebhaft.

Wenige Minuten später trat Gabriel Monthonnet ein.

Der berühmte Patriot hatte wenige Tage vorher wegen der in dem Waffenstillstand von Sparanisi stipulierten zehn Millionen, die noch nicht bezahlt waren, mit dem Obergeneral einen ziemlich ernsten Wortwechsel gehabt. Angesichts der wichtigen Nachrichten aber, welche er empfangen, hatte er seinerseits jeden Groll aufgegeben und kam jetzt zu Championnet wie zu einem militärischen Vorgesetzten und wie zu einem Meister der Politik, um ihn um guten Rath, im Nothfalle selbst um Befehle zu bitten.

»Kommen Sie schnell,« sagte Championnet, indem er ihm mit der ihm eigenthümlichen Offenheit und Freimüthigkeit die Hand bot. »Sie sind willkommen. Eben stand ich im Begriff, Sie holen zu lassen.«

»Dann wissen Sie also, was vorgeht?«

»Ja. denn ich glaube, Sie wollen von der doppelten Landung in Calabrien und in der Terra d’Otranto, mit andern Worten von der Landung des Cardinals Ruffo und des Herzogs von Calabrien sprechen.«

»Ja, ganz recht; diese Kunde ist es, was mich zu Ihnen führt, mein lieber General. Der Admiral Caracciolo, von welchem ich diese Nachricht habe, kommt eben von Salerno und sagt mir, daß er dort den Bürger Salvato getroffen und diesem Alles erzählt habe.«

Salvato verneigte sich.

»Und der Bürger Salvato,« sagte Championnet, »hat mir schon Alles wiedererzählt. Es gilt also, rasch Leute und zwar zuverlässige Leute der Insurrection entgegen zusenden, um dieselbe in Untercalabrien und in der Terra d’Otranto einzuschließen. Wenn wir sie in ihrem eigenen Kessel kochen lassen können, so kann es uns gleich sein, was für eine Brühe dabei herauskommt. Wir müssen jedoch daraus bedacht sein, daß sie nicht einerseits Calabrien und andererseits Altamura überschreite. Ich werde Duhesme Befehl ertheilen, daß er mit sechstausend Mann Franzosen sich zum Ausrücken bereit halte. Wollen Sie vielleicht einen Ihrer Generale und ein neapolitanisches Corps beigeben?«

»Ja, General Ettore Caraffa mit tausend Mann, wenn es Ihnen recht ist,« antwortete Manthonnet. »Nur sage ich Ihnen im Voraus, daß Ettore Caraffa mit der Avantgarde wird marschieren wollen.«

»Um so besser! Er wird lieber unsere Neapolitaner unterstützen, als von ihnen unterstützt sein wollen,« antwortete Championnet lächelnd. »Das wäre für Apulien.«

»In der Basilicata haben Sie wohl schon eine Colonne?«

»Ja, Villeneuve steht mit sechshundert Mann in Potenza. Ich bekenne Ihnen jedoch offen, daß mir durchaus nichts daran liegt, meine Franzosen sich gegen einen Cardinal schlagen zu lassen. Setzen wir einen Sieg voraus, so wird dieser doch ein ruhmloser sein; setzen wir aber eine Niederlage voraus, so ist diese jedenfalls eine schimpfliche. Schicken Sie Neapolitaner und Calabresen hin, wenn Sie können. Besitzen diese auch nicht viel Muth, so besitzen sie doch Haß.«

»Ich kenne einen Mann, General, der für Sie oder vielmehr für uns paßt. Es ist Schipani.«

»Ich habe zweimal mit ihm gesprochen Er scheint mir ein muthiger und patriotischer Mann, aber dabei noch sehr unerfahren zu sein.«

»Das ist allerdings wahr; in Revolutionszeiten aber improvisiren sich die Generale. Hoche, Marceau, Kleber und wie die andern noch alle heißen mögen, sind auch improvisierte Generale, aber deswegen durchaus keine schlechten. Wir wollen zwölfhundert Mann Neapolitaner unter Schipani‘s Befehl stellen und ihm auftragen, alle Patrioten, welche vor dem Cardinal und seinen Banditen fliehen werden, zu sammeln und zu organisieren. Das erste Corps,« setzte Manthonnet hinzu, »das heißt Duhesme mit seinen Franzosen und Caraffa mit seinen Neapolitanern, wird, nachdem es Apulien unterworfen, in Calabrien eindringen, während Schipani mit seinen Calabresen sich darauf beschränken wird, Ruffo und seine Sanfedisten im Schach zu halten. Caraffa‘s Ziel wird sein, zu siegen; das Schipani‘s dagegen, blos Widerstand zu leisten. Nur, General, werden Sie Duhesme befehlen, recht schnell zu siegen, und wir verlassen uns in dieser Beziehung auf ihn, denn wir müssen vor allen Dingen unsere Ernährerin, Apulien, wiedererobern, welches jetzt durch die Bourbonisten zu Lande und die Engländer zur See verhindert wird, uns sein Getreide und sein Mehl zu schicken. Wann werden Sie uns Duhesme und seine sechstausend Mann geben können, General?«

»Morgen, diesen Abend, heute noch. Ganz so wie Sie sagen, wird es am besten sein, wenn so schnell als möglich verfahren wird. Was die Abruzzen betrifft, so machen Sie sich deswegen keine Sorge. Diese werden durch die französischen Posten der Operationslinie zwischen der Romagna und Neapel, sowie durch die Castelle Civitella und Pescara im Zaum gehalten.«

»Nun, dann wird Alles gut gehen. Wie steht es mit dem General Duhesme?«

»Salvato,« sagte Championnet, »Sie werden Duhesme in meinem Namen melden, daß er sich sofort mit dem Grafen von Ruvo zu verständigen und sich bereit zu halten habe, noch diesen Abend aufzubrechen. Sie werden hinzufügen, daß er mir vorher seinen Feldzugsplan vorlegen und nicht meine Befehle, wohl aber meine Rathschläge empfangen wird.«

»Und ich,« sagte Manthonnet« »werde meinerseits Ettore zu ihm schicken.«

»Apropos,« hob Championnet wieder an, »noch ein Wort!«

»Sprechen Sie, General.«

»Sind Sie der Meinung, daß man diese Vorgänge geheimhalte, oder daß man das Volk von Allem in Kenntniß setze?«

»Meine Meinung ist, daß man das Volk von Allem in Kenntniß setzen müsse. Die Regierung, welche wir gestürzt, war eine Regierung der Hinterlist und der Lüge, die unsrige dagegen muß eine Regierung der Offenheit und der Wahrheit sein.«

»Nun, dann handeln Sie nach Ihrer Ansicht, mein Freund, Sie werden sich dabei vielleicht als eben kein guter Politiker zeigen, jedenfalls aber als ein guter wackerer und ehrlicher Bürger bewähren.«

Und die eine Hand Salvato, die andere Manthonnet reichend, folgte Championnet den Beiden mit den Augen, bis die Thür sich hinter ihnen geschlossen hatte.

Dann gewann sein Gesicht wiederum den Ausdruck des Ekels und Widerwillens.

Er streckte sich in einen Sessel, öffnete Faypoult‘s Instructionen, zuckte die Achseln und begann mit gespannter Aufmerksamkeit zu lesen.

Neuntes Capitel.
Adler und Geier

Der Grund, aus welchem Championnet sich in Bezug auf den Bürger Faypoult und die Mission, womit derselbe von Seiten des Directoriums betraut war, so widerspenstig zeigte, lag darin, daß er in dem Augenblick, wo er das Commando der Armee von Rom übernommen, den elenden Zustand gesehen, in welchen die durch Contributionen und andere Bedrückungen aller Art ausgesogene alte Hauptstadt der Welt versetzt worden.

Er hatte die Ursachen dieses Elends erforscht und dabei erkannt, daß man dieselben den Agenten des Directoriums zuzuschreiben habe, welche unter verschiedenen Namen sich in der ewigen Stadt festgesetzt, und während sie selbst dem unerhörtesten Luxus fröhnten, es dem Rest jener schönen Armee an Brod, an Kleidern, an Schuhen und an Sold fehlen ließen.

Championnet hatte sofort an das Directorium geschrieben:

»Bürger Directoren! Die Hilfsquellen der römischen Republik sind schon erschöpft. Schelme und Schurken haben Alles verschlungen. Mit gierigen Augen lauern sie, um sich auch noch des Wenigen zu bemächtigen, was übriggeblieben ist. Diese Blutegel des Vaterlandes verbergen sich unter allen Gestalten, ich aber werde ohne Furcht, daß mein Verfahren Ihre Mißbilligung erfahre, nicht zugeben, daß diese ungestraften Räuber sich auch der Hilfsquellen der Armee bemächtigen. Ich werde dieses gräßlichen Harpyen, welche den durch unsere Opfer eroberten Boden so zu sagen verschlingen, verschwinden zu lassen wissen.

Dann hatte er seine Truppen versammelt und zu ihnen gesagt:

»Wackere Kameraden! Ihr habt viele und große Entbehrungen zu ertragen, das weiß ich. Wartet aber noch einige Tage und das Regiment der Verschwender ist zu Ende. Die Besieger Europas werden dann nicht mehr jener Erniedrigung des Mangels ausgesetzt sein, welcher von Ruhm umstrahlte Stirnen demüthigt.«

»Entweder war Championnet sehr unklug oder er kannte die Menschen, zu welchen er sprach, durchaus nicht hinlänglich. Die Verschwender verfolgen, hieß die Direktoren selbst angreifen, denn die Commission, eine von den Direktoren mit ihrer Vollmacht bekleidete neue Behörde, hatte von ihrer Amtsführung nur dem Direktorium Rechenschaft zu geben.

Um einen Begriff von der Verbindlichkeit zu geben, in welcher diese Beamten zu den fünf Majestäten des Luxemhourg standen, wollen wir blos erwähnen, daß dem Einnehmer der Contributionen ein Antheil von drei Centimes per Franc zugestanden war, was bei sechzig Millionen zum Beispiel für diese den Gefahren des Krieges völlig fernstehenden Beamten eine Summe von einer Million und achthunderttausend Franks ausmachte, während unsere Generale höchstens zwölf- bis fünfzehntausend Franks jährlich bezogen, wenn sie dieselben nämlich überhaupt bekamen.

Ebenso eifrig wie hiermit beschäftigte sich das Directorium, dessen Mitglieder zum Theil hohe Stellungen in der Armee eingenommen mit dem Uebergewicht, welches in Folge eines langen und siegreichen Krieges die von einer hellen Glorie umgebene Militärmacht gewinnen konnte.

Nachdem das Directorium auf diese Weise einmal die Bahn des Zweifels und der Furcht betreten, bestand, da es die Macht der Corruption, welche der Reichthum gibt, recht wohl kannte, eine der ersten Verfügungen, die es traf, darin, nicht zu gestatten, daß in den Händen der Generale sich allzustarke Summen aufhäuften.

Dennoch hatte es seine Vorkehrungsmaßregeln nicht vollständig getroffen. Während es dem Obergeneral das Recht nahm Contributionen zu erheben und zu verwalten, Iieß es ihm gleichwohl das Recht, den Betrag und die Art und Weise dieser Contributionen zu bestimmen.

Als Championnet sich überzeugt hatte, daß man ihm dieses Recht gelassen, erwartete er ruhig den Bürger Faypoult, der, wie man sich erinnert, den drittnächsten Tag zur selben Stunde wieder kommen sollte.

Der Bürger Faypoult, welcher Sorge getragen, seinen Schwiegervater zum Contributionseinnehmer ernennen zu lassen, verfehlte nicht sich pünktlich einzustellen, und fand Championnet noch aus demselben Platze, wo er ihn verlassen, gerade als ob der General seinen Lehnsessel sei achtundvierzig Stunden nicht verlassen hätte.

Der General begrüßte, ohne sich zu erheben, den Eintretenden durch eine Verneigung mit dem Kopfe und zeigte auf einen Sessel dem seinigen gegenüber.

»Nun und?« fragte der Civilcommissär, indem er Platz nahm.

»Wohlan, mein werther Herr,« antwortete der General, »Sie kommen zu spät.«

»Wie, zu spät, um die Contributionen zu erheben?«

»Nein, das nicht; wohl aber um die Sache auf denselben Fuß zu organisieren wie in Rom. Obschon der Antheil von drei Centimes von jedem Franc der Einnahme ein ungeheurer ist, so überlasse ich Ihnen denselben doch.«

»Weil Sie nicht anders können, General, Gestehen Sie es nur.«

»O, dies gestehe ich sehr gern. Wenn ich verhindern könnte, daß Sie auch nur einen Heller bekämen, so würde ich es thun. Bedenken Sie aber wohl, daß Ihre Arbeit sich blos auf die Erhebung der Contribution erstreckt. Auch dies wird Ihnen einen sehr hübschen Gewinn abwerfen, denn schon bei der bloßen Einnahme oder Erhebung fallen zwei Millionen in Ihre Tasche.«

»Wie so,« General? Die Contributionen, welche die französische Regierung von dem Königreich Neapel erheben wird, belaufen sich also auf nicht mehr als sechzig Millionen?«

»Auf fünfundsechzig Millionen. Ich sagte, es würden für Sie ein wenig über zwei Millionen abfallen. Da ich mit einem Rechnungsmenschen zu thun habe, so hätte ich sagen sollen, zwei Millionen einhundertfünfzigtausend Franks.«

»Ich verstehe Sie nicht, General.«

»Wie, Sie verstehen nichts und dennoch ist die Sache sehr einfach. Von dem Augenblick an, wo ich in dem Adel und dem Bürgerstand von Neapel nicht mehr Feinde, sondern Verbündete fand, erklärte ich feierlich, daß ich dem Recht der Eroberung entsage, und ich beschränkte mich darauf, eine Contribution von fünfundsechzig Millionen zur Unterhaltung der Armee zu verlangen. Sie werden einsehen, mein werther Herr, daß ich den König von Neapel nicht fortgejagt habe, um Neapel theurer zu stehen zu kommen, als ihm sein König zu stehen kam, und daß ich die Ketten der Neapolitaner nicht zerbrochen habe, um Sklaven der französischen aus ihnen zu machen. Nur ein Barbar – merken Sie sich das wohl, mein Herr Civilcommissär – nur ein Atilla oder ein Genserich kann einen Sieg wie den unsrigen, das heißt einen Sieg der Principien, dadurch entehren, daß er mit Waffengewalt sich das Eigenthum des Volkes anmaßt, bei welchem er eingezogen ist, indem er ihm die Freiheit und das Glück versprochen hat.«

 

»Ich bezweifle aber, General, daß das Directorium diese Bedingungen sanktioniert.«

»Es muß dieselben sanktionieren mein Herr,« sagte Championnet stolz, denn ich habe sie nicht blos gestellt, weil ich das Recht hatte, sie zu stellen, sondern ich habe sie der neapolitanischen Regierung vorgeschlagen und sie sind von derselben angenommen worden. Es versteht sich von selbst, daß ich Ihnen das Recht der Controlle zugestehe, Herr Commissär, und daß ich Sie, wenn Sie mich auf einer Ungehörigkeit ertappen können, von ganzem Herzen ermächtige, dies zu thun.«

»General, erlauben Sie mir Ihnen zu sagen, daß Sie sprechen, als ob Sie von den Instructionen der Regierung noch gar keine Kenntniß genommen hätten.»

»O doch! Aber Sie, mein Herr, sprechen als ob Ihnen das Datum dieser Instructionen unbekannt wäre. Dieselben sind vom 5. Februar, nicht wahr?«

»Ja.«

»Nun wohl, mein Tractat mit der neapolitanischen Regierung datirt vom l. Februar und ist daher um fünf Tage älter.«

»Dann weigern Sie sich also wohl, meine Instruktionen anzuerkennen?«

»O nein. Ich erkenne dieselben an, aber als willkürlich antirepublikanische, unbrüderlich und unfranzösisch weshalb ich Ihnen meinen Tractat entgegenstelle.«

»General,« sagte der Civilcommissär, »anstatt uns den Krieg zu erklären, wie Thoren wollen wir uns doch als Männer von Verstand, die wir sind, lieber verständigen. Neapel ist ein neues Land und es gibt hier Millionen zu verdienen.«

»Für Betrüger und Spitzbuben ja, das weiß ich. So lange ich aber in Neapel bin, sollen Spitzbuben und Betrüger hier nichts zu schaffen haben. Erwägen Sie meine Worte wohl, Herr Civilcommissär; wenn ich Ihnen rathen soll, so reisen Sie mit Ihrem Gefolge so bald als möglich nach Rom zurück. Sie haben auf den Knochen des Gerippes, welches das römische Volk war, noch einige Fetzen Fleisch zurückgelassen. Gehen Sie schnell, um dieselben vollends abzunagen, denn sonst lassen die Raben nichts die Geier übrig.«

Und sich erhebend wies Championnet dem Civilcommissär mit verächtlicher Geberde die Thür.

»Es ist gut,« sagte letzterer. »Sie wollen den Krieg, General, Sie sollen ihn haben.«

»Gut,« antwortete Championnet, »der Krieg ist mein Handwerk; dagegen ist es nicht mein Handwerk, auf die Zufälligkeiten zu speculiren, welche in Folge von Güterbeschlagnahmen, Waaren- und Lebensmittelrequisitionen, betrügerischen Verkäufen und simulierten oder fingierten Rechnungen sich herausstellen. Mein Handwerk ist nicht, die Bürger von Neapel die Brüder der Bürger von Paris nur unter der Bedingung zu beschützen, daß sie sich nur nach meinem Willen regieren lassen, oder die Güter der Emigrirten in einem Lande zu konfiszieren, wo es keine Emigrirten gibt. Mein Handwerk ist endlich nicht, die Depositenbanken um die Habe der Privatpersonen zu plündern, denn dies hieße, während selbst die grausamsten Barbaren Bedenken tragen, das Grab eines einzelnen Menschen zu verletzen, das Grab einer ganzen Stadt beleidigen, es hieße die Gruft von Pompeji aufreißen, um sie der Schätze zu berauben, welche sie seit beinahe zweitausend Jahren birgt. Dies ist nicht mein Handwerk, und wenn es das Ihrige ist, so sage ich Ihnen in voraus, mein Herr, daß Sie es, so lange ich hier bin, nicht ausüben werden. Und nun nachdem ich Ihnen Alles gesagt, was ich Ihnen zu sagen hatte, gehen Sie!«

Schon an demselben Morgen hatte Championnet in der Erwartung dessen, was zwischen ihm und dem Civilcommissär vorgehen wurde, seinen Vertrag mit der neapolitanischen Regierung an den Straßenecken anschlagen lassen, nämlich den Vertrag, welcher die von Neapel für die Bedürfnisse der französischen Armee jährlich zu bezahlende Contribution auf fünfundsechzig Millionen festsetzte.

Am nächsten Morgen fand der General alle seine Plakate mit denen des Civilcommissärs überklebt. Letztere verkündeten, daß kraft des Eroberungsrechtes das Directorium die Krongüter von Neapel, die Paläste und Häuser des Königs, die königlichen Jagden, die Dotationen des Malteserordens, die Klostergüter, die Allodialgüter, die Bauten die Porzellanfabriken und wie Championnet gesagt, sogar die noch in der Asche von Pompeji und in der Lava von Herkulanum begrabenen Alterthümer zum Eigenthum Frankreichs erkläre.

Der General betrachte diesen Erlaß nicht blos als einen Eingriff in seine Rechte, sondern auch als eine Beleidigung, und nachdem er Salvato und Thiébaut abgeschickt, um von dem Civilcommissär Genugthuung zu verlangen, ließ er, als dieser sich weigerte, ihn festnehmen und über die neapolitanische Grenze auf die nach Rom führende Heerstraße bringen.

Diese Maßregel ward von den Neapolitanern mit lautem Beifall begrüßt. Von den Edelleuten und Bürgern geliebt und gesuchter ward Championnet auch bis in die niedrigsten Classen der Gesellschaft herab populär.

Der Pfarrer der St. Annenkirche entdeckte in den schriftlichen Nachrichten seiner Kirche, daß ein gewisser Giovanni Championnet, welcher aber zu dem General in keinerlei Beziehung stand, in dieser Kirche getauft worden war. Er machte die betreffende Stelle des Kirchenbuches bekannt, reklamierte den General als seinen Gemeindeangehörigen und das Volk, welches er durch die Fertigkeit, womit er den neapolitanischen Dialekt sprach, schon mehrfach in Erstaunen gesetzt, fand in der Bekanntmachung des Pfarrers von St. Anna eine natürliche Lösung dieses Räthsels und betrachtete den französischen General von nun an durchaus als seinen Landsmann. Ein solcher Glaube konnte der Sache nützlich werden, und im Interesse Frankreichs ließ Championnet denselben nicht blos bestehen, sondern auch immer mehr überhandnehmen.

Gewitzit durch die blutigen Erfahrungen der französischen Revolution wollte Championnet, während er Neapel mit den unermeßlichen Wohlthaten, die sie erzeugt, beglückte, es doch auch zugleich vor ihren inneren Ausschreitungen und ihren äußeren Fehlern bewahren.

Seine Hoffnung war ein philanthropisches Utopien zu verwirklichen nämlich eine Revolution ohne Verhaftungen ohne Verbannungen, ohne Hinrichtungen zu Stande zu bringen.

Anstatt Saint-Just zu huldigen, welcher empfahl, mit der revolutionären Pflugschar recht tief zu pflügen, wollte er blos die Egge der Civilisation über die Gesellschaft hinwegführen, eben so wie später Fourier alle Fähigkeiten selbst die schlimmen, zu einem socialen Ziel zusammenwirken lassen wollte, eben so wollte auch Championnet die ganze Welt an der allgemeinen Wiedergeburt arbeiten lassen.

Die Geistlichkeit sollte den Einfluß ihrer dem Volke theueren Vorurtheile mäßigen, der Adel das Volk durch die Aussicht auf eine ruhmreiche Zukunft in der neuen Ordnung der Dinge anlocken, auf das Bürgerthum sollte ein Theil der Souveränität der Regierung übergehen, die freisinnigen Classen der Advocaten, der Aerzte, der Gelehrten der Künstler sollten ermuthigt und belohnt und den Lazzaroni endlich durch einen angemessenem ihnen bis jetzt unbekannten Erwerb Geschmack an der Arbeit beigebracht werden.

Dies war der Traum, welchem Championnet sich in der Zukunft von Neapel hingab, als die rauhe Wirklichkeit ihn in dem Augenblicke packte, wo er, friedlicher Herr von Neapel, um die Insurrection in den Abruzzen zu unterdrücken, einerseits die in Rom von dem General Sainte-Suzanne organisierten mobilen Colonnen in Bewegung setzte und Duhesme und Caraffa beauftragte, gegen den Abenteurer zu marschieren welchen man für den Kronprinzen hielt, und wo er, indem er sich anschickte, auf Reggio zu marschieren, sich vornahm, selbst eine starke Colonne nach Sicilien zu führen.

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