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La San Felice Band 11

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Neuntes Capitel.
Die russischen Münzen

Luisa war, wie wir schon gesagt, bemüht glücklich zu sein.

Leider ward ihr das sehr schwer.

Ihre Liebe zu Salvato war immer noch eben so groß, ja noch größer als früher. Bei dem Weibe und ganz besonders bei einem Weibe von Luisa’s Charakter wird die Liebe durch die Hingebung anstatt vermindert, nur noch höher gesteigert.

Was Salvato betraf, so gehörte er Luisa mit ganzer Seele.

Es war mehr, als Liebe, was er für sie empfand, es war religiöse Verehrung, es war Anbetung.

Dennoch aber hatte das Leben der armen Luisa zwei dunkle Flecken.

Der eine, der sich ihr nur von Zeit zu Zeit vergegenwärtigte, der durch Salvatos Nähe verscheucht, durch seine Liebkosungen vergessen gemacht ward, war jener Mann, halb Vater, halb Gatte, von welchem sie in gleichmäßigen Zwischenräumen stets liebreiche Briefe empfing, in welchen sie aber die Spuren einer nur für sie sichtbaren Wehmuth zu erkennen glaubte, die mehr von ihrem Herzen errathen, als von ihrem Verstande analysiert ward.

Diese Briefe, beantwortete sie in vollkommen kindlicher Weise. Sie hatte in den Gesinnungen, welche sie dem Chevalièr zu erkennen gab, auch nicht ein einziges Wort zu ändern. Es waren stets die einer gehorsamen, liebenden und ehrerbietigen Tochter.

Der andere Flecken aber, ein Flecken der Trauer, der in dem Leben der armen Luisa entstanden und der durch nichts von ihrem Blicke hienweggenommen werden konnte, war jener grausame Gedanke, daß sie die Ursache der Verhaftung der beiden Backer war und daß sie, wenn dieselben hingerichtet werden sollten, die Ursache ihres Todes sein würde.

Übrigens hatte sich das Leben der beiden Liebenden genähert und war gemeinsamer geworden. Jeden Augenblick, welchen Salvato nicht seinen militärischen Pflichten widmete, schenkte er Luisa.

Dem Rathe Micheles zufolge hatte Luisa ihrer Dienerin ihren seltsamen Ausfall verziehen, der übrigens durch die Vertraulichkeit, welche zwischen den italienischen Dienern und ihren Herren besteht, weniger strafbar gemacht ward, als er es bei uns gewesen wäre.

Mitten unter so ernsten Ereignissen wie die geschehenen, mitten unter den noch ernsterem welche sich vorbereiteten, hatten viele Personen, die sich mit der Chronik des Privatlebens weniger beschäftigten, als mit der Politik, diese Vertraulichkeit zwischen Salvato und Luisa entstehen sehen, ohne sich weiter darum zu kümmern.

So vollständig diese Vertraulichkeit auch war, so hatte dieselbe doch nichts Anstößiges in einem Lande, welches, da es für das Wort Maitresse kein gleichbedeutendes hat, dasselbe mit dem Worte Freundin übersetzt.

Wenn man daher selbst annähme, daß Giovannina die Absicht gehabt hätte, durch ihre Indiscretion ihrer Herrin zu schaden, so hätte sie doch immerhin indiscret sein können, denn sie würde ihr den beabsichtigten Schaden dennoch nicht zugefügt haben.

Giovannina war düster und schweigsam geworden, hatte aber aufgehört unehrerbietig zu sein.

Michele allein hatte in dem Hause, in welchem er von Zeit zu Zeit das Schellengeläute seines Humors schüttelte, seine heitere Sorglosigkeit bewahrt. Als er sich bei jenem famosen Grade eines Obersten angelangt sah, den er sich selbst in seinem wahnsinnigsten Ehrgeize niemals geträumt, dachte er wohl von Zeit zu Zeit an ein gewisses Strickende, welches in der Luft hin- und her baumelte und von ihm allein gesehen ward.

Diese Vision äußerte aber auf sein Gemüth keine andere Einwirkung als daß er mit einem noch lauteren Ausbruche von Heiterkeit und in die Hände klatschend ausrief:

»Na, mehr als einmal stirbt man doch nicht!« ein Ausruf, den nur der Teufel, welcher das andere Ende des Strickes hielt, verstehen konnte.

Eines Morgens, als er von Assunta zu Luisa, das heißt von der Marinella nach Mergellina ging – ein Weg, den er fast alle Tage machte, kam er an der Thür des Bercajo vorüber.

Mit jenem , den Südländern eigenen Hange zum Bummeln blieb er, ohne einen besonderen Grund zu haben, stehen, wobei es ihm vorkam, als ob man bei seinem Erscheinen plötzlich von etwas Anderem spräche und sich gegenseitig zuwinkte, als ob man sagen wollte: »Seien wir auf unserer Hut! Da kommt Michele!«

Michele war zu schlau, um sich merken zu lassen, daß er dies gesehen, gleichzeitig aber war er auch zu neugierig, als daß er nicht hätte zu erfahren suchen sollen, was man ihm verschwieg.

Er plauderte einen Augenblick mit dem Beccajo, welcher den engagirten Republikaner spielte und dem er nichts abzuhorchen im Stande war.

Nachdem er ihn jedoch verlassen, trat er bei einem Fleischer Namens Christufero ein, dem natürlichen Feinde des Beccajo und zwar aus dem einzigen Grunde, weil derselbe so ziemlich dasselbe Handwerk ausübte wie er.

Christofero, welcher seinerseits aufrichtiger Patriot war, hatte schon seit dem Morgen auf dem Altmarkte eine ziemliche Aufregung bemerkt.

Diese Aufregung war, so viel er wahrzunehmen geglaubt, durch zwei Männer verursacht worden, welche unter einige wegen ihrer Anhänglichkeit an die Sache der Bourbons wohlbekannte Individuen fremde Gold- und Silbermünzen ausgetheilt hatten.

In einem dieser beiden Männer hatte Christofero einen ehemaligen Koch des Cardinals Ruffo Namens Coscin erkannt, der eben in Folge seines früheren Berufes mit den Handelsleuten des Altmarktes genau bekannt war.

»Hast Du diese Münzen gesehen,Gevatter?«

»Ja, aber ich kenne sie nicht.«

»Könntest Du uns vielleicht eine davon verschaffen?«

»Nichts leichter als dies.«

»Nun, dann kenne ich Jemanden, der uns sagen wird, aus welchem Lande sie kommt.«

Und mit diesen Worten zog Michele aus seiner Tasche eine Handvoll Münzen aller Art, damit Christofero den Werth der fremden Münzen, die er holen wollte, nach neapolitanischem Gelde bestimmen könnte.

Zehn Minuten später kam Christofero mit einer Silbermünze von dem Werthe eines Piasters, aber viel dünner als ein solcher, zurück. Auf der einen Seite sah man ein Frauenbild mit stolz emporgerichtetem Haupte, beinahe ganz entblößter Brust, mit einer kleinen Krone auf der Stirn; aus der andern Seite einen Adler mit zwei Köpfen der in einer seiner Klauen den Reichsapfel, in der andern das Scepter hielt.

Am den Rand der Münze herum, so wie auf der Vorder- und Kehrseite waren Inschriften in unbekannten Buchstaben eingraviert.

Vergebens erschöpfte Michele seine Wissenschaft, um diese Umschriften zu lesen zu versuchen. Er mußte zu seiner Schande gestehen, daß er die Buchstaben, aus welchen sie zusammengesetzt war, nicht kannte.

Christofero erhielt von Michele Auftrag, sich zu erkundigen und sobald er etwas erfahren hätte, es ihm sofort mitzutheilen.

Der Fleischer, dessen Neugier in nicht geringerem Grade rege gemacht war, als die Michele’s, machte sich sofort auf, um Michele’s Wunsch zu genügen, während Michele selbst durch die Toledostraße und über die Chiajabrücke weiter nach Mergellina ging.

Als er an dem Palaste Angri vorbeikam, erkundigte er sich nach Salvato. Dieser war seit einer Stunde ausgegangen.

Salvato befand sich, wie Michele gleich vermuthet, im Palmbaumhause, wo die Herzogin Fusco, Luisa’s Vertraute, das Zimmer, in welches er nach seiner Verwundung gebracht worden, und worin er so süße und so grausame Stunden verlebt, zu seiner Verfügung gestellt hatte.

Auf diese Weise trat er bei der Herzogin Fusco, welche alle patriotischen Größen des Tages frei und offen empfing, ein, begrüßte die Herzogin oder nicht, je nachdem sie sichtbar oder unsichtbar war, und begab sich in sein Zimmer, welches jetzt ein Arbeitscabinet geworden war.

Luisa fand sich dann, die Verbindungsthür zwischen den beiden Häusern benutzend, bei ihm ein.

Michele, der nicht dieselben Gründe hatte, sich zu verbergen, klingelte ganz einfach an der Gartenthür, welche Giovannina ihm dann öffnete.

Seit dem Verdacht, welchen er in Bezug auf Luisa gegen Giovannina gefaßt, sprach er nur wenig mit derselben. Michele war – dies darf man nicht vergessen – Oberst geworden und da er bei Luisa so ziemlich wie zu Hause war, so trat er ein, ohne weiter zu fragen, öffnete die Thüren und ging, als er die Zimmer leer sah, gerade auf das zu, was er ziemlich sicher sein konnte besetzt zu finden.

Der junge Lazzarone hatte eine besondere Art und Weise anzupochen und sich dadurch kundzugeben.

Die beiden Liebenden erkannten ihn auch jetzt sofort daran und Luisas sanfte Stimme sprach das Wort:

»Herein!«

Michele stieß die Thür auf.

Salvato und Luisa saßen neben einander. Luisa lehnte ihr Haupt auf die Schulter Salvato’s, der sie mit seinem Arm umschlungen hielt.

Luisa standen die Thränen in den Augen, Salvato’s Stirn dagegen strahlte vor Stolz und Freude.

Michele lächelte. Es war ihm als sähe er einen triumphierenden jungen Gatten, dem angedeutet worden, daß er im Begriff stehe, Vater zu werden.

Von welcher Art jedoch auch das Gefühl sein mochte, welches die Stirn des Einen erstrahlen ließ und das Auge des Andern mit Thränen füllte, so mußte es doch ohne Zweifel zwischen den beiden Liebenden ein Geheimniß bleiben, denn bei Micheles Anblick legte Luisa den Finger an den Mund. Salvato neigte sich vorwärts und reichte dem jungen Mann die Hand.

»Was gibts Neues?« fragte er ihn.

»Nichts Bestimmtes, mein General, wohl aber gehen allerlei Gerüchte um.«

»Und was ist der Gegenstand dieser Gerüchte?«

»Ein Silberregen, welcher kommt, man weiß nicht woher.«

»Ein Silberregen! Dann wirst Du doch nicht versäumt haben, Dich unter die Dachtraufe zu stellen?«

»Nein. Ich habe meinen Hut aufgehalten und hier ist ein Tropfen, welcher hineingefallen ist.«

Und er zeigte Salvato die Silbermünze.

Dieser ergriff dieselbe und sagte aus den ersten Blick:

»Ah, das ist ein Rubel mit dem Bildniß Katharinens der Zweiten.«

 

Dies war für Michele kein Aufschluß.

»Ein Rubel?« fragte er. »Was ist das?«

»Ein russischer Piaster. Was Katharina die Zweite betrifft, so war sie die Mutter Pauls des Ersten, des gegenwärtig regierenden Kaisers.«

»Wo denn?«

»In Rußland.«

»Ah, also die Russen sind es, welche sich einmischen? Man hatte sie uns allerdings schon längst versprochen. Sind sie denn da?«

»Wie es scheint ja,« antwortete Salvato.

Dann erhob er sich und sagte:

»Dies ist ein sehr ernster Umstand, meine theure Luisa, und ich sehe mich genöthigt, Dich zu verlassen. Ich muß ohne Zeitverlust zu erfahren suchen, woher diese unter dem Volke ausgestreuten Rubel kommen.«

»Nun, so geh,« sagte Luisa mit jener sanften Resignation, welche seit dem unglücklichen Vorfall mit den Backers der hervorstehende Kennzug ihrer Physiognomie geworden war.

In der That fühlte sie, daß sie sich nicht mehr selbst angehörte, daß sie wie die »Iphigenie« des Alterthums ein Opfer in den Händen des Schicksals war, und da sie gegen dasselbe nicht kämpfen konnte, so war es, als wollte sie es durch ihre Reisignation zur Nachgiebigkeit stimmen.

Salvato gürtete seinen Säbel um und kam dann wieder auf sie mit jenem heiteren Lächeln zu, welches sein Gesicht nun verließ, um demselben den starren Ausdruck des Marmors zu geben.

Er umschlang sie mit seinen Armen, in welchen ihr schlanker Leib sich bog wie wie ein Weidenzwei und sagte:

»Auf Wiedersehen, Geliebte!«

»Auf Wiedersehen!« wiederholte Luisa. Wann denn?«

»O, so bald als möglich! Nur in deiner Nähe lebe ich, besonders nach jener freudenreichen Mittheilung.«

Luisa schmiegte sich an Salvato und barg ihr Haupt an seiner Brust. Michele aber sah, daß die Röthe ihres Gesichtes bis zu den Schläfen emporstieg.

Ach, diese Mittheilung welche Salvato in seinem egoistischen Stolz eine freudenreiche nannte, bestand darin, daß Luisa Mutter war.

Zehntes Capitel.
Die letzten Stunden

Das-Erscheinen der russischen Münzen auf dem Altmarkt in Neapel erklärte sich auf folgende Weise.

Am 3, Juni war der Cardinal in Ariano angekommen, einer Stadt; welche, aufs dem höchsten Punkte der Apenninen gelegen, wegen dieses Umstandes den Beinamen des Balcons von Apulien erhalten hat.

Es gab damals keine andere Straße als die sogenannte Consulstraße, welche von Neapel nach Brindisi führt, dieselbe, welche Horaz auf seiner berühmten Reise mit Mäcenas verfolgt.

In der Richtung von Neapel ist der Aufgang so steil, daß die Postwagen damals nicht anders als mit Hilfe von Stieren hinaufgelangen konnten.

Von der andern Richtung her gelangte man nur durch dass lange schmale Thal von Bonvino dahin, welches gewissermaßen für Calabrien die Stelle der Thermopylen vertrat.

Auf dem Boden dieser Schlucht fließt der Cervaro, ein ungestümer Strom, und an dem Ufer desselben hin kriecht die Straße, welche von Ariano nach der Brücke von Bovino führte.

Der Abhang dieses Gebirges ist derart mit Felsstürzen besäet, daß hundert Mann hinreichend sein würden um den Marsch einer ganzen Armee aufzuhalten.

Hier hatte Schipani Befehl erhalten, Halt zu machen, und hätte er diesen Befehl befolgt, anstatt thörichterweise Castelluccio nehmen zu wollen, so hätte wahrscheinlich schon früher der Triumphzug des Cardinals hier sein Ende erreicht.

Ganz im Gegentheile aber war der Cardinal zu seinem eigenen großen Erstaunen in Ariano angelangt, ohne auf irgend ein Hinderniß zu stoßen.

Hier fand er das russischen Lager. Da er schon am Tage nach seiner Ankunft beschäftigt war, dieses Lager zu besuchen, so führte man ihm zwei Individuen vor, welche man soeben in einem Calessino festgenommen.

Diese beiden Individuen gaben sich für Getreidehändler aus, welche nach Apulien reisen wollten, um dort ihre Einkäufe zu machen.

Der Cardinal schickte sich an, sie ins Verhör zu nehmen, als er, indem er sie aufmerksam betrachtete, und bemerkte, daß der eine, anstatt verlegen oder ängstlich zu sein, lächelte, in dem angeblichen Getreidehändler seinen früheren Koch Coscia erkannte.

Als Coscia sich erkannt sah, ergriff er, der neapolitanischen Sitte gemäß, die Hand des Cardinals und küßte dieselbe.

Da der Cardinal sofort begriff, daß es nicht der Zufall war, der ihm diese beiden Reisenden entgegenführte, so begab er sich mit ihnen aus dem russischen Lager hinaus in ein einzeln stehendes Haus, wo er ungestört mit ihnen plaudern konnte.

»Ihr kommt wohl von Neapel?« fragte der Cardinal.

»Ja, wir sind gestern Morgen von dort abgereist,« antwortete Coscia.

»Dann könnt Ihr mir wohl frische Nachrichten mittheilen?«

»Ja, Monsignore, um so mehr als wir deren auch bei Ihnen holen wollten, Eminenz.«

In der That waren die beiden Boten von dem royalistischen Comité abgesendet. Bürger und Patrioten wünschten nämlich, die einen ebenso eifrig als die anderen, bestimmt zu erfahren, ob die Russen angekommen wären oder nicht, denn die Mitwirkung der Russen war eine große Bürgschaft für das Gelingen der sanfedistischen Expedition, weil sie dann die Unterstützung des, numerisch gesprochen, mächtigsten aller Reiche für sich hatte.

Der Cardinal konnte in dieser Beziehung die beiden Abgesandten vollständig zufriedenstellen. Er führte sie mitten unter die moskowitischen Compagnien hinein und versicherte ihnen, es sei dies blos die Avantgarde, auf welche die Hauptarmee nächstens folgen werde.

Die beiden Reisenden konnten, obschon sie weniger ungläubig waren als der heilige Thomas, es dennoch eben so machen wie er, sie konnten sehen und anrühren.

Was sie aber ganz besonders anrührten, war ein Sack mit russischen Münzen, den der Cardinal ihnen übergab, damit sie dieselben an die guten Freunde auf dem Altmarkte in Neapel vertheilten.

Man hat bereits gesehen, daß Meister Coscia sich seines Auftrages gewissenhaft entledigt hatte, denn die Piaster waren bis zu Salvato gedrungen. Salvato hatte ebenfalls sofort begriffen, wie ernst diese Thatsache war, und Luisa verlassen, um der Sache näher auf den Grund zu gehen.

Zwei Stunden später konnte von keinem Zweifel mehr die Rede sein. Die Rassen hatten ihre Vereinigung mit dem Cardinal bewirkt und die Türken standen im Begriff, auch die ihrige zu bewirken.

Der Tag war noch nicht zu Ende, als das Gerücht davon sich auch schon in der ganzen Stadt verbreitet hatte.

Salvato hatte, als er ins den Palast Angri zurückkehrte, noch weit unheilvollere Nachrichten vorgefunden.

Ettore Caraffa, der Held von Andria und Trania ward von Pronio blockiert und konnte Neapel nicht zu Hilfe kommen, obschon dieses ihn als einen seiner muthigsten Vertheidiger betrachtete.

Bassetti, welchen Macdonald vor seinem Abgange aus Neapel, zum Obergeneral der regulären Truppen ernannt, war, von Fra Diavolo und Mammone geschlagen, verwundet nach Neapel zurückgekommen.

Schipani, der an den Ufern der Sarno angegriffen und geschlagen worden, hatte erst in Torre del Greco wieder Halt gemacht und sich mit etwa hundert Mann in das kleine Fort Granatello geworfen.

Manthonnet endlich, der Kriegminister, Manthonnet selbst, welcher gegen Ruffos marschiert war und darauf gerechnet hatte, daß Ettore Caraffa sich ihm anschließen würde, Manthonnet hatte, des Beistandes dieses muthigen Heerführers beraubt, unter Bevölkerungen, welche, angeregt durch Castelluccios Beispiele, sich drohend erhoben, nicht bis zu Ruffo gelangen können, sondern ohne über Baja hinausgekommen zu sein, sich genöthigt gesehen, den Rückzug anzutreten.

Salvato sank, als er diese verhängnißvollen Nachrichten las, einen Augenblick in tiefe Gedanken. Dann schien er einen plötzlichen Entschluß zu fassen, ging rasch auf die Straße hinab, sprang in einen Calessino und ließ sich nach dem Palmbaumhause fahren.

Diesmals gebrauchte er nicht erst die Vorsicht, durch das Haus der Herzogin Fusco zu gehen, sondern ging vielmehr gerade auf jene kleine Gartenthür zu, welche während der Nacht vom 22. zum 23. September so glücklicherweise für ihn offen stand, und zog hier die Klingel.

Giovannina öffnete und konnte, als sie Salvato erblickte, nicht umhin, einen Schrei der Ueberraschung auszustoßen, denn er wählte diesen Eingang sonst nie.

Salvato kehrt sich weder an Giovanninas Erstaunen noch an ihren Ausruf.

»Ist deine Herrin zu Hause?« fragte er.

Als Giovannina,« wie es schien, durch seinen Blick bezaubert, nichts antwortete drängte er sie sanft mit der Hand auf die Seite und schritt weiter nach dem Perron, ohne auch zu bemerken, daß Giovannina seine Hand ergriff und mit einer Leidenschaft drückte, welche er übrigens vielleicht auf Rechnung der Furcht brachte, die eine so gefahrvolle Lage selbst in den festesten Gemüthern, um wie viel mehr in dem Giovannina’s erweckte.

Luisa befand sich noch in demselben Zimmer, in welchem Salvato sie verlassen. Bei dem unerwarteten Geräusch seines Trittes, bei der Ueberraschung welche sie empfand, als sie ihn von einer Seite herkommen sah, die der, von welcher sie ihn gewöhnlich erwartete, entgegengesetzt war, erhob sie sich rasch, ging auf die Thür zu und öffnete dieselbe. Im nächsten Augenblick stand Salvato ihr gegenüber.

Er ergriff sie mit beiden Händen betrachtete sie einige Secunden mit unaussprechlich sanftem und gleichzeitig wehmüthigem Lächeln und sagte zu ihr:

»Es ist Alles verloren. Binnen acht Tagen stehen der Cardinal Ruffo und seine Leute unter den Mauern von Neapel und dann wäre es zu spät, einen Entschluß zu fassen. Dieser Entschluß muß deshalb sofort gefaßt werden.«

Luisa betrachtete ihn ihrerseits mit Erstaunen, aber ohne Furcht.

»Sprich« sagte sie. »Ich höre Dich.«

»Unter den Umständen, in welchen wir uns befinden, können wir Dreierlei thun,« fuhr Salvato fort.

»Und dies wäre?«

»Das Erste wäre, daß wir uns mit hundert Mann meiner tapferen Calabresen zu Pferde setzten, alle sich uns unterwegs entgegenstellenden Hindernisse über den Haufen würfen und Capua erreichten. Capua hat noch eine französische Besatzung.Ich vertraue Dich der Loyalität des Commandanten, mag dieser sein, wer er wolle, an, und wenn Capua capitulirt, so läßt er Dich mit in die Capitulation einschließen und Du bist gerettet, denn Du stehst dann unter dem Schutz der Verträge.«

»Und Du,« fragte Luisa, »bleibst Du nicht auch in Capua?«

»Nein, Louisa, ich kehre hierher zurück, denn mein Platz ist hier. Sobald ich aber meiner Pflichten ledig bin, komme ich wieder zu Dir.«

»Und der zweite Ausweg?« fragte sie.

»Dieser bestünde darin, eine Barke des alten Basso Tomeo zu nehmen, der mit seinen drei Söhnen Dich an Scipios Grabmal erwartet, und den Umstand, daß es keine Blockade mehr gibt; benutzend, die Küste von Terracina entlang bis nach Ostia steuert. Ist er einmal in Ostia, so kann er dann die Tiber hinauf bis nach Rom fahren.«

»Würdest Du mich begleiten?« fragte Luisa.

»Nein, dies wäre unmöglich.«

»Nun, und was bliebe dann noch drittens übrig?

»Hier zu bleiben, und so gut als möglich zu vertheidigen und die Ereignisse abzuwarten.

»Welche Ereignisse?«

»Die Folgen der Erstürmung einer Stadt und die Rache eines feigen und folglich unerbittlichen Königs.«

»Werden wir gemeinschaftlich gerettet werden oder gemeinschaftlich sterben?«

»Dies ist allerdings wahrscheinlich.«

»Dann wollen wir bleiben.«

»Ist dies dein letztes Wort, Luisa?«

»Ja, das letzte, mein Freund.«

»Ueberlege es Dir bis heute Abend. Heute Abend werde ich wieder hier sein.«

»Komm heute Abend wieder; ich werde Dir aber dann eben so wie jetzt sagen: Wenn Du bleibst, so bleibe ich auch.«

Salvato sah auf seine Uhr.

»Es ist drei Uhr,« sagte er, »und ich habe folglich keinen Augenblick zu verlieren.«

»Du verlässest mich?«

»Ich gehe in das Castell San Elmo hinauf.«

»Das Castell San Elmo wird ja aber auch von einem Franzosen commandirt. Warum willst Du Dich nicht diesem anvertrauen?«

»Weil ich ihn nur einen Augenblick lang gesehen habe und weil er auf mich den Eindruck eines Elenden macht.«

»Elende thun zuweilen für Geld, was Großherzige aus Selbstverläugnung thun.«

Salvato lächelte.

»Das-ist es eben, was ich versuchen will,« sagte er.

»Ja, das thue, mein Freund. Alles, was Du thust, wird wohlgethan sein, dafern Du nur bei mir bleibst.«

Salvato gab Luisa einen letzten Kuß und verschwand auf einem längs des Gebirges hinführenden Fußsteige hinter dem Kloster San Marino.

Der Oberst Mejean, der auf der Höhe seiner Festung wie ein Raubvogel über der Stadt und deren Umgebung schwebte, sah und erkannte Salvato. Er kannte von Hörensagen dieses offene, redliche Gemüth, welches dem seinigen gerade entgegengesetzt war. Es ist möglich, daß er Salvato haßte, gleichzeitig aber konnte er nicht umhin, ihn zu achten.

 

Er hatte eben noch Zeit, in sein Cabinet zurückzukehren,und da Menschen seines Schlages keine Freunde des hellen Tageslichtes sind, so ließ er die Rollgardinen herab und stellte sich mit dem Rücken gegen das Licht, so daß sein blinzelndes, unsicheres Auge in dem Halsschatten nicht beobachtet werden konnte.

Einige Secunden nachdem diese Maßregeln getroffen waren, meldete man den Brigadegeneral Salvato Palmieri.

»Ich lasse ihn bitten einzutreten,« sagte der Oberst.

Salvato ward eingelassen und die Thür schloß sich hinter ihm.

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