Бесплатно

La San Felice Band 14

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
La San Felice Band 14
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

Vierzehnter Theil

Erstes Capitel.
Die Gewissensbisse Fra Pacifico’s

Wie der Traum Athalia’s hatte auch Nelsons Fest mit einem Donnerschlag geendet.

Emma Lyonna hatte erst vor der schrecklichen Erscheinung fest bleiben wollen, aber die Bewegung der See, welche aus Südosten kam, trieb den Leichnam, wie man deutlich sehen konnte, dem Schiffe zu, und Emma eilte rückwärts davon und fiel halb ohnmächtig in einen Sessel.

Da war es, wo Nelson, welcher ebenso unerschütterlich in seinem Muthe, wie unversöhnlich in seinem Haß war, Harry den Befehl ertheilte, welchen wir gehört haben.

Harry gehorchte augenblicklich, ein Boot ward ausgesetzt, sechs Männer und ein Bootsmann stiegen hinein, während der Capitän Harry ihnen folgte.

Wie ein Schwarm Vögel auseinanderfliegt, wenn ein Geier unter sie fährt, so entfernten sich auch die Boote, wie wir bereits erzählt haben, von dem Leichnam, und glitten ohne Musik, mit ausgelöschten Fackeln auf dem Meere dahin, während bei jedem Ruderschlage eine Funkengarbe aufsprühte.

Die, welche durch den Leichnam vom festen Lande getrennt wurden, machten einen weiten Bogen, um ihn zu umgehen, und bewegten ihre Ruder desto mehr, je größer der Kreis war, den sie zu umfahren hatten.

Auf dem Schiffe hatten sich alle Gäste von der Tafel erhoben und drängten sich nach der hinteren, dem Leichnam gegenüberliegenden Seite, während ein Jeder nach seinen Ruderern rief. Nur die englischen Officiere standen auf der Gallerie, und redeten den Leichnam mit mehr oder minder groben Spottreden an, dem sich der Capitän Harry und seine Leute mit kräftigen Ruderschlägen näherten.

Als man bis zu dem Leichnam gekommen, und als Harry sah, daß seine Leute ihn anzugreifen zögerten, ergriff er ihn bei den Haaren und versuchte ihn aus dem Wasser zu ziehen, aber der Körper war so schwer, daß es war, als würde er durch eine unsichtbare Kraft im Meere zurückgehalten, und der Capitän behielt nur die Haare in der Hand.

Er stieß einen Fluch aus, in dem sich vorherrschend Ekel ausdrückte, wusch die Hand im Meere, und befahl Zweien seiner Leute die Leiche an dem Strick zu fassen, welcher noch um ihren Hals befestigt war, und sie in das Boot zu ziehen.

Aber nur der vom Körper getrennte Kopf, welcher nicht die ganze Last desselben zu tragen vermochte, gehorchte den Anstrengungen der Männer und rollte in das Boot.

Harry stampfte mit dem Fuße.

»Ah, Du Dämon!«, murmelte er, »wehre Dich nur, Du wirst doch hier herein müssen, und sollte ich Dir ein Glied nach dem andern abreißen!«

Der König betete in seiner Cajüte, während er den Caplan am Kragen seines Gewandes gefaßt hielt und in nervösem Zittern schüttelte; Nelson ließ der schönen Emma Lyonna Salze einathmen; Sir William versuchte die Erscheinung auf wissenschaftlichem Wege zu erklären; die Officiere spotteten immer ärger, und die Boote fuhren fort sich zu entfernen.

Die Matrosen hatten auf Harrys Befehl den Strick, welcher Caracciolo den Hals zusammenschnürte, unter seinen Armen durchgezogen, und zogen ihn an sich; aber obgleich die Körper im Wasser beinahe ein Drittel ihrer natürlichen Schwere verlieren, so gelang es doch kaum den vereinten Anstrengungen von vier Männern den Rumpf über den Rand des Bootes zu bringen.

Die englischen Officiere klatschten mit lautem Gelächter in die Hände und schrieen:

»Hurrah, es lebe Harry!«

Das Boot erreichte wieder das Schiff und ward unter dem Bugspriet mit einem Tau festgebunden.

Die Officiere, welche gern die Ursache dieses Wunders erfahren wollten, gingen von dem Spiegel nach dem Bug, während die Gäste das Schiff verstohlen auf den Treppen rechts und links verließen, da sie schnell einem Schauspiel entfliehen wollten, welches für die Mehrzahl von ihnen etwas Diabolisches oder doch wenigstens etwas Uebernatürliches hatte.

Sir William hatte mit der Erklärung das Richtige getroffen, daß nach einer gewissen Zeit die Körper der Ertränkten sich mit Wasser und Luft füllten und natürlich auf die Oberfläche des Meeres zurückkämen; was aber erstaunenerregend, außergewöhnlich und wunderbar wäre, sei, daß der Admiral emporgestiegen wäre, und den König so erschreckt hätte, trotz der zwei Kugeln, welche man an seinen Füßen befestigt.

Der Capitän Harry, dessen Bericht wir diese Einzelheiten entnehmen, wog die beiden Kugeln und versichert, daß sie zweihundertundfünfzig Pfund wogen.

Der Caplan der »Minerva«, derselbe, welcher Caracciolo auf den Tod vorbereitet hatte, ward gerufen und zu Rathe gezogen, was man wohl mit dem Leichnam machen sollte.

»Hat man den König über den Vorfall unterrichtet?« fragte er.

»Der König ist Einer der Ersten gewesen, welche die Erscheinung gesehen haben,« gab man zur Antwort.

»Und was hat er gesagt?«

»Er hat in seinem Schrecken erlaubt, daß die Leiche ein christliches Begräbniß erhalte.«

»Nun, dann müssen wir thun, was uns der König befohlen hat,« sagte der Caplan.

So gab man sich denn weiter nicht mit der Angelegenheit ab, und überließ dem Caplan die Sorgen des Begräbnisses.

Doch sollte diesem bald ein Helfer erscheinen, den er gar nicht erwartet hatte.

Die Leiche des Admirals war im vollständigen Bauernanzug, nur ohne Jacke, da man ihm diese wegen der Hinrichtung ausgezogen, in dem Boote liegen geblieben, in welches man ihn aufgenommen.

Der Caplan hatte sich im Hintertheil des Bootes niedergesetzt, und las beim Scheine einer Laterne Gebete für den Todten, welche er in dieser schönen Juninacht eben so gut beim bloßen Licht des Mondes hätte lesen können.

Bei Tagesanbruch sah er ein Boot auf das einige zukommen, welches von zwei Schiffern gerudert ward, und in dem ein einziger Mönch sich befand. Dieser Mönch, welcher sehr groß war, stand vorn im Boote, und zwar so sicher auf der schmalen Spitze desselben, als ob er selbst Seemann wäre.

Da der wachhabende Officier sofort bemerkte, daß die Ankömmlinge mit dem Boote, in welchem die Leiche lag, zu thun hätten, aber nicht mit dem Schiff, und da Nelson befohlen hatte, wenn man selbst nichts thun wollte, es doch wenigstens Anderen thun zu lassen, so bekümmerte man sich nicht um das Boot, welches übrigens nur einen Mönch mit zwei Schiffern trug.

Wirklich ruderten die zwei Schiffer das Boot gerade auf die Barke zu, neben welcher es anlegte.

Der Mönch wechselte einige Worte mit dem Caplan, sprang in die Barke und betrachtete einen Augenblick schweigend den Leichnam, während dicke Thränen seinen Augen entquollen.

Unterdessen stieg der Caplan in das Boot, in welchem der Mönch gekommen, und begab sich an Bord des »Donnerers«.

Er wollte hier die letzten Befehle Nelsons in Empfang nehmen.

Diese lauteten dahin, daß man mit der Leiche machen könnte, was man wollte, da der König seine Erlaubniß zu einem christlichen Begräbniß gegeben hätte.

Dieser Bescheid ward dem Mönch von dem Caplan überbracht. Der Mönch nahm die Leiche in seine starken Arme und trug sie aus der Barke in das Boot, in welchem er gekommen war.

Der Caplan folgte ihm.

Dann ruderten die beiden Matrosen, welche vom Quai del Piliere gekommen waren, auf den Befehl des Mönches gerade nach Santa-Lucia, dem Kirchspiel, welchem Caracciolo angehörte.

Obgleich in Santa-Lucia fast nur Royalisten wohnten, ward Caracciulo doch dort wegen seiner Wohlthätigkeit angebetet. Ueberdies wohnten in Santa Lucia die besten Matrosen der neapolitanischen Marine, und alle, welche unter dem Admiral gedient hatten, erinnerten sich lebhaft der drei Eigenschaften eines Mannes, welcher Anderen befehlen will, nämlich des Muthes, der Güte und der Gerechtigkeit.

Caracciolo vereinigte diese drei Eigenschaften in hohem Maße.

Kaum hatte der Mönch mit einigen ihm begegnenden, Fischern einige Worte gewechselt, und kaum verbreitete sich das Gerücht, daß der Leichnam des Admirals eine Ruhestätte unter seinen alten Freunden suche, als das ganze Kirchspiel in Bewegung gerieth, und der Mönch brauchte, nur das Haus zu wählen, in welchem die Leiche bis zum Begräbniß liegen sollte.

Man gab einem Hause den Vorzug, welches dem Boote am nächsten stand.

Zwanzig Arme erboten sich, die Leiche zu tragen, aber der Mönch nahm dieselbe, wie er es bereits gethan, in seine Arme, schritt mit der theuern Last über den Quai, legte sie auf ein Lager, kam wieder, und holte den Kopf, um ihn ebenso wie den Rumpf zur Ruhe zu bringen.

Er verlangte ein Tuch, in welches er die Leiche hüllen konnte, und nach fünf Minuten kamen zwanzig Frauen gelaufen, von denen jede rief:

»Er war ein Märtyrer, nehmt mein Tuch, er wird meinem Hause Glück bringen.«

Der Mönch wählte das schönste, neueste, feinste, und während der Caplan fortfuhr Gebete zu lesen, die Frauen im Kreise um das Bett knieten, auf welchem der Admiral lag, während die Männer, welche hinter den Frauen fanden, die Thür versperrten und die übrige Menschenmasse bis auf die Straße hinaus reichte, zog der Mönch mit frommer Hand die Leiche aus, legte das Haupt zum Rumpf und hüllte den Körper in ein doppeltes Tuch.

Aus dem benachbarten Hause, welches einem Tischler gehörte, vernahm man Hammerschläge; man nagelte nämlich in Eile einen Sarg für den Admiral zusammen.

Um 9 Uhr brachte man den Sarg, der Mönch legte die Leiche hinein, dann brachten alle Frauen des Kirchspiels entweder Lorbeerzweige, da ja Lorbeer in allen Gärten Neapels wächst, oder Blumen, wie man sie an allen Fenstern sieht, und so ward die Leiche ganz damit überdeckt.

Jetzt begannen die Glocken der kleinen Kirche von Santa-Lucia traurig zu läuten, und die Geistlichkeit erschien an der Thür.

Man schloß den Sarg, sechs Matrosen nahmen ihn auf die Schultern, der Mönch folgte gleich hinter demselben, und ihm folgten wieder alle Bewohner von Santa-Lucia.

 

Links vom Altar auf dem Chor hatte man eine Steinplatte aufgehoben und die Grabgesänge begannen.

Die Neapolitaner, welche Alles übertreiben, und welche vielleicht in die Hände geklatscht, als sie Caracciolo hängen sahen, zerflossen jetzt in Thränen und Schluchzen, als die Priester an dem Sarge beteten und sangen.

Die Männer schlugen mit der Faust an die Brust, und die Frauen zerkratzten sich mit den Nägeln das Gesicht.

Es war als ob ein allgemeines Unglück, eine unheilvolle Calamität das Königreich heimsuchte.

Diese Betrübniß erstreckte sich jedoch nur von dem Riesenhügel bis zum Castello d’Uovo, denn hundert Schritte davon erwürgte und verbrannte man die Patrioten.

Die Leiche Caracciolos ward in der schnell für ihn bereiteten Gruft und nicht in der, welche seiner Familie gehörte, beigesetzt. Der Stein ward wieder auf die Oeffnung gelegt, und kein Zeichen deutete an, daß hier das Opfer Nelsons und der Vertheidiger der neapolitanischen Freiheit ruhte.

Die San-Luciaten, Männer wie Frauen, beteten bis zum Abend an dem Grabe und der Mönch mit ihnen.

Als der Abend gekommen, erhob sich der Mönch, nahm seinen Stab aus Lorbeerholz, welchen er hinter der Thür des Hauses hatte stehen lassen, in welchem man Caracciolo in den Sarg gelegt, dann stieg er den Riesenhügel hinan, ging durch die Toledostraße, während ihm von der niedrigen Bevölkerung Zeichen der Verehrung gespendet wurden, trat in ein Kloster, kam nach einer Viertelstunde wieder heraus und trieb vor sich einen Esel her, mit welchem er den Weg nach der Magdalenenbrücke einschlug.

Als er die Vorposten der Armee des Cardinals erreichte, empfing er noch zahlreichere und besonders geräuschvollere Beifallsbezeigungen als in der Stadt, und so gelangte er denn unter großer Bewegung, welche seine Erscheinung verursachte, bis zu dem kleinen Hause des Cardinals, wo er wie ein alter Bekannter Einlaß fand.

Er band seinen Esel an einen der Thürringe und stieg die Treppe hinauf, welche nach dem ersten Stockwerk führte. Der Cardinal befand sich auf der Terrasse, welche an der Meereseite lag, um sich in der Kühle des Abends zu laben.

Beim Geräusch der Schritte des Mönches drehte er sich um.

»Ah, Ihr seid es, Fra Pacifico,« sagte er.

»Ja, ich bin es, Eminenz,« sagte der Mönch und seufzte.

»Ah, ah! ich freue mich, Euch zu sehen. Ihr seid ein guter, braver Diener des Königs während des ganzen Feldzuges gewesen. Wollt Ihr etwas von mir? Wenn das, was Ihr erbitten wollt, zu erfüllen in meiner Macht steht, so will ich es thun. Ich sage Euch aber im Voraus,« fügte der Cardinal mit einem bitteren Lächeln hinzu, »daß meine Macht nicht groß ist.«

Der Mönch schüttelte den Kopf.

»Ich hoffe, daß das, was ich von Ihnen erbitten will,« sagte er, »nicht über die Grenzen Ihrer Macht geht.«

»Dann sprecht.«

»Ich möchte Sie um zwei Dinge bitten, Monsignore; erstens um meinen Abschied, da der Feldzug vorüber ist, und dann um die Bezeichnung des Weges, den ich einzuschlagen habe, um nach Jerusalem zu kommen.«

Der Cardinal sah Fra Pacifico erstaunt an.

»Euren Abschied?«, sagte er. »Es scheint mir, als ob Ihr den genommen hättet, ohne mich darum zu fragen.«

»Monsignore, ich war allerdings wieder in mein Kloster zurückgekehrt, aber ich hielt mich daselbst den Befehlen Eurer Eminenz zur Verfügung.«

Der Cardinal machte eine beistimmende Geberde.

»Was den Weg nach Jerusalem betrifft,« sagte er, so ist nichts leichter, als Euch denselben zu bezeichnen. Aber darf ich Euch noch vorher fragen, lieber Fra Pacifico, ohne unbescheiden zu sein, was Ihr im gelobten Lande zu thun beabsichtigt?«

»Eine Wallfahrt nach dem Grabe Jesu zu unternehmen, Eminenz.«

»Werdet Ihr von eurem Kloster dahin gesandt, oder ist es eine Buße, die Ihr Euch selbst auferlegt?«

»Es ist eine Buße, welche ich mir selbst auferlege.«

Der Cardinal blieb einen Augenblick nachdenklich, dann fragte er:

»Ihr habt wohl irgend eine grobe Sünde begangen?«

»Ja, ich fürchte,« erwiederte der Mönch.

»Ihr wißt wohl,« sagte der Cardinal, »daß ich auch große kirchliche Gewalt besitze?«

Der Mönch schüttelte mit dem Kopfe und sagte:

»Eminenz, ich glaube, daß die Buße, welche man sich selbst auferlegt, Gott wohlgefälliger ist als die, welche man sich auferlegen läßt.«

»Und auf welche Weise beabsichtigt Ihr denn zu reisen?«

»Zu Fuß und bettelnd.«

»Die Reise ist aber lang und beschwerlich.«

»Ich bin kräftig.«

»Sie ist auch gefährlich.«

»Um so besser. Ich werde nicht böse sein, wenn ich während derselben auch einmal auf etwas Anderes als den armen Giacobini schlagen kann.«

»Ihr werdet Euch auch, um nicht zu lange Zeit zu eurer Reise zu brauchen, an Schiffscapitäne mit der Bitte um Ueberfahrt wenden müssen.«

»Ich werde mich an Christen wenden, und sobald ich Ihnen sage, daß ich Christum anbeten will, werden Sie mir Ueberfahrt gewähren.«

»Würdet Ihr es aber nicht wenigstens auf alle Fälle vorziehen, wenn ich Euch irgend einem englischen Schiffe empfähle, welches nach Bairuth oder Saint-Jean-d’Acre segelt?«

»Ich will nichts von den Engländern, das sind Ketzer!«, sagte Fra Pacifico mit einem Gesichte, in dem sich Haß sehr deutlich ausprägte.

»Habt Ihr ihnen weiter nichts vorzuwerfen?« fragte Ruffo, indem er den Mönch mit einem durchbohrenden Blick ansah.

»Und dann,« fügte Fra Pacifico hinzu, indem er mit der geballten Faust nach der britannischen Flotte zeigte, »und dann haben sie auch meinen Admiral gehängt!«

»Und dies ist das Verbrechen, für welches Ihr für sie am Grabe Christi Verzeihung erbitten wollt, nicht wahr?«

»Für mich! – nicht für die Engländer.«

»Für Euch?« fragte Ruffo erstaunt.

»Habe ich denn nicht dazu beigetragen?« sagte der Mönch.

»Inwiefern denn?«

»Indem ich einer schlechten Sache diente.«

Der Cardinal lächelte und sagte:

»So haltet Ihr also des Königs Sache für eine schlechte?«

»Ich glaube, daß die Sache, welche meinen Admiral zum Tode brachte, der doch die verkörperte Gerechtigkeit, Ehre und Rechtschaffenheit war, keine gute sein kann.«

Die Stirn des Cardinals umwölkte sich und er seufzte.

»Dann,« fuhr der Mönch mit dumpfer Stimme fort, »hat der Himmel auch ein Wunder geschehen lassen.«

»Was für eins denn?«, fragte der Cardinal, welchen man bereits von der sonderbaren Erscheinung berichtet, die das Fest gestört, welches man am vorhergehenden Abende auf dem »Donnerer« gegeben.

»Der Leichnam des Märtyrers ist aus dem Meeresgrunde, wo er seit dreizehn Tagen gelegen, aufgestiegen, um dem Könige und dem Admiral Nelson Vorwürfe über seinen Tod zu machen, und gewiß hätte Gott das nicht geschehen lassen, wenn der Tod ein gerechter gewesen wäre.«

Der Cardinal senkte das Haupt und sagte dann nach einem augenblicklichen Schweigen:

»Ich verstehe. Und Ihr wollt euren unfreiwilligen Theil an dieser Schuld büßen?«

»Ja wohl, und deswegen bitte ich Sie, mir den geradesten Weg nach Jerusalem zu bezeichnen.«

»Der kürzeste Weg würde der fein, wenn Ihr Euch in Tarent einschifftet und in Bairuth landetet, aber da Ihr den Engländern keinen Dank schuldig sein wollt —«

»Nein, durchaus nicht, Eminenz.«

»Nun, hier habt Ihr eure Marschroute – Soll ich sie aufschreiben?«

»Nein, ich kann nicht lesen, aber ich habe ein gutes Gedächtniß, fürchten Sie nichts.«

»Nun gut. Von hier begebt Euch über Avellino, Benevent nach Manfredonia, von Manfredonia schifft Euch dann entweder nach Scutari oder Delvino ein, dann setzt über den Piräus, und geht nach Saloniki, hier werdet Ihr ein Schiff finden, welches Euch entweder nach Smyrna, Cypern oder nach Bairuth bringen wird. Seid Ihr dann einmal in Bairuth, so könnt Ihr Jerusalem in drei Tagen erreichen. Dort begebt Euch in das Franciscanerkloster, verrichtet eure Andachten am heiligen Grabe, und wenn Ihr Gott um Verzeihung eurer Sünden anfleht, so bittet ihn zugleich, daß er auch mir meine Sünde vergeben möchte.«

»Eure Eminenz hat also auch eine Sünde begangen?« fragte Fra Pacifico, indem er den Cardinal erstaunt anblickte.

»Ja, eine große Sünde, die mir Gott, der in unseren Herzen lesen kann, vielleicht vergibt, aber die mir die Nachwelt nimmermehr vergeben wird.«

»Welche Sünde ist denn das?«

»Ich habe einen König, welcher wortbrüchig, dumm und grausam ist, und welchen die Vorsehung vom Throne gestürzt, wieder auf denselben gesetzt. Geht, Bruder, geht, und betet für uns Beide.«

Fünf Minuten später saß Fra Pacifico auf seinem Esel und ritt nach Nola, der ersten Station auf seinem Wege nach Jerusalem.

Zweites Capitel.
Ein Mann, welcher sein Wort hält

Man wird sich erinnern, daß am Tage der Ankunft des Königs im Golf von Neapel eine englische Kugel die Tricolore zerschossen, welche vom Castell San Elmo herabwehte, und daß man ihre Stelle durch die Parlamentärflagge ersetzt hatte.

Die letztere hatte dem König so reiche Hoffnung eingeflößt, daß er, wie man sich erinnern wird, nach Palermo schrieb, er hoffe, die Capitulation werde am folgenden Morgen unterzeichnet werden.

Der König irrte sich; um aber dem Obersten Mejean Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, müssen wir sagen, daß es nicht seine Schuld war, wenn er sich am nächsten Morgen nicht ergab, sondern vielmehr die des Königs.

Der König hatte sich so gefürchtet, als ihm am Abend des 10. der Leichnam Caracciolos erschienen war, daß er den ganzen nächsten Morgen im Bett liegen blieb, von Fieberfrost geschüttelt, und stets weigerte er sich auf das Deck zu kommen. Es half alles Reden nichts, auch nicht, daß man ihm sagte, daß, da er es gestattet habe, die Leiche früh um 10 Uhr in der Kirche von Santa-Lucia beigesetzt worden sei, er machte eine Bewegung mit dem Kopf, welche zu jagen schien: »Einem solchen Burschen traue ich nicht.«

Während der Nacht wechselte man den Ankerplatz, und ankerte zwischen dem Castello d’Uovo und dem Castello Nuovo.

Von dieser Veränderung benachrichtigt, willigte der König ein, sein Zimmer zu verlassen, aber ehe er sich auf das Deck begab, erkundigte er sich sorgfältig, ob man nichts oben auf der Meeresoberfläche schwimmen sähe.

Man sah nichts, und keine Welle trübte die azurfarbene Fläche.

Der König athmete bei dieser Nachricht freier auf.

Der Herzog della Salandra, Generallieutenant der Truppen Seiner sicilischen Majestät, erwartete ihn, um ihm die Bedingungen zu unterbreiten, unter welchen Mejean sich erbot, das Castell zu übergeben.

Es waren folgende:

»Artikel 1. Die französische Besatzung des Castells San Elmo übergibt sich Eurer Majestät und den Verbündeten zu Kriegsgefangenen, und wird nicht gegen die Mächte ziehen, welche im Kampfe mit der französischen Republik stehen, so lange sie nicht regelmäßig ausgewechselt ist.

»Artikel 2. Die englischen Grenadiere werden gleich am Tage der Capitulation das Thor des Castells besetzen.

»Artikel 3. Die französische Besatzung wird das Castell den Morgen nach der Capitulation mit Waffen und Gepäck verlassen. Vor den Thoren der Festung wird sie warten, bis ihre Stelle durch eine Abtheilung portugiesischer, englischer, russischer und neapolitanischer Soldaten ersetzt werden wird, welche, sobald die Garnison ausgerückt ist, sofort Besitz von dem Castell nimmt. Dann wird sie die Waffen strecken.

»Artikel 4. Die Officiere behalten ihre Degen.

»Artikel 5. Die Besatzung soll so lange auf den englischen Schiffen untergebracht werden, bis die Schiffe bereit sind, welche sie nach Frankreich bringen sollen.

»Artikel 6. Sobald die englischen Grenadiere die Thore besetzt haben, werden alle Unterthanen, Seiner sicilischen Majestät den Verbündeten überwiesen.

»Artikel 7. Eine Wachmannschaft französischer Soldaten soll die französische Fahne vor Zerstörung schützen, und so lange dableiben, bis ein englischer Officier und eine englische Wachmannschaft sie ablöst. Erst dann kann das königliche Banner aufgezogen werden.

»Artikel 8, Alles Privateigenthum bleibt dem Eigenthümer, nur alles Staatseigenthum und alle durch Plünderung erlangten Gegenstände werden mit dem Castell übergeben werden.

»Artikel 9. Die Kranken, welche nicht transportiert werden können, bleiben mit französischen Wundärzten in Neapel, wo sie auf Kosten der französischen Regierung erhalten und von wo aus sie nach ihrer Genesung nach Frankreich zurückgeschickt werden.«

Diese am Abend vorher aufgesetzte Capitulation war bereits von Mejean unterzeichnet, und so war nur noch die Einwilligung des Königs nöthig, damit der Herzog della Salandra und die Capitäns Truebridge und Bailly ihre Namen unterzeichnen konnten.

 

Der König gab auch seine Einwilligung und so wurde diese Capitulation noch an demselben Tage unterzeichnet.

Cardinal Ruffos Unterschrift fehlt jedoch und das beweist eine vollständige Trennung von den Alliierten.

Obgleich die Capitulation das Datum des 11. trug, war sie doch erst, wie wir bereits gesagt haben, den 12. unterzeichnet worden, so daß erst am 13. die Verbündeten vor die Thore des Castells San Elmo rückten, um dieses in Besitz zu nehmen.

Eine Stunde vorher schickte Mejean zu Salvato und ließ diesen bitten, zu ihm auf sein Zimmer zu kommen.

Salvato leistete der Einladung Folge.

Die beiden Männer grüßten sich höflich, aber kalt. Der Oberst bat Salvato, Platz zu nehmen, und dieser setzte sich.

Der Oberst blieb stehen, indem er sich auf die Stuhllehne stützte.

»Herr General,« sagte er zu Salvato, »erinnern Sie sich noch, was hier in diesem Zimmer vorging, als ich das letzte Mal die Ehre hatte, Sie hier zu empfangen?«

»Ja wohl, Oberst, wir schlossen einen Vertrag.«

»Erinnern Sie sich auch noch, wie die Bedingungen dieses Vertrages lauteten?«

»Wir kamen dahin überein, daß Sie uns, die Signora San Felice und mich, für zwanzigtausend Francs die Person, auf französischen Boden bringen sollten.«

»Sind diese Bedingungen nicht erfüllt worden?«

»Nur für eine Person.«

»Ist es Ihnen möglich, diese Bedingungen auch für die andere Person zu erfüllen?«

»Nein.«

»Was ist nun da zu thun?«

»Nun, mir scheint das sehr einfach. Sie wollten mir einen Dienst erweisen, den ich aber nicht von Ihnen annehmen wollte.«

»Nun, das beruhigt mich. Ich sollte vierzigtausend Francs für die Rettung zweier Personen bekommen, da ich aber nur zwanzigtausend Francs bekommen habe, so werde ich nur eine Person retten. Welche von beiden nun ?«

»Die schwächste, welche sich nicht selbst retten könnte.«

»Haben Sie denn Aussicht, daß Sie sich selbst retten können?«

»Ja wohl.«

»Welche denn?«

»Haben Sie nicht das Papier gesehen, welches an Stelle des Geldes in dem Kästchen lag, und welches mir andeutete, daß man mich überwachte?«

»Wollen Sie mir den Schmerz bereiten, Sie ausliefern zu müssen? Der 6. Artikel der Capitulation bedingt, daß alle Unterthanen des Königs den Verbündeten ausgeliefert werden.«

»Beruhigen Sie sich, ich werde mich selbst ausliefern.«

»Ich habe Ihnen nun mitgetheilt, was ich Ihnen mitzutheilen hatte,« sagte Mejean mit einer Bewegung des Kopfes, welche zu sagen schien: »Jetzt können Sie gehen.«

»Ich habe Ihnen aber noch nicht, Alles gesagt,« erwiederte Salvato, ohne daß die geringste Veränderung in seiner Stimme wahrzunehmen gewesen wäre.

»So sprechen Sie.«

»Habe ich das Recht zu fragen, durch welches Mittel Sie die Rettung der Signora San Felice bewirken werden? Denn Sie werden leicht begreifen, wenn ich mich dem Untergange weihe, so geschieht es, damit sie gerettet werde.«

»Das ist nur zu billig, und das Recht steht Ihnen zu, über diesen Punkt die genaueste Auskunft zu verlangen.«

»Nun wohl, ich höre.«

»Der 9. Artikel der Capitulation sagt, daß die Kranken, welche nicht transportiert werden können, in Neapel bleiben werden. Eine unserer Marketenderinnen ist in diesem Falle. Sie wird in Neapel bleiben und die Signora San Felice wird ihre Stelle und Kleidung annehmen, und ich stehe Ihnen dafür, daß ihr kein Haar gekrümmt werden wird.«

»Das ist Alles, was ich wissen wollte, mein Herr,« sagte Salvato, indem er sich erhob. »Es bleibt mir weiter nichts übrig, als Sie zu bitten, so bald als möglich der Signora die Kleider zu schicken, welche sie anlegen soll.«

»Dies soll binnen fünf Minuten geschehen.«

Die beiden Männer grüßten sich, und Salvato ging fort.

Luisa erwartete ihn voll Angst, denn sie wußte wohl, daß Salvato nur die Hälfte der Summe hatte zahlen können, und sie kannte die Habsucht Mejean’s.

Lächelnd trat Salvato in das Zimmer.

»Nun, wie ist es denn?«, fragte ihn Luisa lebhaft.

»Es ist Alles in Ordnung.«

»Er hat dein Wort angenommen?«

»Nein, ich habe ihm ein Versprechen abgenommen. Du verläßt San Elmo als Marketenderin verkleidet unter dem Schutz der französischen Uniform.«

»Und Du?«

»Ich habe erst noch eine kleine Förmlichkeit zu erfüllen, so daß ich mich einen Augenblick von Dir trennen muß.«

»Welche Förmlichkeit hast Du denn zu erfüllen?« fragte Luisa voll Unruhe.

»Ich habe zu beweisen, daß, obgleich ich in Molisa geboren bin, ich in französischen Diensten stehe. Du weißt, daß nichts leichter ist, da alle meine Papiere im Palaste von Angri sind.«

»Du verläßt mich aber?«

»Nur auf einige Stunden.«

»Einige Stunden! Du sagtest doch vorhin einen Augenblick?«

»Augenblick oder Stunden. Der Teufel, wie man genau bei Dir sein muß!«

Luisa schlang die Arme um Salvato und küßte ihn zärtlich, indem sie sagte:

»Du bist ein Mann, Du bist stark, Du bist wie eine Eiche, während ich ein schwaches Rohr bin. Sobald Du Dich von mir entfernt, beuge ich mich jedem Lüftchen. Was willst Du! Deine Liebe ist Hingebung, meine Liebe aber nur Egoismus.«

Salvato drückte Luisa an sein Herz, und wie er sich auch zu bezwingen suchte, so zitterten eine eisenfesten Nerven so heftig, daß Luisa ihn erstaunt ansah.

In diesem Augenblick öffnete sich die Thür, und man brachte Luisa den versprochenen Marketenderanzug.

Salvato benutzte das, um den Gedanken Luisas eine andere Richtung zu geben. Er zeigte ihr lachend die verschiedenen Kleidungsstücke, welche sie anlegen sollte, und die Toilette begann.

An dem heiteren Gesichte Luisas konnte man sehen, daß ihr augenblicklicher Verdacht vergessen war. Sie sah reizend aus in dem kurzen Rock mit den rothen Aufschlägen und in dem mit der dreifarbigen Cocarde geschmückten Hute.

Salvato ward nicht müde sie anzusehen und zu sagen: »Ich liebe Dich! ich liebe Dich! ich liebe Dich!«

Sie lächelte, und ihr Lächeln war beredter als alle Worte.

Die Stunde verging wie eine Sekunde.

Die Trommel wirbelte und das war das Zeichen, daß die englischen Grenadiere das Thor des Castells besetzten.

Unwillkürlich schauderte Salvato, und eine leichte Blässe überzog sein Gesicht.

Er warf einen Blick in den Hof, wo die Besatzung unter den Waffen stand.

»Es ist Zeit, daß wir hinabgehen,« sagte er zu Luisa, »und daß wir uns in die Reihen stellen.«

Beide begaben sich hinunter, aber auf der Schwelle blieb Salvato stehen, und überblickte zum letzten Male seufzend das Zimmer, indem er Luisa an sein Herz drückte.

Hier waren sie ja auch glücklich gewesen.

Mit den Worten: »Die Unterthanen Sr. sicilischen Majestät werden den Verbündeten überwiesen,« hatte man die Geißeln gemeint, welche Mejean anvertraut worden waren. Diese Geißeln, fünf an der Zahl, befanden sich bereits auf dem Hofe und bildeten eine Gruppe für sich.

Mejean bedeutete Salvato, sich zu ihnen zu gesellen und Luisa, sich dahinter zu stellen.

Er postierte sich so nahe als möglich, um ihr im Nothfalle sofortigen Schutz leisten zu können.

Man konnte sich nicht beklagen, denn der Oberst Mejean führte das, wozu er sich verpflichtet hatte, mit der gewissenhaftesten Genauigkeit aus.

Die Trommeln wirbelten, der Ruf »Vorwärts ! Marsch!« ertönte.

Die Reihen öffneten sich, die Geißeln nahmen ihre Plätze ein.

Die Tamboure marschierten zum Festungsthor heraus, während die ganze russische, englische und neapolitanische Armee draußen wartete.

An der Spitze derselben standen die drei Oberofficiere, der Herzog della Salandra und die Capitäne Truebridge und Bailly.

Um die Besatzung zu ehren, hielt jeder von ihnen in der einen Hand den Hut und in der andern den gezogenen Degen.

Als man den bezeichneten Ort erreicht, commandierte der Oberst Mejean: »Halt!«

Die Soldaten blieben stehen, und die Geißeln traten vor.

Dann streckten die Soldaten, wie es in der Capitulation gesagt war, die Waffen, während die Officiere ihre Degen behielten, welche sie wieder in die Scheide steckten.

Dann schritt Mejean auf die Officiere der Verbündeten zu und sagte:

»Meine Herren, kraft des 6. Artikels der Capitulation habe ich die Ehre Ihnen die Geißeln zu übergeben, welche im Castell gefangengehalten wurden.«

»Wir bestätigen hiermit, dieselben empfangen zu haben,« sagte der Herzog della Salandra, und fuhr fort, indem er die sich nähernde Gruppe betrachtete, »wir rechneten jedoch nur auf fünf und hier sind sechs.«

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»