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»Ich gratuliere Ihnen dazu, mein Herr,« sagte die Königin. »Haben Eure Eminenz mir aber nicht gesagt, daß der König Sie gesandt?«

»Ja, das habe ich gesagt, Madame, und Seine Majestät der König wäre selbst mit mir nach Caserta gekommen, hätte er nicht eine Eberjagd in den Wäldern am See Fusaro abhalten müssen, da es ihm unmöglich war, dieselbe aufzuschieben.«

»Daran erkenne ich meinen erhabenen Gatten,« sagte die Königin lächelnd. »Deswegen aber sind Sie mir nicht weniger willkommen, besonders wenn Sie mir eine gute Nachricht bringen.«

»Ich bringe Ihnen wenigstens eine große, Madame, eine Nachricht, welche die schlimmsten Folgen nach sich ziehen kann. Der Gesandte der französischen Republik zu Rom, der Bürger Basseville, ist soeben bei einem Aufstand ermordet worden.«

Die Königin schauderte.

»Das ist allerdings eine große Nachricht, die Sie mir da bringen! Und wie ist die Sache denn zugegangen?«

»Ew. Majestät weiß doch, daß der französische Admiral, als er seinen Gesandten, den Bürger Mackau, mit an den Hof von Neapel nahm, zugleich auch den Gesandten am römischen Hofe, den Bürger Basseville bei sich an Bord hatte?«

Der Kardinal betonte das zweimal wiederholte Wort Bürger, so daß, dank der Art und Weise, in der er es aussprach, nichts Unangenehmes für das Ohr der Königin darin lag.

So ließ sie denn diesen ersten Satz an sich vorübergehen, indem ihr Gesicht keinen anderen Ausdruck als ein verächtliches Lächeln annahm und sie dem Kardinal andeutete, daß sie ihn hörte.

Der Kardinal fuhr fort:

»Die Nachricht hatte große Aufregung verursacht und sich bis in unsere Provinzen verbreitet. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, Madame, in welchem Lichte unsere würdigen Priester ihren Beichtkindern auf den Dörfern und in der Stadt die französische Republik schilderten. Sich mit ihr verbünden, heißt sich der Hölle verschreiben. Bei dieser von den Kanzeln angekündigten Nachricht hatten sich die Bewohner von Rom, die Barbaren von Trastevero, die Wilden von Sabinien, die Ochsenhirten der Sümpfe, blind und wild wie ihre Büffel, auf dem Wege zusammengerottet, auf welchem der Gesandte kommen mußte. Drei Tage lang warteten sie. Alle Abende wiederholten die Priester in den Beichtstühlen den bestürzten Frauen, daß dieser französische Gesandte in der heiligen Stadt die Fahne des Satans aufpflanzen wolle. Die Frauen zündeten Kerzen an, beteten und wehklagten, die Männer knirschten mit den Zähnen und schliffen ihre Messer.«

»Braves Volk!« murmelte die Königin.

»Endlich verkündete vorgestern, am 13. Januar, ein großes Geschrei das Näherkommen des Wagens. Alles Volk stürzte nach der Richtung, von welcher er kam. Der Gesandte trug sein republikanisches Galakostüm, einen blauen Rock, eine dreifarbige Schärpe darüber, einen dreieckigen Hut mit einer dreifarbigen Kokarde, und zwei seiner Freunde, die ziemlich ebenso gekleidet waren, sahen mit in dem Wagen. Als die Menge das sah, brach sie in ein lautes Geschrei aus. Die drei Reisenden schienen taub oder völlig gleichgültig zu sein und setzten ihren Weg fort. Die Räder und Pferde ihres Wagens waren verschwunden, der wie eine Barke auf Menschenwellen schaukelte. So kommen sie an den Palast des Kardinals Zelada, begeben sich zu diesem und fordern ihn auf, ihre Vollmachten anzuerkennen. Der Kardinal, welcher von Sr. Heiligkeit bestimmte Instruktionen erhalten, weigert sich und erklärt, daß die französische Republik für den römischen Hof weder existiere, noch jemals existieren würde. Der Gesandte grüßt den Kardinal, steigt wieder in den Wagen und pflanzt, sei es um Frankreichs Ehre zu retten, oder um an die italienischen Patrioten zu appellieren, eine Trikolore neben dem Kutscher auf. Als das Volk das sieht, verdoppelt sich, wie Ew. Majestät sich denken kann, das Geschrei und ein Steinregen beginnt auf den Gesandten und seine Freunde herabzuhageln. Der erschreckte Kutscher treibt die Pferde bis zum schärfsten Galopp an und lenkt den Wagen in den Hof eines französischen Bankiers. Zum Unglück oder zum Glück, je von welchem Gesichtspunkte aus man die Sache betrachtet, ist die Zeit zu kurz, die Tore hinter dem Wagen zu schließen, das Volk stürzt herein und man weiß wirklich nicht, wie es in dem Tumult gekommen ist, daß man Sr. Exzellenz dem Bürger Basseville den Leib mit einem Rasiermesser aufgeschlitzt hat.«

»Und kennt man den Mörder?« fragte die Königin schnell.

»Ja und nein,« erwidert Ruffo. »Seine Heiligkeit kennt ihn, die Regierung Seiner Heiligkeit aber wird ihn nicht kennen. So ist denn der Papst, bereits durch den Krieg in der Vendée, den seine Emissäre gepredigt haben, bloßgestellt, noch ärger durch den Tod des französischen Gesandten kompromittiert. Es wird ihm schwerlich gelingen, gleich wie dem seligen Pilatus, seine Hände von dem Blute Basseville's zu reinigen, es wird stets eine Spur davon an seinen Fingern kleben bleiben. So ist denn Basseville's Tod der Krieg gegen Frankreich. Ich komme im Namen Seiner Heiligkeit, um den König Ferdinand zu fragen, ob er imstande ist, dieselbe zu unterstützen, und wenn dies der Fall ist, ebenfalls im Namen Seiner Heiligkeit dem Kämpfer für die Kirche die wenigen Talente, mit denen die Natur und die Erziehung mich hierzu ausgerüstet hat, zur Verfügung zu stellen.«

Die Königin lächelte.

»So gehören Eure Eminenz, wenn ich recht verstanden habe, der streitenden Kirche an?«

»Ja, glauben Sie es nur, Madame! Ich gehöre zu dem Geschlechte der la Valette und der Richelieu. Im Mittelalter hätte ich den Küraß und den Degen getragen und gegen die Türken und Hugenotten gekämpft. Heute bin ich vollständig bereit, gegen die Franzosen zu ziehen, die Heiden von noch schlimmerer Art sind!«

»Nun Herr Kardinal,« sagte die Königin, »wir werden suchen, Ihnen Arbeit zu geben. Unglücklicherweise hängt die Sache nicht von mir allein ab!«

»Das weiß ich,« erwiderte Ruffo, »wenn aber,« fuhr er fort, indem er mich anblickte, »Lady Hamilton sich ins Mittel legen wollte —«

»Ich, Herr Kardinal? Und was soll ich denn dabei tun, mein Gott?«

»Nun, Madame, Perilles hat den Krieg von Samos, von Megara und den peloponnesischen Krieg infolge der Ratschläge und des Einflusses der Aspasia unternommen. Aspasia war nicht schöner als Sie und Perikles hatte nicht mehr Einfluß auf die Angelegenheiten Griechenlands als Sir William Hamilton durch seinen Milchbruder, den König Georg, auf die Angelegenheiten Englands hat. England braucht Frankreich nur den Krieg zu erklären und wir sind gerettet!«

»Hörst du?« sagte die Königin zu mir. »Der Kardinal spricht im Namen unseres heiligen Vaters, des Papstes, und unser heiliger Vater, der Papst, ist unfehlbar!«

»Nun gut denn, teure Königin!« erwiderte ich, »ich werde mein möglichstes tun. Ha, da kommt Perikles gerade, um sich uns zur Verfügung zu stellen!«

Wirklich kam Sir Williams auch auf uns zu. Da die Stunde des Diners gekommen war, so begaben wir uns wieder in das Schloß. Ihre Majestät lud Sir William zur Tafel ein, wie auch den Kardinal, und während wir speisten, entwarfen wir die kriegerischsten Pläne von der Welt.

Wenn ich heute daran denke, was ich in der Wage, wenn auch nur so viel wie ein Sandkörnchen, wog, so daß durch dieses Gewicht die Schale sich einem zwanzigjährigen Kriege zuneigte, der vielleicht noch nicht beendet ist, so erschrecke ich vor der Verantwortlichkeit, die ein Sandkörnchen vor Gott haben kann.

Zwölftes Capitel

Der Kardinal hatte recht. Basseville's Tod rief in Frankreich eine ungeheure Aufregung hervor. Der Konvent beschloß, furchtbare Rache für diesen Mord zu nehmen, und das Vaterland sollte den Sohn des Gemordeten adoptieren.

Dieses Gerücht aber verschwand bald vor dem Gerüchte von einer viel furchtbareren Katastrophe! Am 27. Januar erfuhr man in Neapel, daß Ludwig XVI. zum Tode verdammt worden sei und am 1. Februar kam die Kunde seiner Hinrichtung.

Gleich in dem Augenblicke, in welchem diese Nachricht nach London kam, deutete Pitt dem französischen Minister, an, daß er England binnen vierundzwanzig Stunden zu verlassen habe. Von mir gedrängt, und ich muß sagen, daß es dieses Antriebes nicht bedurfte, hatte Sir William sogleich drei oder vier Briefe an den König Georg geschrieben und dieser hatte ihm in einem kleinen Billette selbst geantwortet, daß England, welches die Schuld auf Frankreich schieben wollte, warten würde, bis die Franzosen ihren König wirklich hingerichtet hätten; sobald dies aber geschehen wäre, würde man sofort mit der Republik brechen.

Wir erhielten beide Briefe in Neapel zugleich; den, welcher die am 21. Januar vollzogene Hinrichtung Ludwigs XVI. mitteilte, und den, in welchem man uns die Ausweisung des französischen Gesandten aus London anzeigte.

Obgleich man den Tod Ludwigs erwartete, so war dies doch ein furchtbarer Schlag für die Königin. Der Brief des Gesandten war auf schwarzgerändertes Papier geschrieben und schwarz gesiegelt. Als Karoline den Brief sah, wußte sie alles. Sie stieß einen Schrei aus und ward ohnmächtig, indem sie sagte:

»Sie haben ihn gemordet!«

Augenblicklich ward befohlen, daß alle Karnevalsfeste aufhören, daß der ganze Hof und alle Würdenträger des Reiches Trauer anlegen sollten, und daß in allen Kirchen Totengebete gelesen würden.

Castelcicala, Guidobaldi und Vanni wußten nun, daß sie mit dem Werke beginnen konnten, zu dem man sie berufen.

Verhaftungen wurden vorgenommen, und erst als die Zahl der eingekerkerten Jakobiner nicht weniger als dreihundert betrug, lächelte die Königin wieder.

Dann bereitete sich das neapolitanische Gouvernement, indem es dabei immer mit Frankreich verbündet blieb, für den Krieg vor. Die Landarmee ward bis auf eine Stärke von 36 000 Mann erhöht und die Seemacht bis zu einer Anzahl von 102 Schiffen von allen Größen vermehrt.

Der Kardinal Ruffo hatte bei allem einen militärischen oder politischen Einfluß ausüben wollen, den ihm ohne Zweifel das Bewußtsein seines Verdienstes wünschen ließ, und auf welchen ihm nicht nur die Empfehlung des Papstes, sondern auch Studien, die er in der Artilleriekunst gemacht, ein Recht gaben Studien, die, wie ich glaube, in der Erfindung einer neuen Methode, glühende Kugeln zu machen, bestanden. Allein, mochte nun der Minister Acton das Vertrauen nicht teilen, welches der Kardinal zu seinem eigenen Verdienst hatte, oder fürchtete er im Gegenteil den Einfluß eines überlegenen Mannes für sein Glück, oder hatte die Königin, welche eine gewisse Abneigung gegen den Kardinal empfand, die guten Absichten des Königs, der ihn offen unter seinen Schutz genommen, neutralisiert, kurz, es vergingen zwei bis drei Monate, ohne daß der Kardinal Ruffo irgend eine offizielle Stellung am Hofe erhielt.

 

Marie Karoline ließ sich jetzt nicht im entferntesten träumen, welchen Dienst ihr derselbe Kardinal, den sie jetzt von militärischen Angelegenheiten fernhielt, sechs Jahre später als Soldat erweisen würde!

Der König aber, welcher, wie ich bereits gesagt habe, eine große Sympathie für Se. Eminenz empfand, wollte dem Kardinal endlich einen Beweis dieser Sympathie geben, nur wies er ihm, wie er so gern den Spott zu seiner Gnade gesellte, einen Posten an, der gewiß am wenigsten für einen Diener der Kirche paßte. Er ernannte ihn nämlich zum Inspektor seiner Kolonie in San-Leucio.

Ich möchte hier auf einige Einzelheiten in bezug auf diese Kolonie von San-Leucio eingehen, von der ich in einem früheren Capitel dieser Memoiren nur einen kurzen Begriff gegeben habe.

Die Sache ist ziemlich schwer zu sagen, allein es tut nichts. Ich habe bereits schon so viele schwere Dinge gesagt, und habe deren noch so viele zu erzählen, daß damit zu zögern, lächerlich sein würde. Überdies werde ich den König Ferdinand selbst sprechen lassen, und jeder wird dann selbst entscheiden können, ob Gutherzigkeit, Heuchelei oder Zynismus ihn bewogen, über seine Schöpfung, die Kolonie von San-Leucio, einen ländlichen Harem, wo er nicht weniger Sultan war, als der Sultan in dem seinigen, Rechenschaft zu geben. Ich folge hier dem Originalmanuskripte des Königs, welches mir die Königin Karoline an einem ihrer heiteren oder verächtlichen Tage mitteilte und welches betitelt war: »Ursprung und Fortschritt der Bevölkerung von Leucio

»Da einer meiner lebhaftesten Wünsche,« sagte Ferdinand in dieser Schrift, »stets der gewesen war, einen angenehmen und vom Geräusch des Hofes entfernten Ort zu finden, wo ich die wenigen Mußestunden, die mir die ernsten Regierungsgeschäfte lassen, nützlich anwenden könnte, und da das herrliche Caserta und der prachtvolle Palast, den mein Vater begonnen hat und den ich vollendet habe, nicht die Stille und Einsamkeit bieten, die zum Nachdenken und zur Ruhe des Geistes erforderlich sind, sondern vielmehr, um sozusagen, eine zweite Hauptstadt inmitten des Landes bilden, wo dieselbe Pracht und derselbe Luxus wie in Neapel mich umlagern, so beschloß ich, mir in dem Park von Caserta einen einsameren Ort zu wählen, wo ich völlig mir selbst leben könnte, und meine Wahl fiel auf San-Leucio.«

Man wird sogleich sehen, was der König Ferdinand unter Nachdenken und Ruhe des Geistes verstand.

»Nachdem ich daher 1773 den Wald mit einer Mauer hatte umgeben lassen, innerhalb welcher der Weinberg und das alte Kasino der Prinzen von Caserta, welches das Belvedere hieß, lagen, ließ ich auf einer kleinen Anhöhe einen kleinen Pavillon einzig und allein zu meiner Bequemlichkeit auf der Jagd bauen. Außerdem ließ ich auch, so gut es eben ging, ein altes, halb verfallenes Haus ausbessern, auch einige neue Häuser bauen und berief fünf oder sechs Individuen, welche zu der Bewachung des Waldes und des besagten Pavillons dienten, auf die Weinpflanzungen und die Ländereien, welche innerhalb der Ringmauer lagen. 1776 ward der Salon des alten Kasinos in eine Kirche verwandelt und diese Kirche zur Bequemlichkeit der Bewohner, die sich täglich vermehrten und bald die Zahl von siebzehn Familien erreichten, zum Kirchspiel erhoben. So ward es denn wegen der vielen Bewohner nötig, noch mehr Häuser zu bauen.«

Der König fährt fort:

»Als der Pavillon vergrößert worden, fing ich an daselbst zu wohnen und den Winter dort zuzubringen; da ich aber das Unglück hatte, mein erstes Kind zu verlieren und deswegen mich nur vorübergehend dort aufhielt, so beschloß ich einen nützlicheren Gebrauch von dieser Wohnung zu machen. Da die Bewohner, von denen ich gesprochen, mit vierzehn andern Familien, die sich zu ihnen gesellt, die Zahl von vierunddreißig Köpfen erreicht hatten dank der Fruchtbarkeit, welche durch die Reinheit der Luft und die Ruhe und den häuslichen Frieden, in dem sie lebten, herbeigeführt ward so fürchtete ich, daß so viel Säuglinge, welche sich tagtäglich vermehrten, in Zukunft infolge ihrer mangelhaften Erziehung eine gefährliche Gesellschaft von Wüstlingen und Bösewichtern werden könnten, und wollte ein Erziehungshaus für Kinder beiderlei Geschlechts gründen, wozu ich meinen Jagdpavillon benutzte. So fing ich denn an, Regeln aufzusetzen und geschickte und geeignete Personen für die Ämter zu suchen, die zur Erfüllung meines Zweckes gegründet werden mußten.

Nachdem ich beinahe alles geordnet, dachte ich darüber nach, daß alle Mühe, die ich mir gegeben, alle Kosten, die ich aufgewendet, leider ohne Nutzen sein würden, da diese jungen Leute, nachdem ich ihre Erziehung beendet, entweder Müßiggänger werden, oder, wenn sie irgendein Handwerk erlernen wollten, die Kolonie verlassen müßten, um ihren Lebensunterhalt anderswo zu verdienen, da ich in meinem Dienst nur einige beschäftigen konnte. Ich bedachte, wie schmerzlich jede Trennung für die betreffenden Familien sein müßte und wie sehr ich mich selbst betrüben würde, wenn ich mich dieser schönen Jugend beraubt sähe, die ich alle wie meine eigenen Kinder betrachtet und mit soviel Mühe aufgezogen hatte. Ich wendete mich daher einem anderen Zweck zu. Ich beschloß diese Kolonie, die, da sie sich unaufhörlich vergrößerte, dem Staate sehr nützlich werden konnte, in einer Weise zu regieren, welche geeignet wäre, diese armen Leute ruhig und glücklich zu machen und ihnen ein Leben in der Furcht Gottes und vollkommener Harmonie zu bereiten. Sie hatten mir bisher kein einziges Mal Anlaß zu Verdruß gegeben, sondern im Gegenteil dazu beigetragen, daß ich unter ihnen die erhabene Zufriedenheit, die in den Stunden, wo die Staatsangelegenheiten gegen meine Ruhe konspirierten, so beneidenswert war, genießen konnte.«

Wie man sieht, hatte der König Ferdinand nun endlich »die für das Nachdenken und die Ruhe des Geistes so notwendige Einsamkeit und den so nötigen Frieden gefunden.«

Als der König diesen unverhofften Zweck erreicht hatte, beschloß er aus Dankbarkeit für die schöne Jugend, die sein Herz erquickte, seiner so gut gedeihenden Kolonie, die immer blühender zu werden versprach, Gesetze zu geben, welche an die erinnerten, die Saturnus und Rhea ihren Völkern im goldenen Zeitalter gegeben.

Demnach begann er die tyrannischen Rechte der Eltern über die Kinder aufzuheben, durch welche letztere so oft gehindert werden, den Regungen ihres Herzens und ihrer Natur zu folgen.

So stand es den Kindern frei, sich zu wählen und zu heiraten, ohne daß die Eltern etwas in dieser ernsten Angelegenheit zu tun hatten, in die sie sich oft nur mischen, um alles zu verderben. Jedes Jahr zu Pfingsten mußten die jungen Leute, wenn sie aus der großen Messe kamen, dem ganzen Dorf zeigen, welche Wahl sie getroffen. Unter dem Portal der Kirche bot der junge Mann, nicht mehr und nicht weniger als ein Schäfer auf einem Gemälde von Watteau oder Boucher, dem jungen Mädchen, das er liebte, einen Strauß roter Rosen. Wenn die Person, welcher er angeboten ward, die Liebe des jungen Mannes erwiderte, so gab sie ihm einen Strauß weißer Rosen, und alles war gesagt. Die beiden Liebenden waren von diesem Tage an Brautleute und wurden den folgenden Sonntag getraut.

In der Zwischenzeit ließ der König sie zu sich kommen, natürlich jedes allein. Er hielt ihnen eine Rede über ihre ehelichen Pflichten, und da er sich das Recht vorbehalten, das junge Paar auszustatten, vermehrte oder verminderte sich je nach der Aufmerksamkeit, mit welcher das junge Mädchen die Rede des Königs angehört, die Ausstattung. Nun wird man wohl begreifen, mit welcher Aufmerksamkeit die Braut einer so wichtigen Rede lauschte. Übrigens gab es keine Richter, kein Tribunal. Wenn irgendein Prozeß vorkam, so gaben drei Greise, welche die Kolonie gewählt hatte, unter einer Eiche ihr Urteil ab, wie ehemals der heilige Ludwig.

Um Narrheiten und Luxus zu vermeiden, von denen sich selbst Bäuerinnen fortreißen lassen, trugen alle jungen Mädchen der Kolonie dasselbe Kostüm, welches einfach, aber geschmackvoll war, und welches der König durch seinen gewöhnlichen Maler hatte zeichnen lassen. Die Auszeichnungen ausgenommen, welche der König Ferdinand selbst daran zu Gunsten guter Arbeiterinnen vornahm, konnte niemand etwas daran ändern.

Unter anderem war auch die Konskription abgeschafft.

Man wird leicht sehen, daß der König, um zu einem so glücklichen Resultate zu kommen, die Weisheit des Königs Salomo mit dem sozialen Wissen eines Idomeneus hatte vereinigen müssen.

Da nun der königliche Gründer der Kolonie von San-Leucio nicht wußte, was er mit dem Kardinal Ruffo anfangen sollte, so stellte er ihn an die Spitze dieser Kolonie.

Vielleicht war dies kein geeigneter Platz für einen Kardinal; geistreiche Leute aber, sagt man, sind nirgends am unrechten Platze, und der Kardinal Ruffo besaß außerordentlich viel Geist.

Was die Königin betraf, die nicht weniger geistreich als der Kardinal war, so sah sie mit großer Befriedigung, wie die Kolonie von San-Leucio gedieh, sich vergrößerte und bevölkerte. Wenn der König den Salomo und Idomeneus studiert hatte, so hatte sie dagegen Frau von Pompadour studiert und regierte, während der König sich belustigte.

Zwar war es nicht ein heiteres Geschäft, im Jahre der Gnade 1793 zu regieren.

Das werden mir bald sehen, indem wir uns wieder den Staatsangelegenheiten zuwenden.

Dreizehntes Capitel

Ich habe gesagt, daß noch an demselben Tage, wo man in London die Nachricht von der Hinrichtung Ludwigs des Sechzehnten erhalten, die englische Regierung dem französischen Gesandten andeutete, daß er das Land zu verlassen habe.

Das war eine Beschimpfung, die das stolze Frankreich nicht ertragen konnte. So wie es Österreich den Krieg zuerst erklärt, so erklärte es auch neun Tage nach der Ausweisung seines Gesandten England und Holland den Krieg.

Darauf hatte England nur gewartet. Ich hörte, wie Sir William und die Königin die Kräfte der beiden Mächte berechneten und mit Freude die Überlegenheit der materiellen Kräfte Großbritanniens über die Frankreichs konstatierten.

Frankreich war ohne Geld, ohne Waffen, fast ohne Heer; seine ganze Seemacht bestand in sechsundsechzig Linienschiffen und achtzig Fregatten oder Korvetten.

England war in finanzieller Hinsicht in einem so blühenden Zustand, daß Mr. Pitt sagte, daß er, wenn er soviel Geld hätte, um die Nationalschuld abzutragen, doch dies nicht tun, sondern das Geld lieber in die Themse werfen würde.

Was die Seemacht Englands betraf, so bestand diese aus hundertundachtundfünfzig Linienschiffen, aus zweiundzwanzig Schiffen von fünfzig Kanonen, aus fünfundzwanzig Fregatten und hundertundacht Kuttern.

Also besaß England ungefähr viermal soviel Schiffe als Frankreich.

Wenn man nun noch die hundert Kriegsschiffe Hollands dazurechnet, so wird man sehen, daß die beiden verbündeten Mächte fünfhundertunddrei Kriegsschiffe gegen zweiundsechzig aussenden konnten.

Diese Rechnung, welche man dem König Ferdinand wohl zehnmal wiederholen mußte, gab ihm endlich den Mut, sich mit England zu verbünden und am 20. Juli 1793 unterzeichnete die neapolitanische Regierung, ohne, daß man Frankreich irgend etwas von dem Bruche mitgeteilt, einen geheimen Vertrag mit England.

In diesem Vertrag ward bedingt, daß der König von Neapel zwölf Schiffe, darunter vier Linienschiffe und ebensoviel Fregatten zu dem Geschwader schicken sollte, mit welchem England im Mittelmeere kreuzen wollte, wie auch sechstausend Mann zu dem Landungsheer dieses Geschwaders.

Der König hatte nach und nach den Vorsitz im Staatsrate aufgegeben und die Königin wohnte stets den Verhandlungen bei, die sie mit der Wut des Hasses betrieb. In zwei Monaten waren Soldaten und Schiffe ausgerüstet und ein Teil stieß zu der anglo-spanischen Flotte, welche vor Toulon kreuzte.

Durch einen royalistischen Agenten, den die Königin in dieser Stadt hatte, wurden mir von allem unterrichtet, was vorging. Toulon hatte Teil an dem großen Aufstand genommen, welcher sich im Süden Frankreichs gegen den Konvent gebildet.

 

Die Stadt war in drei Parteien geteilt: in die Jakobiner, die konstitutionellen Royalisten und die entschiedenen Royalisten.

Wir wußten, daß die konstitutionellen und die anderen Royalisten, durch die Hinrichtungen erschreckt, die ihre Zahl zu vermindern begannen, sich vereinigt hatten, und daß es sich um nichts Geringeres, als um die Überlieferung der Stadt an die Engländer handelte.

Am 10. September signalisierte man ein englisches Schiff, welches auf den Hafen von Neapel zusegelte und von Frankreichs Küsten zu kommen schien.

Seit einigen Wochen schon entfernten wir uns nur sehr wenig aus Neapel, da wir wichtige Nachrichten erwarteten. Man unterrichtete also die Königin von dem Ereignis und sie ließ uns, Sir William und mich, davon benachrichtigen. Ich sage von dem Ereignis, denn in den Umständen, in denen wir uns befanden, war die Ankunft eines englischen Schiffes ein Ereignis.

Wir begaben uns sogleich in den Palast. Die Königin befand sich auf der Terrasse, mit einem Fernglas in der Hand und erforschte das Schiff, welches nach und nach seine Segel reffte, um langsamer segeln zu können, und jetzt in den Hafen einlief. An den Signalen sah man schon, daß dieses Schiff der »Agamemnon«, ein Linienschiff des Königs von England, war, und daß es von Toulon kam.

Das wenige, was man soeben erfahren, war soviel, daß der König und Sir William es nicht erwarten konnten, die Nachrichten, welche das Schiff brachte, zu hören, und dieselben daher selbst holen wollten.

Beide stiegen in ein Boot der königlichen Marine und alle Gesundheitsrücksichten verachtend begaben sie sich an Bord.

Kaum waren sie daselbst angelangt, als man eine Ehrensalve abfeuerte und der »Agamemnon« in einer Rauchwolke verschwand.

Nach Ablauf einer halben Stunde kamen der König und Sir William wieder ans Land zurück.

Sir William hatte sich sogleich in das Gesandtschaftshotel begeben, und ließ mir sagen, zu ihm zu kommen, da er meiner bei dem Empfang eines unerwarteten Gastes bedürfte.

Ich überließ es dem König, der Königin die Nachrichten mitzuteilen, die zu erfahren, sie so begierig war, und da ich dachte, daß Sir William alles ebensogut wie der König wissen würde, da er bei der Unterredung des Königs mit dem Kapitän des »Agamemnon« als Dolmetsch gedient, so nahm ich Abschied von der Königin und stieg in den Wagen, indem ich dem Kutscher befahl, nach dem Hotel zu fahren.

Sir William erwartete mich.

»Liebe Emma,« sagte er, als er mich erblickte, »ich werde dir bald einen kleinen Mann vorstellen, der sich nicht rühmen kann, schön zu sein, der meiner Meinung nach aber eines Tages einer der größten Kriegshelden sein wird, die England jemals besessen.«

Ich mußte über Sir Williams Enthusiasmus lachen.

»Und woher weißt du das?« fragte ich.

»Aus den wenigen Worten, die wir miteinander gewechselt haben, und ich wollte wetten, daß dieser Mann die Welt in Erstaunen setzen wird. Du weißt, daß ich nie einen englischen Offizier bei mir habe empfangen wollen, aber ich bitte dich, diesem gegenüber aus Liebe zu mir diese Honneurs des Hauses zu machen. Gib also deine Befehle, daß man ein Zimmer für ihn bereit halte, und daß es ihm an nichts fehle.«

»Und wann kommt denn dein zukünftiger großer Mann?« fragte ich.

»Er muß jeden Augenblick kommen. Wir dinieren alle zusammen bei dem König und morgen werden wir alle den ganzen Tag in Portici verbringen.«

»Du kannst mir aber wenigstens sagen, wie dein Held heißt.«

»Horace Nelson, liebe Freundin. Vergiß diesen Namen nicht; er wird einmal berühmt werden.«

Ich hatte keine Bemerkung zu machen und machte auch keine.

Das Gesandtschaftshotel war ungeheuer groß. Vor einiger Zeit war das Gerücht gegangen, daß der Prinz von Wales – derselbe Prinz, den ich eines Abends durch die offenen Fenster bei Miß Arabella im vollen Glanze der Jugend und Liebe gesehen – nach Neapel kommen würde und bei dieser Nachricht hatte Sir William eiligst ein Zimmer für ihn herrichten lassen. Der Prinz war aber nicht gekommen, dies Zimmer war zum Empfang eines Prinzen bereit geblieben und ich dachte, daß es weder zu gut, noch zu schön für den zukünftigen großen Mann Sir Williams sei. Ich bestimmte also das Zimmer des Prinzen von Wales für den Kapitän Nelson.

Der Zufall wollte, daß eines der schönsten Bilder, die Romney von mir gefertigt, sich in diesem Zimmer befand.

Als ich wieder in den Salon trat, war Sir William nicht mehr allein. Ein Offizier, der die Uniform der englischen Marine trug, war bei ihm.

Sobald ich eintrat, erhoben sich beide und kamen auf mich zu. Sir William stellte mir den Kapitän Nelson vor.

Wenn man an Ahnungen glauben dürfte, so würde ich hier erwähnen, daß ich, sei es infolge instinktiver Anziehung oder infolge der Eingenommenheit, die sich meiner nach dem, was Sir William mir mitgeteilt, bemächtigt, eine gewisse Bewegung empfand, als ich den Gruß des Kapitän Nelson erwiderte. Dennoch war, wie Sir William mir erzählt hatte, der Kapitän Nelson weit entfernt, ein schöner Mann zu sein.

Achtzehn Jahre sind seitdem verflossen und doch sehe ich ihn gerade noch so vor mir, wie an dem Tage, wo er mir vorgestellt ward und wo der Krieg ihn noch mit den Verstümmelungen verschont hatte, die er später erlitt.

Nelson war ein Mann von fünfunddreißig Jahren, von kleiner Statur mit bleichem Gesicht, blauen Augen, einer Habichtsnase, wie sie das Profil der Männer des Krieges auszeichnet, und mit dem scharf ausgeprägten Kinn, welches bis zur Hartnäckigkeit gesteigerte Zähigkeit andeutet. Sein Haar und Bart waren rotblond, das Haar dünn der Bart schlecht gewachsen.

Nelson küßte mir die Hand ziemlich linkisch, aber ziemlich galant. Es war leicht, in jedem seiner Worte den Seemann in der ganzen Bedeutung des Wortes zu erkennen, und man würde vergebens in ihm den englischen Gentleman gesucht haben, von welchem meine ersten Bekanntschaften mir noch einige Erinnerung gelassen hatten.

Man weiß bereits, welche Nachricht er brachte. Eine furchtbare Nachricht für Frankreich. Der erste Kriegshafen war den Engländern überliefert worden.

In Folgendem gebe ich kurz die Einzelheiten des Ereignisses, welches ich aus dem Munde des Kapitän Nelson selbst erfuhr.

Ich habe bereits gesagt, daß, wie wir wußten, drei verschiedene Parteien in Toulon existieren, die Jakobiner, die konstitutionellen Royalisten und die entschiedenen Royalisten.

Die beiden letzteren, welche sich gegen die Jakobiner verbündet hatten, warteten nur auf eine günstige Gelegenheit, um mit ihren Gegnern einen Kampf zu beginnen.

Diese Gelegenheit sollte sich bald bieten. Die Konstitution von 1793 war dekretiert worden und die Jakobiner hatten sie unter Pauken- und Trompetenschall in Toulon proklamieren lassen.

Eine allgemeine Gährung verbreitete sich in der ganzen Stadt infolge dieser Proklamation und die Konterrevolutionäre beschlossen, sich der Annahme der Konstitutionsakte zu widersetzen.

Die jakobinischen Behörden, welche voraussahen, was wohl geschehen würde, ließen ein Dekret anschlagen, in welchem man jedem mit der Todesstrafe drohte, der es wagen würde, die Eröffnung der Sessionen zu beantragen. Dieses Dekret brachte aber ganz die entgegengesetzte Wirkung von der, die man erwartet hatte, hervor. Jede der verbündeten Parteien strömte nämlich in Masse nach den Sektionen und der Eifer war so groß, daß man die Türen nicht öffnete, sondern einschlug.

In einem Augenblicke war die Gegenrevolution vollendet, die Papiere des Jakobinerklubs wurden genommen, die Hauptchefs der Gesellschaft arretiert und in die Gefängnisse gesetzt, aus welchen man die Royalisten befreite, um ihnen Platz zu machen.

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