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Tausend und Ein Gespenst

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Nun verwirrte dieselbe Luftspiegelung wieder den Geist Hoffmanns.

Diese hüpfende Frau, welche sich stufenweise beseelt hatte, wirkte auf ihn mit einer unwiderstehlichen Anziehungskraft. Sie hatte zum Schauplatze den ganzen Raum genommen, der das Piano von dem Alkoven trennte, und auf dem rothen Grunde des Vorhanges trat sie wie eine Erscheinung der Hölle hervor. Jedes Mal, daß sie aus dem Hintergrunde zu Hoffmann zurückkehrte, erhob sich Hoffmann auf seinem Stuhl; jedes Mal, wenn sie sich nach dem Hintergrunde entfernte, fühlte sich Hoffmann ihr nachgezogen. Endlich, ohne daß Hoffmann begriff, wie sich die Sache zutrüge, änderte sich der Tact unter seinen Fingern, er spielte nicht mehr die Melodie, welche er gehört hatte, sondern es war ein Walzer; dieser Walzer war der Sehnsuchtswalzer von Beethoven, er hatte sich wie ein Ausdruck seines Gedankens unter seine Finger gelegt. Arséne hatte gleichfalls den Tact gewechselt; sie drehte sich Anfangs um sich selbst; indem sie hierauf allmählig den Kreis erweiterte, den sie beschrieb, näherte sie sich Hoffmann; Hoffmann fühlte sie athemlos kommen, fühlte sie sich nähern; er sah ein, daß sie ihn bei dem letzten Kreise berühren, und daß er dann gezwungen sein würde, gleichfalls aufzustehen und Theil an diesem glühenden Walzer zu nehmen. Es waltete bei ihm zugleich Verlangen und Entsetzen ob. Endlich streckte Arséne im Vorüberkommen die Hand aus und berührte ihn mit den Fingerspitzen. Hoffmann stieß einen Schrei aus, sprang auf, wie als ob ein electrischer Funke ihn berührt hätte, stürzte der Tänzerin nach, holte sie ein, umschlang sie mit seinen Armen, indem er die in der Wirklichkeit unterbrochene Melodie in seinem Geiste fortsetzte, diesen Körper, der seine Elasticität wieder angenommen hatte, an sein Herz drückte, die Blicke ihrer Augen, den Hauch ihres Mundes einsog, wobei er mit seinem Athem diesen Hals, diese Schultern, diese Arme verschlang, sich nicht mehr in einer einzuathmenden Luft, sondern in einer Flammen-Atmosphäre drehte, welche, bis in die Tiefe der Brust der beiden Walzenden dringend, sie am Ende athemlos und in der Ohnmacht der Raserei auf das Bett warf, das sie erwartete.

Als Hoffmann am folgenden Morgen erwachte, war einer jener bleichen Wintertage von Paris angebrochen, und warf sein Licht durch den von dem Fenster abgerissenen Vorhang bis auf das Bett. Er blickte um sich, indem er nicht wußte, wo er wäre, und fühlte, daß eine leblose Masse auf seinem linken Arme lastete. Er neigte sich nach der Seite, wo die Erstarrung sein Herz erreichte, und erkannte neben ihm liegend, nicht mehr die schöne Tänzerin der Oper, sondern das bleiche junge Mädchen des Revolutionsplatzes.

Nun erinnerte er sich an Alles, zog unter diesem steifgewordenen Körper seinen erstarrten Arm hervor, und als er sah, daß dieser Körper regungslos blieb, ergriff er einen Armleuchter, auf welchem noch fünf Kerzen brannten, und bei dem doppelten Scheine des Tageslichts und der Kerzen bemerkte er, daß Arséne ohne Bewegung, bleich und mit geschlossenen Augen dalag.

Sein erster Gedanke war, daß die Ermüdung stärker als die Liebe, als das Verlangen, als der Wille gewesen wäre, und daß das junge Mädchen in Ohnmacht gesunken sei, Er ergriff ihre Hand, ihre Hand war eisig; er suchte das Klopfen ihres Herzens, ihr Herz schlug nicht mehr.

Nun stieg ein gräßlicher Gedanke in seinem Geiste auf; er hing sich an die Schnure einer Schelle, die in seinen Händen riß, indem er hierauf nach der Thüre zueilte, machte er sie auf, und stürzte die Stufen der Treppe mit dem Ausrufe hinab:

– Zu Hilfe! zu Hilfe!

Ein kleiner schwarzer Mann ging gerade in derselben Minute die Treppe hinauf, als Hoffmann hinabging. Er erhob den Kopf, Hoffmann stieß einen Schrei aus, er hatte den Arzt der Oper erkannt.

– Ah! Sie sind es, mein lieber Herr, sagte der Doctor, indem er Hoffmann gleichfalls erkannte, was gibt es denn und warum aller dieser Lärm?!

– O! kommen Sie, kommen Sie, sagte Hoffmann, indem er sich nicht die Mühe nahm, dem Arzte das zu erklären, was er von ihm erwartete, und in der Hoffnung, daß der Anblick der leblosen Arséne mehr Eindruck auf den Doctor machen würde, als alle seine Worte. – Kommen Sie!

Und er zog ihn in das Zimmer.

Indem er ihn hierauf mit der einen Hand nach dem Bette drängte, während er mit der andern den Armleuchter ergriff, den er dem Gesichte Arsénes näherte, sagte er:

– Da, sehen Sie!

Aber weit davon entfernt, daß der Arzt erschreckt schien, sagte er:

– Ab! das ist schön von Ihnen, junger Mann, das ist schön von Ihnen, diese Leiche zurückgekauft zu haben, damit sie nicht in der gemeinsamen Gruft vermoderte. Sehr schön! junger Mann, sehr schön!

– Diese Leiche. . . murmelte Hoffmann, zurückgekauft. . . die gemeinsame Gruft. . . was sagen Sie denn da, mein Gott!

– Ich sage, daß unsere arme Arséne, gestern Morgen um acht Uhr verhaftet, gestern Nachmittag um zwei Uhr verurtheilt, und gestern Abend um vier Uhr hingerichtet worden ist.

Hoffmann glaubte, daß er wahnsinnig werden würde; er packte den Doctor bei der Gurgel.

– Gestern um vier Uhr hingerichtet! rief er aus, indem er selbst erstickte, Arséne hingerichtet!

Und er brach in Gelächter aus, aber in ein so sonderbares, so schneidendes, so außer allen Veränderungen des menschlichen Gelächters liegendes Lachen, daß der Doctor fast erschreckt die Augen auf ihn heftete.

– Zweifeln Sie daran? fragte er.

– Wie! rief Hoffmann aus, ob ich daran zweifle. Ich glaube es wohl. Ich habe heute Nacht mit ihr gegessen, mit.ihr gewalzt, bei ihr geschlafen.

– Dann ist es ein sonderbarer Fall, den ich in den Jahrbüchern der Arzneikunde niederlegen werde, sagte der Doctor, und Sie werden dieses Protocoll unterschreiben, nicht wahr?

– Aber ich kann nicht unterschreiben, da ich Ihnen widerspreche, da ich sage, daß das unmöglich ist, da ich sage, daß dem nicht so ist!

– Ah! Sie sagen, daß dem nicht so ist, erwiderte der Doctor, Sie sagen das mir, dem Arzte der Gefängnisse, mir, der ich Alles gethan habe, was ich vermogt, um sie zu retten, und dem es nicht gelungen ist; mir, der ich am Fuße des Karrens von ihr Abschied genommen habe. Sie sagen, daß dem nicht so ist! Warten Sie!

Nun streckte der Arzt den Arm aus, drückte die kleine Feder in Diamanten, welche dem Halsbande von Sammet zur Spange diente, und zog den Sammet an sich.

Hoffmann stieß einen schrecklichen Schrei aus. Indem er aufhörte, durch das einzige Band, das ihn an die Schultern befestigte, fest gehalten zu werden, rollte der Kopf der Hingerichteten von dem Bette auf den Boden, und hörte erst an den Schuhen Hoffmanns auf zu rollen, wie der Feuerbrand erst an dem Fuße Arsénes angehalten hatte.

Der junge Mann that einen Sprung zurück und stürzte die Treppe hinab, indem er heulte:

– Ich bin wahnsinnig!

XXI.
Ein Hotel der Straße Saint-Honoré (Fortsetzung)

Der Ausruf Hoffmanns hatte nichts Uebertriebenes, die schwache Scheidewand, welche bei dem Dichter, der seine geistigen Kräfte über die Maßen anstrengt, die schwache Scheidewand, sagen wir, welche die Einbildungskraft von dem Wahnsinne trennt und zuweilen bereit scheint zu brechen, krachte in seinem Kopfe mit dem Geräusche einer Mauer, welche springt.

Aber zu jener Zeit lief man nicht lange in den Straßen von Paris, ohne zu sagen warum man liefe; die Pariser waren im Jahre der Gnade 1793 sehr neugierig geworden, und jedes Mal, wo ein Mann im Laufe vorüber kam, hielt man diesen Mann an, um zu wissen, wem er nachliefe, oder wer ihm nachliefe.

Man hielt also Hoffmann der Kirche zur Himmelfahrt gegenüber an, aus der man eine Hauptwache gemacht hatte, und führte ihn vor dem Commandanten des Postens.

Dort begriff Hoffmann die wirkliche Gefahr, welche er liefe; die Einen hielten ihn für einen Aristokraten, der seinen Anlauf nahm, um schneller die Gränze zu erreichen, Andere hielten für einen Agenten von Pitt und Coburg. Einige riefen: An die Laterne! was nicht angenehm war. Andere riefen: Vor das Revolutionstribunal! was noch weniger angenehm war. Man kam zuweilen von der Laterne davon, ein Beweis ist der Abbé Maury; von dem Revolutionstribunale niemals.

Nun versuchte Hoffmann das zu erklären, was ihm seit dem vorigen Abend zugestoßen wäre. Er erzählte das Spiel, den Gewinn. Wie er, seine Taschen voll Gold, nach der Straße Hannover geeilt wäre; wie die Frau, welche er suchte, nicht mehr dort war; wie er unter der Herrschaft der Leidenschaft welche ihn verzehrte, durch die Straßen von Paris gelaufen wäre, wie er, im Vorüberkommen über den Revolutionsplatz, diese Frau an dem Fuße der Guillotine sitzend gefunden hätte; wie er sie in ein Hotel der Straße Saint-Honoré geführt hätte, und wie er dort nach einer Nacht, während welcher sich alle Entzückungen einander gefolgt wären, in seinen Armen ruhend, eine nicht allein todte, sondern auch noch eine enthauptete Frau gefunden hätte.

Alles das war sehr unwahrscheinlich, die Erzählung Hoffmanns erlangte daher auch wenig Glauben; die am meisten für die Wahrheit Fanatischen schrieen Lüge, die am meisten Gemäßigten schrieen Wahnsinn.

Inzwischen eröffnete einer der Anwesenden folgende lichtvolle Meinung:

– Wie Sie sagen, haben Sie die Nacht in einem Hotel der Straße Saint-Honoré zugebracht?

– Ja.

– Sie haben dort Ihre Taschen voll Gold auf einem Tische ausgeleert?

– Ja.

– Sie haben dort mit der Frau geschlafen und zu Nacht gegessen, deren Kopf, indem er zu Ihren Füßen rollte, Ihnen den großen Schrecken verursacht hat, von dem Sie ergriffen waren, als wir Sie verhaftet haben?

– Ja.

– Nun denn! suchen wir das Hotel, man wird vielleicht das Gold nicht mehr finden, aber man wird die Frau finden.

– Ja, rief Jedermann aus, suchen wir, suchen wir.

Hoffmann hätte gern nicht suchen mögen; aber er war gezwungen, dem ungemessenen Willen zu gehorchen, der sich um ihn herum durch das Wort suchen wir ausdrückte.

 

Er verließ daher die Kirche, und fuhr fort die Straße Saint-Honoré hinabzugehen, indem er suchte.

Die Strecke von der Kirche zur Himmelfahrt bis nach der Straße Royal war nicht lang, und Hoffmann suchte indessen vergebens, anfangs nachlässiger Weise, dann mit mehr Aufmerksamkeit, dann endlich mit dem Willen zu finden, er fand Nichts, Nichts was ihn an das Hotel erinnerte, in welchem er am Abende zuvor eingekehrt war, in welchem er die Nacht zugebracht, und das er soeben verlassen hatte. Wie jene Feenpaläste, welche verschwinden, wenn der Maschinist ihrer nicht mehr bedarf, war das Hotel der Straße Saint-Honoré verschwunden, nachdem der höllische Auftritt, den wir zu schildern versucht haben, gespielt worden war.

Alles das war die Sache der Maulaffen nicht, die Hoffmann begleitet hatten, und die durchaus für ihre Störung irgend eine Auflösung haben wollten, nun aber konnte diese Auflösung nur die Entdeckung der Leiche Arsénes oder die Verhaftung Hoffmanns, als verdächtig, sein.

Da man nun aber die Leiche Arsénes nicht wieder fand, so war stark davon die Rede, Hoffmann zu verhaften, als dieser plötzlich auf der Straße den kleinen schwarzen Mann erblickte und ihn zu Hilfe rief, indem er sein Zeugniß für die Wahrheit der von ihm gemachten Erzählung forderte.

Die Stimme eines Arztes hat immer eine große Gewalt über die Menge. Dieser erklärte seinen Stand, und man ließ ihn sich Hoffmann nähern.

– Ah! armer junger Mann, sagte er, indem er ihn unter dem Vorwande, ihm den Puls zu fühlen, in der Wirklichkeit aber, um ihm durch einen besonderen Druck den Rath zu geben, ihm nicht zu widersprechen, bei der Hand ergriff, armer junger Mann, er ist also entwischt!

– Entwischt, von wo? entwischt, von was? riefen zwanzig Stimmen mit einander aus.

– Ja, entwischt, von wo? fragte Hoffmann, der den Weg der Rettung nicht annehmen wollte, den ihm der Doctor bot, und den er als erniedrigend betrachtete.

– Bei Gott! sagte der Arzt, aus dem Hospitale entwischt.

– Aus dem Hospitale! riefen dieselben Stimmen aus, und aus welchem Hospitale?

– Aus dem Narrenhospitale.

– Ah! Doctor, Doctor, rief Hoffmann aus, keinen Scherz.

– Der arme Teufel! rief der Doctor aus, ohne daß er auf Hoffmann zu hören schien, der arme Teufel wird auf dem Schaffotte irgend eine Frau verloren haben, die er liebte.

– O! ja, ja, sagte Hoffmann, ich liebte sie sehr, aber indessen nicht wie Antonia.

– Armer Mensch, sagten mehrere Frauen, welche sich anwesend befanden und die anfingen, Hoffmann zu bedauern.

– Ja, seit dieser Zeit, fuhr der Doctor fort, ist er von einem schrecklichen Blendwerke befallen; er glaubt zu spielen. . . er glaubt zu gewinnen. . . Wenn er gespielt und wenn er gewonnen hat. so glaubt er, die besitzen zu können, welche er liebt; dann läuft er mit seinem Golde durch die Straßen; dann begegnet er einer Frau an dem Fuße der Guillotine; dann führt er sie in irgend einen prachtvollen Palast, in irgend ein glänzendes Wirthshaus, wo er die Nacht mit Trinken, mit Singen, mit Musikmachen zubringt, worauf er sie todt findet. Ist es nicht das, was er Ihnen erzählt hat?

– Ja, ja, rief die Menge aus, – Wort für Wort.

– Nun denn! nun denn! sagte Hoffmann mit funkelndem Blicke, werden Sie etwa sagen, daß das nicht wahr ist, Doctor? – Sie, der Sie die Diamantenspange aufgemacht haben, welche das Halsband von Sammet verschloß. O! ich hätte irgend etwas ahnen sollen, als ich den Champagner unter dem Halsbande hervortröpfeln, als ich den brennenden Feuerbrand auf ihren nackten Fuß rollen sah, und ihr nackter Fuß, ihr Todtenfuß, statt von dem Feuerbrande verbrannt zu werden, – ihn auslöschte.

– Sie sehen, Sie sehen, sagte der Doctor mit Augen voll Mitleiden und mit klagender Stimme, – da befällt ihn sein Wahnsinn wieder.

– Wie, mein Wahnsinn! rief Hoffmann aus; wie, Sie wagen zu sagen, daß ich nicht die Nacht mit Arséne zugebracht habe, die gestern guillotinirt worden ist! Sie wagen zu sagen, daß ihr Halsband von Sammet nicht das einzige war, was ihren Kopf auf ihren Schultern fest hielt? Sie wagen zu sagen, daß der Kopf nicht auf den Teppich gerollt ist, als Sie die Spange aufgemacht, und das Halsband weggezogen haben? – Gehen Sie doch, Doctor, gehen Sie doch, Sie wissen wohl, daß das wahr ist, was ich sage.

– Meine Freunde, sagte der Doctor, Sie sind jetzt fest überzeugt, nicht wahr?

– Ja, ja, riefen die Hundert Stimmen der Menge aus.

Die der Anwesenden, welche nicht riefen, bewegten schwermüthig den Kopf zum Zeichen der Zustimmung.

– Nun denn! sagte der Doctor, dann lassen Sie einen Fiaker kommen, damit ich ihn zurückführe.

– Wohin das? rief Hoffmann aus, wohin wollen Sie mich zurückführen?

– Wohin? sagte der Doctor, nach dem Narrenhause, aus dem Sie entwischt sind, mein lieber Freund.

Dann fügte er leise hinzu:

– Lassen Sie mich machen, Sapperment! oder ich stehe nicht für Sie. Diese Leute werden glauben, daß Sie Sich über sie lustig gemacht haben, und sie werden Sie in Stücken zerreißen.

Hoffmann stieß einen Seufzer aus und ließ seine Arme herabsinken.

– Da, Sie sehen wohl, sagte der Doctor, jetzt ist er sanft wie ein Lamm. Die Krisis ist vorüber. . . ruhig, mein Freund, ruhig. . .

Und der Doctor schien Hoffmann mit der Hand zu beruhigen, wie man ein scheues Pferd oder einen rasenden Hund beruhigt.

Während dieser Zeit hatte man einen Fiaker angehalten und ihn hergeführt.

– Steigen Sie geschwind ein, sagte der Arzt zu Hoffmann.

Hoffmann gehorchte; alle seine Kräfte waren in diesem Kampfe abgestumpft.

– Nach Bicétre! sagte der Doctor laut, indem er hinter Hoffmann einstieg.

Dann sagte er leise zu dem jungen Manne:

– Wo wollen Sie, daß man Sie hinführt?

– Nach dem Palais Egalité, äußerte Hoffmann mit Mühe.

– Vorwärts, Kutscher! rief der Doctor.

Dann grüßte er die Menge.

– Es lebe der Doctor! rief die Menge.

Wenn sie unter der Herrschaft einer Leidenschaft ist, so muß die Menge immer es lebe Jemand oder es sterbe Jemand rufen.

An dem Palais Egalité ließ der Doctor den Fiaker halten.

– Leben Sie wohl, junger Mann, sagte der Doctor zu Hoffmann, und wenn Sie mir folgen wollen, so reisen Sie so schnell als möglich nach Deutschland ab; für Leute, die eine Einbildungskraft, wie Sie, haben, ist es nicht gut in Frankreich.

Und er schob Hoffmann aus dem Fiaker, der, noch ganz verblüfft über das, was ihm begegnet, geraden Weges vor einen Karren ging, der von der entgegengesetzten Seite des Fiakers kam, wenn nicht ein junger Mann, der vorüberging, herbeigestürzt wäre und Hoffmann in dem Augenblicke in seinen Armen zurückgehalten hätte, wo der Fuhrmann gleichfalls eine Anstrengung machte, um seine Pferde zurückzuhalten.

Der Fiaker setzte seinen Weg fort.

Die beiden jungen Leute, der, welcher beinahe gefallen wäre, und der, welcher ihn zurückgehalten hatte, stießen mit einander ein und denselben Ausruf aus:

– Hoffmann!

– Werner!

Als er hierauf die Abspannung sah, in welcher sich sein Freund befand, zog ihn Werner in den Garten des Palais Royal.

Nun stieg der Gedanke an alles Das, was sich zugetragen hatte, lebhafter in Hoffmanns Gedächtnisse auf, und er erinnerte sich an das bei dem deutschen Wechsler versetzte Medaillon Antonias.

Sogleich stieß er einen Schrei aus, indem er daran dachte, daß er alle seine Taschen auf dem Marmortische des Hotels geleert hätte. Aber zu gleicher Zeit erinnerte er sich, daß er, um es wieder auszulösen, drei Louisd'or abgesondert in seine Uhrtasche gesteckt hätte.

Die Uhrtasche hatte getreulich das ihr anvertraute bewahrt; die drei Louisd'or befanden sich noch immer darin, Hoffmann entschlüpfte den Armen Werners, indem er ihm zurief: Erwarte mich! und er eilte in der Richtung von dem Laden des Wechslers davon.

Mit jedem Schritte, den er that, schien es ihm, als ob er aus einem dichten Dunste kommend, durch eine immer Heller werdende Wolke nach einer reinen und glänzen, den Atmosphäre zuschritte.

An der Thür des Wechslers blieb er.stehen, um Athem zu schöpfen; die alte Erscheinung, die Erscheinung der Nacht war fast verschwunden.

Er schöpfte einen Augenblick lang wieder Athem und trat ein.

Der Wechsler war an seinem Platze, die kupfernen Becken waren an ihrem Platze, die Louisd'or waren an ihrem Platze.

Bei dem Geräusche, welches Hoffmann beim Eintritte machte, erhob der Wechsler den Kopf.

– Ah, ah! sagte er, Sie sind es, mein junger Landsmann; meiner Treue, ich gestehe, daß ich nicht darauf rechnete sie wiederzusehen.

– Ich hoffe, daß Sie mir das nicht sagen, weil Sie über das Medaillon verfügt haben, rief Hoffmann aus.

– Nein, ich hatte Ihnen versprochen, es Ihnen aufzubewahren, und wenn man mir fünfundzwanzig Louisd'or, statt der drei, welche Sie mir schuldig sind, dafür gegeben hätte, so hätte das Medaillon dennoch meinen Laden nicht verlassen.

– Hier sind die drei Louisd'or, sagte Hoffmann schüchterner Weise; aber ich gestehe Ihnen, daß ich Ihnen Nichts für die Zinsen anzubieten habe.

– Für die Zinsen einer Nacht, sagte der Wechsler, gehen Sie doch, Sie wollen scherzen; die Zinsen von drei Louisd'or für eine Nacht, und von einem Landsmanne! Niemals.

Und er gab ihm das Medaillon zurück.

– Ich danke, mein Herr, sagte Hoffmann, und jetzt, fuhr er mit einem Seufzer fort, gehe ich Geld zu suchen, um nach Mannheim zurückzukehren.

– Nach Mannheim, sagte der Wechsler, ei, Sie sind von Mannheim?

– Nein, mein Herr, ich bin nicht von Mannheim, aber ich bewohne Mannheim, meine Braut ist in Mannheim; sie erwartet mich, und ich kehre nach Mannheim zurück, um sie zu heirathen.

– Ah! äußerte der Wechsler.

Dann, als der junge Mann bereits die Hand auf dem Drücker der Thüre hatte, sagte der Wechsler:

– Kennen Sie in Mannheim einen meiner alten Freunde, einen alten Musiker?

– Namens Gottlieb Murr? rief Hoffmann aus.

– Ganz recht, Sie kennen ihn?

– Ob ich ihn^kenne! Ich glaube es wohl, da seine Tochter meine Braut ist.

– Antonia! rief nun der Wechsler aus.

– Ja, Antonia, antwortete Hoffmann.

– Wie, junger Mann, um Antonia zu heirathen, kehrten Sie nach Mannheim zurück?

– Ohne Zweifel.

– Dann bleiben Sie in Paris, denn Sie würden eine vergebliche Reise machen.

– Warum das?

– Weil hier ein Brief von ihrem Vater ist, der mir meldet, daß Antonia vor acht Tagen um drei Uhr Nachmittags plötzlich gestorben ist, indem sie die Harfe spielte.

Das war gerade der Tag, an welchem Hoffmann zu Arséne gegangen war, um ihr Portrait zu malen; das war gerade die Stunde, zu welcher er seine Lippen auf ihre entblößten Schultern gedrückt hatte.

Bleich, zitternd, vernichtet, machte Hoffmann das Medaillon auf, um das Bild Antonias an seine Lippen zu drücken, aber das Elfenbein war wieder eben so rein und eben so weiß geworden, als ob der Pinsel des Künstlers es noch nicht berührt gehabt hätte.

Zwei Male seinem Schwure ungetreu, blieb Hoffmann nichts mehr von Antonia, nicht einmal das Bild derjenigen, welcher er ewige Liebe geschworen hatte.

Zwei Stunden nachher stieg Hoffmann von Werner und dem guten Wechsler begleitet in den Wagen nach Mannheim, wo er gerade zu rechter Zeit ankam, um die Leiche Gottlieb Murrs auf den Friedhof zu begleiten, der sterbend anempfohlen hatte, daß man ihn zur Seite seiner theuren Antonia begraben möchte.

Ende des fünften Bandes, und der ersten Abtheilung der Gespenster
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