Die göttliche Komödie

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Vierter Gesang

Es brach den tiefen Schlaf in meinem Haupte

Ein Donnerschlag, von dem ich jäh emporfuhr,

Gleich einem, den gewaltsam man erwecket.

Das ausgeruhte Auge ließ ich schweifen!

Grad' aufgerichtet schaut' ich in die Runde,

Den Ort, wo ich verweilte, zu erforschen.

In Wahrheit fand ich mich am jähen Absturz

Des tränenreichen Tal's der Unterwelt,

Aus dem unnennbar'n Schmerzes Wehruf aufstieg.

So qualmerfüllt, so dunkel und so tief war's,

Daß ich, wie sehr ich auch das Auge schärfte,

In seinem Grunde nichts erkennen konnte.

Laß denn zur blinden Welt uns niedersteigen!

Begann der Meister mit verstörtem Antlitz,

Voraufgehn will ich, und sei du der zweite

Und weil ich seine Blässe wahrgenommen,

Sagt' ich: Wie soll ich folgen, wenn Du zagest,

Der meinem Zweifel sonst Beruh'gung bringt?

Er aber sprach: Die Seelenpein der Geister

In diesem Kerker malt auf meine Wangen

Des Mitleid's Farbe, welche du für Furcht hältst.

Auf denn! Zur Eile treibt des Weges Länge

So schritt er vor, so ließ er mich betreten

Der Kreise ersten, die du Abgrund gürten.

Hier war, so viel als meinem Ohr vernehmlich,

Kein Weheklagen, sondern nur ein Seufzen,

Das jene ew'ge Luft erbeben machte:

Gram ohne Qualen war des Seufzens Ursach,

Der auf den Scharen all, die viel und zahlreich,

Von Kindern, Frau'n und Männern, ewig lastet.

Mein Meister sprach: Du unterläßt zu fragen,

Was es für Geister sind, die du hier siehest;

Doch sollst Du, eh wir weiter gehn, vernehmen,

Daß sie nicht sündigten. Und wenn Verdienste

Sie hatten, g'nügt es nicht, weil ohne Taufe

Sie starben, welche deines Glaubens Teil ist.

Und lebten sie noch vor dem Christentume,

So beteten zu Gott sie falscher Weise;

Und diesen bin ich selber beizuzählen.

Ob solchen Mangels, nicht ob andren Fehles,

Sind wir verloren, und nur dadurch leidend,

Daß, ohne Hoffnung, wir in Sehnsucht leben.

Als ich's vernommen, faßte tiefer Schmerz mich

Denn ich begriff, wie Seelen höchsten Wertes

In dieses Vorhofs Mittelzustand schwebten.

Sag' an, mein Meister, sage mein Gebieter,

Begann ich, um Bestätigung zu finden

Des Glaubens, welcher jeden Wahn vernichtet:

Ward einer je von hier befreit und selig

Durch fremdes, oder eigenes Verdienst?

Und er, verstehend die verhüllte Rede,

Entgegnete: Noch neu in diesem Zustand

War ich, als ein Gewaltiger daher kam,

Um dessen Haupt sich Siegeszeichen wanden.

Er raubte uns des ersten Vaters Schatten

Und Abel seinen Sohn, Noah und Moses,

Der die Gesetze schrieb, und doch gehorchte,

Abra'm den Patriarchen, König David,

Israel mit dem Vater und den Kindern

Und Rahel auch, um die er lang geworben,

Viel andre noch, und alle macht' er selig.

Doch wissen sollst du, daß niemals vor ihnen

Die Seele eines Menschen ward errettet.

Nicht hemmten, weil er sprach, wir uns're Schritte

Rastlos durchschritten wir vielmehr den Wald;

Ich sage, Wald, von ungezählten Schatten.

Und als wir lange Zeit noch nicht gegangen

Seit mich der Schlaf befiel, sah ich ein Feuer,

Das eine Finsternishalbkugel hellte.

Obwohl noch mäß'ge Fern' uns von ihm trennte,

So glaubt' ich dennoch sicher zu erkennen,

Daß auserles'ne Seelen dort verweilten.

O Meister, der du Wissenschaft und Kunst ehrst

Warum genießen diese solches Vorrecht,

Das von dem Los der übrigen sie sondert?

Drauf er zu mir: Der ehrenvolle Namen,

Der ihnen nachklingt dort im Erdenleben,

Gewinnet solche Gunst im Himmel ihnen.

Da hört' ich einer Stimme Ruf erschallen:

Erweiset dem erhabnen Dichter Ehre!

Sein Schatten kehrt zurück, der uns verlassen.

Als nun die Stimme schwieg und nicht mehr tönte,

Sah ich vier hohe Schatten sich uns nahn;

Ihr Antlitz zeigte Trauer nicht, noch Freude.

Mein Meister aber sagte rasch zu mir:

Sieh jenen mit dem Schwert in seiner Hand,

Der vor den andren hergeht als ihr Meister!

Das ist Homer, der königliche Dichter

Der zweit' ist der Satiriker Horaz,

Als dritter folgt Ovid, Lucan als letzter.

Weil jeder nun mit mir den Namen teilt,

Den du die Einzelstimme nennen hörtest,

Tun sie mir Ehr' an, und so ist's geziemend.

So sah versammelt ich die schöne Schule

Der Meister des erhabensten Gesanges,

Der ob den andren, gleich dem Adler, fliegt.

Als miteinander etwas sie gesprochen,

Da wandten sie zu mir sich, freundlich grüßend;

Mein Meister aber lächelte darob.

Und mehr der Ehr' erzeigten sie mir noch;

Denn ihrer Schar gesellten sie mich zu,

So daß ich Sechster ward im Kreis der Weisen.

Inzwischen näherten wir uns der Flamme,

Und sprachen, was sich zu verschweigen ziemet,

So wie sich's ziemte, dort es zu besprechen.

Zum Fuße einer stolzen Burg gedieh'n wir,

Die siebenfache Mauern rings beschließen

Und die zur Wehr ein schöner Bach umgibt.

Den überschritten wir gleich festem Boden;

Durch sieben Tore traten dann wir ein

Und fanden uns auf frisch begrünter Matte.

Die Geister dort, sie blickten ernst und ruhig,

Es lag in ihrem Ausdruck hohe Würde,

Sie sprachen selten und mit sanfter Stimme.

Wir wählten einen Platz, der licht und offen

Zur Seite sich erhob, so daß von dort aus

Wir all die Scharen deutlich überschauten.

Uns gegenüber auf dem grünen Teppich

Wies mir mein Führer dann die großen Geister;

Weshalb ich noch mich rühm, und glücklich preise.

Elektra sah ich unter viel Gefährten,

Wovon Aeneas ich erkannt' und Hektor,

Cäsar im Waffenschmuck mit Falkenaugen.

Ich sah Cammilla und Penthesilea,

Latinus auch den König, und die Tochter

Lavinia, welche fern den andren saßen.

Den Brutus sah ich, der Tarquin vertrieben,

Lucretia, Julia, Martia und Cornelia,

Und einsam und abseits den Saladin.

Als etwas höher ich die Wimper hob,

Sah ich den Meister aller die da wissen,

Umgeben rings von Philosophen-Schülern;

Auf ihn nur schauen ehrerbietig alle.

Hier sah ich Sokrates sowohl als Plato,

Die vor den andren ihm am nächsten stehn.

Auch Demokrit, dem alles gilt für Zufall,

Und Thales, Anaxagoras, wie Zeno,

Empedokles und Heraklit, den dunklen,

Diogenes und Dioskorides,

Heilsamer Pflanzen Sammler, Orpheus, Linus,

Cicero, Seneca, den Sittenlehrer,

Euklid, den Geometer, Ptolemäus,

Hippokrates, Galen und Avicenna,

Averroës, den großen Kommentator.

Unmöglich kann ich einzeln alle nennen.

Zur Kürze treibt so sehr des Stoffes Länge,

Daß dem Geseh'nen oft mein Wort nicht nachkommt.

Die Sechsgesellschaft mindert sich auf Zweie,

Und andre Pfade wählt der weise Führer.

Aus ruh'ger Luft komm' ich in die bewegte,

In ein Gebiet, wo nichts mehr ist, das leuchtet.

Fünfter Gesang

So stieg ich nieder von dem ersten Kreise

Zum zweiten, der gering'ren Raum umfaßt,

Doch um so größ're Qual, die Klagen auspreßt.

Graunvoll steht Minos hier und fletscht die Zähne,

Er prüft die Sünder einzeln, wie sie kommen,

Verurteilt sie, und bannt sie durch Umwinden.

Ich sage: wenn die schlimmgeborne Seele

Ihm gegenübersteht, bekennt sie alles;

Er aber, als ein Kenner jeder Sünde,

Erwäget, welcher Höllenplatz ihr zukommt:

Umwindet mit dem Schwanz so manches Mal sich,

Als Stufen sind, die sie soll niedersteigen.

Gar viele stehn vor ihm zu jeder Zeit,

Und nacheinander gehn sie in's Gerichte,

Bekennen, hören, wenden sich zur Tiefe.

Du, der da kommt zum schmerzensvollen Hause,

Sprach Minos, als er mich erblickt, zu mir,

Des Richteramtes Übung unterbrechend,

Sieh, was du tust, und wem du dich vertrauest;

Laß dich nicht täuschen durch des Eintritt's Weite.

Mein Meister sagte drauf: Was soll dein Schelten?

Verhindre nicht die vorbestimmte Reise.

So will man's droben, wo jedwedes Wollen

Zugleich ein Können ist; nicht frage weiter.

Doch nun beginnen herben Schmerzes Laute

Vernehmlich mir zu werden; nun gelang ich

Dahin, wo vieles Wehgeschrei mein Ohr trifft.

Verstummt war alles Licht in diesem Raume,

Der gleich dem sturmbewegten Meere brüllet,

Wenn es die Wind' im Widerstreit bekämpfen.

Der höllische Orkan, der nimmer nachläßt,

Erfaßt mit seiner Windsbraut diese Geister,

Wirft qualvoll sie umher, stößt sie zusammen.

Wenn sie alsdann zum Absturz hingelangt sind,

 

So schrei'n sie laut, wehklagend unter Tränen,

Und lästern Gott zugleich und seine Allmacht.

Und ich erfuhr, es sei'n zu solchen Qualen

Verurteilt, die in Fleischeslust gesündigt,

Weil die Vernunft dem Trieb sie unterworfen.

Und wie zur kalten Zeit ihr Flügelpaar

Die Stare hinführt in gedrängter Menge,

So führt der Windshauch hier die argen Geister.

Er jagt sie hin und her, hinauf, hinab,

Und keine Hoffnung bietet ihnen Trost

Geringrer Pein, geschweige denn der Ruhe.

Gleich wie die Kraniche wehklagend ziehn,

Und lange Streifen in der Luft beschreiben,

So sah, getragen von der Macht des Windes,

Ich eine Schar mir nahn mit lautem Weinen.

Zu meinem Meister sagt' ich drum: Wer sind

Die Schatten, die die schwarze Luft so geißelt?

Die vorderste der Schar, von welcher Kunde

Du wünsch'st, entgegnete darauf mir jener,

Beherrschte Völker von gar vielen Sprachen

Der Wollust Laster war sie so ergeben,

Daß durch Gesetz sie jede Lust erlaubte,

Die Schmach zu tilgen, welcher sie verfallen.

Sie ist Semiramis, von der wir lesen,

Daß sie, des Ninus Gattin, ihn beerbte.

Das Land beherrschte sie, das jetzt des Sultan's.

Die nun folgt, ist's die sich aus Lieb' ermordet

Und Treu' gebrochen des Sichäus Asche.

Dann kommt Cleopatra, die glutentbrannte.

Helena sah ich, die so langes Unheil

Verursacht, und Achilles auch, den großen,

Der noch zuletzt mit Liebe kämpfen mußte.

Paris und Tristan und wohl tausend zeigte

Virgil, sie mir benennend, mit dem Finger,

Die uns'rer Welt die Lieb entrissen hat.

Als mir die Frau'n der Vorzeit und die Ritter

Namhaft gemacht von meinem Meister waren,

Ergriff mich Mitleid, daß ich kaum bewußt blieb.

Drauf sagt' ich zu dem Führer: Gern spräch ich

Mit jenen Zwei'n, die sich zusammenhalten,

Und die so leicht bewegt vom Wind' erscheinen.

Und er darauf: Beschwörst du, wenn erst näher

Sie uns gekommen sind, sie bei der Liebe,

Die sie vereint, so zweifle nicht, sie kommen.

Sobald der Wind sie zu uns hergewendet,

Erhob die Stimm' ich: Schmerzbeladene Seelen,

Ist's nicht verwehrt, so kommt, mit uns zu reden.

Wie Tauben, die, gerufen vom Verlangen

Zum süßen Nest, mit ausgespannten Schwingen

Die Luft durchschneiden, so sah ich die beiden,

Kraft ihres Willens, durch die schlimme Luft

Sich aus der Schar, wo Dido weilt, uns nahen;

So wirksam war mein anteilvolles Rufen.

O wohlgesinntes, liebereiches Wesen,

Das du, die Nacht der Unterwelt durchwandelnd,

Uns heimsuchst, die mit Blut die Erde färbten,

Wär' unser Freund des Weltgebäudes König,

So wollten wir ihn flehn um deinen Frieden,

Weil du mit uns'rem Elend Mitleid fühlest.

Anhören und euch sagen woll'n wir alles,

Was du zu reden und zu hören wünschest,

So lang der Wind noch, wie er itzt tut, schweiget.

Gelegen ist der Ort, wo ich geboren,

Am Meeresstrand, zu dem der Po hinabsteigt,

Um mit den Nebenflüssen Ruh' zu finden.

Die Liebe, leicht entflammend edle Herzen,

Entflammte diesen für den schönen Körper,

Der mir geraubt ward, und das wie quält noch mich.

Die Liebe, die zur Gegenliebe nötigt,

Ließ mich an ihm solch Wohlgefallen finden,

Daß, wie du siehst, sie noch nicht von mir abläßt.

Die Liebe führt' uns zu vereintem Tode;

Caïna wartet des, der uns gemordet.

So lautete, was sie zu uns gesprochen.

Als die unsel'gen Geister ich vernommen,

Senkt' ich das Haupt, und hielt es so geneiget

Bis mir der Meister sagte: Nun, was sinnst du?

Darauf erwidernd, hub ich an: O Himmel,

Wie mancher stille Liebeswunsch, wie manches

Verlangen führte sie zum Schritt voll Schmerzes!

Dann wendet' ich mich ihnen zu und sagte:

Francesca, deiner Qualen Anblick macht

Vor Trauer mich und vor Mitleiden weinen.

Doch sage mir, zur Zeit der süßen Seufzer,

An was und wie gestattete dir Amor,

Das schüchterne Verlangen zu erkennen?

Drauf sagte sie zu mir: Kein Schmerz ist größer,

Als sich der Zeit des Glückes zu erinnern,

Wenn man in Elend ist; das weiß dein Lehrer.

Heg'st du jedoch, die Wurzel uns'rer Liebe

Zu erkennen, solch entschiedenes Verlangen,

So werd' ich tun, wie wer im Reden weinet:

Wir lasen eines Tages zum Vergnügen

Von Lanzelot, wie Liebe ihn umstrickte,

Allein und unbeargwohnt waren wir.

Oft hieß des Buches Inhalt uns einander

Scheu ansehn und verfärbte unsre Wangen;

Doch nur ein Punkt war's, welcher uns bewältigt.

Denn als wir, wie das langersehnte Lächeln

Von solchem Liebenden geküßt ward, lasen,

Da küßte, dem vereint ich ewig bleibe,

Am ganzen Leibe zitternd, mir den Mund.

Zum Kuppler ward das Buch und der's geschrieben.

An jenem Tage lasen wir nicht weiter.

Und während so der eine Schatten sprach,

Vergoß der andre solchen Strom von Tränen,

Daß ich ohnmächtig ward, wie wen ich stürbe,

Und nieder fiel ich, wie ein toter Körper.

Sechster Gesang

Bei des Bewußtseins Rückkehr, welches Mitleid

Mit den zwei Schwägern mir genommen hatte

Und mir das Herz erfüllt mit Traurigkeit,

Seh' ringsum neue Qualen ich und neue

Gequälte, wohin auch den Blick ich wende,

Wohin ich schaue und wohin mich kehre.

Ich bin im dritten Kreise, dem des ewgen,

Verwünschten, kalten, qualenvollen Regens,

Des Art und Weise nimmer sich verändert.

Grobkörn'ger Hagel, Schnee und trübes Wasser

Fällt rastlos durch die finstre Luft hernieder;

Der Boden stinkt, der solch Gemenge aufnimmt.

Und Cerberus, das Untier sondergleichen,

Bellt aus drei Rachen, so wie Hunde pflegen,

Die Schatten an, die dort am Boden liegen.

Rot ist sein Auge, schwarz der Bart und schmierig,

Der Bauch geschwollen, krallig sind die Hände;

Er kratzt die Geister, schindet und zerfleischt sie.

Der Regen macht sie heulen als wie Hunde;

Oft wenden sich die elenden Verfluchten,

Daß eine Seite Schutz der andern biete.

Als Cerberus uns sah, der große Wurm,

Riß er die Rachen auf, zeigt' uns die Zähne,

Und seiner Glieder keines hielt er stille.

Mein Meister öffnete die beiden Hände,

Griff Erdreich auf, und mit gefüllten Fäusten

Warf er hinein es in die gier'gen Schlünde.

Dem Hunde gleich, der im Heißhunger belfernd,

Wenn er den Fraß gepackt hat, sich beruhigt,

Und ihn nur zu verschlingen strebt und trachtet,

So wandelten sich die unsaubern Schnauzen

Des Teufels Cerberus, der jene Seelen

So anbellt, daß sie wünschten taub zu sein.

Fort ging es durch die Schatten, die der Regen

Danieder hält; es traten uns're Sohlen

Auf ihre Nichtigkeit, die Wesen scheinet.

Sie lagen hingestreckt am Boden alle;

Nur einer richtete sich eilend auf,

Als er uns sah, wie wir vorübergingen.

Der du geführet wirst durch diese Hölle,

Erkenne mich, sprach er, wenn du's vermagst;

Begann dein Leben doch, eh mein's geendet.

Ich sagte drauf: Die Qual, die du erduldest,

Entfremdet dich vielleicht so der Erinnerung,

Daß es mich dünkt, ich sah zuvor dich nimmer.

Doch nenne dich, dem solch unsel'ge Stelle

Beschieden ist, und eine Strafe, welche,

Wenn größer nicht, doch ekler ist als alle.

Drauf sagt' er: Deine Stadt, die so von Neide,

Erfüllt ist, daß der Sack zu bersten droht,

Umfaßte mich dereinst im lichten Leben.

Ihr Stadtgenossen nanntet mich nur Ciacco,

Weil ich ergeben war der Schlemmerei,

Und wie du siehst, zernagt mich itzt der Regen.

Auch bin ich nicht allein hier, so zu trauern;

Nein, alle dulden wir die gleiche Strafe

Aus gleicher Ursach. Und damit verstummt' er.

Ich sagte drauf: O Ciacco, deine Qual

Rührt mich so sehr, daß ich dem Weinen nah bin;

Doch sage mir, wenn du es weißt, welch' Ende

Der zwiegespalt'nen Bürger Streit nimmt, sage,

Ob einer dort gerecht ist, und warum

Die Stadt von solcher Zwietracht ist befallen.

Darauf erwidert' er: Nach langem Hader

Fließt endlich Blut, und die Partei der Fremden

Vertreibt die andre, vielfach sie beschäd'gend.

Dann, eh' drei Jahre schwinden, fällt sie wieder,

Und jene andre trägt den Sieg davon

Durch dessen Hilfe, der jetzt noch laviert.

Hoch wird sie lange Zeit die Stirne tragen,

Und schwere Last auf die besiegte häufen,

Wie groß für diese Scham und Schmerz auch seien.

Gerecht sind zwei; doch unverstanden sind sie.

Die Funken, welche jedes Herz entzündet,

Sind Neid und Geiz mit Hochmut im Vereine.

Hier endet' er die schmerzensvolle Rede.

Ich aber sprach: Belehre mich noch weiter

Und schenke mir noch mehr von deiner Rede:

Tegghiaio und Farinata, jene Wack'ren

Jacopo Rusticucci, Arrigo, Mosca,

Die andren auch, die recht zu handeln strebten:

Sag' an, wo sind sie? Laß mich sie erkennen;

Denn groß Verlangen heg' ich, zu vernehmen,

Ob Höllengift, ob Himmelssüß' ihr Los ist.

Und er darauf: Verschiedenart'ge Schuld

Stieß tiefer sie hinab zu schwärz'ren Schatten;

Steigst du so weit hinab, kannst du sie sehen.

Doch, bist du heimgekehrt zur schönen Welt,

So rufe mich den Leuten ins Gedächtnis.

Mehr sag' ich nicht, noch geb' ich weiter Antwort.

Den graden Blick verdreht' er nun zum Schielen;

Sach mich ein Weilchen an, den Kopf dann senkt' er

Und fiel zu Boden gleich den andren Blinden.

Der Meister sprach: Der steht nicht wieder auf

Bis die Posaun' am letzten Tag' ertönet,

Und die Gewalt erscheint, die ihnen feindlich.

Sein unheilvolles Grab sucht jeder dann,

Sein Fleisch und sein Gebein nimmt er zurück,

Was ewig wiederhallen wird, zu hören.

Indes durchgingen wir langsamen Schrittes

Der Schatten und des Regens schmutz'ge Mischung,

Das künft'ge Leben im Gespräch berührend.

Den Meister fragt ich: Werden diese Qualen

Noch wachsen nach dem großen Richterspruch,

Wird Mind'rung folgen, oder gleich sie bleiben?

Drauf er: Gedenke deiner Wissenschaft,

Die jedem Ding, im Maß als es vollkommner,

Mehr Sinn für Freuden, wie für Schmerzen beimißt.

Ob niemals gleich dies fluchbeladene Volk

Zu wirklicher Vollkommenheit gelangt,

Wird wesenhafter doch nach jenem Tag' es.

In weitem Bogen gingen wir die Straße,

Besprechend manches, das ich nicht berichte.

Und angelanget, wo der Weg hinabführt,

Erblickten Pluto wir, den großen Feind.

Siebenter Gesang

Pape, Satan, Pape Satan, Aleppe!

So hub mit rauher Stimme Pluto an;

Doch, alles wohlerkennend, sprach der Weise

Mir gütig zu: Laß nimmer dich von Furcht

Beirren; denn, wie groß auch seine Macht sei,

Wird sie des Felsens Abstieg dir nicht rauben.

Dann wandt' er sich zu dem geduns'nen Antlitz

Und sagte: Schweig vermaledeiter Wolf!

Verzehre deine Wut im eignen Herzen.

Nicht Willkür heißt zur Nacht uns niedersteigen;

Dort oben will man es, wo Michael

Des Hochmuts Hurerei zu rächen wußte.

 

Wie Segel, aufgebläht vom günstigen Winde,

Zusammenfallen, wenn der Mast zerbricht,

So fiel zu Boden dieses grimme Untier.

Wir aber gingen ein zur vierten Lache,

Das Ufer voller Schmerz noch mehr umkreisend,

Das alles Weh der Welt in sich begreift.

O göttliche Gerechtigkeit, wer häufte

Die Strafen all, die Qual auf, die ich sah?

Warum schafft unsre Schuld uns solche Leiden?

Wie dort an der Charybdis eine Welle

Sich an der andern bricht, auf die sie stößt,

So wirbelten die Schatten hier zusammen.

Des Volkes mehr als anderwärts noch sah ich,

Das, mit der Brust sich gegenstemmend, Lasten

Von beiden Seiten wälzte mit Geheule.

Sie stießen aufeinander, und dann wandte

Zur Stelle jeder sich und wälzte rückwärts

»Was hältst du fest?« »Was wirfst du von dir?« rufend.

So kehrten zum entgegenstehenden Punkte

Im dunklen Kreis' allseitig sie zurück,

Das Lied des Hohns sich unablässig singend.

Und wer durchmessen seinen Halbkreis, drehte

Zu neuem Aufeinanderstoß sich um.

Ich, dessen Herz von Mitleid fast durchbohrt war,

Begann: O Meister jetzt verkünde mir,

Wer diese sind, und ob die Tonsurierten

Zu unsrer Linken alle geistlich waren?

Drauf er: Im ersten Leben waren alle

So geistig blind, daß sie nichts ausgegeben,

Wobei das rechte Maß sie eingehalten.

Ihr eigner Ruf gibt dessen bellend Kunde,

Wenn, wo der Schuld Verschiedenheit sie trennt,

Sie an des Kreises Enden sich begegnen.

Die, deren Wirbel unbehaart ist, waren

Geistlichen Standes, Päbst' und Kardinäle,

In denen Geiz sein höchstes Maß erreichet.

Und ich: O Meister, unter diesen Schatten

Vermut ich mehrere, die mir bekannt sind,

Weil sie mit solcher Sünde sich beschmutzten.

Der Meister aber sprach: Dein Wahn ist irrig.

Das einsichtslose Leben, das sie führten,

Verdunkelt sie für jegliches Erkennen.

Zum Doppelanprall kommen sie auf ewig.

Geschornen Haupts erstehn noch aus dem Grabe

Die einen, mit geschlossener Faust die andern.

Verkehrtes Geben oder Halten raubte

Den Himmel ihnen, treibt zu diesem Kampf sie,

Den dir zu schildern ich die Worte spare.

Erkennen kannst du nun den kurzen Wahn

Der Güter, die dem Glück sind übergeben

Und die zu so viel Streit die Welt entflammen.

Denn alles Gold, das jetzt sich unterm Monde

Befindet, oder je befand, vermöchte

Nicht eine dieser Seelen zu befried'gen

Drauf sagt' ich, Meister, offenbare mir

Was jenes Glück ist, dessen du gedachtest,

In dessen Klau'n die Erdengüter sind?

Und er zu mir: O törichte Geschöpfe,

Wie schwer umnachtet euch Unwissenheit.

Nimm achtsam in dich auf nun meine Lehre!

Er, dessen Wissen alles übersteiget,

Erschuf die Himmel, gab jedwedem Lenker,

So daß in gleichbemess'ner Lichtverteilung

Ein jeder jeden andern Teil bestrahlet.

So auch zur allgemeinen Lenkerin

Der Erdengüter ordnet' er Fortuna,

Die jenen eitlen Glanz zur rechten Stunde

Von Volk zu Volk, von Stamm zu Stamm vertausche,

Entrückt der Gegenwehr von Menschenklugheit.

Nach ihrem Urteilsspruch, der sich verborgen,

So wie die Schlang' im Grase hält, geschieht es,

Daß ein Geschlecht regiert, ein andres kranket.

Machtlos ist gegen sie eu'r ganzen Wissen;

Sie überlegt, beschließet und vollstreckt

In ihrem Reiche so wie andre Götter.

Nicht Rast, nicht Ruhe kennt ihr ewger Wandel;

Notwendigkeit beflügelt ihre Schritte,

So oft geschieht's daß die Geschicke wechseln.

An's Kreuz geschlagen wird sie von gar vielen

Auch unter denen, welche Preis ihr schulden

Und sie mit Unrecht tadeln und verläumden;

Doch unberührt bleibt sie von solcher Rede

Mit andern erstgeschaffnen Wesen lenket

Sie freudig ihre Sphär' in Seligkeit.

Laß nun zu größrer Qual uns niedersteigen

Schon senkt sich jeder Stern, der als ich aufbrach

Emporstieg, längres Weilen ist nicht statthaft.

Das Tal zum andern Ufer hin durchschneidend

Gelangten wir zu einem Quell, der siedet

Und niederwärts durch einen Graben abfließt.

Es war sein Wasser schwarz mehr als nur dunkel

Und im Geleite seiner finstren Wellen

Führt' uns ein Pfad hinab, der rauh und seltsam.

Styx heißt der Sumpf, den dieser traur'ge Bach

Am Fuß der unheilvollen Felsen bildet,

Von deren grauer Wand er in das Tal fließt.

Und ich, der sorglich umzuschaun bemüht war,

Sah schlammbedeckte Leut' in jenem Sumpfe

Ganz nackend und mit zornerregten Zügen.

Nicht nur mit Händen schlugen sie einander,

Sie stießen sich mit Kopf und Brust und Füßen,

Zerfleischten sich durch Bisse gegenseitig.

Mein Meister aber sagte: Sohn hier siehst du

Die Seelen derer, die der Zorn bezwungen.

Doch mögest du als gleich gewiß mir glauben,

Daß andres Volk noch unterm Wasser seufzet

Und diesen Sumpf die Blasen werfen läßt,

Die dir dein Auge zeigt wohin du's wendest.

Im Schlamme steckend sagen sie: Wir waren

Unmutig in der süßen lichten Luft,

Weil unser Herz des Trübsinns Qualm benommen;

Jetzt trauern wir mit Recht im schwarzen Moore.

Doch gurgeln sie dies Lied nur in der Kehle,

Weil sie's voll auszusprechen nicht vermögen.

Damit umkreisten wir im weiten Bogen

Die schmutz'ge Lache zwischen Mitt' und Ufer,

Die Augen zugewandt den Schlammverschluckern;

Dann kamen wir zu eines Turmes Fuße.

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