Die göttliche Komödie

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Neunzehnter Gesang

O Zaubrer Simon, o ihr schmachbeladnen

Nachfolger, die die heil'gen Dinge, welche

Der Tugend sich allein vermählen sollten,

Um Gold und Silber räub'risch ihr verkuppelt!

In die Posaune stoß' ich jetzt um euch,

Weil euch die dritte Bolgia zugemessen.

Erstiegen hatten wir des Felsblocks Höhe,

Der überwölbt die nächste Gruft, und standen

Nun senkrecht über dieses Grabens Mitte.

Wie groß ist deine Kunst, o höchste Weisheit,

Die Himmel, Erd und Hölle offenbaren,

Und wie gerecht teilt deine Allmacht aus!

Ich sah des bräunlichen Gesteines Boden

Und beiderseit'gen Abhang voll von Löchern,

Die sämtlich rund und gleich an Weite waren.

Sie däuchten enger nicht mir und nicht weiter,

Als, die in meinem schönen San Giovanni

Zum Platz der Tausenden sind hergerichtet.

Solch ein Behältnis brach vor wenig Jahren

Entzwei ich, weil ein Mensch darin erstickte,

Und dies sei Zeugnis, jeden zu enttäuschen.

Aus jedes dieser Löcher Mündung ragten

Die Füße eines Sünders bis zur Wade

Hervor, doch alles andre steckte drinnen;

In Flammen loderten die Sohlen aller,

Weshalb die Knöchel so gewaltsam zuckten,

Daß Strick' und Bande sie zerrissen hätten.

Und, wie beim Brennen fettbestrichner Dinge

Die Flammen an der Oberfläche spielen,

So taten hier sie von den Zeh'n zum Hacken.

Wer ist wohl jener, der durch ärgres Zucken

Sich mehr beklagt, als die Gefährten alle

Und dessen Sohlen rötre Flamme leckt?

So frug ich; und der Meister: Soll ich dort

Den mindersteilen Hang dich niedertragen,

So wird er Schuld und Namen selbst dir künden.

Genehm ist, sagt' ich, mir was dir beliebt,

Du bist der Herr, von deinem Will'n entfern' ich

Mich nimmer, auch was man nicht ausspricht weißt du.

Also gelangten wir zum vierten Damme;

Dort wandten wir uns links und stiegen nieder

In die durchlöcherte und enge Tiefe.

Von seiner Hüfte setzte mich der Meister

Nicht ab, bis wir zur Felsenmündung kamen,

Aus welcher jener mit den Beinen klagte.

Der du das Obre so gekehrt nach unten

Im Boden wie ein Pfahl steckst, traur'ge Seele,

Wer du auch sei'st, vermagst du es, so rede.

Ich stand gebückt, so wie der Mönch, der Beichte

Dem Meuchler hört, wenn der, schon in der Grube,

Den Tod noch zu verschieben, ihn zurückruft.

Er aber schrie: So bist du schon zur Stelle,

So bist du schon zur Stelle Bonifazio?

Um mehr als ein Jahr log die Prophezeiung.

Bist du so bald gesättigt von dem Gut,

Daß dich die schöne Braut durch Lügenkünste

Zu frei'n bewog und dann sie zu mißhandeln?

Ich glich dem Manne, der, weil unverständlich

Ihm ist, was ihm gesagt wird, zweifelnd dasteht,

Verhöhnt sich glaubt und keine Antwort findet.

Drauf sagte mir Virgil: Erwid'r ihm schnell,

Der bin ich nicht, der nicht, den du erwartest,

Und meine Antwort war, wie er befohlen.

Darob verdrehte schier der Geist die Beine

Und sagte seufzend mit bewegter Stimme:

Bist du der nicht, was willst du denn von mir?

Liegt dir so viel dran, wer ich sei, zu wissen,

Daß du deshalb das Ufer niederstiegest,

So wisse, daß ich trug den großen Mantel.

Doch war ich ein wahrhafter Sohn der Bärin,

Begierig, so die Bärenbrut zu fördern,

Daß droben Geld ich, und hier mich einsackte.

Mir unterm Haupte liegen all die andren,

Die mir voraus im Ämterschacher gingen,

Tief eingeklemmt in des Gesteines Spalten.

In jene Tiefe sink' auch ich, wenn jener,

Für den ich dich gehalten, kommen wird,

Als ich die rasche Frag' an dich gerichtet.

Doch längere Zeit schon brannten mir die Füße,

Seit ich den Kopf zu unterst hier verweile,

Als er hier sein wird mit entflammter Sohle.

Denn nach ihm kommt von Westen her ein Hirte,

Der ärger noch es treibt und kein Gesetz kennt,

So daß er mich bedecken wird und jenen.

Dem Jason wird, von dem die Makkabäer

Berichten, gleich er sein; wie dem sein König

Gefällig war, wird ihm es der von Frankreich.

Ich weiß nicht, war ich hier allzu verwegen,

Daß ich ihm Antwort gab in diesem Tone:

So sage mir doch, was für Schätze heischte

Vom heil'gen Petrus unser Herr, bevor

Er die Gewalt der Schlüssel ihm vertraute?

Nur eins verlangt er: Komm und folge mir!

Auch Petrus und die andren heischten Silber

Und Gold nicht von Matthias, als das Los ihm

Den Platz gab, den verloren der Verräter.

So schweige; denn gerecht ist deine Strafe.

Bewahre nur das schlechterworb'ne Geld,

Das gegen Karl dich übermütig machte.

Und hielte nicht noch immer mich zurück

Die Ehrerbietung vor den hohen Schlüsseln,

Die du gehalten hast im heitren Leben,

So würd' ich noch viel härtre Worte brauchen.

Verderblich ist eu'r Geiz der Welt; die Guten

Tritt er mit Füßen und erhebt die Schlechten.

Euch Hirten meinte der Evangelist,

Als er das Weib, das auf den Wassern sitzet,

Mit Königen auf Erden huren sah,

Die da geboren ward mit sieben Häuptern

Und ihre Stütze fand in den zehn Hörnern

So lange Tugend ihrem Mann gefiel.

Gemacht habt ihr aus Silber und aus Golde

Euch euren Gott; ihr gleicht dem Götzendiener,

Doch betet der nur einen an, ihr hundert.

O Constantin, wie großen Übels Mutter

War deine Taufe nicht , nein jene Mitgift,

Die du verliehn dem ersten reichen Vater!

Schlug das Gewissen ihm, trieb ihn der Zorn,

Ich weiß nicht, doch bei meines Liedes Noten

Verdreht' er heftig beide Sohlen.

Der Führer aber schien mir beizustimmen,

Mit so zufriednem Ausdruck folgt' er stetig

Dem Klange meiner wahrheitstreuen Worte.

Dann faßt' er mich mit seinen beiden Armen,

Und als er fest an seiner Brust mich hielt,

Stieg er zurück, wo er hinabgestiegen.

Nicht eher ließ er ab, mich so zu tragen

Bis er gebracht mich zu des Bogens Höhe,

Der sich vom vierten Damm zum fünften wölbet.

Hier setzte sanft er seine Bürde nieder:

Sanft auf dem Felsen, der so rauh und steil war,

Daß ihn selbst Ziegen schwer erklommen hätten.

Drauf ward ein neuer Talgrund mir enthüllet.

Zwanzigster Gesang

Von neuer Strafe soll mein Lied berichten,

Dem zwanzigsten Gesange Stoff zu geben

Im ersten Liede, dem von den Versenkten.

Schon war mit allem Eifer ich beflissen,

Hinabzuschaun in den nun offnen Grund,

Den Tränen der Verzweiflung benetzten.

Und in dem runden Tal sah ich Gestalten

Desselben Schrittes stumm und weinend kommen,

Der in der Welt bei Litanei'n gebräuchlich.

Als tiefer sich mein Blick zu ihnen senkte,

Sah ich, wie wunderbar vom Kinn ein jeder

Bis zu des Rumpfes Anfang war verrenket;

Denn zugewandt dem Rücken war ihr Antlitz

Und rückwärts schreitend mußten sie einhergehn,

Weil vorwärts sie zu blicken nicht vermochten.

Vielleicht, daß jemals schon Gewalt der Krämpfe

Die Glieder eines Menschen so verrenkte,

Doch sah' ich's weder, noch kann ich es glauben.

O Leser, willst du, daß aus deinem Lesen

Dir Segen Gott gewähre, so bedenke,

Ob trocken wohl mein Antlitz bleiben konnte,

Als ich mir gegenüber unser Bild

So sehr entstellt sah, daß der Augen Tränen

Den Hintern niedertroffen durch die Kerbe.

Gewiß, ich weinte, angelehnt an eine

Der Kanten jenes Felsens; doch es sprach

Der Meister: Bist auch du der Toren einer?

Fromm ist hier der, in dem das Mitleid tot ist;

Wer frevelt ärger wohl, als wer in Mitleid

Sich auflehnt gegen göttliches Gericht?

Erhebe denn das Haupt, gewahre jenen,

Für den im Angesichte der Thebaner

Sich auf der Boden tat, und alle riefen,

Amphiaraus, wie? verläßt das Heer du?

Er aber stürzte weiter, immer weiter,

Bis er zu Minos kam, der jeden anhält.

Sieh, wie die Schultern er zur Brust gewandelt.

Weil zu weit vorwärts er zu sehn sich traute,

Blickt er nun hinter sich und schreitet rückwärts.

Tiresias sieh, der die Gestalt verändert,

Als er vom Mann zum Weib gewandelt wurde

Und seiner Glieder jegliches vertauschte.

Doch mußte, eh das männliche Gefieder

Am Kinn ihm wieder wuchs, mit seinem Stabe

Auf's neue die zwei Schlangen er berühren.

Der mit dem Rücken seinem Bauch sich anschließt

Ist Aruns der in Luna's Bergen, wo

Der Carrarese, der im Tal wohnt, rodet,

Die Felsenhöhle zwischen weißem Marmor

Bewohnte, die zum Meer und zu den Sternen

 

Die Aussicht ihm nach jeder Seite freiließ.

Die aber mit den aufgelösten Flechten

Die Brüste sich bedeckt, die du nicht siehst,

Und dorthin wendet, was an ihr behaart ist,

War Manto, die so manches Land durchwandert,

Eh sie sich niederließ; wo ich zur Welt kam,

Und hiervon höre mich ein wenig an:

Nachdem ihr Vater aus der Welt geschieden

Und unfrei Bacchus' Stadt geworden war,

Ging lange Zeit sie durch die Welt umher.

Im schönen Welschland liegt am Fuß der Alpen,

Die gen Tirol das deutsche Land verschließen,

Ein großer See, den man Benaco nennet.

Wohl netzt von tausend Quellen all des Wassers,

Das dann in jenen See fließt, Apennin

Sich zwischen Cal Camonica und Garda.

Ein Fleck ist dort inmitten, wo der Bischof

Von Trento, Brescia, wie der Veronese,

Wenn sie des Weges kämen, segnen könnte.

Peschiera jene feste, schöne Wehr,

Um Bergamo wie Brescia Trutz zu bieten,

Liegt wo sich rings zumeist das Ufer senkte.

Dorthin muß alles Wasser niederrinnen,

Das Raum nicht findet in Benaco's Schoße,

Und durch der Weiden Grün rinnt es als Fluß.

Sobald dies Wasser nun zu fließen anfängt,

Heißt es Benaco nicht mehr, sondern Mincio,

Bis bei Governo in den Po es mündet.

Nach kurzem Laufe findet's eine Mulde,

In der es sich verbreitend, sie versumpfet

Und oft zur Sommerszeit Verderben bringt.

Als dieses Weg's die rauhe Jungfrau kam,

Gewahrte Land sie in des Sumpfes Mitte,

Noch unbebaut und der Bewohner mangelnd.

Hierher zog, Zauberkünste übend, Manto

Sich mit den ihren vor der Welt zurücke.

Hier lebte sie, ließ sterbend ihren Leib hier.

Dann sammelten die Leute, die umher

Gewohnt, an diesem Ort sich, weil er wegen

Des Sumpfes, der sich um ihn breitet, fest war.

Ob den Gebeinen bauten eine Stadt sie

Und nannten die, das Los nicht weiter fragend,

Der Uransiedlerin nach, Mantova.

Zahlreicher waren drin einst die Bewohner,

Bevor die Albernheit des Casalodi

Sich überlisten ließ durch Pinamonte.

Nun merke dir's, daß, wenn in andrer Weise

Den Ursprung meiner Stadt dir wer berichtet

Die Wahrheit nimmer Lüge dir verdunkle.

Und ich: O Meister, deine Reden bieten

Mir so gewissen Glauben, daß, was andre

Berichten, mir erloschnen Kohlen gleich gilt.

Doch sag', ob unter denen die dort wandeln

Du welche siehst, die des Bemerkens wert sind,

Denn darauf nur ist jetzt mein Sinn gerichtet.

Er aber sagte: Der, von dessen Wangen

Der Bart auf die gebräunten Schultern fällt,

War einst, als Griechenland so männerleer war,

Daß Knaben kaum sich in den Wiegen fanden,

Wahrsager, und in Aulis gab mit Kalchas

Das Zeichen er, das erste Tau zu kappen.

Er hieß Eurypylus und so berichtet

Mein hohes Trauerspiel an einer Stelle;

Du weißt es, denn ganz hast du's im Gedächtnis.

Der andre, der so schmal ist in den Weichen

War Michel Scotto, der die Trügereien

Der Zauberkünste gründlich spielen ließ.

Sieh dort Guido Bonatti, sieh Asdente!

Jetzt hätte gern er Leder nur und Pechdraht

Gehandhabt; doch zu spät kommt diese Reue.

Sieh die Verkehrten, die, um wahrzusagen

Die Nadel ließen, wie die Spul' und Spindel,

Und Zauberei mit Bild und Kräutern trieben.

Nun aber komm; bereits schwebt an der Gränze

Der zwei Halbkugeln und berührt die Welle

Jenseits Sevilla Cain mit dem Dornbusch.

Erst gestern Nacht war voll des Mondes Scheibe;

Du mußt es wissen, denn im tiefen Walde

War manches Mal ihr Leuchten dir von Nutzen.

So sagt' er und er sprach noch, als wir gingen.

Einundzwanzigster Gesang

Von Brücke so zu Brücke gehend sprachen

Wir manches, das mein Lied nicht erst berichtet.

Als wir erreicht des Bogens Höhe, standen

Wir still, ein neues Malebolgetal

Voll unfruchtbarer Tränen zu betrachten,

Und dunkler schien es mir noch als die andren.

So wie im Arsenal der Venezianer

Im Winter zähes Pech zu sieden pflegt,

Um schlecht gewordne Schiffe zu kalfatern

Die nicht mehr fahren können, und der eine

Ein neues Fahrzeug baut, indes der andre

Des vielgereisten lecke Flanken ausstopft,

(Der pocht am Schnabel, jener nächst dem Steuer,

Der schneidet Ruder, jener windet Taue,

Der flickt am Besam-, der am Hauptmastsegel)

So kochte dort, doch, statt durch Feuersgluten,

Durch Gottes Wunderkräfte, dickes Pech,

Das beide Ufer klebrig überzog.

Ich sah es wohl, doch drin erkannt' ich nur

Die Blasen, die der Sud erhob, von dem

Das Pech bald anschwoll, bald sich niedersenkte.

Noch blickt' ich aufmerksam in jene Tiefe,

Da riß der Führer mit dem Ruf: Sieh dorthin!

Vom Ort mich, wo ich weilt', an seine Seite.

Ich wandte mich gleich dem, der ungeduldig

Zu sehen ist, was ihn zum Fliehen nötigt,

Und, obwohl Furcht ihm plötzlich allen Mut nimmt,

Zu fliehn nicht abläßt, doch fortwährend hinstarrt.

Und hinter uns sah einen schwarzen Teufel

Den Fels heran im schnellen Lauf ich kommen.

Wie war sein Aussehn doch so wild und grimmig,

Wie schien so grausam mir sein Tun und Wesen,

Mit offnen Flügeln und mit leichten Sohlen!

Auf seiner Schulter, die sich spitz erhob,

Bracht' einen Sünder rittlings er getragen

Und an den Knöcheln hielt er ihn gepackt.

O Malebranche, rief er, diese Brücke,

Da ist ein Aldermann der heil'gen Zita!

Taucht ihn ins Pech; ich gehe, mehr zu holen

In jene Stadt, die reichsten Vorrat bietet.

Bis auf Bonturo ist dort jeder käuflich;

Das Nein wird dort für Geld zum Ja gewandelt.

Hinunter stürzt' er ihn, und wandte dann

Den Fels zurück sich, eilender, als je

Ein losgelassner Hund den Dieb verfolgte.

Der ging zugrunde, und mit dem Kopf nach unten

Taucht' er noch einmal auf; jedoch die Teufel

Der Brücke schrien: Hier gibt's kein heilig Antlitz!

Hier gilt es anders schwimmen als im Serchio.

Drum, willst du nicht erfahren wie wir kratzen,

So hüte aus dem Pech dich aufzutauchen.

Dann faßten sie ihn mit wohl hundert Haken:

Hier gilt es, riefen sie, verdeckt zu tanzen,

Im Trüben, wenn es dir gelingt, zu fischen.

So läßt der Koch wohl von den Küchenjungen

Mit langen Gabeln in des Kessels Mitte

Das Fleisch, daß es nicht schwimme, untertauchen.

Der gute Meister sprach: Damit sie dich

Noch nicht gewahren, so verbirg dich kauernd,

Wo dir ein Felsblock ein'gen Schutz gewähret,

Und, was sie mir vielleicht auch antun möchten,

So fürchte nicht. Ich bin der Dinge kundig;

Bestand ich doch schon früher gleichen Handel.

Dann stieg die Brücke jenseits er hinab,

Und als betreten er das sechste Ufer,

Bedurft' er wahrlich Mut und Zuversicht.

Mit jener Wut, mit jenem Ungestüme,

Womit sich Hunde auf den Armen stürzen,

Der anhält und um eine Gabe bittet,

So brachen jene unterhalb der Brücke

Hervor und kehrten wider ihn die Spieße;

Er aber rief: Vergreif' an mich sich keiner!

Bevor eu'r Haken mich zu packen wagt,

Tret' einer vor und höre meine Rede;

Dann überlegt, ob ihr mich dennoch krallet.

Da riefen alle: Geh' du, Malacoda.

Und einer kam, dieweil die andren blieben;

Der aber sagte: Nun, was soll's ihm nutzen?

Glaubst du wohl, Malacoda, sprach mein Meister,

Du würdest ohne Furcht vor euren Waffen

Hier angelangt mich sehn, wenn Gottes Wille

Und günstige Geschicke mich nicht führten?

Laß uns denn gehn; es ist des Himmels Wille,

Daß diesen rauhen Weg ich jemand weise.

Da war der Übermut ihm so gesunken,

Daß niederfallen er den Haken ließ,

Und den Gefährten zurief: Tut ihm nichts!

Dann rief der Führer: Der, vom Felsenvorsprung

Der Brücke du verdeckt, dort heimlich kauerst,

Komm jetzo unbesorgt zu mir zurücke.

So brach ich auf, und eilte schnell zu ihm.

Die Teufel aber traten all' hervor,

Weshalb ich des Vertrages Bruch besorgte.

So sah die Knappen, die auf Treu und Glauben

Abzogen von Caprona, einst ich zittern,

Als rings umher sie nichts als Feind' erblickten.

Da drängte mit dem ganzen Leib' ich mich

Eng an den Führer und kein Auge wandt' ich

Von ihren Blicken, die nur Unheil drohten.

Die Haken senkten sie und: Soll im Kreuze

Ich einhaun? sprach der eine zu dem andern.

Ja! war die Antwort, aber pack' ihn tüchtig.

Der Teufel aber, der mit meinem Führer

Geredet hatte, wandte sich in Eile

Und sagte: Ruhe, Ruhe Scarmiglione!

Dann redet' er zu uns: Auf diesen Felsen

Könnt ihr nicht weitergehn, weil ganz zertrümmert

Der sechste Bogen in der Tiefe liegt.

Wenn aber fürder euch beliebt zu gehen,

So wandert fort auf diesem Felsendamme;

Bald trefft ihr einen Block der gangbar ist.

Erst gestern waren's doch fünf Stunden später

Als jetzt, zwölfhundertsechsundsechzig Jahre,

Seit unterbrochen hier die Straße ward.

Dorthinwärts schick' ich ein'ge meiner Leute,

Um nachzusehn, ob aus dem Pech wer auftaucht;

Begleitet sie und nichts soll'n sie euch antun.

So tretet vor, Cagnazzo, Alichino,

Hub er zu reden an, und Calcabrina,

Doch Führer von den Zehn sei Barbariccia.

Auch Libicocco komm' und Draghignazzo,

Ciriatto mit den Hauern, Graffiacane

Nebst Farfarell und Rubicant, dem tollen.

So spähet denn entlang dem heißen Peche,

Doch diese rührt bis zu der nächsten Brücke

Nicht an, die feststeht über all den Schluchten.

O weh mir, rief ich, Meister, was erblick ich!

Laß ohne dies Geleite, weißt den Weg du,

Uns weitergehn, denn nicht begehr' ich seiner.

Merkst du so sorglich auf, als du gewohnt bist,

So schau nur hin, wie sie die Zähne fletschen

Und, sich einander winkend, uns bedräun.

Und er zu mir: Du sollst dich drum nicht fürchten;

Laß nach Belieben sie die Zähne fletschen,

Sie tun das nur für die gesottnen Sünder.

Nun wandten sie sich nach dem Damm zur Linken;

Doch gegen ihren Führer hatten alle

Zuvor die Zunge als Signal gebläkt,

Und als Trompete er den Steiß gebraucht.

Zweiundzwanzigster Gesang

Aufbrechen sah ich Ritter manches Mal

Zum Sturme, oder ihre Kunst zu proben,

Zu Zeiten auch, um sich durch Flucht zu retten.

Landsknechte sah ich eu'r Gebiet durchstreifen,

O Aretiner, und viel Reitertruppe,

Wettkämpfe sah ich auch und sah Turniere.

Drommeten gaben bald, bald gaben Glocken,

Bald Trommeln den Befehl, bald von den Burgen

Signale, heimischer und fremder Weise;

Doch Reiter sah ich nie, sah niemals Fußvolk,

Nicht Schiffe, welche Stern und Leuchtturm leitet,

Dem Ruf so seltsamer Schalmei gehorchen.

So zogen wir dahin mit den zehn Teufeln:

Ein gräuliches Geleit; doch in der Kirche

Mit Heiligen, mit Säufern in der Schenke!

Stets nach dem Peche war mein Blick gewandt,

Um die Beschaffenheit der fünften Bolgia

Und der darin Gesottenen zu gewahren.

Wie die Delphine mit des Rückens Bogen

Den Schiffern oft ein Warnungszeichen geben,

 

Daß vor des Sturms Beginn ihr Schiff sie bergen,

So zeigte, um die Qualen sich zu mindern,

Bald hier bald dort ein Sünder seinen Rücken

Und barg ihn schneller als ein Blitz vergeht.

Und wie am Rand von eines Grabens Wasser

Die Schnauze nur heraus die Frösche stecken

Und unsichtbar so Leib als Füße bleiben,

So saßen hier die Sünder allerwege.

Doch wenn sie Barbariccia kommen sahn,

Verschwanden schnell sie unterm schwarzen Sude.

Da sah ich, und noch bebt mein Herz davon,

Der Schatten einen seine Flucht verzögern,

Wie ein Frosch wohl verweilt, wenn andre tauchen.

Und Graffiacane, der zunächst ihm war,

Schlang um den Haken die durchpichten Haare

Und hob ihn hoch; da glich er der Fischotter.

Von allen Zehn kannt' ich bereits die Namen,

Denn aufgemerkt hatt' ich, als Malacoda

Sie wählt' und dann wenn sie einander nannten.

Schnell, Rubicante, schlage deine Krallen

Ihm derb ins Fleisch, daß du das Fell ihm abziehst,

So schrien einstimmig all die Maledeiten.

Ich sagte: Meister, wenn du kannst, so sorge,

Daß ich, wer der Unsel'ge ist, vernehme,

Der seinen Widersachern in die Hand fiel.

Da trat mein Führer zu ihm hin und frug

Nach seiner Heimat ihn; der aber sagte:

Navarra's Königreich war mein Geburtsland.

In Herrendienst verdrang mich meine Mutter,

Weil sie mit einem Schelmen mich erzeuget,

Der seiner Hab' und sich ein Ende machte.

Dann ward mein Herr der gute König Thibault,

Und feil war ich in meines Dienstes Pflichten,

Wofür in dieser Glut ich Rechnung lege.

Ciriatto, dessen Maul zu jeder Seite,

Gleich dem des Ebers, einen Hauzahn vorwies,

Ließ ihn nun fühlen, wie der eine aufschlitzt.

Gar schlimmen Katzen war die Maus verfallen;

Doch Barbariccia faßt' ihn in die Arme

Und sagte: Fort! so lang' als ich ihn halte.

Dann wandt' er das Gesicht zu meinem Meister

Und sagte: Willst du mehr noch von ihm wissen,

So frag ihn jetzt, bevor er abgetan wird.

Bericht' uns, sprach Virgil, von den Genossen.

Kennst unter denen, die im Pech sich bergen,

Du nicht Lateiner? Jener drauf: Soeben

Verließ ich wen, der dort herum zu Hause

Wär' unterm Peche ich, gleich ihm, verborgen,

So wollt' ich Krallen nicht, noch Haken fürchten.

Doch Libicocco: Allzulange hatten

Geduld wir und mit seinem Haken packt' er

Den Arm und riß ihm eine Muskel aus.

Auch Draghignazzo wollt' ihn an den Beinen

Erfassen; doch ihr Hauptmann wandte drob

Sich rings umher mit zürnender Gebärde.

Als sie dann etwas sich beruhigt hatten,

Frug ohne Aufenthalt mein Führer jenen,

Der traurig noch auf seine Wunde blickte,

Wer war es denn, den, wie du sagst, zum Unheil

Du ließest, um ans Ufer hier zu kommen?

Er sagte drauf: Das war Frate Gomita,

Der aus Gallura, Rüstzeug jeden Truges,

Der seines Herren Feind' in Händen hatte,

Und ihnen tat, daß alle drum ihn loben.

Er nahm das Geld und ließ sie sich »verkrümeln«,

Wie er es nennt, und auch in andren Pflichten

War immer ohne Scheu er jedem käuflich.

Mit ihm verkehrt zumeist Don Michel Zanche

Aus Logodoro, und vom Land Sardinien

Ermüden ihre Zungen nie zu reden.

Doch seht nur, seht die Zähne den da fletschen!

Wohl sagt ich mehr, besorgt' ich nicht, er habe

Im Sinne, übel mir den Grind zu kratzen.

Da sagt' ihr Führer rasch zu Farfarello,

Der schlagfertig schon den Blick verdrehte,

Halt ein und tritt zur Seite, schlimmer Vogel!

Liegt euch daran, Toscaner und Lombarden,

Begann beruhigter darauf der Sünder,

Zu hören und zu sehn, kann ich sie schaffen;

Nur müssen dann die üblen Krall'n sich etwas

Entfernen, damit jene sich nicht fürchten.

Ich aber will, an dieser Stelle sitzend,

Indem ich pfeife, so wie unser Brauch ist,

Wenn wer von uns aus diesem Peche auftaucht,

Für einen der ich bin, euch sieben schaffen.

Die Schnauz' erhob bei solchem Wort Cagnazzo

Und schüttelte den Kopf: Seht nur die Bosheit,

Sagt' er, die der entsann, uns zu entspringen!

Doch jener, der der Listen Fülle hatte,

Erwiderte: Nur allzu boshaft bin ich,

Wenn größres Unheil ich den Meinen schaffe.

Nicht länger hielt sich Alichino; trotz

Der andren rief er: Willst du uns entwischen,

So lauf ich im Galoppe dir nicht nach,

Nein, überm Pech hin, schlag' ich meine Flügel.

Verlassen wir den Damm, das Ufer berg' uns.

Ob mehr du kannst als wir wird dann sich zeigen.

Ein neues Spiel wirst, Leser, du nun hören:

Nach jenseits wandten alle das Gesicht

Und der zuerst, der lautest widersprochen.

Der Navarrese paßte wohl die Zeit ab,

Schloß rasch die Beine, und mit einem Sprunge

Entging er allem, was im Sinn sie hatten.

Da warf sich jeder das Geschehene vor,

Und der am meisten, der den Fehl verschuldet.

Schnell flog er auf und schrie: Da halt' ich dich!

Doch wenig fruchtet's ihm, denn nicht vermochten

Des andern Furcht die Flügel einzuholen;

Als jener tauchte flog er wieder aufwärts,

Nicht anders wie, wenn niederstößt der Falke,

Die Ente plötzlich untertaucht, er aber

Erboßt und müde wiederum emporfliegt.

Im Zorn, verhöhnt zu sein, flog Calcabrina

Ihm nach und war, um Grund zum Streit zu haben,

Daß jener sich gerettet, wohl zufrieden.

Sobald der Navarres' im Pech verschwand,

Kehrt' er die Krallen wider den Gefährten

Und faßte überm Graben sich mit ihm;

Der andre aber war ein guter Stößer

Und packt' ihn mit den Krallen, so daß beide

Hinfielen in des heißen Pfuhles Mitte.

Wohl brachte schnell die Glut sie auseinander;

Doch mit dem Fliegen war es drum noch nichts,

So klebten ihnen von dem Pech die Flügel.

Gleich allen ärgerlich, ließ Barbariccia

Von seinen Leuten vier an's andre Ufer

Mit ihren Haken fliegen, und behende

Stieg dies- und jenseits gleiche Zahl zum Strande.

Die Haken streckten sie nach den Verklebten,

Die sich verbrannt bis tief in's Innre hatten;

So waren sie verstrickt, als wir sie ließen.

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