TARZAN IN PELLUCIDAR

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Kapitel 3: Die großen Katzen

Die verebbende Flut des großen Krieges hatte menschliches Treibgut an manch unbekanntem Strand zurückgelassen. In ihrem vollen Lauf hatte sie Robert Jones, einen hohen Gefreiten in den Reihen eines Arbeitsbataillons, aus einer ungemütlichen Umgebung herausgehoben und ihn in einem Gefangenenlager hinter der feindlichen Linie geschwemmt. Hier gewann er durch seine Gutmütigkeit Freunde und Gunst, aber weder das eine noch das andere half ihm dabei, seine Freiheit zu erlangen. Robert Jones schien in den Wirren verloren gegangen zu sein. Als das Gefängnis schliesslich geräumt wurde, blieb Robert Jones zurück, worüber er aber nicht traurig war. Er hatte die Sprache seiner Entführer gelernt und viele Freunde unter ihnen gefunden. Sie fanden eine Arbeit für ihn und Robert Jones aus Alabama war zufrieden damit, zu bleiben, wo er war. Er war vom Laufburschen zum Koch einer Offiziersmesse aufgestiegen und in dieser Funktion war er Captain Zuppner aufgefallen, der ihn daraufhin für die O-220-Expedition anwarb.

Robert Jones gähnte, streckte sich, drehte sich in seiner engen Koje an Bord der O-220 um, öffnete die Augen und setzte sich mit einem Ausruf der Überraschung auf. Er sprang auf den Boden und steckte den Kopf aus einer offenen Luke.

»Meine Güte!« rief er aus. »Wir hab’n alle ganz schön verpennt.«

Einen Moment lang starrte er auf die Mittagssonne, die auf ihn herabschien, dann zog er sich hastig an und eilte in seine Kombüse.

»Komisch«, sagte er zu sich selbst, »da rührt sich niemand – müss’n wirklich alle verschlafen haben.« Er schaute auf die Uhr an der Kombüsenwand. Der Stundenzeiger zeigte auf sechs. Er spitzte seine Ohren und lauschte. »Sie ist nich’ stehen geblieben«, murmelte er. Dann ging er zur Tür, die aus der Kombüse führte, und schob sie zurück. Er lehnte sich weit hinaus und schaute wieder zur Sonne hinauf. Dann schüttelte er den Kopf. »Da is’ doch was faul«, sagte er. »Ich weiß nicht, ob ich jetzt Frühstück, n’ Mittagessen oder n’ Abendessen kochen soll.«

Jason Gridley kam aus seiner Kabine und schlenderte den schmalen Korridor entlang in Richtung Kombüse. »Guten Morgen, Bob!«, sagte er und blieb in der offenen Tür stehen. »Wie sieht es mit dem Frühstück aus?«

»Hab’n Sie Frühstück gesagt, Sir?«, erkundigte sich Robert.

»Ja«, antwortete Gridley. »Nur Toast und Kaffee und vielleicht ein paar Eier – was Sie gerade da haben«

»Wusst ich’s doch!«, rief der Schwarze aus. »Ich wusste, dass die alte Uhr da richtig geht – im Gegensatz zur Sonne, die einen völlig’n Quatsch zusammenleuchtet.«

Gridley grinste. »Ich gehe mal runter und mache einen kleinen Spaziergang«, sagte er. »Ich bin in einer Viertelstunde zurück. Haben Sie Lord Greystoke schon gesehen?«

»Nein, Sir. Ich habe seit gestern nichts mehr von Tarzan gesehen.«

»Eigenartig«, sagte Gridley. »Er ist nicht in seiner Kabine.«

Eine Viertelstunde lang wanderte Gridley schnellen Schrittes in der Umgebung des Schiffes umher. Als er in die Messe zurückkehrte, fand er Zuppner und Dorf, die auf das Frühstück warteten, und begrüßte sie mit einem freundlichen »Guten Morgen«.

»Ich weiß nicht, ob es ein guter Morgen oder ein guter Abend ist«, sagte Zuppner.

»Wir sind seit zwölf Stunden hier«, sagte Dorf, »und es ist immer noch dieselbe Zeit wie bei unserer Ankunft. Ich habe die letzten vier Stunden Wache gehalten, aber wenn der Chronometer nicht gewesen wäre, könnte ich nicht sagen, ob ich eine Viertelstunde oder eine Woche Wache geschoben hätte.«

»Man spürt hier sicherlich ein Gefühl der Unwirklichkeit, das schwer zu erklären ist«, sagte Gridley.

»Wo ist Greystoke?», fragte Zuppner. »Er ist doch sonst normalerweise ein Frühaufsteher.«

»Ich habe gerade Bob gefragt«, sagte Gridley, »aber er hat ihn auch nicht gesehen.«

»Er hat das Schiff verlassen, kurz nachdem ich die Wache übernommen habe«, sagte Dorf. »Ich würde sagen, das war vor etwa drei Stunden, vielleicht auch länger. Ich sah, wie er über die Ebene schritt und im Wald verschwand.«

»Ich wünschte, er wäre nicht allein losgezogen«, sagte Gridley.

»Er scheint mir ein Mann zu sein, der auf sich selbst aufpassen kann«, sagte Zuppner.

»Ich habe in den letzten vier Stunden einige Dinge gesehen«, begann Dorf, »die mich daran zweifeln lassen, ob ein Mann in dieser Welt auf sich selbst aufpassen kann. Besonders einer, der nur mit den primitiven Waffen bewaffnet ist, wie Greystoke sie bei sich trug.«

»Wollen Sie damit sagen, dass er keine Feuerwaffen bei sich trug?«, fragte Zuppner.

»Er war mit Pfeil und Bogen, einem Speer und einem Seil ausgerüstet«, sagte Dorf. »Und ich glaube, er hatte noch ein Jagdmesser dabei. Aber er hätte genauso gut nur mit einem Luftgewehr losziehen können, falls er einigen der Viecher begegnet, die ich gesehen habe, seit ich auf Wache bin.«

»Was meinen Sie damit?«, fragte Zuppner. »Was haben Sie denn gesehen?«

Dorf grinste verlegen. »Ehrlich gesagt, Captain, sage ich es Ihnen nur ungern«, sagte er, »denn ich will verdammt sein, wenn ich es selbst glaube.«

»Nun, raus damit«, rief Zuppner. »Wir werden schon nachsichtig sein mit Ihrer Jugend und der Wirkung, die die Sonne von Pellucidar auf Ihr Augenlicht oder Ihre Wahrhaftigkeit gehabt haben mögen.«

»Na gut«, sagte Dorf, »vor etwa einer Stunde kam ein Bär bis auf hundert Meter an das Schiff heran.«

»Daran ist nichts Bemerkenswertes«, sagte Zuppner kühl.

»An dem Bären war aber eine ganze Menge bemerkenswert«, sagte Dorf.

»Inwiefern?«, fragte Gridley.

»Er war so groß wie ein Ochse«, sagte Dorf, »und wenn ich in diesem Land auf Bärenjagd ginge, würde ich Feldartillerie mitnehmen wollen.«

»War das alles, was Sie gesehen haben – nur ein Bär?«, fragte Zuppner.

»Nein«, sagte Dorf, »ich habe Tiger gesehen, und zwar nicht bloss einen, sondern ein ganzes Dutzend, und sie waren viel größer als unsere größten bengalischen Tiger. So wie der Bär größer war als jeder Bär der Oberfläche, den ich je gesehen habe. Sie waren absolut riesig und hatten ungeheuer große, gebogene Reißzähne, die mit einer Länge von acht Zoll bis zu einem Fuss aus ihren Oberkiefern ragten. Sie kamen zu diesem Bach hier, um zu trinken, und wanderten dann weg, einige von ihnen in Richtung des Waldes und einige in Richtung des großen Flusses dort drüben.«

»Gegen solche Kreaturen könnte Greystoke nicht viel ausrichten, selbst wenn er ein Gewehr dabeihätte«, sagte Zuppner.

»Wenn er im Wald war, könnte er ihnen entkommen sein«, sagte Gridley.

Zuppner schüttelte den Kopf. »Mir gefällt das nicht«, sagte er. »Ich wünschte, er wäre nicht allein losgezogen.«

»Der Bär und die Tiger waren zwar schon schlimm genug«, fuhr Dorf fort, »aber ich habe noch eine andere Kreatur gesehen, die mir unendlich viel schlimmer erschien.«

Robert, der mehr oder weniger ein Privilegierter war, war von der Kombüse gekommen und lauschte mit großen Augen Dorfs Bericht über die Kreaturen, die er gesehen hatte, während Victor, einer der philippinischen Kabinenjungen, die Offiziere bediente.

»Ja«, fuhr Dorf fort, »ich habe ein mächtig seltsames Wesen gesehen. Es flog direkt über das Schiff und ich hatte eine ausgezeichnete Sicht darauf. Zuerst dachte ich, es sei ein Vogel, aber als es sich näherte, sah ich, dass es ein geflügeltes Reptil war. Es hatte einen langen, schmalen Kopf und flog so nah, dass ich seine großen Kiefer sehen konnte, die mit einer unendlichen Anzahl von langen, scharfen Zähnen bestückt waren. Sein Kopf war über den Augen langgezogen und lief in einer scharfen Spitze aus. Es war riesig und muss eine Flügelspannweite von mindestens zwanzig Fuß gehabt haben. Während ich es beobachtete, stürzte es plötzlich auf den Erdboden zu, nur eine kurze Strecke hinter dem Schiff, und als es sich wieder erhob, trug es ein Tier in seinen Krallen, das so groß war wie ein Schaf, mit dem es ohne sichtbare Anstrengung davonflog. Dass das Wesen ein Fleischfresser ist, scheint mir offensichtlich, ebenso wie die Tatsache, dass es genügend Kraft hat, um einen Menschen wegzutragen.«

Robert Jones bedeckte seinen großen Mund mit einer rosigen Handfläche und drehte sich mit gebeugten und zitternden Schultern um und ging auf Zehenspitzen aus dem Raum. In der Kombüse angekommen und bei geschlossener Tür, gab er sich einer hemmungslosen Fröhlichkeit hin.

»Was ist los mit dir?«, fragte Victor.

»Gott steh uns bei!«, rief Robert aus. »Ich dachte bisher, dass ein paar der Hochwohlgeborenen in diesem Abenteuer-Club in Bummingham lügen könnten, aber gegen dies’n Leutnant Dorf sind das die reinsten Chorknaben. Habt ihr alle gehört, wie er von ’ner fliegenden Schlange erzählt hat, die Schafe klaut?«

Aber zurück in der Kabine nahmen die Männer Dorfs Aussage ernster.

»Das wäre ein Pterodaktylus«, sagte Zuppner.

»Ja«, antwortete Dorf. »Ich habe es als Pteranodon klassifiziert.«

»Sollten wir nicht einen Suchtrupp losschicken?«, fragte Gridley.

»Ich fürchte, das würde Greystoke nicht gefallen«, antwortete Zuppner.

»Der Trupp könnte unter dem Deckmantel einer Jagdgesellschaft losziehen«, schlug Dorf vor.

»Wenn Greystoke nicht innerhalb einer Stunde zurück ist«, sagte Zuppner, »werden wir etwas in der Art tun müssen.«

Hines und von Horst betraten nun den Speisesaal, und als sie von Tarzans Abwesenheit erfuhren und von Dorfs Beschreibungen einiger der Tiere vernahmen, die draussen lauerten, waren sie ebenso besorgt wie die anderen um Tarzans Sicherheit.

»Wir könnten ein wenig umherfliegen, Sir«, schlug von Horst Zuppner vor.

»Aber angenommen, er kehrt während unserer Abwesenheit an diese Stelle zurück?«, fragte Gridley.

 

»Könnten Sie das Schiff wieder an diesen Ankerplatz zurückbringen?«, erkundigte sich Zuppner.

»Ich bezweifle es«, antwortete der Leutnant. »Unsere Instrumente sind unter den Bedingungen, die in Pellucidar herrschen, nahezu wertlos.«

»Dann sollten wir wohl besser bleiben, wo wir sind«, sagte Gridley, »bis er zurückkommt.«

»Aber wenn wir einen Suchtrupp zu Fuß hinter ihm herschicken, welche Sicherheit haben wir, dass dieser den Weg zum Schiff zurückfindet?«, fragte Zuppner.

»Das wird nicht so schwierig sein«, sagte Gridley. »Wir können unsere Spur markieren und so unsere Schritte leicht zurückverfolgen.«

»Ja, das ist richtig«, stimmte Zuppner zu.

»Nehmen wir einmal an«, begann Gridley, »dass von Horst und ich mit Muviro und seinen Waziri losziehen. Sie sind erfahrene Fährtenleser, erstklassige Kämpfer und sie kennen sich im Dschungel gut aus.«

»Aber nicht in diesen Dschungel«, sagte Dorf.

»Trotzdem haben sie mehr Erfahrung im Dschungel als der Rest von uns«, beharrte Gridley.

»Ich finde Ihren Plan gut«, sagte Zuppner. »Und da Sie jetzt sowieso das Kommando haben, unterstellen wir uns gerne Ihren Befehlen.«

»Die Bedingungen, mit denen wir hier konfrontiert sind, sind für uns alle neu«, sagte Gridley. »Nichts, was einer von uns vorschlagen oder befehlen mag, kann auf persönlichen Erfahrungen oder Kenntnissen beruhen, die der Rest nicht besitzt. In solchen Fällen denke ich, dass wir unsere Entscheidung besser nach einer ausführlichen Diskussion treffen sollten, anstatt uns blind auf irgendwelche Autoritäten zu verlassen.«

»Das ist bisher auch die Politik von Greystoke gewesen«, sagte Zuppner, «und sie hat es uns allen sehr leicht und angenehm gemacht. Ich bin ganz Ihrer Meinung, aber ich kann mir keinen praktikableren Plan vorstellen als den, den Sie vorhin vorgeschlagen haben.«

»Alles klar«, sagte Gridley. »Werden Sie mich begleiten, Leutnant?«, fragte er und wandte sich an von Horst.

Der Offizier grinste. »Ob ich will?«, fragte er lachend. «Ich hätte es Ihnen nie verziehen, wenn Sie mich außen vor gelassen hätten.«

»Gut«, sagte Gridley. »Ich denke, wir sollten uns nun vorbereiten und morgen so früh wie möglich aufbrechen. Sehen Sie zu, dass die Waziri gegessen haben, Leutnant, und sagen Sie Muviro, dass ich sie mit Gewehren bewaffnet haben will. Diese Burschen können zwar gut damit umgehen, aber sie schauen abschätzig auf alles, was moderner ist als ihre Kriegsspeere und Pfeile.«

»Ja, das habe ich bemerkt«, sagte Hines. »Muviro hat mir vor ein paar Tagen erzählt, dass seine Leute Feuerwaffen als eine Art Eingeständnis von Feigheit betrachten. Er erzählte mir, dass sie sie für Zielübungen benutzen, aber wenn sie auf die Jagd nach Löwen oder Nashörnern gehen, lassen sie die Gewehre zurück und nehmen lieber ihre Speere und Pfeile mit.«

»Nachdem sie gesehen haben, was ich sah, werden sie mehr Respekt vor einem Schnellfeuergewehr haben«, sagte Dorf.

»Sehen Sie zu, dass sie genug Munition mitnehmen, von Horst«, sagte Gridley, »denn nach dem, was ich in diesem Land gesehen habe, werden wir wohl keinen Proviant mitnehmen müssen.«

»Ein Mann, der von diesem Land nicht leben könnte, würde wohl auch auf einem Fleischmarkt verhungern«, sagte Zuppner.

von Horst ging, um Gridleys Befehle auszuführen, während dieser in seine Kabine zurückkehrte, um sich auf die Expedition vorzubereiten.

Die auf der O-220 verbliebenen Offiziere und Besatzungsmitglieder waren alle anwesend, um sich von der Expedition zu verabschieden, die sich auf die Suche nach Tarzan von den Affen machte, und als die zehn strammen Waziri-Krieger hinter Gridley und von Horst davonmarschierten, sagte Robert Jones, der von der Tür der Kombüse aus zusah, voller Stolz: «Die ganz’n fliegend’n Schlangen sollten jetzt besser aus’m Land flattern.« Zusammen mit den anderen beobachtete Robert die kleine Gruppe über die Ebene queren, bis sie in den dunklen Wäldern auf der gegenüberliegenden Seite verschwunden war. Dann blickte er zur Mittagssonne hinauf, schüttelte den Kopf, hob resigniert die Handflächen und kehrte in seine Kombüse zurück.

Fast unmittelbar nachdem die Gruppe das Schiff verlassen hatte, wies Gridley Muviro an, die Führung zu übernehmen und nach Tarzans Spur Ausschau zu halten, da er von der ganzen Gruppe der erfahrenste Spurenleser war. Der Waziri-Häuptling hatte keine Schwierigkeiten, der Spur des Affenmenschen über die Ebene und in den Wald hinein zu folgen, aber hier, unter einem großen Baum, verschwand sie.

»Der Große Bwana hat sich hier in die Bäume geflüchtet«, sagte Muviro, »und kein Mensch, ob lebendig oder tot, könnte seiner Spur durch die Baumwipfel folgen.«

»Was schlägst du vor, Muviro?«, fragte Gridley.

»Wenn das sein eigener Dschungel wäre, würde er sich über durch das Geäst in einer direkten Linie auf den Ort zubewegen, den er aufsuchen will«, antwortete der Krieger. »Es sei denn, er wäre auf der Jagd, in diesem Fall würde seine Richtung durch die Spuren und den Geruch des Wildes beeinflusst werden.«

»Er hat zweifellos hier gejagt«, sagte von Horst.

»Dann bewegt er sich in einer geraden Linie weiter, bis er die Duftspur des Wildes wahrgenommen oder eine gut ausgetretene Wildfährte gefunden hat«, sagte Muviro.

»Und was würde er dann tun?«, fragte Gridley.

»Er könnte über der Fährte warten oder ihr folgen«, antwortete Muviro. »In einem neuen Land wie diesem würde er ihr wohl nachgehen, denn er war schon immer daran ganz besessen davon, jedes neue Land zu erforschen, in das es ihn verschlägt.«

»Dann lasst uns in der gleichen Richtung in den Wald gehen, bis wir auf eine Wildfährte stoßen«, sagte Gridley.

Muviro und drei seiner Krieger gingen voraus, schnitten Gestrüpp, wo es nötig war, und markierten die Bäume in regelmäßigen Abständen, damit sie ihren Weg zum Schiff leichter zurückverfolgen konnten. Mit Hilfe eines kleinen Taschenkompasses richtete Gridley die Marschrichtung aus, die sonst unter der ewigen Mittagssonne, deren warme Strahlen durch das Laub des Waldes fielen, schwer zu halten gewesen wäre.

»Gott! Was für ein Wald!«, rief von Horst aus. »Hier nach einem Mann zu suchen, ist wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.«

»Außer«, sagte Gridley, »dass man bei der Nadel eine kleine Chance hat, sie zu finden.«

»Vielleicht sollten wir ab und zu einen Schuss abgeben«, schlug von Horst vor.

»Ausgezeichnete Idee«, sagte Gridley. »Die Gewehre haben ein stärkeres Kaliber und machen einen lauteren Knall als unsere Revolver.«

Nachdem er die anderen vor seiner Absicht gewarnt hatte, wies er einen der Schwarzen an, drei Schüsse im Abstand von einigen Sekunden abzugeben, denn weder Gridley noch von Horst waren mit Gewehren bewaffnet, jeder der Offiziere trug zwei Colts vom Kaliber 45. Danach wurde in Abständen von etwa einer halben Stunde ein einzelner Schuss abgefeuert. Aber je weiter der Suchtrupp in den Wald vordrang, desto bewusster wurde jedem Mitglied dass ihre Suche vergeblich sein könnte.

Bald änderte sich die Beschaffenheit des Waldes. Die Bäume standen nicht mehr so dicht beieinander, bildeten mit dem Unterholz aber immer noch ein fast undurchdringliches Dach. Dann stießen sie auf einen breiten Wildpfad, der von unzähligen Hufen und Tatzen bis zu einer Tiefe von zwei Fuß oder mehr unter der Oberfläche des umgebenden Bodens gedrückt wurde. Hier beging Jason Gridley einen Fehler.

»Wir müssen uns nicht mehr die Mühe machen, die Bäume zu markieren, solange wir dieser Fährte folgen«, sagte er zu Muviro, »außer an den Stellen, an denen sie sich gabelt oder von anderen Pfaden gekreuzt wird.«

Es war ein ganz natürlicher Fehler, denn ein paar vereinzelte markierte Bäume entlang des Pfades würden wenig Zweck haben, wenn sie ihm zurück folgen wollten.

Sie kamen hier besser voran, die Waziri-Krieger eilten schnellen Schrittes voraus und so, legten sie Meile für Meile zurück. Mittlerweile hatten sie sich an die Mittagssonne gewöhnt, so dass die Zeit für sie keine Bedeutung mehr hatte. Um sie herum wimmelte das Leben und zog die Aufmerksamkeit von Schwarzen und Weißen gleichermaßen auf sich.

Seltsame Affen, einige von ihnen von erstaunlich menschenähnlichem Aussehen und von beträchtlicher Größe, beobachteten sie. Vögel mit buntem und düsterem Gefieder stoben protestierend vor ihnen davon, und immer wieder tauchten düstere Schemen im Unterholz auf, begleitet vom Geräusch patschender Tatzen.

Manchmal durchquerten sie einen Waldabschnitt, der so still war wie ein Grab, und dann wieder schienen sie von einem Tumult aus abscheulichem Knurren, Brüllen und Schreien umgeben zu sein.

»Ich würde gerne ein paar von diesen Viechern sehen«, sagte von Horst nach einem besonders wilden Ausbruch von Lärm.

»Ich bin überrascht, dass wir bisher noch keine gesehen haben«, erwiderte Gridley. »Aber ich kann mir vorstellen, dass sie uns gegenüber noch ein wenig misstrauisch sind. Nicht nur wegen unserer Anzahl, sondern auch wegen der für sie fremden und ungewohnten Gerüche, die uns umgeben müssen. Die haben ihr Misstrauen noch verstärkt, das durch den Klang unserer Schüsse geweckt worden sein muss.«

»Ist Ihnen aufgefallen«, sagte von Horst, »dass der meiste Lärm von hinten zu kommen scheint? Ich meine die wilderen, knurrenden Laute. Rechts, links und vor uns habe ich Quietschen und Geräusche gehört, die wie das Trompeten von Elefanten klangen, aber nur gelegentlich scheint ein Knurren oder Brüllen aus diesen Richtungen zu kommen und dann immer von ziemlich weit weg.»

»Wie erklären Sie sich das?«, fragte Gridley.

»Ich kann es mir nicht erklären«, antwortete von Horst. »Es ist, als würden wir uns mitten in einer Jagd bewegen – mit all den wilden Fleischfressern hinter uns.«

»Diese ewige Mittagssonne hat ihre Vorteile«, bemerkte Gridley lachend, »denn sie sorgt wenigstens dafür, dass wir die Nacht nicht hier verbringen müssen.«

In diesem Augenblick wurde die Aufmerksamkeit der beiden Männer durch den Ausruf eines Waziri hinter ihnen abgelenkt. »Schau, Bwana! Schau dort!«, rief der Mann und deutete auf zurück auf den Pfad. Gridley und von Horst folgten dem ausgestreckten Finger des Waziri und sahen eine riesige Bestie, die sich langsam hinter ihnen anschlich.

»Grundgütiger!«, rief von Horst aus, »und ich dachte, Dorf würde übertreiben.«

»Es scheint mir unmöglich, dass fünfhundert Meilen unter unseren Füßen Automobile durch überfüllte Straßen rasen, die von riesigen Gebäuden gesäumt sind. Dass dort der Telegraf, das Telefon und das Radio so alltäglich sind, dass sie keine Bemerkung mehr wert sind, dass zahllose Tausende ihr ganzes Leben dort verbringen, ohne jemals eine Waffe zur Selbstverteidigung benutzen zu müssen. Gleichzeitig stehen wir hier im selben Augenblick einem Säbelzahntiger gegenüber – und zwar in einer Umgebung, die es auf der äußeren Kruste vielleicht seit einer Million Jahren nicht mehr gibt«, rief Gridley aus.

»Seht euch das Biest an!«, rief von Horst aufgebracht. »Wenn es einen gibt, wird es wohl auch ein Dutzend von ihnen geben.«

»Sollen wir schiessen, Bwana?«, fragte einer der Waziri.

»Noch nicht«, sagte Gridley. »Schließt auf und seid bereit. Sie scheinen uns nur zu verfolgen.«

Langsam zog sich die Gruppe zurück, wobei eine Reihe von Waziri die Nachhut bildete und die Tiger im Blick behielt. Muviro ließ sich an Gridleys Seite zurückfallen.

»Seit einiger Zeit, Bwana«, begann er, »sehen wir auf dem Pfad die Spuren vieler Elefanten, oder zumindest etwas, das wie Elefantenspuren aussieht. Vorhin habe ich gerade einige der Tiere vor mir gesichtet. Ich habe sie nicht genau erkannt, aber wenn es keine Elefanten sind, dann sind sie ihnen sehr ähnlich.«

»Wir scheinen zwischen dem Teufel und der Tiefsee zu stecken«, sagte von Horst.

»Und auf jeder Seite von uns sind entweder Elefanten oder Tiger«, sagte Muviro. »Ich kann hören, wie sie sich durch das Gebüsch bewegen.«

Vielleicht hatten alle Männer den Gedanken, sich auf die Bäume zu flüchten, aber aus irgendeinem Grund sprach ihn keiner aus. Und so bewegten sie sich langsam weiter auf dem Pfad, bis er plötzlich in ein großes, offenes Gebiet im Wald mündete, wo der Boden nur spärlich mit Gestrüpp bedeckt war und es nur wenige Bäume gab. Die Lichtung umfasste vielleicht hundert Hektar, dahinter wuchs auf allen Seiten wieder der Wald.

Von zahlreichen Pfaden her trat eine seltsame Prozession auf die Lichtung, wie sie die Augen dieser Männer noch nie gesehen hatten. Da waren große, ochsenartige Kreaturen mit zotteligem Fell und weit ausladenden Hörnern. Es gab Rothirsche und Faultiere von gigantischer Größe. Es gab Mastodons und Mammuts und eine riesige, elefantenartige Kreatur, die zwar einem Elefanten ähnelte, aber gar kein Elefant war. Ihr großer Kopf war vier Fuß lang und drei Fuß breit. Sie hatte einen kurzen, kräftigen Rüssel und von ihrem Unterkiefer bogen sich mächtige Stoßzähne nach unten und gegen den Körper hin. Bis zu den Schultern stand es mindestens zehn Fuß über dem Boden, und in der Länge muss es volle zwanzig Fuß gemessen haben. Jedoch wurde die Ähnlichkeit mit einem Elefanten durch seine kleinen, schweineartigen Ohren gemindert.

 

Die beiden weißen Männer vergaßen in ihrem Erstaunen über diesen Anblick die Tiger hinter sich und blieben stehen, um die riesige Ansammlung von Tieren auf der Lichtung zu betrachten.

»Haben Sie jemals so etwas gesehen?«, rief Gridley aus.

»Nein, und auch sonst niemand, schätze ich«, antwortete von Horst.

»Ich könnte viele von ihnen katalogisieren«, sagte Gridley, »obwohl praktisch alle auf der Erdoberfläche ausgestorben sind. Aber dieser Bursche da hat es mir angetan«, sagte er und zeigte auf das elefantenartige Wesen mit den nach unten gerichteten Stoßzähnen.

»Ein Dinotherium aus dem Miozän«, sagte von Horst.

Muviro war neben den beiden Männern stehen geblieben und starrte mit großen Augen auf die Szene vor ihm.

»Nun«, fragte Gridley, »was hältst du davon, Muviro?«

»Ich glaube, ich verstehe jetzt, Bwana«, antwortete der Schwarze. »Wenn wir jemals entkommen wollen, ist unsere einzige Chance, diese Lichtung so schnell wie möglich zu überqueren. Die großen Katzen treiben diese Kreaturen hier zusammen, und bald wird es ein Gemetzel geben, wie es die Augen der Menschheit noch nie gesehen haben. Wenn uns nicht die Katzen umbringen, werden wir wohl von diesen Bestien zu Tode getrampelt. Egal, ob sie versuchen zu fliehen, oder gegen die Tiger zu kämpfen.«

»Ich glaube, du hast recht, Muviro«, sagte Gridley.

»Direkt vor uns ist eine Lücke«, sagte von Horst.

Gridley rief die Männer um sich und deutete über die Lichtung hinweg auf den Wald auf der gegenüberliegenden Seite. »Offenbar besteht unsere einzige Chance darin, jetzt hinüberzugehen«, sagte er, »bevor die Raubkatzen die Tiere hier eingekreist haben. Wir sind schon zu weit auf der Lichtung, um zu versuchen, in den Bäumen auf dieser Seite Zuflucht zu suchen. Die Säbelzahntiger sind bereits zu nahe. Bleibt also dicht beieinander und schießt nur, wenn wir angegriffen werden.«

»Seht!«, rief von Horst. »Die Tiger dringen von allen Seiten auf die Lichtung ein. Sie haben ihre Beute umzingelt.«

»Dort gibt es noch eine Lücke, Bwana«, sagte Muviro.

Schon bewegte sich die kleine Gruppe langsam über die Lichtung, die mit nervösen Tieren bevölkert war, die sich aufgeregt hin und her bewegten und deren ganzes Verhalten von nervöser Besorgnis geprägt war. Vor dem Auftauchen der Tiger hatten sich die Tiere ruhig bewegt, einige von ihnen knabberten am kurzen Gras der Lichtung oder an den Blättern und Zweigen der verstreuten Bäume, die dort wuchsen, aber mit dem Erscheinen des ersten Fleischfressers änderte sich ihre Haltung. Ein riesiger Mastodon-Bulle hob seinen Rüssel und trompetete schrill, und augenblicklich war jeder Pflanzenfresser in Alarmbereitschaft. Und Als die zahlreichen Augen oder Nasenlöcher die Anwesenheit der Großkatzen entdeckten, fügte jedes Tier seine Stimme dem Pandämonium hinzu, das nun herrschte. Zu dem Quieken, Trompeten und Brüllen der Beute gesellte sich bald auch das abscheuliche Knurren und Brüllen der Raubtiere.

»Seht euch diese Katzen an!«, rief von Horst. »Es müssen Hunderte von ihnen sein.« Seine Schätzung war nicht übertrieben, denn von allen Seiten der Lichtung, mit Ausnahme eines einzigen Punktes ihnen gegenüber, kamen die Tiger aus dem Wald und begannen, die Herde einzukreisen. Dass sie sich nicht sofort auf sie stürzten, zeugte von ihrem Respekt diesen riesigen Tieren gegenüber, die sie eben eingekreist hatten und die sie wohl nie angreifen würden, wären sie nicht in der Überzahl.

Jetzt rollte ein Mammut, ein riesiger Bulle mit erhobenem Schwanz und aufgestellten Ohren, seinen Rüssel um den Kopf und griff an. Ein paar der Großkatzen sprangen ihm mit furchtbarem Knurren entgegen, woraufhin der Bulle die Nerven verlor, sich in einem weiten Kreis umdrehte und wieder zur Herde zurückkehrte. Hätte er sich durch diese bedrohliche Reihe von Reißzähnen und Krallen hindurchgewagt, was bei seiner Größe, seinem Gewicht und seiner Kraft durchaus möglich gewesen wäre, hätte er eine Gasse schaffen können, durch die die meisten anderen Tiere der Herde in Sicherheit hätten gelangen können.

Die verängstigten Pflanzenfresser, deren Aufmerksamkeit sich ganz auf die bedrohlichen Tiger richtete, schenkten den unbedeutenden Menschenwesen, die zwischen ihnen vorbeizogen, wenig Beachtung. Aber es gab einige Ausnahmen. Ein Hirsch, der direkt in ihrer Marschroute brüllend und scharrend die Erde durchwühlte, erschreckt durch den Geruch der Fleischfresser und erregt und verärgert durch das aufgeregte Trompeten und Rufen der Tiere um ihn herum, wollte seinen Unmut an irgendetwas auslassen, senkte den Kopf und griff sie an. Ein Waziri-Krieger hob sein Gewehr zur Schulter und feuerte, und ein prähistorischer Bos Primigenus brach unter dem Aufprall eines modernen Geschosses zusammen.

Als der Knall des Gewehrs über die anderen Geräusche der Lichtung ertönte, verstummten diese für einen Moment, und die volle Aufmerksamkeit von Jägern und Gejagten richtete sich auf die kleine Gruppe von Männern, die in der Gegenwart der mächtigen Bestien aus längst vergangenen Tagen so mickrig und unbedeutend wirkte. Ein Dinotherium, mit aufgestellten Ohren und steif aufgestelltem Schwanz, schritt langsam auf sie zu. Augenblicklich folgten andere seinem Beispiel, bis es schien, dass die ganze Ansammlung auf sie zukam. Der Wald war noch dreihundert Fuss entfernt, als Jason Gridley den Ernst der Lage erkannte, in der sie sich jetzt befanden.

»Wir müssen fliehen«, sagte er. »Verpasst ihnen eine Salve und dann rennt zu den Bäumen. Wenn sie angreifen, ist jeder auf sich selbst gestellt.«

Die Waziri drehten sich um und stellten sich der langsam vorrückenden Herde entgegen. Dann feuerten sie auf Gridleys Befehl hin. Die donnernde Salve hatte ihre Wirkung auf die vorrückenden Tiere. Sie zögerten, dann drehten sie sich um und wichen zurück. Hinter ihnen waren aber die Raubtiere. Also drehten sie sich wieder in die Richtung der Männer, die sich jetzt schnell auf den Wald zubewegten.

»Aufgepasst, sie kommen!«, rief von Horst. Und ein Blick zurück verriet, dass die gesamte Herde, von den Tigern hinter ihnen in Angst und Schrecken versetzt, in einen wahnsinnigen Ansturm ausgebrochen war. Ob es sich dabei um einen direkten Angriff auf die kleine Gruppe von Männern handelte, ist fraglich, aber die Tatsache, dass sie sich in ihrem Weg befanden, reichte aus, um ihren Untergang zu besiegeln, sollten sie es nicht schaffen, sich rechtzeitig vor den anstürmenden Vierbeinern im Schutz des Waldes in Sicherheit zu bringen.

»Verpasst ihnen noch eine Salve!«, rief Gridley. Die Waziri drehten sich erneut um und feuerten. Ein Dinotherium, ein Thag und zwei Mammuts stolperten und fielen zu Boden, aber der Rest der Herde hielt nicht inne. Sie sprangen über die Kadaver ihrer gefallenen Kameraden und stürzten sich auf die fliehenden Männer.

Jetzt kämpfte wirklich jeder für sich, und die Menschengruppe wurde so dicht bedrängt, dass selbst die tapferen Waziri die Flucht ergriffen und die Gewehre wegwarfen, weil sie diese als nutzlose Last ansahen.

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