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Achtes Kapitel – Die Versöhnung

Achtes Kapitel – Die Versöhnung

Allgemein war die Freude, als die Begnadigung des Kronprinzen bekannt ward; die große Furcht, die man längere Zeit für sein Schicksal gehegt, hatte ihn dem Volke nur noch weiter gemacht, als er es bereits früher war. Die österreichische Partei sorgte indes nach Kräften dafür, dem kaiserlichen Hofe das Verdienst der Begnadigung zuzuschreiben. Auch wusste der kaiserliche Gesandte, Graf Seckendorf, den König ohne sonderliche Mühe dahin zu bewegen, dass er in seiner Antwort auf des Kaisers Verwendungsschreiben es geradezu aussprach, dass der Kronprinz seine Begnadigung nur dem Kaiser zu verdanken habe und dass er nur wünsche, der Kronprinz möge sich für eine so liebevolle Verwendung stets dankbar erweisen. Zugleich wurde Friedrich selbst zu einem Dankschreiben an den Kaiser veranlasst, worin er dieselben Ansichten aussprechen musste. Auch war es Seckendorf, auf dessen Rat der König dem Kronprinzen jenen Eid hatte abnehmen und die Beschäftigung desselben in Küstrin für die nächste Zukunft bestimmen lassen. In dem öffentlichen Rundschreiben jedoch, welches der König den verschiedenen Höfen über die Begnadigung des Kronprinzen mitteilte, führte er als den Grund der letzteren nur die eigene königliche Gnade und väterliche Milde an.

Dem Kronprinzen war in Küstrin ein eigenes Haus zur Wohnung eingerichtet, eine kleine Dienerschaft und ein, freilich beschränktes, Einkommen zugewiesen worden; mit letzterem musste möglichst sparsam gewirtschaftet und regelmäßig Rechnung abgelegt werden. An den Sitzungen der neumärkischen Kammer, in welcher er am 21. November zum ersten Male erschien und durch ein Gratulationsgedicht von Seiten der Kammerkanzlei bewillkommnet wurde, nahm er als jüngster Kriegs- und Domainenrat teil, ohne dass ihm jedoch bei den Abstimmungen ein Votum zukam. In den einzelnen Teilen seines neuen Berufes, in den Finanz- und Polizei-Angelegenheiten, ebenso in der Landwirtschaft und Verwaltung der Domänen, erhielt er besonderen theoretischen Unterricht. Im Übrigen blieb seine Lage noch sehr beschränkt; er durfte die Stadt nicht verlassen; Lektüre, namentlich französischer Bücher, und selbst musikalische Beschäftigung blieb ihm untersagt.

Doch war der Präsident von Münchow bemüht, ihm den Aufenthalt in Küstrin möglichst angenehm zu machen; auch fehlte es nicht an anmutigen geselligen Beziehungen, die dem Kronprinzen die ursprüngliche Heiterkeit und Unbefangenheit seines Gemütes wiedergaben. So hatte unter anderen die verwitwete Landrätin von Manteuffel, eine geborene von Münchow, durch geistreichen Verkehr seine Zuneigung erworben. Als sie, noch vor Ende des Jahres, im Begriff war, eine Reise auf ihre Güter zu machen, sandte er ihr, sein eigenes Los schon parodierend, eine eigene scherzhafte Kabinettsorder zu, in welcher er aufs Feierlichste gegen ihre beabsichtigte Desertion protestierte und einem so strafbaren Unternehmen sein allerhöchstes Missfallen bezeigte. Das Verbot gegen die Lektüre hatte man schon in dem engen Gefängnisse zu umgehen gewusst. Noch weniger ernstlich scheint auf das Verbot in Bezug auf die Musik bestanden worden zu sein, indem Friedrich sich von dem Generalmajor von Schwerin den Hautboisten Fredersdorf, einen vorzüglichen Flötenbläser zur Unterstützung in seinen musikalischen Beschäftigungen erbitten durfte. Er hatte diesen schon früher kennen gelernt, als er einst durch Frankfurt reiste und die Studenten ihm eine Abendmusik brachten, wobei Fredersdorf sich durch sein Flötenspiel auszeichnete. Später machte ihn Friedrich zu seinem geheimen Kämmerer, und Fredersdorf ist ihm bis an sein Ende wert geblieben.

Der Kronprinz hatte sich geschmeichelt, dass seine unbedingte und aufrichtig gemeinte Unterwerfung unter den Willen des Königs ihm auch in der Tat das Herz des Vaters zurückführen werde. Noch aber war der König keineswegs von allem Misstrauen gegen den Sohn befreit; noch argwöhnte er fort und fort, dass die notgedrungene Unterwerfung desselben nur Verstellung und dass des Sohnes Herz zur Liebe gegen ihn nicht fähig sei. Als nun der Winter verging und der Prinz noch durch kein Zeichen unmittelbarer, persönlicher Teilnahme des Vaters erfreut war, als er jener Unterrichts-Gegenstände, die ihm vorgetragen wurden, sich mit einer Gewandtheit des Geistes bemächtigt hatte, die seine Lehrer in Erstaunen setzte, und doch der Kreis seiner Wirksamkeit so beschränkt blieb wie bisher, da drohte ein neuer Unmut in ihm Wurzel zu schlagen. Schon sann er auf neue Mittel, wie er sich – zwar nicht ohne Wissen und Teilnahme des Königs – aus seiner drückenden Lage befreien könne. Er glaubte, dass jene englische Heirat noch immer an dem Misstrauen des Königs Schuld sei; er erklärte also in einer vertraulichen Mitteilung an den General Grumbkow, dass er die Gedanken daran vollständig aufgegeben habe, dass er vielmehr sich bereitwillig der Absicht des Königs fügen werde, wenn dieser, wie man sage, eine Vermählung zwischen ihm und der ältesten Tochter des Kaisers zustande zu bringen gedenke. Er bemühte sich, die leichte Ausführbarkeit eines solchen Planes zu entwickeln, vorausgesetzt, dass er nicht seine Religion zu verändern brauche, und er erklärte sich hierbei auch zu der Bedingung bereit, das Recht auf die preußische Thronfolge seinem Bruder zu überlassen, indem die österreichischen Besitzungen, in Ermangelung männlicher Erben, auf die älteste Tochter des Kaisers übergehen mussten. Grumbkow vermutete indes, dass der Kronprinz diesen Plan nur entworfen habe, um dadurch überhaupt von den Gesinnungen des Königs unterrichtet zu werden; er entwickelte dem Prinzen die ganze Unausführbarkeit, und von der Sache wurde nicht weiter gesprochen.

Doch ließ es sich Grumbkow im Interesse der österreichischen Partei angelegen sein, eine wirkliche Versöhnung zwischen Vater und Sohn herbeizuführen. Der erste nähere Beweis der väterlichen Gnade war die Übersendung geistlicher Bücher und eines ermahnenden Briefes, welche im Mai erfolgte. Aber es währte noch ein paar Monate, ehe der König sich entschließen konnte, den Kronprinzen wiederzusehen. Endlich, am 15 August 1731, kam er bei Gelegenheit einer größeren Reise zum Besuche nach Küstrin. Er trat im Gouvernementshause ab und ließ den Kronprinzen aus seiner Wohnung zu sich berufen. Das Äußere des Sohnes hatte sich in dem verflossenen Jahre so verändert, dass schon der bloße Anblick dem Könige günstige Gesinnungen einflößen musste; die französische Leichtfertigkeit seines Benehmens war verschwunden und männlicher Ernst an deren Stelle getreten. Sowie der König den Kronprinzen erblickte, fiel ihm dieser zu Füßen. Der König ließ ihn aufstehen und stellte ihm nun in einer nachdrücklichen Rede noch einmal seine Vergehungen vor; er sagte ihm, wie ihn nichts so empfindlich berührt habe, als dass der Kronprinz kein Vertrauen zu ihm gehabt, da doch alles, was er zum Besten seines Hauses und seines Staates getan, nur für ihn geschehen sei; er habe nichts als die Freundschaft des Kronprinzen gewünscht. Der Letztere benahm sich bei dieser Rede und bei den Fragen, die der König an ihn über die Geschichte seiner Flucht Tat, und die er mit Aufrichtigkeit beantwortete, so zur Zufriedenheit des Vaters, dass ihm dieser alles Geschehene liebevoll vergab. Als der König endlich im Begriff war, die Reise fortzusetzen, und der Kronprinz ihn an den Wagen begleitete, umarmte er ihn vor allem Volk und versicherte ihm, dass er jetzt nicht mehr an seiner Treue zweifle, vielmehr weiter für sein Bestes sorgen wolle. Friedrich war von lebhafter Freude bewegt, ebenso das ganze Volk, welches sich um das Gouvernementshaus versammelt und in banger Erwartung auf den Ausgang der Unterredung geharrt hatte. Der nächste Erfolg dieser Versöhnung war der, dass der Kronprinz eine größere Freiheit erhielt, als ihm bisher gestattet war, obschon der König keineswegs die Absicht hatte, sofort alles auf den alten Stand zu setzen. Vielmehr gedachte er, in weiser Rücksicht auf das wahre Wohl des Sohnes, diesen die Lehrzeit in Küstrin möglichst gründlich vollenden zu lassen. Er musste den Sitzungen der Kammer nach wie vor beiwohnen, doch so, dass er neben dem Präsidenten zu sitzen kam, mit diesem zugleich unterschrieb und in allen Angelegenheiten sein Votum mit abgab. Zugleich sollte er die königlichen Domänen in der Umgegend Küstrins, in Gesellschaft eines erfahrenen Rates, bereisen und sich praktisch in den Dingen üben, die er bisher nur theoretisch erlernt. Ebenso ward für seine häusliche Bequemlichkeit gesorgt, er ward mit reicherer Garderobe versehen und erhielt eine Equipage zu seiner Verfügung.

Mit großem Eifer ergab sich der Kronprinz seinem erweiterten Berufe. Bei seinen Reisen nach den Ämtern ließ er es sich angelegen sein, sich über alle Einzelheiten der ökonomischen Verwaltung zu unterrichten; er gab dem Könige über alles Rechenschaft und bemühte sich, Vorschläge zu Verbesserungen und zur Vermehrung des Ertrages, wie sie ihm zweckmäßig schienen, vorzulegen. So trug er z. B. darauf an, dass aus dem einen Amte eine wüste Stelle urbar gemacht und ein Vorwerk darauf angelegt werden möchte, worüber er den detaillierten Anschlag einsandte; dass auf einem anderen Amte die verfallenen Wirtschafts-Gebäude in einer zweckmäßigeren Verbindung neu gebaut würden; dass auf einem dritten ein großer Bruch, der zum Wildstande unbenutzbar war, geräumt und für wirtschaftliche Benutzung gewonnen würde usw. Der König ging mit inniger Freude auf solche Vorschläge ein, suchte den Kronprinzen auf alles Einzelne, was dabei zu berücksichtigen sei, aufmerksam zu machen und durch diese Teilnahme seinen Eifer rege zu halten. Er hatte die Genugtuung, dass bald auch vonseiten der Männer, denen er die Beaufsichtigung Friedrichs anbefohlen, die vorteilhaftesten Berichte über die erfolgreiche Tätigkeit desselben einliefen. Zugleich versäumte der Kronprinz nicht, sich auch in minder wichtigen Dingen den Wünschen des Königs zu bequemen.

Ohne eigene Neigung zur Jagd, berichtete er von dem Wildstande, den er in den verschiedenen Gegenden vorgefunden, von den seltenen Tieren, die er bemerkt, von der Anzahl Sauen, die er selbst erlegt habe, usw. Auch ließ er, gewiss nicht ohne Absicht, in seinen Briefen manche Bemerkungen über soldatische Angelegenheiten einfließen, denn immer noch entbehrte er des höchsten Beweises der väterlichen Verzeihung, der militärischen Uniform. Endlich fehlte es auch nicht an erfahrenen Freundesstimmen, die durch klugen Rat dahin einwirkten, dass der Kronprinz sein persönliches Betragen in der Gesellschaft, namentlich in seinem Verhältnis zum Könige, immer mehr dem Wunsche und der Neigung des Letzteren gemäß einrichtete. Unter diesen Ratgebern ist besonders Grumbkow, in dieser Beziehung nur ehrenvoll, zu erwähnen.

In Berlin, in der königlichen Familie selbst, hatten unterdessen die Verhältnisse ebenfalls eine Gestalt gewonnen, welche Beruhigung nach so vielen Kümmernissen erwarten ließ. Die Prinzessin Wilhelmine hatte sich, obgleich die Mutter noch immer, wenigstens in Bezug auf sie, die Verbindung mit England unterhielt, endlich entschlossen, einem der Prinzen, welche ihr vom Vater vorgeschlagen wurden, ihre Hand zu geben.


Markgraf Friedrich, Erbprinz von Bayreuth

Unter drei Freiwerbern wählte sie, weil ihr die beiden anderen bekannt und widerwärtig waren, den einen, den sie nicht kannte, den Erbprinzen von Bayreuth, und sie hatte sich in Wahrheit über das Los, welches sie gezogen, nicht zu beklagen. Am 1. Juni war die Verlobung geschehen; die Vermählung erfolgte am 20. November desselben Jahres. Es ist zu bemerken, dass am Tage der Verlobung und am Tage der Vermählung, beide Male aber zu spät, ein englischer Kurier in Berlin angekommen war, der dem Könige sehr annehmliche Anträge über eine Verbindung der Prinzessin Wilhelmine mit einem englischen Prinzen gebracht hatte. Dass der Kurier beide Male zu spät kam, ließ indes an der Aufrichtigkeit Englands zweifeln.

Der König hatte seiner Tochter zum Dank für ihr Eingehen in seine Wünsche versprochen, dass die gänzliche Befreiung des Kronprinzen unmittelbar nach ihrer Hochzeit stattfinden solle. Der vierte Tag der Hochzeitsfeierlichkeiten wurde von dem König durch einen großen Ball in den Prunkzimmern des Schlosses gefeiert, und es wurde eben ein Menuett getanzt, als der Kronprinz eintrat. Nicht bloß sein Benehmen, auch seine körperliche Erscheinung hatte sich in der langen Zeit seiner Abwesenheit geändert; er war größer und stärker geworden; in dem schlichten hechtgrauen Kleide, welches er auch jetzt noch trug, mischte er sich unbemerkt unter die Hofbedienten, die in der Nähe der Tür standen. Niemand außer dem König wusste um seine Anwesenheit; es währte geraume Zeit, ehe er erkannt wurde. Endlich ward die Königin, die beim Spiele saß, durch die Oberhofmeisterin von seiner Anwesenheit benachrichtigt; sie legte die Karten weg, ging ihm entgegen und schloss ihn in ihre Arme. Die Prinzessin Wilhelmine war außer sich vor Freude, als sie durch Grumbkow, mit dem sie gerade im Tanze begriffen war, die Ankunft des Bruders vernahm; aber auch sie suchte lange mit den Augen, ehe sie ihn erkannte. Nachdem sie ihn mit der innigsten Zärtlichkeit bewillkommnet, warf sie sich dem Vater zu Füßen und drückte diesem die Gefühle ihrer Dankbarkeit so lebhaft aus, dass er den Tränen nicht zu widerstehen vermochte. Auffallend gegen solche Zärtlichkeit war das kühle Betragen des Bruders, so dass er selbst einer vorübergehenden Missbilligung von Seiten des Königs nicht entging. Der Grund dieses Betragens lag einesteils wohl darin, dass Friedrich eben aus Rücksicht auf den Vater den Entschluss gefasst haben mochte, die Vertraulichkeit mit der Schwester, die früher zu so vielen Anschuldigungen Anlass gegeben hatte, öffentlich nicht mehr in gleichem Maße fortzusetzen; sodann aber war er in der Tat inzwischen ein Anderer geworden, und seine Gedanken waren nicht mehr, wie in den früheren Zusammenkünften mit der Schwester allein auf Spiele und Scherze gerichtet. Die Prinzessin empfand die Entfremdung mit Kümmernis, doch kehrte die alte Innigkeit zwischen Beiden bald zurück.

Einige Tage darauf erbaten die sämtlichen höheren Offiziere, die in Berlin anwesend waren, unter Anführung des Fürsten von Dessau, die Wiederaufnahme des Kronprinzen in den Militärdienst. Am 30. November erhielt er die Uniform eines Infanterie-Regimentes, zu dessen künftigem Befehlshaber er ernannt wurde. Für den Winter indes musste er die Uniform noch einmal mit seinem bürgerlichen Kleide vertauschen und in den Kreis seiner bisherigen Tätigkeit nach Küstrin zurückkehren. Mit erneutem Eifer und zur stets wachsenden Zufriedenheit des Vaters ging er hier auf die ihm übertragenen Beschäftigungen ein. Die Inspektionsreisen wurden ausgedehnter; vornehmlich waren es jetzt die in jener Gegend vorhandenen Glashütten und deren Betrieb, was ihm Gelegenheit zur Bereicherung seiner Kenntnisse darbot. Er benutzte dies sorgfältig und wusste den Ertrag, den die Glashütten brachten, ungleich vorteilhafter als bisher zu gestalten. Er entwarf auch einen Plan, wie diese Verbesserungen in der Verwaltung der Glashütten auf den sämtlichen Domänen des Landes durchzuführen seien, und der König, dem jede Vermehrung des Einkommens sehr genehm war, befahl, dass nach dem Plane des Kronprinzen in allen Provinzen verfahren werden solle. Aber auch jetzt wurden die militärischen Angelegenheiten nicht versäumt; als besondere Gnade bat sich Friedrich vom Könige, das Exerzier-Reglement aus und suchte sich durch eifriges Studium desselben auch für den kriegerischen Dienst geschickt zu machen. Nachdem ein Fieber, welches ihn gegen das Ende des Januar 1732 befiel, dem Könige noch besondere Gelegenheit gegeben hatte, durch sorgfältige Anordnungen für die Gesundheit des Sohnes seine zurückgekehrte väterliche Liebe zu bezeugen, wurde dieser endlich im Februar nach Berlin zurückgerufen, zum Obersten und Befehlshaber des von der Goltzischen Regimentes ernannt, und ihm die Stadt Ruppin zu seinem Standquartiere angewiesen. Als Friedrich in Küstrin von dem Präsidenten von Münchow Abschied nahm und dieser ihn bei der letzten vertraulichen Unterredung fragte, was wohl dereinst, nach seiner Thronbesteigung, diejenigen von ihm zu erwarten haben würden, die sich in der Zeit des Zwiespaltes mit dem Könige feindselig gegen ihn benommen hatten, erwiderte er: „Ich werde feurige Kohlen auf ihr Haupt sammeln!“

* * *

Neuntes Kapitel – Die Vermählung

Neuntes Kapitel – Die Vermählung

Der Friede zwischen dem Könige und seinem Sohne war nunmehr geschlossen. Aber ebenso wie der Kronprinz war auch der Vater bemüht, die Gelegenheiten zu neuem Bruche zu vermeiden. Und weil er wohl erkannt hatte, dass die Natur dem Charakter seines Sohnes eine andere Richtung als dem seinigen gegeben hatte und dass es unmöglich sein würde, ihn ganz zu seinem Ebenbilde umzugestalten, so hielt er fortan eine Trennung des gewöhnlichen Aufenthaltes, wie solche schon im verflossenen Jahre so vorteilhaft gewirkt hatte, für notwendig. Dies war der Grund, weshalb dem Kronprinzen das neun Meilen entfernte Ruppin zum künftigen Wohnorte angewiesen war. Hier musste ihm natürlich eine größere Freiheit in seinem Tun und Treiben gestattet sein, vorausgesetzt, dass er im Übrigen die Anordnung seines Vaters, namentlich seine Ausbildung für den Soldatendienst, die ihm jetzt als wichtigste Pflicht oblag, befolgte. Diese weise Maßregel bewährte sich in solchem Maß, dass von jetzt an das Vertrauen zwischen Sohn und Vater nur im Zunehmen begriffen blieb, und dass augenblickliche Missverhältnisse, die allerdings bei so verschiedenen Charakteren und bei der feststehenden Geistesrichtung des Königs nicht ganz ausbleiben konnten, doch ohne weitere Folgen vorübergingen. Zunächst hatte freilich der Sohn, um seine vollkommene Unterwerfung unter den Willen des Vaters zu bezeugen, noch einen sehr schmerzlichen Kampf zu bestehen. Um einen der wichtigsten Anlässe zu weiterer Misshelligkeit zu beseitigen, dachte der Vater sehr ernstlich auf die Verheiratung des Kronprinzen. Schon während sich der Letztere in Küstrin aufhielt, waren die ersten Einleitungen dazu getroffen. Die österreichische Partei, die den König noch immer ausschließlich beherrschte und die mit aller Macht den noch immer nicht ganz besiegten englischen Einflüssen entgegen zu arbeiten suchte, wusste es dahin zu bringen, dass eine Nichte der Kaiserin, Elisabeth Christine, eine Prinzessin von Braunschweig-Bevern, in Vorschlag gebracht wurde. Friedrich Wilhelm ging hierauf umso freudiger ein, als ihm der Vater der Prinzessin persönlich vor vielen Fürsten wert war.


Elisabeth Christine, Prinzessin von Braunschweig-Bevern

Der Kronprinz gab seine Zustimmung, aber mit Verzweiflung im Herzen. Man hatte ihm gesagt, die Prinzessin sei hässlich und sehr beschränkten Geistes; und er, in der ersten Blüte der Jugend, aller Lust des Lebens umso eifriger zugetan, je entschlossener die seltene Gelegenheit erhascht werden musste, sollte sich so früh durch ein Band fesseln lassen, das in zweifacher Beziehung seinen Neigungen widersprach! Er suchte einen anderen Ausweg. Die Prinzessin Katharine von Mecklenburg, Nichte der Kaiserin Anna von Russland und von dieser an Kindesstatt angenommen, schien seinen Wünschen ein ungleich angemessenerer Gegenstand. Als er jedoch hierüber Mitteilungen machte und eine solche Wahl wiederum dem österreichischen Hofe sehr bedenklich erschien, so wurden die Anstrengungen von dieser Seite, rücksichtlich der Prinzessin von Braunschweig, verdoppelt und der Wille des Königs von Preußen unwiderruflich bestimmt.

Schon im März 1732, als der Herzog Franz Stephan von Lothringen, der künftige Schwiegersohn des Kaisers, einen Besuch am Hofe von Berlin abstattete, und zu den ehrenvollen Festlichkeiten, mit denen derselbe empfangen wurde, auch die braunschweigischen Herrschaften eingeladen waren, wurde die Verlobung des Kronprinzen mit der Prinzessin Elisabeth Christine gefeiert. Friedrich fand sich, zu seiner großen Beruhigung, durch die früheren Berichte über seine Braut getäuscht; denn sie war keineswegs hässlich, vielmehr von eigentümlicher Anmut in der äußeren Erscheinung, und die übergroße Schüchternheit ihres Benehmens, die sie als beschränkt erscheinen ließ, hoffte er später zu beseitigen. Doch war er klug genug, sich von dieser Veränderung seiner Gesinnungen nichts merken zu lassen, damit der Vater das Opfer, welches er ihm darbrachte, umso höher anschlagen möge. Österreichischerseits tat man alles, um die Prinzessin, bis zur Vermählung, den Wünschen des Kronprinzen gemäß auszubilden; man sorgte für eine geschickte Hofmeisterin; man bemühte sich später sogar, einen ausgezeichneten Tanzmeister für sie zu werben, da der Kronprinz, der damals mit ebenso großer Leidenschaft wie Anmut tanzte, sich über ihren Tanz missfällig geäußert hatte. Die Heirat war auf das nächste Jahr bestimmt, vom kaiserlichen Hofe suchte man dieselbe nach Möglichkeit zu beschleunigen, damit das bisher Gewonnene nicht wieder verloren gehe, was der damals sehr schwankende Gesundheitszustand des Königs befürchten ließ.

Nach Beendigung der Festlichkeiten kehrte der Kronprinz nach Ruppin zurück. Die Ruhe, welche er hier genoss, tat seinem Geiste innig wohl. Zwar ließ er es sich aufs Eifrigste angelegen sein, das ihm anvertraute Regiment unablässig zu üben, für dessen Wohl und Tüchtigkeit zu sorgen, besonders aber, demselben durch die Anwerbung großer Rekruten in den Augen des Königs ein möglichst stattliches Ansehen zu verschaffen; auch versäumte er nicht die ökonomischen Angelegenheiten, die ihm der König gleichzeitig aufgetragen hatte; doch waren die Mußestunden hier ohne weiteren Zwang der Bildung seines Geistes, der Lektüre und Musik gewidmet. Ernstlicher als in früherer Zeit konnte er jetzt auf eine wissenschaftliche Durchbildung bedacht sein, und die großen Männer und die großen Taten der Vorzeit, traten im Spiegel der Geschichte, zu gleichem Tun begeisternd, vor sein inneres Auge. Nahe bei Ruppin selbst, bei Fehrbellin, war klassischer Boden: Hier hatte vor einem halben Jahrhundert des Kronprinzen Ahnherr, der große Kurfürst, die Scharen der Schweden wie ein Gewittersturm vernichtet und sein Land frei gemacht. Er besuchte die Wahlstatt, sich von allen Einzelheiten des denkwürdigen Vorganges zu unterrichten, wohl ahnend, dass seine eigene Zukunft ein solches Studium notwendig machen werde. Ein alter Bürger von Ruppin, der jener Schlacht in seiner Jugend beigewohnt, war sein Führer. Als man die Besichtigung vollendet hatte, fragte diesen der Prinz heiteren Mutes, ob er ihm nicht die Ursache jenes Krieges sagen könne. Treuherzig erwiderte der Alte, der Kurfürst und der Schwedenkönig hätten in ihrer Jugend zusammen in Utrecht studiert, hätten sich aber so wenig miteinander vertragen können, dass es endlich zu solchem Ausbruche habe kommen müssen. Er wusste nicht, dass ein ähnliches Verhältnis zwischen Friedrichs eigenem Vater und dem Könige von England fast zu gleichen Folgen gefühlt hatte und dass es nicht ohne wesentlichen Einfluss auf das Schicksal des Kronprinzen gewesen war.

Zu gleicher Zeit aber sollte ihm auch die Gegenwart das großartigste Beispiel zur Nacheiferung darbieten, und es musste dasselbe umso tiefer auf sein Gemüt wirken, als es gerade der eigene Vater war, der sich hierdurch den Augen der Welt in hochwürdiger Weise darstellte. Es war das Jahr 1732, in welchem Friedrich Wilhelm den protestantischen Bewohnern von Salzburg, die in der Heimat um ihres Glaubens willen bedrückt und verfolgt wurden, seine königliche Hilfe darbot und ihnen in seinen Staaten eine neue Heimat und eine sichere Freistatt eröffnete. In unzähligen Scharen, mehr als zwanzigtausend, betraten die Auswanderer das gastliche Land, wo ihnen, in den Provinzen Preußen und Litauen, weite, fruchtbare Strecken, die durch Pest entvölkert waren, angewiesen wurden. Viele hatten ihr Hab' und Gut im Stiche lassen müssen; umso eifriger kam man ihnen in allen Orten des preußischen Staates, die sie durchzogen, mit wohltätiger Spende entgegen, indem überall das Beispiel im Kleinen nachgeahmt ward, welches der König im Großen ausübte. Von Friedrichs Gesinnungen zeugen seine Briefe aus jener Zeit. „Mein Herz treibt mich (so schreibt er aus Ruppin an Grumbkow), das traurige Los der Ausgewanderten kennenzulernen. Die Standhaftigkeit, welche diese braven Leute bezeugt, und die Unerschrockenheit, mit welcher sie alle Leiden der Welt ertragen haben, um nur nicht der einzigen Religion zu entsagen, die uns die wahre Lehre unsers Erlösers kennen lehrt, kann man, wie es mir scheint, nicht genug vergelten.


Salzburger kommen nach Preußen

Ich würde mich gern meines Hemdes berauben, um es mit diesen Unglücklichen zuteilen. Ich bitte Sie, verschaffen Sie mir Mittel, um ihnen beizustehen; von ganzem Herzen will ich von dem geringen Vermögen, das ich besitze, alles hergeben, was ich ersparen kann“ usw. „Ich versichere Sie (so fährt er in einem anderen Briefe fort), jemehr ich an die Angelegenheit der Ausgewanderten denke, jemehr zerreißt sie mir das Herz.“ – Wir haben keine Zeugnisse, wie viel der Kronprinz für jene Unglücklichen getan; aber es sind Züge seines Lebens genug, und auch aus jener Zeit, vorhanden, die es erkennen lassen, dass solche Äußerungen gewiss durch Taten begleitet waren.


In der einen, so eben, angeführten Briefstelle bittet Friedrich den General Grumbkow, der sich das Vertrauen des Kronprinzen zu erwerben gewusst, ihm Geldmittel zu verschaffen: er war solcher Unterstützung nur zu sehr bedürftig. Er war vom König immer noch auf eine, im Verhältnis zu seiner Stellung beschränkte Einnahme hingewiesen. Dabei hatte er es, trotz aller Fürsorge des Königs, noch immer nicht lernen können, sich eines sparsamen Haushaltes zu befleißigen; manche bedeutendere Ausgaben wurden ihm teils durch äußere, teils durch innere Notwendigkeit auferlegt, und bald war die Summe seiner Schulden aufs Neue zu einer namhaften Höhe angewachsen. Die großen Rekruten, die einmal zur Ausstaffierung seines Regimentes unumgänglich nötig waren, konnten nur durch die Aufopferung sehr bedeutender Mittel angeworben werden. Seine Schwester, die Gemahlin des Erbprinzen von Bayreuth, befand sich in einer ebenfalls sehr unbehaglichen Lage, indem sie weder in Bayreuth von ihrem Schwiegervater, noch in Berlin von ihrem Vater eine genügende Ausstattung erhalten hatte; seinem alten treuen Lehrer Dühan ging es in seiner Verbannung auch nur kümmerlich; beide liebte er zärtlich, und er betrachtete sich als Schuld der Ungnade, die der König auf sie geworfen hatte. Gern teilte er mit ihnen, was er aufzubringen imstande war. Solche Verhältnisse aber waren dem österreichischen Hofe im allerhöchsten Maße erwünscht; sie gaben Gelegenheit, den Kronprinzen, den ein jeder Tag zum Herrscher machen konnte, auf eine festere Weise als durch die bisherigen Versuche an die Interessen Österreichs zu knüpfen. Man leistete ihm bedeutende Vorschüsse, die bald den Charakter eines förmlichen Jahrgehalts annahmen; man gewährte dasselbe der Prinzessin von Bayreuth, indem man den Einfluss wohl kannte, den gerade sie auf den Kronprinzen ausübte; man verschaffte Dühan eine kleine Stellung in Wolfenbüttel und sicherte auch ihm eine besondere Pension zu. Mit der äußersten Vorsicht wusste man alles dies zu bewerkstelligen, so dass der König davon keine Kunde erhielt. Friedrich war wohl imstande, die Absicht des österreichischen Hofes zu durchschauen; aber er nahm das an, wozu ihn die Notwendigkeit zwang. Wie wenig ehrlich die österreichische Gesinnung bei solcher Teilnahme war, wie wenig sie wahrhaften Dank verdiente, zeigte sich nur zu bald.

Das Haupt-Interesse, durch welches Kaiser Karl VI. in allen seinen politischen Unternehmungen geleitet ward, war jene pragmatische Sanktion, welche das Erbfolgerecht seiner Töchter verbürgen sollte. Die Verbindung mit Preußen war eingeleitet worden, weil Friedrich Wilhelm der Sanktion beizutreten versprochen hatte; mit England hatte man in feindlichem Verhältnisse gestanden, weil man hier Widerspruch fand. Das Verhältnis änderte sich, sowie England, infolge eines neuen Umschwunges in der europäischen Politik, der Sanktion beitrat. Nun suchte man dem englischen Hofe gefällig zu sein, und Preußen sollte das Mittel dazu werden. Der König von England hätte noch immer gern eine seiner Töchter zur künftigen Königin von Preußen gemacht; kaum war der Wunsch ausgesprochen, so kehrte sich auch plötzlich die österreichische Politik in Bezug auf Friedrichs Verheiratung um, und so eifrig man bisher an einer Verbindung mit der Prinzessin von Braunschweig gearbeitet hatte, mit ebenso behänden Intrigen suchte man nun das angefangene Werk zugunsten Englands umzustürzen; dabei ward auch anderweitiger Vorteil nicht vergessen, und die Prinzessin Elisabeth Christine, die Nichte der Kaiserin, sollte nun einem englischen Prinzen zuteilwerden. Man ging sogar in diesem diplomatischen Eifer so weit, dass man noch am Vorabend von Friedrichs Hochzeit dem Könige von Preußen die dringendsten Vorstellungen machen ließ. Diesmal aber scheiterten die Künste der Diplomatie an Friedrich Wilhelms deutscher Ehrlichkeit; man erreichte damit nur, dass ihm die englischen Absichten aufs Neue verdächtig wurden, indem die Anträge aufs Neue zu spät kamen, und dass er auch sehr lebhafte Zweifel an der Aufrichtigkeit Österreichs gegen seine Wünsche zu schöpfen begann. Selbst Friedrich, bezeigte sich den veränderten Anträgen wenig günstig, da auch er der Meinung war, dass die Verbindung seiner geliebten älteren Schwester mit einem englischen Prinzen wesentlich nur durch Englands Schuld sei abgebrochen worden.

So ging denn die Vermählung des Kronprinzen mit der Prinzessin Elisabeth Christine im Juni 1733 vor sich. Der preußische Hof war zu dem Endzwecke nach Salzdahlum gereist, einem Lustschlosse des Herzogs Ludwig Rudolph von Braunschweig-Wolfenbüttel, der als Großvater der Braut die Feierlichkeiten der Hochzeit besorgte. Die Trauung ward am 12. Juni durch den berühmten Theologen Abt Mosheim verrichtet. Das Fest wurde durch die Entwicklung großer Pracht verherrlicht, aber es fehlte dabei der frohe Mut. Die Königin von Preußen war in Verzweiflung, dass nun alle ihre Pläne gescheitert waren; die Braut war ohne Willen den Bestimmungen der Ihrigen gefolgt, aber ihre frühere Schüchternheit wurde nur durch all das äußere Gepränge vermehrt; Friedrich hatte zwar seinen Widerwillen abgelegt, aber er fand es gut, vor den Augen der Welt seine Rolle fortzuspielen; der König schien durch das Benehmen des Sohnes nachdenklich gemacht, während zugleich jene englisch-österreichischen Anträge nur geeignet waren, seine Stimmung zu verderben. Nach einigen Tagen kehrten die sämtlichen Herrschaften, die preußischen und die braunschweigischen, nach Berlin zurück, wo am 27. Juni, nachdem man sich durch militärische Schaustellungen zu vergnügen gesucht, der feierliche Einzug in einer langen Reihe prachtvoller Wagen gehalten wurde. Dann folgten neue Festlichkeiten, die mit der schon früher besprochenen Vermählung der Prinzessin Philippine Charlotte, einer jungem Schwester Friedrichs, mit dem Erbprinzen Karl von Braunschweig beschlossen wurden.

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