Читать книгу: «Nach Dem Fall (Gefallener Engel #2)», страница 2
Lash schlang seine Arme um Naomi und küsste ihren Hals. »Oh, sagen wir einfach, wir wollten etwas Privatsphäre haben.« Sein heißer Atem strich über ihr Ohr, als er flüsterte: »Und Raum für außerplanmäßige Aktivitäten.«
2
Jeremy lehnte am Brückengeländer. Saphirblaue Augen blickten in Richtung des Berges. In der Ferne konnte er das Schimmern von Lichtern auf dem höchsten Gipfel erkennen.
Er schloss einen Moment lang die Augen und wartete darauf, dass der Schmerz abklang. In den letzten Wochen, in denen er fort gewesen war, war ihm nicht klar gewesen, dass er immer noch da war und tief in seinem Innern lauerte. Das hatte er Gabrielle zu verdanken. Wie konnte sie wissen, was er fühlte, wenn er es selbst nicht verstand?
Er hatte geglaubt, Zeit abseits von Lash und Naomi zu verbringen, würde ihm helfen, sich über seine Gefühle klar zu werden. Aber als er zurückgekehrt war und allein in Lashs Zimmer gestanden hatte, hatte er sich gefragt, nach wem sein Herz sich sehnte – nach Lash oder nach Naomi.
Frustriert rieb er sich mit den Händen übers Gesicht. Er hatte sich gehen lassen, seitdem er fortgegangen war, fast, als ob er sich selbst bestrafte. Er hatte keinen Gedanken ans Rasieren verschwendet. Er hatte nicht einmal mehr daran gedacht, seine maßgeschneiderten Lieblingsanzüge anzuziehen. Stattdessen trug er, was immer er sich überwerfen konnte, etwa schwarze Anzughosen und T-Shirts. Selbst sein einstmals perfekt frisiertes Haar war anders mit einem zotteligen Pony, der ihm über die Augen fiel und der Rest war lang genug, um ihm übers Schlüsselbein zu streichen. Der einzige Luxus, den er sich gestattete, war eine schwarze Lederjacke, die zu seinen neuen Krokodilstiefeln passte.
Er sah in den dunkler werdenden Himmel hinauf und versuchte, den genauen Moment zu benennen, in dem sich alles verändert hatte. Wann hatte er sich von einem treuen besten Freund in jemanden verwandelt, dem man nicht vertrauen konnte? Konnte er es Lash vorwerfen, dass er ihm nicht traute, wenn er nicht wusste, ob er sich selbst trauen konnte, sobald es um Naomi ging?
Jeremy stieß sich vom Geländer ab und schritt die Länge der Brücke ab. Seine glänzenden schwarzen Stiefel klackten auf dem Holz. Ich habe meine Aufgabe erfüllt. Weiter nichts.
Auf Lash aufzupassen und sicherzustellen, dass er Naomi zum Shiprock brachte – dass war es, was man ihm aufgetragen hatte. Und das hatte er getan. Er hatte seine Anweisungen genauestens befolgt. Was war also das Problem, wenn er ein wenig öfter nach ihnen gesehen hatte, als von ihm verlangt worden war? Es hatte niemandem geschadet. Und er mochte ein klein wenig Eifersucht empfunden haben – nein, Besorgnis. Ja, das war es. Er war besorgt gewesen, als er die offensichtliche Anziehungskraft zwischen den beiden wahrgenommen hatte. Er hatte Lash warnen müssen, sie in Ruhe zu lassen. Er hatte geglaubt, es würde Lashs Chance, nachhause zurückzukehren, ruinieren.
Jeremy erstarrte, als er sich an die Worte erinnerte, die er zu Lash gesagt hatte.
Sie ist nicht für dich bestimmt.
Weshalb hatte er das zu ihm gesagt?
Du weißt weshalb, flüsterte eine leise Stimme in seinem Kopf.
Er schlug mit der Hand gegen das Geländer. Er wusste ganz genau, weshalb. Er wünschte, er könnte alles vergessen und mit Lash und Naomi einfach nochmal neu anfangen. Aber das konnte er eben nicht.
Er kämpfte gegen seine Erinnerungen an sie an und umklammerte das Geländer so fest, das seine Fingerknöchel weiß wurden. Vorher war es einfacher gewesen, als sein einziger Fokus darauf gelegen hatte, eine Mission zu erfüllen. Jetzt fiel es ihm schwer, aus seinen Gedanken zu vertreiben, was er empfunden hatte, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte: langes dunkles Haar, das ihr wunderschönes Gesicht einrahmte, während sie sich über die sterbende Deborah beugte. Es war gewesen, als ob ein Blitz in seine Brust eingeschlagen hätte und ein Herz erneut zum Schlagen brachte, von dem er nicht gewusst hatte, dass es zuvor stillgestanden hatte. Erst als Lash sich offensichtlich von der Art bedroht fühlte, in der er sie ansah, war er in der Lage gewesen, sich von dem Ganzen loszureißen und sich auf die vor ihm liegende Aufgabe zu konzentrieren. Seitdem hatte er die wachsenden Gefühle abgeschüttelt, Gefühle bei denen er keine Ahnung hatte, woher sie kamen, bis Raphael es ihm erklärt hatte – er war sein Sohn und war vor langer Zeit mit Naomi verlobt gewesen.
»Bist du bereit?«
Jeremy fuhr beim Klang der Stimme herum. »Gabrielle. Ich dachte, ich wäre allein.«
Sie trat aus den Schatten heraus. Ein Windhauch wehte weiche blonde Wellen um ein strenges Gesicht. »Du hast dich wochenlang zurückgezogen. Hast du dich auf deine neue Aufgabe vorbereitet?«
Jeremy war von ihrem Ton überrascht. Hatte er geträumt, dass es Gabrielle gewesen war, die erst vor wenigen Wochen vorgeschlagen hatte, dass er fortgehen sollte, um etwas Abstand von allem zu bekommen, was zwischen ihm und Lash geschehen war? Sie hatte so freundlich und geduldig gewirkt.
Er sah wieder zum Berg hinauf und fragte sich, ob Lash noch böse auf ihn war. Und so sehr er auch versuchte, es nicht zu tun, er dachte an Naomi. »Könnte man damit nicht Lash damit beauftragen? Er ist besser geeignet.«
»Michael hat darauf bestanden, dass dieser Auftrag von dir beaufsichtigt wird. Außerdem hast du auf der Erde deine eigene Aufgabe zu erfüllen.« Ihre Stimme klang streng und sie musterte ihn aufmerksam. Etwas musste sie in seinem Gesicht gelesen haben, denn ihre Züge wurden weicher. Es war derselbe Ausdruck, mit dem sie ihn nach seinem Streit mit Lash angesehen hatte. »Hat dir die Auszeit nicht geholfen, dich vorzubereiten?«
»Gabrielle, kannst du nicht eine Ausnahme machen? Ich habe immer meine Pflicht erfüllt und ich habe dich oder Michael nie ausgefragt wegen der Aufträge, die ihr beide mir erteilt habt… nicht einmal, als ihr von mir erwartet habt, meinen besten Freund niederzuschlagen.«
»Deinen treuen Diensten in all diesen Jahren hast du es zu verdanken, dass du im Rang aufgestiegen bist, um ein Erzengel zu werden«, erklärte sie. »Du weißt, dass mit dieser Rolle eine größere Verantwortung einhergeht. Wenn Lash so gehorsam gewesen wäre wie du… na, das spielt jetzt keine Rolle. Er ist ein hoffnungsloser Fall.«
»Wieso hasst du ihn?«
Gabrielle hob eine Augenbraue. »Ich sage es nur, wie es ist. Hat sein Verhalten in der Vergangenheit das nicht bewiesen?«
Jeremy schüttelte den Kopf. Er konnte ihre Feindschaft Lash gegenüber nicht nachvollziehen. Er hatte angenommen, dass sie ihm gegenüber verständnisvoller sein würde, sobald er seine Treue endlich unter Beweis gestellt hätte. Er war zurückgekehrt, nur um festzustellen, dass sie noch genau dieselbe war wie zu dem Zeitpunkt, an dem er fortgegangen war.
»Wenn du dir wegen Lash Sorgen machst, kann ich dir versichern, dass es keine Einmischung seinerseits geben wird. Dafür werde ich sorgen.«
»Mir Sorgen machen? Das kann man wohl sagen. Wenn er herausfindet, dass ich derjenige bin, der mit der Liebe seines Lebens zusammen ihren ersten Auftrag ausführen soll, verdammt – «
Bei seiner Wortwahl wurde ihr Blick stechend.
»Äh, was ich meine, ist...« Er räusperte sich. »Du weißt doch, er ist nicht gerade der Vernünftigste aller Engel. Und seit unserem Streit steht da so einiges zwischen uns.«
»Ich hatte vorgeschlagen, dass du dir eine Auszeit nimmst, damit du, und hoffentlich auch Lash, Gelegenheit findet, über alles Geschehene nachzudenken.« Gabrielle sah zum Berg hinauf und dann wieder zurück zu Jeremy. »Und um etwaige Gefühle aufzulösen, die vielleicht noch… vorhanden sind.«
Jeremy schluckte bei ihrer Andeutung nervös. »Ich verstehe nicht ganz, was du meinst.«
Ihre Stimme war leise und sanft, als sie fortfuhr. »Du bist dir bewusst, dass du in dem Ruf stehst, ein ausgezeichneter Pokerspieler zu sein. Deine Fähigkeiten wären in dieser Situation nützlich, meinst du nicht?«
Er runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht.«
Gabrielle seufzte. »Obwohl ich das Spiel verabscheue, bin ich ziemlich gut darin, das zu bewahren, was man ein Pokerface nennt. Ich würde sagen, ich bin bisher recht erfolgreich damit gewesen.«
Ihr Gesicht veränderte sich, als ob eine Maske von ihr abgenommen würde, und das strenge Auftreten, für das sie bekannt war, wurde durch das einer sanften und verletzlichen Frau ersetzt. »Du hast Gefühle für das Mädchen. Das war offensichtlich, als du an ihrem Bett gesessen und darauf gewartet hast, dass sie aufwacht. Tatsächlich stand es dir deutlich ins Gesicht geschrieben, als du sie das erste Mal gesehen hast, damals, als du deinen Auftrag mit Deborah und Nathan ausgeführt hast.«
»Das hast du gesehen?«
»Ja.« Ihre Stimme war leise.
»Wieso? Wieso hast du über mich gewacht?«
»Weil ich wusste, was du vor langer Zeit für sie empfunden hast, als sie deine Frau werden sollte. Und ich weiß, dass solche Gefühle nicht verschwinden – selbst, wenn Erinnerungen unterdrückt werden.«
Er trat einen Schritt nach vorn und packte sie am Arm. »Was weißt du noch? Sag es mir.« Er musste mehr erfahren. Vielleicht, wenn er wusste, was in seiner Vergangenheit geschehen war – vielleicht konnte er seine wachsenden Gefühle dann loswerden.
Sie schrak zurück und sah auf seine Hand hinunter.
»Entschuldige.« Er ließ seine Hand sinken. Er ging zu weit. Er musste sich besser kontrollieren.
» Es ist nicht an mir, die Geschichte zu erzählen.« Sie rieb sich die Stelle ihres Arms, an der er sie gepackt hatte. »Das ist etwas, das Raphael mit dir, Lash und Naomi teilen will. Er jetzt gerade bei Michael und bittet um die Erlaubnis, einiges von eurer Vergangenheit enthüllen zu dürfen.«
»Werden wir unsere Erinnerungen zurückerhalten?«
»Das ist unwahrscheinlich. Ich bin mir sicher, dass Raphael dir erzählt hat, dass die Unterdrückung eurer Erinnerungen Teil seiner Bestrafung ist.«
Jeremy nickte. Als er an Naomis Seite darauf gewartet hatte, dass sie aufwachte, hatte Raphael ihm erklärt, weshalb er und Lash sich nicht an ihre Vergangenheit erinnern konnten. »Das scheint eine lange Zeit zu sein, um bestraft zu werden.«
»Es ist nicht deine Sache, zu entscheiden, wie lange eine Bestrafung dauern soll«, maßregelte sie ihn. »Aber ich muss dir zustimmen. Ich glaube, es ist immer weitergegangen, weil es mit dem zusammenhängt, was gerade passiert – einschließlich deines aktuellen Auftrags. Was Raphael getan hat, hatte einen Dominoeffekt nicht nur auf dich, Lash und Naomi, sondern letztlich auch auf...« Sie hielt inne und Jeremy starrte sie mit angehaltenem Atem an.
»Nun, ich muss los. Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass dein Auftrag auf dich zukommt, und ich wollte dir Zeit geben, dich vorzubereiten.«
Jeremy stieß enttäuscht den Atem aus. Sie verriet nichts. Trotzdem musste er einen Weg finden, seinen Auftrag loszuwerden, wenn er die Dinge mit Lash je wieder richtig hinbiegen wollte.
»Gibt es für mich irgendeine Möglichkeit, meinen Auftrag anzufechten? Vielleicht, wenn ich mit Michael rede?«
»Das könntest du, aber es würde ihn nur noch ungehaltener machen. Ich habe schon deinetwegen mit ihm gesprochen. Was meinst du, warum du die Erlaubnis erhalten hast, fortzugehen und für dich allein zu sein?«
»Das hast du getan?«
»Allerdings. Weshalb siehst du so überrascht aus? Es ist doch bekannt, dass ich von Zeit zu Zeit ein oder zwei nette Dinge zustande bringe.« Bei diesen Worten funkelte es in ihren grünen Augen.
Er blinzelte schockiert. Sie sah tatsächlich aus, als ob sie sich über ihn lustig machte.
»Michael wollte, dass ihr Unterricht deiner Verantwortung obliegt und dass du sie auf ihrem ersten Auftrag begleitest. Ich habe ihn überzeugt, mir zu gestatten, das Training zu leiten.«
»Gabrielle, ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.« Wenn sie nur so nachsichtig mit Lash sein könnte, wäre das Leben seines Bruders ganz anders. Obwohl Lash es niemals zugeben würde, war das Einzige, was er je von ihr gewollt hatte, Respekt.
»Da bist du ja!«, rief Raphael von den Gärten her. »Ich habe nach dir gesucht, Jeremiel.« Ein älteres Abbild seiner selbst kam mit einem breiten Lächeln im Gesicht auf sie zu. »Willkommen zurück, mein Sohn.«
Jeremy schluckte bei diesen Worten schwer. Raphael hatte sich für ihn immer wie ein Vater angefühlt. Obwohl er immer Lash mit seiner Aufmerksamkeit zu überhäufen schien, hatte Raphael es geschafft, ein wenig seiner Zeit mit ihm zu verbringen.
»Wenn ich mir das Lächeln auf deinem Gesicht so ansehe, gehe ich mal davon aus, dass dein Treffen mit Michael gut gelaufen ist«, sagte Gabrielle.
»Ja. Ja, das ist es. Er hat zugestimmt, dass es für uns alle gut wäre, einige Informationen aus unserer Vergangenheit zu teilen in der Hoffnung, dass es unsere Verbindungen zu stärken und die Heilung vorantreiben möge.« Raphael wandte sich zu Jeremy um und schlug ihm auf die Schulter. »Komm, Jeremiel. Wir haben viel mit deinem Bruder zu besprechen.«
Gerade, als Jeremy sich umdrehte, nahm er wahr, wie Gabrielle Raphael mit einer derartigen Sehnsucht ansah, dass er ein ein zweites Mal hinsehen musste. Ihre grünen Augen verengten sich und ihr Gesicht verschloss sich wieder zu der alten Gabrielle und er fragte sich, ob er sich Dinge einbildete. Sie warf einen Blick hinauf zum Berg und wieder zu ihm zurück. Dabei warf sie ihm ein verstohlenes Lächeln zu. »Denk an das, was ich gesagt habe, Jeremy. Betrachte es als ein Pokerspiel.«
3
Naomi stellte das Geschirr ins Waschbecken und begann, fieberhaft die Küche zu putzen in dem Versuch, die Vorstellung von einem sterbenden Uri aus ihren Gedanken zu vertreiben. Sie wollte nicht an die Möglichkeit denken, Lash auf eine solche Weise zu verlieren.
»Was machst du da?« Lash stand hinter ihr und strich ihr mit einem Finger über den Hals.
»Ich bin beim Putzen.« Sie fegte die Bohnen in einen Behälter und steckte die Bingokarten in eine kleine Schachtel.
»Ich habe das ernst gemeint.« Er nahm ihr die Schachtel aus den Händen und legte sie zurück auf den Tisch.
Glühende haselnussbraune Augen hielten ihren Blick fest und wanderten langsam zu ihrem Mund herab. Er strich sanft mit einem Daumen über ihre Unterlippe und starrte fasziniert darauf.
Ihr stockte der Atem. Dann atmete sie seinen köstlichen Duft ein, der sie Uri, Rachel, die Hölle und den Tod vergessen ließ. »Was hast du gesagt?«
Er trat dichter an sie heran. Seine Lippen schwebten über ihren fühlten sich leicht wie Federn an, als sie, flüsternd, sanft gegen ihre strichen. »Das weißt du.«
Er hob seinen Kopf und schenkte ihr dieses sexy Grinsen, das in ihr immer das Gefühl auslöste, ihr Körper stünde in Flammen. Lange Finger fuhren durch ihr Haar. Er hob eine dicke, wellige Strähne an seine Nase und schnupperte daran. In seinem Oberkörper vibrierte ein zufriedenes Knurren. Sie fühlte, wie ihr die Knie weich wurden.
Sanft strich er ihr das Haar über die andere Schulter, seinen Blick auf ihre Augen gerichtet. Seine Finger legten sich um ihren Nacken und er zog sie näher an sich heran.
Sie erschauerte, als seine Zunge in ihrer Ohrmuschel kreiste, heiß und feucht. Ein leises Stöhnen entfuhr ihr.
»Lenke ich dich ab?« Seine Stimme klang tief und sinnlich.
»N–nein.« Sie keuchte auf, als glühend heiße Lippen sich an ihren Hals pressten und langsam nach unten glitten. »Du sagtest etwas von Aktivitäten?«
Er hob ihre Hand und legte sie auf seine Brust. Sie konnte die glühende Hitze seines gut definierten Körpers unter seinem Hemd fühlen. »Mm–hmm.« In seiner Brust vibrierte es und brachte ihre Finger zum Kribbeln.
Er presste seine Hand auf ihre und in seinen Augen funkelte es spitzbübisch. »Gefällt dir der neue und verbesserte Lash?«
Er führte ihre Hand an seiner Brust herab und sie genoss es, seine harten Muskeln zu fühlen. »Ja«, hauchte sie, als ihre Finger über seine Bauchmuskeln strichen. »Mehr, als du ahnst.«
»Zeig es mir.« Seine Stimme war heiser vor Verlangen.
Sie schlang ihre Finger in sein seidig weiches Haar und zog ihn zu sich herab. Fiebernde Lippen pressten sich auf ihre. Heiße, feuchte Lippen verschlangen ihren Mund; sein Kinn kratzte mit jeden Stoß seiner Zunge über ihres und ihr Kinn fühlte sich rosig und wund an.
Sie zog an seinem Hemd. Sie sehnte sich verzweifelt danach, seine Haut und die Wärme seiner Brust an ihrer zu spüren. Sie trennten sich einen Moment lang voneinander und Kleidungsstücke flogen zu Boden. Dann griff Lash nach unten und hob sie an. Sie schlang ihre Beine eng um seine Hüften.
Dann fühlte sie die kühle Wand in ihrem Rücken, als Lash sich gegen sie presste. Sie stöhnte auf unter der Härte seiner Berührung und alles in ihr pulsierte – sie wollte ihn – brauchte ihn. Sie könnten das hier tausendmal tun und es wäre immer noch nicht genug.
Sie klammerte sich an seinem Rücken fest und seine Lippen glitten über ihre Kehle hinab zu den Ansätzen ihrer vollen Brüste. Sie warf den Kopf in den Nacken, stöhnte auf und presste ihre Beine noch enger zusammen. Lash stöhnte.
Sie fuhr mit ihrer Zunge die Linie seines kräftigen, kantigen Kinns entlang und genoss das kratzige Gefühl seiner Bartstoppeln. Er stöhnte erneut auf und sie keuchte auf, als er unter ihr noch um einiges härter wurde.
Bevor sie wusste, wie ihr geschah, erklang das laute Klappern von Tisch und Stühlen, die zu Boden fielen, als Lash, sie fest an sich gedrückt, aus der Küche in ihr Schlafzimmer polterte.
Als er sie losließ, sank sie in eine weiche Wolke zurück. Lash stand über ihr. In seinen Augen glühte es vor Leidenschaft. »Du bist so wunderschön.«
Langsam legte er sich neben sie. Seine Finger strichen sanft, kaum spürbar, über ihre Lippen, über ihren Hals hinunter und umkreisten ihre Brust. Sie stöhnte auf bei seiner federleichten Berührung.
»Komm her.« Sie zog ihn an sich.
Sein steinharter Körper presste sich an ihren Oberkörper, als er sie innig küsste.
»Naomi, meine Naomi«, murmelte er, als er an ihrem Hals saugte, um sie zu schmecken. »Ich liebe dich.«
Ihr Herz schwoll an vor lauter Liebe für ihn. Sie würde nie genug davon bekommen, diese Worte zu hören.
»Du gehörst mir«, flüsterte er. »Für immer.«
Ein quälendes Gefühl durchströmte sie auf einmal, als die Worte »für immer« in ihren Gedanken widerhallten. Dann tauchte das Bild von Rachels von Trauer gezeichnetem Gesicht vor ihr auf.
»Warte, Lash«, sagte sie und setzte sich im Bett auf. »Mir ist gerade etwas eingefallen.«
»Ich beseitige das Durcheinander in der Küche später.« Er zog sie wieder zu sich herab und sagte zwischen seinen Küssen: »Denk weniger, mach mehr.«
Sie setzte sich wieder auf. Irgendetwas an dem Ganzen stimmte nicht. Aber was? Sie hatte dieses merkwürdige Gefühl noch nie zuvor gehabt. Warum jetzt? »Irgendwas stimmt nicht.«
Er seufzte und drehte sich auf den Rücken. »Was soll denn nicht stimmen? Wir sind allein; wir sind zusammen.«
»Das ist es nicht.«
»Was ist es dann?«
»Sollten wir zusammen sein?«
Er fuhr hoch, Entsetzen spiegelte sich auf seinem Gesicht wider. »Hast du Zweifel an uns?«
»Nein, nein! Überhaupt nicht.« Sie fühlte sich sofort schuldig, weil sie diesen Gedanken in ihm wachgerufen hatte. »Das meine ich nicht. Du bist der Einzige für mich. Ich kann niemals ohne dich sein.« Sie beugte sich hinüber und küsste ihn zärtlich.
Er seufzte erleichtert auf. »Was stimmt dann also nicht?«
»Ich meinte nur – sollten wir das… na ja, das hier tun?« Naomi deutete auf seinen nackten, seinen umwerfenden nackten Körper.
Er zog sie an sich und schnupperte an ihrem Hals. »Mmm. Definitiv.«
Naomi erschauerte, als seine Hände ihre Brüste streichelten. Sie ließ sich ins Bett zurückfallen. Ja, das hier war richtig. Es fühlte sich so richtig an. Was dachte sie sich nur?
Ihre Hände streichelten seinen Oberkörper. Er fühlte sich so gut an.
»Oh Gott, Naomi. Ich will dich so sehr.«
Gott!
»Warte, Lash«, keuchte sie und versuchte, zu Atem zu kommen. Langsam tauchten Erinnerungen an lange Nachmittage im Katechismus-Unterricht und an Belitas Ermahnungen über Keuschheit vor ihr auf. »Ich meine, sollten wir auf diese Weise zusammen sein, wenn wir nicht verheiratet sind?«
Er zog sich aus ihrer Umarmung zurück und sah sie erstaunt an. »Verheiratet?«
Sie biss sich auf die Unterlippe. Sie war nicht sicher, wie sie dieses Thema angehen sollte. Es war schließlich nicht so, als sei sie prüde oder so. Lash war nicht der erste Mann, mit dem sie geschlafen hatte. Der Gedanke an Sex vor der Ehe hatte sie nie zuvor gestört, trotz der Ermahnungen Belitas und ihres Vaters über das Keusch-Bleiben. Aber jetzt lagen die Dinge anders. Sie war ein Erzengel. Sollte sie nicht eigentlich ein Vorbild sein oder sowas in der Art?
»Naja, ich weiß ja nicht, ob Erzengel heiraten oder irgendeine Art formeller Vereinigung haben. Ich meine, ich habe keine Ahnung, ob solche Dinge wie eine Heirat hier dasselbe bedeuten wie auf der Erde.«
Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Das tun sie. Viele Engelpaare geben sich Versprechen gegenseitiger Hingabe, Uri und Rachel zum Beispiel.« Er schob ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. »Ist es das, was du willst?«
Sie sah ihm tief in die Augen. »Ja. Ich will mit dir verbunden sein. Für immer.«
Er nahm ihr Gesicht in beide Hände. In seinen Augen stand so viel Liebe, dass es ihr den Atem verschlug. »Es gibt auch nichts, das ich mehr möchte, als mit dir verbunden zu sein. Ich werde morgen mit Michael sprechen und Vorbereitungen treffen.« Er beugte sich vor und küsste sie.
Sie fühlte, wie sie langsam wieder aufs Bett zurücksank und wie seine Hände die Innenseiten ihrer Oberschenkel streichelten.
Sie stöhnte auf und das Gefühl der Schuld stieg wieder in ihr auf. »Lash, vielleicht sollten wir warten, bis das hier offiziell ist.«
Er seufzte und drehte sich wieder auf den Rücken. »Du bringst mich noch um, Naomi.«
»Tut mir leid. Es ist nur, na ja, vielleicht ist es besser, wenn wir es von Anfang an richtig angehen.«
»Wieso jetzt auf einmal? Wir haben das hier ununterbrochen gemacht, seit du hier angekommen bist.« Er setzte sich auf und warf ihr einen glühenden Blick zu. »Und wenn ich mich recht erinnere, war deine laute Begeisterung einer der Gründe, aus denen ich unser Zuhause hoch oben auf diesem Berg hier gebaut habe, fernab von neugierigen Augen und Ohren. Ich glaube, du hast sogar Gabrielles Trommelfelle zum Platzen gebracht, wenn ich mal von den schmutzigen Blicken ausgehen darf, die sie mir in letzter Zeit zuwirft.«
Ihr blieb der Mund offen stehen und ihr Gesicht lief heiß an. Neben verbessertem Sehvermögen und größerer Kraft hatten Engel auch ein besseres Gehör. Die meiste Zeit über war das positiv. Aber wenn man in beengten Räumlichkeiten lebte und Privatsphäre wollte? Dann nicht so sehr.
»Ich… du… na ja...« Sie war ganz verlegen.
Er gluckste leise und küsste ihre Nasenspitze. »Du bist so süß, wenn du verwirrt bist.«
»Ahhh!« Sie sprang aus dem Bett und schlüpfte in einen Bademantel. »Ich meine es ernst.«
Er lehnte sich zurück gegen das Kopfende des Betts und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Sag mal, was ist das eigentliche Problem?«
Sie setzte sich auf die Bettkante. Er las sie wie ein offenes Buch. »Es ist das, was Rachel von sich und Uri erzählt hat. Ich will nicht, dass uns das passiert.«
Sein Blick wurde ernst und er streckte die Hand aus, um ihr die Wange zu streicheln. »Das wird es nicht. Ich bin hier bei dir. Ich gehe nirgendwo hin.«
»Aber was ist, wenn wir durch dieses Vorehelicher-Sex-Zeug in Schwierigkeiten kommen? Ich will kein Risiko eingehen.«
»Naomi, das wird nicht passieren.«
»Ich fühle mich besser, wenn wir es offiziell machen.« Sie beugte sich vor und küsste ihn sanft.
Er sah sie an und schüttelte lachend den Kopf. »Wenn du dich dann wirklich besser fühlst...«
»Ja, das werde ich.« Sie strahlte. »Erzähl mir, wie die Zeremonie abläuft.«
»Na ja, es ist gar nicht so anders als das, was du wahrscheinlich zu sehen gewohnt bist. Michael führt ein Bindungsritual durch und das Paar gibt sich gegenseitig vor Zeugen ein Gelübde.«
»Bist schon mal dabei gewesen?«
»Uri und Rachel hatten ihre Zeremonie vor einiger Zeit. Das war 1987 oder 1988. Ich weiß es nicht mehr genau. Es war aber definitiv in den 80ern. Er hatte damals diese komische Flock-of-Seagulls-Frisur.«
Sie lachte bei der Vorstellung von Uri mit Haar, das zu einem Paar Flügel gestylt war, passend zu den Schwingen auf seinem Rücken. Diese Frisur war in den 80ern voll in Mode gewesen. Die Vorliebe ihres Vaters für alternative Musikrichtungen und New-Wave-Bands hatte sie mit einer großen Bandbreite an merkwürdig aussehenden Frisuren und Modeerscheinungen vertraut gemacht. »Ja, ich kann mir definitiv vorstellen, dass er das macht.«
Naomis Lachen wurde leiser und sie wurde wieder ernst, als sie an die Zeremonie dachte. Sie hatte sich nie vorgestellt zu heiraten oder sich an jemanden zu binden, nicht, bis sie Lash kennengelernt hatte. Sie wusste, dass es etwas war, das Belita sehr gern miterlebt hätte. Und ihr Vater hätte es geliebt, sie den Mittelgang hinunterzuführen, ihren Arm in seinen eingehakt. Tränen stiegen ihr in die Augen beim Gedanken daran, dass ihre Familie nicht dabei sein würde, um es mitzuerleben.
»Ich dachte, das macht dich glücklich?« Seine Stimme war leise.
Sie sah zu ihm auf und zwang ein Lächeln auf ihr Gesicht. »Das bin ich. Ich binde mich an dich.« Sie küsste ihn liebevoll auf die Lippen.
»Sei ehrlich. Wir wollen doch für immer nicht mit Geheimnissen anfangen, oder?«
Sie seufzte. »Es ist nur, dass ich manchmal meine Familie vermisse. Sie werden nicht hier sein, um das zu sehen. Und mein Dad, ich werde das nie mit ihm erleben.«
Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Sein Gesicht wurde blass. Ohne ein weiteres Wort stand er schnell vom Bett auf, ging in die Küche und goss sich ein Glas Wasser ein.
Sie beobachtete, wie sich seine Rückenmuskeln anspannten, als er still von ihr abgewandt dastand. »Lash?«
Er stürzte sein Getränk hinunter, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder ihr zuwandte. Seine Lippen waren nass, als er sprach. »Ich wünschte, ich könnte etwas tun, um das für dich hinzubiegen.«
»Oh, Lash. Es ist nicht deine Schuld, dass mein Vater tot ist oder dass ich hier bin. Ich muss mich einfach immer wieder daran erinnern, dass ich mich besser um meine Familie kümmern kann, wenn ich hier bin.«
»Äh, Naomi.« Er wischte sich mit dem Handrücken die Feuchtigkeit von den Lippen. »Es gibt da etwas, das ich dir sagen muss.«
»Was ist es?«
Er leckte sich nervös über die Lippen und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, dann schloss er ihn wieder.
»Lash?« Sie fühlte Panik in sich aufsteigen. Etwas stimmte nicht. Wieso verhielt er sich so merkwürdig?
Er schüttelte den Kopf. Dann sah er sie mit einem Lächeln an, das seine Augen nicht ganz erreichte. »Du hast völlig recht. Wir werden gemeinsam über Belita und die anderen wachen. Ich sag dir was: Lass uns morgen früh einen Blick auf sie werfen.«
»Das würde ich wirklich gern tun!« Sie strahlte, dann runzelte sie plötzlich die Stirn. »Nein, warte. Ich denke nicht, dass wir das tun sollten. Gabrielle war ziemlich strikt, als es darum ging, dass ich mich für eine Weile von der Brücke fernhalten sollte.«
»Ach, mach dir um sie keine Gedanken. Wir werden einfach schnell sein.«
Sie schwankte zwischen dem Verlangen, Gabrielles Anweisungen zu befolgen und dem Wunsch, Belita zu sehen. Sie wollte ihr so gern von ihrer Bindungszeremonie mit Lash erzählen. Das kam Belitas Anwesenheit dabei am nächsten. »Vielleicht sollte ich allein gehen.«
»Ich will mit dir mitkommen.«
»Ich will nicht, dass du in Schwierigkeiten gerätst. Du bist gerade erst zurück!«
»Hörst du endlich mal damit auf, dir Sorgen zu machen? Ich werde okay sein. Außerdem hat man mir nicht gesagt, ich soll mich von der Brücke fernhalten.« Er grinste. »Ich würde sie wirklich gern sehen. Sie werden bald auch meine Familie sein.«
Sie schlang ihre Arme um ihn. »Lash, du hast mich zur glücklichsten Frau der Welt gemacht. Ich liebe dich.«
Er schob sie ein Stück von sich weg und sah ihr in die Augen. »Bedingungslos?«
Sie blinzelte überrascht. »Natürlich. Weshalb fragst du so komisch – «
Sie fuhr zusammen, als es plötzlich an der Tür klopfte. »Wer kann das sein? Die Einzigen, die hierher kommen, sind Uri und Rachel.« Naomi raffte ihren Bademantel enger und stapfte zur Tür.
Er griff nach ihrer Hand. »Nicht.«
Sie lachte. »Was ist den heute mit dir los? Du bist so nervös.«
»Ich mach schon auf«, sagte er.
Sie schüttelte den Kopf, während er sich fieberhaft eine Jeans überzog. »Du benimmst dich, als ob wir mitten im gefährlichsten Viertel Houstons leben würden.«
Er eilte zur Vordertür und und öffnete sie schwungvoll. Sein Unterkiefer spannte sich an und seine Hände verkrampften sich zu Fäusten.
»Bro!«, rief Jeremy, als er eintrat und ihm im Vorbeigehen auf den Rücken klopfte. »Bin ich zu spät zum Bingo?«