Die Schmiede Des Muts

Текст
Из серии: Von Königen Und Zauberern #4
0
Отзывы
Читать фрагмент
Отметить прочитанной
Как читать книгу после покупки
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

KAPITEL FÜNF

Der Babydrache flog voller Qualen. Jeder Schlag seiner Flügel war mit viel Kraft verbunden und er kämpfte darum in der Luft zu bleiben. Er flog schon seit Stunden über die Landschaft Escalons. Er fühlte sich alleine und verloren in dieser grausamen Welt in die er geboren worden war. Bilder seines sterbenden Vaters blitzten durch seinen Kopf, als er dort lag und sich seine großen Augen schlossen, zu Tode gestochen von all diesen menschlichen Soldaten. Seinen Vater, den er nie kennenlernen konnte, außer in diesem einen Moment im glorreichen Kampf; sein Vater, der gestorben war, um ihn zu retten.

Der Babydrache fühlte den Tod seines Vaters, als ob es sein eigener wäre und mit jedem Schlag seiner Flügel fühlte er sich mehr und mehr schuldig. Wenn es nicht wegen ihm gewesen wäre, wäre sein Vater jetzt vielleicht noch am Leben.

Der Drache flog weiter, zerrissen vor Trauer und Reue und von der Idee, dass er niemals die Chance haben würde seinen Vater kennenzulernen. Er dankte ihm für seine selbstlose Tat des Mutes und dafür, dass er ihm das Leben gerettet hatte. Aber ein Teil von ihm, wollte nicht mehr leben.

Ein anderer Teil jedoch war von Wut erfüllt und begierig darauf diese Männer umzubringen, seinen Vatter zu rächen und das Land unter ihm zu zerstören. Er wusste nicht, wo er sich genau befand, aber er fühlte instinktiv, dass er Meere von seinem Heimatland entfernt war. Sein Instinkt drängte ihn dazu wieder nach Hause zu fliegen; dennoch wusste er nicht wo sein Zuhause war.

Das Baby flog ohne Ziel, es war so verloren in der Welt und spie Flammen über Baumgipfel und auf alles, was er finden konnte. Schon bald verließ ihn sein Feuer wieder und kurz danach bemerkte er, wie er immer niedriger und niedriger flog. Mit jedem Flügelschlag sank er tiefer. Er versuchte hochzufliegen, aber merkte voller Panik, dass er nicht mehr die Kraft dazu hatte. Er versuchte den Baumwipfel zu vermeiden, aber seine Flügel hoben ihn nicht mehr weit genug nach oben und so klatschte er direkt dagegen, sein gesamter Körper brannte von den Wunden, die noch nicht verheilt waren.

Voller Qual prallte er von den Bäumen ab und flog weiter. Blut tröpfelte hinab, wie Regentropfen. Er war schwach vor Hunger, von seinen Wunden, von den tausenden Speeren und Stößen, die er abbekommen hatte. Er wollte weiter fliegen, ein Ziel zum Zerstören finden, aber er fühlte wie sich seine Augen schlossen, sie wurden zu schwer für ihn. Er fühlte wie er immer wieder sein Bewusstsein verlor und wiedererlangte.

Der Drache wusste, dass er starb. Auf eine Art war es eine Erleichterung; er würde bald seinen Vater wiedertreffen. Er erwachte beim Geräusch der knisternden Blätter und dem Krachen der Äste, als er durch die Baumwipfel nach unten fiel. Endlich öffnete er seine Augen. Sein Blickfeld war verschleiert von einer grünen Welt. Er war nicht mehr länger in der Lage seinen Flug zu kontrollieren und so fühlte er wie er durch die Äste fiel. Jeder Schlag tat ihm nur noch mehr weh.

Hoch oben in einem Baum, gefangen zwischen Ästen und zu schwach, sich zu befreien, kam er auf einmal zum Stehen. Er hing dort, unbeweglich voller Schmerzen. Er konnte sich nicht bewegen, jeder Atemzug schmerzte mehr als der Nächste. Er war sich sicher, dass er hier oben, gefangen in den Bäumen, sterben würde.

Einer der Äste gab plötzlich mit einem lauten Schnappen nach und der Drache stürzte hinab. Er purzelte von einem Ende über das andere und fiel gut fünfzehn Meter nach unten, bis er schließlich auf den Boden knallte.

Er lag da, fühlte all seine Rippen brechen und atmete Blut. Er schlug langsam mit einem Flügel, aber er konnte nicht viel mehr tun.

Er spürte, wie ihn die Kraft verließ und es fühlte sich unfair und verfrüht an. Er wusste, dass er ein Schicksal hatte, aber er verstand nicht, welches es war. Es erschien ihm zu kurz und zu grausam in diese Welt geboren zu werden, nur um den Tod seines Vaters miterleben und dann selber sterben zu müssen. Vielleicht war so das Leben: Grausam und unfair.

In dem Moment, als sich seine Augen zum letzten Mal schlossen, war sein Geist mit einem letzten Gedanken erfüllt: Vater, warte auf mich. Ich werde dich bald wiedersehen.

KAPITEL SECHS

Alec stand auf dem Deck und umfasste die Reling des schlanken schwarzen Schiffs und beobachte wie schon seit Tagen das Meer. Er sah, wie die riesigen Wellen nach vorne und nach hinten rollten und ihr kleines Segelschiff hochhoben. Er beobachtete, wie sich der Schaum unter dem Laderaum brach und sie mit einer Geschwindigkeit durchs Wasser schossen, wie es Alec vorher noch nie erlebt hatte. Ihr Schiff neigte sich, als sich die Segel mit Wind füllten, die Stürme waren stark und regelmäßig. Alec studierte das Schiff mit den Augen eines Handwerkers und fragte sich woraus es gemacht war; offensichtlich war es aus einem ungewöhnlichen, schlanken Material, welches er zuvor noch nie gesehen hatte und welches ihnen erlaubte diese Geschwindigkeit Tag und Nacht beizubehalten und hinein in die Dunkelheit und vorbei an der pandesischen Flotte, aus dem Meer des Leidens in das Meer der Tränen zu segeln.

Alec erinnerte er sich daran, was für eine grauenvolle Reise das gewesen war. Eine Reise über Tage und Nächte, immer mit gehissten Segeln, mit langen Nächte auf dem schwarzen Meer, die von feindlichen Geräuschen wie dem Knacken des Schiffes und exotischen Kreaturen, die hochsprangen und hin und her flatterten gefüllt waren. Mehr als einmal war er erwacht und hatte bemerkt, wie eine leuchtende Schlange versuchte an Bord zu gelangen und sah dann, wie der Mann mit dem er reiste diese mit seinem Stiefel wegkickte.

Am rätselhaftesten jedoch war, mehr noch als das exotische Leben des Meers, Sovos, der Mann am Steuer des Schiffes. Es war der Mann, der Alec in der Schmiede aufgesucht, ihn auf dieses Schiff gebracht hatte und der nun mit ihm an einen verlassenen Ort fuhr. Ein Mann von dem Alec sich fragte ob es verrückt sei ihm zu vertrauen.

Aber bisher hatte Sovos Alec das Leben gerettet. Alec erinnerte sich, als sie bereits auf dem offenen Meer waren, wie er zurück auf Ur geblickt und Qualen verspürt hatte. Er hatte sich so hilflos gefühlt, als er sah wie sich die pandesische Flotte annäherte.

Vom Horizont aus hatte er gesehen, wie Kanonenkugeln durch die Luft krachten und hatte das entfernte Rumpeln der Einschläge gehört. Er hatte das Zusammenbrechen der Gebäude gesehen, Gebäude, in denen er sich noch Stunden zuvor befunden hatte. Er hatte versucht vom Schiff zu gelangen, um ihnen allen zu helfen, aber da war er schon zu weit weg gewesen. Er hatte darauf beharrt, dass Sovos umdrehte, aber sein Bitten war auf taube Ohren gestoßen.

Alec zerriss es bei dem Gedanken an all seine Freunde dort, vor allem an Marco und Diedre. Er schloss seine Augen und versuchte die Bilder abzuschütteln. Seine Brust zog sich zusammen, denn er wusste, er hatte sie alle im Stich gelassen.

Das Einzige, was Alec Motivation gab und ihn von seiner Niedergeschlagenheit ablenkte, war das Gefühl, dass er irgendwo anders gebraucht wurde. Sovos hatte immer wieder darauf beharrt, dass er ein bestimmtes Schicksal hatte und es nutzen konnte die Pandesier von einem anderen Ort aus zu zerstören. Sovos hatte ihm gesagt, dass sein Tod mit den anderen zusammen niemandem geholfen hätte. Doch er hoffte dennoch, dass Marco und Diedre überlebt hatten und er immer noch rechtzeitig zu ihnen zurückkehren konnte, um wieder mit ihnen vereint zu sein.

Alec war so neugierig gewesen wo sie hingingen und hatte Sovos mit Fragen bombardiert, doch dieser war hartnäckig still geblieben und hatte Tag und Nacht am Steuer mit dem Rücken zu Alec gestanden. Er hatte niemals, soweit Alec das sagen konnte, geschlafen oder gegessen. Er stand nur da und betrachtete das Meer in seinen großen Lederstiefeln und seinem schwarzen Ledermantel. Er hatte seine scharlachroten Seiden über die Schulter drapiert und trug einen Umhang mit seltsamen Abzeichen. Der kurze braune Bar und seine glitzernden grünen Augen mit denen er unablässig auf die Wellen starrte als ob eins mit ihnen wäre, machten sein Erscheinen nur noch mysteriöser.

Alec sah auf das ungewohnte Meer der Tränen mit seiner hellblauen Farbe hinaus und wollte endlich erfahren, wohin er gebracht wurde. Er konnte die Stille nicht mehr ertragen und drehte sich verzweifelt zu Sovos um.

„Warum ich?” fragte Alec, brach die Stille und versuchte es wieder. Diesmal war er allerdings entschlossen eine Antwort zu bekommen. „Warum suchtest du genau mich aus dieser großen Stadt aus? Warum bin ich derjenige gewesen, der überlebte? Du hättest hundert andere Menschen, die wichtiger sind als ich retten können.“

Alec wartete, aber Sovos blieb still. Er hatte den Rücken zu ihm gedreht und studierte das Meer.

Alec versuchte es mit einem anderen Weg.

„Wohin gehen wir?“ fragte er wieder. „Und warum kann dieses Schiff so schnell segeln? Woraus ist es gemacht?“

Alec beobachtete den Rücken des Mannes. Minuten vergingen.

Schließlich schüttelte der Mann den Kopf, er stand immer noch mit dem Rücken zu ihm.

„Du gehst dahin, wo du hingehörst, dahin wo du sein sollst. Ich habe dich ausgesucht, weil wir dich brauchen und keinen anderen.“

Alec war verwundert.

„Mich für was zu brauchen?“ presste Alec hervor.

„Pandesia zu zerstören.“

„Warum ich?” fragte Alec. „Wie kann ich schon helfen?”

„Alles wird klar, wenn wir erst einmal ankommen“, antwortete Sovos.

„Wo ankommen?“ presste Alec frustriert hervor. „Meine Freunde sind in Escalon. Menschen, die ich liebe. Ein Mädchen.“

„Das tut mir leid“, seufzte Sovos, „aber dort ist niemand mehr. Alles, was du einmal geliebt und gekannt hast, ist verschwunden.“

Es kam eine lange Stille auf und nur das Pfeifen des Windes war zu hören. Alec betete, dass er Unrecht hatte – aber im Inneren spürte er, dass Sovos Recht hatte. Wie konnte sich das Leben nur so schnell ändern? fragte er sich.

 

„Dennoch bist du am Leben“, fuhr Sovos fort, „und das ist ein wertvolles Geschenk. Verschwende es nicht. Du kannst vielen anderen helfen, wenn du den Test bestehst.“

Alec zog die Brauen zusammen.

„Was für einen Test?“

Sovos drehte sich endlich um und sah ihn mit stechenden Augen an.

„Wenn du der Richtige bist“, sagt er, „wird unsere Bestimmung auf deinen Schultern liegen; wenn nicht, werden wir keine Verwendung für dich haben.“

Alec versuchte zu verstehen.

„Wir segeln nun seit Tagen und sind nirgendswohin gekommen“, beobachtete Alex. „Nur weiter aufs Meer hinaus. Ich kann nicht mal mehr Escalon sehen.“

Der Mann lächelte.

„Und was glaubst du wohin wir gehen?” fragte er.

Alec zuckte mit den Schultern.

„Es scheint, dass wir nach Nordosten segeln. Vielleicht in Richtung Marda.“

Alec beobachtete den Horizont verärgert.

Schließlich antwortete Sovos.

„Wie falsch du liegst, du junger Mensch“, antwortete er.  „Wie falsch.“

Sovos drehte sich zum Steuer um, als eine starke Windböe aufkam und das Boot Richtung Schaumkronen treiben ließ. Alec sah darüber hinaus und war verblüfft, als er zum ersten Mal eine Form am Horizont ausmachen konnte.

In der Weite tauchte langsam eine Landmasse auf. Sie fing an Form anzunehmen. Das Land schien zu funkeln, als ob es aus Diamanten gemacht war. Alec hob eine Hand zu seinen Augen und spähte hinaus und fragte sich, was dies wohl sein könnte. Welche Insel lag hier inmitten im Nirgendwo? Er durchstöberte sein Gehirn, aber konnte sich an kein Land auf der Landkarte erinnern. War dies ein Land von dem er noch nie gehört hatte?

„Was ist das?“ fragte Alec eilig und spähte nach draußen.

Sovos drehte sich und zum ersten Mal seit Alec ihn getroffen hatte lächelte er breit.

„Willkommen“, sagte er „auf den verlorenen Inseln, mein Freund.“

KAPITEL SIEBEN

Aidan war an einen Pfosten gebunden und nicht in der Lage sich zu bewegen. Er beobachtete seinen Vater, der einige Zentimeter vor ihm kniete und neben dem pandesische Soldaten standen. Sie erhoben ihre Schwerter hoch über seinen Kopf.

„NEIN!“ schrie Aidan.

Er versuchte sich loszureißen und nach vorne zu stürzen, um seinem Vater zu helfen, aber egal wie sehr er es auch versuchte, er konnte sich nicht bewegen, die Seile schnitten in seine Hand- und Fußgelenke. Er war gezwungen zuzusehen, wie sein Vater dort kniete und seine Augen füllten sich mit Tränen. Er sah sich hilfesuchend um.

„Aidan!“ schrie sein Vater und streckte seine Hand nach ihm aus.

„Vater!“ schrie Aidan zurück.

Die Klinge fiel nach unten und einen Moment später wurde Aidans Gesicht mit Blut bedeckt, als sie seinem Vater den Kopf abhackten.

„NEIN!“ schrie Aidan und fühlte, wie sein eigenes Leben vor ihm zusammenbrach und wie er in ein schwarzes Loch fiel.

Aidan erwachte schreckartig, keuchend und in kaltem Schweiß gebadet. Er setzte sich in der Dunkelheit senkrecht hin, er hatte Mühe sich zu erinnern wo er sich befand.

„Vater!“ schrie Aidan immer noch im Halbschlaf und drehte sich suchend nach ihm um. Er hatte immer noch das dringende Bedürfnis ihn zu retten. Er sah in jede Richtung und fühlte etwas in seinem Gesicht, seinen Haaren und auf seinem ganzen Körper und er realisierte, dass er kaum atmen konnte. Er streckte seine Arme aus und zog etwas Leichtes und Langes von seinen Haaren. Er realisierte, dass er in einem Heuhaufen, wenn nicht fast schon darin begraben lag. Er schüttelte das Heu schnell ab, bevor er sich hinsetzte.

Es war dunkel hier, nur das schwache Leuchten einer Fackel schien durch die Lamellen. Er realisierte dann, dass er auf der Rückfläche eines Wagens lag. Neben ihm ertönte ein Rascheln und als er hinübersah, war er erleichtert, als Fynn neben ihm auftauchte. Der riesige Hund sprang neben ihm auf den Wagen und leckte über sein Gesicht und Aidan umarmte ihn.

Aidan atmete schwer und war mit seinem Traum immer noch völlig überfordert. Es hatte sich zu echt angefühlt. War sein Vater wirklich umgebracht worden? Er versuchte sich daran zu erinnern, wann er ihn zu letzten Mal gesehen hatte. Es war im königlichen Hof gewesen. Er war in einen Hinterhalt gelaufen und umzingelt worden. Er erinnert sich wie er helfen wollte und wie er von Motley in die Dichte der Nacht gebracht worden war. Er erinnerte sich, wie Motley ihn auf diesen Wagen packte und sie durch die Hinterstraßen von Andros ritten, um so schnell wie möglich davon zu kommen.

Das erklärte also den Karren. Aber wo waren sie hingefahren? Wo hatte Motley ihn hingebracht? Eine Tür wurde geöffnet und der wage Schein einer Fackel erhellte den dunklen Raum. Aidan war schließlich in der Lage zu sehen wo er war: In einem kleinen Steinraum mit einer niedrigen, gebogenen Decke, was wie eine kleine Hütte oder Kneipe aussah. Er blickte nach oben und sah wie Motley im Eingang stand und vom Fackelschein umgeben war.

„Schrei weiter so herum und die Pandesier werden uns finden“, warnte Motley.

Motley drehte sich herum und ging zu dem gut erleuchteten Raum zurück. Aidan sprang schnell vom Wagen und folgte mit Fynn an seiner Seite. Als Aidan den hellen Raum betrat, schloss Motley schnell die dicke Eichentür und verriegelte sie mehrmals.

Aidan sah sich um und als sich seine Augen ans Licht gewöhnten, erkannte er familiäre Gesichter: Motleys Freunde.

Die Schauspieler. All die Unterhaltungskünstler von der Straße. Sie waren alle hier und versteckten sich in dem mit Brettern vernagelten, fensterlosen Pub. All diese einst so festlichen Gesichter waren nun grimmig und düster.

„Die Pandesier sind überall“, sagte Motley zu Aidan. „Sprich leise.“

Aidan stellte peinlich berührt fest, dass er geschrien hatte.

„Es tut mir leid“, sagte er. „Ich hatte einen Albtraum.“

„Wir alle haben Albträume“, antwortete Motley.

„Wir leben in einem“, fügte ein anderer Schauspieler mit bedrücktem Gesicht hinzu.

„Wo sind wir?“ fragte Aidan und sah sich verwirrt um.

„In einer Kneipe“, antworte Motley, „am entferntesten Ende von Andros. Wir sind noch in der Hauptstadt und verstecken uns. Die Pandesier patrouillieren draußen. Sie sind bereits mehrere Male vorbeigelaufen, aber sie sind nicht reingekommen – und das werden sie auch nicht solange du ruhig bleibst. Wir sind hier sicher.“

„Für den Moment“, sagte einer seiner Freunde skeptisch.

Aidan hatte das drängende Gefühl seinem Vater zu helfen und versuchte sich zu erinnern.

„Mein Vater“, sagte er. „Ist er…tot?“

Motley schüttelte mit dem Kopf.

„Ich weiß es nicht. Er wurde mitgenommen. Das war das Letzte, was ich von ihm gesehen habe.”

Aidan fühlte ein Gefühl von Ärger hochkommen.

„Du hast mich weggeschleppt!“ sagte er wütend, „Das hättest du nicht tun sollen. Ich hätte ihm geholfen!“

Motley kratzte sich am Kinn.

„Und wie hättest du das hinbekommen?“

Aidan zuckte mit den Schultern und zermarterte sich sein Hirn.

„Ich weiß es nicht“, antwortete er. „Irgendwie.“

Motley nickte.

„Du hättest es versucht”, stimmte er ihm zu. „Und du wärst dann jetzt auch tot.“

„Ist er dann also tot?“ fragte Aidan und fühlte wie sich sein Herz zusammenzog.

Motley zuckte mit den Achseln.

„Nicht, als wir aufbrachen“, sagte Motley. „Ich weiß es nicht. Wir haben keine Freunde mehr, keine Spione mehr in der Stadt – sie wurde von den Pandesiern übernommen. Alle Männer deines Vaters sind im Gefängnis. Wir sind, befürchte ich, von Pandesias Gnade abhängig.“

Aidan ballte die Fäuste zusammen, als er daran dachte wie sein Vater in einer Gefängniszelle vor sich hinvegetierte.

„Ich muss ihn retten“, sagte Aidan und war mit einem Gefühl von Bestimmtheit erfüllt. „Ich kann ihn da nicht sitzen lassen. Ich muss sofort hier weg.“

Aidan sprang auf die Beine, beeilte sich zur Tür zur kommen und begann die Riegel zur Seite zu schieben, bis Motley sich über ihm aufrichtete und seinen Fuß vor die Tür stellte, bevor Aidan sie öffnen konnte.

„Geh jetzt“, sagte Motley, „und du wirst uns alle umbringen.“

Aidan schaute Motley an und sah zum ersten Mal einen ernsten Ausdruck auf seinem Gesicht und er wusste, dass er Recht hatte. Er hatte nun ein neues Gefühl von Dankbarkeit und Respekt für ihn; denn nach allem hatte er ihm wirklich das Leben gerettet. Aidan würde immer dankbar dafür sein. Dennoch hatte er im gleichen Moment das brennende Verlangen seinen Vater zu retten und wusste, dass jede Sekunde zählte.

„Du sagtest es würde einen anderen Weg geben“, sagte Aidan und erinnerte sich. „Einen anderen Weg, um ihn zu retten.“

Motley nickte.

„Das habe ich“, gab Motley zu.

„Waren das dann also nur leere Worte?“ fragte Aidan.

Motley seufzte.

„Was schlägst du vor?“ fragte er verärgert. „Dein Vater sitzt im Herzen der Hauptstadt, im königlichen Kerker von einer gesamten pandesischen Armee bewacht. Sollen wir einfach rüber gehen und an die Tür klopfen?“

Aidan stand dort und versuchte sich etwas auszudenken. Er wusste, dass es eine beängstigende Aufgabe war.

„Es muss Männer geben, die uns helfen können?“ fragte Aidan.

„Wer?“ fragte einer der Schauspieler. „All die Männer, die deinem Vater loyal waren sind zusammen mit ihm eingesperrt.“

„Nicht alle“, antwortete Aidan. „Ich bin sicher, dass einige seiner Männer nicht dort waren. Was ist mit den Kriegsherren, die loyal außerhalb der Stadt zu ihm sind?”

„Vielleicht.“ zuckte Motley. „Aber wo sind die jetzt?”

Aidan war wütend und verzweifelt und fühlte sich, als ob er selbst im Gefängnis saß.

„Wir können nicht einfach hier sitzen und nichts machen“, entfuhr es Aidan. „Wenn ihr mir nicht helft, werde ich alleine gehen. Es ist mir egal ob ich sterbe. Ich kann nicht einfach hier sitzen, während mein Vater im Gefängnis ist. Und meine Brüder…“ sagte Aidan, erinnerte sich und begann dann zu weinen. Er wurde von seinen Emotionen überwältigt, als er sich den Mord an seinen zwei Brüdern in Erinnerung rief.

„Ich habe nun niemanden mehr“, sagte er.

Dann schüttelte er mit dem Kopf. Er erinnerte sich an seine Schwester, an Kyra und betete mit allem was er hatte, dass sie sicher war. Denn nach allem, war sie das Einzige, das ihm noch blieb.

Als Aidan beschämt weinte, kam Fynn zu ihm und ruhte seinen Kopf gegen sein Bein. Er hörte schwere Fußstapfen auf dem knartschenden, hölzernen Dielenboden und dann fühlte er eine große, fleischige Hand auf seiner Schulter.

Er schaute nach oben und sah wie Motley mitleidig auf ihn hinabschaute.

„Falsch“, sagte Motley. „Du hast uns. Wir sind nun deine Familie.”

Motley drehte sich um, zeigte auf den Raum und Aidan sah all die Schauspieler und Unternehmenskünstler ernst zurückschauen, Dutzende von ihnen hatten Verständnis in ihren Augen und nickten ihm zustimmend zu. Er realisierte, auch wenn sie keine Krieger waren, waren sie doch gutherzige Menschen. Er erlangte neuen Respekt für sie.

„Danke“, sagte Aidan. „Aber ihr seid alles Schauspieler. Was ich brauche sind Krieger. Ihr könnt mir nicht helfen meinen Vater wieder zurückzubekommen.“

Motley hatte auf einmal einen Blick in seinen Augen, so als ob ihm eine Idee dämmerte und er grinste breit.

„Wie falsch du doch liegst, junger Aidan“, antwortete er.

Aidan sah, wie Motleys Augen glühten und er wusste, dass er an etwas dachte.

„Krieger haben eine bestimmte Fähigkeit“, sagte Motley, „doch Entertainer haben ihre eigenen. Krieger können mit Stärke gewinnen – aber Unterhaltungskünstler können mit anderen Mitteln gewinnen, mit mächtigeren Mitteln.“

„Ich verstehe nicht“, sagte Aidan verwirrt. „Du kannst ja meinen Vater nicht aus der Zelle rausspielen.“

Motley lachte laut auf.

„Ehrlich gesagt“, antwortete er, „ich glaube ich kann das.”

Aidan sah ihn verblüfft an.

„Was meinst du?“ fragte er.

Motley kratzte sich am Kinn und seine Augen bewegten sich, er war offensichtlich dabei einen Plan auszubrüten.

„Krieger haben jetzt kein Recht mehr frei in der Hauptstadt umherzulaufen – oder sich dem Stadtzentrum auch nur anzunähern. Jedoch haben Unterhaltungskünstler keine Einschränkungen.“

„Warum sollte Pandesia Unterhaltungskünstler ins Stadtzentrum lassen?“ fragte Aidan.

Motley lächelte und schüttelte den Kopf.

„Du weißt immer noch nicht, wie die Welt funktioniert, Junge“, antwortete Motley. „Krieger sind immer nur an begrenzten Orten und zu begrenzten Zeiten erlaubt. Aber Entertainer – sind immer und überall erlaubt. Jeder braucht Unterhaltung zu jeder Zeit und die Pandesier genauso wie die Escalonier. Denn ein gelangweilter Soldat ist ein gefährlicher Soldat und auf jeder Seite des Königreichs muss die Ordnung bewahrt werden. Unterhaltung war schon immer der Schlüssel Truppen glücklich zu halten und so die Armee zu kontrollieren.“

 

Motley lächelte,

„Du siehst nun, junger Aidan“, sagte er, „es sind nicht die Kommandanten, die die Schlüssel zur Armee halten, sondern wir. Bloß alte Unterhaltungskünstler. Menschen der Klasse, die du so verachtest. Wir erheben uns über den Kampf und schneiden durch die feindlichen Linien. Es interessiert niemanden, was für eine Rüstung ich trage – es interessiert sie nur, wie gut meine Geschichten sind. Und ich habe gute Geschichten, Junge, bessere als du jemals hören wirst.“

Motley drehte sich in den Raum und dröhnte:

„Wir alle werden ein Stück spielen! Alle von uns!“

Alle Schauspieler im Raum fingen auf einmal an zu schreien, ihre Gesichter erhellten sich, sie erhoben sich auf ihre Füße und Hoffnung kehrte in ihre Augen zurück.

„Wir werden das Stück im Herzen der Stadt spielen! Es soll die beste Unterhaltung werden, die diese Pandesier bisher erlebt haben! Und noch wichtiger, die größte Ablenkung. Wenn die Zeit gekommen ist, wenn die Stadt in unserer Hand und von unserer herausragenden Vorstellung in Bann gezogen ist, werden wir handeln. Und wir werden einen Weg finden deinen Vater zu befreien.“

Die Männer jubelten Aidan zu und zum ersten Mal beschlich ihn das warme, neue Gefühl des Optimismus.

„Denkst du wirklich, dass das klappen wird?“ fragte Aidan.

Motley lächelte.

„Es sind bereits“, sagte er, „verrücktere Dinge passiert, mein Junge.“

Бесплатный фрагмент закончился. Хотите читать дальше?
Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»