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KAPITEL FÜNF

Thor saß auf seinem Pferd, sein Vater auf der einen Seite, McCloud auf der anderen und auch Rafi war ganz in der Nähe.

Hinter ihnen saßen zehntausende von Empirekriegern, der Großteil von Andronicus Armee, und erwarteten diszipliniert und geduldig auf Andronicus Befehl. Sie waren auf einer Anhöhe und blickten in die Highlands hinauf. Die Gipfel waren mit Schnee bedeckt. Hoch oben in den Highlands lag die Stadt der McClouds, Highlandia, und Thor betrachtete angespannte, wie tausende von Kriegern die Stadt verließen und auf sie zuritten, um sich für die nächste Schlacht vorzubereiten.

Sie waren weder MacGils noch Krieger des Empire. Sie trugen eine Rüstung, an die sich Thor vage erinnerte; doch als er den Knauf seines neuen Schwerts umklammert hielt, war er sich nicht sicher wer sie waren oder ob sie sie angreifen würden.

„Das sind McClouds. Meine Männer.“, sagte McCloud zu Andronicus. „Alles gute Krieger. Das sind Männer, mit denen ich einst trainiert und gekämpft habe.“

„Doch nun haben sie sich gegen dich gewandt.“, bemerkte Andronicus. „Sie reiten gegen dich in die Schlacht.“

McCloud machte ein Böses Gesicht. Mit nur einem Auge und dem Brandmal im Gesicht gab er ein groteskes Bild ab.

„Es tut mir Leid mein Herr“, sagte er. „Es ist nicht meine Schuld. Es ist das Werk meines Sohnes Bronson. Er hat meine eigenen Leute gegen mich aufgebracht. Wenn er nicht wäre, hätten sie sich schon längst uns angeschlossen.“

„Es ist nicht die Schuld deines Jungen.“, korrigierte ihn Andronicus kalt und wandte sich ihm zu. Es geschieht, weil du ein schwacher Anführer und ein noch schwächerer Vater bist. Dein Sohn ist dein Versagen. Ich hätte wissen müssen, dass du nicht dazu in der Lage sein würdest, deine eigenen Männer unter Kontrolle zu halten. Ich hätte dich schon vor langer Zeit töten sollen.“

McCloud schluckte nervös.

„Mylord, ihr solltet daran denken, dass sie nicht nur gegen mich kämpfen, sondern gegen Euch. Sie wollen den Ring vom Empire befreien.“

Andronicus schüttelte den Kopf und ließ seine Finger über seine Kette mit den Schrumpfköpfen gleiten.

„Doch du bist jetzt auf meiner Seite“, sagte er. „Wer gegen mich kämpft, kämpft auch gegen dich.“

McCloud zog sein Schwert und sah grimmig auf die nahende Armee herab.

„Ich werde wenn es sein muss jeden einzelnen von ihnen töten.“, sagte er ernst.

„Ich weiß, dass du das tun wirst.“, sagte er. „Wenn nicht, dann werde ich dich töten. Nicht, dass ich deine Hilfe brauchen würde. Meine Männer werden viel mehr Schaden anrichten, als du dir vorstellen kannst, besonders wenn sie von meinem Sohn Thornicus angeführt werden.“

Thor saß auf seinem Pferd und hörte ihrem Gespräch zu, doch er hörte nichts. Er war benommen. In seinem Kopf schwirrten Gedanken, die nicht ihm gehörten, Worte pulsierten und erinnerten ihn an seine neue Bindung zu seinem Vater, an seine Pflicht, für das Empire zu kämpfen, an sein Schicksal als Andronicus‘ Sohn. Die Gedanken schwirrten unerbittlich durch seinen Geist und so sehr er sich auch bemühte, es gelang ihm nicht, einen klaren Kopf zu bekommen und einen eigenen Gedanken zu formulieren. Es war, als ob er ein Gefangener in seinem eigenen Körper war. Als Andronicus sprach, wurde jedes Wort zu einem Vorschlag in seinem Geist, und dann zu einem Befehl. Dann wurden diese Worte irgendwie zu seinen eigenen Gedanken. Thor wehrte sich dagegen, ein kleiner Teil von ihm versuchte, seinen Geist von diesen fremden Gefühlen zu befreien, Klarheit zu erlangen. Doch je mehr er sich wehrte, desto schwerer wurde es.

Während er auf seinem Pferd saß und zusah, wie die feindliche Armee über die Ebene ritt, fühlte er, wie das Blut durch seine Adern pulsierte, und das Einzige, woran er denken konnte, war seine Loyalität gegenüber seinem Vater, seine Verpflichtung jeden zu vernichten, der sich seinem Vater in den Weg stellte. Und an sein Schicksal, das Empire zu regieren.

„Thornicus. Hast du mich gehört?“, fragte Andronicus. „Bist du bereit, dich deinem Vater in der Schlacht zu beweisen?“

„Ja Vater.“, antwortete er und starrte geradeaus. „Ich werde jeden bekämpfen, der dich bekämpft.“

Andronicus grinste breit. Er wandte sich um und sah seine Männer an.

„Männer!“, polterte er. „Die Zeit ist gekommen, dem Feind entgegenzutreten, den Ring ein für alle Mal von den letzten Rebellen zu befreien. Wir werden mit diesen McClouds anfangen, die es wagen, sich uns zu widersetzen. Thornicus, mein Sohn, wird uns in die Schlacht führen. Ihr werdet ihm folgen so wie ihr mir folgt. Ihr werdet euer Leben genauso für ihn geben, wie ihr es für mich tun würdet. Verrat an ihm ist Verrat an mir!“

„THORNICUS!“, schrie Andronicus.

„THORNICUS!“ schrien Zehntausend Männer hinter ihnen wie aus einem Mund.

Ermutigt hob Thor sein neues Schwert hoch in die Luft. Das Schwert des Empire, das ihm sein geliebter Vater gegeben hatte. Er spürte eine Macht in dem Schwert, die Macht seiner Blutlinie, seines Volkes, von allem, was ihm das Schicksal bestimmt hatte. Endlich war er zu Hause. Vereint mit seinem Vater. Für seinen Vater würde Thor alles tun – sogar in den Tod gehen.

Thor stieß einen Schrei aus, gab seinem Pferd die Sporen und ritt allen anderen voraus hinunter ins Tal in die Schlacht. Hinter ihm erhoben sich die Schreie seiner Männer. Jeder einzelne von ihnen war bereit, Thornicus in den Tod zu folgen.

KAPITEL SECHS

Mycoples saß zusammengekauert und vollkommen in das riesige Akron-Netz verheddert und konnte sich weder strecken noch mit den Flügeln schlagen. Sie saß am Heck des Empire-Schiffs und so sehr sie sich auch bemühte, konnte sie weder ihren Kopf nicht heben, ihre Beine bewegen noch ihre Krallen ausfahren. Sie hatte sich noch nie in ihrem Leben so schrecklich gefühlt, nie einen solchen Mangel an Freiheit und Stärke empfunden. Sie war zusammengerollt und blinzelte langsam. Sie war niedergeschlagen – doch viel mehr wegen Thor als wegen ihrer Situation.

Mycoples konnte selbst aus dieser großen Entfernung Thors Energie spüren, selbst auf ihrem Schiff, dass durch gigantische Wellenberge und Täler segelte und ihr Körper von den Wellen, die über dem Deck zusammenbrachen hin und her gespült wurde. Mycoples konnte spüren, dass Thor sich in veränderte. Er wurde zu jemand anderem, war nicht mehr der Mann, den sie einst gekannt hatte. Es brach ihr das Herz. Sie gab sich die Schuld und hatte das Gefühl, dass sie ihn im Stich gelassen hatte. Sie versuchte wieder, sich aus dem Netz zu befreien, wollte so gerne zurück zu ihm um ihn zu retten. Doch es gelang ihr nicht.

Eine riesige Welle brach auf Deck und das schäumende Wasser der Tartuvianischen See umspülte sie und ihr Netz. Sie geriet ins Rutschen und schlug den Kopf an der hölzernen Reling an. Sie rollte sich zusammen und knurrte. Sie hatte einfach nicht mehr dieselbe Stärke und die Tatkraft wie vor ihrer Gefangennahme. Sie hatte sich in ihr neues Schicksal ergeben, wusste, dass sie sie fortbrachten um sie umzubringen, oder noch viel schlimmer, in ein Leben in Gefangenschaft. Es war ihr zwischenzeitlich egal. Alles was sie wollte war, dass Thor frei kam. Und sie wollte eine Gelegenheit, nur eine letzte Gelegenheit, sich an ihren Angreifern zu rächen.

„Das ist sie ja! Sie ist über das halbe Deck gerutscht!“, rief einer der Empirekrieger.

Plötzlich spürte sie einen stechenden Schmerz an den empfindlichen Schuppen in ihrem Gesicht, und sie sah, wie zwei Krieger sie mit zehn Meter langen Stangen durch das Netz anstießen.

Sie wollte sich auf sie stürzen, doch das Netz verhinderte es. Sie knurrte, als sie sie immer weiter mit den Stöcken piesackten – sie lachten und hatten offensichtlich Spaß dabei.

„Jetzt ist sie gar nicht mehr so furchteinflößend, nicht wahr?“, sagte einer.

Der andere lachte und stieß sie gefährlich nahe an ihrem Auge an.

„Sie ist so harmlos wie eine Fliege!“, sagte ein anderer.

„Ich habe gehört, dass sie sie in der Hauptstadt ausstellen wollen.“

„Ich habe da etwas anderes gehört.“, sagte der erste. „Ich habe gehört, dass sie ihr die Flügel stutzen wollen und sie dafür, was sie unseren Männern angetan hat, foltern werden.“

„Ich wünschte ich könnte dabei sein.“

„Müssen wir sie wirklich heil abliefern?“, fragte einer.

„So sind die Befehle.“

„Aber ich sehe keinen Grund, warum wir sie nicht zumindest ein wenig quälen sollten. Sie braucht doch nicht wirklich beide Augen, was denkst du?“

Der andere lachte.

„So wie du es jetzt sagst, nein, wirklich nicht“, lachte er. „Na los.“

Einer der Männer trat näher an sie heran und hob seinen Speer hoch.

„Schön stillhalten, kleines Mädchen.“, sagte er.

Mycoples zuckte zusammen und war dem Krieger, der mit erhobenem Speer auf sie zu gerannt kam hilflos ausgeliefert.

Plötzlich brach eine neue Welle über dem Bug zusammen. Das Wasser riss den Krieger von den Füssen und er wurde direkt vor ihr Gesicht gespült – seine Augen vor Schreck weit aufgerissen. Unter riesiger Anstrengung gelang es ihr, eine ihrer Klauen gerade hoch genug zu heben, damit der Krieger unter sie rutschen konnte und sie jagte sie ihm durch den Hals.

Er kreischte und sein Blut sprudelte überall hin, mischte sich mit dem Wasser, als er unter ihr starb.

Mycoples spürte ein klein wenig Befriedigung.

Der andere Krieger drehte sich um und rannte um Hilfe schreiend davon. Augenblicke später kam er mit einem Dutzend anderer zurück, die alle mit langen Speeren bewaffnet waren.

„Tötet das Biest!“

Mycoples war sich sicher, dass sie sie töten würden. Eine plötzliche unbändige Wut brandete in ihr auf, anders, als sie es je zuvor gespürt hatte. Sie schloss ihre Augen und betete zu Gott, er möge ihr einen letzten Energieschub gewähren.

Langsam spürte sie eine enorme Hitze in ihrem Bauch ihren Hals hinauf aufsteigen. Sie öffnete ihr Maul und stieß einen donnernden Schrei aus. Zu ihrer großen Überraschung wurde der Schrei von Feuer begleitet. Die Flammen schossen durch das Netz, und auch wenn das Feuer das Akron nicht zerstören konnte, hüllte doch eine Wand aus Feuer die Männer ein, die sie hatten angreifen wollen.

Sie schrien als ihre Körper Feuer fingen, und die meisten brachen an Deck zusammen, einige wenige sprangen über Bord. Mycoples lächelte.

Ein weiteres Dutzend Männer erschien und schwang dicke Knüppel. Mycoples versuchte, noch einmal Feuer zu speien.

Doch dieses Mal geschah nichts.

Gott hatte ihr Gebet erhört und ihr einen letzten Energieschub gewährt. Doch jetzt konnte sie nichts mehr tun. Sie war dankbar, dass er ihr zumindest diesen kleinen Triumph geschenkt hatte.

Die Männer prügelten mit ihren Knüppeln auf sie ein, und langsam spürte Mycoples ihre letzten Kräfte schwinden, sie rollte sich resigniert eng zusammen und war sich sicher, dass sich ihre Zeit auf dieser Welt dem Ende zuneigte.

Gnädige Finsternis hüllte sie ein.

KAPITEL SIEBEN

Romulus stand auf der Brücke seines riesigen Schiffs. Es war schwarz und gold bemalt und fuhr unter dem Banner des Empire, dem Löwen mit dem Adler im Maul, das stolz im Wind wehte. Er stand mit in die Hüften gestemmten Händen da, sein muskulöser Körper wirkte sogar noch breiter, als er wie fest verwurzelt an Deck stand und hinausblickte auf die leuchtenden Wellen der Ambrek See. In der Ferne kam gerade die Küste des Rings in Sicht.

Endlich.

Romulus‘ Herz machte einen Sprung als er das erste Mal die Küste des Rings sah. Er hatte ein paar Dutzend der besten Krieger persönlich ausgewählt, um mit ihm auf dem ersten Schiff allen anderen voran zu segeln, und hinter ihm folgten Tausende der besten Schiffe, die das Empire besaß.

Eine riesige Armada die das Meer bevölkerte, alle unter dem Löwenbanner. Sie waren beinahe um den gesamten Ring herumgesegelt, entschlossen auf der McCloud’schen Seite zu landen. Romulus war entschlossen, selbst in den Ring einzufallen, sich an seinen alten Meister Andronicus anzuschleichen, und ihn umzubringen, wenn er es am wenigsten erwartete.

Er lächelte bei dem Gedanken. Andronicus hatte keine Ahnung von der Macht und der Raffinesse seiner Nummer Zwei, und er würde beides bald am eigenen Leib erfahren. Andronicus hätte ihn nie unterschätzen sollen.

Riesige Wellen rollten vorbei und die kalte Gischt wehte ihm ins Gesicht. Er hielt den magischen Mantel, den er im Wald erhalten hatte, fest in den Händen, und er spürte, dass es funktionieren würde. Er war sich sicher, dass der Mantel ihn sicher über den Canyon bringen würde. Er wusste, dass er unsichtbar werden würde sobald er ihn anlegte, dass er den Schild durchdringen würde, um dann in den Ring einzudringen. Seine Mission erforderte Verschwiegenheit, Gerissenheit und einen großen Überraschungsmoment. Seine Männer konnten ihm natürlich zunächst nicht folgen, doch er brauchte sie nicht: Wenn er einmal im Ring war, würde er Andronicus‘ Männer finden – die Männer des Empire – und sie um sich scharen. Er würde sie aufspalten und seine eigene Armee bilden. Die Krieger liebten ihn mindestens genauso, wie sie Andronicus liebten. Er würde Andronicus eigene Männer gegen ihn führen. Sicher würden sich nicht alle ihm anschließen, und es würde einen Krieg geben. Doch das störte ihn nicht.

Romulus würde einen MacGil finden und ihn zurück über den Canyon bringen, so wie es der Mantel verlangte, und wenn die Legende wahr war, würde damit der Schild für immer zerstört werden. Dann würde er alle seine Männer rufen, und seine gesamte Armee würde hineinströmen und den Ring ein für alle Mal zerstören. Dann endlich würde Romulus der Herrscher über die ganze Welt sein.

Er holte tief Luft. Er konnte den Sieg schon fast schmecken. Sein ganzes Leben lang hatte er auf diesen Augenblick hingearbeitet.

Romulus blickte zum blutroten Himmel hinauf und betrachtete den riesigen Feuerball der zweiten Sonne, die gerade unterging. Zu dieser Tageszeit glühte sie tiefblau und purpurn. Zu dieser Tageszeit betete Romulus immer zu seinen Göttern, dem Gott des Landes, dem Gott der See, dem Gott des Himmels, dem Gott des Windes – und am allermeisten zum Gott des Krieges. Er wusste, dass er sie alle beschwichtigen musste und war vorbereitet: Er hatte genug Sklaven mitgebracht, die er ihnen opfern konnte, denn er wusste, dass ihr Blut ihm Macht verleihen würde.

Die Wellen rauschten um ihn herum, als sie sich der Küste näherten. Romulus wartete nicht auf die anderen, die die Seile hinabließen, sondern sprang direkt vom Bug, als das Schiff auf Sand lief. Gut sieben Meter weiter unten landete er hüfttief im eiskalten Wasser. Er zuckte nicht einmal.

Romulus watete ans Ufer als gehörte das Land bereits ihm und hinterließ seine Fußabdrücke im jungfräulichen Sand. Hinter ihm begannen seine Männer an den Seilen vom Schiff zu klettern, während ein Schiff nach dem anderen landete.

Romulus betrachtete wohlwollend was er bisher erreicht hatte, und lächelte. Es wurde dunkel, und er hatte die Küste zum perfekten Zeitpunkt erreicht, um den Göttern ein Opfer darzubringen. Er wusste, dass er ihnen dafür Dank zollen musste.

Er drehte sich zu seinen Männern um.

„MACHT FEUER!“, rief er.

Seine Männer beeilten sich, einen riesigen Scheiterhaufen zu bauen, fünf Meter hoch in der Form eines Dreiecks und bereit, angezündet zu werden.

Romulus nickte, und seine Männer zerrten ein Dutzend Sklaven herbei, die aneinander gefesselt waren. Sie wurden um den Scheiterhaufen herum angebunden und blickten mit Panik in den Augen um sich. Sie schrien und wehrten sich als sie die Fackeln sahen und sich der Tatsache bewusst wurden, dass sie bald bei lebendigem Leib verbrannt werden würden.

„NEIN“, schrie einer. „Bitte! Ich flehe dich an! Alles, nur nicht das!“

Romulus schenkte ihm keine Beachtung. Stattdessen wandte er sich ab streckte die Arme aus und legte den Kopf in den Nacken.

„OMARUS!", rief er. „Gib uns Licht, damit wir sehen können. Nimm heute Nacht mein Opfer an. Begleite mich auf meiner Reise durch den Ring. Gib mir ein Zeichen und lass mich wissen, ob ich Erfolg haben werde!“

Romulus senkte seine Arme wieder und auf dieses Zeichen hin, warfen seine Männer ihre Fackeln auf den Scheiterhaufen.

Entsetzliche Schreie erhoben sich, als die Sklaven von den Flammen erfasst wurden. Funken flogen und Romulus stand mit glühendem Gesicht da und betrachtete das Schauspiel.

Er nickte, und seine Männer trugen eine blinde alte Frau auf einer Sänfte nach vorn. Sie beugte sich zu den Flammen vor, die ihr Gesicht erleuchteten. Es war von tiefen Falten durchzogen und ihr Körper vornüber gebeugt. Romulus sah sie geduldig an und wartete auf ihre Prophezeiung.

„Du wirst mit deinen Plänen Erfolg haben“, sagte sie. „Es sei denn, du siehst, wie sich die beiden Sonnen berühren.“

Romulus lächelte breit. Wie sollten sich die Sonnen berühren? Das war seit mehr als Tausend Jahren nicht mehr passiert.

Er fühlte sich ermutigt und es wurde ihm warm ums Herz. Das war genau das, was er hören wollte. Die Götter waren mit ihm.

Romulus griff seinen Mantel, stieg auf sein Pferd und gab ihm die Sporen. Er ritt alleine über den Strand auf die Straße, die ihn zur Östlichen Querung und über den Canyon führen würde. Mitten ins Herz des Rings.

KAPITEL ACHT

Selese und Illepra liefen zwischen den Überresten des Schlachtfelds hindurch. Sie gingen von einem Körper zum nächsten und suchten nach Lebenszeichen. Es war ein langer, harter Marsch von Silesia hierher gewesen, und die beiden waren zusammengeblieben, als sie der Armee folgten und sich um die Verwundeten kümmerten. Sie hatten sich von den anderen Heilern abgesondert und waren Freundinnen geworden – die Not schweißte sie zusammen.

Sie waren fast gleich alt und ähnelten einander sehr. Doch was noch viel wichtiger war – beide liebten sie einen MacGil Jungen. Selese liebte Reece, und so sehr Illepra sich auch dagegen wehrte: Sie liebte Godfrey.

Die Mädchen hatten sich größte Mühe gegeben, mit der Armee mitzuhalten, während sie durch Felder und Wälder und über matschige Straßen zogen und dabei die Gegend nach Verletzten MacGil Kriegern durchkämmten. Leider fiel ihnen das nicht schwer. Viel zu viele von ihnen lagen in der Landschaft verstreut. Manchen konnte Selese helfen, doch in vielen Fällen war das Beste, was Illepra und sie tun konnten, ihre Wunden zu versorgen und ihre Schmerzen mit Elixieren zu lindern um ihnen einen friedlichen Tod zu ermöglichen.

Es brach Selese das Herz. Sie war ihr ganzes Leben lang Heilerin in ihrem kleinen Dorf gewesen und war nie mit derart schweren Verletzungen konfrontiert gewesen. Ihr Alltag hatte aus Kratzer, Schnitten, ein paar gebrochenen Knochen und einem gelegentlichen Forsythenbiss bestanden. Doch dieses Blutvergießen hier hatte unglaubliche Ausmaße. Die schiere Anzahl der verletzten, ihre schrecklichen Wunden, und all die Toten überwältigten sie. Sie war zutiefst traurig.

In ihrem Beruf wollte Selese die Menschen heilen, sehen, wie es ihnen gut ging; doch seit sie aus Silesia aufgebrochen waren, hatte sie nichts gesehen als eine nichtendenwollende Spur von Blut. Wie konnten Männer einander nur so schreckliche Dinge antun? Sie waren doch alle Söhne ihrer Mütter. Sie waren Brüder, Väter und Ehemänner. Wie konnten die Menschen nur so grausam sein?

Die Tatsache, dass sie nicht allen helfen konnte, brach ihr das Herz. Die Menge der Medikamente, die sie bei sich trug war beschränkt, und angesichts des langen Marsches war es nicht viel. Die anderen Heiler waren über den ganzen Ring verteilt. Sie waren wie eine eigene Armee, doch sie waren weit verstreut und ihre Vorräte an Elixieren und Heilmitteln war beschränkt. Ohne Pferdekarren und Helfern konnten sie nur das mit sich führen, was sie tragen konnte.

Selese schloss die Augen und holte tief Luft. Doch sie sah immer noch die Gesichter der Verwundeten vor sich. Zu oft hatte sie heute schon Kriegern mit tödlichen Verletzungen geholfen die vor Schmerzen schrien, hatte zusehen müssen, wie ihre Augen glasig wurden und ihnen Blatox gegeben.

Blatox war ein sehr effektives Schmerz- und Beruhigungsmittel. Doch es konnte eine eiternde Wunde nicht heilen oder eine Infektion aufhalten. Ohne all ihre Kräuter war das alles, was sie tun konnte. Ihr war zum Weinen und zum Schreien zumute.

Selese und Illepra knieten wenige Meter voneinander entfernt neben verwundeten Kriegern und waren damit beschäftigt ihre Wunden zu vernähen. Selese hatte dieselbe Nadel schon viel zu oft verwenden müssen, und wünschte, sie hätte eine saubere. Doch sie hatte keine Wahl. Der Krieger schrie vor Schmerz als sie versuchte, eine lange klaffende Wunde an seinem Arm zuzunähen, die nicht aufhören wollte zu bluten. Selese versuchte mit dem Druck ihrer Hand die Blutung zu stoppen.

Doch es war ein aussichtsloser Kampf. Wenn sie nur einen Tag früher bei diesem Mann gewesen wäre, wäre es nicht schlimm gewesen. Doch jetzt schob sie das Unvermeidliche nur auf.

„Es wird alles gut“ redete ihm Selese zu.

„Das wird es nicht.“, sagte er, und der Tod blickte sie durch seine Augen an. Es war ein Anblick, den sie in den letzten Tagen schon viel zu oft gesehen hatte. „Sag mir Heilerin, muss ich sterben?“

Selese hielt den Atem an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie wollte nicht lügen, doch sie konnte es nicht ertragen, es ihm zu sagen.

„Unser Schicksal liegt in den Händen unserer Schöpfer. Es ist nie zu spät für uns. Hier, trink das.“, sagte sie und setzte ihm ein kleines Fläschchen mit Blatox an die Lippen, während sie ihm über die Stirn strich.

Sein Blick wurde trüb und er wirkte friedlich.

„Ich fühle mich besser“, sagte er.

Augenblicke später schloss er die Augen.

Eine Träne rollte Selese über das Gesicht und sie wischte sie schnell fort.

Auch Illepra war mit der Versorgung ihres Verwundeten fertig, und stand auf. Widerwillig gingen sie gemeinsam weiter, und kamen an immer mehr Toten vorbei. Während sie der Armee folgten, kamen sie immer weiter nach Osten.

„Können wir hier überhaupt irgendetwas ausrichten?“, fragte Selese schließlich nach einer langen Stille.

„Natürlich“, antwortete Illepra.

„Es kommt mir nicht so vor.“, sagte Selese. „Wir konnten nur so wenige retten und haben so viele verloren!“

„Doch was ist mit den wenigen, die wir retten konnten?“, gab Illepra zurück. „Sind die denn gar nichts Wert?“

Selene dachte nach.

„Natürlich sind sie das“, sagte sie. „Doch was ist mit den anderen?“

Sie schloss die Augen und musste an sie denken, doch ihre Gesichter verschwammen.

Illepra schüttelte den Kopf.

„Du denkst falsch. Du bist ein Träumer, zu naiv. Du kannst nicht jeden retten! Wir haben diese Krieg nicht angefangen, wir können nur hinter all der Zerstörung herlaufen und unser Bestes tun.“

Sie liefen still weiter gen Osten. Selese war dankbar, dass Illepra bei ihr war. Sie hatten einander Gesellschaft geleistet und Trost gespendet, hatten ihre Erfahrungen und Heilmittel unterwegs ausgetauscht. Selese war erstaunt über Illepras breites Angebot an Kräutern – darunter etliche, die sie nie gesehen hatte; Illepra wiederum war erstaunt über all die einzigartigen Salben, die Selese in ihrem kleinen Dorf entwickelt hatte. Die Mädchen ergänzten einander gut.

Als sie weiterliefen und nach Überlebenden suchten, wanderten Seleses Gedanken wieder einmal zu Reece. Trotz allem, was um sie herum geschah konnte sie ihn nicht aus ihrem Kopf bekommen. Sie war den ganzen Weg bis nach Silesia gereist, um ihn zu finden und bei ihm sein zu können. Doch das Schicksal hatte sie viel zu schnell wieder auseinandergerissen und in unterschiedliche Richtungen geschickt. Sie fragte sich immer wieder, ob Reece sicher war. Sie fragte sich wo er war. Und jedem Leichnam, an dem sie vorüber kam blickte sie voller Angst ins Gesicht und betete, dass es nicht Reece war. Ihr Magen zog sich bei jedem toten Körper zusammen bis sie ihn umdrehte, und sah, dass es jemand anderes war. Und insgeheim stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus.

Doch sie war bei jedem Schritt bis zum Äußersten angespannt, immer in der Angst, dass sie ihn unter den Verwundeten – oder schlimmer noch – unter den Toten finden könnte. Sie wusste nicht, ob sie das verkraften könnte.

Sie war fest entschlossen, ihn zu finden, tot oder lebendig. Sie war so weit gereist, und sie würde nicht umkehren, bis sie herausgefunden hatte, was ihm zugestoßen war.

„Ich habe bisher kein Zeichen von Godfrey gesehen“, sagte Illepra und kickte ein paar Steine vor sich her.

Illepra hatte seit sie aufgebrochen waren immer wieder von Godfrey gesprochen, und es war offensichtlich, dass sie in ihn verliebt war.

„Ich auch nicht“, sagte Selese.

Es war ein permanenter Dialog zwischen den beiden Mädchen, die in die Brüder Reece und Godfrey verliebt waren – zwei Männer, wie sie unterschiedlicher kaum sein konnte. Selese konnte wenn sie ehrlich war nicht verstehen, was Illepra an Godfrey fand. Für sie war er nicht viel mehr als ein Trunkenbold, ein alberner Kerl, den man nicht ernst nehmen konnte. Er war witzig, geistreich und amüsant. Aber er entsprach ganz sicher nicht den Vorstellungen, die Selese von einem Mann hatte. Selese wollte einen Mann, der aufrichtig, ernsthaft und gefühlstief war. Sie sehnte sich nach einem ritterlichen Mann von Ehre – und Reece vereinte all diese Eigenschaften in sich.

„Ich habe keine Ahnung, wie er all das hier überlebt haben soll.“, sagte Illepra traurig.

„Du liebst ihn, nicht wahr?“ fragte Selese.

Illepra wurde rot und wandte den Blick ab.

„Ich habe nie etwas davon gesagt, dass ich ihn liebe“, sagte sie defensiv. „Ich mache mir nur Sorgen um ihn. Er ist nicht mehr als ein Freund.“

Selese lächelte.

„Ist er das? Warum kannst du dann nicht aufhören, über ihn zu sprechen?“

„Tue ich das?“, fragte Illepra überrascht. „Das ist mir gar nicht aufgefallen.“

„Ja, die ganze Zeit über.“

Illepra zuckte mit den Schultern und wurde still.

„Ich denke, er ist mir irgendwie unter die Haut gefahren. Manchmal macht er mich so wütend. Ich muss ihn andauernd aus der Taverne wegschleifen. Und jedes Mal verspricht er mir, dass er nicht wieder dorthin zurückgehen wird. Doch er tut es immer wieder. Das macht mir wirklich wahnsinnig. Wenn ich könnte, würde ich ihn dann am liebsten verprügeln.“

„Bist du deshalb so versessen darauf, ihn zu finden?“, sagte Selese. „Um ihn zu verprügeln?“

Nun musste Illepra lächeln.

„Vielleicht nicht nur.“, sagte sie. „Vielleicht möchte ich ihn auch in die Arme nehmen.“

Sie kamen um eine Biegung hinter einen Hügel und fanden einen verletzten Krieger, einen Silesier. Er lag stöhnend unter einem Baum und sein Bein war gebrochen. Selese konnte es schon von hier aus sehen. Neben ihm, an den Baum gebunden, waren zwei Pferde.

Sie eilten zu ihm hinüber.

Als Selese sich daran machte, seine Wunde zu versorgen, einen tiefen Riss in seinem Oberschenkel konnte sie es nicht lassen auch ihn zu fragen, was sie jeden anderen Krieger dem sie vor ihm begegnet war gefragt hatte:

„Hast du irgendjemanden von der königlichen Familie gesehen?“, fragte sie. „Reece vielleicht?“

Doch alle hatten den Kopf geschüttelt und Selese hatte sich schon so sehr an die Enttäuschung gewöhnt, dass sie beinahe eine negative Antwort erwartete.

Doch zu ihrer Überraschung nickte der Mann zustimmend.

„Ich bin nicht mit ihm geritten, Mylady, aber ich habe ihn gesehen.“

Seleses Augen weiteten sich überrascht und voller Hoffnung.

„Lebt er? Ist er verletzt? Weißt du, wo er ist?“, fragte sie, und ihr Herz schlug schneller.

Er nickte.

„Ich weiß, wo er ist. Er ist auf einer besonderen Mission. Er soll das Schwert zurückbringen.“

„Welches Schwert?“

„Na das Schwert des Schicksals!“

Sie sah ihn verwundert an. Das Schwert des Schicksals, um das sich so viele Legenden rankten.

„Wo?“, bohrte sie verzweifelt nach. „Wo ist er?“

„Er ist zur Östlichen Querung gegangen.“

Die Östliche Querung, dachte Selese. Das war weit weg. So schrecklich weit weg! Das konnte sie niemals zu Fuß schaffen. Nicht in diesem Tempo. Und wenn Reece dort war, war er sicherlich in Gefahr. Sie war sich sicher, dass er sie brauchte.

Als sie mit der Versorgung seiner Wunde fertig war, sah sie zu den beiden Pferden hinüber, die am Baum angebunden waren. Mit seinem gebrochenen Bein konnte der Mann sie kaum reiten. Die Pferde waren nutzlos für ihn. Und wenn sich niemand um sie kümmerte, würden sie bald sterben müssen.

Der Krieger beobachtete sie.

„Nehmt sie, Mylady“, bot er an. „Ich werde sie kaum brauchen können.“

„Aber sie gehören dir“, sagte sie.

„Ich kann nicht reiten. Nicht so. Ihr könnt sie gut gebrauchen. Nehmt sie und findet Reece. Es ist eine lange Reise von hier bis zur Östlichen Querung. Viel zu anstrengend, um sie zu Fuß zu unternehmen. Ihr habt mir so sehr geholfen. Ich werde nicht sterben. Ich habe Wasser und Essen für mindestens drei Tage. Hier kommen immer wieder Patrouillen vorbei. Sie werden mich mitnehmen. Nehmt sie und beeilt Euch.“

Voller Dankbarkeit drückte sie seine Hand. Entschlossen wandte sie sich Illepra zu.

„Ich muss gehen und Reece finden. Es tut mir leid. Aber es gibt zwei Pferde hier. Du kannst das andere nehmen und hingehen wo immer du willst. Ich muss den Ring zur Östlichen Querung durchreiten. Es tut mir so leid, aber ich muss dich verlassen.“

Selese stieg auf und war überrascht als Illepra geschickt auf das zweite Pferd sprang.

Sie sah Selese lächelnd an.

„Hast du wirklich geglaubt, dass ich dich alleine gehen lassen würde – nach allem, was wir durchgemacht haben?“ fragte sie.

„Wahrscheinlich nicht“, gab Selese lächelnd zurück.

Sie gaben den Pferden einen tritt und ritten los, die Straße entlang immer weiter nach Osten. Dorthin, so betete Selese, wo sie Reece finden würde.

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Возрастное ограничение:
16+
Дата выхода на Литрес:
09 сентября 2019
Объем:
233 стр. 6 иллюстраций
ISBN:
9781632910042
Правообладатель:
Lukeman Literary Management Ltd
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