Читать книгу: «Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne», страница 12

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IV. Vereinbarkeit mit geltendem Unionsrecht

Das nationale (Verfassungs-)Recht spricht für eine Ausweitung des Selbstbestimmungsrechts auf ökumenische Einrichtungen. Dies muss auch mit geltendem Unionsrecht vereinbar sein. Der EuGH betont, dass die Autonomie der Kirchen oder religiöser Organisationen aus Art. 17 AEUV und Art. 10 GRCh hervorgeht.599 Gemäß Art. 17 Abs. 1 AEUV achtet die EU den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und beeinträchtigt ihn nicht. Es finden sich nur wenige Entscheidungen, in denen sich der EuGH explizit zur Reichweite von Art. 17 Abs. 1 AEUV positioniert. Demnach bringt Art. 17 AEUV „(…) die Neutralität der Union demgegenüber, wie die Mitgliedstaaten ihre Beziehungen zu den Kirchen und religiösen Vereinigungen der Gemeinschaften gestalten, zum Ausdruck600. Der Begriff des „Status“ i.S.d. Art. 17 Abs. 1 AEUV ist nach Ansicht der Literatur umfassend zu verstehen und bezieht sich auf das „(…) gesamte institutionelle Verhältnis zwischen Mitgliedstaat und Religionsgemeinschaft“.601 Bezogen auf die BRD werden sowohl die durch Art. 140 GG inkorporierten institutionellen Gewährleistungen der WRV als auch der kollektive Gehalt von Art. 4 Abs. 1, 2 GG erfasst.602 Das gilt unabhängig davon, ob man Art. 17 Abs. 1 AEUV als umfassenden Schutzgehalt versteht oder ob man eine Güterabwägung im Sinne praktischer Konkordanz im Konfliktfall für notwendig erachtet.603 Dem Selbstbestimmungsrecht kommt dabei jedenfalls ein besonderes Gewicht zu.604 Die Reichweite des Selbstbestimmungsrechts ist eine Frage der nationalen Identität und ist allein von den Mitgliedstaaten zu bestimmen. Bei der hier virulenten Frage, ob sich ökumenische Einrichtungen auf das Selbstbestimmungsrecht berufen können, sind zwei Aspekte relevant: Erstens: Beim verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht i.S.d. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV handelt es sich um einen essentiellen Teil des religionsverfassungsrechtlichen Systems der BRD und gehört zu deren nationaler Identität. Insofern wird das Selbstbestimmungsrecht umfassend durch Art. 17 Abs. 1 AEUV geschützt. Zweitens: Ob auch ökumenische Einrichtungen unter Beteiligung mehrerer Kirchen hieran teilhaben können, ist vom jeweiligen Mitgliedstaat zu beurteilen, nicht seitens der Union. Der EU fehlt hierzu eine Kompetenzzuweisung für den Bereich des Religionsverfassungsrechts (vgl. Art. 5, 13 Abs. 2 EUV).

V. Fazit

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass ökumenische Einrichtungen – abgeleitet von den beteiligten Kirchen – teilhaben am verfassungsrechtlich in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV garantierten Selbstbestimmungsrecht. Hierfür sprechen folgende Argumente:

1.Verbände von Religionsgemeinschaften mit verschiedenen Bekenntnissen haben teil am verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht (vgl. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 S. 1 WRV). Hieraus lässt sich tendenziell folgern, dass auch institutionelle Zusammenschlüsse in Form von ökumenischen Einrichtungen mehrerer Religionsgemeinschaften hieran teilhaben können.

2.Wenn schon weltlich-kirchliche Einrichtungen am Selbstbestimmungsrecht teilhaben, muss dies erst recht für ökumenische Einrichtungen gelten.

3.Im Rahmen einer ökumenischen Einrichtung nutzen die beteiligten Religionsgemeinschaften einen Freiraum, der jeder von ihnen einzeln eingeräumt wird.

4.Es obliegt den Religionsgemeinschaften im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts selbst darüber zu befinden, in welcher Form sie den Auftrag Chrisi in der Welt verfolgen. Maßgeblich für die Teilhabe an der verfassungsrechtlichen Gewährleistung ist in erster Linie ihr Selbstverständnis.

5.Im Falle eines gemeinsamen (ökumenischen) Betriebs mehrerer Religionsgemeinschaften steht die Nichtanwendbarkeit des BetrVG außer Frage. Religionsgemeinschaften wären in der Wahl der Rechtsform ihrer Einrichtungen beschränkt, sofern aufgrund eines gemeinsamen Rechtsträgers weltliches Arbeitsrecht zu Anwendung kommen würde. Dies widerspricht dem Selbstbestimmungsrecht.

6.Das Selbstbestimmungsrecht steht der Einrichtung nicht aus originärem Recht zu, vielmehr leiten ökumenische Einrichtungen – wie andere selbstständige Einrichtungen der Kirchen – das Selbstbestimmungsrecht von den Kirchen ab. Es bedarf eine Zuordnung.

7.Liegt ein übereinstimmendes Verständnis der beteiligten Träger dahingehend vor, dass die ökumenische Einrichtung teil hat am Auftrag der Kirchen (materielle Zuordnungsvoraussetzung) und liegen die formellen Zuordnungsvoraussetzungen vor, kann sich die Einrichtung auf das Selbstbestimmungsrecht berufen.

C. Zuordnung verselbstständigter ökumenischer Einrichtungen

Das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht beschränkt sich nicht auf die verfassten Kirchen, vielmehr umfasst es nach Ansicht des BVerfG alle ihnen in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen (explizit in § 118 Abs. 2 BetrVG).605 Da das Selbstbestimmungsrecht unabhängig von der Rechtsform der Religionsgemeinschaft gilt606, ist dies konsequenterweise auch für die Rechtsform ihrer Einrichtungen der Fall.607 Die Einrichtung leitet das Selbstbestimmungsrecht von der Kirche ab, unmittelbar kann sie sich nicht darauf berufen.608

Vom BVerfG wurden die für die Zuordnung einer Einrichtung erforderlichen Merkmale in der sog. Goch-Entscheidung entwickelt.609 Der Kirche obliegt die Entscheidung, ob sie eine Einrichtung durch die Zuordnung am Selbstbestimmungsrecht teilhaben lassen will.610 Eine Zuordnung setzt folgendes voraus: Die Einrichtung muss (1) materiell teilhaben am Auftrag der Kirche, d.h. einen kirchlichen Zweck verfolgen. Es muss sich um eine „Wesens- und Lebensäußerung“ der Religionsgemeinschaft handeln. (2) Es bedarf einer Verbundenheit zur Kirche, d.h. die Amtskirche muss formell über ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeit verfügen, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mir ihren Vorstellungen gewährleisten zu können. Das Tätigwerden der Einrichtung muss im Einklang mit der Kirche und in Abstimmung mit den Amtsträgern erfolgen.611 (3) Es darf keine vorwiegende Gewinnorientierung bestehen.612 Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.613 Die Zuordnung erfolgt zudem sowohl objektiv als auch subjektiv: Zur objektiven Zuordnung zählen Aspekte, die zur Außendarstellung gehören, wie die Namensgebung der Einrichtung oder ein spezifisch geistliches Angebot für Mitarbeiter.614 Für die subjektive Zuordnung muss die Einrichtung Teil der Religionsgemeinschaft sein wollen.615

Die Kirchen haben ihrerseits – mehr oder weniger konkrete – Vorgaben für die Zuordnung von Einrichtungen gemacht. Diese finden sich auf katholischer Seite vor allem im CIC, in von der DKB aufgestellten Regularien und im diözesanen Recht. Die Zuordnung erfolgt auf katholischer Seite durch den Diözesanbischof. Dieser muss der Einrichtung die Eigenschaft einer katholischen Institution nach kirchlichem Recht zuerkennen.616 Auf evangelischer Seite ist für die Zuordnung rechtlich verselbstständigter Einrichtungen innerhalb der EKD, ihrer Gliedkirchen und ihrer gliedkirchlichen Zusammenschlüsse das Zuordnungsgesetz EKD (ZuOG-EKD617) einschlägig (vgl. § 1 S. 1 ZuOG-EKD). Demnach entfaltet die Zuordnung eine konstitutive Wirkung (vgl. § 1 S. 2 ZuOG-EKD). Zuständig für die Entscheidung über eine Zuordnung ist die jeweilige Gliedkirche der EKD, in deren Gebiet der Sitz der in Frage stehenden Einrichtung liegt (§ 2 Abs. 1 ZuOG-EKD). Das einschlägige kirchliche Recht muss zwingend von der Einrichtung angewandt werden (§ 3 Abs. 3 ZuOG-EKD). Grundlegend für die Zuordnung sind daneben zwei Voraussetzungen (§ 4 Abs. 1 Nrn. 1, 2 ZuOG-EKD): Zum einen die Mitwirkung an der Erfüllung des kirchlichen Auftrags im Einklang mit dem Selbstverständnis der Kirche (Nr. 1; exemplarische Aufzählung von Indizien in § 5 Abs. 2 ZuOG-EKD). Zum anderen die kontinuierliche Verbindung zur Kirche (Nr. 2). Explizit aufgeführt sind auch Fälle der Mischträgerschaft (§ 7 ZuOG-EKD), d.h. der Beteiligung eines ökumenischen oder nicht-kirchlichen Partners an der Trägerschaft. Eine solche Beteiligung schließt die Zuordnung nicht von vornherein aus. Vielmehr müssen weiterhin die eben genannten Voraussetzungen vorliegen. Zudem muss der evangelische Partner in allen die Zuordnung zur Kirche betreffenden Fragen einen entscheidenden Einfluss ausüben können (§ 7 ZuOG-EKD). Offen ist, was hierunter im Einzelnen zu verstehen ist.

I. Besonderheit: Ökumenische Einrichtungen

Ökumenische Einrichtungen sind regelmäßig verselbstständigte Einrichtungen außerhalb der verfassten Kirchen. Ohne Zuordnung einer ökumenischen Einrichtung jedenfalls zu einer Religionsgemeinschaft, kann sie sich nicht auf das Selbstbestimmungsrecht des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV berufen; folglich wäre weltliches (Arbeits-)Recht anzuwenden. Zunächst ist die Frage zu klären, ob eine ökumenische Einrichtung zwingend und ausschließlich einer einzigen Kirche zugeordnet werden muss oder allen beteiligten Kirchen gleichermaßen zugeordnet werden kann. Dabei ist die Zuordnung einer Einrichtung im religionsverfassungsrechtlichen Sinne – um die es hier geht – von der (kirchen-)arbeitsrechtlichen Zuordnung zu unterscheiden. Letzteres bezieht sich auf die Frage, welches kirchliche Arbeitsrecht (der beteiligten Kirchen) angewandt werden soll.

Durch rechtliche Umstrukturierungen im Zuge der Schaffung ökumenischer Einrichtungen geht die Zuordnung einer (konfessionellen) Einrichtung zu einer Kirche nicht automatisch auf die neu entstandene (ökumenische) Einrichtung über.618 Vielmehr müssen die rechtlichen Voraussetzungen auch in diesem Fall für die ökumenische Einrichtung erfüllt sein. Bei Neugründungen muss sie ohnehin originär begründet werden.

1. Notwendigkeit der Zuordnung ausschließlich zu einer Kirche

Teile der Literatur vertreten – meist ohne nähere Begründung – die Auffassung, dass die Zuordnung der Einrichtung eindeutig zu einer der beteiligten Kirchen erfolgen muss.619 So bedarf es nach Richardis Auffassung einer satzungsrechtlichen Klarstellung, welcher Kirche die Einrichtung religionsverfassungsrechtlich zuzuordnen ist.620 Auch Negwer spricht sich für das Erfordernis einer eindeutigen Zuordnung aus und stellt dabei auf praktische Erwägungen ab: Eine Doppelmitgliedschaft in kirchlichen Spitzenverbänden sei nicht möglich, zudem bedürfe es einer eindeutigen Zuordnung aufgrund des unterschiedlichen Satzungs-, Arbeits- und Versorgungsrechts der evangelischen Diakonie im Vergleich zur katholischen Caritas.621 Diese Erwägungen mögen für die Praxis zutreffen, liefern aber keine Begründung dafür, dass eine eindeutige Zuordnung aus religionsverfassungsrechtlicher Sicht zwingend erforderlich ist. Für die Beurteilung der Reichweite der verfassungsrechtlichen Gewährleistung ist das einfache Recht irrelevant. Andernfalls würde man das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften durch nachrangige praktische Erwägungen beschneiden. Insofern ist diese Ansicht abzulehnen.

2. Zuordnung zu beiden Kirchen

Glawatz stellt zutreffend fest, dass das Erfordernis einer eindeutigen Zuordnung zu einer der beiden Kirchen der Rechtsprechung sowie den hieraus entwickelten Kriterien nicht zu entnehmen ist.622 Im Gegenteil: Im Zusammenhang mit weltlich-kirchlichen Einrichtungen623 hat sich die Rechtsprechung mehrfach für die Möglichkeit einer hälftigen Beteiligung etwa einer Kommune und einer Kirche ausgesprochen. Auch nach Ansicht weiter Teile der Literatur ist eine Mehrheitsbeteiligung nicht zwingend624, solange der Einfluss der Kirche erkennbar ist. Robbers setzt die Anforderungen noch niedriger an, die Kirche dürfe sich dabei nur nicht aufgeben.625

Die Sachlage ist indes mit der Beteiligung eines weltlichen Trägers nur bedingt vergleichbar. Im Fall einer weltlich-kirchlichen Einrichtung hängt die religionsverfassungsrechtliche Zuordnung allein und ausschließlich für die gesamte Einrichtung vom kirchlichen Träger ab. Die Einrichtung muss durch die kirchliche Zielsetzung deutlich geprägt sein. Allein aufgrund ökumenischer Bestrebungen beider Seiten ist die Gefahr des Verlusts der Kirchlichkeit deutlich geringer626: Es stehen sich nicht der Staat, beispielsweise in Form einer Kommune, und eine Kirche gegenüber, sondern vielmehr zwei oder mehr Kirchen, die eine christliche Grundidee teilen und ihr Tun gleichsam ökumenisch ausrichten. Die Divergenz zwischen beiden Seiten in grundlegenden Fragen ist von vornherein deutlich kleiner.

Nichts desto trotz kann die Einrichtung das Selbstbestimmungsrecht nicht aufgrund des genuin „christlich“ ableiten.627 Entscheidend für die Zuordnung ist die jeweilige Religionsgemeinschaft. Das Selbstbestimmungsrecht der einen Kirche steht dem der anderen nicht entgegen. Insofern ist auch eine gleichberechtigte Beteiligung der Kirchen an der ökumenischen Einrichtung grundsätzlich möglich. Hierfür muss im Ausgangspunkt ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeit der beteiligten Kirchen bestehen. Wie das Innenverhältnis der Kirchen in der Einrichtung ausgestaltet ist – etwa zur Lösung eines möglichen Dissenses – ist irrelevant.

3. Zuordnung zu mindestens einer Kirche

Glawatz stellt zurecht fest, dass es für die Partizipation am Selbstbestimmungsrecht entscheidend ist, dass die Einrichtung überhaupt einer Kirche zuzuordnen ist.628 Solange die Voraussetzungen der Zuordnung jedenfalls zu einer der beteiligten Kirchen gegeben sind, kann die Einrichtung am Selbstbestimmungsrecht – abgeleitet von dieser Kirche – teilhaben. Durch die Beteiligung mehrerer Kirchen dürfen im Vergleich zu einer Einrichtung, die lediglich von einer der beteiligten Kirchen betrieben wird, keine erhöhten Anforderungen gestellt werden. Was die Kirchen im Innenverhältnis geregelt haben, d.h. insbesondere welches Recht anwendbar sein soll und welche Aufsichtsbefugnisse welcher der beteiligten Seiten zustehen, ist in erster Linie eine kirchenautonome Entscheidung und hat religionsverfassungsrechtlich allenfalls Indizcharakter für die Zuordnung.629 Für eine ökumenische Einrichtung bedeutet dies, dass es der Zuordnung zu einer Kirche nicht entgegensteht, dass einer anderen Kirche bestimmte Rechte eingeräumt wurden.630 Im Ergebnis ist es ausreichend, dass die notwendigen Indizien für eine Zuordnung zu einer Kirche vorliegen.631 Auf der anderen Seite können sich die Kirchen für eine gleichzeitige Zuordnung zu mehreren Kirchen entscheiden.

II. Erste Voraussetzung: Erfüllung eines kirchlich-diakonischen Auftrags

„Meine Kinder, wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit.“ (1 Joh 3, 18). Eine Einrichtung wird nicht nur an ihren Worten gemessen – d.h. der Verankerung des kirchlichen Propriums in Namen, Statuten etc. – sondern daran, ob tatsächlich ein kirchlich-diakonischer Auftrag erfüllt wird. Für die Zuordnung einer Einrichtung zu einer bzw. mehreren Religionsgemeinschaft(en) ist entscheidend, dass die Einrichtung den Sendungsauftrag der Kirche(n) verwirklicht.632 Bei der von der Einrichtung wahrzunehmenden Aufgabe muss es sich um eine „Wesens- und Lebensäußerung“ der Kirche handeln.633 Hierzu zählt alles, was zur kirchlichen Tätigkeit gehört, d.h. die Existenz der Kirche und ihrer Einrichtungen sowie der Erfüllung kirchlicher Zwecke dient.634 Unproblematisch ist dies, sofern die Einrichtung eine „kirchliche Grundfunktion“ wahrnimmt.635 Das ist der Fall, wenn sie einen Anteil am kirchlichen Auftrag zu karitativem Wirken oder erzieherischen Zwecken hat.636 Eine karitative Betätigung erfolgt beispielsweise in Krankenhäusern637, für Arme und Bedürftige638 oder im Bereich der Altenpflege. Erzieherische Betätigungen finden beispielsweise in kirchliche Kindergärten639, Schulen640 oder Jugendhilfeeinrichtungen641 statt. Karitative und erzieherische Zweckbestimmungen werden nicht als enge Begrenzung verstanden.642 Auch Hilfsfunktionen können ausreichen.643 Maßgeblich für die Einschätzung, ob es sich um eine kirchliche Zwecksetzung handelt, ist das Selbstverständnis der Kirchen.644 Bisherige ökumenische Betätigungen beziehen sich ausschließlich auf den karitativen und erzieherischen Bereich.

III. Zweite Voraussetzung: Verbundenheit mit der Kirche

Neben der Verwirklichung eines kirchlichen Auftrags durch die Einrichtung bedarf es einer ausreichenden Verbindung zwischen der durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV geschützten Religionsgemeinschaft und der Einrichtung. Die institutionelle Verbindung zwischen Kirche und Einrichtung muss es der Kirche nach Ansicht der Rechtsprechung ermöglichen, über ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten zu verfügen.645 Voraussetzung hierfür ist ein Minimum an ordnendem und verwaltendem Einfluss über die Einrichtung.646 Die verfasste Kirche muss, so das BAG, die Möglichkeit haben, einen etwaigen Dissens zwischen ihr und der Einrichtung zu unterbinden.647 Sie muss dafür Sorge tragen können, dass eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit ihren Vorstellungen gewährleistet ist. Eine satzungsmäßige Absicherung ist hierfür nicht zwingend erforderlich.648

Ebenso entscheidend ist, wie sich die Einrichtung selbst beschreibt.649 Die Verbundenheit ist nicht allein anhand objektiver Kriterien, allem voran einer organisatorischen Anbindung festzumachen, sondern insbesondere auch bekenntnismäßig zu verstehen.650 Dies wird auch durch die Vorgaben des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens „Christifideles Laici“ von Papst Johannes Paul II. über die Berufung und Sendung der Laien in Kirche und Welt deutlich651: Demnach braucht es für die Kirchlichkeit einer Vereinigung oder Einrichtung von Laien eine tiefe und überzeugte Gemeinschaft mit dem Papst und dem Bischof, die sich in der aufrichtigen Bereitschaft, ihr Lehramt und ihre pastoralen Richtlinien anzunehmen, äußern muss. Auf eine derartige Verbundenheit können verschiedene Indizien hindeuten. Es geht nicht nur darum, dass die Einrichtung einen kirchlich-diakonischen Auftrag erfüllt, sie muss sich vielmehr selbst als Einrichtung der Kirche sehen. Diese Entscheidung muss substantiiert zum Ausdruck kommen. Dies kann etwa durch den Namen der Einrichtung, ihr Leitbild, ihr Statut (Satzung, Gesellschaftsvertrag etc.) oder sonstige schriftliche und mündliche Äußerungen der Handelnden bzw. Organe im Namen der Einrichtung zum Ausdruck kommen.652 Daneben ist das Verhältnis zur kirchlichen Autorität wesentlich – beide Ebenen sind nicht getrennt voneinander zu beurteilen, sondern gehen letztlich ineinander über.

Einen konkreten Katalog von Anforderungen für die hinreichende kirchliche Einflussnahme stellt die Rechtsprechung nicht auf. Vielmehr erfolgt die diesbezügliche Beurteilung anhand verschiedener Kriterien im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung im Einzelfall.653 Die folgenden Indizien sollen hierzu eine Hilfestellung bieten:

1. Indiz: Allein- oder Mehrheitsgesellschafterstellung

Ein möglicher Indikator des bestimmenden kirchlichen Einflusses ist, dass die verfasste(n) Kirche(n) bzw. ein oder mehrere ihnen zugehörige Rechtsträger Allein- oder Mehrheitsgesellschafterin(nen) einer ökumenischen Einrichtung ist bzw. sind.654 Bei einer Stellung als Allein- oder zumindest Mehrheitsgesellschafter trägt die Kirche die Hauptverantwortung und kann ihre eigenen Interessen durchsetzen.

Für weltlich-kirchliche Kooperationen ist eine Beteiligung der Kirchen von weniger als 50% nach heute herrschender Ansicht kein prinzipielles Hindernis für die Zuordnung.655 Früher machten Teile der Literatur die Zuordnung noch deutlich stärker von der Eigentümerstellung abhängig. Kluge versteht die Formulierung „ihre Einrichtung“ (vgl. Wortlaut des § 118 BetrVG) in seiner Dissertation von 1974 ausschließlich possessiv und fordert daher zwingend eine eigentümergleiche oder zumindest eigentümerähnliche Stellung der Religionsgemeinschaft.656 Auch die Kirchen knüpfen hieran im Falle weltlich-kirchlicher Trägerschaften unter kommunaler Beteiligung an. Demnach darf die Kommune in den Organen des Mischträgers weder die Mehrheit noch eine Sperrminorität innehaben.657

Diese sehr formalistische, allein an den Gesellschaftsanteilen orientierte, Ansicht überzeugt mit Blick auf die heutige Rechtsprechung nicht mehr und wird auch von weiten Teilen der Literatur abgelehnt.658 Insbesondere, so Joussen, kann man nicht aus einer fehlenden Allein- oder Mehrheitsgesellschafterstellung folgern, dass die Kirchlichkeit der Einrichtung ausgeschlossen ist.659 Entscheidend müsse vielmehr die Absicherung des kirchlichen Einflusses im Gesellschaftsvertrag sein.660 Ein rein possessives Verständnis des Begriffs „ihre Einrichtung“ überzeugt nicht.661 Andernfalls würde man die Gestaltungsfreiheit der Religionsgemeinschaften in der Wahl der Organisationsformen zu stark einschränken. Dabei ist gerade diese Gestaltungsfreiheit Ausdruck des verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts.662 Auch die Rechtsprechung tendiert in diese Richtung: Das BAG konstatierte in einer Entscheidung von 2002663 unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung explizit, dass es für die Einordnung einer Einrichtung einer Religionsgemeinschaft als karitativ i.S.d. § 118 Abs. 2 BetrVG unerheblich sei, wer rechtlich oder wirtschaftlich an dem privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen beteiligt ist oder darauf einen beherrschenden Einfluss ausübt.664 Irgenwann würden jedoch, so das Kirchenrechtliche Institut der EKD, kapitalmäßige Untergrenzen erreicht, die nicht unterschritten werden dürften.665 Solange also das kirchliche Proprium auch durch den Miteigentümer nicht in Frage gestellt wird, steht selbst eine kirchliche Minderheitsbeteiligung der Zuordnung nicht entgegen.666 Das gilt nach Ansicht des BAG erst recht, wenn es sich bei dem Zweck der Einrichtung um einen Kernbereich kirchlichen Wirkens handelt.667

Für ökumenische Einrichtungen kann man aus der parallelen Konstellation der weltlich-kirchlichen Einrichtungen folgern, dass es auf eine bestimmte Untergrenze einer Beteiligung nicht ankommt. Ein possessives Verständnis ist nicht maßgeblich, vielmehr die Qualität der Beteiligung. Letztere ist anhand weiterer Indizien zu beurteilen.

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