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d) Rechtsformen des Kirchenrechts

Um als Rechtssubjekt am staatlichen Rechtsverkehr teilnehmen zu können, müssen Einrichtungsträger neben der (fakultativen) kirchenrechtlichen Form eine Rechtsform nach staatlichem Recht besitzen.271 In der Praxis besitzen eingetragene Vereine und rechtsfähige Stiftungen sowohl eine Rechtsform nach staatlichem Privat- als auch nach Kirchenrecht. In diesem Fall wird von einer „Doppelexistenz“ in zwei Rechtskreisen gesprochen.272

(i) Trägerschaft durch die katholische Kirche

Im Bereich der katholischen Kirche gibt es verschiedene körperschaftliche Untergliederungen: Auf unterster Ebene kann eine Kirchengemeinde die Trägerschaft übernehmen. Dabei handelt es sich staatskirchenrechtlich um eine K.ö.R. und nach dem CIC/1983 um eine juristische Person, can. 515 § 3 CIC. Auf mittlerer kirchlicher Ebene kommt das Dekanat als Träger in Betracht.273 Gängiger ist eine Trägerschaft auf Ebene der Diözese. Hierbei handelt es sich sowohl nach kirchlichem als auch nach staatlichem Recht um eine rechtsfähige Körperschaft.

Der Rechtsstatus von Vereinen nach kirchlichem und staatlichem Recht ist vollkommen unabhängig voneinander zu beurteilen.274 Privatrechtlich organisierte Rechtsträger besitzen keine Rechtspersönlichkeit nach kanonischem Recht. Vereinigungen von Gläubigen sind jedoch nicht dazu verpflichtet, eine Anerkennung durch die kirchlichen Autoritäten anzustreben.275 Nach kanonischem Verständnis werden diese Vereinigungen als „freie Zusammenschlüsse von Gläubigen“ bezeichnet. Nachteil einer fehlenden Anerkennung nach kanonischem Recht ist, dass die Organe des Vereins im kirchlichen Rechtskreis keine Handlungen im Namen der Vereinigung vornehmen können.276 Zudem bedürfen auch diese Vereinigungen einer Zustimmung der kirchlichen Autorität, um im Namen das Wort „katholisch“ tragen zu dürfen (cann. 216 letzter Hs., 300 CIC).

Ebenso kann ein nach kanonischem Recht gebildeter Verein Träger der Einrichtung sein.277 Dieser kann als juristische Person entstehen bzw. anerkannt werden (can. 114 § 1 CIC). Möglich ist dabei die Bildung eines öffentlichen Vereins („consociationes publicae“, can. 312 § 1 CIC) oder eines privaten Vereins mit kanonischer Zielsetzung („consociationes privatae“, cann. 298 § 1, 299 CIC).278 Vorteil des Erwerbs der kanonischen Rechtsform sind die hiermit verbundenen Rechte279, insbesondere die Möglichkeit der Organe, wirksam für den Verein im kirchlichen Rechtskreis zu agieren. Auch eine Stiftung kirchlichen Rechts, die auf ein caritatives Werk ausgerichtet ist (cann. 114, 115 § 3 CIC), kann Träger einer Einrichtung sein. Vorschriften zu kirchlichen Stiftungen im Bereich der katholischen Kirche finden sich in den cann. 1299 bis 1310 CIC sowie in den diözesanen Stiftungsordnungen.280

(ii) Trägerschaft durch die evangelische Kirche

Ähnlich der katholischen Kirche untergliedert sich auch die EKD.281 Die evangelische Kirchengemeinde, die aus den Mitgliedern der Landeskirche gebildet wird, die in der jeweiligen Gemeinde ihren Wohnsitz haben, kann als Träger fungieren. Auf mittlerer Ebene besteht in der evangelischen Kirche der Kirchenkreis (Kirchenbezirk). Ebenso kann eine Landeskirche die Trägerschaft für eine Einrichtung übernehmen. In der Praxis ist dies eher weniger verbreitet.282

Praktisch wohl am häufigsten erfolgt eine Trägerschaft durch DW. Auch im evangelischen Bereich sind evangelische Schwesterngemeinschaften und andere klosterähnliche Verbünde als mögliche Träger zu benennen. Hierbei handelt es sich um rechtlich eigenständige „geistliche Körperschaften“, die gleichzeitig K.ö.R. darstellen. Rechtsfähige kirchliche Vereine sind auch nach evangelischem Recht denkbar. Im Gegensatz zum kanonischen Recht kennt das evangelische Kirchenrecht kein derartiges eigenes „Vereinsrecht“.283 Es erfolgt ein Rückgriff auf die Rechtsformen des Privatrechts. (Kirchliche) Stiftungen sind im evangelischen Bereich weniger verbreitet als in der katholischen Kirche. Hier fehlte es lange Zeit an mit den im CIC der katholischen Kirche vergleichbaren Regelungen.284 Mittlerweile finden sich Regelungen im (evangelischen) Kirchengesetz zur Zuordnung rechtlich selbständiger Einrichtungen zur Kirche (Zuordnungsgesetz EKD).285 Generell wird die Rechtsform des (eingetragenen) Vereins im Bereich der evangelischen Kirche bevorzugt.286

e) Stellungnahme

Eine klare Empfehlung für die Rechtsformwahl kann nicht gegeben werden, vielmehr kommt es auf die Zwecksetzung der jeweiligen Einrichtung sowie den Tätigkeitsbereich an. Zudem bieten die Rechtsformen zahlreiche Ausgestaltungsmöglichkeiten für den Einzelfall – wie beispielsweise die Schaffung weiterer Organe oder spezifische Kontrollvorgaben in der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag.

Tendenziell ist wohl die GmbH vorzugswürdig für ökumenische Einrichtungen. Hierdurch werden klare Entscheidungsstrukturen geschaffen. Ehrenamtlich Tätige bzw. Gemeindepfarrer werden entlastet und auf eine reine Kontrolle des regelmäßig hauptamtlich tätigen Geschäftsführers beschränkt.287 Der Gesellschaftsvertrag bietet die Möglichkeit, Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafterversammlung vorzusehen und es kann ein Aufsichtsrat als zusätzliches Organ geschaffen werden. Beim Verein kommt der Mitgliederversammlung im Gegensatz zur GmbH eine weitreichende Entscheidungskompetenz zu. Belässt man es bei dieser gesetzlichen Vorgabe ohne entsprechende Anpassung der Satzung, führt dies zu langwierigen Entscheidungsprozessen. Aufgrund einer entsprechenden Abänderung der Satzung könnten Entscheidungen weitgehend auf den (hauptamtlich tätigen) Vorstand übertragen werden. Die Stiftung sichert eine enge Bindung an den Stiftungszweck und die Verpflichtung zum Erhalt des Stiftungsvermögens. Die ökumenische Zwecksetzung kann hierdurch fest verankert werden, andererseits werden die Ausgestaltungsmöglichkeiten beschränkt. Das Haftungsrisiko für ehrenamtlich tätige Vorstände und Gesellschafter wurde durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes weitgehend begrenzt. Insoweit unterscheiden sich die Rechtsformen, sofern die entsprechenden Voraussetzungen der Haftungsprivilegierung vorliegen, dahingehend kaum.

2. Gemeinsamer Betrieb mehrerer Rechtsträger

Als Grundlage einer ökumenischen Zusammenarbeit kommt auch der gemeinsame Betrieb mehrerer Rechtsträger in Betracht. Prominentes Beispiel aus der Praxis für einen gemeinsamen Betrieb einer ökumenischen Einrichtung sind 59 von 103 Bahnhofsmissionen in Deutschland.288 Diese stehen in Doppelträgerschaft von katholischer Seite, d.h. einem Träger aus dem Bereich der Caritas, In Via oder der katholischen Kirche sowie einem weiteren Träger von evangelischer Seite, d.h. einem Träger aus dem Bereich der Diakonie oder einer evangelischen Kirchengemeinde. In den örtlichen Bahnhofsmissionen arbeiten Teams von Mitarbeitern beider Träger zusammen, die dem Arbeitsrecht des jeweiligen Anstellungsträger unterfallen.

Auch die Zusammenarbeit im Ökumenischen Bildungszentrum Santaclara in Mannheim erfolgt in Form eines gemeinsamen Betriebs.289 Dienstverhältnisse der in der Erwachsenenbildung tätigen Mitarbeiter bestehen jeweils zu den beiden an der Einrichtung beteiligten Kirchen, d.h. auf katholischer Seite zur Erzdiözese Freiburg und auf evangelischer Seite zum Stadtdekanat Mannheim bzw. der Landeskirche Baden. Santaclara ist kein eigenständiger Anstellungsträger. Dementsprechend gilt für die der katholischen Kirche zugeordneten Mitarbeiter die GrO, für die der evangelischen Kirche zugeordneten Mitarbeiter die LoyalitätsRL-EKD. Die zuständige Mitarbeitervertretung ist auf katholischer Seite die des Bildungswerkes der Erzdiözese Freiburg, auf evangelischer Seite die des Stadtdekanats. Die Zusammenarbeit erfolgt auf Basis eines Kooperationsvertrages.290 Hierin geregelt ist ebenso, welchem Anstellungsträger Mitarbeiter zuzuordnen sind, die nicht unmittelbar in der (konfessionellen) Erwachsenenbildung tätig sind – beispielsweise Mitarbeiter in Verwaltung, Sekretariat und Hausreinigung.

a) Gemeinsamer Betrieb i.S.d. BetrVG

Unter einem Betrieb i.S.d. BetrVG versteht man die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt.291 Ein Betrieb kann auch von mehreren Rechtsträgern als „gemeinsamer Betrieb“ geführt werden, vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG.292 Eine abschließende Definition für den gemeinsamen Betrieb existiert nicht, § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG gibt vielmehr vor, wann ein gemeinsamer Betrieb fingiert wird.293 Nach ständiger Rechtsprechung des BAG liegt ein gemeinsamer Betrieb vor, „(…) wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Das setzt voraus, dass sich die Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, die sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten erstreckt.“294 Entscheidend ist nach Ansicht des BAG, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird.295

Im Falle eines gemeinsamen Betriebs bestehen die beteiligten Rechtsträger weiter selbstständig fort. Es erfolgt eine gemeinsame Planung und Organisation durch die beteiligten Rechtsträger auf Basis einer Führungsvereinbarung.296 Der gemeinsame Betrieb selbst konstituiert kein gemeinsames Unternehmen.297 Die Mitarbeiter bleiben weiterhin bei ihrem jeweiligen Ursprungs-Betrieb beschäftigt und werden von den beteiligten Trägern entsandt.298 Es muss demnach zwischen der Anstellungsträgerschaft und der Betriebsträgerschaft differenziert werden. Der einheitliche Leitungsapparat nimmt Teile der Arbeitgeberfunktion wahr, hierzu zählt insbesondere das arbeitsvertragliche Weisungsrecht.299

Regelmäßig wird für den gemeinsamen Betrieb die Rechtsform der GbR gemäß § 705 BGB gewählt.300 Der gemeinsame Betrieb ist abzugrenzen vom Gemeinschaftsunternehmen. In diesem Falle besteht zwischen der von mehreren Unternehmen gegründeten Gesellschaft und den Arbeitnehmern eine unmittelbare arbeitsvertragliche Beziehung.301

Das BetrVerf-ReformG 2001302 hat durch § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG klargestellt, dass Betriebsräte auch in gemeinsamen Betrieben mehrerer Unternehmen gewählt werden können.303 Der Betriebsrat agiert dabei unabhängig von der arbeitsvertraglichen Bindung der jeweiligen Mitarbeiter. Da die Ausübung der betrieblichen Leitungsmacht den beteiligten Trägerunternehmen gemeinschaftlich obliegt, besteht das Mitbestimmungsrecht beim Betriebsrat des gemeinsamen Betriebs und nicht beim jeweiligen Betriebsrat der beteiligten Unternehmen.304

b) Gemeinsame ökumenische Einrichtung

Auch bei der Zusammenarbeit im kirchlichen Bereich ist – etwa im Wege der strategischen Allianz – die Schaffung einer gemeinsamen ökumenischen Einrichtung durch zwei kirchliche Rechtsträger denkbar. Hierdurch wäre eine ökumenische Zusammenarbeit möglich, wobei gleichzeitig die hiermit verbundenen arbeitsrechtlichen Probleme vermieden würden.305 Die arbeitsvertragliche Beziehung besteht zwischen dem Mitarbeiter und dem jeweils entsendenden konfessionellen Rechtsträger. Ein gemeinsamer Betrieb ermöglicht eine klare Abgrenzung der für den jeweiligen Mitarbeiter geltenden Loyalitätspflichten und der Arbeitsrechtsregelung – schließlich gilt das beim entsendenden Träger angewandte Regelwerk. Insofern gelten die GrO und die AVR (bspw. Caritas) für diejenigen Mitarbeiter, die bei einer katholischen Einrichtung angestellt sind. Demgegenüber gelten die LoyalitätsRL-EKD und die AVR-Diakonie für Mitarbeiter, die bei einer evangelischen Einrichtung angestellt sind. Das gilt selbst dann, wenn bei der katholischen Einrichtung evangelische Mitarbeiter und bei der evangelischen Einrichtung katholische Mitarbeiter beschäftigt werden. Allerdings führt dies auch zu einer Ungleichbehandlung – die Mitarbeiter werden gemeinschaftlich in einer Einrichtung tätig, unterliegen jedoch unterschiedlichen Loyalitätsanforderungen und aufgrund der divergierenden Arbeitsvertragsrichtlinien auch darüber hinaus abweichenden Regelungen.

Weder die MAVO noch das MVG-EKD kennen eine § 1 Abs. 2 BetrVG entsprechende Regelung zu einer gemeinsamen Einrichtung verschiedener Rechtsträger. Mangels anderweitiger Regelung ist zunächst die Mitarbeitervertretung des jeweiligen entsendenden Trägers auch für die in die gemeinsame Einrichtung entsandten Mitarbeiter zuständig. Für die MAVO gilt das lex loci laboris, d.h. die MAVO der Diözese, in der sich der gemeinsame Betrieb befindet (kein Fall des § 1 Abs. 3 MAVO).306 Ebenso verhält es sich für das MVG der jeweiligen Landeskirche. Beim katholischen Träger gilt demnach die MAVO, bei dem evangelischen Träger das jeweilige MVG. Es bestünden weiterhin getrennte Dienstgemeinschaften.307 Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass bei einer getrennten Anstellungsträgerschaft die Mindestzahl der für die Bildung einer Mitarbeitervertretung erforderlichen Mitarbeiter von den verschiedenen kirchlichen Rechtsträgern jeweils einzeln nicht erreicht werden könnten, wodurch es schlussendlich zu gar keiner Bildung einer Mitarbeitervertretung kommen könnte.308

c) Gemeinsame Mitarbeitervertretung

Für personelle Maßnahmen – wie beispielsweise Entlassungen – mag ein Rückgriff auf die beim jeweiligen Rechtsträger bestehende Mitarbeitervertretung noch sachgerecht sein. Insbesondere für soziale Maßnahmen entstehen jedoch Lücken hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Vertretung der Mitarbeiterinteressen. Die Mitarbeitervertretungen würden jede für sich mit dem einheitlichen Leitungsapparat der gemeinsamen Einrichtung verhandeln und kämen möglicherweise zu unterschiedlichen Ergebnissen. Dies ist weder für die Mitarbeiter noch für die Dienstgeber sachgerecht. Insoweit ist fraglich, ob in einer gemeinsamen ökumenischen Einrichtung zweier oder mehrerer konfessionsverschiedener Träger – ähnlich § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG – eine gemeinsame Mitarbeitervertretung geschaffen werden könnte. Bisher findet sich weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur eine eindeutige Stellungnahme zu dieser Konstellation.

(i) Stellungnahme von Rechtsprechung und Literatur

Auch für den vergleichbaren Fall einer gemeinsamen Interessenvertretung in einem Betrieb eines weltlichen und eines kirchlichen Trägers sowie einer öffentlichrechtlichen Dienststelle und eines privaten Unternehmens309 fehlt es bisher an einer Stellungnahme der Rechtsprechung. Einschlägige Literatur zu diesem Thema ist ebenfalls nur sehr spärlich vorhanden. Loritz geht in einem Beitrag davon aus, dass beim gemeinsamen Betrieb verschiedener kirchlicher Träger oder auch unter weltlicher Beteiligung eine Zuordnung zum kirchlichen System möglich wäre.310 Er vertritt die Ansicht, dass bei hinreichendem Einfluss einer Kirche allein oder beider Kirchen zusammen das BetrVG wegen der den Kirchen zustehenden verfassungsrechtlich garantierten Kirchenautonomie und der davon beeinflussten Auslegung des § 118 Abs. 2 BetrVG zurücktreten müsse und nicht zur Anwendung käme.311

(ii) Planwidrige Regelungslücke

Bei der Konzeption der Mitarbeitervertretungsordnungen wurde offensichtlich die Konstellation einer gemeinsamen Einrichtung nicht bedacht. Sowohl die MAVO als auch das MVG-EKD bezwecken – im Sinne der Dienstgemeinschaft – eine umfassende Interessenvertretung der Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen.312 Insofern liegt eine planwidrige Regelungslücke vor.313 Um eine sachgerechte Lösung für die planwidrige Regelungslücke der nicht vorgesehenen gemeinsamen Interessenvertretung in einer gemeinsamen Einrichtung zu finden, wäre eine Analogie denkbar. Naheliegend wäre in diesem Falle ein Rückgriff auf § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG und die hierzu vom BAG entwickelte Rechtsprechung zum gemeinsamen Betrieb. Auf das BetrVG abzustellen verbietet sich jedoch mit Blick auf das Selbstbestimmungsrecht: Der Ausschluss vom Geltungsbereich des BetrVG in § 118 Abs. 2 BetrVG für Religionsgemeinschaften sowie deren karitative und erzieherische Einrichtungen hat keine konstitutive Wirkung.314 Vielmehr entspricht der Ausschluss den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV.315 Es steht den Religionsgemeinschaften nach Ansicht des BVerfG frei, ob und in welcher Weise die Mitarbeiter und ihre Vertretungsorgane in Angelegenheiten des Betriebs, die ihre Interessen berühren, mitwirken und mitbestimmen.316 Insofern ist eine analoge Anwendung der Vorschriften des BetrVG zum gemeinsamen Betrieb mit dem Selbstbestimmungsrecht unvereinbar.

Im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts haben die katholische Kirche und die evangelischen Kirchen von ihrem Recht Gebrauch gemacht, eigene Mitarbeitervertretungsordnungen zu schaffen. Insofern muss für eine mögliche Analogie auf eine Norm der kirchlichen Mitarbeitervertretungsordnungen zurückgegriffen werden. Ein möglicher Anknüpfungspunkt sind die Vorschriften der Mitarbeitervertretungsordnungen zur Bildung einer Mitarbeitervertretung. Konzeptionell sind sich diese mit Blick auf die Voraussetzungen der Bildung einer Mitarbeitervertretung relativ ähnlich. In Betracht kommt eine Anknüpfung an § 1a MAVO bzw. § 5 Abs. 1 MVG-EKD. In kirchlichen Einrichtungen (nach MAVO) bzw. Dienststellen (nach MVG-EKD) mit mindestens fünf wahlberechtigten Mitarbeitern sind Mitarbeitervertretungen zu bilden. Insofern stellt sich die Frage, ob man den Begriff „Einrichtung“ i.S.d. § 1a Abs. 1 MAVO, der auf die in § 1 MAVO genannten Rechtsträger abstellt, nicht auf gemeinsame ökumenische Einrichtungen ausweiten könnte. § 5 Abs. 1 MVG-EKD stellt auf den Begriff der „Dienststelle“ ab. Gemäß § 3 MVG-EKD zählen hierzu die „rechtlich selbstständigen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen und Werke sowie die rechtlich selbstständigen Einrichtungen der Diakonie innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland“. Allerdings fehlt es hier gerade an der erforderlichen Rechtsträgerschaft. Die beteiligten konfessionellen Rechtsträger entsenden Mitarbeiter in die gemeinsame Einrichtung, die ihrerseits jedoch nicht über eine Rechtsträgerschaft verfügt. Insoweit erscheint eine hierauf gestützte Analogie systematisch schwierig zu begründen.

Sowohl die MAVO als auch das MVG-EKD kennen zudem die „gemeinsame Mitarbeitervertretung“ (§ 1b MAVO; § 5 Abs. 2 ff. MVG-EKD). Sie kann für mehrere Einrichtungen – auch verschiedener Rechtsträger – eingerichtet werden. Die Normen dienen dazu, auch für mehrere Einrichtungen mit wenigen Mitarbeitern eine Mitarbeitervertretung sicherzustellen.317 Die Beteiligung mehrerer Rechtsträger steht demnach der Errichtung einer Mitarbeitervertretung nicht prinzipiell entgegen, allerdings wird im Falle der gemeinsamen Mitarbeitervertretung an das Vorhandensein mehrerer Einrichtungen – und nicht wie in der gemeinsamen Einrichtung – an das Vorhandensein einer einzigen Einrichtung mehrerer Rechtsträger angeknüpft. Dies betrifft auch eine gemeinsame Einrichtung: Zwar bestehen möglicherweise bereits Mitarbeitervertretungen bei den beteiligten Rechtsträgern, diese können jedoch nicht adäquat die Interessen der Mitarbeiter der gemeinsamen Einrichtung vertreten. Im Sinne der Dienstgemeinschaft setzen sich die Kirchen jedoch gerade dafür ein, eine umfassende Vertretung möglichst aller Mitarbeiter sicherzustellen. Es liegt also eine vergleichbare Interessenlage vor. Insofern sprechen gute Argumente für eine analoge Anwendung der Vorschriften der gemeinsamen Mitarbeitervertretung (§ 1b MAVO; § 5 Abs. 2 ff. MVG-EKD) auf eine Mitarbeitervertretung in gemeinsamen Einrichtungen.

Allerdings stellt sich noch die Frage, welche der beiden Mitarbeitervertretungsordnungen im Falle einer gemeinsamen ökumenischen Einrichtung anwendbar ist. Eine parallele Anwendung der MAVO und des MVG-EKD ist nicht praktikabel.318 Hilfreich für eine Entscheidung, welche Ordnung anzuwenden ist, kann eine Indizienbetrachtung sein: Maßgeblich kann die mehrheitliche Beteiligung eines der kirchlichen Träger sein, die (mehrheitliche) Führungsverantwortung eines Trägers, die Anzahl der Mitarbeiter der jeweiligen Träger etc. Eine gemeinsame Mitarbeitervertretung würde jedenfalls bei Anwendung der MAVO eine entsprechende Anerkennung des kirchlichen Arbeitsrechts voraussetzen. Erforderlich wäre, dass auch der evangelische Träger eine Erklärung entsprechend Art. 2 Abs. 2 S. 1 GrO abgibt. In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch noch ein weiteres Problem: Eine Beschränkung der Übernahme kirchlichen Arbeitsrechts auf das Mitarbeitervertretungsrecht wäre kirchenrechtlich – jedenfalls ohne Dispens des zuständigen Diözesanbischofs – nicht möglich. Kirchenrechtlich geht die Anwendung der MAVO zwingend mit der der GrO einher. Fehlt es an einer entsprechenden Freistellung, empfiehlt sich die Anwendung des MVG-EKD für die gesamte Einrichtung.

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