Читать книгу: «Second Chance For Love», страница 3

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„Wie war es gestern mit deinem Ex?“, ertönt die Stimme meiner besten Freundin durch das Telefon, als sie mich am nächsten Morgen anruft.

Am liebsten hätte ich das Handy gegen die Wand gedonnert, da es viel zu früh ist und ich noch geschlafen habe, aber ich bin mir sicher, dass sie in diesem Fall nur noch mal auf dem Haustelefon angerufen hätte. Joleen platzt nämlich schier vor Neugierde.

„Ich habe keine Ahnung, ob ich ihn noch immer so nennen kann“, flüstere ich und hoffe dabei absurderweise, dass sie es nicht verstanden hat. Aber an der Art, wie sie die Luft einzieht, merke ich sofort, dass jedes einzelne Wort genau bei ihr angekommen ist.

„Hör auf, es so spannend zu machen. Erzähl endlich, was geschehen ist.“

Nachdem ich einmal tief durchgeatmet habe, berichte ich ihr von dem Abend mit Sean, wobei ich den Kopf allerdings auslasse.

„Warum ist er ausgerechnet der Bruder von Heather?“, stöhne ich und lasse meinen Kopf nach hinten in die Kissen fallen.

„Und? Das hat ihn doch auch damals nicht davon abgehalten, sich in dich zu verlieben“, kontert Joleen.

„Aber da war die Situation noch eine andere. Mittlerweile hat er sich wieder mit seinen Eltern versöhnt. Die beiden haben auch ein sehr gutes Verhältnis zu Heather. Ich will einfach nicht riskieren, dass er wieder damit anfängt, mit beiden zu streiten.“

„Du suchst nur nach einem Grund, um ihm aus dem Weg zu gehen“, stellt meine Freundin klar.

Innerlich gebe ich ihr recht. Sosehr ich die Zeit mit ihm auch genossen habe, sie hat mir auch Angst gemacht. Angst vor dem, was passiert, wenn Heather davon Wind bekommt und es doch nicht zwischen uns klappt.

Er würde nach Fresno zurückgehen und Heather hätte einen weiteren grund, mir das Leben schwer zu machen.

„Hat er dich geküsst?“

Bei der Erinnerung an den Kuss bekomme ich sofort Sehnsucht nach ihm. Als er mich zu Hause abgesetzt hat, hat er mich noch einmal geküsst und mir versprochen, dass er sich heute melden wird. Das trägt auch nicht gerade zu meiner inneren Ruhe bei.

„Ich deute dein Schweigen mal als Ja“, dringt nun wieder ihre Stimme durch die Leitung.

„Er studiert in Fresno.“

„Nimm meinen Rat an und habe etwas Spaß. Er scheint dich vermisst zu haben, sonst würde er sich nicht mit dir treffen wollen. Wer weiß, vielleicht klappt es ja dieses Mal. Du kannst es auf jeden Fall nicht wissen, wenn du das Risiko nicht eingehst.“

Kurz lasse ich mir ihre Worte durch den Kopf gehen und komme zu dem Schluss, dass sie recht hat.

Ich werde uns diese Chance geben und es genießen, solange es geht.

„Wann siehst du ihn wieder?“, fragt sie weiter.

„Er will sich heute melden.“

Joleen quietscht begeistert, sodass ich mir das Telefon ein Stück vom Ohr weghalte. Nur zu gut kann ich mir vorstellen, was für ein begeistertes Gesicht sie macht.

Eine Weile sagt keiner von uns etwas. Gestern ging alles so schnell zwischen Sean und mir, dass ich es erst mal verarbeiten muss. Wenn dieser Mann in meiner Nähe ist, bekomme ich keinen anständigen Gedanken mehr auf die Reihe. So ging es mir früher auch schon und wie sich herausgestellt hat, hat sich dies nicht geändert.

„Na gut, Süße. Sei mir nicht böse, aber ich muss mich jetzt an die Arbeit machen“, erklärt Joleen irgendwann und reißt mich so aus meinen Gedanken.

„Dabei hast du mich doch geweckt.“

„Ich war halt neugierig.“

Vor meinem inneren Auge sehe ich, wie sie gleichgültig mit den Schultern zuckt.

„Ist gut, danke fürs Zuhören“, sagte ich noch und lege auf.

Seufzend lasse ich das Handy aufs Bett fallen und stehe auf. Barfuß gehe ich auf die Zimmertür zu und öffne sie leise. Kaum habe ich einen Schritt auf den Flur gemacht, höre ich meinen Vater und Marianne unten sprechen.

Irgendwann hatte ich meine Stiefmutter mal gefragt, wieso sie mehr oder weniger mitten in der Nacht schon aufsteht. Denn sie hat eigentlich viel spätere Arbeitszeiten als mein Vater. Marianne hatte geantwortet, dass mein Vater so viel unterwegs ist. Würde sie nicht so früh aufstehen, würde sie ihn manchmal tagelang nicht sehen.

So eine Beziehung wünsche ich mir auch. Sie unterstützen sich gegenseitig und sind immer füreinander da, wenn es mal schwierig wird.

Leise betrete ich die Küche. Die beiden sitzen am Tisch und schauen von ihren Computern beziehungsweise Handys hoch.

„Guten Morgen, Liebling!“, begrüßt mich mein Vater und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.

Das macht er schon, seitdem ich ein kleines Baby war. Aber ich beschwere mich nicht darüber. Auf verquere Art und Weise finde ich dies süß.

„Morgen!“, erwidere ich und verkneife mir ein Gähnen.

Dankbar nehme ich die Tasse Kaffee entgegen, die Marianne mir reicht.

„Wieso bist du schon wach?“, fragt sie mich, nachdem sie einen prüfenden Blick auf mich geworfen hat.

„Joleen hat mich aus dem Bett geklingelt, und nun kann ich nicht mehr schlafen“, flüstere ich in meine Tasse hinein und hoffe, dass das Thema damit abgehakt ist.

Meinem Vater scheint die Antwort auch zu genügen, aber als ich kurz zu meiner Stiefmutter sehe, erkenne ich, dass sie mich genau beobachtet. Schnell wende ich die Augen wieder ab und konzentriere mich auf meinen Kaffee.

„Sehen wir uns heute Abend zum Essen?“, erkundigt sich nun mein Vater.

„Ich weiß es noch nicht.“

In Gedanken füge ich hinzu, dass es davon abhängt, ob Sean sich bei mir meldet oder nicht. Aber ich bin schlau genug, es ihm nicht zu sagen. Für mich reicht es, dass Mike darüber Bescheid weiß.

„Es würde mich freuen, wenn ich mal wieder Zeit mit meiner ganzen Familie verbringen könnte.“

Mein Dad zieht eine Schmolllippe, die Marianne und mich zum Lachen bringt.

„Wir werden sehen, was die Kinder heute Abend vorhaben“, erklärt sie und grinst mich dabei an.

„Solange sie noch nicht aus dem Haus sind, würde ich es gerne ausnutzen.“

Er schmollt noch immer ein bisschen, aber nun sagt keiner von uns mehr etwas dazu. Ein paar Minuten später verabschiedet er sich und verschwindet durch die Hintertür.

„Erzähl“, fordert Marianne mich auf und setzt sich mir gegenüber an den Tisch.

„Was meinst du?“

„Ich habe mitbekommen, dass du gestern von einem Mann abgeholt wurdest. Und ich habe gesehen, dass es sich hierbei um Sean handelt.“ Mehr sagt sie nicht, sondern schaut mich herausfordernd an.

„Da gibt es nichts zu erzählen“, weiche ich ihr aus.

„Du weißt, dass du immer mit mir reden kannst.“

„Ich weiß, aber da gibt es nichts, worüber wir reden können.“

Das ist eine glatte Lüge, aber ich will gerade nicht darüber sprechen, sondern mich auf etwas anderes konzentrieren, als auf diesen Mann und das, was er mit mir macht.

Kurz betrachtet sie mich noch, als würde sie so die Wahrheit herausfinden wollen. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, steht sie schließlich auf und verlässt die Küche.

Erleichtert atme ich tief durch.

Ich liebe Marianne als meine Mutter und akzeptiere sie, aber das ist etwas, was ich alleine mit mir ausmachen muss.

Es ist früh am Morgen. Da Sean sicherlich noch schläft, beschließe ich, dass ich eine Runde joggen gehe. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, renne ich in mein Zimmer, werfe einen prüfenden Blick auf mein Telefon und ziehe mich um.

Von Sean ist noch keine Nachricht eingegangen, was mich aber auch nicht wundert. Er hat schon früher gerne morgens länger geschlafen. Also mache ich mich auf den Weg. Ich laufe durch unser Wohngebiet und schlage den Weg zu dem künstlich angelegten See ein, der sich ein paar Straßen weiter befindet.

Da ich mein Handy nicht dabei habe, frage ich mich mehr als einmal, ob er mir schon geschrieben hat und auf eine Antwort wartet.

Als ich wieder nach Hause komme, stelle ich erschöpft fest, dass es bereits neun Uhr ist und ich somit über eine Stunde unterwegs war. Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist. Ich stelle mich unter die Dusche und lasse das heiße Wasser auf meine Haut prasseln. Es löst die Verspannungen meiner Muskeln und sorgt dafür, dass ich wieder befreiter atmen kann.

Nachdem ich mir meine Haare gewaschen habe, trockne ich mich ab und wickle mir das große Handtuch um den Körper. Schnell husche ich in mein Zimmer und ziehe mir Unterwäsche, eine Shorts und ein Top an.

Erst, als ich mit allem fertig bin, lasse ich mich auf mein Bett sinken und greife nach meinem Handy. Es zeigt mir eine einzige eingegangene Nachricht an. Mit klopfendem Herzen öffne ich sie und sehe, dass sie tatsächlich von Sean ist.

Ich habe den Abend mit dir sehr genossen und würde mich freuen, wenn du auch heute Zeit für mich hättest.

Beim Anblick dieser Worte ist meine innere Ruhe sofort wieder verschwunden. Dieser Mann raubt mir den Atem, egal ob er gerade meine Hand hält oder nicht.

Du hast Glück, heute habe ich frei. Hast du etwas Bestimmtes geplant?

Ungeduldig warte ich die nächsten Minuten. Gerade, als ich denke, dass er sich nicht mehr melden wird, vibriert das Telefon in meiner Hand.

Ich dachte schon, du willst mich nicht mehr sehen.

Bei seinen Worten kann ich mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen.

Ich war joggen und habe mein Handy zu Hause gelassen.

Das nächste Mal laufen wir zusammen. Aber um deine Frage zu beantworten, das habe ich. Zieh dir etwas Bequemes an, ich hole dich in einer Stunde ab.

Das Bild seines verschwitzten nackten Oberkörpers erscheint vor meinem inneren Auge und lässt mich keuchend zurücksinken. Das ist das Letzte, woran ich gerade denken will.

Die Zeit, bis er auftaucht, will einfach nicht vergehen. Unruhig drehe ich meine Runden im Wohnzimmer und warte darauf, dass ich seinen Wagen in der Einfahrt entdecke. Aber stattdessen höre ich nur das Schlurfen meines Bruders, als er die Treppe herunterkommt.

„Worauf wartest du denn so gespannt?“, fragt er mich und lässt sich auf das Sofa fallen.

„Sean holt mich gleich ab“, verkünde ich leise und schaue dabei zum tausendsten Mal auf die Uhr.

Aber immer noch habe ich endlose qualvolle Minuten an Wartezeit vor mir.

„Das Date scheint ja ein voller Erfolg gewesen zu sein.“ Mike zwinkert mir zu.

„Und ich war sogar vor Mitternacht zu Hause“, gebe ich in einem gereizten Ton von mir, während ich die Augen verdrehe.

Lachend lässt er sich noch tiefer in das mit Leder überzogene Sofa sinken und fährt sich dabei mit den Fingern durch die Haare.

„Und was habt ihr Turteltäubchen heute vor?“

„Wir sind keine Turteltäubchen“, gebe ich erbost zurück und schaue meinen Bruder finster an.

„Nein? Hört sich für mich aber danach an. Dann verrate mir doch, was ihr sonst seid.“

„Wir verbringen einfach etwas Zeit miteinander, bevor er wieder nach Fresno geht.“

Ich versuche so viel Bestimmtheit wie möglich in meine Stimme zu legen, bin mir aber nicht sicher, ob mir dies wirklich gelingt.

„Und wieso bist du so aufgeregt?“

Mit dieser Frage hat er mich eiskalt erwischt, und das weiß er auch, wir mir ein zufriedener Gesichtsausdruck zeigt.

„Da ist nichts Schlimmes dabei. Ich will nur, dass du vorsichtig bist, egal ob Es-Freund oder nicht. Typen wie er oder ich haben einen gewissen Ruf. Und in den meisten Fällen tun wir alles, um ihm gerecht zu werden.“

„Und in welchen tut ihr dies nicht?“, erkundige ich mich, da mich die Antwort interessiert.

Doch Mike kommt nicht mehr dazu zu reagieren, da es in diesem Augenblick klingelt.

„Unsere Unterhaltung ist noch nicht beendet“, verkünde ich und haste zur Tür, um sie zu öffnen.

Kaum erblicke ich Sean, breitet sich ein strahlendes Lächeln auf seinem Gesicht aus. Wie auf Kommando fangen meine Nerven an verrückt zu spielen.

„Hi, meine Hübsche“, raunt er in mein Ohr.

Seine Stimme sorgt dafür, dass meine Lippen zu kribbeln beginne. Aber er gibt mir nur einen keuschen Kuss auf die Wange. In letzter Sekunde kann ich es verhindern, dass er die Enttäuschung sieht, die gerade in mir aufsteigt.

„Hi“, erwidere ich nur und mache Platz, damit er hereinkommen kann. Aber Sean macht keine Anstalten, das Haus zu betreten.

„Wir müssen gleich weiter, sonst kommen wir zu spät.“

„Wohin geht es denn?“, fragt Mike, der hinter mir erscheint.

„Das ist eine Überraschung.“

Da ich mich noch gut daran erinnern kann, dass er nicht verraten wird, wenn er das nicht will, greife ich ohne einen weiteren Kommentar nach meiner Tasche, die ich vorher auf den Tisch neben der Haustür gestellt habe.

„Ich wünsche euch viel Spaß. Pass gut auf meine Schwester auf!“

Mehr sagt Mike nicht, sondern dreht sich um und verschwindet wieder so schnell, wie er gekommen ist.

Sean reicht mir seine Hand, die ich nur zu gerne ergreife. Nachdem ich in den Wagen gestiegen bin, sehe ich Mike, der am Küchenfenster steht und uns beobachtet. Ich achte allerdings nicht weiter darauf, sondern konzentriere mich wieder auf Sean, der sich in diesem Moment hinter das Steuer setzt.

5

„Gibst du mir wenigstens einen Tipp?“, frage ich Sean, nachdem wir ein paar Minuten schweigend durch die Siedlung gefahren sind.

„Wir fahren zum Flughafen nach Boulder City.“

Überrascht drehe ich meinen Kopf zu ihm.

„Was?“, entfährt es mir.

Sean macht jedoch keine Anstalten, näher darauf einzugehen, was mich beinahe wahnsinnig werden lässt.

Als wir eine halbe Stunde später in Boulder City ankommen, schaue ich mich interessiert um. Ich bin noch nie hier gewesen. Es ist eine typische Kleinstadt, in der es ein paar süße Hotels und Diner gibt. Auf den Bürgersteigen spielen Kinder, und in den Parks sitzen Familien, die picknicken. Ein wenig erinnert es mich an ein paar Wohngebiete in Las Vegas. Nur, dass das hier kleiner ist.

Der Flughafen ist nicht so klein, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Er besteht aus einem etwas größeren Gebäude und mehreren Hallen, in denen die kleinen Flugzeuge untergebracht sind. Das große rote Dach sticht mir sofort ins Auge, als Sean auf dem Parkplatz hält. Auf den ersten Blick erkenne ich ein paar Helikopter, die ebenfalls mit roter Farbe versehen wurden.

Er bedenkt mich mit einem vielsagenden Blick, ehe er die Tür aufstößt und aussteigt. Da wir uns hier mitten in der Wüste befinden, werde ich von warmer Luft empfangen, als ich ebenfalls den Wagen verlasse.

„Komm“, ruft Sean aufgeregt, während er mir seine Hand hinhält.

Mit großen Schritten überbrücke ich die Distanz zwischen uns und greife nach ihr. Seine Finger fahren zwischen meine. Diese Geste ist vertraut und innig. Es fühlt sich an, als hätten wir uns nie getrennt. Mein Kopf sagt mir, dass ich so etwas nicht fühlen darf, aber mein Herz tut es trotzdem.

Schnell rufe ich mir die Worte meines Bruders wieder ins Gedächtnis, dass Männer wie er einen Ruf haben. Wenigstens das verpasst mir einen Dämpfer, auch wenn ich es nur ein kleiner ist.

Sean hält auf eine der Hallen zu, in der sich die kleinen Flugzeuge befinden.

„Mr. Jordan? Ich bin Sean Cooper. Wir hatten heute Morgen telefoniert“, stellt er sich einem älteren Mann vor.

„Sicher, es ging um den Rundflug.“

Er lächelt uns freundlich an, während ich das Gefühl habe, mich verhört zu haben.

Mit großen Augen starre ich Sean an, der mich überhaupt nicht beachtet. Stattdessen hält er weiterhin meine Hand in seiner und unterhält sich mit dem Mann.

„Wir werden einen Rundflug über den Grand Canyon und den Hoover Damm machen“, flüstert er mir ins Ohr, als wir dem Mann zu einer der kleinen Maschinen folgen. „Nur wir zwei.“

Sein heißer Atem streift meinen Hals. In letzter Sekunde kann ich verhindern, dass ich leise stöhne.

„Das hättest du nicht machen müssen“, raune ich, als er mir beim Einsteigen hilft.

Sean erwidert nichts, sondern hilft mir in das Flugzeug zu steigen, wo ich mich auf den Platz am Fenster setze. Er lässt sich neben mich fallen, schnell sich an und legt seine rechte Hand auf mein Bein. Trotz des angenehmen Gefühls, das mich durchfährt, spüre ich, dass er zittert. Beruhigend lege ich meine Hand auf seine, aber es bringt nichts. Es fühlt sich eher so an, als würde meine Geste dies noch verstärken.

„Warum bist du so aufgeregt?“, erkundige ich mich.

Wieder sagt er nichts, sondern betrachtet mich nur. In der nächsten Sekunde beugt er sich zu mir und küsst mich. Die Zeit um uns herum scheint stillzustehen. Es gibt nur noch ihn und mich. Ich nehme nichts mehr wahr. Dieser Kuss ist voller Sehnsucht und Verlangen.

Leider ist er viel zu schnell vorbei. Sein Daumen streicht über mein Gesicht und bleibt schließlich auf meinen Lippen liegen. In meinem Kopf herrscht ein Chaos, welches von dem Gedanken beherrscht wird, dass ich ihn noch sehr viel öfter küssen möchte.

Während ich mich in seine Arme kuschle, seufze ich leise. In seiner Gegenwart fühle ich mich anders, als ich es von Cole kenne. Bei ihm war ich oft angespannt und wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Wird er wütend, wenn wir bei seinen Eltern sitzen und ich mich an ihn lehne, oder nicht? Über solche Sachen habe ich mir andauernd Gedanken gemacht, obwohl das eigentlich normale Verhaltensweisen in einer Beziehung sind. Schon am Anfang habe ich immer wieder Vergleiche zu Sean gezogen. Doch je länger ich mit Cole zusammen war, umso mehr hatte ich das Gefühl, dass ich mir die enge Bindung zu Sean nur eingebildet habe. Für mich wurde das ständige Hinterfragen normal.

Aber der Mann an meiner Seite beweist mir gerade, dass die einstiege Vertrautheit nicht nur ein Traum gewesen ist. In seiner Gegenwart habe ich noch nie groß darüber nachgedacht, was ich machen soll, sondern einfach gefühlt, was richtig ist.

Genauso, wie es jetzt auch ist.

Als das Flugzeug startet, drückt er meine Hand. Ich schenke ihm noch ein kurzes Lächeln, bevor ich meinen Blick nach draußen richte. Wir steigen immer höher und höher. Es ist ein wundervolles Erlebnis, mit ihm alleine in dieser Maschine zu sitzen.

Der Ausblick ist wunderschön. Da ich in den letzten Jahren nicht sehr oft Urlaub gemacht habe, habe ich diesen Ort nur auf Bildern gesehen.

Allerdings ist es hier ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe. Der Staudamm ist gigantisch. So groß habe ich ihn mir nicht vorgestellt. Ich bin mir sicher, dass man seine Größe vom Boden aus nicht annähernd richtig erfassen kann. Der Pilot fliegt ein wenig tiefer, sodass nun auch der See besser zur Geltung kommt.

Wie gebannt hänge ich am Fenster. Aber auch Sean scheint begeistert zu sein. Sein Kinn liegt auf meiner Schulter. Als ich kurz zu ihm schaue, erkenne ich, dass er bei dem Anblick, der sich uns bietet, ebenfalls leuchtende Augen bekommt.

Während der gesamten Stunde unterbricht er nicht einmal den Körperkontakt zwischen uns. Dafür nimmt er sogar in Kauf, dass er Umgebung nicht so gut betrachten kann. Seine Handfläche liegt auf meinem Bauch und streichelt zwischendurch über den dünnen Stoff meines Tops.

„Danke, es war wundervoll“, flüstere ich ihm ins Ohr und drücke ihm einen Kuss auf die Wange, bevor das Flugzeug in den Sinkflug geht.

„Es freut mich, dass es dir gefallen hat.“

Als wir wieder festen Boden unter den Füßen haben, bedankt sich Sean bei dem Piloten und wechselt noch ein paar Worte mit ihm.

Mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht kommt er schließlich auf mich zu und führt mich zurück zu seinem Wagen.

„Wir sollten etwas essen“, verkündet Sean, nachdem mein Magen auf sich aufmerksam gemacht hat.

„Aber ich zahle.“

„Ich habe dich zu diesem Ausflug eingeladen, deswegen kommt das überhaupt nicht infrage“, widerspricht er mir sofort.

„Du hast mir diesen Flug ermöglicht“, gebe ich vorsichtig zu bedenken.

„Glaub mir, ich kann es mir leisten. Ich habe ein komplettes Stipendium für das College und arbeite in meiner Freizeit, von der ich jede Menge habe, als Personaltrainer im Fitnessstudio.“

Bei seinen Worten bekomme ich große Augen. Das wusste ich nicht. Aber wie hätte ich es auch wissen sollen, wenn er es mir nicht sagt?

„Ich habe dich hergebracht und deswegen werde ich mich auch um dich kümmern.“

Mehr sagt er nicht, sondern hält mir die Tür seines Wagens auf.

Die Vorstellung, dass er sich um mich kümmert, hat mir damals schon gefallen. Und auch jetzt trifft er damit den richtigen Nerv, um mich zum Schweigen zu bringen.

Während er sich einen Weg durch die Stadt sucht, hält er meine Hand fest in seiner.

Als Sean vor einem Diner hält, erwarte ich schon fast, dass er wieder aus dem Wagen springt. Doch das ist diesmal nicht der Fall. Seine Hand legt sich zärtlich um meinen Hals, als würde er etwas sagen wollen. Tut es aber nicht. Stattdessen drückt er seine Lippen langsam auf meine.

Als ich spüre, wie seine Zungenspitze über sie fährt, öffne ich meinen Mund. Dieses Mal kann ich es nicht verhindern, dass mir ein leises Stöhnen entfährt.

Nun bin ich diejenige, die ein Stück zurückweicht. Fragend schaut er mich an, doch ich schüttle nur den Kopf. Ich weiß ja selber nicht, wieso ich das getan habe, aber er hat es in dieser kurzen Zeit geschafft, wieder ans Licht zu holen, was fast vergessen war. Ohne Probleme macht er genau da weiter, wo wir aufgehört haben.

Sean scheint mich aber auch ohne Worte zu verstehen. Er geht nicht weiter auf mein Verhalten ein, als er aussteigt. Schnell folge ich seinem Beispiel. Hand in Hand betreten wir den Diner, wo wir uns einen Platz an der großen Glasfront suchen.

Im Inneren des kleinen Restaurants ist alles hell eingerichtet. Der Tresen, der sich gegenüber der Tür befindet, und die Tische, die überall im Raum verteilt sind, bestehen aus hellem Holz. Auch die Bänke, Stühle und Barhocker sind mit einem hellen Stoff bezogen. An den Wänden hängen bunte Bilder, die der Einrichtung ein wenig Farbe verleihen.

Kurz überlege ich, ob ich in so einem Laden arbeiten könnte. Dabei schleicht sich auch Sean in meine Gedanken. Würde er in einer Kleinstadt leben wollen?

„Lindsay?“, höre ich ihn meinen Namen nun rufen. „Ist alles in Ordnung? Du bist so ruhig.“

„Mir geht es bestens. Ich war nur in Gedanken“, erkläre ich schnell.

„Waren es schöne Gedanken?“

Bei seiner Frage hebe ich meinen Kopf und schaue ihm in die Augen.

„Jip“, antworte ich mit einem Grinsen im Gesicht.

„Kam ich auch darin vor?“

„Was wäre, wenn ich Ja sagen würde?“

Ich will es ihm ungern auf die Nase binden, ohne dass ich weiß, ob er es gut findet oder nicht.

„In dem Fall würdest du mich zum glücklichsten Mann auf dieser Welt machen.“

Seine ehrlichen Worte rauben mir den Verstand, sodass ich einen Moment brauche, bis ich wieder in der Lage bin weiterzusprechen.

„Sagen das nicht normalerweise Männer, die gerade erfahren haben, dass sie Vater werden, oder deren Freundin ihren Heiratsantrag angenommen hat?“

„Es kommt immer auf den Mann und die Vorgeschichte an. Also, ja oder nein?“

Während er spricht, beobachtet er mich aufmerksam. Ich winde mich unter seinem Blick. Am liebsten würde ich schreiend davon rennen, weil mir in diesem Moment alles zu viel ist. Aber ich bin mir sicher, dass er mich eingeholt hätte, noch bevor ich die Tür erreicht habe.

Mein nächster Gedanke ist, ihn anzulügen. Da ich allerdings keine Ahnung habe, ob ich wirklich so eine schlechte Schauspielerin bin, wie mein Bruder meint, lasse ich es sein. Also nicke ich einfach nur und beiße mir dabei auf die Lippe. Auf Seans Gesicht erscheint ein zufriedenes und glückliches Lächeln, welches mir zeigt, dass ich richtig gehandelt habe.

„Wie hast du Cole kennengelernt?“, fragt Sean, während er genüsslich von seinem Sandwich abbeißt, das die Kellnerin gerade vor ihm abgestellt hat.

„Am Anfang meines Studiums war ich auf einer Party und bin ihm dort über den Weg gelaufen. Danach haben wir uns ein paarmal getroffen und so hat das eine zum anderen geführt.“

Ich versuche so gleichgültig wie möglich zu klingen, damit er nicht die wahre Bedeutung hinter meinen Worten erkennt. Die Wahrheit ist nämlich, dass ich mich von ihm ablenken wollte, nachdem ich mehrmals kurz davor gewesen war, ihn Hals über Kopf in Fresno zu besuchen.

Als wir den Laden wieder verlassen, ist es bereits drei Uhr am Nachmittag.

„Lass uns noch einen Abstecher zum Sloan Canyon machen“, schlägt Sean vor, als wir an seinem Wagen ankommen.

Erfreut über den Vorschlag willige ich ein.

Erst, als er mich zu sich zieht und mir einen leichten Kuss auf die Nasenspitze drückt, merke ich, wie angespannt er in den letzten Sekunden war.

Hat er gedacht, dass ich so schnell wie möglich nach Hause und somit von ihm weg will?

Er betrachtet mich zufrieden, bevor er mich herumgreift und die Beifahrerseite öffnet.

Je mehr Zeit ich mit ihm verbringe, umso ruhiger werde ich wieder. Meine Nervosität von heute Morgen ist verschwunden und wir sind wieder das Paar, das wir einmal waren. Er bringt mich zum Lachen, während er die anderen Autofahrer imitiert, die sich aufregen, sobald er sie überholt.

Knapp eine Stunde später bleibt Sean neben dem Schild, welches uns zeigt, dass wir uns an unserem Ziel befinden, stehen.

„Wollen wir ein Bild von uns beiden machen?“

Obwohl es eine Frage war, wartet er meine Antwort nicht ab. Mit einem großen Satz springt er aus dem Auto und bedeutet mir, es ihm gleichzutun.

Sean stellt sich ein Stück neben das Schild und zieht mich vor sich, nachdem ich ihn erreicht habe. Als Nächstes hält er sein Handy ein Stück von uns entfernt. Er macht verschiedene Bilder, auf denen er mich auf die Wange küsst, wir Grimassen schneiden oder einfach lächeln. Auf dem letzten Foto drehe ich meinen Kopf in der Sekunde zu ihm, in der er mir noch einen Kuss auf die Wange geben will, sodass sich unsere Lippen treffen.

„Mein Lieblingsbild“, verkündet er stolz.

Ich spüre, wie mein Handy in der Hosentasche vibriert. Nachdem ich einen Blick darauf geworfen habe, stelle ich fest, dass er es mir geschickt hat.

Nachdem wir uns wieder in den Wagen gesetzt haben, steuer Sean auf einen kleinen Parkplatz zu. Dort angekommen zieht er eine Decke von der Rückbank und zwei Flaschen Wasser.

Gemeinsam spazieren wir durch die Wüstenlandschaft. Zwischendurch kommen uns ein paar Menschen entgegen, aber die meiste Zeit sind wir alleine. Es ist wunderschön hier. An ein paar Felsen erkennt man sogar alte indianische Malereien. Vor einer Felswand, in der sich ein Loch befindet, bleibe ich schließlich stehen, sodass Sean noch ein Bild von mir machen kann.

Gemeinsam klettern wir einen Berg hoch, von dem wir kilometerweit sehen können. Seufzend drehe ich mich einmal im Kreis. Als ich mich wieder Sean zuwende, erkenne ich, dass er die Decke auf dem Boden ausgebreitet hat. Er setzt sich darauf und zieht mich kurz danach zwischen seine Beine.

Nur zu gerne folge ich seinem stummen Befehl und lehne meinen Kopf gegen seine Schulter. Sein Geruch steigt mir in die Nase, und seine Wärme umhüllt meinen Körper.

„Ich hoffe, du hast den Tag genossen“, flüstert er dicht an meinem Ohr.

„Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr. Er war wundervoll.“

In diesem Moment passiert etwas zwischen uns. Die Atmosphäre zwischen uns ändert sich. Eine merkwürdige Ruhe überkommt uns beide, die ich noch nie zuvor gespürt habe. Ob dies etwas Gutes oder Schlechtes ist, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass es da ist.

Eine Ewigkeit sitzen wir eng umschlungen auf der Decke. Als der Sonnenuntergang einsetzt, verfolge ich ihn wie gebannt.

Dies war der schönste Tag seit Langem, und einen herrlicheren Abschluss hätte Sean gar nicht finden können.

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9783754184127
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