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Das Festival der Liebe

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Из серии: Die Liebe auf Reisen #1
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Das Festival der Liebe
Das Festival der Liebe
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Читает Ina Leva
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KAPITEL SECHS

Keira erwachte mit einem heftigen Kopfschmerz und dem überwältigenden Gefühl von Scham. Sie setzte sich auf und betastete ihren Schädel. Das Tageslicht, das durch die Gardinen hereinkam, ließ sie aufstöhnen. Sie würde diesen Monat niemals durchhalten, wenn sie weiterhin so viel trank.

Plötzlich fiel ihr der bittere Kommentar ein, den sie Zach mit dem Foto geschickt hatte. Sie griff nach ihrem Handy, überzeugt davon, dass er ebenso bissig geantwortet hatte. Aber da war nichts. Und das war noch schlimmer. Es war, als hätte Zach sie einfach aus seinem Leben herausgeschnitten. Als hätte er mit ihr Schluss gemacht, ohne das mit einem einzigen Wort zu sagen. Keira konnte nicht umhin, ihre Beziehung neu zu bewerten und fragte sich, ob es überhaupt noch eine Beziehung gab.

Dann fiel ihr auf, dass sie offenbar verschlafen hatte. Shane würde sicher jede Minute eintreffen. Panik überkam sie bei der Erinnerung an den vergangenen Abend und ihren alkoholisierten Zustand. Sie war eifersüchtig auf Tessa gewesen. Hatte sie Shane gegenüber etwas dazu gesagt? Irgendetwas, dass ihm verraten hätte, wie attraktiv sie ihn fand? Ihre Erinnerungen waren so schemenhaft, dass sie sich nicht darauf verlassen konnte.

Sie sprang nervös aus dem Bett, schnappte sich ihr Handtuch und bemerkte, dass sie nicht mehr genug Zeit haben würde, um zu duschen. Sie würde den Tag so durchstehen müssen, ungewaschen und verkatert.

Sie zog sich eilig an. Bei jeder schnellen Bewegung durchfuhr sie ein stechender Schmerz im Kopf. Dann eilte sie die Treppe runter.

„Morgen“, sagte Orin gutgelaunt. Er stand hinter dem Tresen, als sie den Pub betrat. „Was darf ich dir zum Frühstück bringen?“

„Es tut mir leid, ich bin spät dran“, sagte sie, während sie sich die Jacke überwarf. „Ich muss leider passen.“

Die Tür ging auf und Shane kam herein. Er lächelte zufrieden und Keira fragte sich, ob er und Tessa sich mit mehr als nur Tanzen vergnügt hatten, nachdem er Keira im B&B abgeliefert hatte.

„Sieh zu, dass die junge Dame was zu essen kriegt“, sagte Orin zu Shane. „Sie verpasst sonst die wichtigste Mahlzeit des Tages.“

„Ehrlich, das ist in Ordnung“, sagte Keira. Der Gedanke an Essen bereitete ihr Übelkeit. „Ich hatte gestern Abend reichlich zu essen.“

Orin schüttelte tadelnd den Kopf.

„Wir haben Zeit“, sagte Shane mit einem verschmitzten Grinsen, nahm sich einen Barhocker und setzte sich hin.

Es sah so aus, als wüsste er genau, dass Keira nichts essen wollte, weil sie verkatert war. Es gefiel ihm offenbar, sie in unmögliche Situationen zu bringen.

„Ich dachte, wir machen noch einen Tagesausflug“, sagte sie, durch die Zähne gepresst.

„Machen wir, aber es ist nur ein Stück die Straße rauf“, antwortete Shane. „Es bringt unseren Tagesplan nicht durcheinander, wenn wir eine halbe Stunde später aufbrechen.“

Da ihr nun die Argumente ausgegangen waren, nahm Keira einfach neben Shane Platz.

„Großartig“, sagte Orin und klatschte in die Hände. „Was kann ich euch beiden bringen? Eier? Toast? Würstchen? Schinken? Kartoffelpuffer?“

„Toast, bitte“, sagte Keira. Sie konnte ihrem Magen nichts von dem anderen Zeug zumuten.

Shane neigte sich zu ihr herüber. „Er meinte alles zusammen. Das nennt man ein üppiges Frühstück und es ist das beste Mittel gegen einen Kater.“

Keira warf ihre Arme in die Luft. Gegen diese beiden kam sie einfach nicht an. Sie würden dafür sorgen, dass sie am Ende des Monats übergewichtig war. „Meinetwegen.“

Orin verschwand in der Küche, um das Frühstück zuzubereiten.

„Wieso hast du keinen Kater?“, fragte Keira. Sie stützte einen Ellenbogen auf dem Tresen ab und legte ihren schweren Kopf in die Handfläche. Es klang wie ein Vorwurf.

„Irische Männer kriegen keinen Kater“, antwortete Shane. Als Keira ihn anschaute, brach er in fröhliches Gelächter aus. „Ist es nicht das, was du in deinem Artikel schreiben wirst? Dass wir alle Stereotype mit Bierbauch sind?“

Keira schüttelte einfach den Kopf. Wenn das Dröhnen im Kopf irgendwann nachließ, dann wäre sie auch wieder bereit, seiner Spöttelei etwas entgegenzusetzen. Aber jetzt noch nicht.

Aus der Küche waberte ein köstliches Aroma in den Pub. Keiras Magen knurrte laut. Orin erschien mit zwei riesigen Tellern, randvoll mit Essen: gebratene Würstchen, Pilze und Tomaten.

„Das ist mal ein Frühstück“, sagte Keira mit Blick auf den Teller vor ihr. Kein Vergleich zu dem grünen Tee und dem Spinatsmoothie, den sie normalerweise auf dem Weg zur Arbeit trank.

„Dies ist das Geheimnis, wie wir mit den Mengen Alkohol fertig werden“, sagte Shane lachend. „Fang den Tag richtig an, dann hältst du lange durch.“

Keira verkrampfte sich. War das eine Anspielung auf das, was noch mit Tessa gelaufen war? Sie wollte ihn danach fragen, aber sie wusste, sie hatte kein Recht dazu. Außerdem wollte sie lieber nicht herausfinden, was seine Antwort in ihr auslösen würde.

Sie aßen auf und gingen hinaus zum Auto. Tatsächlich fühlte Keira sich deutlich besser. Ihr Schädel dröhnte nicht mehr so sehr wie nach dem Aufwachen.

„Wohin bringst du mich also heute?“, fragte Keira, als sie die inzwischen vertraute Straße entlang fuhren, vorbei an den Müllresten der vergangenen Nacht.

„Die Klippen von Moher“, antwortete Shane. „Schon mal davon gehört?“

Keira schüttelte den Kopf. „Lass mich raten“, sagte sie, an den Burren denkend. „Es handelt sich nicht wirklich um Klippen.“

„Oh, es sind Klippen, auf jeden Fall“, sagte Shane. „Da wurden ein paar Szenen für Harry Potter gefilmt.“

„Beeindruckend“, antwortete Keira trocken.

Sie fuhren aus Lisdoonvarna heraus, die schmale Straße entlang, vorbei an Feldern und Hügeln. Keira war noch zu verkatert für eine Unterhaltung, also schaltete Shane statt dessen das Radio ein. Eine weibliche Sprecherin sagte etwas in Gälisch.

„Sprichst du Gälisch?“, fragte Keira.

Shane schaute sie vielsagend an. „Natürlich tue ich das. Das ist, als würde man einen Spanier fragen, ob er spanisch spricht.“

Keira wurde rot und rollte sich wieder auf ihrem Sitz zusammen, während sie aus dem Fenster auf die hügelige Landschaft schaute.

Die Straße war holperig, das Geschaukel verursachte Keira hin und wieder Übelkeit. Sie fuhren in Kurven hinauf auf einen bewaldeten Hügel. Keira war froh, dass sie solch eine Strecke nicht vom Flughafen aus hatte fahren müssen. Sie hätte wahrscheinlich unterwegs einen Herzinfarkt bekommen. Shane hingegen schien keinerlei Probleme damit zu haben. Er fuhr sehr sicher, was Keiras Nerven zugute kam. Allerdings hatte sie die ganze Zeit das Gefühl, ihr Frühstück würde ihr wieder hochkommen.

Schließlich kamen sie oben auf dem Hügel an und parkten den Wagen. Als Keira ausstieg, sah sie ein merkwürdiges Gebäude, das in die Bergwand eingefügt zu sein schien, mit einem Dach aus Gras. Es sah ein wenig so aus wie eine Hobbithöhle.

Der Wind fuhr Keira durchs Haar, als sie neben Shane den Pfad entlang ging. Ein wackeliges Geländer wies ihnen den Weg entlang der Küste. Keira fand den endlosen Ausblick wunderschön. Sie blieben stehen, um etwas durchzuschnaufen. Keira klammerte sich an das Geländer, während sie über das tosende Meer schaute.

„Das ist der Atlantik“, erklärte Shane neben ihr. „Das dort sind die Aran Islands“, fügte er hinzu und deutete über die blaue Fläche. „Und auf der anderen Seite ist das Gebirge.“ Er beugte sich ein wenig zu ihr herunter und kam ihr sehr nahe, während er auf einen entfernten Punkt am Horizont deutete, den sie kaum erkennen konnte. „Das ist das Twelve Pins Gebirge.“

Keiras Herz fing an zu rasen, ob der Nähe zu Shane. Sie machte einen Schritt weg, einerseits erleichtert, den Moment beendet zu haben, andererseits wünschte sie sich ihn zurück.

„Wollen wir ein paar Höhlen erforschen?“, fragte er.

„Du meinst, zwischen den Klippen unter Wasser tauchen?“, fragte Keira mit hochgezogenen Augenbrauen. „Nein, ich passe, vielen Dank.“

„Besonders abenteuerlustig bist du nicht, was?“

„Hey.“ Keira tat, als sei sie beleidigt. „Ich bin eine Amerikanerin in Übersee. Hast du eine Vorstellung, wie viele von uns nie im Leben einen Reisepass beantragen?“

„Okay, ich erkenne lobend an, dass du es bis nach Übersee geschafft hast. Aber ich wette, du bist nie auf Klippen herumgeklettert.“

„Und ich verspüre auch jetzt nicht das Bedürfnis dazu.“

„Machst du Witze? Auf so einer Schönheit herumzuklettern, das ist einfach großartig! Das bringt alles in die richtige Perspektive. Nur du und die Klippe. Du und die Natur.“ Seine Augen funkelten, als er sprach.

„Du bist da rauf geklettert?“ Keira glaubte ihm nicht.

Shane nickte. „Und auf die Twelve Pins. Snowdon. Ben Nevis.“

Keira war insgeheim beeindruckt von Shanes Hobby. Aber das würde sie ihm nicht auf die Nase binden. „Klingt irgendwie nach Möchtegern-Macho. Der Mann riskiert Leib und Leben, um die Natur zu erobern, anstatt sich mit ihr zu arrangieren.“

Shane kreuzte die Arme vor der Brust. „Und du machst das, oder was? Eins mit der Natur, Miss New York City?“

 

Keira schaute an ihm vorbei und ignorierte die Bemerkung. Sie schwiegen eine Weile und genossen Seite an Seite den Blick über das Meer. Schließlich stopfte Shane seine Hände in die Hosentaschen und wippte auf den Füßen auf und ab.

„Es gibt keine schöneren Sonnenuntergänge als hier“, sagte er beinahe schüchtern. „Wenn du nicht jeden Abend auf dem Festival verbringen musst, kann ich dich mal abends herbringen.“

Keira schaute ihn zweifelnd an. „Klingt verdächtig nach einem Date.“

Shane verzog spöttisch das Gesicht. „Da bellst du den falschen Baum an, Mädchen, das kann ich dir sagen.“

Keiras Wangen glühten, während sie innerlich grinste.

„Also, was wirst du in deinem Artikel über die Klippen schreiben?“

Keira schaute über die wunderschöne Szenerie. Wie schon zuvor auf dem Burren spürte sie eine Veränderung in sich, zart, aber spürbar. Die Luft war hier so rein, kein Vergleich zu New York. Sie hatte das Gefühl, reinen Sauerstoff zu atmen und das machte sie ein wenig benommen. Anstatt sich den Hals nach den Wolkenkratzern zu verrenken, schaute sie über unendlich weite Natur, unberührt von Menschen. Ihr Vorhaben, das niederzumachen, geriet ins Wanken.

„Ich weiß noch nicht“, sagte sie. „Ich habe irgendwie eine Schreibblockade.“ Es war am nächsten dran an der Wahrheit, ohne zu sagen, was sie wirklich vorhatte. „Vielleicht kriege ich ja heute Abend ein paar gute Interviews. Es geht bei dem Auftrag immerhin um Aussagen aus erster Hand. Die Erfahrungen, die die Besucher des Festivals machen. Egal, ob sie die ewige Liebe gefunden haben oder nicht. Heirat. So was in der Art.“

Shane schmunzelte. „Du glaubst nicht, dass du findest, wonach du suchst?“

Wieder war da ein Unterton, der sie irgendwie zu verurteilen schien. Keira hatte inzwischen bemerkt, dass er gern seine Ansichten als Fragen formulierte, was sie dazu zwang, ihre Meinung dazu zu sagen. Sie fragte sich, ob das grundsätzlich ein irisches Phänomen war oder nur Shanes persönliche Art.

Sie zuckte mit den Schultern und lehnte ihre Ellenbogen gegen das Geländer. „Ich weiß es noch nicht. Bisher habe ich jede Menge Leute gesehen, die sich amüsiert haben. Ich weiß nicht, ob wirklich irgendjemand hier nach der wahren Liebe sucht.“

„Wie kommst du zu dem Schluss?“

„Na ja, es geht ums Trinken und Essen, Musik und Spiele. Es ist ein bisschen wie ein Junggesellinnenabschied.“

Shane lachte auf. „Du klingst sehr verächtlich.“

„Weil ich es bin“, antwortete Keira. „Was denken die Leute denn, wie sie die wahre Liebe finden, wenn sie jede Nacht bis zur Besinnungslosigkeit Guinness saufen? Da hätten sie größere Chancen, wenn sie hierher kämen, in die wirkliche Welt. Es ist ein Jammer, wo sie doch von so viel natürlicher Schönheit umgeben sind.“

Sie hielt inne. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Shane sie beobachtete. Sie wollte sein Grinsen gar nicht sehen.

„Ich glaube, unser Land färbt langsam auf dich ab“, sagte er.

Keira ignorierte ihn. Er hatte wohl recht, aber sie würde ihm nicht die Genugtuung geben, das zuzugeben.

„Wie auch immer“, sagte Shane nach einer unangenehm langen Pause. „Du wirst heute Abend reichlich Gelegenheit für Gespräche bekommen, weil ich dir heute auf dem Festival nicht in die Quere komme.“

„Wieso?“ Keira schaute ihn an. Sie wurde sich schlagartig bewusst, wie sehr sie ihn sich dort wünschte, sie würde ihn dort vermissen. Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag mit dem Hammer.

Shane schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht. Habe was anderes zu tun. Und jetzt findest du dich da auch allein zurecht. Du brauchst mich nicht zum Händchen halten.“

Keira fragte sich, was es wohl sein mochte, das er zu erledigen hatte. War es Tessa? Trafen sie sich heute Abend? Sie spürte erneut Eifersucht in sich aufwallen.

„Ich dachte, du wärst für meine Sicherheit verantwortlich? Mich einfach so inmitten von bierseligen, liebestrunkenen Gästen zurückzulassen. Was kann denn so wichtig sein?“

Shane wurde ernst. Er beantwortete ihre Frage aber nicht. „Ich dachte, du hättest die Nase voll von mir und würdest gern mal etwas Zeit allein verbringen.“

„Ist das deine Art, mir zu sagen, dass du die Nase voll von mir hast?“

Es entstand eine kleine Pause. Dann antwortete Shane. „Vielleicht ein bisschen.“

Keira klappte der Unterkiefer runter. Sie konnte unmöglich sagen, ob er das ernst meinte, oder sich über sie lustig machte. Immerhin klang er ziemlich ernst.

„Habe ich was gesagt, das dich beleidigt?“

Er zuckte unwirsch mit den Schultern. „Kann sein.“

Keira erinnerte sich daran, wie stumm und zurückhaltend er auf dem Weg zum Burren gewesen war. Da hatte sie ihn auch irgendwie beleidigt, aber sie wusste nicht, womit. Und jetzt hatte sie es offenbar wieder getan.

„Willst du mir nicht sagen, was es ist? Offenbar treffe ich ja öfter mal einen wunden Punkt und weiß nicht, wieso.“

Shane streckte sich ein wenig und schaute sie dann an. „Wenn du es unbedingt wissen willst, ich muss jemanden besuchen.“

„Ach so“, sagte sie. Sofort war sie besänftigt. „Willst du drüber reden?“

Shane schüttelte den Kopf. „Nicht mit dir.“

Er drehte sich um und ging den Pfad zurück. Keira blieb schockiert und verwirrt zurück. Sie hatte keine Wahl, als ihm zu folgen. Sie war verletzt. Sie wusste nicht, was sie gesagt oder getan hatte, dass es solch eine Ablehnung in ihm hervorrief. Sie ging niedergeschlagen den Rest des Weges zurück.

*

Später am Tag saß Keira in ihrem Zimmer vor dem geöffneten Laptop. Sie musste langsam mal mit ihrer Arbeit vorankommen. Elliot und Nina warteten sich schon darauf. Aber sie rang mit sich, was sie über die Klippen von Moher schreiben sollte. Ganz zu schweigen von dem, was sie Shane offenbar unwissentlich an den Kopf geworfen hatte.

Draußen auf der Straße war das Festival in vollem Gange. Sie konnte den Troubadour hören, der an der Straßenecke spielte. Sie fing an zu tippen.

Ich hoffe, ich muss nie wieder in meinem Leben den Klang eines Akkordeons ertragen. An meinem zweiten Abend dringt das jammervolle Spiel eines einsamen Troubadours durch den Sprung in meinem Schlafzimmerfenster. Ich frage mich, was er wohl getan hat, dass der Rest der Musiker nichts mit ihm zu tun haben will. Er spielt allein, während jeder zweite Bewohner von Lisdoonvarna auf der Geige fiedelt oder das Banjo zupft und jede Gelegenheit nutzt, alle an dem Gedudel teilhaben zu lassen. Vielleicht weiß der Troubadour etwas, was uns anderen unglücklichen Romantikern verborgen geblieben ist: wir sind allein und werden es auch bleiben.

Sie hielt inne. Das klang gehässig. Es gehörte nicht viel Kreativität dazu, diesen Ort schlecht zu machen und das gefiel ihr immer weniger. Aber es war eben der Ton, den Elliot wollte und so machte sie genau so weiter, bevor sie den Bericht abschickte.

Elliot antwortete nur wenige Augenblicke später.

Das ist großartig, Keira. Sieh zu, dass du noch mehr Interviews kriegst. Wir brauchen mehr Berichte aus erster Hand.

Keira lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und überdachte seine Worte. Es waren diese Berichte aus erster Hand, die ihr solche Magenschmerzen bereiteten. Es war gemein, sich mit Menschen zu unterhalten, mit dem Ziel, sie später in der Luft zu zerreißen. Aber genau dafür war sie letztendlich hergekommen.

Mit einem schweren Seufzer nahm sie ihre Handtasche und packte Stift und Notizblock ein. Sie würde Shane heute Abend an ihrer Seite vermissen und der Enthusiasmus für ihre Arbeit geriet ein wenig ins Wanken.

Als sie ihr Zimmer verließ und die Treppe hinunterging, fragte Keira sich, was dieser Ort eigentlich mit ihr machte.

KAPITEL SIEBEN

Das Festival war an diesem Abend genauso laut wie in der Nacht davor. Sogar noch lauter, denn jetzt fingen die organisierten Veranstaltungen und Wettbewerbe an. Während des Festivals der Liebe schien die ganze Stadt überhaupt nicht zu schlafen.

Keira suchte sich einen der zahlreichen Pubs aus und ging hinein. Es war noch recht früh, aber der Laden war schon voll. Sie fand einen Tisch in einer Ecke und setzte sich, holte ihr Notizbuch und einen Stift hervor und betrachtete die Menge, auf der Suche nach jemandem, den sie ansprechen konnte. Sie wollte unterschiedliche Leute, nicht nur Frauen wie Tessa, die für ein kurzes Abenteuer hierher gekommen waren. Was sie vor allem suchte, war jemand, der wirklich hier war für die wahre Liebe, jemand, der wirklich glaubte, hier auf dem Festival mit dem Einen verbunden zu werden.

Ihr Blick fiel auf einen Mann an der Bar. Er war älter als der Durchschnitt der Festivalbesucher, hatte bereits graues Haar. Sie schätzte ihn auf beinahe fünfzig. Er war allein, saß auf einem Barhocker und betrachtete die Festlichkeiten, als würde er nicht dazu gehören.

Sie stand auf und schob sich durch die Menge zu ihm. Er war offenbar überrascht, dass eine junge Frau ihn ansprach.

„Kann ich dir helfen?“, fragte er mit breitem, irischem Akzent, den Keira in dem Lärm nur mit Mühe verstehen konnte.

Sie erklärte, wer sie war, warum sie hier war, und fragte, ob er bereit wäre, mit ihr über seine Erfahrungen mit dem Festival zu sprechen.

„Sicher, ich habe sonst weiter nichts vor“, antwortete er. „Ich bin Patrick.“

„Freut mich, dich kennenzulernen“, sagte Keira. „Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, aber es ist ja offensichtlich, dass du etwas älter bist als die meisten anderen Teilnehmer hier. Ich habe mich gefragt, warum du heute hierher gekommen bist.“

Patrick lachte. „Du meinst, ich bin ein alter Sack, umgeben von schönen jungen Frauen?“

Keira lächelte und zuckte mit den Schultern. „Deine Worte, nicht meine.“

„Das kannst aufschreiben“, fügte Patrick hinzu und deutete auf ihr Notizbuch, wo sie sich schon ein paar Stichworte gemacht hatte. Er nahm einen Schluck von seinem Bier. „Also, du willst meine Geschichte hören. Dann pass gut auf. Ich bin älter, das stimmt, aber ich bin kein alter Perverser, der nach einer jüngeren Frau sucht. Es gibt viele Männer wie mich, die in diesem Lebensabschnitt allein da stehen.“ Er holte aus seiner Jackentasche sein Portemonnaie hervor und zog ein Foto aus einem der Fächer. „Das ist Susan. Wir waren dreißig Jahre verheiratet. Dann hat sie sich scheiden lassen.“

Keira schrieb eifrig mit, hatte allerdings weiterhin Schwierigkeiten mit Patricks Akzent.

„Was ist passiert?“, fragte sie.

„Nichts, ehrlich gesagt. Die Kinder waren erwachsen geworden und ausgezogen. Wir waren älter geworden. Ich wurde bequem, du weißt schon, ließ mich gehen, nahm sie als selbstverständlich hin. Dann lief das Geschäft schlechter und ich konnte ihr den Lebensstandart nicht mehr bieten, wie ich es mal versprochen hatte. Also suchte sie sich jemand anderen, der ihr das bieten konnte.“ Er steckte das Foto wieder ein.

„Dann bist du hier auf der Suche nach etwas Spaß?“, fragte Keira. „Oder nach Rache?“

Patrick lachte. „Ich bin hier auf der Suche nach einer Frau.“

„Wirklich?“, fragte Keira erstaunt. „Du hast davon nicht die Nase voll? Bist nicht verbittert oder entmutigt?“

„Natürlich nicht“, sagte Patrick. „Ich bin weder verbittert noch jenseits von Gut und Böse. Was wir hatten, war vielleicht nicht genug für Susan, aber irgendwo da draußen ist eine Frau, der das reicht. Wahrscheinlich ist sie auch geschieden.“ Er lachte. „Das sind viele hier. Geschieden oder verwitwet. Darauf zähle ich.“

Keira war überrascht. Die Ehe ihrer Eltern hatte sich aufgelöst, als sie noch sehr klein war, und ihre Mutter hatte darüber jahrelang gejammert. Mit dem Bild der Mutter vor Augen, hatte sie einige Dinge immer als unumstößliche Fakten hingenommen und dazu gehörte, dass eine Scheidung das Schlimmste war, was einem passieren konnte. Es war ein regelrechter Schock, hier jemanden zu treffen, der das auch durchgemacht hatte, aber nicht vollkommen desillusioniert daraus hervorgegangen war, sondern immer noch an die Liebe glaubte.

 

„Das heißt, du wirst dich mit dem Matchmaker treffen, um dich von ihm verkuppeln zu lassen?“, fragte Keira.

Patrick nickte. „Habe ich schon. In seinem Buch gibt es eine Frau, von der er meinte, dass sie genau zu mir passen würde. Eileen. Sie ist 46, glaube ich, und auch frisch geschieden. Das heißt, wir haben schon mal reichlich gemeinsam.“ Er grinste.

„Und wirst du dich mit ihr treffen?“, fragte Keira.

„Deshalb bin ich hier“, rief Patrick über den Lärm des Pubs hinweg. Er strich sich das Hemd glatt und seine Augen leuchteten vor freudiger Erwartung. „Ich bin schon etwas früher gekommen, um uns Plätze zu sichern.“

Keira war schon wieder überrascht. Sie hatte gedacht, sie hätte einen einsamen Mann ausgewählt, der inmitten der Menge doch keinen Kontakt finden konnte. Statt dessen hielt sie einen geschiedenen Mann von seinem Date ab. Patrick war nicht dankbar für etwas Gesellschaft gewesen; Keira hatte ihn nicht vor der Einsamkeit an diesem Abend bewahrt. Sie war lediglich ein netter Zeitvertreib, bis sein Date anfing.

Die Tür ging auf und eine Frau in einem wunderschönen smaragdgrünen Kleid trat ein. Sie war etwa so alt wie Patrick, hatte blonde Strähnen im grauen Haar, und ihre Figur entsprach nicht ganz den Idealmaßen. Aber sie sah glamourös aus, hatte wirklich etwas aus sich gemacht und war für ihr Alter sehr attraktiv. Sie entdeckte Patrick an der Bar und lächelte.

„Ich lass euch dann besser mal allein“, sagte Keira. Sie fühlte sich zum ersten Mal im Leben von einer älteren Frau verdrängt.

Patricks Aufmerksamkeit hatte sich gänzlich auf seine Verabredung gerichtet. Er stand auf, küsste sie auf beide Wangen, dann nahmen sie an der Bar Platz, wo er eben noch mit Keira gesessen hatte.

Keira ging zurück zu ihrem Tisch und beobachtete Patrick und die Frau, wie sie sich unterhielten und lachten. Sie bemerkte, dass Eileen Patricks Hand berührte, während sie sprach, und sah das Funkeln in seinen Augen, wenn sie lauthals über seine Witze lachte. Keiras zynische Fassade bekam einen weiteren Sprung. Vielleicht war ja doch etwas dran an diesem Festival. Für manche Menschen funktionierte es vielleicht wirklich. Natürlich nicht für jemanden wie sie, aber für die ältere Generation, die schon einmal geliebt und verloren hatte und nun bereit war, es noch einmal zu versuchen.

Sie packte ihr Notizbuch ein, denn es war klar, dass nichts vom Gespräch mit Patrick es in den Artikel schaffen würde. Um es irgendwie einzubauen, müsste sie ihn als verzweifelte Parodie darstellen und dagegen sträubte sie sich.

Sie musste jemand anderes für ein Interview finden, jemanden, dessen Geschichte besser zu ihrem zynischen Konzept für den Artikel passte. Aber wohin auch immer sie blickte, sie sah nur fröhliche Gesichter, sah Menschen, die sich amüsierten, die gern in Gesellschaft waren, Menschen, die so aussahen, als würden sie sich verlieben. Das konnte sie gar nicht gebrauchen. Und dann bereitete es ihr auch noch ein seltsames, wohliges Gefühl, diese Leute so zu sehen.

Keira beeilte sich, aus dem Pub zu kommen, weg von der beengenden, romantischen Atmosphäre.

*

Später am Abend erhielt sie einen sehr willkommenen Anruf von Nina. Das vermittelte ihr ein wenig das Gefühl von Heimat, selbst wenn das Gespräch rein beruflicher Natur war.

„Elliot findet es absolut großartig, was du bisher geschrieben hast“, sagte Nina. „Und ich auch. Dein Stil hat sich deutlich verbessert mit diesem Auftrag. Der Ton ist perfekt. Sehr aussagekräftig. Ich kann mir beinahe vorstellen, ich wäre selber da.“

„Danke“, sagte Keira und schmunzelte.

„Da ist allerdings etwas“, sagte Nina. „Joshua ist aus dem Krankenhaus raus und will sofort wieder einsteigen. Die Ärzte haben ihn für vier Wochen krankgeschrieben und er soll nicht ins Büro gehen. Daher dachte Elliot, er selber könnte das Tagesgeschäft bei Viatorum übernehmen. Joshua soll statt dessen den Irland-Auftrag begleiten. Er nimmt jede Menge Schmerzmittel, was seinen Schlafrhythmus komplett durcheinander bringt, so dass er viel Zeit für dich hätte. Mit anderen Worten, Elliot hat sich aus der Irland-Nummer ausgeklinkt.“

Keira fühlte sich wie ein begossener Pudel. Es war Elliot, den sie hatte beeindrucken wollen, denn Elliot war ihr Schlüssel zum Erfolg. Joshua würde einfach nur wie üblich mit ihrer Arbeit umspringen, höhnisch, respektlos und über die Maßen kritisch.

Plötzlich hatte Keira das Gefühl, das Risiko, das sie eingegangen war, um hierher zu kommen, sei es vielleicht doch nicht wert gewesen. Hatte sie unter diesen Umständen überhaupt noch eine Chance, auf der Karriereleiter einen Schritt nach oben zu kommen? Würde sie am Ende Zachary für nichts aufgeben?

Sie beendete das Gespräch mit Nina und rief ihn sofort an. Dieses Spielchen, sich anzuschweigen, musste ein Ende haben. Sie mussten das in Ruhe besprechen, wie Erwachsene.

Zu ihrer Überraschung schien der Zeitunterschied gut zu passen, denn Zachary hob schon nach wenigen Augenblicken ab.

„Ich habe mich schon gefragt, wie lange du wohl brauchst, bis du anrufst“, sagte er.

Keira runzelte die Stirn. „Ich habe dich ständig kontaktiert. Du warst derjenige, der nicht reagiert hat.“

Und schon hatten sie beide einen eher feindseligen Tonfall angenommen. Das würde nicht gut ausgehen. Und dabei hatten sie doch bisher kaum etwas gesagt.

„Ich konnte ja nicht ahnen, dass Fotos von Schafhintern und inzestuösen Fußballmannschaften eine Antwort erfordern.“

„Das war aber nicht alles“, antwortete Keira. Sie fühlte sich in die Ecke gedrängt.

„Ach ja, richtig. Da war außerdem noch diese volltrunkene Tirade. Danke, dass du mich daran erinnerst.“ Sein Ton war scharf, geradezu giftig. „Weißt du, das ist der Mist, den man von Teenagern erwartet. Betrunkene Nachrichten und alberne Bilder zu schicken. Das ist kindisch. Dies ist dein erster Versuch, wie eine Erwachsene mit mir zu sprechen.“

„Wenn reden so wichtig für dich ist, warum hast du mich dann nicht selber angerufen?“, fragte Keira. Sie war nicht gewillt, die Schuld für das Schweigen auf sich zu nehmen. Sie hatte es immerhin versucht. Und Zachs herablassende Haltung ging ihr quer runter.

„Vielleicht hatte ich ohne dich einfach zu viel Spaß“, sagte er kühl.

Keira fühlte sich eiskalt erwischt. Da war etwas in seiner Stimme, das ihr Misstrauen weckte. „Du meinst, mit Julia?“

Schweigen am anderen Ende.

„Zach?“

Kälte breitete sich in ihr aus. Sein Schweigen sprach Bände.

„Zach, hast du mit ihr geschlafen?“

Sie hörte ihn seufzen. „Ja“, sagte er schließlich.

Keira hatte das Gefühl, jemand habe ihr einen Schlag in die Magengrube versetzt. Sie konnte nicht richtig atmen, so schockiert war sie von seinem Eingeständnis. Sie setzte sich auf das Bett, brauchte eine Stütze. Sie hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.

„Ich kann nicht glauben, dass du mir das angetan hast“, stammelte sie.

Zach seufzte. „Du bist weggegangen und hast mich verlassen. Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt. Wenn du nach Irland gehst, rechne nicht damit, dass ich daheim auf dich warte.“

„Nein, so deutlich hast du das nicht gesagt!“, schrie Keira. „Wir haben uns vielleicht gestritten, du warst sauer. Verstehe ich. Aber ich hätte nicht gedacht, dass du es als das Ende unserer Beziehung aufgefasst hast.“

„Hatte ich auch nicht“, antwortete Zach. „Du hast mich verlassen. Du erinnerst dich? Ich sagte, wenn du gehst, ist es das Ende für unsere Beziehung. Und du bist gegangen. Für mich war das ganz klar deine Art, es zu beenden.“

Keira schnappte nach Luft. Das war doch der reine Wahnsinn. Zach drehte alles so, als wäre sie der Buhmann. Er versuchte, seine Taten zu rechtfertigen, indem er ihr die Schuld für alles gab. Aber sie war überzeugt, dass diese Worte so nie ausgesprochen worden waren.

„Selbst wenn du gedacht hast, es wäre aus, zeugt es nicht gerade von Klasse, wenn man dann mit der erstbesten Frau in die Kiste springt“, fauchte sie. Ihr Ton war anklagend.

„Weißt du was, Keira?“, antwortete Zach, ebenfalls wütend. „Du hast recht. Julia war eben einfach da. Hier. Und das ist mehr, als man von dir behaupten kann.“

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