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Die Äbtissin von Castro

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Weit davon, die Herzogin darauf aufmerksam zu machen, was sie sich schulde, und auf die schreckliche Gefahr, der sie sich inmitten eines so indiskreten Hofs aussetzen würde, sprach Diana, von der Unbändigkeit ihrer Leidenschaft fortgerissen, zu ihrer Herrin von Marcello Capecce, als ob sie von Domiziano Fornari spräche. In langen Unterhaltungen einsamer Stunden fand sie täglich Gelegenheit, die Reize und die Schönheit des armen Marcello, der so traurig aussah, in Erinnerung zu bringen; er gehöre doch, wie die Herzogin, den vornehmsten Familien Neapels an, sein Auftreten sei ebenso edel wie sein Blut, und nichts als jene Güter, die eine Laune des Glücks jeden Tag verleihen könnten, fehlten ihm, um in jeder Beziehung der Frau, die er zu lieben wagte, gleichzustellen.

Diana bemerkte erfreut als erste Wirkung dieser Reden, daß sich das Vertrauen verdoppelte, das die Herzogin ihr schenkte.

Sie beeilte sich, Marcello Capecce von dem, was vorging, zu verständigen. In der Glut dieses Sommers promenierte die Herzogin oft in den Wäldern der Umgebung von Gallese. Neigte sich der Tag, so erwartete sie die kühlende Brise vom Meere her auf den Hügeln dieser Wälder, von deren Gipfel man das Meer in der kurzen Entfernung von kaum zwei Meilen erblickt.

Ohne die strengen Regeln der höfischen Sitte außer acht zu lassen, konnte sich Marcello in diesen Wäldern aufhalten; er verbarg sich dort, wie man sagt, und trug Sorge, sich den Blicken der Herzogin erst zu zeigen, wenn sie durch die Worte der Diana Brancaccio genügend vorbereitet war. Diese gab dann Marcello ein Zeichen.

Als Diana ihre Herrin nahe daran sah, der verhängnisvollen Leidenschaft nachzugeben, die sie in ihrem Herzen erweckt hatte, gab sie selbst sich der heftigen Liebe zu Domiziano Fornari hin. Nun schien es ihr ja sicher, ihn heiraten zu können. Aber Domiziano war ein kluger junger Mann, von kaltem, zurückhaltendem Charakter, und die ungestüme Leidenschaft seiner feurigen Geliebten wurde ihm bald lästig, statt ihn zu fesseln. Diana Brancaccio war, wie gesagt, eine nahe Verwandte der Carafa; er hielt es für sicher, erdolcht zu werden, wenn der gefürchtete Kardinal Carafa, der, mochte er auch jünger als der Herzog von Palliano sein, doch das eigentliche Oberhaupt der Familie war, auch nur das Geringste über seine Liebesbeziehung erführe.

Die Herzogin hatte schon seit einiger Zeit der Leidenschaft Capecces nachgegeben, als man eines schönen Tages Domiziano Fornari nicht mehr in dem Dorf fand, wohin man den Hof des Marchese von Montebello verbannt hatte. Er blieb verschwunden. Später erfuhr man, daß er sich in dem kleinen Hafen von Nettuno eingeschifft habe; ohne Zweifel hatte er seinen Namen gewechselt; nie wieder hörte man von ihm.

Wer könnte die Verzweiflung Dianas schildern? Nachdem die Herzogin ihre Anklagen gegen das Schicksal lange mit Güte angehört hatte, gab sie ihr eines Tages zu verstehn, daß dieser Gesprächsgegenstand doch erschöpft zu sein scheine. Diana sah sich von ihrem Liebhaber verschmäht; ihr Herz war den grausamsten Leidenschaften preisgegeben; sie zog die sonderbarste Schlußfolgerung aus dem Augenblick der Langeweile, den die Herzogin bei der Wiederholung ihrer Klagen empfunden hatte. Diana redete sich ein, daß die Herzogin Domiziano Fornari veranlaßt habe, sie auf immer zu verlassen, ja daß sie es gewesen sei, die ihm die Mittel zur Reise gab. Dieser tolle Einfall stützte sich auf nichts als einige Vorhaltungen, welche die Herzogin ihr früher einmal gemacht hatte. Dem Argwohn folgte bald der Wunsch, sich zu rächen. Sie suchte um eine Audienz beim Herzog nach und teilte ihm mit, was zwischen seiner Frau und Marcello vorging. Der Herzog weigerte sich, dem zu glauben. „Bedenkt,“ sagte er ihr, „daß ich der Herzogin seit fünfzehn Jahren nicht den leisesten Vorwurf zu machen habe. Sie hat den Versuchungen des Hofes und den Verführungen unserer glänzenden Stellung in Rom widerstanden. Die liebenswertsten Persönlichkeiten, der General der französischen Armee, Herzog von Guise selbst, haben nichts erreicht, und Ihr wollt behaupten, daß sie einen gewöhnlichen Edelmann erhört hat?“

Das Unglück wollte, daß der Herzog sich in Loriano, dem kleinen Dorf seiner Verbannung, das nur zwei knappe Meilen vom Wohnsitz seiner Frau entfernt lag, sehr langweilte und daß Diana dadurch eine ganze Reihe von Audienzen erreichen konnte, ohne daß dies der Herzogin zur Kenntnis kam. Diana hatte erstaunliche Kräfte; die Leidenschaft machte sie beredt. Sie gab dem Herzog eine Fülle von Einzelheiten; die Rache war jetzt ihre einzige Zerstreuung geworden. Sie wiederholte, daß sich Capecce fast jede Nacht gegen elf Uhr in das Schlafgemach der Herzogin begab und nicht vor zwei oder drei Uhr des Morgens fortgehe. Diese Reden machten im Anfang so wenig Eindruck auf den Herzog, daß er sich nicht die Mühe auferlegen wollte, um Mitternacht die zwei Meilen nach Gallese zurückzulegen und unerwartet in das Schlafgemach seiner Frau zu treten.

Aber eines Abends befand er sich in Gallese; die Sonne war schon untergegangen, aber doch war es noch hell, als Diana ganz zerzaust in den Saal stürzte, wo sich der Herzog aufhielt. Alle entfernten sich, und sie sagte ihm, daß Marcello Capecce eben in das Schlafzimmer der Herzogin eingetreten sei. Der Herzog, der ohne Zweifel in diesem Augenblick schlecht gelaunt war, nahm seinen Dolch und lief zum Schlafzimmer seiner Frau, in das er durch eine geheime Tür eintrat. Er fand dort Marcello Capecce. Die beiden Verliebten wechselten wohl die Farbe, als sie ihn eintreten sahen; aber im übrigen war nichts Sträfliches am Anblick, den sie boten. Die Herzogin lag im Bett und war damit beschäftigt, eine kleine Auslage, die sie eben gemacht hatte, zu notieren; eine Kammerfrau war im Zimmer und Marcello stand drei Schritt vom Bett entfernt.

Der Herzog packte in seinem Zorn Marcello bei der Kehle, schleppte ihn in ein Nebenzimmer, wo er ihm befahl, Degen und Dolch, mit denen er bewaffnet war, auf die Erde zu werfen. Hierauf rief der Herzog Leute seiner Wache herbei, von denen Marcello sofort ins Gefängnis von Soriano abgeführt wurde.

Die Herzogin ließ man in ihrem Schloß, doch unter strenger Bewachung.

Der Herzog war durchaus nicht grausam; es scheint, daß er die Absicht hatte, die Schande zu verheimlichen, um nicht gezwungen zu sein, zu den äußersten Mitteln zu greifen, welche die Ehre von ihm forderte. Er wollte glauben machen, daß Marcello wegen einer ganz andern Angelegenheit im Gefängnis gehalten würde; er nahm zum Vorwand, daß Marcello vor zwei oder drei Monaten einige ungewöhnlich große Kröten zu sehr hohem Preis gekauft hatte, und ließ das Gerücht verbreiten, dieser junge Mann habe ihn vergiften wollen. Aber das wirkliche Vergehen war schon zu bekannt, und sein Bruder, der Kardinal, ließ fragen, wann er gedenke, den Schimpf, den man gewagt hatte, ihrer Familie anzutun, im Blute der Schuldigen abzuwaschen.

Der Herzog rief den Grafen d'Aliffe, den Bruder seiner Frau, und einen Freund des Hauses, Antonio Torando, zu sich. Sie bildeten zu dritt eine Art Gerichtshof und leiteten die Untersuchung gegen Marcello Capecce ein, der des Ehebruchs mit der Herzogin angeklagt wurde.

Die Unbeständigkeit der menschlichen Dinge wollte, daß der Papst Pius IV., der auf Paul IV. folgte, der spanischen Partei angehörte. Er konnte Philipp II. nichts abschlagen, und dieser verlangte von ihm den Tod des Kardinals und des Herzogs von Palliano. Die beiden Brüder wurden vor Gericht angeklagt, und die Urkunden des Prozesses, den sie zu erdulden hatten, erzählen uns auch alle Umstände des Todes von Marcello Capecce.

Einer der zahlreichen einvernommenen Zeugen sagt in folgender Weise aus:

„Wir waren in Soriano. Mein Herr, der Herzog hatte eine lange Unterredung mit dem Grafen d'Aliffe. Sehr spät am Abend stieg man in ein Vorratsgewölbe zu ebener Erde hinunter, wo der Herzog schon die zur peinlichen Befragung des Schuldigen notwendigen Seile hatte vorbereiten lassen. Zugegen waren der Herzog, der Graf d'Aliffe, der Herr Antonio Torando und ich.

Als erster Zeuge wurde der Hauptmann Camillo Grifone, der Freund und Vertraute Capecces gerufen. Der Herzog sagte folgendes zu ihm:

‚Sage die Wahrheit, mein Freund. Was weißt du von dem, was Marcello im Schlafgemach der Herzogin tat?‘

‚Ich weiß nichts; ich bin seit mehr als zwanzig Tagen mit Marcello entzweit.‘

Weil er hartnäckig darauf bestand, nichts andres zu sagen, rief der Herr Herzog einige Mann seiner Wache herein. Grifone wurde durch den Podesta von Soriano an das Seil gebunden. Die Wachen zogen die Seile an und hoben auf diese Weise den Schuldigen vier Finger vom Boden empor. Nachdem der Hauptmann eine gute Viertelstunde so gehangen hatte, sagte er:

‚Laßt mich herunter, ich werde sagen, was ich weiß.‘

Als man ihn auf den Boden herabgelassen hatte, entfernten sich die Wachen, und wir blieben mit ihm allein. Er sagte:

‚Es ist wahr, daß ich mehrere Male Marcello bis zum Gemach der Herzogin begleitet habe, aber weiter weiß ich nichts, weil ich in einem benachbarten Hof bis gegen ein Uhr morgens auf ihn gewartet habe.‘

Sofort rief man wieder nach den Wachen, welche ihn auf Befehl des Herzogs von neuem so emporzogen, daß seine Füße den Boden nicht mehr berührten. Bald rief der Hauptmann:

‚Laßt mich ab, ich will die Wahrheit sagen. Es ist wahr,‘ fuhr er fort, ‚ich habe seit mehreren Monaten bemerkt, daß Marcello ein Liebesverhältnis mit der Herzogin hatte, und ich wollte Eurer Exzellenz oder Herrn Leonardo davon Mitteilung machen. Die Herzogin schickte jeden Morgen zu Marcello, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen; sie ließ ihm kleine Geschenke zukommen, so unter andern Dingen auch sehr teure mit großer Sorgfalt zubereitete Konfitüren; ich habe auch bei Marcello kleine, wunderbar gearbeitete Goldketten gesehen, die er offenbar von der Herzogin erhalten hatte.‘

 

Nach dieser Aussage wurde der Hauptmann ins Gefängnis zurückgeschickt. Man führte nun den Pförtner der Herzogin vor, der sagte, daß er nichts wisse; man band ihn an das Seil, und er wurde hochgezogen. Nach einer halben Stunde sagte er:

‚Laßt mich herab, ich werde sagen, was ich weiß.‘

Als er am Boden war, behauptete er aber, nichts zu wissen; man zog ihn von neuem hoch. Nach einer halben Stunde ließ man ihn herunter; er setzte auseinander, daß er erst seit kurzer Zeit mit dem Dienst bei der Herzogin betraut sei. Da es möglich war, daß dieser Mann nichts wußte, schickte man ihn ins Gefängnis zurück. Alle diese Dinge hatten viel Zeit in Anspruch genommen, weil man jedesmal die Wachen wieder hinausschickte. Die Wachen sollten glauben, daß es sich um einen Vergiftungsversuch mit dem Gift der Kröten handle.

Die Nacht war schon weit vorgeschritten, als der Herzog Marcello Capecce holen ließ. Als die Wachen draußen waren und man die Tür fest verschlossen hatte, sagte er ihm:

‚Was hattet Ihr im Schlafgemach der Herzogin zu suchen, daß Ihr dort bis ein Uhr, bis zwei Uhr und manchmal bis vier Uhr morgens bliebt?‘

Marcello leugnete alles; man rief die Wache, und er wurde aufgehängt; das Seil verrenkte ihm die Arme; er konnte den Schmerz nicht aushalten und verlangte, herabgelassen zu werden; man setzte ihn auf einen Schemel, aber einmal so weit, verwirrte er sich in seiner Rede und wußte eigentlich nicht mehr, was er sagte. Man rief die Wachen herbei, die ihn von neuem hochzogen; nach einer langen Zeit verlangte er, heruntergelassen zu werden. Er sagte:

‚Es ist wahr, daß ich zu dieser ungewöhnlichen Stunde in die Gemächer der Herzogin eingetreten bin, doch hatte ich ein Liebesverhältnis mit der Signora Diana Brancaccio, einer der Damen Ihrer Exzellenz, welcher ich die Ehe versprochen habe, und die mir alles gewährt hat, was nicht gegen die Ehre war.‘

Marcello wurde in sein Gefängnis zurückgeführt, wo man ihn dem Hauptmann und Diana gegenüberstellte, welche alles leugnete.

Darauf führte man Marcello wieder in den unteren Saal; als wir nahe der Tür waren, sagte er:

‚Herr Herzog, Eure Exzellenz wird sich erinnern, daß sie mir das Leben zusicherten, wenn ich die volle Wahrheit sagen würde. Es ist nicht nötig, mich von neuem anzubinden; ich werde alles gestehen.‘

Dann näherte er sich dem Herzog und sagte ihm mit zitternder und kaum verständlicher Stimme, daß es wahr sei, daß er die Gunst der Herzogin genossen habe. Auf diese Worte hin warf sich der Herzog auf Marcello und biß ihn in die Wange, dann zog er seinen Dolch, und ich sah, daß er den Schuldigen erstechen wollte. Ich sagte da, daß es gut wäre, wenn Marcello eigenhändig aufschriebe, was er soeben gestanden hätte und daß dies Schriftstück Seiner Exzellenz zur Rechtfertigung dienen würde. Man trat in den unteren Saal ein, wo sich alles befand, was zum Schreiben nötig war; aber das Seil hatte Marcello so am Arm und an der Hand verletzt, daß er nichts weiter schreiben konnte, als diese wenigen Worte: ‚Ja, ich habe meinen Herrn verraten; ja, ich habe ihm die Ehre genommen.‘

Der Herzog las mit, während Marcello schrieb. In diesem Augenblick stürzte er sich auf Marcello und versetzte ihm drei Dolchstöße, die ihm das Leben nahmen. Diana Brancaccio war da, drei Schritte entfernt, mehr tot als lebendig; sie bereute ohne Zweifel tausend- und abertausendmal, was sie getan hatte.

‚Weib, unwürdig einer edlen Familie anzugehören!‘ schrie der Herzog, ‚du einzige Ursache meiner Schmach, die du herbeigeführt hast, um deinen unehrlichen Lüsten zu fröhnen; ich muß dir jetzt den Lohn für all deine Verrätereien zahlen.‘

Indem er diese Worte sprach, packte er sie bei den Haaren und schnitt ihr den Hals mit einem Messer ab. Diese Unglückliche vergoß Ströme Blutes und fiel endlich tot nieder.

Der Herzog ließ die beiden Leichen in eine Kloake nah vom Gefängnis werfen.

Der junge Kardinal Alfonso Carafa, der Sohn des Marchese von Montebello, der einzige der ganzen Familie, den Paul IV. bei sich behalten hatte, glaubte ihm dieses Ereignis berichten zu müssen. Der Papst antwortete nichts als die Worte:

‚Und die Herzogin? Was hat man mit ihr gemacht?‘

Man glaubte in Rom allgemein, daß diese Worte den Tod dieser unglücklichen Frau herbeiführen würden. Aber der Herzog konnte sich nicht zu diesem großen Opfer entschließen, sei es, weil sie schwanger war, sei es wegen der außerordentlichen Zärtlichkeit, die er früher für sie gefühlt hatte.

Drei Monate nach der sehr edlen Tat, die der heilige Papst Paul IV. vollbracht hatte, indem er sich von seiner ganzen Familie lossagte, wurde er krank und nach drei weiteren Monaten der Krankheit verschied er am 18. August 1559.

Der Kardinal schrieb Briefe über Briefe an den Herzog von Palliano und wiederholte ihm unaufhörlich, daß ihre Ehre den Tod der Herzogin erheische. Jetzt, wo ihr Oheim tot war und man nicht die Absichten des kommenden Papstes wissen konnte, wollte er, daß alles in kürzester Frist erledigt werde.

Der Herzog, der ein einfacher und guter Mensch war und in Ehrensachen viel weniger ängstlich als der Kardinal, konnte sich nicht zu dem schrecklichen äußersten Mittel entschließen, das man von ihm verlangte. Er sagte sich, daß er selbst unzählige Treulosigkeiten gegen die Herzogin begangen habe und ohne sich die geringste Mühe zu geben, sie ihr zu verbergen und daß solche Untreue eine so stolze Frau leicht auf Vergeltungsgedanken hätte bringen können. Selbst im Augenblick, als das Konklave zusammentrat, schrieb der Kardinal, nachdem er die Messe gehört und die heilige Kommunion empfangen hatte, ihm nochmals, er fühle sich durch dieses ewige Verschieben gepeinigt und wenn der Herzog sich nicht endlich zu dem entschließe, was die Ehre ihres Hauses fordere, beteuere er, daß er sich niemals mehr seiner Angelegenheiten annehmen würde, und nie wieder suchen würde, ihm nützlich zu sein, sei es im Konklave, sei es bei dem künftigen Papst. Ein Grund, der dem Ehrenpunkt fern lag, vermochte es, den Herzog zum Entschluß zu bringen. Obwohl die Herzogin streng bewacht wurde, fand sie, wie man sagt, die Möglichkeit, Marc Antonio Colonna sagen zu lassen – welcher der Hauptfeind des Herzogs war, weil er ihm sein Herzogtum Palliano hatte abtreten müssen – sie wolle ihn in Besitz der Festung Palliano setzen, die einem ihr ergebenen Mann unterstellt war, wenn Marc Antonio Mittel fände, ihr das Leben zu retten und sie zu befreien.

Am 28. August 1559 schickte der Herzog zwei Kompagnien Soldaten nach Gallese. Am 30. kamen Don Leonardo del Cardine, ein Verwandter des Herzogs und Don Ferrante, Graf d'Aliffe, der Bruder der Herzogin in Gallese an und gingen in die Gemächer der Herzogin, um ihr den Tod zu geben. Sie verkündeten ihr, daß sie sterben müsse und sie nahm diese Nachricht ohne die leiseste Erregung hin. Sie wollte vorher beichten und die heilige Messe hören. Als dann die beiden Herren sich ihr wieder näherten, bemerkte sie, daß sie untereinander nicht einig waren. Sie fragte, ob sie einen Befehl ihres Gatten, des Herzogs, hätten, sie zu ermorden.

‚Ja, Signora‘, erwiderte Leonardo. Die Herzogin wollte ihn sehen; Don Ferrante zeigte ihn ihr.

Ich finde in dem Prozeß des Herzogs von Palliano die Aussage der Mönche, welche diesen schrecklichen Vorgängen beiwohnten. Diese Aussagen sind weit über die der andern Zeugen zu stellen und das kommt, scheint mir, daher, daß die Mönche ohne jede Furcht vor Gericht aussagten, während alle andern Zeugen mehr oder weniger Mitschuldige ihres Herrn gewesen waren.

Der Kapuzinerbruder Antonio von Pavia sagte folgendes aus:

„Nach der Messe hatte sie fromm die heilige Kommunion genommen und während wir ihr Trost zusprachen, trat der Graf d'Aliffe, der Bruder der Herzogin ins Zimmer, in der Hand eine Schnur und einen daumdicken Haselnußstab, der etwa eine halbe Elle lang sein mochte. Er verband der Herzogin mit einem Taschentuch die Augen und sie zog es mit großer Kaltblütigkeit tiefer über ihre Augen hinunter, um ihn nicht zu sehen. Der Graf legte ihr die Schnur um den Hals, aber da sie nicht taugte, nahm sie der Graf wieder ab und entfernte sich einige Schritte; als die Herzogin ihn gehen hörte, hob sie das Taschentuch von den Augen und sagte:

‚Nun? Was geschieht?‘

Der Graf antwortete:

‚Die Schnur war nicht gut, ich werde eine andre holen, damit Ihr nicht leiden müßt.‘

Als er diese Worte sprach, ging er hinaus und kam nach einigen Minuten mit einer andern Schnur ins Zimmer zurück; er legte ihr von neuem das Taschentuch über die Augen, schlang ihr die Schnur um den Hals, steckte den Stab durch den Knoten, drehte ihn herum und erdrosselte sie. Die Sache ging, was die Herzogin betraf, ganz im Ton einer gewöhnlichen Unterhaltung vor sich.“

Ein andrer Kapuziner, Bruder Antonio von Salazar, schließt seine Aussage mit folgenden Worten:

„Ich wollte mich zurückziehen, weil ich Bedenken hatte wegen meines Gewissens und um sie nicht sterben zu sehn, aber die Herzogin sagte zu mir:

‚Entferne dich nicht von hier, um Gottes Barmherzigkeit willen.‘

Nun erzählt der Mönch die Umstände ihres Todes genau so wie wir sie eben geschildert haben. Er fügt hinzu:

‚Sie starb als gute Christin, immer wiederholend: Ich glaube, ich glaube.‘“

Die beiden Mönche, welche offenbar von ihrem Vorgesetzten die nötige Genehmigung erhalten hatten, blieben bei ihren Aussagen, daß die Herzogin immer ihre völlige Unschuld beteuerte, sowohl in allen Unterredungen mit ihnen, wie in jeder Beichte und besonders auch in der Beichte, die der Messe voranging, wo sie das heilige Abendmahl empfing. Wäre sie schuldig gewesen, hätte sie sich durch diesen Stolz bloß in die Hölle gestürzt.

In der Gegenüberstellung des Kapuzinerbruders Antonio von Pavia mit Don Leonardo del Cardine, sagte der Bruder:

„Mein Gefährte sagte dem Grafen, daß es gut wäre, solange zu warten, bis die Herzogin niederkäme; sie ist seit sechs Monaten schwanger,“ fügte er hinzu, „und man sollte die Seele des armen unglücklichen Kleinen retten, den sie in ihrem Schoß trägt; man muß ihn taufen.“

Worauf der Graf d'Aliffe antwortete:

„Ihr wißt, daß ich nach Rom gehen muß, und ich will dort nicht mit dieser Maske vor dem Gesicht erscheinen.“ Mit dieser ungesühnten Schmach wollte er damit sagen.

Kaum war die Herzogin tot, als die beiden Kapuziner darauf bestanden, daß man die Leiche ohne Verzug öffne, um das Kind zu taufen; aber der Graf und Don Leonardo hörten nicht auf ihre Bitten.

Am nächsten Tag wurde die Herzogin in der Kirche des Orts mit einigem Gepränge bestattet. Ich habe den amtlichen Bericht darüber gelesen. Dieses Ereignis, dessen Kunde sich sofort verbreitete, machte wenig Eindruck; man hatte es schon seit langem erwartet; man hatte schon mehrere Male die Nachricht von diesem Tod in Gallese und in Rom verkündet und außerdem war ein Mord außerhalb der Stadt und zu einer Zeit, wo der h. Stuhl frei war, gar nichts Besonderes. Das Konklave, welches auf den Tod Paul IV. folgte, war sehr stürmisch; es dauerte nicht weniger als vier Monate.

Am 26. Dezember 1559 war der Kardinal Carlo Carafa genötigt, bei der Wahl eines Papstes mitzuwirken, welcher von Spanien vorgeschlagen worden war und folglich allen strengen Maßnahmen willig zustimmen mußte, die Philipp II. gegen ihn, Kardinal Carafa, verlangen würde. Der Neuerwählte nahm den Namen Pius IV. an.

Wenn der Kardinal zur Zeit, als sein Oheim starb, nicht verbannt gewesen wäre, hätte er auf die Wahl Einfluß gehabt oder zum mindesten hätte er die Ernennung eines Feindes verhindern können.

Kurz darauf verhaftete man den Kardinal wie den Herzog; der Befehl Philipp II. ging offenbar dahin, sie zugrunde zu richten. Sie hatten sich gegen vierzehn Hauptanklagepunkte zu verantworten. Man verhörte auch alle, die über diese vierzehn Punkte hatten Aufklärung geben können. Dieser ausgezeichnet geführte Prozeß macht zwei Foliobände aus, die ich mit großem Interesse gelesen habe, weil man dort auf jeder Seite Schilderungen von Sitten trifft, welche die Historiker der Erhabenheit der Geschichte nicht würdig fanden. Ich habe dort sehr merkwürdige Einzelheiten über einen Mordanschlag verfolgen können, der von der spanischen Partei gegen den Kardinal Carafa versucht wurde, als er noch allmächtiger Minister war.

Übrigens wurde er und sein Bruder wegen Verbrechen verurteilt, die für andere keine gewesen wären, zum Beispiel: den Liebhaber einer untreuen Frau getötet zu haben und diese Frau auch. Einige Jahre später heiratete der Fürst Orsini die Schwester des Großherzogs von Toscana; er glaubte, daß sie ihm untreu sei und ließ sie in Toscana selbst unter Zustimmung ihres Bruders des Großherzogs vergiften und niemals wurde ihm das Verbrechen angerechnet. Auch mehrere Fürstinnen aus dem Hause Medici sind so gestorben.

 

Als der Prozeß der beiden Carafa beendet war, machte man einen langen Auszug davon, der zu wiederholten Malen von den Kongregationen der Kardinäle geprüft wurde. Nachdem man einmal übereingekommen war, den Mord, der den Ehebruch rächte, mit dem Tode zu bestrafen – eine Art Verbrechen, mit dem das Gericht vordem sich nie befaßt hatte – ist es nur zu klar, daß der Kardinal schuldig war, seinen Bruder zum Verbrechen angestiftet zu haben, wie der Herzog schuldig, weil er es ausführen ließ.

Am 3. März 1561 hielt Papst Pius IV. ein Konsistorium, das acht Stunden dauerte und bei dessen Schluß er das Urteil über die Carafa in folgender Weise sprach: Prout in schedula – Es möge nach dem Gesetze geschehn.

In der Nacht des folgenden Tages schickte der Fiskal den Borgelloführer der Sbirren nach der Engelsburg, um das Todesurteil an den beiden Brüdern, Carlo, Kardinal Carafa und Giovanni, Herzog von Palliano, vollstrecken zu lassen. So geschah es. Man nahm zuerst den Herzog vor. Er wurde von der Engelsburg in das Gefängnis von Tordinone überführt, wo alles vorbereitet war, denn dort wurden dem Herzog, dem Grafen d'Aliffe und Don Leonardo del Cardine der Kopf abgeschlagen.

Der Herzog ertrug diese schrecklichen Augenblicke nicht nur wie ein Mann von hohem Adel, sondern er war auch als Christ bereit, alles aus Liebe zu Gott zu erdulden. Er richtete schöne Worte an seine beiden Gefährten, um sie auf den Tod vorzubereiten; dann schrieb er an seinen Sohn.

Der Bargello kehrte zur Engelsburg zurück; er kündigte dem Kardinal Carafa den Tod an und gab ihm nicht mehr als eine Stunde Zeit, um sich vorzubereiten. Der Kardinal zeigte eine Seelengröße, welche die seines Bruders noch übertraf, um so mehr als er weniger Worte sagte; Worte sind immer eine Kraft, die man außer sich selbst sucht. Man hörte ihn, bei der Ankündigung der schrecklichen Neuigkeit, nur mit leiser Stimme sagen:

„Ich sterben? Oh, Papst Pius! Oh, König Philipp!“ Er beichtete; er rezitierte die sieben Bußpsalmen, dann dann setzte er sich auf einen Sessel und sagte zu dem Henker: „Tu's!“

Der Henker erwürgte ihn mit einer Seidenschnur, die zerriß; er mußte es zweimal machen. Der Kardinal blickte den Henker an, ohne ihn eines Wortes zu würdigen.

Wenige Jahre darauf ließ der heilige Papst Pius V. den Prozeß wieder aufnehmen; er wurde ungültig erklärt; dem Kardinal und seinem Bruder wurden alle ihre Ehren wieder verliehen und der Generalprokurator, der am meisten zu ihrem Tode beigetragen hatte, wurde gehenkt. Pius V. verfügte die Unterdrückung des Prozesses; alle Kopien, die in den Bibliotheken davon existierten, wurden verbrannt; es wurde bei Strafe der Exkommunikation verboten, etwas davon aufzubewahren; aber der Papst dachte nicht daran, daß er in seiner eigenen Bibliothek eine Abschrift des Prozesses aufhob und nach dieser Abschrift sind alle die gemacht, die man heute sieht.

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