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Das Brautkleid

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IV.
Der Artillerist von Croix-Rouge

Nach dem Baron von Marsilly verließen der König, die Königin und Madame Elisabeth das Zimmer. Alle drei gingen, um ihren Verteidigern einen Besuch abzustatten. Bei jedem Posten blieb der König stehen, um den Personen, aus, welchen er bestand, einige ermutigende Worte zu sagen. Die Königin wollte ihn nachahmen, allein sie vermochte es nicht; so wie sie zu sprechen begann, erstickte Schluchzen ihre Stimme. In der Tat war auch der Anblick, welchen die Tuilerien darboten, wenig erhebend. Die Schweizer und die französischen Garden standen an ihren Posten, bereit für ihren König zu sterben, aber in den Reihen der Nationalgarde herrschte Streit. Die Bataillone von Petits-Peres, von der Butte des Moulins und von Filles Saint-Thomas waren treu geblieben und standen fest in dem Hofe der Schweizer und in dem Hofe der Prinzen; allein die Bataillone der Thermes de Julien und die Artilleristen von Croix-Rouge, von Finis tére und des Pantheons hatten schon ihre Kanonen gegen die Tuilerien gerichtet. Der König ging mit gebrochenem Herzen zurück. Die Königin und Madame Elisabeth hatten jede Hoffnung verloren; im Schloss schlief Niemand außer dem Dauphin.

Um sechs Uhr morgens hörte man ein großes Geräusch, es war die Avantgarde der Vorstädte, welche auf dem Carrouselplatz debouchirte. Zu derselben Zeit sah man den König, die Königin und den Dauphin die große Treppe hinabsteigen. Die Königin trug das erlauchte Kind in ihren Armen; alle drei begaben sich in die Versammlung.

Im Vorübergehen warf der König einen Blick auf den Baron Marsilly, welcher, den Degen in seiner Hand, an der Spitze seiner fünfzig Mann unter dem großen Tore stand. Zwei Kanonen zeigten an dem Thore ihren ehernen Schlund; die Kanoniere standen hinter ihnen mit brennenden Lunten.


Der Dauphin winkte mit der Hand seinen Verteidigern zu, und der Ruf: »es lebe der König,« ertönte einstimmig von dieser kleinen Truppe.

Aber es war nicht so, als sich der König der Terrasse des Feuillants, welche mit Menschen bedeckt war, nahte; hier empfingen ihn schreckliche Verwünschungen. Ein Sapeur überhäufte die Königin mit Beleidigungen und riß ihr den Dauphin aus den Armen.

Von diesem Menschen getragen, kam das königliche Kind in die Versammlung.

Zu demselben Augenblicke ertönten die ersten Kanonenschüsse.

Bei diesem Lärm erinnerte sich die Baroness an das, was ihr ihr Mann gesagt hatte, und sie flüchtete sich in das ihr bezeichnete Kabinett. Drei oder vier Frauen der Königin folgten ihr dahin.

Mit jedem Augenblicke verdoppelte sich der Donner der Kanonen, und in den Zwischenräumen hörte man das Knattern des Gewehrfeuers. Bei jeder Salve erzitterte das Schloss von oben bis unten. Die zerschmetterten Fliesen fielen in die Zimmer, die Kugeln schlugen in das Getäfel. Bald vernahm man ein Geschrei. Dieses Geschrei nahte sich, es war das der Schweizer und der Nationalgardisten, welche man auf den Treppen niedermetzelte. Sie hatten aus der Versammlung eine Depesche des Königs erhalten, welche ihnen befahl, das Feuer einzustellen und zu kapitulieren. Zum Kapitulieren war es zu spät, das Schloss war mit Sturm genommen.

Die Schritte der Fliehenden widerhallten in den Zimmern, und der Kampf, welcher bis jetzt auf den Treppen statt gehabt hatte, erneuerte sich von Zimmer zu Zimmer. Die Baroness legte das Ohr an die Thüre des Kabinetts, sie hörte den Lärmen sich nahen, und in jedem Schrei, den sie vernahm, glaubte sie den letztem Ruf ihres Mannes zu hören. Plötzlich gab die Türe, durch einen heftigen Stoß gesprengt, nach. Drei Nationalgarden von der Butte des Moulins stürzten in das Kabinett und flehten um Hilfe. Sie fanden die Baroness und ihre Begleiterin ganz außer sich. Die Baroness fragte um Nachrichten von ihrem Manne, vergaß sich selbst und dachte nur an ihn; allein keiner von ihnen kannte ihn, und sie konnte daher nichts vernehmen.

Bei dem Anblicke dieser Männer, deren Kleider zerfetzt und mit Blut bedeckt waren, bemächtigte sich das Entsetzen der armen Frauen. Das Kabinett hatte eine Türe, welche in einen Korridor führte, und aus diesem gelangte man mittelst einer geheimen Treppe in die unteren Gemächer. Eine der Frauen schlug diesen Weg der Rettung vor, und er wurde um so mehr angenommen, als man die Flintenschüsse und den Schmerzruf der Sterbenden bereits aus dem Zimmer vernahm, welches vor der Bibliothek lag. Männer und Frauen stürzten sich durcheinander in den Korridor, dann auf die Treppe, welche man hinabeilte. Die Baroness allein war in dem Augenblicke, in welchen sie ihnen folgen wollte, bei dem ersten Schritte stehen geblieben. Ihr Mann hatte ihr geheißen, hier auf ihn zu warten, und diese Worte waren ihr in Mitte dieses Entsetzens in das Gedächtnis zurückgekehrt, hatten sie auf ihren Platz gefesselt.

Einen Augenblick lang glaubte sie ihre Gefährtinnen gerettet. Auf das Geländer gelehnt, folgte sie ihnen mit den Augen und mit den Ohren auf dem Korridor und auf der Treppe. Das Geräusch ihrer Tritte verhallte, allein bald hörte man drei oder vier Flintenschüsse, dann ein Geschrei, und nun folgte ein Lärm, den fünf oder sechs fliehende Personen verursachten; es waren die Gefährtinnen der Baroness und die Nationalgardisten, welche am Ende des Korridors auf eine Bande Marseiller gestoßen waren, sich nun flüchteten, und zurückkehrten, um ein Asyl in dem Kabinette zu suchen, in welchem die Baroness noch immer wartete.

Auf der Treppe stürzte einer der Nationalgardisten; er hatte bei der letzten Decharge eine Kugel in den Leib erhalten, und die Frauen waren gezwungen, über seinen Leichnam hinweg zu steigen.

Nun nahte sich der Mord von zwei Seiten.

Es war nicht mehr möglich, in dem Kabinette zu bleiben, man hörte die Marseiller bereits im Korridor toben.

Es war auch keine Hoffnung, durch die Bibliothek zu entfliehen, denn dort erwürgte man sich.

Die Frauen fielen auf die Knie nieder und die Männer bemächtigten sich der Stühle, um wenigstens nicht zu sterben, ohne sich zu verteidigen.

In diesem Augenblick schwang sich durch ein rundes Fenster, welches zu einem abgelegenen kleinen Zimmer gehörte, ein Mann in der Uniform der Kanoniere von Croix-Rouge herum und fiel zwischen den Frauen nieder. Diese stießen einen Schrei des Entsetzens aus und die Nationalgarden schickten sich an, ihm den Kopf mit ihren Stühlen zu zerschmettern, als plötzlich die Baroness einen Schrei ausstieß und ihre beiden Hände nach diesem Manne ausstreckte; es war der Baron.

In einem Augenblicke erkannten ihn die Frauen, und die beiden Nationalgardisten wußten, daß sie es mit einem Freunde zu tun hatten.

Mit wenigen Worten setzte sie der Baron von dem Vorgefallenen in Kenntnis; von seinem Posten vertrieben, von Zimmer zu Zimmer verfolgt, fand er an der Türe des anstoßenden Kabinetts den Leichnam eines Artilleristen von Croix-Rouge; er schleppte denselben in das Kabinett, zog seine Kleider an und durch das kleine Fenster, welches, wie er wußte, in Verbindung mit der Bibliothek stand, hatte er sich mit seiner Frau wieder vereinigt.

Kaum hatte er diese Erklärung gegeben, als die Marseiller, welche die Flüchtlinge aus dem Gesicht verloren hatten, aber den Blutspuren gefolgt waren, die Treppe heraufstürzten.

Der Baron ergriff einen schnellen, raschen und angemessenen Entschluss, und eilte ihnen entgegen.

»Hierher Kameraden!« rief er. »Hierher!«

»Kanonier von Croix-Rouge?«riefen die Marseiller.

»Ja, Kameraden, wir waren gefangen gehalten. Diese beiden braven Nationalgardisten und ich sollten erdrosselt werden, da verbargen uns diese Frauen in diesem Kabinette hier. Das Leben für sie; denn sie haben uns das Leben gerettet!«

»Wohl an, wenn sie rufen: »es lebe die Nation!«

Die armen Frauen riefen Alles, was sie wollten.

Dann zerstreuten sich die Marseiller in die Zimmer, indem sie die beiden Nationalgardisten mit sich führten.

»Und diese armen Frauen, die uns gerettet haben,« rief der Baron, »wollt Ihr Andern überlassen, die sie vielleicht erwürgen werden, indem sie nicht wissen, welche Dienste sie uns geleistet haben?«

»Nein,« antworteten die Marseiller, indem sie umkehrten; »aber was willst Du, daß wir mit ihnen machen sollen?«

»Ich verlange, daß man sie nach Hause bringe, und daß ihre Aufopferung belohnt werde.«

»Dann sollen sie unsern Arm nehmen und uns sagen, wo sie wohnen.«

»Wo wohnst Du, Bürgerin?.«fragte der Baron seine Frau.

»Straße Verneuil No. 6,« erwiderte Frau von Marsilly.«

»Kamerad!« sagte der Baron zu jenem der Marseiller, der ihm das gutmütigste Gesicht zu haben schien.

»Ich empfehle Dir diese da. Sie hat am meisten für mich Sorge getragen, und sie wohnt da in der Nähe, Du hast nur über die Seine zu gehen.«

»Sei ruhig,« sagte der Marseiller,« sie wird sicher nach Hause gelangen; ich stehe Dir gut dafür!«

»Aber Du, Bürger,« schrie die arme Frau, indem sie sich an den Arm ihres Mannes anklammerte, »was willst Du beginnen?«

»Ich?«sagte der Baron, indem er die Sprache und die Haltung annahm, die mit seiner jetzigen Kleidung übereinstimmte, »ich will ein wenig sehen, was aus dem König geworden ist.«

Die Baroness stieß einen Seufzer aus, ließ den Arm ihres Mannes los und entfernte sich am Arme ihres Beschützers.

Der Baron stieg durch das kleine Fenster in das benachbarte Kabinett, zog seine Uniform wieder an, die er nur auf einen Augenblick und in der Hoffnung abgelegt hatte, daß er mittelst dieser Verkleidung seine Frau retten könne.

Die Baroness erwartete vergebens ihren Mann den ganzen Tag hindurch am 10. und 11.

Am 11. Abends erkannte ein Portier, als man die Leichnam vom Hofe der Schweizer wegnahm und er half, sie auf den Karren werfen, den Baron, ließ den Leichnam in seine Loge tragen, und setzte die Frau von Marsilly, welche wohlbehalten nach Hause gekommen war, davon in Kenntnis, daß ihr Mann unter den Toten wieder erkannt worden sei.

 

V.
Die Marquise de la Roche-Bertaud

Der Schmerz der Baroness war ungeheuer; aber da sie eine zugleich einfache und starke Seele war, so gewährte es ihr einen großen Trost, daß ihr Mann starb, indem er seine Pflicht erfüllte.

Es blieb ihr genug übrig, um mit ihrer Mutter und ihrem Kinde leben zu können.

Mit der Marquise in Paris bleiben, hieß sich tausend Gefahren aussetzen. Die Marquise war einer jener Charaktere, die keiner Verstellung fähig sind, weder durch die Kraft ihrer Seele, noch in Folge politischer Überzeugung, sondern bloß darum, weil es ihr, in einem gewissen Kreise geboren und nach einer gewissen Art erzogen, unmöglich war, auch nur einen Augenblick lang ihre Geburt, ihre Meinung, ihren Hass, oder ihre Sympathien zu verbergen. Überdies wurden die Zeiten in jedem Augenblicke stürmischer; der König und die Königin waren im Tempel; die einzelnen Niedermetzlungen währten in den Straßen fort und erwarteten das große Blutbad, welches sich schon heimlich vorbereitete. Herr Guillotin kam endlich, um der legislativen Versammlung das philanthropische Werkzeug vorzulegen, welches er die Güte hatte zu erfinden; wie man sieht, war es Zeit, Frankreich zu verlassen.

Aber Frankreich zu verlassen war keine so leichte Sache. Die strengsten Strafen erwarteten die, welche auszuwandern suchten, und es täuschte nicht, indem man eine Gefahr floh, fiel man in eine andere, weit größere.

Die Marquise wollte Alles leiten; sie sprach von der Berline, von Postpferden, von Pässen, welche sie durch die Protektion fremder Gesandten erlangen wollte, die, wie sie sagte, im Namen ihres Souveräns alle diese Halunken da zwingen würden, sie, ihre Tochter und ihre Enkelin hinauszulassen. Die Baroness bat sie, ihr diese Angelegenheit zu überlassen, und nach vielen Bitten erlangte sie endlich von ihrer Mutter, daß sie sich in diese Sache nicht mehr mischen wolle.

Sie war es also, die Alles leitete.

Der Baron besaß ein Landgut, welches zwischen Abbeville und Montreuil lag.

Dieses Landgut hatte ein Pächter inne, dessen Voreltern seit zweihundert Jahren die Pächter der Ahnen des Herrn von Marsilly gewesen waren. Die Baroness glaubte mit vollem Rechte, auf diesen braven Mann rechnen zu können. Sie schickte ihm einen alten Bedienten, der den Baron aufgezogen hatte und seit vierzig Jahren in der Familie diente; dieser alte Diener bekam aus Furcht vor Durchsuchungen keine schriftliche Instruktion, wohl aber eine mündliche von Seite der Baroness, und er wußte Alles, was er zu sagen hatte.

Die Familie des Pächters bestand gerade aus einer Mutter und einer Frau. Es wurde die Übereinkunft getroffen, daß er nach Paris kommen solle und daß die Marquise und die Baroness mittelst der Kleider und der Pässe dieser beiden Bäuerinnen die Hauptstadt verlassen sollten. Während dieser Zeit traf die Baroness Marsilly alle Anstalten zur Abreise.

Es gab zu jener Zeit, wo Alles baare Geld in Assignaten verwandelt worden war, sehr wenig gemünztes Geld, indessen gelang es der Baroness, zwanzigtausend Franken zusammenzubringen, welche mit achtzig oder hunderttausend Franken, der Marquise gehörend, den Emigranten zur Bestreitung der notwendigsten Bedürfnisse hinreichten. Überdies glaubte jedermann, daß dieser Stand der Dinge nicht lange dauern könne und selbst nach der Ansicht der das Schlimmste Voraussehenden, mußte die Sache vor drei oder vier Jahren beendigt sein.

Die beiden armen Damen beschäftigten sich also mit den Vorbereitungen zur Abreise.

Diese waren von Seite der Baroness nicht von langer Dauer, und mit jener verständigen Einfachheit ausgeführt, welche die Grundlage ihres Charakters bildete; dasselbe war aber nicht von Seiten der Marquise der Fall. Als ihre Tochter ihr Zimmer betrat, fand sie sie unter einer Menge von Kisten, Koffern und andern Packen, welche hingereicht haben würden, drei Wagen voll zu füllen. Sie wollte keines ihrer Kleider zurücklassen, und sogar ihr Tischzeug mit fortnehmen.

»Meine Mutter,« sagte die Baroness, indem sie traurig den Kopf schüttelte,« Sie machen sich viel unnötige Mühe. Um keinen Verdacht zu erregen, können wir wenig mehr mitnehmen, als das Kleid, welches wir auf uns haben. Und was die Linnen betrifft, so würde ein einziges Ihrer gestickten, oder mit Spitzen besetzten Taschentücher hinreichen, uns zu erkennen und zu verhaften.«

»Aber immerhin, meine Liebe,« sagte die Marquisin, »wir können doch nicht ungekleidet fortgehen?«

»Ja, meine Mutter, Sie haben recht,« antwortete die Baroness mit ihrer unversiegbaren Sanftheit; »allein wir werden nicht anders als unter der Bedingung weggehen, in ganz einfache Kleider gehüllt zu sein, die im Einklange mit unserm Stande stehen. Vergessen Sie nicht,« fügte sie bei, indem sie zu lachen versuchte, »daß wir Bäuerinnen sind, Mutter und Frau eines Bauern. Vergessen Sie nicht, daß Sie sich Gervasia Arnould nennen, und daß ich Katharina Payot heiße.«

»O welche Zeit, mein Gott, welche Zeit!« murmelte 'die Marquise. »Wenn doch nur Se. Majestät von dem ersten Augenblicke an diesen Missbrauch unterdrückt, Herrn Necker hätte aufhängen, und Herr von Laffayette hätte erschießen lassen, so würden wir nicht dahin gelangt sein, wo wir jetzt sind.«

»Denken Sie an die, die noch viel unglücklicher als wir sind, und eine Vergleichung mit diesen wird Ihnen Geduld geben. Denken Sie an den König und die Königin, welche im Tempel gefangen sind; denken Sie an den armen kleinen Dauphin, und haben Sie Mitleid, wenn auch nicht mit mir, doch wenigstens mit Cäcilien, welche eine Waise wäre, wenn sie uns verlieren würde.«

Dies waren zu gewichtige Gründe, als daß sich nicht die Marquise in dieselben gefügt hätte; sie fügte sich seufzend. Die Marquise war im Luxus geboren; sie war gewohnt, darin zu leben, sie rechnete darauf, darin zu sterben, und die überflüssigsten Dinge waren ihr zum absoluten Bedürfnisse geworden.

Aber es war noch viel schlimmer, als die Baroness ihr ihren Antheil Linnen zustellte, welche sie zusammengemacht hatte, und der, obwohl er nicht aus ganz grober Leinwand bestand, dennoch sehr rauh gegen die ungarische Leinwand und den Batist war, deren sie sich gewöhnlich bediente; die Hemden besonders brachten sie außer sich, und sie erklärte, daß sie niemals solche Leinwand anlegen würde, die bloß für Bauern tauge.

»Ach meine Mutter!« antwortete die Baroness traurig, »wir werden sehr glücklich sein, wenn wir acht Tage lang den Glauben erregen können, daß wir der Klasse angehören, die Sie so sehr verachten, und die heut zu Tage allmächtig ist.«

»Das wird aber nicht lange dauern,« rief die Marquise,« ich hoffe sehr, daß es nicht lange dauern 'wird.«

»Ich hoffe es auch, meine Mutter; aber da es nun einmal so ist, so werde ich, wenn Sie wollen, indem wir den Tag unserer Abreise erwarten, Ihre Leinwand tragen, um ihr wenigstens das erste Rauhe zu benehmen.«

Dieser Vorschlag der Baroness rührte die Marquise, deren Herz vortrefflich war, aufs Tiefste, sie willigte in Alles^ und zu den zahlreichen Opfern, welche sie schon gebracht hatte, fügte sie das letzte hinzu, welches, wie sie sagte, für sie das peinlichste unter allen war.

Während dieser Unterhandlungen kam der Pächter, seine Mutter und seine Frau; die Baroness empfing sie als Leute, welche kamen, ihnen das Leben zu retten; die Marquise aber als Leute, welchen sie wohl die Ehre erzeigen wollte, daß sie sich ihr weihen.

Nebst den Kleidern, die sie bei sich hatten, brachten sie ihre schönsten, ihre Sonntagskleider mit. Diese waren für die Baroness und für die Marquise bestimmt.

Glücklicherweise war ihr Wuchs beinahe derselbe. Am Abende ihrer Ankunft verrammelte man die Türen, schloss die Läden, und legte die Kleider an. Die Baroness schickte sich bewundernswürdig in die Unbequemlichkeit dieser neuen Kleidung, aber die Marquise brach in Klagen aus. Die Haube wollte auf ihrem Kopfe nicht halten, die Holzschuhe thaten ihr an den Füßen wehe, die Taschen waren nicht an dem rechten Orte.

Die Baroness gab ihr den Rat, diese Kleider bis zum Augenblick ihrer Abreise anzubehalten, um sich daran zu gewöhnen; aber die Marquise antwortete, daß sie lieber sterben, als diese Fetzen eine Stunde früher anziehen wolle, als es unumgänglich notwendig sei.

Die Abreise wurde auf den zweiten Tag festgesetzt. Während dieser Zeit fertigte Katharina Payot der kleinen Cäcilie einen vollständigen Anzug; das Kind war reizend in diesem Anzug und von demselben bezaubert; Veränderung ist das Glück der Kindheit.

Am Abend vor der Abreise beschäftigte sich Peter Durand damit, seinen Paß visieren zu lassen. Die Sache war weniger schwierig, als man erwartet hatte; er war mit seiner Mutter, seiner Frau, seinem Wagen und seinem Pferde hereingekommen, und fünf Tage später ging er mit seiner Mutter, seiner Frau, seinem Wagen und seinem Pferde wieder hinaus. Dagegen ließ sich nichts sagen. Man hatte wohl daran gedacht, das Kind den eingeschriebenen Personen beisetzen zu lassen, allein man fürchtete, daß dieser Beisatz Verdacht bei der Munizipalität erregen könne, und nach reifer Überlegung wurde beschlossen, nichts von dem Kinde zu sagen.

Am folgenden Morgen um fünf Uhr stand der kleine Wagen angespannt in dem Hofe des Hotels. Die Marquise, welche gewohnt war, sich um zwei Uhr zu Bett zu legen und um Mittag aufzustehen, hatte vorgezogen, gar nicht zu schlafen; die Baroness hatte die Nacht dazu verwendet, das Gold in ihr Korsett und die Diamanten in die Falten des Kleides der kleinen Cäcilie zu nähen.

Um fünf Uhr trat die Baroness in das Zimmer ihrer Mutter, und fand sie bereit; aber obgleich sie ganz als Bäuerin gekleidet war, so hatte sie doch die Diamanten an ihren Ohrenringen und einen prachtvollen Smaragd an ihrem Finger; man hätte glauben sollen, daß sie im Sinne hatte, auf einen Maskenball zu gehen, und daß sie diese Vorkehrung getroffen habe, damit man ihre Verkleidung sogleich erkenne.

Nach einer kurzen Erörterung brachte es die Baroness dahin, daß sie ihre Ohrenringe heraus und den Ring herunter nahm, was sie jedoch nur unter tiefen Seufzern that.

Der wahrhafte Streit entstand aber erst da, als es sich darum handelte, in den Wagen zu steigen. Die Marquise hatte das Fuhrwerk, welches bestimmt war, sie aus Frankreich zu bringen, noch nicht gesehen, und sie hatte sich einen Begriff von so etwas, wie von einem Reisewagen, oder wenigstens von einem Fiaker, gemacht. Beim Anblick des Wagens blieb sie wie vernichtet stehen; allein wie bedeutungsvolle Umstände bedeutende Entschlüsse herbei führen, so machte die Marquise eine letzte heftige Anstrengung und stieg in die Carriole.

Die Baroness weinte still, indem sie ihr Hotel verließ, wo sie so glücklich gewesen war, ihre Leute, die ihr so treu gedient hatten, und die Bäuerinnen, die ihr einen so großen Beweis ihrer Ergebenheit geliefert hatten. Die kleine Cäcilie tat nichts, als daß sie wiederholte:

»Aber wo ist denn der Papa, warum reist er denn nicht mit uns?«

Alles ging gut bis an die Barriere Saint-Denis; dort aber fand die Szene Statt, welche wir erzählt haben, und die, statt schlimm auszufallen, wie man es hätte glauben sollen, einen so glücklichen Ausgang für die arme Emigrantenfamilie hatte.

In der That machte man, wie es der gute Officiant vorausgesehen hatte, Dank dem neuen Passe, der geregelter war, als der frühere, den Reisenden wenig Schwierigkeiten. Überdies hielten sie zur größeren Sicherheit bloß an kleinen Dorfwirtshäusern an, wie dieses Leuten von ihrer scheinbaren Beschaffenheit zukommt. Das Pferd war gut und machte täglich seine zwölf Stunden, so daß am Abende des sechsten Tages die Flüchtlinge in Boulogne waren.

Als sie durch Abbeville kamen, hatte Peter Durand seinen Paß zur Fortsetzung der Reise visieren lassen.

Wir übergehen mit Stillschweigen die Klagen der Marquise, wenn sie in den Betten der Wirtshäuser schlafen und ein Talglicht brennen mußten.

Die Baroness ertrug alle aristokratischen Launen derselben mit engelsgleicher Milde.

Die kleine Cäcilie war entzückt; sie sah Bäume, Blumen und Felder. Die Kinder sind wie die Vögel, sie verlangen nicht mehr, als dieses.

Nachts langten sie zu Boulogne an, und stiegen im Hotel de France, Rue de Paris, ab.

Madame Ambron war Inhaberin desselben, Royalistin aus dem Grund ihrer Seele, und die Baroness hatte sich an sie wie an eine Frau gewendet, auf die man sich verlassen kann. In der Tat hatte sich die Baroness ihr kaum entdeckt, als die Wirtin für Alles gut stand und ihr versprach, daß sie in der Nacht des folgenden Tages, wenn der Wind gut sein würde, nach England abreisen könne.

 

Sie gab indessen den Reisenden geringe Zimmer, wie sie für Bäuerinnen sich schickten; aber von einer so bewunderungswürdigen Reinlichkeit, daß die Marquise sogar auf Augenblicke ihr Seufzen einstellte, welches seit ihrer Abreise aus dem Hotel nicht aufgehört hatte.

Am folgenden Morgen schloss wirklich Madame Ambron, welche mit allen Seeleuten der Küste in Verbindung stand, einen Vertrag mit dem Eigentümer einer kleinen Slupe, welcher sich verbindlich machte, um die Summe von hundert Louisd'or die drei Flüchtlinge nach Dover zu bringen.

Den ganzen Tag hindurch waren die Augen der Baroness auf eine Wetterfahne gerichtet, auf welche sie von ihren Fenstern aus sehen konnte. Der Wind war contrair und wehte seit fünf oder sechs Tagen beständig aus derselben Richtung. Aber wie wenn Gott, der die arme Familie durch den Tod ihres Hauptes genügsam geprüft glaubte, ihr endlich seine Barmherzigkeit zuwende, drehte sich gegen Abend die Wetterfahne, und die Wirtin trat freudig zu ihnen herein, um der Baroness zu sagen, daß sie sich vor dem Schließen der Barrieren zur Abreise bereit halten solle.

Um fünf Uhr bestiegen die Baroness, die Marquise und die kleine Cäcilie das Fuhrwerk wieder, und Peter Durand setzte sich auf die Deichsel. Vermöge der neuen Visa, und als wenn sie nach Montreuil zurück kehren wollten, gelangten sie ohne Schwierigkeit hinaus. Aber eine halbe Stunde vor der Stadt wurde ein Feldweg eingeschlagen, der nach einem der Madame Ambron gehörigen Landhaus führte, welches nur eine Viertelstunde von der See lag. Gewöhnlich wurden in diesem Hause die Reisenden, die nach England überzuschiffen wünschten, aufgenommen.

Madame Ambron hatte sich jetzt selbst dahin begeben, und die würdige Frau empfing die Baroness, ihre Mutter und ihr Kind bei ihrer Ankunft. Es war zehn Uhr Nachts; man wartete bis Mitternacht.

Um Mitternacht wurde an der Türe gepocht, es war der Eigentümer der Slupe selbst. Der getroffenen Übereinkunft gemäß zahlte ihm die Baroness fünfzig Louisd'or voraus; die übrigen fünfzig sollten gezahlt werden, so wie man den Fuß an die Küste Englands setzte.

Die beiden Frauen hüllten sich in ihre Pelze, Madame Ambron unterstützte die Marquise, welche diese halbe Stunde, zu Fuß und mitten in der Nacht zurück gelegt, in eine tödliche Angst versetzte; Peter Durand nahm die kleine Cäcilie auf seinen Arm und trug sie.

Je weiter man vorwärts ging, um so mehr hörte man das Meer, welches sich an der Küste mit dem langen und traurigen Murmeln brach, welches dem Atmen des Ozeans gleicht. Die Marquise schauderte bei dem Gedanken, sich auf einer kleinen Schaluppe einzuschiffen, und sprach davon, sich in der Provinz verbergen zu wollen.

Von Zeit zu Zeit betrachtete die Baroness die kleine Cäcilie. welche auf den Armen des Pächters eingeschlafen war, und trocknete, ohne ein Wort zu sagen, eine Träne.

Man gelangte an die Brandung der Küste; es mußte hinab gestiegen werden. Man sah Nichts, als eine Art mit der Spitzhaue zugehauene Mauer; die Marquise erhob ein großes Geschrei.

Ein schmaler Weg, zwei Fuß breit, führte an dieser Mauer hin; die Baroness nahm ihr Kind von den Armen Durands und stieg zuerst hinab, Madame Ambron folgte ihr, indem sie sich an der Hand des Pächters hielt. Die Marquise, von dem Schiffer unterstützt, schloß den Zug.

Man kam auf den Strandstein.

Die Baroness erschrak einen Augenblick. So weit als man sehen konnte, war kein Mensch und keine Barke sichtbar; allein der Schiffer pfiff und man sah einen kleinen Punkt sichtbar werden, der sich vergrößerte, indem er näher kam. Es war ein Nachen mit zwei Ruderern.

Frau von Marsilly wandte sich noch einmal um, um der Madame Ambron zu danken, und Peter Durand das letzte Lebewohl zu sagen. Sie sah den braven Pächter, den Hut zwischen seinen Händen drehend, mit der Miene eines auffallend verlegenen Mannes, der etwas sagen will, und es nicht wagt.

»Sie haben mir etwas zu sagen, mein Freund?«fragte die Baroness.

»Entschuldigen Sie, Frau Baronin,« sagte Peter Durand, »denn es ist nicht meine Sache, sich in Ihre Angelegenheiten zu mischen.«

»Sprechen Sie immerhin, mein lieber Peter, Alles, was Sie mir sagen, wird gut aufgenommen werden.«

»Ich wollte Ihnen sagen, Frau Baroness,« fuhr Peter fort, »daß Sie so abreisen, in einem Momente, wo Sie am wenigsten daran denken, und nach einem so teuren Lande, wie England, ohne zu wisse», wie lang Sie dort bleiben werden. . . .«

»Nun sagte die Baroness, indem sie sah, daß Peter stockte.

»Nun,« fuhr Peter fort, »Sie haben vielleicht nicht alle die Mittel mit sich genommen, welche notwendig sind?«

»Hören Sie, mein Freund,« sagte die Baroness, indem sie ihm die Hand drückte, »ich verstehe Sie.«

»Und,« fuhr Peter fort, »wenn die Frau Baroness. . . Wir haben noch sechs Jahre Pacht, und ich hoffe wohl, daß die Frau Baroness ihn uns erneuern wird; ich sage daher, daß wenn die Frau Baroness uns erlauben wollte, ihr im Voraus zwei Jahre Pacht zu bezahlen. . . .es wäre uns überdies ein Dienst damit erzeigt, weil die Räuber uns dieses Geldes berauben könnten, und weil es in Ihren Händen viel sicherer wäre, als in den unsrigen. . . .wenn daher die Frau Baroness diese zehntausend Franken annimmt, so wird es uns ein großes Vergnügen sein. Hier sind sie in einem kleinen Sack, und Alles in alten Louisd'ors; o, Sie können sie mit dem größten Vertrauen nehmen, es ist nicht ein beschnittener darunter.«

»Ja, mein Freund, ich nehme sie an,« sagte die Baroness, »wir werden uns in einer glücklicheren Zeit wiedersehen, und seien Sie ruhig, Peter, ich werde Ihre Treue nicht vergessen.«

»Vorwärts in den Nachen, in den Nachen!« rief der Schiffer, »ein Douanier könnte durch Zufall seine Runde machen, und wir wären verloren!«

Diese Mahnung war begründet. Die Baroness drückte zum letzten Mal mit ihrer zarten, weißen Hand die derbe, runzlige Hand Durand's, sie umarmte Madame Ambron und sprang in die Barke, wo die Marquise und Cäcilie ihrer schon harrten.

In diesem Augenblick vernahm man eine Stimme, die »Wer da?« rief.

»Vorwärts,« sagte der Schiffer, »laßt uns rudern, lebhaft rudern, Kinder!«

Und indem er in die Barre sprang, trieb er sie mit einem Stoße des Fußes in das Meer.

Zehn Minuten später befand man sich am Bord des Slups, und am Morgen des folgenden Tages schifften sich die drei Flüchtlinge in Dover aus.

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