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Der Chevalier von Maison-Rouge

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Maurice gab ihm die Karte.«

Lorin küßte Geneviève die Hand, benützte den Augenblick, wo man in die Kanzlei eine Anzahl Verurtheilter brachte, stieg über die hölzernen Bänke und zeigte sich an der großen Thüre.

»Ei!« sagte ein Gendarme, »das ist Einer, der sich flüchtet, wie mir scheint.«

Lorin richtete sich auf und reichte die Karte dar.

»Halt, Bürger Gendarme, und lerne die Leute besser kennen,« sagte er.

Der Gendarme erkannte die Unterschrift des Greffier, doch er gehörte zu jener Kategorie von Funktionären, denen es im Allgemeinen am Vertrauen mangelt, und da gerade in diesem Augenblick der Greffier aus dem Tribunal mit einem Schauer herabkam, der ihn nicht verlassen, seitdem er so unvorsichtiger Weise seine Unterschrift zu geben gewagt hatte, so sagte der Gendarme:

»Bürger Greffier, hier ist ein Papier, mit dessen Hilfe ein Mensch aus dem Todtensaale weggehen will; ist das Papier gut?«

Der Greffier erbleichte vor Schrecken; überzeugt, wenn er schauen würde, müßte er das furchtbare Gesicht von Dirmer erblicken, antwortete er hastig, indem er das Papier an sich riß:

»Ja, ja, es ist meine Unterschrift.«

»Wenn es Deine Unterschrift ist, so gib es mir zurück,« sagte Lorin.

»Nein,« erwiderte der Greffier, indem er das Papier in tausend Stücke zerriß, »nein, solche Karten können nur für einmal dienen.«

Lorin blieb einen Augenblick unentschlossen.

»Ah! das ist schlimm,« sagte er, »doch vor Allem muß ich ihn tödten.«

Und er eilte aus der Kanzlei.

Maurice war Lorin mit einer leicht zu begreifenden Gemüthsbewegung gefolgt; sobald sein Freund verschwunden, sagte er zu Geneviève mit einer Begeisterung, welche der Freude glich?

»Er ist gerettet; man hat seine Karte zerrissen, er kann nicht zurückkehren; könnte er auch zurückkehren, so wird doch die Sitzung des Tribunals beendigt sein; kommt er um fünf Uhr wieder, so sind wir todt.«

Geneviève seufzte und schauerte.

»Oh!,schließe mich in Deine Arme und verlassen wir uns nicht mehr,« sprach sie. »Mein Gott! warum ist es nicht möglich, daß uns ein Streich trifft, damit wir mit einander unsern letzten Seufzer aushauchten!«

Dann zogen sie sich in die Tiefe des dunkeln Saales zurück, Geneviève setzte sich ganz nahe zu Maurice und umschlang mit ihren Armen seinen Hals; so sich umfangend, denselben Athem athmend, zum Voraus in ihrem Innern das Geräusch und den Gedanken erstickend, betäubte sie sich durch die Gewalt der Liebe gegen das Herannahen des Todes.

Es verging eine halbe Stunde.

Plötzlich vernahm man ein gewaltiges Geräusch. Die Gendarmen traten durch die niedrige Thüre ein; hinter ihnen kamen Sanson und seine Gehilfen mit Packen Stricke.

»Oh! mein Freund, mein Freund!« sagte Geneviève, »der unselige Augenblick ist da, ich fühle mich einer Ohnmacht nahe.«

»Und Sie haben Unrecht,« sprach die klingende Stimme von Lorin:

 
»Nicht ganz richtig, in der That,
Mit dem Tod die Freiheit naht!«
 

»Lorin!« rief Maurice in Verzweiflung.

»Nicht wahr, der Vers ist nicht gut? Ich bin auch Deiner Meinung, seit gestern mache ich lauter erbärmliche.«

»Ah! es handelt sich wohl darum; Du bist zurückgekehrt, Unglücklicher! Du bist zurückgekehrt . . .«

»War das nicht unsere Übereinkunft? Höre, denn was ich zu sagen habe, interessiert Dich ebenso sehr als Geneviève.«

»Mein Gott! mein Gott!«

»Laß mich doch sprechen, oder ich habe keine Zeit mehr, Dir die Sache zu erzählen. Ich wollte weggehen, um ein Messer in der Rue de la Barillerie zu kaufen.«

»Was wolltest Du mit einem Messer thun?«

»Ich wollte den guten Herrn Dirmer damit tödten.«

Geneviève schauerte.

»Ah!« rief Maurice, »ich begreife.«

»Ich habe es mir gekauft. Höre, was ich mir sagte, und Du wirst einsehen, was für einen logischen Geist Dein Freund besitzt. Ich fange an zu glauben, daß ich, statt ein Dichter zu werden, einen Mathematiker aus mir hätte machen sollen. Leider ist es nun zu spät. Höre also, was ich mir sagte, folge meinem Raisonnement: Herr Dirmer hat seine Frau der Gefahr preisgegeben; Herr Dirmer ist erschienen, um ihre Verurtheilung anzuschauen; Herr Dirmer wird sich nicht des Vergnügens berauben, sie auf den Henkerskarren steigen zu sehen, besonders wenn wir sie begleiten. Ich werde ihn also in der ersten Reihe der Zuschauer aussuchen; Ich schlüpfe neben ihn, sage: »»Guten Morgen, Herr Dirmer!«« und stoße ihm mein Messer in die Seite.«

»Lorin!« rief Geneviève.

»Beruhigen Sie sich, theure Freundin, die Vorsehung hatte die Sache in Ordnung gebracht. Denken daß die Zuschauer, statt dem Palaste gegenüber zu stehen wie es ihre Gewohnheit ist, eine halbe Wendung rechts gemacht hatten und auf dem Quai standen. »»AH!«« sagte ich zu mir, »»ohne Zweifel ersäuft ein Hund; warum sollte Herr Dirmer nicht dabei sein? ein ersäufender Hund gewährt immer einen Zeitvertreib,«« Ich näherte mich der Brüstung und erblickte den Rand des Wassers entlang einen Haufen von Menschen, welche die Arme in die Höhe hoben und sich bückten, um etwas aus der Erde zu sehen, wobei sie Ach! und Ach! schrieen, daß die Seine hätte austreten sollen. Ich nähere mich, dieses Etwas . . . errathe, was es war. . .«

»Es war Dirmer,« sprach Maurice mit düsterem Tone.

»Ja. Wie kannst Du das errathen? Ja, Dirmer, der sich ganz allein den Bauch geöffnet hatte; der Unglückliche hat sich ohne Zweifel zur Sühnung getödtet.«

»Ah!« sagte Maurice mit einem finsteren Lächeln, »das dachtest Du?«

Geneviève ließ ihren Kopf in ihre Hände fallen, sie war zu schwach, um so viele auf einander folgende Gemüthsbewegungen zu ertragen.

»Ja, das dachte ich, insofern man seinen blutigen Säbel bei ihm gesunden . . . wenn er nicht etwa irgend Einem begegnet ist.«

Ohne etwas zu sagen, benutzte Maurice, die Zeil, wo es Geneviève in ihrer Niedergeschlagenheit nicht sehen konnte, öffnete seinen Rock und zeigte Lorin seine blutige Weste und sein blutiges Hemd.

»Ah! das ist etwas Anderes,« sagte Lorin.

Und er reichte Maurice die Hand.

»Höre,« sprach er sodann, sich an das Ohr von Maurice neigend, »da man mich nicht durchsucht hat, weil ich bei meiner Rückkehr sagte, ich gehöre zum Gefolge von Herrn Sanson, so habe ich das Messer immer noch . . .«

Maurice ergriff die Waffe mit einer Bewegung der Freude.

»Nein,« versetzte er, »sie würde zu sehr leiden.«

Und er gab das Messer Lorin zurück.

»Du hast sehr Recht,« sprach dieser, »es lebe die Maschine von Herrn Guillotin! Was ist die Maschine von Herrn Guillotin! Ein Schneller auf den Hals, wie Danton gesagt hat. Was ist ein Schneller?«

Und er warf das Messer mitten in die Gruppe der Verurtheilten.

Einer derselben nahm es, stieß es sich in die Brust, und stürzte aus der Stelle todt nieder.

In demselben Augenblick machte Geneviève eine Bewegung und ließ einen Schrei hören. Sanson hatte ihr die Schulter berührt.

LV.
Es lebe Simon!

Bei dem von Geneviève ausgestoßenen Schrei begriff Maurice, daß der Kampf beginnen sollte.

Die Liebe kann die Seele bis zum Heldenmuth erheben und begeistern; die Liebe kann, gegen den natürlichen Instinct, ein menschliches Geschöpf dahin treiben, daß es den Tod wünscht; aber sie erstickt in ihm nicht die Furcht vor dem Schmerz. Geneviève empfing offenbar geduldiger und hochherziger den Tod, seit Maurice mit ihr starb; doch die Resignation schloß das Leiden nicht aus; und aus dieser Welt austreten heißt nicht nur in den Abgrund fallen, den man das Unbekannte nennt, es heißt auch im Fallen leiden.

Maurice umfasste mit einem Blick die ganze gegenwärtige Szene und mit einem Gedanken die ganze Szene, welche daraus folgen sollte.

Mitten im Saale ein Leichnam, aus dessen Brust ein Gendarme, als er niederstürzte, das Messer gerissen hatte, aus Furcht, es könnte Anderen dienen.

Um ihn her Menschen stumm vor Verzweiflung, kaum auf ihn merkend, mit einem Bleistift in eine Brieftasche Worte ohne Folge schreibend, oder einander die Hände drückend, die Einen ohne Unterlaß, wie es die Wahnsinnigen thun, einen geliebten Namen wiederholend, oder ein Portrait, einen Ring, eine Haarflechte mit Thränen befeuchtend, die Andern wüthende Verwünschungen gegen die Tyrannei ausstoßend, ein banales Wort, stets von der ganzen Welt verflucht und sogar zuweilen von den Tyrannen.

Mitten unter diesen Unglücklichen Sanson, minder beschwert durch seine vier und fünfzig Jahre, als durch den Ernst seines finsteren Amtes; Sanson, so sanft, so tröstend, als es ihm seine traurige Sendung zu sein erlaubte, dem einem Rath, jenem eine traurige Ermuthigung ertheilend, und stets bewaffnet mit christlichen Werten, um die Verzweiflung wie der Prahlerei zu erwidern.

»Bürgerin,« sagte er zu Geneviève, »Sie müssen das Halstuch ablegen und die Haare aufbinden oder abschneiden, wenn es beliebt.«

Geneviève zitterte.

»Auf, meine Freundin, Muth gefasst,« sprach Lorin mit sanftem Tone.

»Kann ich selbst die Haare von Madame aufbinden?« fragte Maurice.

»Oh! ja, er!« rief Geneviève, »ich bitte Sie darum, Herr Sanson.«

»Thun Sie es,« sprach der Greis und wandte seinen Kopf ab.

Maurice löste seine von der Wärme seines Halses laue Binde, Geneviève küßte sie, kniete vor dem jungen Manne nieder und bot ihm diesen reizenden Kopf, der in ihrem Schmerze noch schöner war, als er es je in ihrer Freude gewesen.

Nachdem Maurice die traurige Operation beendigt hatte, waren seine Hände so zitternd, lag so viel Schmerz in dem Ausdruck seines Gesichtes, daß Geneviève ausrief:

»Oh! ich habe Muth, Maurice.«

Sanson wandte sich um.

»Nicht wahr, mein Herr, ich habe Muth?« sagte sie.

»Gewiß, Bürgerin, und zwar einen wahren Muth,« antwortete der Scharfrichter mit bewegter Stimme.

 

Mittlerweile hatte der erste Gehilfe die von Fouquier-Tinville übersandte Liste durchlaufen.

»Vierzehn,« sagte er.

Sanson zählte die Verurtheilten.

»Fünfzehn, den Tobten einbegriffen,« sprach Sanson, »wie kommt das?« .

Lorin und Geneviève zählten nach ihm, bewegt durch einen und denselben Gedanken.

»Sie sagen, es seien nur vierzehn Berurtheilte, und wir sind unserer fünfzehn?« sagte sie.

»Ja, der Bürger Fouquiers-Tinville muß sich getäuscht haben.«

,Oh! Du logst,« sprach Geneviève zu Maurice, »Du warst nicht verurtheilt.«

»Warum bis morgen warten, während Du heute stirbst?« erwiderte Maurice.

»Freund,« sagte sie lächelnd, »Du beruhigst mich: ich sehe nun, daß es leicht ist, zu sterben.«

»Lorin,« sprach Maurice, »Lorin, zum letzten Male. . . Niemand kann Dich hier erkennen . . . sage, Du seist gekommen, um Abschied zu nehmen . . . sage, Du seist aus Irrthum eingelassen worden . . . rufe den Gendarme, der Dich hat hinausgehen sehen. Ich werde der wahre Verurtheilte sein, ich, der ich sterben muß; doch Du, wir flehen Dich an, Freund, mache uns die Freude, zu leben, um unser Andenken zu bewahren; es ist noch Zeit, Lorin, wir flehen Dich an.«

Geneviève faltete bittend ihre Hände.

Lorin nahm die beiden Hände der jungen Frau und küßte sie.

»Ich habe nein gesagt, und das ist nein,« erwiderte Lorin mit festem Tone; »sprechen wir nicht mehr davon, oder ich muß in der That am Ende glauben, ich belästige Euch.«

»Vierzehn,« wiederholte Sanson, »und es sind fünfzehn.«

Dann erhob er die Stimme und rief:

»Hört, ist einer hier, der Einsprache thut? .Kann einer beweisen, daß er sich auf einem Irrthum hin hier befindet?«

Vielleicht öffnete sich der Mund von Einigen bei dieser Frage, doch er schloß sich wieder, ohne ein Wort zu sprechen; diejenigen, welche gelogen hätten, schämten sich, zu lügen; derjenige, welcher nicht gelogen hätte, wollte nicht sprechen.

Es trat ein Stillschweigen von mehreren Minuten ein; die Gehilfen setzten mittlerweile ihr trauriges Geschäft fort.

»Bürger, wir sind bereit. . .« sprach nun die dumpfe, feierliche Stimme des alten Sanson.

Einiges Schluchzen und einige Seufzer antworteten aus diese Stimme.

»Nun wohl! es sei!« sagte Lorin.

 
»Sterben für das Vaterland.
Ist, bei Gott! das schönste Loos.«
 

»Ja, wenn man für das Vaterland stirbt, doch ich fange offenbar an zu glauben, daß wir nicht für dasselbe sterben; wir sterben für das Vergnügen derjenigen, welche uns sterben sehen. Meiner Treue! Maurice, ich bin Deiner Ansicht, die Republik ekelt mich allmählig an.«

»Den Ausruf,« sagte ein Commissär an der Thüre.

Mehrere Gendarmen traten in den Saal und versperrten so die Ausgänge, indem sie sich zwischen das Leben und die Verurtheilten stellten, als wollten sie diese verhindern, dorthin zurückzukehren.

Man machte den Ausruf.

Maurice, der den Verurtheilten, welcher sich mit dem Messer von Lorin getödtet, vor dem Tribunal gesehen hatte, antwortete, als man seinen Namen aussprach. Es fand sich sodann, daß nur der Todte zu viel war.

Man trug ihn aus dem Saale.

Hätte sich seine Identität nachweisen lassen, hätte man in ihm einen Verurtheilten erkannt, so wäre er, obgleich todt, mit den Andern guillotiniert worden.

Die Überlebenden wurden gegen den Ausgang getrieben.

Sobald einer an der Pforte vorüber kam, band man ihm die Hände aus den Rücken.

Zehn Minuten lang wurde nicht ein Wort unter diesen Unglücklichen ausgetauscht.

Die Henker allein sprachen und handelten.

Maurice, Geneviève und Lorin, die sich nicht länger halten konnten, preßten sich an einander, um nicht mehr getrennt zu werden. Dann wurden die Verurtheilten aus der Conciergerie in den Hof getrieben.

Hier war das Schauspiel gräßlich.

Mehrere wurden beim Anblick der Henkerskarren schwach; die Schließer halfen ihnen aufsteigen.

Man hörte hinter den noch geschlossenen Thüren die verworrenen Stimmen der Menge, und errieth aus dem Lärmen, daß sie zahlreich war.

Geneviève stieg mit ziemlich viel Kraft aus den Karren; Maurice unterstützte sie mit dem Ellenbogen. Maurice sprang rasch hinter ihr auf.

Lorin beeilte sich nicht. Er wählte seinen Platz und setzte sich zur Linken von Maurice.

Die Thüren öffneten sich; in den ersten Reihen war Simon.

Die zwei Freunde erkannten ihn, er sah sie.

Er stieg auf einen Weichstein, um welchem die Henkerskarren vorüberkommen mußten; es waren drei. Der erste Karren erschütterte sich, aus diesem saßen die die Freunde.

»Ei! guten Morgen, schöner Grenadier,« sagte Simon zu Lorin; »ich glaube, Du willst meinen Kneif versuchen.«

»Ja,« erwiderte Lorin, »und ich werde mir Mühe geben, ihn nicht zu schartig zu machen, damit er Dir auch noch das Leder durchschneiden kann.«

Die zwei andern Karren setzten sich, dem ersten folgend, in Bewegung.

Ein furchtbarer Sturm von Schreien, von Bravos, von Seufzern, von Verwünschungen brach um die Verurtheilten her los.

»Muth, Geneviève, Muth,« flüsterte Maurice.

»Oh!« erwiderte die junge Frau, »ich beklage nicht das Leben, da ich mit Dir sterbe. Ich beklage es, daß ich die Hände nicht frei habe, um Dich, ehe ich sterbe, in meine Arme schließen zu können.«^

»Lorin,« sagte Maurice, »suche in meiner Westentasche, Du wirst ein Federmesser darin finden.«

»Oh, Gott!« versetzte Lorin, »wie willkommen ist mir das Federmesser! es demüthigte mich, daß ich gebunden wie ein Kalb in den Tod gehen sollte.«

Maurice senkte seine Tasche bis zu der Hohe der Hände von Lorin, Lorin nahm das Federmesser heraus; dann öffneten sie es mit einander, Maurice nahm es zwischen seine Zähne und durchschnitt die Stricke, welche die Hände von Lorin banden.

Lorin leistete, von seinen Stricken befreit, Maurice denselben Dienst.

»Beeile Dich,« sagte der junge Mann, »siehe, Geneviève wird ohnmächtig.«

Um diese Operation zu vollbringen, hatte sich Maurice einen Augenblick von der armen Frau abgewendet, und als ob ihre ganze Kraft von ihm käme, schloß sie ihre Augen und ließ ihren Kopf aus die Brust fallen.

»Geneviève,« sprach Maurice, »Geneviève öffne Deine Augen, meine Freundin, wir haben nur noch einige Minuten uns in dieser Welt zu sehen.«

»Diese Stricke verwunden mich,« flüsterte die junge Frau.

Maurice band sie los.

Sogleich öffnete sie die Augen wieder und erhob sich, von einer Begeisterung erfasst, welche sie vor Schönheit blendend machte.

Sie umschlang mit einem Arm den Hals von Maurice, ergriff mit der andern Hand die von Lorin, und auf dem Karren stehend, zu ihren Füßen die zwei anderen Opfer, welche in den Stumpfsinn eines zum Voraus erlittenen Todes begraben lagen, warfen alle Drei dem Himmel, der ihnen frei sich auf einander zu stützen erlaubte, eine Gebärde und einen Blick des Dankes zu.

Das Volk, welches sie mit Schmähungen überhäufte, als sie saßen, schwieg, als es die Freunde aufrecht stehen sah.

Man gewahrte das Schafott.

Maurice und Lorin sahen es, Geneviève sah es nicht, sie schaute nur ihren Geliebten an.

Der Karren blieb stille stehen.

»Ich liebe Dich,« sprach Maurice zu Geneviève, »ich liebe Dich!«

»Die Frau zuerst, die Frau zuerst!« riefen tausend Stimmen.

»Ich danke, Volk,« sprach Maurice; »wer sagte doch, du wärest grausam?«

Er nahm Geneviève in seine Arme und trug sie, seine Lippen auf ihre Lippen gedrückt, in die Arme von Sanson,

»Muth,« rief Lorin, »Muth!«

»Ich habe,« antwortete Geneviève, »ich habe.«

»Ich liebe Dich!« flüsterte Maurice; »ich liebe Dich!«

Es waren nicht mehr Opfer, die man erwürgte, es waren Freunde, die sich aus dem Tode ein Fest bereiteten.

»Gott befohlen!« rief Geneviève Lorin zu.

»Aus Wiedersehen!« antwortete dieser.

Geneviève verschwand unter dem unseligen Schwengel.

»Nun Du!« sagte Lorin.

»Du!« versetzte Maurice.

»Höre! sie ruft Dich!«

Geneviève stieß in der That ihren letzten Schrei aus.

»Komm!« rief sie.

Ein gewaltiges Geräusch machte sich in der hörbar. Der schöne, anmuthige Kopf war gefallen.

Maurice stürzte vor.

»Das ist nur zu billig,« sprach Lorin, »folgen wir der Logik. Verstehst Du mich, Maurice?«

»Ja.«

»Sie liebte Dich, man tödtet sie zuerst; Du bist nicht verurtheilt, Du stirbst als der Zweite; ich, der ich nichts getan habe und der Strafbarste von allen Dreien bin, komme zuletzt.

 
»Alle Dinge zu erklären,
Muß die Logik sich bewähren.«
 

»Meiner Treue, Bürger Sanson, ich hatte Dir einen Quatrain versprochen, doch Du wirst Dich mit einem Doppelverse begnügen,«

»Ich liebte Dich,« flüsterte Maurice, an das Unglücksbrett gebunden und dem Kopfe seiner Freundin zulächeln«, »ich lieb . . .«

Das Messer schnitt ihm die Hälfte des Wortes ab.

»Nun kommt es an mich,« rief Lorin aus das Schafott springend, »und geschwinde! denn in der That, ich verliere den Kopf darüber. Bürger Sanson, ich habe Dich um zwei Verse Bankerott gemacht, doch ich biete Dir dafür einen Calembour,«

Sanson band ihn ebenfalls.

»Hört,« sagte Lorin, »es ist die Mode, irgend etwas leben zu lassen, wenn man stirbt. Früher rief man: Es lebe der König! doch es gibt keinen König mehr; seitdem hat man: Es lebe die Freiheit! gerufen, doch es gibt keine Freiheit mehr; meiner Treue: Es lebe Simon! der uns alle Drei vereinigt!«

Und der Kopf des edlen jungen Mannes fiel neben die Köpfe von Maurice und Geneviève!

E n d e
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