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Der Frauenkrieg

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Ein beifälliges Lächeln verbreitete sich über die Züge der Prinzessin und sicherte Lenet den Triumph seiner Rede. Frau von Tourville verschanzte sich in der Ecke des Zimmers und bedeckte, einer antiken Statue ähnlich, ihr Antlitz mit einem Schleier. Frau von Cambes, welche einen Freund in Lenet gefunden hatte, gab ihm die Unterstützung, die er ihr gewährte, mit dem Kopfe Beifall nickend zurück. Der Kapitän weinte wie ein Kriegstribun, und der kleine Herzog von Enghien rief:

»Mama! nicht wahr, Ihr haltet mich bei der Hand und kleidet mich in Trauer?«

»Ja, mein Sohn,« antwortete die Prinzessin, »Lenet, Ihr wißt, daß es stets meine Absicht gewesen ist, vor den Bordelesen in Trauer zu erscheinen.«

»Um so mehr,« sprach Frau von Cambes leise, »als Schwarz Eurer Hoheit vortrefflich steht.«

»Stille, liebe Kleine,« versetzte die Prinzessin, »Frau von Tourville wird es laut genug schreien, ohne daß Ihr es ganz leise zu sagen braucht.«

Das Programm über die Art und Weise, wie man in Bordeaux erscheinen wollte, wurde nach dem Vorschlag von Lenet festgestellt. Die Damen der Escorte erhielten Befehl, Vorkehrungen zu treffen. Der Junge Prinz bekam ein mit silbernen und weißen Posamenten besetztes Kleid von gewässertem Taffet, nebst einem mit weißen und schwarzen Federn bedeckten Hut. Die Prinzessin, welche die größte Einfachheit heuchelte, um Agrippina zu gleichen, an deren Vorbild sie sich in jeder Beziehung zu halten beschlossen hatte, kleidete sich in Schwarz, ohne irgend ein Geschmeide.

Lenet, der Unternehmer des Festes, vervielfältigte sich, damit es den Zwecken entsprechend ausfallen möchte. Das Haus, welches er in einer kleinen Stadt, zwei Lieues von Bordeaux bewohnte, wurde nicht leer von Parteigängern der Frau Prinzessin, die, ehe sie dieselbe in Bordeaux einziehen ließen, wissen wollten, welche Art des Einzugs ihr angenehm wäre. Lenet rieth ihnen, wie ein moderner Theaterdirector, Blumen, Beifallsgeschrei und Glocken; da er auf die kriegerische Frau von Tourville bedacht sein wollte, so trug er nebenbei auch noch auf eine Begrüßung mit einigen Kanonenschüssen an.

Am 31-sten Mai setzte sich die Prinzessin auf Einladung des Parlaments in Marsch. Wohl hatte ein gewisser Lavie, Generaladvocat beim Parlament und wüthender Parteigänger von Mazarin, zwei Tage vorher die Thore schließen lassen, um zu verhindern, daß die Prinzessin Aufnahme fände, wenn sie sich zeigen würde; aber die Parteigänger von Condé waren anderer Seite thätig gewesen, und das Volk hatte sich von ihnen aufgewiegelt, an demselben Morgen unter dem Geschrei: »Es lebe die Frau Prinzessin! Es lebe der Herzog von Enghien!« zusammengerottet und die Thore mit der Axt erbrochen, so daß sich nichts dem Einzuge widersetzte, der in der That den Charakter eines Triumphes annahm. Die Beobachter konnten in diesen zwei Ereignissen die Eingebung der Häupter der zwei Parteien finden, welche die Stadt theilten; denn Lavie empfing unmittelbar die Anweisungen des Herzogs von Epernon, und die Anstifter des Volkes handelten ganz nach den Rathschlägen und Aufträgen von Lenet.

Kaum hatte die Prinzessin das Thor hinter sich, als die seit gekannter Zeit vorbereitete Scene in riesigen Verhältnissen stattfand. Die militärische Begrüßung wurde von den im Hafen liegenden Schiffen angeführt und die Kanonen der Stadt antworteten darauf. Die Blumen fielen auf die Straßen oder durchzogen die Stadt in Gewinden, so daß das Pflaster bedeckt und die Luft mit Wohlgerüchen geschwängert war; das Beifallsgeschrei ertönte von dreißigtausend Eifrigen jedes Alters und jedes Geschlechts, deren Begeisterung mit dem Interesse, das die Frau Prinzessin und ihr Sohn einflößten, und mit dem Hasse zunahm, den sie gegen Mazarin hegten.

Der kleine Herzog von Enghien war übrigens der geschickteste Schauspieler bei dieser ganzen Scene. Die Frau Prinzessin hatte darauf Verzicht geleistet, denselben an der Hand zu führen, aus Furcht, ihn zu sehr zu ermüden, oder damit er nicht unter den Rosen begraben wurde; er wurde deßhalb von seinem Kammerherrn getragen, bekam dadurch freie Hände, sandte rechte und links Küsse aus und nahm auf das Anmuthigste seinen Federhut ab.

Das Volk von Bordeaux berauscht sich leicht; die Frauen gelangten zu einer wüthenden Begeisterung für dieses so anmuthreich weinende Kind, die alten Magistrate wurden erschüttert durch die Worte des kleinen Redners, welcher sagte: »Meine Herren, dient mir als Vater, da der Herr Cardinal mir den meinigen genommen hat.«

Vergebens versuchten es die Anhänger des Ministers einiger Maßen Widerstand zu leisten; die Fäuste, die Steine und selbst die Hellebarden schärften ihnen Klugheit ein, und man mußte sich darein fügen, das Feld den Triumphatoren frei zu lassen.

Frau von Cambes, welche ihren Platz hinter der Prinzessin hatte, zog indessen vieler Menschen Blicke auf sich. Sie konnte nicht an so viel Glorie denken, ohne sich innerlich darüber zu betrüben, das der Erfolg des laufenden Tages vielleicht den Beschluß des vorhergehenden vergessen machen würde. Sie befand sich also auf dem Wege, gestoßen von Anbetern, bedrängt vorn Volke, überströmt von Blumen und ehrfurchtsvollen Liebkosungen, zitternd, man könnte sie im Triumphe forttragen, womit einige Rufe die Frau Prinzessin, den Herzog von Enghien und ihr Gefolge zu bedrohen begannen, als sie Lenet erblickte, der, ihre Verlegenheit wahrnehmend, Claire die Hand bot, damit sie mit seiner Unterstützung einen Wagen erreichen könnte. Ihren eigenen Gedanken beantwortend, sagte sie zu ihm:

»Ah! Ihr seid sehr glücklich, Herr Lenet, Ihr macht Eure Ansichten in allen Dingen geltend, und stets sind es diejenigen, welche man befolgt. Allerdings,« fügte sie bei, »sind sie gut und man befindet sich wohl dabei.«

»Mir scheint, Ihr hebt Euch nicht zu beklagen, Madame,« erwiederte Lenet, »die einzige Meinung, welche Ihr ausgesprochen habt, ist angenommen worden.«

»Wie so?«

»Ist man nicht übereingekommen, daß Ihr die Insel Saint-George für uns zu bekommen versuchen sollt?«

»Ja, aber wann wird man mir erlauben, mich in das Feld zu begeben?«

»Schon morgen, wenn Ihr mir zu scheitern versprechen wollt.«

»Seid unbesorgt, ich fürchte nur zu sehr, daß ich Euren Absichten entsprechen werde.«

»Desto besser.«

»Ich begreife Euch nicht.«

»Wir brauchen den Widerstand der Insel Saint-George, um den den Bordelesen das Heer und unsere zwei Herzoge zu erhalten, welche mir, ich muß es sagen, obgleich sich hierin meine Meinung der von Frau von Tourville nähert, unter den Umständen, in denen wir uns befinden, höchst nothwendig erscheinen.«

»Allerdings,« antwortete Claire, »aber obgleich ich in Kriegssachen nicht die Kenntnisse von Frau von Tourville besitze, so däucht mir doch, daß man einen Platz nicht angreift, ohne zuvor eine Aufforderung an denselben ergehen zu lassen.«

»Was Ihr da sagt, ist vollkommen richtig.«

»Man wird also einen Parlamentär nach der Insel Saint-George abschicken?«

»Ohne Zweifel.«

»Wohl! ich verlange dieser Parlamentär zu sein.«

Die Augen von Lenet erweiterten sich vor Erstaunen.

»Ihr!« sagte er, »Ihr! Es sind also unsere Damen insgesamt Amazonen geworden?«

»Laßt mir diese Phantasie hingehen, mein lieber Herr Lenet.«

»Ihr habt Recht. Das Schlimmste, was Euch im Ganzen begegnen kann, ist, daß Ihr Saint-George nehmt.«

»Abgemacht also?«

»Ja,«

»Ihr versprecht nur Eines?«

»Was?«

»Daß Niemand den Namen und die Eigenschaft des Parlamentärs, den Ihr abgeschickt habt, unter einer andern Bedingung erfährt, als wenn ihm das Unternehmen gelungen ist.«

»Einverstanden,« sprach Lenet, Frau den Cambes die Hand reichend.

»Und wann werde ich abgehen?«

»Wann Ihr wollt.«

»Morgen?«

»Morgen, es sei.«

»Gut. Seht, die Frau Prinzessin steigt nun auf die Terrasse des Herrn Präsidenten von Lalasne. Ich trete Frau von Tourville meinen Theil an dem Triumphe ab. Ihr entschuldigt mich bei Ihrer Hoheit mit einer Unpäßlichkeit. Laßt mich nach der Wohnung fahren, die man für mich zubereitet hat: ich will meine Vorkehrungen treffen und über meine Sendung nachdenken, welche mich unablässig beunruhigt, weil es die erste dieser Art ist, die ich vollziehe, und Alles in dieser Welt, wie man sagt, vom ersten Auftreten abhängt.«

»Teufel!« rief Lenet, »ich wundere mich nicht, daß Herr von Larochefoucault auf dem Punkte war, für Euch eine Untreue an Frau von Longueville zu begehen; Ihr seid in gewissen Dingen so viel und in manchen mehr werth als sie.«

»Das ist möglich,« sprach Claire, »ich weise das Kompliment nicht ganz von mir; aber wenn Ihr einigen Einfluß auf Herrn von Larochefoucault ausübt, mein lieber Herr Lenet, so befestigt ihn in seiner ersten Liebe, denn die zweite macht mir bange.«

»Wir werden uns bemühen,« erwiederte Lenet lächelnd; »diesen Abend gebe ich Euch Eure Instruktionen.«

»Ihr willigt also ein, daß ich Saint-George für Euch nehme?«

»Ich muß wohl, da Ihr es wünscht,«

»Und die zwei Herzoge und das Heer?«

»Ich habe in meiner Tasche noch ein anderes Mittel, um sie kommen zu lassen.«

Hiernach gab Lenet dem Kutscher die Adresse der Wohnung von Frau von Cambes, verabschiedete sich von dieser und eilte der Prinzessin nach.

XIII

Am Tage nach der Ankunft der Frau Prinzessin in Bordeaux fand ein großes Mittagsmahl auf der Insel Saint-George statt, wozu Canolles die vornehmsten Officiere der Garnison und die anderen Festungs-Gouverneure der Provinz eingeladen hatte.

Um zwei Uhr Nachmittags, zu der für das Mahl, festgesetzten Stunde, war Canolles umgeben von einem Dutzend Herren, die er der Mehrzahl nach zum ersten Male sah; sie erzählten von dem großen Ereigniß des vorhergehenden Tages, belustigten sich auf Rechnung der Damen, welche die Prinzessin begleiteten und glichen nur sehr wenig Leuten, welche in das Feld zu rücken im Begriffe sind und die wichtigsten Interessen des Königreichs in ihren Händen haben.

 

Ganz strahlend und prachtvoll in seinem mit Gold überzogenen Kleide belebte Canolles noch diese Heiterkeit durch sein Beispiel. Man sollte auftragen.

»Meine Herren,« sagte er, »ich bitte tausendmal um Entschuldigung, aber es fehlt uns noch ein Gast.«

»Wer?« fragten die jungen Leute, sich einander anschauend.

»Der Gouverneur von Vayres, dem ich geschrieben habe, obgleich ich ihn nicht kenne, und der, gerade weil ich ihn nicht kenne, auf einige Rücksicht Anspruch zu machen hat. Ich bitte Euch also, mir eine Frist den einer halben Stunde zu bewilligen.«

»Der Gouverneur von Vayres!« sprach ein alter Officier, der, ohne Zweifel an militärische Regelmäßigkeit gewöhnt über diese Zögerung einen Seufzer ausstieß; »wenn ich mich nicht täusche, ist es der Marquis von Bernay, aber er versieht den Dienst nicht selbst, sondern hat einen Stellvertreter.«

»Dann wird er nicht kommen,« versetzte Canolles, »oder es kommt sein Stellvertreter statt seiner. Er selbst wird bei Hofe sein und nach Gunstbezeugungen streben.«

»Baron,« sprach einer der Gäste, »mir scheint, man hat nicht nöthig bei Hofe zu sein, um zu avancieren, und ich kenne einen Commandanten, der sich nicht zu beklagen hat. Teufel! in drei Monaten Kapitän, Oberst-Lieutenant, Gouverneur der Insel Saint-George! Gesteht, das ist ein hübscher Weg,«

»Ich muß es gestehen,« sagte Canolles erröthend, »und da ich nicht weiß, wem ich eine solche Gunst zuschreiben soll, so muß ich annehmen, es walte ein guter Genius in meinem Hause, daß es so trefflich gedeiht.«

»Wir kennen den guten Genius des Herrn Gouverneur,« sprach sich verbeugend der Lieutenant, welcher Canolles in die Festung eingeführt hatte, »es ist sein Verdienst.«

»Ich will das Verdienst nicht in Abrede ziehen,« versetzte ein anderer Officier, »ich bin im Gegentheil der erste, der es anerkennt. Aber diesem Verdienste füge ich die Empfehlung einer gewissen Dame bei . . . der geistreichsten, der liebenswürdigsten, der wohlthätigsten Dame von Frankreich, wohl verstanden, nach der Königin,«

»Keine Zweideutigkeit, Graf,« entgegnete Canolles demjenigen zulächelnd, welcher zuletzt gesprochen hatte; »habt Ihr eigene Geheimnisse, so behaltet sie für Euch; gehören sie Euren Freunden, so behaltet sie für diese.«

»Ich gestehe,« sagte ein Officier, »als ich von einem Aufschub sprechen hörte, glaubte ich, man würde uns zu Gunsten irgend einer glänzenden Toilette um Entschuldigung bitten. Nun sehe ich, daß ich mich getäuscht habe.«

»Wir werden also ohne Frauen speisen?« fragte ein Anderer.

»Allerdings! wenn ich nicht die Frau Prinzessin und ihr Gefolge einlade, sehe ich nicht ein, wen wir haben könnten,« antwortete Canolles. »Vergessen wir nicht, meine Herren, daß unser Mittagsmahl ein ernstes Mahl ist; wenn wir von Staatsangelegenheiten und Geschäften sprechen, so werden wir wenigstens nur uns belästigen.«

»Gut gesagt, Commandant, obgleich in diesem Augenblick die Frauen einen wahren Kreuzzug gegen unser Ansehen und unsere Herrschaft machen; dafür zeugt, was in meiner Gegenwart der Herr Cardinal zu Don Louis de Haro sagte,«

»Was sagte er?« fragte Canolles.

»»Ihr seid sehr glücklich! Die Frauen Spaniens beschäftigen sich nur mit Geld, mit Coquetterie und Galants, während die Frauen Frankreichs keinen Liebhaber mehr annehmen, ohne ihm zuvor über die politische Frage auf den Zahn gefühlt zu haben, so daß die Liebes-Rendezvous gegenwärtig in ernster Besprechung den Regierungs-Angelegenheiten hingehen.«

»Man nennt auch den Krieg, den wir führen, den Frauenkrieg,« sprach Canolles, »was übrigens nur schmeichelhaft für uns sein kann,«

In diesem Augenblick war die halbe Stunde Frist, welche Canolles gefordert hatte, abgelaufen; die Thüre wurde geöffnet, es erschien ein Lackei und meldete, es sei serviert.

Canolles lud seine Gäste ein, ihm zu folgen; als sie sich aber in Marsch setzten, erscholl eine andere Meldung im Vorzimmer.

»Der Herr Gouverneur von Vayres.«

»Ah! Ah!« sagte Canolles, »das ist sehr liebenswürdig von ihm.«

Und er machte einen Schritt, um dem ihm unbekannten Collegen entgegenzugehen; plötzlich aber wich er voll Erstaunen zurück und rief:

»Richon! Richon, Gouverneur von Vayres.«

»Ich selbst mein lieber Baron,« antwortete Richon, trotz seiner Leutseligkeit die ihm eigenthümliche ernste Miene beibehaltend.

»Ah! desto besser, tausendmal bessert,« sprach Canolles ihm herzlich die Hand drückend. »Meine Herren,« fügte er bei, »Ihr kennt diesen Ehrenmann nicht, aber ich kenne ihn und sage laut, man konnte ein so wichtiges Amt keinem rechtschaffeneren Manne anvertrauen.«

Richon liest einen Blick so stolz wie der einen Adlers umhergehen, und als er in allen Augen nur ein leichtes Erstaunen, gemäßigt durch die Wohlwollen, wahrnahm, sagte e:

»Mein lieber Baron, nun, da Ihr so offen für mich gebürgt habt, wollt mich gütigst denjenigen Herren vorstellen, denen ich bekannt zu sein nicht die Ehre habe.«

Und hierbei bezeichnete Richon mit den Augen drei bis vier Edelleute, denen er wirklich ganz fremd war.

Es fand nun der Austausch von Artigkeiten statt, der einen so edlen und zugleich so freundschaftlichen Charakter allen Verbindungen und Verhältnissen jener Zeit verliehen. Richon war nach Verlauf einer Viertelstunde bereits der Freund von allen diesen jungen Officieren und konnte von jedem derselben seinen Degen oder seine Börse verlangen. Seine Gewährschaft waren sein wohlbekannter Muth, sein fleckenloser Ruf und sein in seine Augen geschriebener Adel,

»Bei Gott! meine Herren,« sagte der Commandant von Braunes, »man muß zugeben, das Herr von Mazarin, obgleich ein Mann der Kirche, sich auf die Kriegsleute versteht und seit einiger Zeit die Sachen gut macht. Er wittert den Krieg und wählt seine Gouverneurs: Canolles hier, Richon in Vayres.«

»Wird man sich schlagen?« fragte Richon nachlässig.

»Ob man sich schlagen wird,« antwortete ein junger Mann, welcher unmittelbar vom Hof kam. »Ihr fragt, ob man sich schlagen werde, Herr Richon?«

»Wohl, ich frage Euch, in welchem Zustand sind Eure Basteien?«

»Sie sind beinahe neu, mein Herr, denn seit den drei Tagen, die ich auf diesem Platze bin, habe ich mehr Ausbesserungen vornehmen lassen, als man seit drei Jahren gemacht hat.«

»Nun, sie werden bald eingeweiht werden,« sprach der junge Mann.

»Desto besser,« versetzte Richon; »was können Kriegsleute verlangen? den Krieg.«

»Gut,« rief Canolles, »der König mag jetzt auf beiden Ohren schlafen, denn er hält die Bordelesen mit seinen zwei Flüssen im Zaume.«

Derjenige, welcher mich auf meinen Posten gesetzt hat, kann allerdings auf mich zählen,« sagte Richon.

»Seit wann seid Ihr in Vayres, mein Herr?«

»Seit drei Tagen; und Ihr Canolles, seit wann seid Ihr auf Saint-George?«

»Seit acht; hat man Euch einen Einzug bereitet, wie mir, Richon? Mein Einzug war glänzend, und ich habe diesen Herren in der That noch nicht genug gedankt; ich hatte Glocken, Trommeln, Vivat’s; es fehlte nur die Kanone, aber man verspricht sie mir in wenigen Tagen, und das tröstet mich.«

»Wohl, das ist der Unterschied, welcher zwischen uns stattfand,« erwiederte Richon; »mein Einzug ist eben so bescheiden gewesen, als der Eurige glänzend war; ich hatte Befehl hundert Mann in die Festung zu führen, hundert Mann vom Regiment Turenne, und ich wußte nicht, wie ich sie einführen sollte, als mir in Saint-Pierre, wo ich mich aufhielt, mein Patent, unterzeichnet von Herrn von Epernon, zukam. Ich brach sogleich auf, übergab meinen Brief dem Lieutenant, und nahm ohne Trommeln und Trompeten Besitz vom Platze. Nun bin ich daselbst.«

Canolles, der Anfangs lachte, fühlte, wie sich bei dem Tone, mit welchem die letzten Worte gesprochen wurden, sein Herz unter dem Drucke einer düsteren Ahnung zusammenschnürte.

»Und Ihr seid zu Hause?« fragte er Richon.

»Ich niste mich zu diesem Behufe ein,« sprach Richon ruhig.

»Wie viel Mann habt Ihr?« fragte Canolles.

»Zuerst die hundert Mann vom Regiment Turenne, alte Soldaten von Rocroy, auf die man zählen kann; sodann eine Campagnie, welche ich in der Stadt bilde, und die ich instruiere, sobald die Angeworbenen mir zukommen: Bürger, junge Leute, Arbeiter, ungefähr zweihundert Mann; endlich erwarte ich eine letzte Verstärkung von hundert bin hundertundfünfzig Mann, welche ein Kapitän auf dem Lande anwirbt.«

Der Kapiteln Ramblay?« fragte einer von den Gästen.

Nein, der Kapitän Cauvignac,« antwortete Richon.

»Ich kenne ihn nicht,« riefen mehrere Stimmen.

»Ich kenne ihn,« sprach Canolles.

»Ist er ein erprobter Royalist?«

»Ich kann es nicht bestimmt sagen; doch habe ich alle Ursache zu glauben, daß der Kapitän Cauvignac eine Creatur von Herrn von Epernon und dem Herzog sehr ergeben ist.«

»Das entscheidet die Frage: wer dem Herzog ergeben ist, ist es auch Seiner Majestät.«

»Es ist ein Läufer von der Vorhut des Königs,« sagte der alte Officier, welcher bei Tische die durch das Warten verlorene Zeit wieder gewann. »So habe ich wenigstens sprechen hören.«

»Ist Seine Majestät unter Wegs?« fragte Richon mit seiner gewöhnlichen Ruhe.

»Zu dieser Stunde muß der König mindestens in Blois sein,« antwortete der junge Mann, welcher vom Hof kam.

»Wißt Ihr das gewiß?«

»Ganz gewiß. Das Heer wird von dem Marschall de La Meilleraye befehligt, welcher sich hier in der Gegend mit dem Herrn Herzog von Epernon in Verbindung setzen soll.«

»Vielleicht in Saint-George?« sagte Canolles.

»Oder vielmehr in Vayres,« sprach Richon. »Der Marschall de La Meilleraye kommt von Bretagne und Vayres liegt auf seinem Wege.«

»Wer das Zusammenstoßen der beiden Armeen aufzuhalten hat, risquirt viel für seine Basteien,« sprach der Gouverneur von Braunes. »Herr de La Meilleraye hat dreißig Kanonen bei sich und Herr von Epernon fünfundzwanzig.«

»Das wird ein schönes Feuer geben,« sagte Canolles; »leider werden wir es nicht sehen.«

»Oh!« versetzte Richon, »wenn sich nicht einer von uns für die Herren Prinzen erklärt.«

»Ja, aber Canolles ist stets sicher, irgend ein Feuer zu sehen. Erklärt er sich für die Prinzen, so sieht er das Feuer von Herrn de La Meilleraye und Herrn von Epernon; bleibt er Seiner Majestät anhänglich, so sieht er das Feuer der Bordelesen.«

»Oh! was die Letzteren betrifft,« versetzte Canolles, »ich halte sie nicht für sehr furchtbar und schäme mich gewisser Maßen, daß ich es nur mit ihnen zu thun habe. Leider gehöre ich mit Leib und Seele Seiner Majestät und muß mich am Ende mit einem bürgerlichen Kriege begnügen.«

»Den sie mit Euch anfangen werden, seid unbesorgt,« sprach Richon.

»Ihr habt einige Wahrscheinlichkeit in dieser Beziehung?« fragte Canolles.

»Ich habe mehr, ich habe Gewißheit,« antwortete Richon. »Der Rath der Bürger hat beschlossen, vor Allem die Insel Saint-George zu nehmen.«

»Gut,« rief Canolles, »sie mögen kommen, ich erwarte sie.«

So weit war man in der Unterhaltung, und man hatte eben das Dessert anzugreifen begonnen, als man plötzlich vor den Thoren der Festung die Trommel rasseln hörte.

»Was soll das bedeuten?« fragte Canolles.

»Ah! bei Gott!« rief der Officier, welcher die Nachrichten vom Hof gegeben hatte, »es wäre seltsam, wenn man Euch in diesem Augenblick angreifen würde, mein lieber Canolles; ein Sturm und eine Ersteigung müßten einen herrlichen Nachmittag geben.«

»Der Teufel soll mich holen! das sieht ganz so aus,« sagte der alte Commandant; »diese elenden Bürger richten es immer so ein, daß sie die Leute bei der Mahlzeit stören. Ich war auf den Vorposten von Charenton während den Pariser Krieges; wir konnten nie ruhig frühstücken oder zu Mittag speisen.»

Canolles läutete. Die Ordonnanz trat aus dem Vorzimmer ein.

»Was geht vor?« fragte Canolles.

»Ich weiß noch nicht, Herr Gouverneur, ohne Zweifel ein Bote vom König oder von der Stadt.

»Erkundige Dich und bringe mir Antwort.«

»Der Soldat entfernte sich in größter Eile.

»Setzen wir und wieder zu Tische, meine Herren,« sagte Canolles zu seinen Gästen, welche der Mehrzahl nach aufgestanden waren. »Es wird Zeit sein, die Tafel zu verlassen, wenn wir die Kanone hören.«

Alle Gäste setzten sich lachend. Richon allein, über dessen Gesicht eine Wolke hingezogen war, blieb in Erwartung der Rückkehr des Soldaten unruhig und die Augen starr auf die Thüre geheftet. Aber statt des Soldaten erschien ein Officier mit entblößtem Degen und sprach:

»Herr Gouverneur, ein Parlamentär.«

»Ein Parlamentär?« fragte Canolles, »und von wem?«

 

»Von den Prinzen.«

»Woher kommt er.«

»Von Bordeaux.«

»Von Bordeaux!« wiederholten alle Gäste, Richon ausgenommen.

»Ah! der Krieg ist also im Ernste erklärt, da man Parlamentäre schickt?«sprach der alte Officier.

Canolles dachte einen Augenblick nach, und während dieses Augenblicks nahm sein zehn Minuten vorher noch lächelndes Antlitz den ganzen Ernst an, welchen die Umstände heischten.

»Meine Herren,« sagte er, »vor Allem die Pflicht. Ich werde wahrscheinlich mit dem Gesandten der Herren Bordelesen eine schwierige Frage zu lösen haben, und weiß nicht, in welchem Augenblick ich Euch wiedersehen dürfte . . .«

Nein! Nein!« riefen im Chor die Gäste. »Im Gegentheil, entlaßt uns, Gouverneur; was Euch begegnet, ist ein Wink für uns, an unsere Posten zurückzukehren . . . Wir müssen uns nothwendig sogleich trennen.«

»Es war nicht an mir, Euch dies vorzuschlagen, meine Herren,« erwiederte Canolles; »da Ihr es mir aber selbst anbietet, so bin ich genöthigt, zu gestehen, das es das Klügste ist, und ich willige ein. Die Pferde oder die Equipagen dieser Herren!« rief Canolles.

So rasch in ihren Bewegungen, als wären sie bereits auf dem Schlachtfeld, schwangen sich die Gäste in den Sattel oder stiegen in ihre Wagen, und entfernten sich in der Richtung ihrer Wohnsitze.

Richon blieb bis zuletzt.

»Baron,« sagte er zu Canolles, »ich wollte Euch nicht ganz wie die Anderen verlassen, in Betracht, daß wir uns länger kennen, als Ihr die Anderen kennt. Nun aber lebt wohl; gebt mir die Hand, und gut Glück.«

Canolles reichte Richon die Hand und erwiederte, ihn fest anschauend:

»Richon, ich kenne Euch, es geht etwas in Euch vor; Ihr sagt es mir nicht, denn wahrscheinlich ist es nicht Euer Geheimniß. Ihr seid jedoch bewegt, und, ist ein Mann Eures Schlage bewegt, so rührt dies nicht von einer Geringfügigkeit her.«

»Sind wir nicht im Begriff, uns zu verlassen?«

»Wir schickten uns auch zur Trennung an, als wir im Gasthause von Biscarros von einander Abschied nahmen, und dennoch waret Ihr ruhig.«

Richon lächelte traurig und sprach:

»Baron, ich habe das Vorgefühl, daß wir uns nicht mehr sehen werden.«

Canolles schauerte, so viel tiefe Schwermuth lag in der gewöhnlich so festen Stimme des kühnen Parteigängers.

»Wohl,« sagte er, »sehen wir uns nicht wieder, Richon, so ist dies der Fall, weil einer von uns gestorben sein wird . . . den Tod der Braven gestorben, und in diesem Fall ist derjenige, welchen es trifft, wenigstens sterbend sicher, daß er in dem Herzen eines Freundes fortlebt. Umarmen wir uns, Richon! Ihr habt mir gesagt: Viel Glück: ich sage Euch: Guten Muth!«

Die zwei Männer warfen sich einander in die Arme und hielten eine Zeit lang ihre edlen Herzen aneinander gepreßt.

Als sie sich trennten, trocknete Richon eine Thräne, vielleicht die einzige, welche je seinen stolzen Blick verdunkelt hatte; dann stürzte er, als befürchtete er, Canolles könnte diese Thräne wahrnehmen, aus dem Zimmer, denn er schämte sich ohne Zweifel, einem Manne, dessen Muth er kannte, ein solches Zeichen von Schwäche gegeben zu haben.

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