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Katharine Blum

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Das war denn geschehen, aber nach einer halbjährigen Probezeit hatte Mathias zwei Hunde erschossen, einen Treiber verwundet, aber nie ein Stück Wild getroffen. Da hatte Vater Watrin erkannt, Mathias habe alle Anlage zu einem Wilddiebe, aber keine zu einem Aufseher, und ihm die Flinte wieder abgenommen, von der er einen so schlechten Gebrauch gemacht, worauf der Bursch ohne Scham sein früheres Bettelleben von Neuem angefangen.

Auf seinen Wanderungen blieb das neue Haus und der Heerd des Vaters Watrin ein Lieblingsruhepunkt, trotz dem Hasse, oder vielmehr dem Abscheu, welche Mutter Watrin gegen ihn empfand, die eine zu gute Hausfrau war, als daß sie nicht hätte bemerken sollen, wie sehr die Anwesenheit des Mathias ihren Garten und ihren Speiseschrank benachteiligte, und trotz der Abneigung, mit welcher Bernhard, der Sohn vom Hause, ihn stets angesehen.

Wie übrigens Niemand die Fortschritte kannte, welche Mathias bei dem Unterrichte des Abbé Gregoire im Lesen und Schreiben gemacht hatte, war es auch Allen unbekannt, daß die Ungeschicklichkeit im Schießen von Mathias ebenfalls nur erheuchelt wurde, und daß er, wenn er wollte, ein Rebhuhn und ein Wildschwein so gut traf wie, der beste Schütze im Walde.

Warum entzog Mathias seine Talente den Blicken? Weil er glaubte, es könne ihm nicht blos nützlich sein, lesen, schreiben und schießen zu können, sondern vielleicht in höherem Grade nützlich, wenn man ihm das Geschick dazu nicht zutraue.

Derjenige also, welcher eintrat und Franz gleich im Anfange seiner Erzählung unterbrach, war also ein böswilliger Bursch.

»Wo ist das Wildschwein?« fragte Vater Watrin, der eben die Zunge frei hatte, da er die Pfeife wieder stopfen mußte.

»Im Pökelfaß, da es Franz ja schon hat,« sagte Mathias.

»Noch nicht,« erwiderte dieser, aber ehe die Uhr da die siebente Stunde vermeldet, wird es da sein. Nicht wahr, Schielax?«

Der Hund, den das neu auflebende Feuer in eine wahre Glückseligkeit versetzte, drehte sich auf den Ruf seines Herrn um, kehrte mit dem langen Schweife die Asche hin und her und ließ ein freundliches Knurren hören, welches bejahend auf die gestellte Frage zu antworten schien.

Franz wendete, zufrieden mit der Antwort seines Schielax, die Augen von Mathias mit einem Unwillen ab, den er gar nicht zu verheimlichen suchte, und setzte sein Gespräch mit Vater Watrin fort, der, mit der frisch gestopften Pfeife im Munde, den jungen Mann behäbig anzuhören sich anschickte.

»Das Wildschwein ist etwa eine Viertelstunde von hier,« begann Franz, »in dem Dickicht der Tétes des Salmon. Halb drei Uhr früh ist es von dem Gebüsch am Wege von Dampleur aufgebrochen . . .«

»Woher weißt Du das,« fragte Mathias, »da Du erst um drei hinausgegangen bist?

»Hören Sie nur, Vater Watrin! Fragt der, woher ich das weiß! – Ich will es Dir erzählen, Schielax, und merke es Dir.«

Franz hatte eine üble Gewohnheit, welche Mathias sehr verletzte, die nämlich, den Burschen und den Hund gleichmäßig Schielax zu nennen, obgleich, seiner Meinung nach, der Hund um Vieles zierlicher schielte.

Auf den ersten Blick schienen Beiden – dem Hunde und dem Burschen – die Benennung gleichgültig zu sein, aber die Äußerung dieser Gleichgültigkeit war doch nur bei dem Hunde unverstellt.

Franz selbst achtete nicht darauf und fuhr fort:

»Um welche Zeit fällt der Thau? Um drei Uhr früh, nicht wahr? Nun, wenn das Wildschwein nach dem Thaufalle sich aufgemacht hätte, würde es über die nasse Erde gegangen sein und kein Wasser in seinen Fährten stehen, während es über die trockene Erde gegangen, der Thau erst später gefallen ist, und längs des Weges Tränkstellen für die Rotkehlchen gemacht hat.«

»Wie alt ist es?« fragte Watrin, welcher entweder der Bemerkung des Mathias gar keine Bedeutung beilegte, oder die gegebene Erklärung für vollkommen genügend hielt.

»Sechs bis sieben Jahre,« antwortete Franz ohne Zögern.

»Oho! Nun hat das Schwein dem gar seinen Geburtsschein vorgewiesen!«

»Allerdings, und so deutlich unterzeichnet, wie es nicht Jeder kann . . . Wenn das Tier nicht besondere Gründe hat, sein Alter zu verheimlichen, stehe ich dafür, daß ich mich nicht um drei Monate irre. Nicht wahr, Schielax? Sehn Sie's, Vater Watrin, Schielax bestätigt, daß ich mich nicht irre.«

»Ist es allein?« fragte Vater Watrin.

»Nein, mit seiner trächtigen Sau . . .«

»Oho!«

»Die bald werfen wird.«

»Ohoho!« fiel Mathias ein.

»Vater Watrin, der Mensch da ist im Walde gefunden worden, und weiß nicht einmal, wenn eine Sau trächtig ist, oder nicht . . . Was hast Du denn gelernt?«

»Ein neues Tier?« fragte Vater Watrin, der zu wissen wünschte, ob die Zahl der Wildschweine in seinem Revier zu- oder abnähme oder sich gleich bliebe.

»Die Sau, ja,« antwortete Franz mit seiner gewöhnlichen Sicherheit; er nicht. . . Sie kenne ich nicht, ihn sehr gut. Er ist derselbe, dem ich vor vierzehn Tagen eine Kugel in die linke Schulter geschickt habe.«

»Warum glaubst Du das?«

»Das muß ich Ihnen sagen, der dem Schielax da anzuraten geben kann? Daß ich ihn getroffen hatte, wußte ich; aber die Kugel war nicht neben dem Schulterblatte hineingegangen, sondern in die Schulter selbst.

»Hm!« entgegnete Watrin; »er hat nicht geschweißet . . .«

»Nein, weil die Kugel zwischen Haut und Fleisch, im Speck sitzen geblieben ist. Jetzt fängt die Wunde an zu heilen; das juckt und das Thier reibt sich an den Bäumen; er hat an einem sogar ein Büschelchen Haar hängen lassen. Sehen Sie einmal.«

Bei diesen Worten nahm Franz aus seiner Westentasche ein Büschelchen Haar, das feucht von geronnenem Blut war, und seine Angabe bestätigte.

Watrin nahm es, sah es mit Kennerblick an, und gab es zurück als sei es etwas höchst Kostbares.

»'s ist so,« sagte er dabei, »und 's ist so gut als sähe ich das Tier. Ich habe nicht übel Lust, einen Gang ihm zu Gefallen zu tun.«

»Thun Sie das; Sie werden Alles finden, wie ich es gesagt habe. Sie brauchen mit ihm auch gar nicht besonders vorsichtig zu sein, sondern kennen sich ihm nähern so weit Sie wollen, er wird sich nicht rühren; die Frau Gemahlin befindet sich nicht recht wohl, und der Herr ist galant.«

»So werde ich auf der Stelle gehen,« sagte Vater Watrin mit einer Gebärde der Entschlossenheit, bei der er die Zähne so fest auf einander drückte, daß er noch ein Stück von dem schon so kurzen Pfeifenstummel abbiß.

»Wollen Sie Schielax mitnehmen?«

»Wozu?«

»Nun ja, Sie haben selbst gute Augen; Sie werden suchen und finden . . . den Namensvetter des Mathias will ich lieber in seine Hütte bringen, nachdem ich ihm ein Stück Brod gegeben habe, das er diesen Morgen redlich verdient hat.«

»Hast Du Alles gehört, Mathias?« sagte Watrin, welcher ruhig seine Kartoffeln verzehrte. »So gute Augen wirst Du nie bekommen.«

»Ist mir auch ganz und gar einerlei,« antwortete der Angeredete.

Watrin zuckte die Achseln über diese Gleichgültigkeit des Mathias, die ihm unerklärlich war; dann zog er seinen Uniformrock an, legte die Halbgamaschen an, nahm sein Gewehr, blos weil er ohne dasselbe nicht gewusst haben würde, was er mit dem rechten Arme anfange, reichte Franz die Hand und ging fort.

Dieser trat an den Schrank, schnitt etwa ein halbes Pfund Schwarzbrot ab, und murmelte:

»Dem Alten juckten die Beine als ich erzählte. . . Na, komm, Schielax, da ist ein tüchtiges Stück Brod. Jetzt vorwärts in die Hütte!«

Er ging mit dem Hunde hinaus, dem die Aussicht auf das Stück Brot die Verweisung in die Hütte in etwas versüßte, und ließ Mathias mit den Kartoffeln in der Asche allein.

Viertes Kapitel
Der Unglücksvogel

Kaum war Franz verschwunden, als Mathias den Kopf empor richtete und ein Ausdruck von Schlauheit, den man ihm schwerlich zugetraut hätte, blitzschnell über sein Gesicht zog.

Dann forschte er auf die sich entfernenden Schritte des jungen Mannes, und als er nichts mehr von denselben vernahm, schlich er zu der Cognacflasche, schielte nach der Türe, griff nach der Flasche und hielt sie ins Licht, um zu sehen wie viel darin sei und wie viel er also daraus trinken könne.

»Der alte Geizhals! mir bietet er nichts an!«

Um diese Vernachlässigung auszugleichen, führte er den Flaschenhals an seine Lippen und nahm daraus rasch drei oder vier Züge von dem Feuerwasser, als wäre es unschuldiges Wasser.

In diesem Augenblicke hörte er die Schritte Franzens wieder näher kommen und er kehrte geräuschlos auf seinen Schemel an dem Kamine zurück, wo er mit einer Miene der Unschuld, die selbst den Franz täuschen mußte, ein Lied zu summen begann, das durch die Dragoner in Villers-Cotterets bekannt geworden war. Ohne sich durch die Anwesenheit Franzens stören zu lassen, summte er weiter, dieser aber blieb vor ihm stehen und fragte:

»Du singst gar?«

»Ist es denn verboten? Dann muß es der Maire bekannt machen lassen und man wird nicht mehr singen.«

»Verboten ist es nicht,« sagte Franz, »aber Unglück wird es mir bringen.«

»Warum?«

»Wenn ich früh im Walde zuerst eine Eule schreien höre, denke ich bei mir: das fängt schlimm an.«

»So bin ich eine Eule? Meinetwegen. Ich bin Alles was ich sein soll.«

Er hielt beide Hände aneinander, nachdem er die unumgängliche Vorsicht gebraucht hatte, in dieselben zu spuken und ahmte täuschend den traurigen und eintönigen Eulenruf nach.

Franz selbst erbebte.

»Willst Du still sein, Unglücksvogel!« sagte er.

»Wenn ich Dir aber etwas vorzusingen hätte, was würdest Du sagen?«

»Ich würde sagen: ich habe keine Zeit, Dich anzuhören. Thue mir lieber einen Gefallen.«

»Dir?«

»Ja, mir. Meinst Du, Du könntest keinem Menschen einen Gefallen tun?«

»Was verlangst Du?«

»Du sollst mein Gewehr vor das Feuer halten, damit es trocken werde, während ich andere Gamaschen anziehe.«

 

»Andere Gamaschen! Der Franz fürchtet, sich einen Schnupfen zu holen!«

»Das gar nicht; ich will die Dienstgamaschen anziehen, weil der Inspektor zur Jagt kommen kann und ich nicht unvollständig dienstmäßig bekleidet vor ihm erscheinen mag. Willst Du mein Gewehr halten?«

»Weder das Deinige noch ein anderes. Man soll mir lieber den Kopf mit Steinen zerpochen, ehe ich von heute an bis ich sterbe ein Gewehr anrühre.«

»Da Du immer ungeschickt damit umgehst, wird es kein Verlust sein,« sagte Franz, der einen kleinen Schrank öffnete, in dem mehrere Gamaschen lagen, unter denen er die seinigen hervorsuchte.

Mathias sah ihm mit dem linken Auge zu, während das rechte sich ausschließlich mit der letzten Kartoffel zu beschäftigen schien, die er langsam und ungeschickt schälte; dann murmelte er:

»Warum sollte ich besser mit einem Gewehre umgehen für Andre? Wenn ich eins einmal für mich brauche, wirst Du schon sehen, daß ich nicht ungeschickter bin als Du. Ein Jahr, zwei, drei Jahre dem Herzoge umsonst dienen? Schönen Dank. Da werde ich lieber Bedienter bei dem Herrn Maire.«

»

»Wie so Bedienter bei dem Maire? bei Raisin, dem Holzhändler?«

»Bei Raisin, dem Holzhändler oder bei dem Maire, das bleibt sich gleich.«

»Meinetwegen,« sagte Franz. indem er die Gamaschen anknöpfte und verächtlich die Achseln zuckte.

»Es ist Dir nicht recht?«

»Mir?« antwortete Franz; »mir ist es sehr gleichgültig. Ich frage mich nur, was dann aus dem alten Peter werden soll.«

»Nun,« entgegnete Mathias; »der geht.«

»Der geht?« wiederholte Franz mit sichtbarer Theilnahme für den alten Diener, von dem die Rede war.

»Gewiß. Wenn ich an seine Stelle komme, muß er wohl gehen,« fuhr Mathias fort.

»Das ist nicht möglich,« fiel Franz ein. »Er ist ja seit zwanzig Jahren in dem Hause Raisins.«

»Ein Grund mehr, daß endlich einmal die Reihe auch an einen Andern kommt,« entgegnete Mathias mit seinem boshaften Lachen.

»Du bist ein schlechter Kerl, Schielax!« sagte Franz.

»Erstens,« antwortete Mathias mit dem dummen Gesichte, das er anzunehmen verstand, »heiße ich nicht Schielax; der Hund, den Du in die Hütte geführt hast, heißt so, nicht ich.«

»Du hast Recht,« entgegnete Franz; »und als er erfuhr, daß man Dir zufällig seinen Namen gab, machte der arme Hund Einspruch, und seitdem nennt man Dich nicht mehr Schielax, obgleich Du noch immer schielst.«

»Ich bin also Deiner Meinung nach, Franz, ein schlechter Kerl?«

»Ja, meiner Meinung und Aller Meinung nach.«

»Warum denn?«

»Schämst Du Dich nicht, einem armen alten Manne, wie Peter, das Brod wegzunehmen? Was soll aus ihm werden, wenn er keinen Dienst mehr bat? Er wird das Brod für sich, seine Frau und seine beiden Kinder an den Türen suchen müssen.«

»Du kannst ihm ja eine Pension von Deinen fünfhundert Francs Gehalt geben.«

»Das kann ich nicht,« antwortete Franz; »weil ich von den fünfhundert Francs meine Mutter mit erhalte, die Allen vorgeht, aber so oft er zu uns kommen will, soll er einen Teller voll Zwiebelsuppe und ein Stück Kaninchen finden, das tägliche Gericht von unser Einem. Bedienter bei dem Maire!« fuhr Franz fort, der nun auch die zweite Gamasche angeknöpft halte. »Es sieht Dir ähnlich, Bedienter zu werden.«

»Ein Bedientenrock ist so gut wie der andere,« sagte Mathias; »und der ist mir der liebste, in dem Geld steckt.«

»Halt einmal, Freund! – Nein, das war versprochen, mein Freund bist Du nicht. Unser Rock ist kein Bedientenrock, sondern eine Uniform.«

»Ob ein Eichenblatt in den Kragen gestickt, oder eine Tresse an den Ärmel genäht ist, bleibt sich ziemlich gleich,« antwortete Mathias mit einer Bewegung des Kopfes, welche seine Worte bestätigen sollte.

»Ja,« fuhr Franz fort, welcher dem Andern das letzte Wort nicht lassen wollte, »es ist nur der Unterschied, daß man mit dem Eichenblatt am Kragen arbeitet, und mit der Tresse am Ärmel faulenzt. Darum ziehst Du wohl auch die Tresse dem Eichenblatte vor, nicht wahr?«

»Das ist auch möglich,« antwortete Mathias, der plötzlich von einem Gedanken zum andern überging, als stelle sich dieser ihm eben jetzt dar. »Katharine soll ja heute aus Paris kommen.«

»Katharine? Wer ist das?« fragte Franz.

»Katharine? Nun, wer soll's sein? Katharine, die Nichte Vater Watrins, die Cousine Bernhards, die als Putzmacherin in Paris ausgelernt hat und den Laden der Mamsell Rigolot an dem Brunnenplatze in Villers-Cotterets übernehmen soll.«

»Nun und . . .?« fragte Franz.

»Wenn sie heute kommt, gehe ich erst morgen fort, denn es geht doch gewiß hier hoch her zur Feier der Rückkehr dieses Tugendspiegels.«

»Mathias,« sagte Franz um vieles ernster als bisher, »ich will Dir etwas sagen: wenn Du vor andern Leuten in diesem Hause von Mamsell Katharine sprichst, so merke wohl auf, vor wem Du sprichst.«

»Warum?«

»Weil Mamsell Katharine die Tochter der leiblichen Schwester Watrins ist.«

»Ja, und die Geliebte Bernhards, nicht wahr?«

»Wenn man Dich darum fragt, Mathias, wirst Du wohl tun, ganz einfach zu sagen, Du wüßtest Nichts.«

»Da bist Du auf dem Holzwege; ich werde sagen was ich weiß . . . Man hat gesehen, was man gesehen hat und gehört, was man gehört hat.«

»Höre einmal an, Mathias,« sagte Franz mit einem Ausdruck von Widerwillen und Verachtung, die so in einander verschmolzen waren, daß man nicht wußte, welches dieser beiden Gefühle vorherrschte, »Du hast wahrhaftig recht daran getan, Bedienter zu werden; es war Dein Beruf – Spion und Zuträger. Viel Glück im neuen Geschäfte! . . . Wenn Bernhard herunterkommt, sage ihm, ich erwartete ihn hundert Schritt von hier, auf dem Sammelplatze, – verstanden?«

Er warf bei diesen Worten das Gewehr auf die Achsel mit jener Bewegung, die denen eigen ist, welche fortwährend mit dieser Waffe umgehen, ging hinaus und sagte noch einmal:

»Ich bleibe dabei, Mathias, Du bist ein ganz schlechter Kerl.«

Mathias sah ihm mit seinem ewigen Lächeln nach, als aber der junge Mann verschwunden war, blitzte von neuem der Ausdruck der pfiffigen Klugheit über sein Gesicht und mit drohender Stimme sagte er:

»Du bleibst dabei? Ich bin ein schlechter Kerl? Ich schieße schlecht? Der Hund Bernhards hat Einspruch getan, als man mich Schielax nannte, wie ihn? Ich bin ein Spion, ein Zuträger, ein Faullenzer? Nur Geduld, Geduld! die Welt geht heute noch nicht unter und vielleicht kann ich Dir's noch einmal vergelten.«

In diesem Augenblicke knarrten die Stufen der Treppe, die in das erste Stock hinauf führte, die Türe ging auf und herein trat ein schöner, kräftiger, junger Mann von fünfundzwanzig Jahren in vollständigem Jägeranzuge, aber ohne Gewehr.

Bernhard Watrin war es, der Sohn vom Hause, von dem schon ein Paarmal die Rede gewesen ist.

Der Anzug des jungen Mannes war untadelig; sein blauer Frack mit silbernen Knöpfen, von oben bis unten zugemacht, hob den vortrefflichen Wuchs heraus; anliegende Sammetbeinkleider und Ledergamaschen, die bis über die Knie reichten, zeigten tadellose Schenkel und Waden; das blonde Haar endlich und der etwas dunklere Backenbart paßten vollkommen zu den Wangen, deren Jugendfrische Sonne und Wetter nicht hatten tilgen können.

Man fühlte sich auf den ersten Blick zu dem jungen Manne hingezogen, trotz dem festen Blicke seines hellblauen Auges und der etwas harten Form des Kinnes. Mathias aber gehörte nicht zu denen, welche sich so leicht hinziehen ließen. Die Körperschönheit Bernhards, die so stark von seiner Hässlichkeit abstach, war stets für den Herumstreicher eine Veranlassung zu Neid und Haß gewesen, und wenn er nur nöthig gehabt hätte sich selbst ein Unglück zu wünschen, damit dem Bernhard ein doppelt so großes betreffe, würde er gewiß keinen Augenblick gezögert haben, ein Auge verlieren zu wollen, damit Bernhard um beide Augen käme, oder ein Bein zu brechen, damit Bernhard beide Beine breche.

Dieses Gefühl war so, festgewurzelt bei ihm, daß er Bernhard trotz allen seinen Anstrengungen nie zulächeln konnte.

An dem heutigen Tage fiel sein Versuch zu lächeln noch essigsaurer aus als gewöhnlich. Es lag in diesem Lächeln etwas wie eine ungeduldige Freude, gleich dem Kalibans bei dem ersten Rollen des Donners, das ein Unwetter verkündet.

Bernhard achtete nicht auf dieses Lächeln, da in seinem Herzen Alles fröhlich zu sein schien. Er sah sich verwundert um und sagte endlich:

»Es war mir doch, als hätte ich Franz reden hören. War er nicht eben hier?«

»Er war da, aber er wollte nicht länger auf Sie warten und ging fort.«

»So werde ich ihn auf dem Sammelplatz treffen.«

Damit trat Bernhard an den Kamin, nahm sein Gewehr herunter, bließ in die Rohre, um sich zu überzeugen, daß sie rein und leer seien, ließ dann in jedes eine Ladung Pulver laufen und nahm zwei Filzpfropfen.

»Sie brauchen immer noch solche Pfropfe?« fragte Mathias.

»Ja, weil sie das Pulver gleichmäßiger zusammendrücken . . . Wo habe ich denn mein Messer?«

Er suchte in allen Taschen, fand aber das Gesuchte nicht.

»Wollen Sie das Meinige haben?« fragte Mathias.

»Gieb es her.«

Bernhard nahm das Messer, machte damit zwei Kreuze auf die zwei Kugeln und ließ sie in die Rohre seines Gewehres gleiten.

»Was machen Sie denn da, Herr Bernhard?« fragte Mathias.

»Ich zeichne meine Kugeln, um sie zu kennen, wenn es Streit giebt. Wenn Zwei auf ein Wildschwein schießen und dies bekommt nur eine Kugel, weiß man gern, von wem sie kommt.«

Er ging nach der Türe zu.

Mathias sah ihm mit seinem schielenden Auge nach, und in diesem Auge lag ein unglaublicher Ausdruck von Wildheit. Als Bernhard beinahe die Schwelle erreicht hatte, sagte er:

»Noch ein Wörtchen, Herr Bernhard . . . Da Ihr guter Freund, Ihr Herzensfreund, Ihr Dutzbruder, der Franz, das Wildschwein schon halb und halb in Sicherheit gebracht hat, gehen Sie nicht vergeblich. Und so früh haben die Hunde auch keine Witterung.«

»Was willst Du von mir?« fragte Bernhard.

»Ist es wahr, daß das Weltwunder heute kommt?«

»Was meinst Du?« fragte Bernhard und seine Stirn runzelte sich.

»Nun . . . Katharine.«

Kaum hatte Mathias diesen Namen ausgesprochen, als eine derbe Ohrfeige ihm auf den Backen fiel. Er trat ein Paar Schritte zurück, ohne daß der Ausdruck seines Gesichts sich änderte, aber er legte die Hand auf die betroffene Stelle und fragte:

»Was haben Sie denn heute, Herr Bernhard?«

»Nichts,« antwortete dieser, »ich wollte Dich nur lehren, diesen Namen mit der Achtung auszusprechen, die ihm gebührt.«

»Na,« fuhr Mathias fort, der noch immer die eine Hand auf den Backen hielt und mit der andern in seinen Taschen suchte, »wenn Sie erfahren, was in dem Papiere da steht, werden Sie doch bedauern, mich geschlagen zu haben.«

»In dem Papiere?« wiederholte Bernhard.

»Ja.«

»So laß das Papier sehen.«

»Geduld!«

»Her das Papier, sage ich!« und er entriß es ihm.

Es war ein Brief mit der Adresse:

»An Mademoiselle Katharine Blum,

Paris,
Straße Bourg-l'Abbé, Nr. 15.«
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