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La San Felice Band 12

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La San Felice Band 12
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Zwölfter Theil

Erstes Capitel.
Eine letzte Warnung

Während der Nacht, welche auf die Rückkehr der beiden Backer in ihr Gefängniß folgte, schrieb Salvato in einem der Gemächer des Palastes Angri, welchen er immer noch bewohnte, an einem Tische sitzend und die Stirn in die linke Hand stützend, mit jener festen, leserlichen Hand, welche das Symbol seines Charakters war, den folgenden Brief:

»An den Bruder Joseph im Kloster del Monte Cassino.

»Am 12. Juni 1799.

»Geliebter Vater!

»Der Tag des letzten Kampfes ist da. Ich habe von dem General Macdonald die Erlaubniß erhalten, in Neapel zu bleiben, weil ich der Ansicht war, meine erste Pflicht als Neapolitaner sei, mein Vaterland zu vertheidigen. Ich werde Alles, was in meinen Kräften steht, thun, um es zu retten, und wenn ich es nicht retten kann, so werde ich Alles, was in meinen Kräften steht, thun, um zu sterben. Und wenn ich sterbe, dann werden zwei geliebte Namen mit meinem letzten Seufzer auf meinem Munde schweben und meiner Seele als Schwingen dienen, um sie in den Himmel emporzutragen, – der deinige und der Luisa’s.

»Obschon ich deine innige Liebe zu mir kenne, so verlange ich doch nichts für mich, mein Vater. Meine Pflicht ist mir vorgezeichnet und ich habe Dir schon gesagt, daß ich sie erfüllen werde. Wenn ich aber sterbe, mein geliebter Vater, dann ist Luisa allein, und da sie die unschuldige Ursache des Todes zweier gestern zum Erschießen verurtheilten Männer ist, so kann man nicht wissen; ob nicht, trotz ihrer Unschuld, die Rache des Königs sie verfolgt. Sind wir Sieger, so hat sie diese Rache nicht zu fürchten, und dieser Brief ist nur ein Zeugniß mehr von der großen Liebe, die ich zu Dir hege und von der ewigen Hoffnung, welche ich auf Dich setze.

»Werden wir dagegen besiegt und bin ich außer Stande, Luisa beizustehen, dann wirst Du mein Vater, mich ersetzen.

»Du wirst, lieber Vater, die Höhen deines heiligen Berges verlassen, und in dass Leben herabsteigen. Du hast Dir die Lebensaufgabe gestellt, den Menschen dem Tode streitig zu machen. Du wirst Dich nicht von diesem Ziele entfernen, wenn Du diesen Engel rettest, dessen Namen ich Dir genannt, und dessen Tugenden ich Dir erzählt.

»Da in Neapel das Geld das sicherste Hilfsmittel ist welches man haben kann, so habe ich auf einer Reise nach Molisa fünfzigtausend Ducati zusammengebracht, von welchen ich allerdings einige hundert wieder ausgegeben, die aber fast noch in ganzer Summe in einer eisernen Casse auf dem Pausilippo neben den Statuen des Grabmals Virgils am Fuße des ewigen Lorbeerbaumes vergraben sind; dort wirst Du sie finden.

»Wir sind hier nicht blos von Feinden, was nichts zu bedeuten hätte, sondern auch von Verräthern umringt, und dies ist entsetzlich. Das Volk ist so verblendet, unwissend und in seinen Aberglauben verrannt, daß es die, welche es frei machen wollen, für seine größten Feinde hält, und Jedem, der den Ketten, die es schon trägt, noch eine neue hinzufügt, einen förmlichen Cultus widmet. O, mein Vater, wer wie Du sich dem Wohl des Körpers widmet, erwirbt vor Gott ein großes Verdienst. Noch weit größer aber, glaube mir, wird das Verdienst dessen sein, der sich der Erziehung dieser Geister, der Aufklärung dieser Seelen widmet.

»Leb wohl, mein Vater! Der Herr hält das Leben dieser Nation in seinen Händen. Du hältst in deinen Händen mehr als mein Leben – meine Seele. Es grüßt Dich

Dein Salvato.«

»Nachschrift. Es wäre überflüssig, aber auch sogar gefährlich, wenn Du mir bei den Zuständen, welche hier herrschen antworten wolltest. Der Bote könnte angehalten und deine Antwort gelesen werden. Uebergib daher dem Überbringer drei Perlen von deinem Rosenkranz. Sie werden für mich den Glauben repräsentieren der mir mangelt, die Hoffnung, welche ich zu Dir habe, die Menschenliebe, von welcher dein Herz überwallt.«

Als dieses Brief beendet war, drehte sich Salvato herum und rief Michele.

Die Thür öffnete sich sofort und Michele erschien.

»Hast-Du den Mann gefunden, den wir brauchen?« fragte Salvato.

»Wiedergefunden, wollen Sie sagen, denn es ist derselbe, welcher drei Reisen nach Rom gemacht hat, um dem General Championnet die Briefe des republikanischen Comité’s" zuzustellen und ihm Nachrichten von uns zu überbringen.«

»Dann ist es also ein Patriot?«

»Ja, und er bedauert nur Eines, Excellenz,« sagte der Bote, indem er in das Zimmer trat, »nämlich, daß Sie ihn im Augenblick der Gefahr von Neapel entfernen.«

»Das, was Du thun wirst, geschieht immer blos, um Neapel zu dienen.«

»Befehlen Sie. Ich weiß, wer Sie sind und welche Verdienste Sie besitzen.«

»Hier ist ein Brief, den Du aus den Monte Cassino tragen wirst. Du wirst dort nach dem Bruder Joseph fragen und ihm diesen Brief übergeben – aber nur ihm selbst, hörst Du?«

»Soll ich auf Antwort warten?«

»Da ich nicht weiß, wer, wenn Du wieder-kommst, Herr von Neapel sein wird, so wird diese Antwort ein zwischen uns verabredetes Zeichen sein. Für mich wird diese Antwort Alles sagen. Hat Michele sich mit Dir über den Preis für deinen Gang geeinigt?«

»Ja,« antwortete der Bote; »ich bitte um einen Händedruck, wenn ich zurückkomme.«

»Ich sehe, daß es doch noch wackere Leute in Neapel gibt. Geh, Bruder, und Gott geleite Dich.«

Der Bote entfernte sich.

»Nun, Michele,« sagte Salvato, »wollen wir an Luisa denken.«

»Ich erwarte Sie, mein Brigadier,« sagte der Lazzarone.

Salvato schnallte seinen Säbel um, steckte ein Paar Pistolen in seinen Gürtel, gab seinen Calabresen Befehl, ihn um Mitternacht mit zwei Handpferden am Moloplatze zu erwarten, ging die Toledostraße entlang, bog in die Chiaja ein, folgte dem Meeresstrande und gelangte auf diese Weise nach Mergellina. So wie er sich dem Palmbaumhause näherte, war es ihm, als hörte er eine Art seltsamen Gesang nach einer wunderlichen Melodie, obschon diese kaum eine solche zu nennen war.

Die Person, von welcher dieser Gesang ausging, stand, gegen das Haus gelehnt, unter dem Fenster des Speisezimmers und man sah ihre lange Gestalt sich durch ein düsteres, unbewegliches Reliefbild an der Mauer abzeichnen.

Michele erkannte die albanesische Hexe oder Wahrsagerin, welche bei allen wichtigen Umständen in dem Leben Luisas ihr erschienen war.

Sie faßte Salvato beim Arm, damit dieser auf sie höre. Sie war bei der letzten Strophe ihres Gesanges angelangt, die beiden Männer konnten aber noch die Worte hören:

»Fern von uns flieht die Schwalbe, wenn die Winde des Nordens wehen. Arme Taube, mache es wie sie, denn dein Fittig kennt die Straße des Frühlings!«

»Gehen Sie hinein zu Luisa,« sagte Michele zu Salvato, »ich werde Nanno mittlerweile zurückhalten, und wenn Luisa es angemessen findet, sie zu Rathe zu ziehen, so rufen Sie uns.«

Salvato hatte einen Schlüssel zu der Gartenthür, denn allmälig waren, wie wir gesagt haben, alle jene Geheimnisse, welche eine entstehende und schüchterne Liebe umgeben, wenn auch nicht verschwunden, doch wenigstens etwas aufgeklärt, obschon die Freunde den halbdurchsichtigen Zustand zu durchschauen vermochten.

Salvato ließ die Thür blos gegen die Mauer angelehnt, ging den Perron hinauf, öffnete die Thür des Speisezimmers und sah Luisa am Fenster hinter der geschlossenen Jalousie stehen. Es war augenscheinlich, daß sie von Nannos Gesang kein Wort verloren hatte.

Als sie Salvato erblickte, kam sie auf ihn zu und lehnte mit wehmüthigem Lächeln ihr Haupt an seine Schulter.

»Ich sah Dich mit Michele von weitem kommen,« sagte sie. »Ich hörte eben diesem Weibe zu.«

»Ich that dasselbe,« sagte Salvato. »Ich hörte aber blos die letzte Strophe ihres Gesanges.«

»Diese war eine Wiederholung der anderen. Es waren deren drei. Alle verkünden eine Gefahr und fordern auf, derselben zu entfliehen.«

»Hast Du Dich jemals über diese Frau zu beklagen gehabt?«

»O nein, niemals; im Gegentheile. Allerdings hat sie mir gleich an dem ersten Tage, wo ich sie sah, etwas prophezeit was ich damals für unmöglich hielt.«

»Und hältst Du es setzt für wahrscheinlich?«

»Es sind, seitdem wir einander kennen, so viele Dinge, welche unmöglich vorauszusehen waren, geschehen, daß mir jetzt Alles möglich geworden zu sein scheint.«

»Willst Du, daß wir diese Wahrsagerin heraufkommen lassen? Wenn Du Dich niemals über sie zu beklagen gehabt hast, so bin ich ihr geradezu Dank schuldig, denn sie legte den ersten Verband auf meine Wunde, eine Wunde, welche leicht hätte tödtlich werden können.«

»Allein hätte ich es nicht gewagt, mit Dir aber fürchte ich nichts.«

»Und warum hättest Du es nicht gewagt?« fragte hinter den beiden Liebenden eine Stimme bei der sie zusammenzuckten, denn sie erkannten in derselben die der Wahrsagerin. »Habe ich nicht immer wie ein guter Genius versucht, die Unglücke von Dir abzuwenden? Wärest Du, wenn Du meinen Rath befolgt hättest, jetzt nicht in Palermo bei, deinem natürlichen Beschützer anstatt hier zu sein, gequält von Selbstvorwürfen darüber, daß Du zwei Männer denuncirt hast, welche man morgen erschießen wird? Würdest Du nicht auch heute, während es nach Zeit ist, dem Schicksal entrinnen, welches ich Dir vorhergesagt und Welchem Du in verhängnißvoller Weise entgegengehst? Ich sagte Dir schon einmal: Gott hat das Geschick der Sterblichen in ihre Hand geschrieben, damit sie, wenn sie festen Willen haben, gegen dieses Schicksal kämpfen können. Ich habe seit dem Tage wo ich Dir einen unheilvollen, gewaltsamen Tod prophezeite, deine Hand nicht wieder gesehen. Wohlan, betrachte sie heute und sage mir, ob jener Stern, den ich Dir bezeichnete, welcher die zu jener Zeit staunt sichtbare, Lebenslinie theilte, nicht deutlicher und noch einmal so groß geworden ist.«

 

Luisa betrachtete ihre Hand und stieß einen Schrei aus.

Schau selbst hin, junger Mann,« fuhr die Wahrsagerin zu Salvato gewendet fort, »und Du wirst sehen, ob sein glühender Eisenstab mit einem lebhafteren Roth zeichnen würde, als die Vorsehung thut, welche Dir durch meinen Mund einen letzten Rath ertheilt.«

Salvato faßte Luisa in seine Arme, zog sie näher an das Fenster, brach ihr die Hand auf, welche sie geschlossen zu halten versuchte, und stieß seinerseits einen leichten Schrei des Erstaunens aus.

Ein Stern, so wie eine kleine Linse mit fünf deutlich sichtbaren divergirenden Strahlen theilte die Lebenslinie in zwei Hälften.

»Nanno,«– sagte der junge Mann, »ich erkenne an, daß Du unsere Freundin bist. Als ich noch Freiheit des Handelns besaß, als ich mich von Neapel entfernen konnte, schlug ich Luisa vor, sie nach Capua, nach Gaëta oder selbst nach Rom zu bringen. Heute ist es zu spät, ich bin an die Geschicke Neapels gefesselt.«

»Deshalb bin ich eben gekommen,« sagte die alte Albaneserin, »denn das, was Du nicht mehr kannst, kann noch recht wohl von mir gethan werden.«

»Ich verstehe nicht,« sagte Salvato.

»Und dennoch ist die Sache sehr einfach. Ich nehme diese gute Frau mit mir und bringe Sie nach dem Norden, das heißt dahin, wo die Gefahr nicht ist.«

»Und wie willst Du sie fortbringen?«

Nanno schlug ihren langen Mantel auseinander, zeigte auf ein Paket, welches sie in der Hand hielt, und sagte:

»Dieses Paket enthält das vollständige Costüm einer Bäuerin von Moida. In der Albanesertracht wird Niemand die Chevalière San Felice erkennen. Sie wird meine Tochter sein. Alle Welt kennt die alte Nanno und weder Republikaner noch Sanfedisten werden der Tochter der albanesischen Wahrsagerin etwas in den Weg legen.«

Salvato sah Luisa an.

Michele, welcher bis jetzt unbemerkt im Schatten der Thür gestanden hatte, näherte sich Luisa, kniete vor ihr nieder und sagte:

»Ich bitte Dich, Luisa, höre auf die Stimme Nanno’s. Alles, was sie prophezeit hat, ist bis jetzt eingetroffen, Dir sowohl als mir. Mir, dem Lazzarone, prophezeite sie, ich würde Oberst werden, und ich bin aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz einer geworden. Es bleibt nun noch die schlimme Seite der Prophezeiung übrig, und es ist wahrscheinlich, daß auch diese in Erfüllung gehen wird. Dir prophezeite sie, es würde ein schöner junger Mann unter deinen Fenstern verwundet werden, und der schöne junge Mann ist wirklich verwundet worden. Sie prophezeien daß Du ihn lieben würdest, und Du liebst ihn. Sie prophezeite, daß dieser Geliebte Dich verlieren würde, und er verliert Dich, weil Du Dich aus Liebe zu ihm weigerst zu fliehen. Luisa, höre, was Nanno Dir sagt. Du bist kein Mann; für Dich ist es keine Schande, wenn Du fliehest. Wir freilich müssen bleiben und kämpfen. Wenn wir alle Beide den Kampf überleben so werden wir Dir nachfolgen; bleibt nur Einer am Leben, so kommt dieser. Ich weiß wohl, daß, wenn ich dieser bin, ich Salvato nicht ersetzen kann, aber dies ist nicht wahrscheinlich Salvato wird durch keine Vorhersagung im voraus zum Tode verdammt, während ich bereits verurtheilt bin. Als die Wahrsagerin Dich vorhin aufforderte, deine Hand zu betrachten, meine arme Luisa, betrachtete ich auch unwillkürlich die meinige. Der Stern ist immer noch darin und weit sichtbaren als er es vor acht Monaten, das heißt am Tage der Prophezeiung war. Lege daher diese Verkleidung an, Schwesterchen. Du weißt, wie hübsch Du Dich in Assunta’s Costüm ausnahmst.«

»Ach,« murmelte Luisa, »welch ein herrlicher Abend war es für mich, wo ich Assunta’s Kleider lieh! Wie weit liegt diese Zeit schon hinter uns, mein Gott!«

»Diese Zeit kann, wenn Du willst, für Dich wiederkommen, Schwesterchen,« sagte Michele.

»Du brauchst blos den Muth zu haben, Salvato jetzt zu verlassen.«

»O, nimmermehr, nimmermehr!« murmelte Luisa, indem sie ihre Arme um Salvato’s Hals schlang. »Ich will mit ihm leben oder mit ihm sterben.«

»Ich weiß es wohl,« fuhr Michele fort. »Ganz gewiß wäre es etwas Großes und Herrliches, mit ihm zu leben oder mit ihm zu sterben; wer sagt Dir aber, daß Du, wenn Du hier bleibst, mit ihm leben oder mit ihm sterben wirst? Du wünschest es, Du hoffst es. Gesetzt aber, Du bliebst, würdest Du dann hier in diesem Hause bleiben?«

»O nein!« rief Salvato; »ich werde sie in das Castello Nuovo bringen. Wohl weiß ich, daß das Castell San Elmo besser wäre; nach dem aber, was zwischen Mejean und mir vorgegangen ist, traue ich ihm nicht mehr.«

»Und was werden Sie, nachdem Sie Luisa in das Castello Nuovo gebracht haben, dann thun?«

»Dann stell ich mich an die Spitze meiner Calabresen und kämpfe.«

»Dann sehen Sie also, Signor Salvato, daß Sie nicht bei Luisa leben, sondern sehr fern von ihr sterben können.«

»Sie lieben Luisa,« sagte Salvato; »es kann allerdings ganz so kommen, wie Michele sagt.«

»Was kommt darauf an, ob Du fern von mir oder in meiner Nähe stirbst, Salvato? Bist Du todt, dann weißt Du wohl, daß auch ich sterben werde.«

»Und hast Du auch das Recht zu sterben?« entgegnete Salvato in englischer Sprache, »jetzt, wo Du nicht mehr allein sterben würdest?«

»O, mein Freund,« murmelte Luisa, indem sie ihr Gesicht an Salvatos Brust barg.

In diesem Augenblick trat Giovannina ein und sagte mit dem Lächeln eines bösen Engels auf den Lippen:

»Ein Brief von Signor André Backer an Signora.«

Luisa zuckte zusammen, als ob sie Backer’s Geist hätte erscheinen sehen.

Salvato betrachtete sie mit Erstaunen.

Michele stand auf und wendete seine Blicke nach der Thür.

An dieser stand der Cassirer Klagmann. Er war Luisa persönlich wohlbekannt, denn er war es, der ihr gewöhnlich die Zinsen von dem Gelde brachte, welches sie oder vielmehr der Chevalier bei dem Hause Backer angelegt hatte.

Er war Ueberbringer nicht eines, sondern zweier Briefe an Luisa.

Diese beiden Briefe sollten ohne Zweifel in einer bestimmten Reihenfolge gelesen werden, denn der Bote gab Luisa zuerst einen, indem er durch eine Geberde andeutete, daß er, wenn sie den ersten gelesen hätte, ihr dann auch den zweiten geben würde.

Der erste war das an die Gläubiger des Hauses Backer gerichtete gedruckte Circulat.

So wie Luisa die verhängnißvolle Schrift laut vorlas, ward ihre Stimme immer wankender und bei den Worten: »In Folge der Verurtheilung der beiden Chefs zum Tode« entfiel das Papier ihrer zitternden Hand und ihre Stimme erlosch.

Michele hob das Papier auf, und während Luisa sich schluchzend an Salvatos Brust lehnte, der sie mit beiden Armen an sein Herz druckte, las er das Circular laut vollends zu Ende.

Dann trat ein langes schmerzliches Schweigen ein.

Dieses Schweigen ward zuerst wieder durch die Stimme des Boten unterbrochen, welcher sagte:

»Signora, das Papier, welches man soeben gelesen, ist das an Alle gerichtete Circulat; überdies aber bin ich Überbringer eines Briefes von Signor André Backer. Dieser Brief ist an Sie persönlich adressiert und enthält seine letzten Absichten und Wünsche.«

Salvato öffnete seine Arme, um Luisa die ihr angekündigte Art Testament lesen zu lassen.

Sie streckte die Hand aus, empfing von Klagmann den Brief, anstatt aber diesen selbst zu entsiegeln, reichte sie ihn Salvato, indem sie zu ihm sagte:

»Lies!«

Die erste Bewegung, welche Salvato machte, war, daß er den Brief sanft zurückdrängte; Luisa aber bestand auf ihrem Wunsch, indem sie sagte:

»Siehst Du nicht, mein Freund, daß ich völlig außer Stande bin, selbst zu lesen?«

Salvato entsiegelte den Brief, und da er in der Nähe des Camines stand, auf welchem die Kerzen eines Candelabers brannten, so konnte er, indem er fortfuhr Luisa an sein Herz zu drücken, den folgenden Brief lesen:

»Signora!

»Wenn ich ein reineres Wesen kennte als Sie, so würde ich dieses mit der heiligen Mission beauftragen, welche ich indem ich aus dem Leben scheide, Ihnen hinterlasse.

»Alle unsere Schulden sind bezahlt, unsere Liquidation festgestellt, und es bleibt unserem Hause eine Summe von ungefähr vierhunderttausend Ducati. Diese Summe bestimmen mein Vater und ich zur Unterstützung der Opfer des Bürgerkrieges, in welchem wir erliegen, und zwar ohne Rücksicht auf die Grundsätze, zu welchen diese Opfer sich bekannt haben, oder auf die Reihen, in welchen sie gefallen sein werden. Für die Todten können wir weiter nichts thun, als selbst sterbend für sie beten. Auch sind es nicht die Todten, welche wir mit dem Namen der Opfer bezeichnen. Wohl aber können wir – und dies sind nach unserer Ansicht die eigentlichen Opfer – etwas für die Kinder und die Witwen derer thun, welche auf irgend eine Weise in dem Kampfe fallen, den wir in seinem wahren Lichte erst in dieser Stunde sehen und der, wie wir mit innigem Leidwesen sagen, ein brudermörderischer Kampf ist.

»Damit aber diese Summe von vierhunderttausend Ducati auf verständige, redliche und unparteiische Weise vertheilt werde, legen wir dieselbe in Ihre gesegneten Hände, Signora. Sie werden sie, dessen sind wir überzeugt, dem Recht und der Billigkeit gemäß vertheilen.

»Dieser letzte Beweis von Vertrauen und Achtung zeigt Ihnen, Signora, daß wir in unser Grab die Ueberzeugung mitnehmen, daß Sie nicht Schuld an unserem unschuldigen vorzeitigen Tode sind, sondern daß das Verhängniß Alles gethan hat.

»Ich hoffe, daß dieser Brief Ihnen heute Abend zugestellt werden wird und daß wir in diesem Augenblicke uns dem Troste hingeben können, zu wissen, daß Sie die Mission übernehmen, welche den-Zweck hat, die Gnade des Himmels auf unser Haus und den Segen der Unglücklichen auf unser Grab herabzurufen.

»Mit denselben Gesinnungen, womit ich gelebt, sterbe ich, und nenne mich, Signora, Ihren ehrerbietigen Bewunderer.

»André Backer.«

Ganz im Gegensatze zu dem ersten schien dieser zweite Brief Luisa die Kräfte wieder zu geben. So wie Salvato, der die eigene Bewegung nicht bemeistern konnte, mit zitternder Stimme vorlas, richtete sie ihr von der Furcht des Fluches gebeugtes Haupt strahlend empor und ein triumphierendes Lächeln durchbrach wie Sonnenschein die Wolken ihrer Thränen.

Sie näherte sich dem Tische, auf welchem Schreibmaterialien lagen, und schrieb folgende Worte:

»Ich stand im Begriffe fortzugehen; ich wollte Neapel verlassen, als ich Ihren Brief erhielt. Um die heilige Pflicht, die er mir auflegt, zu erfüllen, bleibe ich nun. Sie haben mich richtig beurtheilt, und ich sage Ihnen, ebenso wie ich zu Gott sagen werde, vor welchem Sie im Begriffe stehen zu erscheinen und wohin ich vielleicht Ihnen bald nachfolgen werde – Ihnen sage ich: Ich bin unschuldig! Leben Sie wohl. Ihre Freundin ins dieser und jener Welt, wo wir, hoffe ich, uns wieder finden werden.

»Luisa.«

Luisa reichte diese Antwort Salvato, der sie lächelnd ergriff und ohne zu lesen Klagmann übergab.

Der Bote entfernte sich, und Michele that nach ihm dasselbe.

»Also,« sagte Nanno, »Du bleibst?«

»Ja« ich bleibe,« antwortete Luisa, deren Herz nur seinen Vorwand verlangte, um sich zu Gunsten Salvatos zu entscheiden und welche, ohne sich vielleicht selbst Rechenschaft davon zu geben, begierig diesen ergriff, welchen der Verurtheilte ihr darbot.

Nanno hob die Hand empor und sagte in feierlichem Tone zu Salvato:

»Du, der Du diese Frau mehr liebst als dein Leben, und eben sei innig wie deine Seele, Du bist mein Zeuge, daß ich Alles, was in meinen Kräften gestanden, gethan habe, um sie zu retten. Du bist mein Zeuge, daß ich sie über die Gefahr in der sie schwebt, aufgeklärt, daß ich sie aufgefordert habe, zu fliehen und daß ich ihr im Widerspruche mit den Befehlen, welche das Schicksal denen gibt, welchen es die Zukunft enthüllt, ihr meine thatsächliche Unterstützung angeboten habe. Wie grausam daher das Schicksal gegen Euch sein möge, so fluchet doch der alten Nanno nicht, sondern sagt im Gegentheile, daß sie Alles, was sie gekonnt, gethan hat, um Euch zu retten.«

Und in den Schatten gleitend, mit welchem ihr eigener düsterer Schatten verschwamm, verschwand sie, ohne daß Luisa oder Salvato daran gedacht hätten, sie zurückzuhalten.

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