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Seeabenteuer und Schiffsbrüche

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5.
Die dreißig Rupien der Madame Bremner

Dieser Rettungsruf machte Anfangs, so unglaublich dies auf den ersten Anschein klingen mag, auf Niemanden einen bemerkbaren Eindruck; die Apathie diese: Unglücklichen war so groß, daß Keiner aufstand, um sich durch eigne Anschauung von der Wahrheit der Thatsache zu überzeugen.

Einige Minuten Zeit waren nöthig, damit der durch die körperliche Erschöpfung geschwächte Geist der armen Leute die angekündigte Nachricht zu fassen vermochte, und nach Verlauf dieser ersten Minuten entstand eine Anfangs kaum merkliche Bewegung, bis nach und nach endlich Alle mit gespannter Erwartung den Blick auf den bezeichneten Punkt richteten.

Aber der Tag war schon zu weit vorgerückt, als daß man noch hätte erkennen können, ob es wirklich Land oder nur ein Trugbild war, welches die Phantasie der Schiffbrüchigen zuweilen auf dem einsamen Ozeane erblickt.

Merkwürdiger Weise aber schien man Anfangs kaum einigen Werth auf dieses glückliche Ereigniß zu legen; Aller Blicke hatten sich schweigend auf den bezeichneten Punkt gerichtet, dann war, wie gesagt, die Nacht hereingebrochen und hatte Alles in ihren dunkeln Mantel gehüllt.

Bald aber schien sich die Sehnsucht nach dem rettenden Lande im Herzen der Unglücklichen zu regen; das Gespräch wurde lebhafter, Jedermann äußerte seine Meinung und endlich war man allgemein der Ansicht, daß es Land gewesen sein müsse.

Nur John Mackay behauptete, daß es kein Land sei, und daß, selbst wenn es dies wäre, von einer gewissen Aussicht auf Rettung noch keineswegs die Rede sein könne.

Die unglückliche Madame Bremner, welche durch den Tod ihres Gatten und durch ihre eigenen Leiden schon völlig zu Boden gedrückt gewesen war, klammerte sich jetzt mit der Kraft der Verzweiflung an den schwachen Hoffnungsschimmer, und John Mackay's beharrliches Leugnen, daß das Gesehene Land sei, sowie seine Gleichgültigkeit gegen diese Nachricht, wenn sie auch auf Wahrheit beruhen sollte, machten sie vollends ganz unglücklich.

»Warum wollt Ihr denn nicht glauben, daß wir in der Nähe einer Küste sind? « rief sie aus; »und warum scheint Ihr Euch ganz und gar nicht darnach zu sehnen, wenn Ihr es auch glauben wolltet?«

»Weil ich erstens wirklich nicht glaube, daß ein Land in der Nähe sein kann,« antwortete der Hochbootsmann, »und dann, weil es in diesem Falle nicht unsere Rettung, sondern gerade unser unvermeidliches Verderben sein würde.«

»Unser Verderben? Warum denn?«. fragte die arme Frau,mit einem fieberglühenden Blicke.

»Weil wir das Schiff nicht regieren und daher unmöglich in einen Hafen steuern können, weil es eben deshalb in bedeutender Entfernung von der Küste auf den Grund stoßen und dann unfehlbar von den Wellen zertrümmert werden wird. Wenn Sie nicht mehr die Kraft in sich fühlen, Ihre Leiden zu ertragen, so wünschen Sie die Nähe, einer Küste herbei, und Sie können überzeugt sein, daß wie dann gewiß von allen unsern Qualen erlöst werden.«

Diese Prophezeiung aus dem Munde eines so erfahrenen Seemannes, wie John Mackay, versetzte Jedermann in eine verzweiflungsvolle Bestürzung, und mit der Hoffnung, die er den Unglücklichen geraubt hatte, erlosch auch das Gepräch wieder.

John erzählt selbst, daß die Ankündigung von der Nähe einer Küste ihm einen so geringen Trost gewährt habe; daß er eingeschlafen sei und am folgenden Morgen, als er erwachte, nicht einen Blick auf den Punkt des Horizonte geworfen habe, wo man sie gesehen haben wollte.

In dem nämlichen Augenblicke aber bewegte einer von den im Fockmastkorbe befindlichen Matrosen sein Taschentuch und versuchte das Wort »Land!« auszurufen.

Man sah das wehende Tuch und ahnte, was der Mann sagen wollte; aber der Ruf seiner schwachen Stimme schlug nur als ein unverständlicher Laut an's Ohr der in dem andern Mastkorbe befindlichen Schiffbrüchigen.

Beim Anblicke dieses Taschentuches regte sich jedoch auch in John Mackay der Wunsch, aufzustehen und sich umzusehen; da er sich aber gerade in einer bequemen Stellung befand, konnte er sich kaum dazu entschließen, und es bedurfte der ganzen Energie seines Willens, damit er seiner Neugierde endlich die Bequemlichkeit aufopferte. Die Folge seines Zauderns war, daß einer seiner Nebenmänner eher aufstand und erklärte, daß er wirklich Land sehe; seinem Beispiele folgte bald ein Dritter, und binnen wenigen Minuten standen Alle, der Hochbootsmann nicht ausgenommen, aufrecht im Mastkorbe.

John Mackay mußte nun ebenfalls zugeben, daß Das, was man vor Augen sah, wirklich einer Küste glich.

Als jedoch Madame Bremner ihn fragte, ob er glaube, daß es die Küste Koromandel sei, konnte sich der wackere Seemann, trotz der Schrecklichkeit der Situation, nicht enthalten, über diese naive Frage zu lächeln.

Im Laufe des Tages wurde indessen das Vorhandensein einer Küste in der angegebenen Richtung so augenscheinlich, daß auch John Mackay es nicht mehr leugnen konnte. Welches Land es aber war, davon hatte er, so wenig als alle Anderen, nicht die entfernteste Idee.

Jedermann schwebte nun in einer unbeschreiblichen Angst; merkwürdiger Weise aber erwachte mitten in der allgemeinen Angst einige Hoffnung in John, und auch diese Hoffnung hatte er wieder aus einem religiösen Gedanken geschöpft.

Dieser religiöse Gedanke, der in Johns Herzen aufgestiegen, war der, daß Gott die Schiffbrüchigen unmöglich habe so lange leiden lassen können, um in dem Augenblicke, wo er ihnen die Hoffnung wiedergab, ihren Leiden durch den Tod ein Ende zu machen.

Als daher Madame Bremner ihn durch einen Blick befragte, als ob sein Ausspruch ein Orakel wäre, das über Leben und Tod entscheiden sollte, erhob John Mackay Augen und Hände zum Himmel und sprach das Wort aus:

»Ich hoffe!«

Von nun an verwendeten die unglücklichen kein Auge mehr von der Küste. Leider aber zeigte es sich, je näher man derselben kam; immer deutlicher, daß sie höchst wahrscheinlich unbewohnt war.

Der Hochbootsmann traf seine Anstalten für die Nachtruhe, fest überzeugt, daß diese seine letzte Nacht sein und daß das Schiff vor dem nächsten Morgen auffahren und auseinander gehen werde.

Er war jedoch so ermüdet, daß er dem ungeachtet fest schlief.

Kurz vor Sonnenaufgang wurde er wirklich, wie alle anderen Schlafenden, durch eine heftige Erschütterung geweckt; das Schiff war auf eine Klippe gestoßen. Ein schwacher Schrei, der aber sogleich wieder erstarb, entschlüpfte jedem Munde.

Darauf folgte eine ängstliche Stille.

Die Stöße wiederholten sich noch mehrere Male, und sie waren so heftig, daß jedes Mal die beiden Maste erschüttert wurden und die Schiffbrüchigen nicht in den Mastkörben aufrecht stehen konnten, sondern sich niederlegen und anhalten mußten.

Zwischen neun und zehn Uhr Morgens fiel das Meer um mehrere Fuß, und der noch vorhandene Theil des Verdecks erschien über dem Wasserspiegel.

Es war nun die Rede davon, daß man auf das Verdeck hinuntersteigen wolle.

Dies war aber keine Kleinigkeit in dem Zustande, in den die zwanzigtägige Hungersnoth die noch Lebenden versetzt hatte. Man wird sich leicht eine Vorstellung davon machen können, welchen Anblick diese Unglücklichen darbieten mußten, die sich zwanzig Tage lang von Nichts als einigen Tropfen Regenwasser genährt hatten!

Man versuchte es indessen, und wie der Mensch so ziemlich Alles kann, was er will, es gelang.

Ja, noch mehr, der Kanonier und der Hochbootsmann unternahmen es sogar, Madame Bremner hinunter zu tragen, und sie erreichten auch nach unsäglichen Anstrengungen die Schwigtingen; hier aber verließen sie die Kräfte, und sie konnten nicht weiter.

Sie wendeten sich nun an diejenigen,Lascars, die noch am Wenigsten erschöpft waren, und zwei von ihnen erboten sich, Madame Bremner vollends hinunter zu tragen; da sie aber wußten, daß die arme Frau dreißig Rupien gerettet hatte, verlangten sie acht davon für ihre Mühe.

Der Kanonier und John Mackay versprachen sie ihnen im Namen der Madame Bremner.

Sie stiegen nun bis zu ihr hinauf, nahmen sie auf die Arme und brachten sie glücklich auf's Verdeck.

Kaum waren sie hier angekommen, so verlangten sie die Auszahlung der acht Rupien.

Madame Bremner war so froh, daß sie nicht mehr in dem unglücklichen Mastkorbe war, in dem sie so unsäglich gelitten hatte, und sie setzte, trotz Mackay's Aussagen, so große Hoffnungen auf die vor ihren Blicken liegende Küste, daß sie ihnen mit Vergnügen Alles gegeben haben würde, was sie besaß. Aber der Hochbootsmann machte sie darauf aufmerksam, daß die zweiundzwanzig Rupien ihr ganzes Vermögen wären und daß es am Ende besser sei, sie erforderlichen Falls für das Gemeinwohl Aller zu verwenden, als sie zwei Schurken zu geben, welche schändlich genug waren, um sich. in einer solchen Lage einen kleinen Dienst bezahlen zu lassen, den sie einer Frau, und noch dazu der Gattin ihres Kapitains, erzeigt hatten.

.

John Mackay versichert übrigens, daß dieser Zug das einzige Beispiel von Habsucht und Egoismus gewesen sei, das man der Mannschaft zum Vorwurfe machen,konnte.

Das Hinuntersteigen auf das Verdeck hatte so große Anstrengungen gekostet, daß Jedermann nur an die Ruhe dachte, mit Ausnahme einiger Malayen und Lascars, die sogleich Alles durchstöbertem um zu sehen, ob sie nicht in irgend einem Winkel etwas Geld fänden. Während sie damit beschäftigt waren, machte der Hochbootsmann die Entdeckung, daß der obere Theil des Steuerruders von den Wellen abgerissen worden war und daß man durch die entstandene Oeffnung leicht in die Constabelkammer gelangen konnte.

Sobald das Zwischendeck vom Wasser frei war, was ungefähr um zwei Uhr Nachmittags geschah, ging man hinab, um zu sehen, ob man vielleicht einen nutzbaren Gegenstand fände; allein das Meer hatte hier einen langen Besuch abgestattet und sich Alles angeeignet, bis auf vier Kokosnüsse, die man unter dem Tauwerk entdeckte. Was nun geschah, tröstete einigermaßen hie Rechtschaffenen über die unmenschliche Habsucht der beiden Lascars. Die, welche die vier Kokosnüsse gefunden hatten: behielten sie nicht für sich, obgleich sie das Recht dazu gehabt hätten, sondern sie erklärten, daß diese kostbaren Früchte das gemeinschaftliche Eigenthum Aller seien und redlich getheilt werden sollten. Die einzige Prämie, die sie beanspruchten, war die Milch.

 

Die Nüsse waren jedoch so alt, daß 'sich die Milch in eine Art ranziges Oel verwandelt hatte, das unmöglich den Durst löschen konnte.

Auch die fleischigen Theile waren so trocken und hart geworden, daß sie fast gar keinen Nahrungsstoff mehr enthielten und daß Diejenigen, welche Etwas davon aßen, heftiges Magendrücken bekamen. Ueberhaupt quälte Alle der Durst weit mehr als der Hunger.

Abgesehen von dem völligen Mangel an Speise und Trank, an den sich die Unglücklichen fast gewöhnt zu haben schienen, war der Aufenthalt in der Constabelkammer viel erträglicher, als in den Mastkörben. Es war noch seine Aussicht vorhanden, an's Land zu gelangen; hätte man solche aber auch gehabt, so war es, da die entdeckte Küste unbewohnt zu sein schien, noch immer besser, ruhig und sanft in dieser Kammer zu sterben, als von Tigern zerrissen zu werden. Außerdem konnte man von einem Schiffe gesehen und von ihm aufgenommen werden, was eigentlich noch die einzige wirklich annehmbare Hoffnung war.

Der Anblick des Landes schien übrigens schon einen günstigen Einfluß auszuüben, denn seit dem man es entdeckt hatte, war noch Niemand wieder gestorben. Aller Blicke waren beständig auf die rettende Küste gerichtet, von der man kaum eine Stunde entfernt war.

Um zwei Uhr Nachmittags zeigten sich Gruppen lebender Geschöpfe am Ufer, welche aussahen, wie menschliche Gestalten. Diese Nachricht verbreitete sich sogleich auf dem unglücklichen Schiffe, und wer sich noch von der Stelle bewegen konnte, schleppte sich auf die Schanzverkleidung, um durch Schwenken von Kleidungsstücken und möglichst lautes Rufen die Aufmerksamkeit dieser Leute auf sich zu ziehen. Sie entfernten und zerstreuten sich jedoch bald wieder, ohne daß sie dem Schiffe die mindeste Aufmerksamkeit geschenkt zu haben schienen, und die Schiffbrüchigen zweifelten daher fast daran, daß es Menschen gewesen waren.

Dem ungeachtet hob der Anblick der Küste und der Geschöpfe, von denen sie bewohnt war, was für welche es auch sein mochten, ihre Kräfte wieder, und man sprach davon, um jeden Preis an's Land zu gelangen, sollte man auch bei dem Versuche umkommen. In Folge dessen gingen Diejenigen, welche sich noch am Kräftigsten fühlten, in die Constabelkammer hinunter, wo man Spieren und Segelstangen gesehen hatte, schafften mit großer Mühe etwa ein halbes Dutzend davon hinauf und warfen sie ins Meer. Aber diese wenigen Stämme waren nicht hinreichend, um Alle zu retten, und die Kräfte der Unglücklichen waren zu erschöpft, als daß sie mehr hätten herausschaffen können.

Leider war auch keine Hoffnung, daß die gesunkenen Kräfte zurückkehrten, denn durch jede Anstrengung wurden sie noch mehr vermindert. Man legte sich nieder und wartete.

Am Abende, als die Fluth zu steigen begann, sprangen sechs Lascars, die kräftigsten von allen noch Lebenden, in's Meer, umklammerten die Spieren und ließen sich von der Fluth an's Ufer treiben, das sie auch, trotz der heftigen Brandung, vor den Augen der auf dem Schiffe Zurückgebliebenen glücklich erreichten.

Diese konnten nun sehen, wie sie einen Bach fanden und mit unverkennbaren Zeichen von Freude daraus tranken; dann legten sie sich, da sie wahrscheinlich nicht die Kraft hatten, weiter zu gehen und eine andre Nahrung zu suchen, am Strande nieder und schliefen ein.

Am folgenden Morgen vor Tagesanbruch waren die Schiffbrüchigen wieder auf der Schanzverkleidung, um bei den ersten Strahlen der Sonne das Land wieder zu sehen und zu erfahren, ob den sechs Lascaren, um,die man während der Nacht sehr besorgt gewesen, kein Unglück begegnet war.

Zum Glück war ihnen Nichts geschehen; man sah sie an der Stelle, wo sie sich am vorigen Abende niedergelegt hatten, aufstehen, wieder an den Bach gehen und daraus trinken.

Nur zu gern hätten die noch auf dem Schiffe Befindlichen das Beispiel ihrer Gefährten nachgeahmt und es ebenfalls versucht, das Land zu erreichen. Aber sie waren so schwach, daß sie Alle zusammen nicht die kleinste Spiere auf's Verdeck tragen konnten. Es befanden sich in der That nur noch zwei Frauen, von denen die eine Madame Bremner war, ein Mann von etwa fünfzig Jahren, der schon bei der Abreise kränklich gewesen war, und drei noch ältere Männer an Bord. Merkwürdiger Weise hatten gerade diese schwächlichen Geschöpfe zum Erstaunen des kräftigen und gefunden John Mackay, der jetzt nicht minder erschöpft war als sie, Entbehrungen und Anstrengungen ertragen, denen die stärksten und jüngsten Männer erlegen waren.

Gegen Mittag bemerkte man eine große Anzahl Leute, wahrscheinlich Eingeborene des Landes, die sich am Strande versammelten und dann auf die Stelle zu gingen, wo die sechs Lascars sich wieder niedergelegt hatten.

Diese schienen keinen andern Wunsch zu haben, als nur immer in der Nähe des Baches zu bleiben.

Dieser Anblick erregte natürlich die Aufmerksamkeit der auf dem Schiffe Zurückgebliebenen im höchsten Grade. In der That, konnte Das, was jetzt vor ihren Augen geschah, über ihr Loos entscheiden, und es war unbestreitbar die interessanteste und spannendste Scene in dem ganzen entsetzlichen Drama.

Die beiden Gruppen blieben in einiger Entfernung von einander stehen und schienen einige eher freundschaftliche als feindselige Worte zu wechseln; dann schloß sich die kleinere Gruppe der größeren an, vermischte sich mit ihr, und während Einige am Ufer ein Feuer anzündeten, wahrscheinlich um Reis zu kochen, kamen die Anderen dem Schiffe so nahe als möglich und schwenkten Tücher, um den dort Befindlichen zu verstehen zu geben, daß sie ebenfalls an's Land kommen sollten.

Diese Winke machten einen ergreifenden Eindruck auf die Unglücklichen. Anstatt der wilden Thiere, von denen die Küste hätte bewohnt sein können, fand man Menschen, welche den an's Land Gekommenen Beistand leisteten und auch den noch Kommenden solchen zu leisten bereit waren. Die guten Leute hatten jedoch keine Boote, und hätten sie auch welche gehabt, so würden sie sie wegen der starken Brandung nicht haben benutzen können; aber die tröstende Stimme der Hoffnung sagte den Schiffbrüchigen, daß sie gewiß ein Mittel finden würden, um zu ihnen zu gelangen und sie zu retten.

In folge dieser neu belebten Hoffnung beschloß jetzt der Hochbootsmann John Mackay, der in dem Anblicke des Vorgangs am Ufer wieder ein wenig Kraft gefunden hatte, alles Mögliche zu versuchen, um ebenfalls an's Land zu gelangen.

Er theilte den Anderen seinen Entschluß mit und bat sie, daß sie ihm behilflich sein möchten, noch einige Spieren 'in's Meer zu werfen.

Der Kanonier, der Equipagenmeister und der junge Mensch, von dem wir gesprochen haben, vereinigten ihre Anstrengungen, um diesen Zweck zu erreichen; nach einigen Augenblicken aber verließen sie die Kräfte und sie legten sich traurig wieder auf's Verdeck nieder.

John Mackay und der junge Mann setzten nun die Arbeit allein fort.

Mit unsäglicher Mühe gelang es ihnen, eine Spiere an einer Leine in's Meer zu lassen; am andren Ende dieser Leine befestigten sie eine losgerissene Planke der Bordwand, und so hatte Jeder von ihnen ein Stuck Holz, das ihn bei dem Versuche unterstützen konnte.

Als jedoch John in's Wasser springen wollte, sank ihm der Muth, und er war nahe daran, wieder umzukehren, um lieber auf dem Schiffe den Tod zu erwarten, anstatt ihm entgegen zu gehen. Das Beispiel seines jungen Gefährten ermuthigte ihn indessen, und er entschloß sich endlich zu dem Wagstücke, besonders da er überlegte, daß die Leute nicht ewig am Ufer bleiben würden und daß er wahrscheinlich am folgen den Tage noch weniger Kraft haben werde, als heute. Er nahm daher Abschied von der unglücklichen Madame Bremner, die nicht mehr gehen und kaum noch sprechen konnte, und versprach ihr, daß, wenn er die Küste erreichen sollte und es ihm möglich wäre, ihr irgendwie Hilfe zu senden', dies unverzüglich geschehen solle.

Sie gab ihm eine von den zweiundzwanzig Rupien, die sie noch besaß und die sie, um so sorgfältiger verwahrte, als sie schon Gelegenheit gehabt hatte, ihren Werth schätzen zu lernen.

John Mackay schwang sich nun auf sein Stück Holz, von dem sich die Leine von selbst ablöste, während er ein kurzes Gebet sprach; dies dünkte ihm ein gutes Vorzeichen, denn er erblickte in dieser ersten Bewegung nach dem Ufer die leitende Hand Gottes.

Kaum befand er sich im Wasser, so bemerkte er mit freudigem Erstaunen, daß seine erstarrten Glieder, die er noch vor fünf Minuten kaum hatte bewegen können, ihre ganze Gelenkigkeit und selbst ein wenig Kraft wieder erhielten.

Er überzeugte sich jedoch bald, daß die Spiere, anstatt ihn zu unterstützen, ihn in seinen Bewegungen hinderte. Bei jedem Wellenschlage drehte sie sich, so daß er unter das Wasser gedrückt wurde. Auch bemerkte er bald, daß die Fluth ihn nicht dem Lande zu, sondern in paralleler Richtung mit der Küste forttrieb. Er sah ein, daß er diese Anstrengungen nicht lange werde ertragen können, und versuchte daher, das Drehen der Spiere zu verhindern; zu dem Ende umschlang er sie mit einem Arme und einem Beine und ruderte mit dem andren Arme und dem andren Beine in gerader Richtung auf die Küste zu. Eine Zeitlang ging dies vortrefflich und er begann schon wieder Muth zu fassen, als plötzlich eine große Welle über ihn weg ging, ihm die Spiere entriß und ihn, fast betäubt durch das heftige Sturzbad, eine Strecke weit mit fort schwemmte.

Es gelang ihm indessen, wieder über das Wasser zu kommen, in dem nämlichen Augenblicke aber wurde er durch eine neue Woge abermals hinunter gedrückt.

Dies Mal glaubte der arme John, daß sein Ende gekommen sei und er wollte sich schon dem Spiele der Fluthen überlassen, als er plötzlich einen heftigen Stoß fühlte.

Eine Welle hatte ihn gegen die Spiere geworfen, die ihm die vorhergehende entrissen hatte.

Er erfaßte sie wieder, wurde abermals einige Male von ihr herumgedreht, fühlte aber dabei, daß er den sandigen Meeresgrund streifte, woraus er schloß, daß die Küste nicht mehr weit entfernt sein konnte, obgleich er sie noch nicht sah..

Eine von den immer zahlreicher und heftiger auf einander folgenden Wellen schleuderte ihn endlich gegen eine Kuppe, an die er sich festhielt, damit ihn die nächste Welle nicht wieder zurückwerfen konnte; zu gleicher Zeit ließ er die Spiere los, und die nächste Welle ging in der That vorüber, ohne daß sie ihn von seinem Riffe losreißen konnte.

Er schleppte sich nun mit ungeheurer Anstrengung bald auf dem Grunde fort, bald umklammerte er wieder einen Felsen, und so erreichte er nach und nach glücklich das Ufer.

Als er aber hier ankam; war er so erschöpft, daß er, ohne sich darum zu kümmern, ob die Wogen der Brandung ihn erreichen und wieder in die offene See spülen konnten, an einen Stein gelehnt auf den Sand niederfiel und sogleich einschlief.

Als er wieder erwachte, sah er sich von etwa zwölf Männern umgeben, welche die Hindusprache sprachen, und dies war eine große Freude für ihn, denn er hatte schon gefürchtet, daß die Küste nicht zum Gebiete der ostindischen Compagnie gehören möchte.

Da er diese Sprache ein wenig kannte, knüpfte er sogleich ein Gespräch mit den Leuten an und erfuhr, daß sie Rajas oder Landleute waren, der Punkt der Küste, auf dem er gelandet, sechs Tagereisen von Chittagong oder Islamabad, der Hauptstadt des britischen Bezirks gleiches Namens, entfernt war, welche neunzig Lieues von Kalkutta, an der Grenze des Reiches Arakan liegt.

John fragte hierauf die Leute, in deren Mitte er sich befand und welche ihm diese beruhigenden Aufschlüsse gegeben hatten, ob sie ihm nicht einige, wenn auch ungekochte Körner Reis geben, könnten. Sie antworteten ihm, daß er mit ihnen zu seinen Leidensgefährten kommen solle, wo sie für ihn das Nämliche thun wollten, was sie schon für diese gethan hätten.

John. versuchte aufzustehen, war es aber nicht im Stande. Zwei Männer halfen ihm auf die Füße, und da er auch nicht gehen konnte. nahmen sie ihn auf die Arme und trugen ihn nach einer etwa vierhundert Schritt entfernten andren Gruppe von Menschen.

Auf dem Wege dahin kamen sie an einen Bach. Als John dieses klare Wasser sah, bat er seine Träger um die Erlaubniß, daraus trinken zu dürfen.

Sie wollten ihm dies anfangs nicht gestatten; auf seine dringenden Bitten aber legten sie ihn endlich am Rande des Baches nieder, und er trank daraus so viel Wasser als er nur konnte, denn er fürchtete, daß er ihn nicht wiederfinden möchte, wenn sein Mund ihn einmal verlassen hätte.

 

Die Hindus rissen ihn endlich mit Gewalt davon weg, weil sie mit Recht besorgten, daß eine zu große Quantität Wasser ihm nachtheilig werden könnte.

Das reine frische Wasser hatte ihm jedoch im Gegentheil so wohl gethan, daß er beim Aufstehen zu seiner großen Freude bemerkte, daß er gehen konnte. So erreichte er, auf die Arme seiner Führer gestützt, die zweite Gruppe.

Dort fand er nicht allein den jungen Menschen; mit dem er zu gleicher Zeit das Wrack verlassen hatte, so wie die vorher an's Land geschwommenen Lascars, sondern auch den Kanonier und den Equipagenmeister, die sich nach ihm den Wellen anvertraut und die Küste ebenfalls glücklich erreicht hatten.

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