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Kapitel vier

Während Riley sich geistig darauf vorbereitete in die Psyche des Mörders vorzudringen, kreuzte ihr Blick sich einen Augenblick lang mit Bills. Er stand da, neben den anderen, und beobachtete sie. Sie sah, wie Bill nickte, da er offensichtlich verstanden hatte, dass sie alleine gelassen werden wollte um ihre Arbeit zu machen. Jenn lächelte zurückhaltend, als auch sie zu begreifen schien, was Riley vorhatte.

Bill und Jenn machten kehrt und begleiteten Sturman und Brennan zurück ins Haus, nachdem sie die Kellertür hinter sich zuzogen.

Riley blieb alleine zurück und schaute erneut auf das kaputte Türglas. Dann ging sie hinaus, schloss die Tür und fand sich in dem adretten kleinen Hinterhof wieder. Es gab einen kleinen Gehweg gleich hinter dem Zaun am Rande des Hinterhofs.

Riley fragte sich, ob der Täter über diesen Weg zum Haus gelangt war.

Oder war er von der Straße aus zwischen zwei Häuser geschlüpft – Robins und das eines Nachbarn?

Wahrscheinlich über den Gehweg.

Er hätte sein Auto in einer benachbarten Nebenstraße parken, den Gehweg hinunterlaufen und heimlich durch das Hintertor schlüpfen können. Dann war er durch den schmalen Hinterhof zur Hintertür geschlichen und…

Und dann?

Riley holte ein paarmal langsam und tief Luft um sich vorzubereiten. Sie stellte sich genau vor, wie der Hinterhof zu der frühen Stunde ausgesehen haben muss. Sie konnte beinahe das zirpen der Grillen hören und die angenehme kühle Luft einer Septembernacht auf ihrer Haut fühlen. Wahrscheinlich hatte es ein wenig Licht von den Straßenlaternen, aber kaum Licht von den Häusern selbst gegeben.

Wie hatte der Mörder sich gefühlt, als er sich auf seine Aufgabe einstimmte?

Gut vorbereitet, dachte Riley sich.

Schließlich hatte er sein Opfer offensichtlich im Voraus ausgewählt und wusste einige wichtige Einzelheiten über sie, unter anderem, dass sei ein amputiertes Bein hatte.

Riley schaute erneut auf das zerbrochene Glas. Nun erkannte sie, dass die Abklebefolie fast haargenau auf die Größe des Glases in der Tür zugeschnitten war. Das bedeutete sicherlich, dass er wohl genau hier gestanden und die Folie zugeschnitten selbst im schwachen Morgenlicht zugeschnitten hatte, wahrscheinlich mit einer Schere.

Erneut kam Riley dieses Wort in den Sinn…

Penibel.

Doch was mehr war, er was ruhig und geduldig gewesen. Riley spürte, dass der Mörder komplett leidenschaftslos geblieben war – er hatte kein bisschen Wut oder Rachesucht in sich. Ob er das Opfer persönlich gekannt hatte oder nicht, er hegte keinerlei feindseelige Gefühle ihr gegenüber. Der Mord war im allerweitesten Sinne kaltblütig gewesen.

Fast steril.

Sie ballte die Faust und imitierte den vorsichtigen aber festen Schlag, mit dem er das Glas zerbrochen haben musste. Noch bevor sie die Bewegung vollendet hatte, überkam sie plötzlich ein akutes Unbehagen.

Hatte er mehr Lärm verursacht, als erwartet?

Sie erinnerte sich, eine Glasscherbe auf dem Boden hinter der Tür, im Inneren des Hauses, gesehen zu haben. Ein Stück Glas war trotz seiner Vorsicht zu Boden gefallen und hatte ein klirrendes Geräusch gemacht.

Hatte er innegehalten?

Hatte er sich überlegt seinen Plan aufzugeben und leise auf dem selben Weg wieder davonzuschleichen, wie er gekommen war?

Wenn ja, so hatte er seine Entschlossenheit schnell wiedergefunden.

Riley griff vorsichtig durch den Türrahmen hindurch, öffnete von Innen die Tür, trat ins Innere des Hauses ein und streifte ihre Schuhe ab, so wie er es sicherlich getan hatte um unbemerkt im Haus herumschleichen zu können.

Und dann…

Hatte er ein Geräusch gehört.

Die Frau war vom Klirren des Glases doch aufgewacht und er konnte nun rumpeln und stampfen von Oben vernehmen, als sie ihre Krücken nahm und begann sich im Haus umher zu bewegen.

Riley dachte sich, dass er vielleicht die Hoffnung für einen Moment aufgegeben hatte.

Vielleicht hatte er darauf gehofft, sich an Robin anzuschleichen, während sie tief und fest schlief und ihr den Eispickel ins Ohr zu treiben, noch bevor sie begreifen konnte, dass er jemals da war.

Es wäre nicht wie der vorangegangene Mord, als er den jungen Vincent Cranston tötete, während dieser draußen joggen war. Doch Riley konnte spüren, dass der Mörder kein Interesse an einem einheitlichen modus operandi hatte. Alles was er wollte war die Tötungen so sauber und effizient wie möglich auszuführen.

Doch nun…

Wagte er es fortzufahren, jetzt wo die Frau oben aufgewacht war?

Oder sollte er lieber fliehen, bevor sie hierher kam und ihn in ihrem Haus vorfand?

Riley spürte, dass er hier hinter der Tür einen Moment erstarrt war und mit seiner Unentschlossenheit gekämpft hatte.

Doch dann…

Die Frau kam nicht zur Hintertür. Sie bewegte sich irgendwo anders im Inneren des kleinen Hauses. Vielleicht hatte sie das Glas doch nicht zu Bruch gehen hören. Der Mörder fühlte bei diesem Gedanken womöglich eine gewisser Erleichterung, doch weiterhin zweifelte er. Würde er es wagen, die Frau anzugreifen, jetzt, wo sie wach und aktiv war?

Wieso nicht? hätte er sich fragen können.

Mit ihrer Behinderung würde er sie sicherlich sehr viel einfach überwältigen können, als sein früheres Opfer.

Trotzdem wollte er nicht schlampig oder unvorsichtig sein. Ein Kampf könnte alles verderben.

Doch er ermahnte sich, dass dies hier dringlich war. Er war von einem tiefen Notwendigkeit getrieben, die er allein zu verstehen vermochte.

Er konnte nicht mehr zurück – jetzt nicht mehr. Wann würde sich erneut so eine Möglichkeit präsentieren?

Er nahm seinen ganzen Willen zusammen und beschloß fortzufahren.

Riley folgte nun, immer noch in Socken, der Spur des Mörders, so wie sie sich diese Vorstellte, und stieg die Treppen zur Tür, die in die Küche führte, hinauf. Sie betätigte die Klinke und zog vorsichtig die Tür auf…

Perfekt!

Die Klinke quietschte nicht und auch die Tür selbst gab keinen Mucks von sich.

Riley fühlte sich Augenblick für Augenblick immer verbundener mit der Psyche des Mörders, als sie in die Küche schlich. Sie ignorierte die Tatsache, dass Bill, Jenn, Sturman und Brennan alle in der Küche rumstanden und sie ansahen, und schaute sich um. Sie wusste, dass der Tatort seit dem Mord unangetastet geblieben war. Genau wie jetzt war also der Tisch an dem Morgen mit Papieren überhäuft gewesen, die die Frau gelesen hatte.

Doch wo war die Frau selbst?

Riley stellte sich vor, dass sie durch die Augen der Mörders schaute, als er durch den Türbogen der Küche in das Wohnzimmer hinein spähte. Dort hatte sie gestanden – aus dem Fenster schauend – ihre gesamte Aufmerksamkeit war auf das gerichtet, was sie aus dem Fenster sehen konnte.

Riley stellte sich vor, wie sie den Eispickel zu Hand nahm. Dann ging sie über die Dielen, ihre Schuhlosen Füße machten nicht einmal das kleinste Geräusch, bis sie genau dort stand, wo der Mörder hinter Robin Scoville gestanden hatte.

Und dann…

Eine schnelle, präzise, makellose Bewegung war alles, was es gebraucht hatte.

Die lange Spitze des Eispickels tauchte mühelos in den knochenlosen Gehörgang des Ohres und bis zum Gehirn, und genauso mühelos zog der Mörder sie auch wieder heraus, als er sein Opfer zu Boden fallen sah.

Zum Schluss…

Riley war sich sicher, dass er zufrieden mit seiner Tat war.

Er war stolz auf sich, dass er seine Unentschlossenheit überwunden und die Tat wie geplant ausgeführt hatte.

Doch hatte er einen Moment lang inne gehalten um sein Handgeschick zu bewundern?

Oder entkam er sofort?

Rileys Gespür für die Psyche des Mörders entglitt ihr nun, jetzt wo sie erneut auf die abgeklebte Silhouette auf dem Boden starrte.

Es gab vieles – zu vieles – was sie immer noch nicht wusste.

Doch sie war sich einer Sache sicher.

Sie wandte sich an ihre Kollegen, die nun um sie herum versammelt waren…

„Er ist ein absolut kaltblütiger Hurensohn.“

Bill sagte: „Was kannst du uns noch sagen?“

Riley überlegte einen Moment lang und sagte dann: „Ich kann noch nichts sicher sagen. Aber ich glaube es ist für ihn eine persönliche Angelegenheit – und gleichzeitig ist es eben nicht persönlich. Ich glaube nicht, dass er diese Frau gehasst hat. Womöglich kannte er nicht einmal ihren Namen. Doch er hatte einen Grund sie tot sehen zu wollen – einen wichtigen Grund, fast so als wäre ihr Mord eine Art…“

Riley suchte nach dem richtigen Wort.

Da sprach Jenn: „Pflicht?“

Riley schaute ihre jüngere Kollegin an und nickte.

„Ja, das ist genau das Gefühl, das ich bekomme. Es fühlt sich fast schon wie eine Verpflichtung an.“

Riley bemerkte nun, dass Chief Brennan sie mit offenem Mund anstarrte. Sie hatte sich schon lange daran gewöhnt, wie verstört und überrascht die Leute waren, wenn sie ihr bei diesem merkwürdigen Prozess zusahen. Und sie wusste, dass sie gerade eben ziemlich komisch ausgesehen haben musste, als sie wie im Trance ohne Schuhe durch das Haus gelaufen war und die Bewegungen des Mörders nachgemacht hatte.

Agent Sturman auf der anderen Seite schien keineswegs überrascht. Natürlich war er ein erfahrener FBI Agent und musste sicherlich zumindest von Rileys einzigartigen Fähigkeiten gehört haben, die im gesamten FBI wohlbekannt waren.

Deshalb überraschte es sie nicht, als Sturman Brennan mit dem Ellbogen anstupste und sagte: „Ich erkläre es Ihnen später.“

Bill war zur Hintertür gegangen und kam nun mit Rileys Schuhen wieder, die er ihr entgegenstreckte. Als Riley sich auf einen Hocker niederließ und sie wieder anzog, begannen sich Zweifel in ihr breitzumachen.

Habe ich alles falsch interpretiert?

Sie wurde oft mit Zweifeln überrannt nachdem sie diesen seltsamen Prozess durchlaufen hatte.

 

Schließlich war sie kein Hellseher und es gab nichts magisches oder übernatürliches an dem, was sie tat. Es war pure Intuition, nicht mehr und nicht weniger. Sie hatte sich in der Vergangenheit auch schon mal geirrt, und sie könnte sich auch jetzt irren.

Sie erhob sich vom Hocker und fragte sich…

Habe ich etwas übersehen?

Sie schaute zum Fenster hinüber und stellte sich die junge Frau vor, die dort stand und nach draußen schaute ohne zu ahnen, welche Gefahr sich von hinten näherte.

Was hatte sie dort gesehen?

Riley hatte nicht die geringste Ahnung.

Doch sie wusste, dass sie es lieber herausfinden sollte.

Kapitel fünf

Riley stand da und schaute aus dem Fenster, als sie versuchte sich vorzustellen wie die Straßen in den frühen Morgenstunden ausgesehen haben muss, genau in dem Moment, in dem jemand einen Eispickel in Robin Scovilles Schädel gebohrt hatte.

Was gab es dort draußen zu sehen? fragte sie sich.

Was hatte Robin genau in diesem Augenblick gesehen?

Die Frage nagte Augenblick um Augenblick immer mehr an Rileys Verstand.

Sie wandte sich an Chief Brennan: „Ich habe nicht gesehen, ob dieses Haus mit einer Überwachungskamera ausgestattet ist. Ist es das?“

„Nein“, antwortete Brennan. „Der Vermieter hat sich nicht die Mühe gemacht sie an einem kleinen Mietshaus wie diesem anzubringen. Schade, denn vielleicht hätten wir dann eine Videoaufnahme von dem, was geschehen war. Oder noch besser, die Kamera hätte den Mörder vielleicht ganz von seiner Tat abgehalten.“

Riley verließ das Haus durch die Eingangstür, dicht gefolgt von ihren Kollegen. Nun stand sie auf dem Bürgersteig und schaute die Straße in beide Richtungen entlang. Sie bemerkte erneut, dass Robins Haus das bei weitem kleinste in einer wohl-situierten Nachbarschaft war.

Sie sagte zu Brennan: „Ich nehme an, sie haben alle Nachbarn befragt.“

„So viele, wie es uns möglich war“, antwortete Brennan. „Keiner von ihnen war wach, als es passierte, und daher hat auch niemand irgendetwas merkwürdiges bemerkt.“

Sie konnte Überwachungskameras auf einigen Verandas bemerken. In mehreren Vorgärten gab es außerdem Schilder, die kundtaten, dass das jeweilige Haus von der einen oder anderen Security-Firma überwacht wurde.

„Ich sehe, dass einige Nachbarn Überwachungskameras für ihre eigenen Häuser haben“, bemerkte Riley.

„Das haben wahrscheinlich die meisten, da bin ich mir sicher“, erwiderte Brennan mit einem Schulterzucken. „Aber es sieht nicht danach aus, als könnte uns das irgendwie weiterhelfen.“

Riley konnte sehen, was Brennan meinte. Keine der nachbarschaftlichen Überwachungskameras war auf Robins Haus gerichtet, und so hatte auch keine von ihnen irgendetwas brauchbares aufnehmen können, was den Einbruch oder den Mord anging. Und doch interessierte sie eine kleine Außenkamera, die an einem der Verandaposten des nächsten Nachbarhauses befestigt war.

Riley zeigte auf das Haus und sagte: „Haben Sie mit den Leuten gesprochen, die dort leben?“

Brennan schüttelte den Kopf. „Nein, es ist ein Rentnerpaar Namens Copeland. Sie waren jedoch seit einer Woche oder so nicht mehr zuhause. Die Nachbarn meinten, dass sie in Europa Urlaub machen. Sie sollen wohl in einigen Wochen wiederkommen. Sie habe also auf gar keinen Fall mitbekommen können, was geschehen ist. Und ihre Kamera ist auch nicht auf Robins Haus gerichtet.“

Nicht auf das Haus, dachte Riley sich. Aber definitiv auf die Straße vor dem Haus.

Und das, was Riley gerade am meisten interessierte war, was dort auf der Straße zur Tatzeit vor sich gegangen war. Da das Paar für eine längere Weile weg war, hatten sie das Überwachungssystem womöglich laufen lassen, um eine fortlaufende Aufzeichnung von allem, was in ihrer Abwesenheit passiert war, zu haben.

Riley sagte: „Ich will wissen was die Kamera aufgenommen hat, falls sie überhaupt etwas aufgenommen hat.“

Agent Sturman entgegnete: „Wir würden die Copelands ausfindig machen müssen und ihre Erlaubnis einholen. Um die Aufzeichnungen zu sehen brauchen wir ihr Passwort. Oder wir müssten einen Durchsuchungsbefehl bekommen und es über das Unternehmen machen.“

„Tun Sie das“, sagte Riley. „Was auch immer nötig ist. So schnell wie möglich.“

Sturman nickte und trat beiseite, während er sein Handy rausholte um einen Anruf zu tätigen.

Bevor Riley beschließen konnte, was sie und ihre Kollegen als nächstes tun sollten, sprach Jenn Chief Brennan an.

„Sie sagten, Robin sei geschieden gewesen. Was können Sie und über ihren Ex-Mann erzählen?“

Brennan sagte: „Sein Name ist Duane Scoville und er spielt in einer kleinen Rockband von hier, die die Epithets heißt.“ Der Chief lachte kurz auf und fügte hinzu: „Ich habe sie mal spielen gehört. Sie sind nicht schlecht, aber ich glaube, sie sollten sich nicht von ihren Tagesanstellungen trennen.“

Jenn fragte: „Wo wohnt Duane?“

Brennan gestikulierte. „Im östlichen Teil der Stadt.“

Jenn fuhr fort: „Ich nehme an, Sie haben ihn befragt.“

„Ja, habe wir. Wir glauben nicht, dass er ein potentieller Verdächtiger ist“, antwortete Brennan.

„Wieso nicht?“, fragte Jenn.

„Duane sagte, dass er und die Epithets einen Gig drüben in Crestone, Rhode Island gespielt haben, genau in der Nacht in der Robin ermordet wurde. Er sagte, dass er und die Band die Nacht dort verbracht haben und hat uns eine Motelrechnung vorgelegt. Wir haben keinen Grund ihm nicht zu glauben.“

Riley konnte sehen, dass Jenn zweifelte.

Und zurecht, dachte Riley.

Es klang nicht so, als hätte die örtliche Polizei besonderen Wert darauf gelegt, Duane vernünftig zu befragen oder ihn gar als Verdächtigen auszuschließen. Und selbst wenn Duane nicht der Mörder war, so konnte er trotzdem über wertvolle Informationen verfügen.

Jenn sagte: „Ich würde gerne noch einmal mit ihm sprechen.“

„Ok, ich rufe ihn gleich an“, sagte Brennan und holte sein Handy raus.

„Nein, ich würde ihn lieber nicht vorwarnen“, entgegnete Jenn.

Riley wusste, dass Jenn recht hatte. Wenn es auch nur die geringste Chance gab, dass Duane ihr Mörder war, so war es besser ihn zu überraschen.

Riley sagte zu Brennan: „Könnten Sie uns zu seiner Adresse bringen, vielleicht ist er ja zuhause.“

„Selbstverständlich“, erwiderte Brennan.

Agent Sturman legte auf und kam wieder dazu. „Ich habe einen Agenten damit beauftragt, die Copelands aufzufinden“, berichtete er. „Aber ich habe einen weiteren laufenden Fall und ich muss nun zurück zum Hauptquartier.“

„Sie lassen uns wissen, sobald Sie etwas hören?“, fragte Bill.

„Natürlich“, versprach Sturman und lief mit großen Schritten zurück zum Kleintransporter.

Chief Brennan sagte: „Mein Fahrzeug steht dort drüben. Ich kann Sie zu Duane Scoville bringen.“

Als Riley und ihre Kollegen in Brennans Polizeiauto stiegen, bemerkte Riley den entschlossenen Gesichtsausdruck von Jenn Roston. Es fühlte sich gut an, ihre junge Protegé so vereinnahmt zu sehen. Riley warf einen Blick hinüber zu Bill und sah, dass er dasselbe dachte.

Sie entwickelt sich wirklich zu einer tollen Agentin, dachte Riley.

Und sie drei zusammen wurden langsam zu einem hervorragenden Team.

Sie beschloß, dass sie und Bill die Befragung von Duane Scoville Jenn überlassen sollten. Es könnte eine Chance für sie sein, sich zu behaupten, dachte Riley.

Und das hat sie auf jeden Fall

* * *

Während ihrer kurzen Fahrt durch die Stadt musste Jenn Roston andauernd an Rileys Verhalten in Robin Scovilles Haus denken und an den Schluss, zu dem sie gekommen war, was den Mörder anging…

„Er ist ein kaltblütiger Hurensohn.“

Jenn bezweifelte keinen Moment lang, dass Riley recht hatte. Sie hatte Riley viele Male dabei erlebt, wie sie in die Psyche eines Mörders eingedrungen war, aber sie war jedes Mal aufs neue beeindruckt.

Wie macht sie es nur?

Niemand in der Verhaltensanalyseeinheit schien es zu wissen, außer vielleicht Rileys ehemaliger Mentor, ein Agent Namens Jake Crivaro, der bereits im Ruhestand war und nun in Florida lebte. Riley selbst schien nicht fähig zu sein zu erklären, wie der Prozess funktionierte, und nicht einmal, wie es sich anfühlte.

Es schien nicht mehr und nicht weniger zu sein, als pures Bauchgefühl.

Jenn konnte nicht anders, als Riley darum zu beneiden.

Natürlich hatte Jenn ihre eigenen Stärken. Sie war klug, einfallsreich, zäh, ehrgeizig…

Und nicht zuletzt selbstsicher, dachte sie mit einem Lächeln.

Gerade war sie sehr zufrieden damit, dass Riley ihr zugestimmt hatte in ihrem Bestreben Duane Scoville erneut zu befragen. Jenn wollte unbedingt einen bedeutsamen Beitrag zur Lösung dieses Falls leisten. Sie bereute einiges in ihrem Verhalten während ihres letzten Falles zu dritt – dem Fall des sogenannten „Zimmermanns“, der seine Opfer mit einem schnellen und präzisen Hammerschlag tötete.

Eine bittere Bemerkung, die Jenn auf Rileys Kritik hin gemacht hatte, ging ihr bis heute nicht aus dem Kopf…

„Ich nehme an, jetzt wirst Du mir vorwerfen, dass ich nicht objektiv bin.“

Die Bemerkung war ziemlich armselig gewesen – besonders weil Jenn genau wusste, dass Riley sehr guten Grund hatte an ihrer Objektivität zu zweifeln. Als Schwarze Agentin hatte Jenn sich eine ganze Menge offenen Rassismus gefallen lassen, während ihres Falles in Mississippi. Sie hatte nicht besonders gut damit umgehen können und sie musste im Nachhinein zugeben, dass es ihr Urteilsvermögen beeinflusst hatte.

Sie hoffte, dass sie das nun alles wieder gut machen konnte.

Sie hoffte, dass sie viele Dinge wieder gut machen konnte.

Sie wartete sehnsüchtig auf den Tag, an dem sie ihre dunkle Vergangenheit endlich hinter sich lassen konnte.

Während sie fuhren, begannen düsterere Erinnerungen sich ihr aufzudrängen – ihr kaputtes Familienleben und ihre Eltern, die sie beide im Stich ließen, als sie ein Kind war, dann ihre Jahre in der Obhut der genialen, aber bösen Pflegemutter „Tante Cora“. Tante Cora hatte Jenn und ihre anderen Pflegekinder zu Kriminellen Meistern herantrainiert, die in ihrem eigenen kriminellen Netzwerk Aufgaben übernehmen sollten.

Jenn war die einzige unter allen Schülern Tante Coras, die ihr hatte entkommen können, in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sich. Zunächst stieg sie zu einer ausgezeichneten Polizistin in Los Angeles auf, danach bekam sie phänomenale Noten an der FBI Academy, bevor sie endlich eine vollblütige Agentin der Verhaltensanalyseeinheit wurde.

Trotzdem war es ihr nicht gelungen, Tante Cora endgültig loszuwerden. Die Frau hatte sie dieses Jahr bereits kontaktiert und versucht sie zurück unter ihren Einfluss zu bringen. Sie hatte sogar versucht Jenn zu manipulieren, indem sie Hilfe bei der Aufdeckung eines FBI Falls leistete.

Jenn hatte nun seit einigen Wochen nichts mehr von Tante Cora gehört. Hatte ihre ehemalige Mentorin sie wirklich endgültig in Ruhe gelassen?

Jenn wagte nur zu hoffen.

Gleichzeitig kannte Jenns Dankbarkeit Riley gegenüber keine Grenzen. Riley war die einzige, die die Wahrheit über Jenns Vergangenheit kannte. Und mehr noch – Riley fühlte mit. Schließlich war Riley selbst einmal mit einem kriminellen Genie verwickelt, dem genialen geflüchteten Verurteilten Shane Hatcher.

Jenn wusste mehr als sonst irgendwer von Rileys Geheimnis, genau wie Riley alles von ihrem wusste. Das war einer der Gründe, wieso Jenn so eine starke Bindung zu ihrer neuen Mentorin aufgebaut hatte – es war eine Bindung auf Basis gegenseitiger Achtung und Verständnisses. Und wegen dieser Bindung wollte Jenn Rileys hohe Erwartungen an sie unbedingt erfüllen.

„Wir sind fast da.“

Jenn war überrascht eine derartige Veränderung in der Umgebung festzustellen. Die gediegenen, glänzenden weißen Häuser waren verschwunden, genau wie die makellosen Palisadenzänchen., Sie fuhren eine Straße entlang, die von kleineren Geschäften, veganen Restaurants, Bioläden und Second-Hand Geschäften besiedelt war.

Dann kamen sie in eine Nachbarschaft mit kleineren Häusern, die einen etwas schäbigen, aber trotzdem charmanten Eindruck machten. Die Menschen hier waren so verschieden, wie man es sich nur vorstellen konnte, von jungen künstlerischen Typen bis zu älteren Hippies, die so aussahen, als lebten sie hier seit den Sechzigern.

Jenn fühlte sich hier gleich viel wohler, als in der homogenen, ultra-Weißen Gegend, in der die Oberschicht lebte, die sie soeben verlassen hatten. Dies hier war aber nur eine kleine Nachbarschaft, und Jenn ahnte, dass sie immer kleiner wurde.

Gentrifizierung wird immer schlimmer, dachte sie traurig.

Brennan parkte vor einem alten Backsteinhaus, in dem sich mehrere Wohnungen befanden. Er führte Jenn und ihre Kollegen zur Eingangstür. Dort bekam Jenn von Riley einen Blick, der ihr sagte, dass sie ab jetzt übernehmen sollte.

 

Jenn schaute zu Bill hinüber, der ebenso nickte und ihr zu verstehen gab, sie solle beginnen.

Sie schluckte und drückte Duane Scovilles Klingel.

Erst antwortete ihnen niemand. Jenn fragte sich, ob er womöglich nicht zuhause war. Dann klingelte sie erneut und eine brummende Stimme kam über die Sprechanlage.

„Wer ist das?“

Die Verbindung brach nach wenigen Sekunden ab. Trotzdem meinte Jenn Musik im Hintergrund gehört zu haben.

Jenn antworteteL: „Wir sind vom FBI. Wir würden gerne mit Ihnen sprechen.“

„Worüber?“

Jenn war ein wenig überrumpelt von einer derartigen Antwort. Und dieses Mal war sich sich sicher, dass sie Musik gehört hatte.

Sie sagte: „Ähm…über den Mord an ihrer Ex-Frau.“

„Ich habe bereits mit der Polizei darüber gesprochen. Ich war nicht in der Stadt, als es passiert ist.“

Die vernahm erneut einen kurzen Fetzen der Musik und diesmal kam sie Jenn bekannt vor – es gruselte sie beinahe.

Brennan sprach dazwischen: „Hier spricht Polizeichef Brennan. Ich war es, der mit Ihnen gesprochen hatte. Die Agenten hier würden Ihnen gerne ein paar weitere Fragen stellen.“

Erst kam nichts mehr, dann surrte der Türöffner. Jenn öffnete die Tür und sie und ihre Kollegen traten ein.

Sie dachte…

Es klingt nicht gerade danach, als wären wir hier willkommen.

Jenn fragte sich, wieso das wohl sein mochte.

Sie beschloß, dass sie er herausfinden würde.

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