Читать книгу: «Seewölfe Paket 15», страница 17

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Jerry Reeves hatte während Clivedens Erläuterungen mehrfach aus dem einzigen Fenster des Raumes geblickt. Jetzt wandte er sich dem Seewolf zu und sagte: „Draußen schleichen ein paar Leute herum. Ich glaube, das sind Ihre Männer, Mister Killigrew. Sollten wir sie nicht davon unterrichten, daß wir hier sind?“

„Ja, natürlich. Danke, Mister Reeves.“

„Bitte. Gern geschehen.“

Hasard trat an das vergitterte Fenster und blickte in die Dunkelheit hinaus, die jetzt nur noch von wenigen Nebelstreifen durchsetzt war. Dabei dachte er: Dieser Reeves scheint kein schlechter Kerl zu sein. Hoback und Mulligan sind wohl auch in Ordnung, aber die anderen?

Über Baxter, Stoker und Bingham konnte er sich noch kein klares Bild formen, nur bei Halibut war er davon überzeugt, daß man diesem Kerl nicht über den Weg trauen durfte.

Draußen, in der Gasse vor dem alten Haus, erschien in diesem Moment eine vertraute Gestalt – Big Old Shane. Hasard grinste, stieß einen Pfiff aus und beobachtete den graubärtigen Riesen, wie dieser herumfuhr und zu dem Fenster aufblickte.

„Ho!“ rief Shane. „Wer da? Sir, bist du’s?“

„Ja. Ihr könnt die Suche aufgeben, ihr habt uns gefunden. Wer ist bei dir?“

„Wir haben mehrere Suchtrupps gebildet. Donegal, Blacky, Matt, Gary und Burt gehören zu meinem, die anderen haben sich auf den Rest des Hafenviertels verteilt.“

„Habe ich richtig gehört? Burt unterstützt euch?“

„Wir haben uns mit ihm und seiner Crew vertragen, schließlich ist es ja rausgekommen, daß Plymsons Wein gepanscht war. Burt hat sich bei uns entschuldigt, dann hat er Plymmie verprügelt.“

„Sehr gut. Irgendwie hatte ich auch den Eindruck, daß diese Küstenschiffer feine Kerle sind“, sagte Hasard und lachte.

Big Old Shane war etwas näher herangetreten und kniff die Augen zusammen. „Was, zum Teufel, treibst du in der baufälligen Bude da? Sind Ed, Ben und Dan bei dir?“

„Ja. Aber ich kann nicht alles herausbrüllen, kommt lieber rein.“

Shane nickte, dann winkte er Old O’Flynn, Blacky und den anderen zu, die gerade hinter der nächsten Ecke aufgetaucht waren. Burt hörte sich an, was der Schmied von Arwenack ihm mitteilte, dann eilte er davon, um die anderen zu benachrichtigen.

Mulligan war auf einen Wink Easton Terrys hin unterdessen in den Flur des alten Gebäudes getreten und öffnete die Eingangstür, um die Männer hereinzulassen.

„Mister Killigrew“, sagte Cliveden mit verhaltener Stimme. „Diese Männer von dem Küstensegler brauchen nicht zu erfahren, was in diesem Raum gesprochen worden ist. Ich selbst werde gehen, sobald Sie mich Ihren Männern vorgestellt haben.“

„Gut, wie Sie meinen. Für Burt und die anderen lasse ich mir irgend etwas einfallen. Im übrigen laufen die morgen früh bestimmt wieder aus, lange halten sie sich nicht in Plymouth auf, wie ich annehme.“

Diese Vermutung sollte sich als richtig erweisen. Die Wege der Seewölfe und der Crew des Blondbartes trennten sich kurz darauf wieder.

Big Old Shane betrat noch vor Old O’Flynn, der neugierig heranmarschierte und Blacky, Matt und Gary als Gefolge hinter sich hatte, das alte Haus. Er blieb stehen, sah Mulligan von oben bis unten an, und sagte: „Dich hab ich doch irgendwo schon mal gesehen?“

„Stimmt, du Rauschebart. Das war in der Gasse am Hafen und beim alten Plymson vor der Kneipentür.“

„Ach? Na schön, dann kann ich dich wohl auf meine Art begrüßen, was?“

„Das glaube ich nicht. Wir haben den Streit beigelegt“, entgegnete Mulligan grinsend.

„Das lasse ich gelten“, brummte Shane, dann grinste auch er und ging weiter, bis er bei Hasard und den anderen mitten in dem quadratischen Raum stand.

Wo sollte die Debatte über das, was vor ihnen lag, weitergeführt werden? Die „Bloody Mary“ mußte erst wieder aufgeklart werden, außerdem hatten bei Plymson selbst die Wände Ohren. Daher begaben sich die Seewölfe zurück an Bord der „Pride of Galway“, nachdem sie sich von Lord Gerald Cliveden, Terry und dessen Crew und der Burt-Mannschaft verabschiedet hatten. Sie versammelten sich bei Bier und Wein in der Kapitänskammer und beratschlagten.

Es wurde ein bißchen eng, sie mußten zusammenrücken und die Tür zur Heckgalerie öffnen, damit für die nötige Frischluftzufuhr gesorgt war.

Dann aber konnte es losgehen. Alle blickten den Seewolf an.

„Ist das wahr, was Ed eben gesagt hat?“ fragte Ferris Tucker. „Wir segeln nach Frankreich rüber? Da waren wir doch erst.“

„Egal“, sagte der alte O’Flynn. „Wir wollen ja nicht nach Brest, um deinen Kapitän Delamotte zu besuchen. Wir sollen wohl den Franzmännern mal anständig auf die Pfoten klopfen, wenn ich’s richtig verstanden habe.“

„Genau das“, sagte der Seewolf. „In der Bretagne muß ein Piratennest ausgenommen werden, außerdem sollen wir die spanischen Spione und Provokateure finden, die hinter den Raids dieser Bande stecken.“

Er ließ seine Worte wirken und sah die Männer der Reihe nach an. Leise Pfiffe wurden laut, man sah sich untereinander an, staunte und rätselte über die näheren Begleitumstände dieses Unternehmens herum. Philip und Hasard, die Zwillinge, wurden sehr aufgeregt und rutschten auf ihren Plätzen herum. Ihr Vater mußte ihnen erst einen tadelnden Blick zuwerfen, danach war die Ruhe wiederhergestellt, doch sie mußten sich bezwingen, nicht einen ganzen Schwall von Fragen über den Seewolf ergehen zu lassen.

Hasard schob die Unterlippe vor. Eine Wende kündigte sich an. Ein neues Schiff wartete auf ihn, und er hatte die richtige Crew, um es zu bemannen. Gleichzeitig hatte er auch ein handfestes Problem am Hals, das Easton Terry hieß. Daß es mit dem Mann noch jede Menge Schwierigkeiten geben würde, stand für ihn von vornherein fest. Ben, Dan und der Profos waren der gleichen Meinung. Big Old Shane hatte sich ihrem Urteil über Terry angeschlossen, und Old O’Flynn behauptete sogar, dieser Kerl habe den Teufel im Leib.

Aber wenn die Königin rief und England vor dem Zugriff der Dons geschützt werden mußte, durfte nicht lange gefackelt werden. Hier war eine Aufgabe, und vielleicht hatten sie alle schon seit langem darauf gewartet.

Erfolge hatte die jüngere Vergangenheit den Seewölfen kaum beschert. In Ägypten waren sie auf Ali Abdel Rasul, den größten aller Galgenstricke und Halsabschneider, hereingefallen und hatten die „Isabella VIII.“ für alle Zeiten verloren. Die Wüste hatte ihr Opfer gefordert. Hasard und seine Männer waren in drei Gruppen zu je acht Mann nach England zurückgekehrt – auf vielen Umwegen.

Hasards Gruppe mit den Zwillingen, Shane, Dan, Batuti, Gary, Matt und Arwenack hatte es nach Irland verschlagen, wo sie in Galway gegen den Burke-Clan und die Rebellen des Hinterlandes Connacht hatten kämpfen müssen. Gewiß, sie hatten dabei den Schatz der Spanier erbeutet und die „Pride of Galway“ als Prise genommen, doch um ein Haar wäre die ganze Sache ins Auge gegangen.

Endlich hatten sie sich nun in Plymouth wiedergefunden, und beim alten Hesekiel Ramsgate wurde die neue „Isabella IX.“ gebaut. Die Wartezeit aber war den Männern schon jetzt zu lang geworden, sie brauchten wieder ein Ziel, das sie ansteuern konnten.

Hasard räusperte sich, es trat wieder Ruhe ein.

„Spaniens Allerkatholischste Majestät schmiedet ein neues Komplott gegen England“, erklärte er. „Die Niederlage von 1588 läßt ihm keine Ruhe. Ich glaube jedes Wort, das Lord Gerald Cliveden gesagt hat. Ihr wißt ja, die Dons sind zu allem fähig.“

„Aber daß sie sich einer Bande hergelaufener Schnapphähne bedienen, um uns eins auszuwischen, ist schlicht gesagt eine Sauerei“, erklärte Dan O’Flynn empört. „So was hätten wir nicht nötig. Ich meine, es zeugt geradezu von ihrer Schwäche, wenn sie jetzt schon zu solchen primitiven Tricks greifen.“

„Frankreich soll ein Brückenkopf werden“, sagte der Seewolf. „In absehbarer Zeit vielleicht auch Irland – wer weiß. Ich kann mir gut vorstellen, was die Spanier sich so ausmalen. Aber wir werden ihnen die ganze Sache gründlich verderben, das versichere ich euch.“

„Wie?“ fragte Smoky.

„Das hat Terry auch schon wissen wollen. Wir stellen den Piraten, derer die spanischen Spione sich bedienen, ganz einfach eine Falle.“

„Und wenn das ins Auge geht?“ sagte Old O’Flynn.

„Es darf nicht mißlingen“, entgegnete der Seewolf. „Verstehst du, Donegal? Wir müssen von Anfang an so planen, daß uns kein Fehler unterläuft.“

„Das ist unmöglich!“

Hasard beugte sich etwas vor, seine Augen verengten sich leicht, seine Stimme nahm einen harten, eindringlichen Klang an. „Unmöglich darf nichts für uns sein, Donegal, und wir müssen unser Gesicht wahren, wie die Chinesen sagen.“

„Zur Hölle mit den Zopfmännern und ihren dummen Sprüchen!“ brauste der Alte auf. „Wenn wir alle Mann baden gehen und im Kanal ersaufen oder meinetwegen auch im Atlantik, nutzen uns auch die schönsten Weisheiten nichts mehr.“

Ben sagte: „Mit anderen Worten, du würdest ganz gern kneifen, Donegal?“

„Das hab ich damit nicht gesagt!“ rief Old O’Flynn. Ben hatte seinen schwachen Punkt erwischt, er trat unwillig mit seinem Holzbein auf. „Es geht mir um ganz was anderes, will euch das nicht in den Kopf?“

„Natürlich“, erwiderte Hasard. „Die Sicherheit der Crew, nicht wahr? Das Risiko muß so gering wie möglich gehalten werden. Das ist auch mein höchstes Gebot, wie ihr alle wißt. Aber bedenkt bitte: Die Königin erwartet von uns, daß wir diesen bretonischen Haien und ihren spanischen Geldgebern gründlich das Handwerk legen. Wir haben etwas zu gewinnen, das mehr wert ist als Gold und Silber.“

„Ruhm und Ehre“, sagte Ben Brighton. „Das Ganze soll zu einem Bravourstück werden, und wir dürfen nicht zulassen, daß die Dons weiterhin unseren Seeverkehr stören.“

„Ja“, sagte der Seewolf. „Und jetzt laßt es mich ganz offen aussprechen: Wir brauchen nach dem Desaster am Nil so etwas wie eine Bestätigung dafür, daß wir noch die alten Arwenacks sind. Oder ist jemand anderer Meinung?“

„Ich ganz bestimmt nicht“, erwiderte Blacky. „Von mir aus kann’s sofort losgehen.“

Old O’Flynn grinste plötzlich diabolisch. „Von mir aus auch. Aber dürfen wir diesem Cliveden wirklich trauen?“

„Ihm ganz bestimmt. Seine Worte haben Hand und Fuß, alle Informationen sind hieb- und stichfest. Die Königin hat uns nicht nach London rufen lassen, sondern hat ihn geschickt, weil die Sache streng geheim ist“, sagte Hasard. „Nur war es ein Fehler, auch Terry mit dessen Crew einzuschalten, damit er uns hilfreich zur Seite steht. Wir müssen ein waches Auge auf ihn haben. Das Oberkommando obliegt zwar mir, aber ich befürchte, daß er irgendwie quertreiben wird.“

„Das soll er mal versuchen.“ Carberry hieb sich mit der linken Faust in die offene rechte Hand. „Dann kann er was erleben. Dann pflücke ich ihn in der Luft auseinander, diesen aufgeblasenen Strolch.“

„Langsam, langsam“, sagte Smoky beschwichtigend. „Es könnte ja auch sein, daß er sich noch zu seinem Vorteil ändert, Ed. Wir sollten nicht zu voreilig mit unserem Urteil sein.“

„In seiner Crew scheinen sich auch ein paar ganz anständige Burschen zu befinden“, meinte Blacky.

Dan pflichtete ihm bei: „Stimmt. Reeves, Mulligan und Hoback zum Beispiel. Das sind Kerle, die zu uns passen könnten.“

„Wir warten die Entwicklung der Dinge ab“, sagte der Seewolf. „Ihr werdet euch nun fragen, was aus der ‚Pride of Galway‘ wird, wenn wir morgen auslaufen. Nun, da der Schatz inzwischen gut versteckt ist, können wir den Kahn unbesorgt seinem weiteren Schicksal überlassen. Er bleibt hier ganz einfach vor Anker liegen. Sollte man ihn entführen, soll es mir egal sein. Wachen lasse ich jedenfalls nicht zurück.“

Die Zwillinge atmeten auf. Insgeheim hatten sie schon befürchtet, in Plymouth zurückbleiben zu müssen, um die Bordwache für die „Pride of Galway“ zu spielen.

Hasard holte eine Karte aus der Schublade seines Pultes hervor und rollte sie auseinander. Sie zeigte Cornwall und den ganzen Süden Englands, den Ärmelkanal, einen Teil der Normandie und die Bretagne. Philip junior mußte seinem Vater einen Kohlestift reichen, und mit diesem zeichnete der Seewolf die Positionen ein, die Lord Cliveden ihm genannt hatte.

„Hier haben die Überfälle auf englische Schiffe stattgefunden“, sagte er und richtete sich wieder auf. Sein Zeigefinger fuhr über die Karte und verharrte auf einem Punkt, der nicht sehr weit vom Golf von St. Malo entfernt lag. „Und hier werden die ‚Hornet‘ und die ‚Fidelity‘ spätestens übermorgen nacht in irgendeiner Bucht vor Anker gehen.“

Seine Männer sahen sich über die Karte hinweg an und grinsten. Mit wachsendem Interesse hörten sie seinen Erläuterungen zu. Sein einfacher Plan stand jetzt bereits fest.

6.

Am nächsten Morgen trafen sich die Seewölfe um Punkt zehn Uhr – wie in der Nacht vereinbart worden war – mit Easton Terry und dessen Leuten am Hafen, dann wanderten sie gemeinsam zu dem etwas abgelegenen Kai, wo jetzt zwei Galeonen vertäut lagen: die „Hornet“ und die „Fidelity“.

„Donnerwetter“, sagte Easton Terry mit ehrlicher Verwunderung. „Die sind ja wie ein Spuk erschienen. Gestern waren sie jedenfalls noch nicht da.“

„Heute nacht oder in den frühen Morgenstunden sind sie aus Brighton herübergesegelt“, sagte Hasard. „Und das eine muß man den Männern, die sie überholt und neu ausgerüstet haben, lassen: Sie verstehen ihr Handwerk. Das sind wirklich zwei feine Schiffe, an denen wir unsere Freude haben werden, Mister Terry.“

„Sie sehen eher wie harmlose Kauffahrer als wie gefährliche Feuerspucker aus“, meinte Terry. „Wo sind denn da überhaupt die Stückpforten? Zwanzig wollen Sie bei der ‚Hornet‘ gezählt haben, Mister Killigrew? Täuschen Sie sich da nicht?“

Der Seewolf verengte ein wenig die Augen und spähte im grellen Licht der Morgensonne zu den Schiffen, deren Masten und Rahen mit den aufgegeiten Segeln wie Skelette in den Himmel aufragten.

„Bei der ‚Hornet‘ sind es zehn Stückpforten auf jeder Seite“, erklärte er. „Und ich kann jetzt auch die Drehbassen erkennen – drei auf der Back und drei auf dem Achterdeck. Richtig, Ben?“

„Richtig, Sir“, sagte dieser. „Die ‚Fidelity‘ scheint mir genauso viele Geschütze zu haben.“

„Ja“, bestätigte nun auch Terry. „Nur sind die Pforten sehr schwer zu erkennen, sie scheinen eins mit der Bordwand zu sein. Fast sieht es so aus, als habe man sie getarnt.“

„Das nutzen wir aus“, erklärte Hasard. „Wie ich schon sagte: Wir werden diese bretonischen Satansbraten mit einem kleinen Trick anlocken und – wie ich hoffe – auch hereinlegen.“ Er schritt weiter und steuerte über den Kai direkt auf die „Hornet“ zu, seine Männer folgten ihm auf dem Fuß, während Terry und dessen Crew etwas zurückblieben.

„Diese allzu helle Sonne gefällt mir nicht“, sagte der alte O’Flynn. „Es gibt einen Wetterumschwung.“

„Das glaube ich auch“, pflichtete Shane ihm ausnahmsweise einmal bei. „Es könnte Sturm geben.“

„Uns soll das nur recht sein“, sagte Hasard. „Es würde unser Vorhaben dem Feind gegenüber begünstigen.“

„Ja, gewiß“, meinte Ben Brighton, „Die Hauptsache ist, wir saufen im Kanal nicht vorzeitig ab.“

„Mit solchen Schiffen?“ Carberry lachte rauh. „Das ist fast unmöglich. Es müßte schon ganz dick werden, um die zum Sinken zu bringen.“

„Man soll sich auf die Baukunst nie völlig verlassen“, gab der Kutscher zu bedenken. „Die ‚Hornet‘ und die ‚Fidelity‘ könnten Konstruktionsfehler haben. Man steckt ja in so einem Schiff nicht richtig drin, überall können verborgene Schwächen liegen, die man auf Anhieb nicht entdeckt.“

Der Profos drehte sich zu ihm um.

„Mal’ bloß nicht den Teufel ans Schott, Mister Kutscher“, sagte er drohend. „Im übrigen gebe ich dir den guten Rat, dich gleich um die Kunst der Schiffsküche zu kümmern. Sobald wir an Bord sind, wollen wir zu Mittag was Ordentliches vorgesetzt kriegen.“ Sein Blick richtete sich auf Mac Pellew. „He, Mister Pellew, was grinst du so dämlich?“

„Was darf’s denn heute sein, Sir?“ fragte dieser mit gespielter Freundlichkeit. „Gefüllte Rattenhälse oder Kakerlaken-Gulasch?“

„Mister Pellew“, sagte Carberry nur mühsam beherrscht. „Werd hier bloß nicht üppig. Ich kenne dich von früher her gut genug, mir kannst du nichts vorerzählen. Wenn du nur einmal Mist verzapfst, bevor wir auslaufen, stopf ich dich solange ins Kabelgatt, bis du fromme Sprüche aufsagst, klar?“

„Aye, Sir“, sagte Mac Pellew. „Werde mir Mühe geben, alles richtig hinzukriegen und nur schmackhafte Sachen zu kochen.“

„Das klingt schon besser“, brummte der Profos, dann wandte er sich wieder nach vorn und schloß sich Hasard, Ben, Shane und den O’Flynns an, die sich bereits an Bord der „Hornet“ begaben.

Durch Mac Pellews Rückkehr in die Seewölfe-Crew konnte Hasard jetzt über zwei Köche verfügen, doch die neue Rollenverteilung war trotzdem nicht schwer. Da die Mannschaft inzwischen auch noch um einige andere Männer gewachsen war, hätte der Kutscher allein die Kombüsenarbeit auch mit Hilfe der Zwillinge kaum bewältigen können. So war es gut, daß nun auch Mac Pellew mit ins Vordeck einzog. Überdies würde sich der Kutscher seiner zweiten Hauptaufgabe, der Feldscher-Tätigkeit, fortan mit größerem Einsatz widmen können.

Hasard ging über das Hauptdeck der „Hornet“ und inspizierte alles mit fachmännischem Blick. Die Crew, die das Schiff von Brighton nach Plymouth überführt hatte, war bereits von Bord gegangen, aber sie hatte alles in mustergültig ordentlichem Zustand zurückgelassen. Blitzsauber waren die Planken, kein einziger Fußabdruck war zu sehen. Jedes Tau war klariert und vorbildlich aufgeschossen, nichts befand sich am falschen Platz.

Hasard hob den Blick. Auch das laufende und stehende Gut wies keine Makel auf, das gesamte Rigg schien erneuert worden zu sein. Er begann sich zu fragen, ob er überhaupt noch eine neue „Isabella“ brauchte.

Dann kehrte er auf den Boden der Tatsachen zurück. Natürlich – die „Hornet“ war nur ein „Leihschiff“. Nach erfülltem Auftrag würde sie wieder ein Dock anlaufen und wie die „Fidelity“ von den vom königlichen Hof bestellten Ausrüstern neu hergerichtet werden, möglicherweise als Kriegsschiff, vielleicht aber auch als Segler für Entdeckungsfahrten. Wer konnte das heute schon wissen?

Die neue „Isabella IX.“ würde außerdem größer sein als die „Hornet“, etwa fünfhundert Tonnen groß. Ihre Takelung würde anders sein, die Anzahl der Segel umfangreicher, die Armierung aller Voraussicht nach fast doppelt so groß.

Wenn das neue Schiff erst fertig war und auf der Werft von Hesekiel Ramsgate vom Stapel lief, würden all die bitteren Gedanken an die alte „Isabella VIII.“ endgültig der Vergangenheit angehören. Aber bis dahin war es noch eine relativ lange Zeit, die durch den Anflug von Ungeduld, den Hasard und seine Männer verspürten, nur noch zäher dahinfloß.

So war es gut, Plymouth erst einmal wieder den Rücken kehren zu können.

Doch was erwartete sie wirklich drüben in der Bretagne? Wie groß war die Macht der Gegner? Lord Gerald Cliveden hatte hierüber keine Auskunft geben können, denn die wenigen Überlebenden der Überfälle hatten keine präzisen Angaben liefern können. Nur darüber, daß es sich um „eine große Zahl“ von Feindschiffen gehandelt hatte, die pausenlos zu feuern vermochten, waren sie sich alle einig.

Würde das Unternehmen wirklich von einem Erfolg gekrönt sein? Oder stand den Seewölfen eine neue Niederlage bevor? Plötzlich zweifelte Hasard an dem Gelingen seines Planes. Die Spur von Unsicherheit, die er aus Ägypten mit heimgebracht hatte, war wieder da.

Ärgerlich verdrängte er alle düsteren Überlegungen, trat ans Schanzkleid der Backbordseite und blickte zu Easton Terry, der mit seiner Gruppe von zwanzig Männern auf dem Kai stehengeblieben war.

„Was ist, Mister Terry?“ rief er ihm zu. „Kommen Sie nicht an Bord der ‚Hornet‘?“

„Sie ist nicht mein Schiff, Sir. Ich kann nur Ihren diesbezüglichen Befehl abwarten.“

„Gut. Ich will Reeves, Baxter und Sie in fünf Minuten zur Übergabe der genauen Order in meiner Kapitänskammer sehen. Wir haben noch einiges zu besprechen.“

„Aye, Sir.“

„In der Zwischenzeit kann sich Ihre Mannschaft mit der ‚Fidelity‘ beschäftigen. Jeder soll seinen Posten einnehmen, ich gebe Ihnen eine halbe Stunde Zeit. Dann kontrolliere ich, ob alles seine Richtigkeit hat. Noch Fragen, Mister Terry?“

„Nein, Sir.“ Eine Bemerkung lag dem Mann auf der Zunge, aber er verkniff sie sich. Wie weit Hasards Befugnisse an Bord der „Fidelity“ gingen, war eine Frage, über die sich noch streiten ließ. Der Seewolf hatte zwar das Oberkommando inne, doch als Schiffskapitäne waren Terry und er sich gleichgestellt, was ihre Befugnisse auf der „Hornet“ und der „Fidelity“ betraf.

Hasard hatte jedoch nicht das geringste Verlangen, mit Terry zu diskutieren. Von jetzt an ließ er seine Autorität spielen, und wenn Terry irgend etwas nicht paßte, so sollte er sofort abspringen und aussteigen. Diese Chance ließ er ihm. Solange sie Plymouth nicht verließen, standen dem Mann noch alle Möglichkeiten offen.

Hasard warf seinen grinsenden und zustimmend nickenden Männern, die sich jetzt alle auf dem Hauptdeck der „Hornet“ versammelt hatten, einen kurzen Blick zu, dann suchte er das Achterkastell auf.

Er war nicht sonderlich überrascht, Lord Gerald Cliveden in der Kapitänskammer vorzufinden. Eigentlich hatte er damit gerechnet.

„Die Übergabe der Schiffe bedarf keiner Formalitäten mehr“, sagte Cliveden nach einer kurzen Begrüßung. „Alle erforderlichen Schriftstücke sind im Pult eingeschlossen, Mister Killigrew. Hier ist der Schlüssel.“ Er händigte ihn dem Seewolf aus, dann fuhr er fort: „Das Logbuch ist so neu wie die Takelage der ‚Hornet‘. Sie werden sich als erster Kapitän dieses neuen, umgebauten Schiffes darin verewigen. Es ist, als sei die ‚Hornet‘ gestern erst vom Stapel gelaufen. Das gleiche gilt auch für die ‚Fidelity‘. Sie sehen, wir haben mit dem erforderlichen Aufwand nicht gespart, um Ihnen zwei voll taugliche, allseitig einzusetzende Schiffe zu übergeben.“

„Ich danke Ihnen, Lord Gerald. Mit allem, was ich bisher gesehen habe, kann ich nur zufrieden sein.“

„Auch mit Terry?“

„Das steht auf einem anderen Blatt“, entgegnete der Seewolf und sah sein Gegenüber offen an. „Ich will Ihnen nicht verheimlichen, daß ich meine Vorbehalte gegenüber diesem Mann habe.“

Cliveden lächelte dünn. „Wie ich eben hören durfte, haben Sie sich aber bereits den erforderlichen Respekt verschafft.“

„Allerdings. Ich hätte da noch eine Frage, Sir: Was ist mit den Mannschaften, die die Galeonen von Brighton bis hierher überführt haben?“

„Das waren insgesamt zwei Dutzend Männer. Sie haben noch im Dunkeln die Schiffe und Plymouth verlassen und sind nach Dover und nach Brighton zurückgekehrt, woher sie stammen. Auf meine Anweisung hin haben sie dazu den Landweg benutzt.“

„Das meine ich nicht. Diese Notbesatzungen – wissen sie etwas von dem geplanten Unternehmen?“

„Nein. Sie denken, die ‚Hornet‘ und die ‚Fidelity‘ sollen eine Ladung übernehmen und in die Neue Welt hinüberbringen.“

„Etwas Ähnliches habe ich auch dem blonden Burt erzählt, und er hat es mir unbesehen geglaubt“, erklärte Hasard. „Inzwischen ist auch er mit seinem Küstensegler ausgelaufen, wie ich angenommen hatte. Somit wäre die Geheimhaltung also gewahrt.“

„Ja. Und für den Fall, daß sich in Plymouth spanische Spitzel befinden, wird auch alles ganz harmlos aussehen. Keiner wird ahnen, was es mit diesen beiden Schiffen wirklich auf sich hat.“

„Sie nehmen wirklich an, daß die Spanier auch hier ihre Leute sitzen haben?“

„Rechnen muß man damit. Es gibt überall Menschen, die sich kaufen lassen. Was ist zum Beispiel mit diesem Nathaniel Plymson?“

Hasard mußte lachen. „Der hat vorläufig die Nase voll von uns. Wir haben ihm angedroht, daß wir nicht nur seine ‚Bloody Mary‘, sondern auch ihn auseinandernehmen, falls er auf irgendeine Weise versucht, uns zu hintergehen oder auch nur zu beobachten.“

„Er hat Angst vor Ihnen und Ihren Männern?“

„Gräßliche Angst.“

„Ausgezeichnet. Wann können Sie auslaufen, Mister Killigrew?“

„Sofort, wenn Sie wollen.“

„Sagen wir, in einer Stunde? Wenn Sie nichts dagegen haben, bleibe ich noch an Bord der ‚Hornet‘. Heute nachmittag können Sie mich zwischen Plymouth und Falmouth an Land lassen, wo eine Kutsche auf mich wartet. So wird mich kein Mensch in Plymouth mehr sehen, und das ist gut so.“ Cliveden lächelte. „Aber Sie müssen damit einverstanden sein, denn Sie sind der Kapitän.“

Hasard erwiderte das Lächeln. „Ich sehe, meine Worte von vorhin haben auch auf Sie gewirkt. Na schön. Wir verlassen um zwölf Uhr den Hafen und setzen Sie an Land, wo Sie wollen, Lord Gerald. Die verbleibende Zeit werde ich dazu benutzen, die Stückpforten beider Schiffe noch besser tarnen und die Drehbassen mit gewachstem Segeltuch verkleiden zu lassen. Jeder, der uns auf See begegnet, soll denken, daß unsere Schiffe zwei schlecht armierte Kauffahrer sind.“

„Das gehört mit zu Ihrem Plan?“

„Ja. Es ist ein einfacher Plan, aber die simpelsten Vorhaben zeitigen oft den größten Erfolg.“

„Sagt Ihnen das Ihre Erfahrung als Seemann?“

„Als Seemann und als Korsar“, entgegnete der Seewolf. „Aber da wir gerade von solchen Dingen sprechen, lassen Sie mich noch eine Frage stellen. Warum haben Sie ausgerechnet Easton Terry gerufen und mir zur Seite gestellt? Keiner von uns kannte ihn vorher, wir wissen nicht, wie wir ihn einschätzen sollen.“

Cliveden sagte mit ernster Miene: „Ohne Verstärkung können Sie, Mister Killigrew, den Kampf gegen diese Piraten niemals aufnehmen. Vielleicht sind noch zwei Schiffe zu wenig.“

„Lassen Sie das ruhig meine Sorge sein“, sagte Hasard etwas schroffer als beabsichtigt.

„Zwei Schiffe hätten Sie allein mit Ihren Leuten niemals ausreichend bemannen können“, fuhr Cliveden unbeirrt fort. „Von diesen Tatsachen ging ich aus, als ich in London meine Pläne zu fassen begann und die mir vorliegenden Informationen verarbeitete. Wen sollte ich zu Ihrer Unterstützung rufen? Drake? Frobisher? Cabot? Hawkins? Unmöglich. Deren große Zeit ist vorbei, sie sind keine Kämpfer mehr. Mit Drake hätten Sie sich ohnehin nicht vertragen, nicht wahr?“

„Ihre Informationen scheinen doch umfangreicher zu sein, als ich ursprünglich angenommen habe, Lord Gerald.“

„Es gibt genaue Dokumentationen über den Verlauf der großen Schlacht gegen die Armada“, erklärte Cliveden lächelnd. „Ich habe sehr aufmerksam darin gelesen.“

„Sie sind ein guter Theoretiker.“

„Aber kein Praktiker, nicht wahr? Nun, die mich als Berater umgebenden Männer in meinem neuen Amt haben mir Terry, der sich bei Raids in der Nordsee ausgezeichnet hat, wärmstens empfohlen. Ihrer Ansicht nach ist dieser Terry ein Mann der Zukunft.“

Hasard konnte nicht anders, er mußte spöttisch grinsen. „Etwa ein Nachfolger der Seewölfe? Lord Gerald, nehmen Sie mir nicht übel, was ich sage, aber ich kann meine Natur nicht gewaltsam unterdrücken.“

„Nur zu, heraus damit, Mister Killigrew.“

„Ich traue Terry nicht.“

„Trotzdem werden Sie mit ihm segeln?“

„Ja. Ich werde mich bemühen, ihm gegenüber fair zu sein.“

„Man spricht viel über die Fairneß des Seewolfs“, sagte Cliveden. „Ihre Ehrlichkeit und Ihr anständiges Verhalten sind schon fast sprichwörtlich. Wußten Sie das?“

„Nein.“

„Und es ist Ihnen auch nicht bekannt, daß Sie schon jetzt zu einer Legende geworden sind?“

„Ich weiß nur eins“, sagte Hasard. „Ich habe die Verantwortung für das Gelingen der Mission, die vor uns liegt, und ich werde alles daransetzen, um mein Ziel zu erreichen. Sollte mir irgend jemand Knüppel zwischen die Beine werfen – ganz gleich, aus welchem Lager –, dann werde ich ihn vernichten.“

„Ich werde mich an diese Worte zu erinnern wissen, Sir“, sagte Cliveden. „Einen besseren Mann als Sie hätten wir nicht auswählen können, soviel steht fest. Und vielleicht schließen Sie auch mit Terry Burgfrieden, vielleicht erweist er sich als brauchbarer Mitstreiter für Sie.“

„Hoffentlich.“

„Verraten Sie mir jetzt Ihren Plan?“

„Ja. Morgen um diese Zeit stehen wir bereits vor der bretonischen Küste, mehr als eine Nacht brauchen wir für die Überquerung des Kanals nicht. Das heraufziehende schlechte Wetter dürfte uns, wie ich annehme, bei unserer List dienlich sein.“

„Eine Falle?“

„Richtig“, erwiderte Hasard. „Aber der Gegner muß glauben, daß er es ist, der die Beute in die Enge treibt. Je sicherer er sich fühlt, desto mehr Chancen haben wir, ihm gleich zu Beginn einen empfindlichen Hieb zu versetzen.“

Sie nahmen Platz, und von jetzt an plauderten sie wie zwei gute Bekannte miteinander.

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9783954397730
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