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Blumen des Bösen

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BLUMEN DES BÖSEN

DIE ZERSTÖRUNG

 
Ohn Unterlaß spür ich, wie mich der Dämon drängt;
Wie regungslose Luft hält er mich rings umfangen;
Ich fühl und Schlüpke ihn, wie er die Lungen sengt,
Er füllt mein schuldig Herz mit ewigem Verlangen.
 
 
Oft nimmt er, meiner Glut zur Kunst gar wohl bewußt,
Die buhlerische Form der schönsten Frau auf Erden,
Und heuchlerischen Trugs läßt meiner Lippen Lust
Er den verruchten Trank verworfner Schande werden.
 
 
So führt er mich, vom Blick der Gottheit fern gebannt,
Schwerkeuchend und erschöpft durchs weite Wüstenland
Der toten Leere hin, in endlos-grauen Stunden.
 
 
Vor meinen Augen, die Verwirrung dunkelt, sät
Zerfetzte Kleider er und aufgerißne Wunden
Und des Zerstörungswerks bluttriefend Schlachtgerät!
 

VERDAMMTE FRAUEN

 
Gleich stummen Herden sich im Sande lagernd, wenden
Sie ihre Augen nach dem Horizont de See.
In ihren Füßen, die sich suchen, ihren Händen,
Bebt sehnsuchtsbanger Wunsch und fröstelnd-herbes Weh.
 
 
Die einen, trunken von gehauchten Traulichkeiten,
Gehn an den Bächen hin, die lallen durch den Hain,
Und stammeln bang die Glut der scheuen Kinderzeiten
Und ritzen Namen in die jungen Bäume ein.
 
 
Und andre, Schwestern gleich, durchwandern ernst und schweigend
Die Felsenküste, die Gesichte läßt erstehn.
Wo Sankt Antonius, wie Lavafluten steigend,
Die nackten Brüste der Versuchung einst gesehn.
 
 
Und andre, die im Schein verglommner Fackeln weilen,
In heidnischen Gewölbs verschwiegner Dunkelheit,
Flehn deine Hilfe an, ihr Fieberweh zu heilen,
O Bacchus, der der Qual Vergessenheit verleiht.
 
 
Noch andre, deren Brust bedeckt vom Skapuliere,
Die eine Geißel in dem faltgen Kleid versteckt,
Vereinen in der Nacht der öden Waldreviere
Den Rausch der wilden Lust der Pein, die Tränen weckt.
 
 
Dämonen, Jungfraun ihr, Untiere, Dulderinnen,
Erhabne Geister, die die Wirklichkeit verschmähn,
Die – lüstern oder fromm – auf Unbegrenztes sinnen,
Die bald verzweifelt schrein, in Tränen bald zergehn,
 
 
Ihr, denen ich ins Graun der Hölle nachgegangen,
Ich liebe, Schwestern, euch und klage euer Los,
Um euer finster Leid und ungestillt Verlangen,
Um das Gedächtnis an die Glut, so tief und groß.
 

DIE FONTÄNE VON BLUT

 
Oft deucht es mich, daß mein Blut mir entflieht,
Wie ein Springbrunn mit seltsam schluchzendem Lied,
Wohl hör ich, wie es strömt, dumpf murmelnd Stund an Stunde,
Doch taste ich umsonst und finde keine Wunde.
 
 
Durch die Stadt rinnts wie durch umfriedet Gebiet,
Und das Pflaster gleicht Inseln, die es umzieht.
Jedwede Kreatur trinkt es mit durstgem Munde,
Es taucht in tiefes Rot die ungeheure Runde.
 
 
Verzweifelt fleht* ich an der Weine Zaubermacht,
Daß nur ein Tag mir frei von diesem Graun erscheine.
Jedoch das Ohr wird fein, das Auge klar vom Weine.
 
 
Im Lieben suchte ich vergessensdunkle Nacht;
Doch scheint mir, sich im Rausch der Liebe zu versenken,
Ein Bett von Nadeln, wo wir jene Dirnen tränken.
 

AMOR UND DER SCHÄDEL
ALTER BÜCHZIERAT

 
Auf der Menschheit Haupt hat im Hohne
Sich Amor gesetzt,
Und der Freche, der auf seinem Throne
Sich lachend ergetzt,
 
 
Läßt schillernde Kugeln steigen
Hinauf in die Luft,
Zu erreichen der Welten Reigen
Im blauenden Duft.
 
 
Der Lichtball schwebt, sich beschwingend,
In endlosen Raum,
Birst und haucht seine Seele verklingend,
Wie goldenen Traum,
 
 
Nun hör bei den schwebenden Blasen
Den Schädel ich flehn:
Dieses Spieles grausames Rasen,
Wie lang soll es gehn?
 
 
Das, was dein Mund, dein verruchter,
Im Spiele vertut,
Mein Hirn ist’s, Mörder, verfluchter!
Mein Fleisch und mein Blut!
 

AUFRUHR

DIE VERLEUGNUNG DES HEILIGEN PETRUS

 
Was macht Gott Vater mit der Flut von Lästerungen,
Die Tag für Tag sich auf zu seinen Engeln schwingt?
Ruht er wie ein Tyrann, den Fleisch und Wein bezwingt,
Von unsrer Flüche Klang in sanften Schlaf gesungen?
 
 
Der Dulder Schluchzen und der Schrei der Opfer schwillt
Wohl zu berauschender Musik erwünschter Qualen,
Denn trotz dem Blut, mit dem sie diese Lust bezahlen,
Ist noch der Himmel nicht gesättigt und gestillt.
 
 
O Jesus! Denke an des Ölbergs bittre Klagen,
Da, als du kindlich Ihn auf Knien angefleht,
Der bei der Nägel Klang sich lachend weggedreht,
Die niedre Henker in dein zuckend Fleisch geschlagen.
 
 
Als deine Göttlichkeit bespien ward und entweiht
Vom niedren Kriegsvolk und vom Auswurf roher Buben,
Als du gefühlt, wie tief die Dornen sich dir gruben
Ins Haupt, in dem gewohnt der ganzen Menschheit Leid,
 
 
Als dein gebrochner Leib mit schwerer Last die Arme
Dir grauenhaft gedehnt, und als entsetzlich dann
Dir Blut und Schweiß herab von bleicher Stirne rann,
Als eine Zielscheib du hingst vor der Lästrer Schwarme,
 
 
Gedachtest träumend du an jenen lichten Tag,
Da zur Erfüllung des Versprechens froh du schrittest,
Da auf der Eselin, der sänftlichen, du rittest
Den Weg, der voll Gezweig und reichen Blüten lag.
 
 
Da ganz das Herz erfüllt von Mut und Hoffnungsglanze
Die Händler du gestäupt in göttlichem Gericht,
Da endlich Herr du warst! … Drang denn die Reue nicht
Dir in die Seite ein noch vor dem Stich der Lanze?
 
 
Ich, wahrlich, fliehe gern dies irdische Geschlecht,
Wo Traum und Handlung nicht gleichwägt in Schwesterhänden,
Dürft ich den Degen ziehn und durch den Degen enden!
Petrus verleugnete den Herren – er tat recht!
 

ABEL UND KAIN

I
 
Stamm Abels, schlafe, iß und trinke,
Gott lächelt dir gnädig zu.
 
 
Stamm Kains, in Schmutz und Schlamm versinke,
Erbärmlich leb und ende du.
 
 
Stamm Abels, deines Weihrauchs Grüßen
Umschwebt den Seraph mild und rein.
 
 
Stamm Kains, wird deinem schweren Büßen
Denn niemals eine Ruhe sein?
 
 
Stamm Abels, reich ist deine Weide,
Und üppge Saat entsproßt dem Grund.
 
 
Stamm Kains, dich schmerzt im Eingeweide
Des Hungers Qual wie einen Hund.
 
 
Stamm Abels, deine Glieder wärme
An väterlichem Herdesbrand.
 
 
Stamm Kains, wie scheue Schakalschwärme
Irr frierend, ins Geklüft verbannt.
 
 
Stamm Abels, lieb und feilsche teuer!
Dein Silber selbst bringt Junge dir.
 
 
Stamm Kains, du Herz voll wildem Feuer,
Verfemt ist deiner Wünsche Gier.
 
 
Stamm Abels, groß und zahlreich wirst du,
Den Wanzen in den Wäldern gleich!
 
 
Stamm Kains, auf öden Straßen irrst du
Im tiefsten Elend, nackt und bleich.
 
II
 
Dein Aas, Stamm Abels, wird verwesen,
Daß es den Boden fetter macht!
 
 
Stamm Kains, die Tat, die dir erlesen,
Hast nicht genügend du vollbracht.
 
 
Stamm Abels, hör des Urteils Stimme:
Dem Fangspieß ward das Schwert zum Spott!
 
 
Stamm Kains, empor zum Himmel klimme,
Und auf die Erde schleudre Gott!
 

DIE LITANEI SATANS

 
Du Cherub, herrlicher als die Gefährten alle!
Gott ohne Ruhm! Gestürzt in allgewaltgem Falle,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
O König des Exils, der unrecht ward verbannt,
Und der, wenngleich besiegt, stets stärker neu erstand,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
O du, allweiser Fürst in unterirdschen Reichen,
Du Heiland jeder Angst, die Menschen läßt erbleichen,
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Der Aussatzkranken selbst und Parias verleiht
Durch Liebe den Genuß von Edens Seligkeit,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Der zur Geliebten die Verwesung sich erkoren,
Die jene Törin dir, die Hoffnung, hat geboren,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Der Todgeweihten gibt den Blick voll stolzem Trotz,
Ein Volk verdammend von der Höhe des Schafotts,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Du, welcher weiß und kennt, in was für nie entdeckte
Geklüfte Gott voll Neid den Edelstein versteckte,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Du, dessen klarer Blick die Kammern überfliegt,
Wo der Metalle Volk versargt im Schlummer liegt,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Du, dessen mächtge Hand am Abgrund sicher leitet
Den Menschen, der im Schlaf längs hoher Zinnen schreitet,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Du, der des Säufers alt Gebein durch Zauberkraft
Selbst unter Rosseshuf heil und geschmeidig schafft,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Du, der zum Trost des Manns, den Elend ganz verzehrt hat,
Uns des Salpeters und des Schwefels Kraft gelehrt hat,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Der auf des Krösus Stirn der Mitschuld Zeichen brennt,
Des Seele käuflich ist und kein Erbarmen kennt,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Du, der in Aug und Herz den Mädchen das Ergetzen
An offnen Wunden gab und an zerlumpten Fetzen,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Der stets der Forscher Licht, der Stab der Flüchtgen war,
Beichtger Erhängter und verfolgter Sträflingsschar,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 
 
Du Vater aller, die geschreckt von Wetterstrahlen
Vor Gottes grimmem Zorn aus Eden bang sich stahlen,
 
 
Erbarm dich, Satan, mein und meiner tiefen Qualen!
 

GEBET

 
Preis, Satan, dir und Ruhm in hoher Himmel Pracht,
Wo einstmals du geherrscht und in der Hölle Nacht,
In der besiegt du träumst in schweigendem Palaste!
Gib mir, daß unter der Erkenntnis Baum einst raste
Mein Geist, dir nahgesellt, zur Stunde, da dein Haupt
Gleich neuen Tempels Dach sein reich Gezweig umlaubt!
 

DER TOD

DER TOD DER LIEBENDEN

 
Wir werden Lager tief wie Grüfte finden,
Die leichte Wohlgerüche übersprühn,
Und seltne Blumen werden sich uns winden,
Die unter schönrem Himmel uns erblühn.
 
 
Die letzten Gluten hauchend, die entschwinden,
Sind unsre Herzen Fackeln, licht und kühn,
Und lassen Feuer, die sie hold verbinden,
Aus unsrer Geister Zwillingsspiegeln glühn.
 
 
Wann Blau und Rosig abends mystisch scheinen,
Laß tiefen Blick uns tauschen, wie ein Weinen,
Ein Schluchzen, das nur Abschied atmen soll.
 
 
Dann schiebt ein Engel sacht zurück die Riegel,
Und neu belebt er, treu und liebevoll,
Die toten Flammen und die trüben Spiegel.
 

DER TOD DER ARMEN

 
Der Tod, ach, ist uns Trost und hoffnungsvolles Lieben,
Er ist des Lebens Ziel, die Kraft, die uns durchdringt,
Er ist der Zaubertrank, von dessen Rausch getrieben
Wir mutvoll weitergehn, bis daß der Abend sinkt.
 
 
Durch Sturmwind, Reif und Schnee, die eisig niederstieben,
Ist er die Klarheit, die durchs Dunkel zitternd blinkt;
Die große Herberg, wie sie in dem Buch geschrieben,
Wo man sich setzen kann, wo Schlaf und Speise winkt.
 
 
Er ist ein Engel, der des tiefen Schlafs Beglückung
In Zauberhänden hält und selgen Traums Verzückung,
Und der ein weiches Bett den nackten Armen macht;
 
 
Er ist der Götter Ruhm, des Erntesegens Milde,
Des Armen Gold, sein alt und heimatlich Gefilde,
Das weiterschloßne Tor zu neuer Himmel Pracht!
 

DER TOD DER KÜNSTLER

 
Wie oft ertönt mir noch der Narrenschellen Klang,
Wie oft noch, Zerrbild, küss ich deine Stirn voll Grauen?
Wieviel Geschosse noch verfliegen mir im Blauen,
Mein Köcher, eh ein Pfeil das seltne Ziel durchdrang?
 
 
Wir schmieden Plan auf Plan, das ganze Leben lang;
Manch schwer Gewaffen wird im Kampfe noch zerhauen,
Eh wir die Kreatur, die riesenhafte, schauen,
Gesucht in ewger Gier, die Tränen uns entrang.
 
 
Und Menschen gibt es, die stets fern von dem Idole,
Und diesen Bildnern, die verdammt und lichtberaubt,
Gezeichnet von der Schmach, dir meißeln Brust und Haupt,
 
 
Winkt eine Hoffnung nur gleich finstrem Kapitole!
Daß ihnen einst der Tod, ein neues Lichtgestirn,
Die Blume sprießen läßt und blühn aus ihrem Hirn!
 

ENDE DES TAGES

 
In bleiernen Lichtes Weben
Tanzt und windet ohne Grund
Sich schamlos lärmend das Leben,
Drum sobald der Erde Rund
 
 
Von seligem Dunkel erfrischt ist,
Wann alles, der Hunger selbst, ruht,
Wann alles, die Schmach selbst, verwischt ist,
Seufzt der Dichter: Nun ist’s gut!
 
 
Meine Glieder wie meine Gefühle
Erflehen die Ruhe sich,
In finsterem Traumgewühle
 
 
Will ausgestreckt liegen ich,
Und dein Vorhang umhülle mich,
Erquickende, nächtige Kühle.
 

TRAUM EINES WISSBEGIERIGEN

 
Kennst du so tief wie ich des Leidens Süßigkeiten,
Und sagt man auch von dir: »Seht, welch ein Sonderling!«?
– Ich lag im Sterben. In der Brust, der todgeweihten,
Rang Schrecken und der Wunsch zum Tod, ein seltsam Ding.
 
 
Angst fühlt’ und Hoffnung ich, jedoch kein Widerstreiten.
Je mehr der schlimme Sand der Uhr zu Ende ging,
Je schärfer fühlte ich der Folter Herrlichkeiten;
Mein Herz entriß sich ganz der Welt, die es umfing.
 
 
Mein Fühlen glich dem Wunsch von schaubegiergen Kindern,
Den Vorhangsfalten feind, die unsre Blicke hindern …
Bis daß die Wahrheit sich enthüllte, kalt und blaß:
 
 
Tot war ich ohne Schreck. Und mich umgab der Schimmer
Des grausen Morgenrots. – Was! ist es nichts als das!
Der Vorhang war entschwebt … ich wartete noch immer.
 

DIE REISE
AN MAXIME DU CAMP

I
 
Dem Kinde, das entzückt von jedem Stich und Bilde,
Erscheint die Erde weit wie seine Träumerein.
Wie ist die Welt so groß bei lichter Lampen Milde!
Für der Erinnrung Blick, wie ist die Welt so klein!
 
 
Entflammten Geistes sind wir plötzlich auf dem Wege,
Das Herz von dumpfem Groll und herber Sehnsucht schwer,
Daß unsre Seele bang im Takt der Ruderschläge
Ihr Unbegrenztes wiegt auf dem begrenzten Meer:
 
 
Die einen fliehn ihr Land, um Ehr und Glück betrogen,
Die andern jagt der Fluch der Heimat, andre gehn,
In Augen einer Frau versunkne Astrologen,
Der Circe, die verlockt mit süßer Düfte Wehn.
 
 
Um nicht in Tiere sich zu wandeln, trinken Wonne
Sie aus der Himmel Glanz, aus Weite, Licht und Strahl;
Die Eisluft, die sie stählt, der Feuerbrand der Sonne
Verwischen allgemach der Küsse haftend Mal.
 
 
Doch wahre Wandrer sind, die den Ballons gleich reisen,
Nur um zu reisen, die leichtherzig nie den Bann,
Den ihnen das Geschick auflegte, von sich weisen,
Sie wissen nicht den Grund und sagen doch: Voran!
 
 
Die, deren Wünsche gleich den Wolken sich entfalten,
Wie ein Rekrut, der träumt von der Kanonen Ruf,
Erhoffen Freuden sie, die stets sich neu gestalten,
Für die des Menschen Geist noch niemals Namen schuf!
 
II
 
Wir ahmen Kreisel nach und Ball in ihrem Schwirren
Und ihrem blinden Tanz; denn selbst im Schlummer nagt
Die Neugier uns das Herz und läßt uns weiter irren,
Grausamem Engel gleich, der Sonnen peitscht und jagt.
 
 
O sonderbares Glück, das stets verschiebt die Ziele,
Das, weil es nirgends ist, uns überall erscheint!
So daß der Mensch, der nie satt wird am tollen Spiele,
In ruhelosem Lauf Ruhm zu erjagen meint!
 
 
Ein Fahrzeug ist der Geist, das dreigemastet steuert
Zum Lande seines Glücks. – Schau auf! tönt’s längs dem Schiff;
Vom Mastkorb hallt ein Ruf, von Wahnsinn angefeuert:
Glück … Liebe … Ruhm! O Fluch! Er ist ein Felsenriff.
 
 
Ein jedes Eiland, das der Mann auf Wache kündet,
Erscheint ein Eden uns, das das Geschick verhieß,
Und unsre Phantasie schaut dort ihr Reich begründet,
Bis eine Klippe nur im Morgengraun sich wies.
 
 
Ihn, dessen Wünsche nur erträumten Landen gelten,
Sprecht, soll man fesseln ihn, ihn werfen in die See?
Den trunknen Seemann, den Entdecker neuer Welten,
Die spiegelnd in der Flut verschärfen unser Weh?
 
 
Gleichwie ein Vagabund durch Schmutz und Dunkel hinkend,
Die Nase in der Luft, sich Paradiese malt;
Sein Blick schaut überall ein Capua, wo blinkend
Ein ärmlich Talglicht aus zerfallner Hütte strahlt.
 
III
 
Ihr edlen Reisenden! Welch seltne Wunder können
In euren Augen wir, die tief wie Meere, schaun!
Wollt des Gedenkens Schrein, den reichen, ihr uns gönnen,
Kleinodien, die ihr schuft aus Licht und Ätherblaun!
 
 
Dann reisen ohne Dampf und Segel wir von dannen!
Damit ein Lichtstrahl uns des Kerkers Nacht besonnt,
Laßt über unsren Geist, den leinwandgleich wir spannen,
Erinnrungsbilder ziehn, umrahmt vom Horizont.
 
 
Was saht ihr? Sprecht!
 
IV
 
Wir sahn der Sterne licht Gefunkel,
Wir sahen Wüstensand und Wellen ungezählt;
Trotz manchem Unglücksschlag, trotz Sturm und Wetterdunkel
Hat Langeweile uns ganz so wie hier gequält.
 
 
Der Sonne Glorie auf den veilchenfarbnen Meeren,
Der Städte Glorie, wann die Sonne leuchtend sinkt,
Entzündeten in uns ein ruhelos Begehren
Nach eines Himmels Glanz, der fremd verlockend blinkt.
 
 
Die reichsten Städte und die prangendsten Gefilde
Enthielten nimmermehr den mystisch-seltnen Reiz,
Wie ihn aus Wolken formt des Zufalls fremd Gebilde.
Stets hauchte Sehnsucht uns die Schauer bangen Leids.
 
 
– In dem Genüsse weiß die Sehnsucht Kraft zu finden.
O Sehnsucht, alter Baum, der von der Lust sich nährt,
Indessen du ergreist und härtest deine Rinden,
Sieh, wie dein schlank Gezweig zur Sonn’ emporbegehrt.
 
 
Strebst ewig, großer Baum, du mächtiger nach oben
Als die Zypresse? – Doch wir haben sorglich, wißt,
Für eures Sammeins Gier euch Skizzen aufgehoben,
Ihr Brüder, die ihr preist, was aus der Ferne ist.
 
 
Wir grüßten Götzen, die mit Riesenrüsseln dräuten,
Und Throne, die gebaut aus lichtem Edelstein;
Der Prunkpaläste Glanz, an dem wir uns erfreuten,
Möcht euren Handelsherrn Traum und Verderben sein.
 
 
Gewände, die das Aug entzücken und berauschen,
Fraun, die sich färben Zahn und Nägel, schauten wir
Und weise Zauberer, auf welche Schlangen lauschen.
 
V
 
Was noch, was weiter noch?
 
VI
 
O Kinderseelen ihr!
 
 
Um nicht das Wichtigste von allem zu vergessen,
Wir sahen überall, obgleich wir’s nie begehrt,
So oft die Stufen auch der Leiter wir durchmessen,
Den lästgen Anblick, den die Sünde uns gewährt:
 
 
Das Weib, die Sklavin, die ohn’ Abscheu, ohne Lachen
Sich liebt und tut, was Stolz und Dummheit ihr gebot,
Der Mann, ein Zwingherr, den Begier und Zorn entfachen,
Der Sklavin Sklave und ein Bach in Schmutz und Kot;
 
 
Der Henker, der sich freut, des Opfers Qual zu schärfen;
Die Orgie, der das Blut die rechte Würze gibt;
Das Gift der Herrschgewalt, Despoten zu entnerven,
Das stumpfe Volk, das in der Peitsche Schlag verliebt;
 
 
Und Religionen, die der unsren alle gleichen,
Zum Himmel klimmend, stolz auf ihre Heiligkeit,
Die, wie ein Zärtling, der sich wälzt im Bett, im weichen,
Sich ihre Wollust sucht in Pein und härnem Kleid.
 
 
Die Menschheit redet toll, am eignen Geist sich freuend,
Und wie sie immer war, von Wahnsinn heimgesucht,
In ihrem Todeskampf zu Gott dem Herren schreiend:
O du mein Ebenbild, mein Meister! Sei verflucht!
 
 
Die wenigst Dummen noch, die kühn den Wahnsinn lieben,
Den Haufen fliehend, der verschont bleibt vom Gericht,
Ins grenzenlose Reich des Opiums getrieben! —
So heißt des Erdenballs allewiger Bericht.
 
VII
 
Ein bitter Wissen, das auf Reisen wir erspähen!
Die Welt läßt, eng und klein, für ewig festgebannt,
Uns gestern, morgen, heut das eigne Bildnis sehen,
Oase tiefen Grauns in öder Wüsten Sand!
 
 
Muß bleiben man, muß fliehn? Kannst bleiben du, so bleibe;
Geh, wenn dir’s not! Der flieht, der duckt verborgen sich,
Daß er die Wachsamkeit des Feindes hintertreibe,
Der Zeit! – O Läufer sind, die unabänderlich
 
 
Wie die Apostel und der ewge Jude eilen,
Die Schar, der Kiel und Rad nie schnell genug erschien,
Zu fliehn des Gegners Netz; und andere verweilen
Am Ort, der sie gebar, und töten dennoch ihn.
 
 
Wann endlich seinen Fuß im Rücken wir gewahren,
Dann können hoffen wir und rufen laut; Voran!
So wie vor Zeiten einst gen China wir gefahren,
Den Blick auf weiter See, die Haare im Orkan.
 
 
Wir werden froh das Meer der Finsternisse grüßen,
Dem jungen Wandrer gleich, des Herz sich freudig hebt,
Hört diese Stimmen ihr, die dunklen, tödlich-süßen,
Die singen: Kommt hierher, die ihr zu speisen strebt
 
 
Vom Lotus selgen Dufts. Hier erntet ihr alleine
Die Wunderfrucht, nach der ihr hungernd lang geirrt;
Kommt ihr berauschen euch am seltsam-milden Scheine
Des Sommernachmittags, der niemals enden wird?
 
 
Die traute Stimme weist uns Schatten, längst begraben;
Die Schar der Pylade erschließt die Arme weit.
„Schwimm zu Elektren hin, dein müdes Herz zu laben!«
Ruft sie, der wir die Knie geküßt vor langer Zeit.
 
VIII
 
Tod! Greiser Kapitän! Zeit ist zum Ankerlichten!
Dies Land sind müde wir. O Tod, in See hinein!
Dräun, schwarz wie Tinte, Meer und Luft uns zu vernichten, —
Im Herzen, das du kennst, strahlt doch ein lichter Schein!
 
 
Laß zu erneuter Kraft dein eisig Gift uns trinken!
Wir wollen – uns verbrennt das Hirn in Glut und Graun —
Tief in des Abgrunds Nacht, ob Holl, ob Eden, sinken,
Ins unbekannte Sein, um Neues zu erschaun!
 
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