Der Rabe und sämtliche Gedichte

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Der Rabe und sämtliche Gedichte
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Der Text folgt der Ausgabe:

»Edgar Allan Poes Werke, 1. Band: Gedichte«,

herausgegeben von Theodor Etzel, Propyläen Verlag, Berlin (1921/22).

Übersetzt von Theodor Etzel und Hedwig Lachmann.

© 2020 Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hamburg

Alle Rechte, auch das der fotomechanischen Wiedergabe

(einschließlich Fotokopie) oder der Speicherung auf

elektronischen Systemen, vorbehalten.

All rights reserved.

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design unter

Verwendung von shutterstock/Katia Karpei

ISBN: 978-3-86820-897-9

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Tamerlan

Lied

Träume

Geister der Toten

Abendstern

Ein Traum in einem Traum

Ein Traum

Der glücklichste Tag

Der See

An die Wissenschaft

An den Fluß

An –

Romanze

Märchenland

An –

Allein

An Helene

Lenore

Das Tal der Unrast

Die Stadt im Meer

Die Schlafende

Israfel

Das Kolosseum

An Eine im Paradies

Gebet

An F–

An Frances S. Osgood

An Zante

Braut-Ballade

Das Geisterschloß

Schweigen

Eroberer Wurm

Traumland

Der Rabe

Eulalie

An M. L. S

Ulalume

An Marie Louise Shew

An Helene

Die Glocken

Annabel Lee

An meine Mutter

Für Annie

El Dorado

Die Philosophie dichterischen Schaffens



Tröstlicher Sang für Mußestunden –

Das, Vater, ist mein Thema nicht.

Ich weiß, ich werde nie entbunden

Von mehr als irdischen Hochmuts Sünde

Durch Erdenmacht – für Sehnsucht finde

Ich nicht die Zeit, für Träumen nicht.

Man nennt sie Hoffen – jene Glut!

Nichts ist sie als Begehrens Wut!

Könnte ich hoffen – Gott! ja, dann

Hieß ich nicht Narr dich, alter Mann.

Begreifst du eines Geistes Scham,

Der tief gebeugt nach höchstem Flug?

O schmachtend Herz! von dir bekam

Dein Welken ich mit all dem Trug

Von Ruhmbegier, den heißen Glanz,

Um meinen Thron den Strahlenkranz,

Der Hölle Heiligenschein! und Not,

Die in der Höll nicht heißer loht.

O drängend Herz, das nach der Wonne

Verlorner Blumen, nach der Sonne

Der alten Sommerstunden schreit –

Die ewige Glocke jener Zeit,

Die starb, sie singt nun ohne Enden

Eintönig, wie von Zauberhänden

Geläutet, deiner Nichtigkeit

Ein unsterbliches Grabgeläut.

Ich war nicht immer so wie jetzt:

Dies Diadem, das fiebrig hetzt,

Krönt eines Usurpators Gier.

Gab gleiche feurige Erbschaft nicht

Dem Cäsar Rom – wie dieses mir?

Das Erbe königlicher Kraft

Und stolzer Mut und Zuversicht,

Die alles Menschliche errafft!

Auf Bergeserde ward ich Leben.

Nachtnebel gossen ihren Tau

Aufs Haupt mir aus dem dunklen Grau;

Ich glaube, daß der Lüfte Weben,

Zu ungestümem Sturm erregt,

Durch dies mein eignes Haar gefegt.

So spät vom Himmel – Tau – er fiel

(In Träumen unheiliger Nacht)

Auf mich herab wie Höllenspiel;

Und Flammen, glühendrot entfacht

Aus Wolken, die gleich Bannern hingen,

Erschienen halbgeschloßnem Blick

Als Prunk von Herrschermacht und Glück;

Und des Trompetendonners Klingen

Umbrauste mich wie Wirbelwind

Und sprach von Menschenschlacht, darinnen

Die eigene Stimme – dummes Kind! –

(Was würde ich vor Lust beginnen

Bei solchem Schrei – erlebt ich dies!)

Schlachtruf des Sieges schallen ließ.

Der Regen kam herab auf mein

Schutzloses Haupt, und schwerer Wind

Machte mich toll und taub und blind:

Es mochten wohl nur Menschen sein,

Die Lorbeer auf mich niederwarfen,

So dachte ich; der Sturm der scharfen

Eisigen Luft hat in mein Ohr

Hineingegurgelt das Zertrümmern

Von Kaiserreichen – mit dem Wimmern

Gefangner Feinde – Stimmenchor

Des Trosses und den Schmeichelton

Ringsher um eines Herrschers Thron.

Meine Gier, seit jenen Unglücksstunden,

Ward Tyrannei, die ich erstrebte;

Man hielt sie, seit ich Macht gefunden,

Für meines Innern Grundgebot.

Nun sei's! Doch, Vater, eine lebte,

Die damals – da ich jung, und sie


In stärkerm Feuer noch geloht

(Denn Leidenschaften sterben früh) –,

Die damals selbst gewußt, daß, ach,

Dies eisern Herz in Liebe schwach.

Mir fehlen Worte, ach, zu sagen,

Wie gutes Lieben Freude flicht!

Noch würde ich zu zeichnen wagen

Ein mehr als schönes Angesicht,

Des Züge meinem Geiste sind –

Schatten im unbeständigen Wind:

Gleich wie mein Aug, mein zögernd mattes,

Die Lettern irgendeines Blattes

Und alle Wissenschaft darin

Zu Phantasien ohne Sinn

Oft schmelzen sah – zu Nichts dahin.

Oh, sie war all der Liebe wert!

Und so der Kindheit Liebe war,

Daß Engel neidvoll sie begehrt;

Ihr junges Herz war der Altar,

Auf dem als Weihrauch lag mein Hoffen

Und Denken – damals gute Gaben,

Denn kindlich waren sie und offen;

 

Ihr Beispiel strahlte rein dem Knaben.

Oh, warum mußte ich's verlassen,

Um im Vertrauen auf das Feuer,

Das innen brannte ungeheuer,

Verwegen nach dem Licht zu fassen?

Wir wuchsen liebend auf – zusammen –

Durch Wildnis streifend wie das Wild;

In Frostzeit meine Brust ihr Schild,

Ihr Schild im frohen Sommerflammen.

Sie sah wohl lächelnd himmelwärts,

Mein Himmel war ihr Aug allein.

Der Liebe Lehrer ist – das Herz:

Wenn mitten in dem Sonnenschein

Und jenem Lächeln – nicht etwa

Um kleine Sorgen wettzumachen

Noch über Schelmerei zu lachen –,

Wenn mittendrin es wohl geschah,

Daß ich mich warf an ihre Brust,

Und daß, des Grundes kaum bewußt,

Mein Geist in Tränengüssen bangte,

Da tat's nicht not, mich zu bekennen,

Ihr tröstend meinen Schmerz zu nennen –

Sie, die nach keinem Grund verlangte,

Ließ, ohne Ängste kundzutun,

Ihr ruhiges Auge auf mir ruhn.

Dennoch war mehr denn Liebe wert

Mein Geist, er rang in wildem Weh,

Da ihn – allein auf Bergeshöh –

Der Ehrgeiz neuen Ton gelehrt;

Ich lebte einzig nur in dir:

Die Welt und alles, was sie hier

In Erde, Luft und Meer umfaßt –

All ihre Lust – all ihre Last

Gab neue Freude; ideale

Traumnächtig dunkle Nichtigkeiten –

Dunklere Nichtse, doch reale,

(Schatten – und schattenhafteres Gleiten

Von Licht) auf Nebelschwingen kamen

Und wurden also, wirr vereint,

Dein Bildnis und – ein Name – Name!

Zwei Dinge, fremd – doch eng vereint!

Ehrsüchtig, Vater, war dein Sohn.

Kanntest du Leidenschaft? – Nein, nein!

Ein Ärmster sann ich einen Thron

Der halben Welt als mein – als mein,

Noch grollend über niedres Los.

Und doch, es waren Träume bloß,

Die mit dem Dampf des Taus verflogen

Gleich jedem andern Traum, vom Strahl

Der Schönheit lieblich angezogen,

Der meinem Geist das Dunkel stahl.

Wir schritten beide auf der Krone

Weit hohen Bergs, der niederschaute

Auf stolz getürmte Felsenthrone,

Auf Wald, der Höhen überbaute,

Auf Hügel, die sich talwärts senkten

Und tausend Quellen Leben schenkten.

Ich sprach zu ihr von Ruhm und Macht,

Geheimnisvoll, als sollte dies

Gerede zu nichts anderm taugen

Als nur zum Spiel; in ihren Augen

Las ich, vielleicht zu unbedacht,

Ein Fühlen, das Verstehen hieß.

Ihr klar Erröten schien zu schön

Zu kleiden königliche Höhn,

Als daß es immerfort allein

Licht in der Wildnis sollte sein.

Dann hüllte ich mich selbst in Glanz,

Mit eingebildeter Krone auf –

Nicht war's, daß Phantasie allein

Mich hold geschmückt mit ihrem Kranz,

Nein, daß im großen Menschenhauf

Der Löwe Ehrsucht lahm und klein

Sich duckt vor eines Wächters Hand,

Nicht wie in Wüsten, wo der starke,

Der wilde giert, mit ihrem Marke

Zu schüren seines Feuers Brand!

Blick um dich jetzt auf Samarkand!

Ist sie nicht Königin der Erde?

Sind alle Städte mehr denn Herde

Vor ihrer hohen Herrscherhand?

Steht sie erhaben nicht, allein,

Im Glanz, den je die Welt gekannt?

Fiel sie – könnt nicht ihr ärmster Stein

Der Sockel eines Thrones sein? –

Und wer ihr Herrscher? Timur – er,

Den das erstaunte Volk allda

– Gekrönten Räuber! – stolz und hehr

Hin über Reiche schreiten sah!

O Menschenliebe! Ausgegossen

Als Geist von allem, was erschlossen

Uns zeigen mag die Himmelswelt!

Die du, wie Regen frisch bestellt

Schirokko-dürres Sommerfeld,

Die Seele segnend tränkst und näßt

Und doch das Herz in Wildnis läßt!

Begriff, der alles rings, was lebt,

Mit seltsamer Musik umschwebt

Und wunderlicher Prachtgebärde –

Leb wohl! denn ich gewann die Erde.

Als Adler Hoffnung, hoch im Flug

Gen Himmel, nichts mehr höher sah,

Besänftigt wandte er sich da,

Daß seine Schwinge heimwärts schlug.

War Sonnenuntergang: wenn weit

Die Sonne sinkt, kommt Düsterkeit

Ins Herz ihm, der noch gern erblickte

Den Glanz, den Sommersonne schickte.

Er wird den Duft des Abends hassen,

Wird lauschend vor dem Klang erblassen

Der Nacht (den Lauschern offenbar)

Als einer, der in Traumesbann

Entfliegen möchte, doch nicht kann,

Vor einer nahenden Gefahr.

Wenn Mond, der weiße Mond, auch ganz

Ausschüttet seines Mittags Glanz,

Sein frostig Lächeln, sein Geleit

Scheint jener Zeit der Düsterkeit

Ein Bild aus Tagen nach dem Tod.

Jugend ist eine Sommersonne,

Die nichts uns läßt von Wert und Wonne,

Wenn sie verschwand, nur Nichts und Not.

Denn alles Wissen, dem wir lebten,

Ward uns; was wir zu halten strebten,

Entfloh; so laß das Erdenwallen

Mit seiner Mittagsschönheit fallen,

Die alles ist. – Ich eilte her

Zu meinem Heim – mein Heim nicht mehr –,

Denn was es je dazu gemacht,

War fort; trat ich auch sanft und sacht

Durch seine moosige Tür, es drang

Vom Schwellenstein der Stimme Klang

Von einer, die ich einst gekannt.

Ich leugne, Hölle, daß dein Brand

Mehr Demut brennt als nun mein Herz,

Mehr Wehmut kennt als nun mein Schmerz!

Vater, ich glaube fest – ich weiß –

Denn Tod, der kommt aus Segensferne,

Die ohne trügerisches Hoffen,

Er ließ sein eisern Tor weit offen,

Und strahlend glühn der Wahrheit Sterne

Durch Ewigkeit und flammen heiß –

Ich glaube, einen Fallstrick hat

Satan auf jedem Menschenpfad;

Denn wie sonst konnte dieses sein:

Als ich gelebt im heiligen Hain

Der Göttin Liebe, die so rein

Alltäglich salbt die schneeige Schwinge

Im Weihrauch frommer Opferbrände

Und andrer unbefleckter Dinge,

Im Haine, dessen Dach und Wände,

Wo Lücken läßt das Laubgewind,

Mit Strahlen eng vergittert sind,

Durch die kein Stäubchen, keine Mücke,

Ausweichend ihrem Adlerblicke,

Eindringen kann – wie sonst denn war

Dies möglich, daß nicht wahrnehmbar

Die Ehrsucht dort ins Glück gedrungen,

Bis dreister sie emporgesprungen

Hohnlachend in der Liebe Haar?


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