Die Waldi-Philosophie

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Die Waldi-Philosophie
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Eva Apfel

DIE WALDI- PHILOSOPHIE

Erzählung

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2021

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

Copyright (2021) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

INHALT

Cover

Titel

Impressum

Prolog

Gassimarathon

Unser Stadtorakel Fredi

Das Orakel

Gassigespräche

80er- Jahre Party

Eine Frage der Ehe

Baden gehen

Hundeschule

Bye, Bye – Urlaub

Frage und Antwort

Italienische Nacht

Wiedersehensfreude

Altlasten

Waldis Suche geht weiter

Die Post ist da

Kopfgeldjäger

Auftanken

Falsch verbunden

Man sieht sich immer zweimal im Leben

Rosa Pullover Date

Die Dusche davor

Endabrechnung

Epilog

PROLOG

Ich habe eine Frage: „Sind wir nicht alle ganz normal verrückt und müssen therapiert werden?“

Für mich heißt das Luft-, Buddel- und Gassi-Therapie.

„Juhu!“, hoffentlich lässt mich meine Doreen nicht so lange auf meine Leckerli-Therapie warten, mit dieser Verordnung geizt sie pausenlos herum. Ich bin nicht geizig! Warum auch? Therapien kommen im Allgemeinen gut an beispielsweise meine Hundetreueblicktherapie, sie ist absolut wirkungsvoll und überall kostenlos einsetzbar.

„Können diese Augen lügen?“, die Antwort, „Nein!“

Eine Tatsache an der keinesfalls zu rütteln ist! Mein Frauchen arbeitet an anderen, mir völlig unverständlichen Therapien, ganz zu schweigen von ihre Freundin Cordula! Sie braucht ein ganzes Therapieprogramm!

Warum? Ein unendliches Trauerspiel, es geht um Beziehungen. Zwischenmenschliche Beziehungen, die seit Jahren erfolgreich sind, haben sie eine Chance weiterhin zu bestehen?

Zu viele Fragen für mein Hundegehirn, aber zuerst einmal zu meiner Person. Hallo, darf ich mich kurz vorstellen? Ich bin Waldi, ein besonders treuer Rauhaardackel. Meine Vorlieben sind: spielen, Gassi gehen und fressen. Am liebsten fresse ich diese Leckerlis mit Gemüse und Lamm, die duften lecker und machen mich süchtig nach mehr.

Ich bin ein Jagdhund, mit scharfem Verstand, ein mutiger und aktiver Schnüffler, ein kleiner Hund ganz groß. Mein Selbstbewusstsein ist unerschütterlich, in mir schläft und wacht ein echter Naturbursche, einfach zum Verlieben!

Jetzt, nach der ganzen Bürokratie, von der ich natürlich kaum etwas mitbekam, kann ich wieder glücklich sein!

Ein perfektes Leben wie dieses, habe ich mir immer gewünscht. Mit Doreen, denn sie ist mir die treu ergebene, liebste Eigenheimbesitzerin mit Rentenstatus, Befreierin aus der Tierheimhaftanstalt, in der ich einsitzen musste.

„Schwein gehabt!“

Ja, es war keineswegs alles rosig in meinem Leben. Ich bin sozusagen ein Flüchtling, eingereist mit falschen Papieren direkt aus der polnischen Tierfabrik. „Waldemar von der Eiche“, cooler Name und so deutsch. Adel verpflichtet und bei Titel und Stammbaum darf es gewöhnlich etwas teurer sein, das sah der Plan der Dackelmafia vor.

Allein in Deutschland werden jährlich mit illegal eingeführten Hundewelpen ca. 4 Millionen Euro Umsatz erzielt.

Die Handschellen oder besser gesagt das Hundehalsband klickte, warum ich postwendend in den Knast musste, keine Ahnung? Höchstwahrscheinlich: „Schutzhaft“, um meine Ausreise zu verhindern. Fix wurde ich eingekerkert, ein Justizirrtum?

Meine liebe Dackelmama und meine sieben Geschwister sah ich nie wieder. Schuldlos saß ich nun in Einzelhaft hinter schwedischen beziehungsweise deutschen Gardinen.

Im Tierheim herrschte ein übler Geruch, meine feine Nase konnte diesen penetranten Mief kaum ertragen. Freigang gab es begrenzt und unregelmäßig, von der Welt hatte ich wenig gesehen.

Zweifel und Ratlosigkeit begannen sich in mir auszubreiten, ich fragte mich: „Sollte mein Leben langweilig und unerfüllt bleiben? Bin ich ein unfreiwilliger Flüchtling, unschuldig geboren, unschuldig verschleppt und unschuldig im Tierheimknast?“

Auf jeden Fall gab es hier regelmäßig Futter! Ansonsten wäre ich gezwungen, meinen Zorn laut zu äußern! Schließlich bin ich in Deutschland eingereist.

Ja, es gab Schmerz, Trennung, Heimweh. Okay, Heimweh hatte ich weniger, aber ich hoffte auf den Silberstreifen am Horizont.

Wie alles begann. Ein herrlich sonniger Tag blinzelte mir in das Gesicht. In meinem Verwahrraum bedrückte mich das Gefühl der Langweile. Die Gitterstäbe gaben mir einen Blick in gestreift nach draußen frei, den Kauknochen legte ich zur Seite. Vom Spielen hatte ich genug, und ich streckte alle vier Pfoten auf dem kalten Fliesenfußboden aus.

Mein Hundekörbchen hatte mir die nette Wärterin schön kuschelig hergerichtet. Dort lag ich nun und hörte die Vögel zwitschern. Lange saß ich noch nicht ein, ich war in der Eingewöhnungsphase.

Draußen wurde es plötzlich tierisch laut und mein Halbschlaf empfindlich gestört. Es brach ein Tumult aus. Die Hunde bellten und sprangen wie wild in ihren Käfigen herum.

Von Weitem hatten sie bereits die Witterung aufgenommen, sofort wussten sie: „Jetzt kommt Besuch! Vielleicht ist es ein potenzielles Herrchen oder Frauchen?“

Ich hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. Die Tür unseres Asyls öffnete sich, und die Insassen konnten besichtigt werden. Eine Frau Ende vierzig lief suchend mit dem Chef des Tierheims den Flur entlang.

„Da war sie, meine Traumfrau!“ Wie vom Blitz getroffen stand ich da, es verklärte sich mein Hundeblick.

Mein Herz begann, wie verrückt zu schlagen und vor Freude Luftsprünge zu machen.

„Doreen“, ich wusste natürlich bisher keinen Namen, aber sie sah aus wie eine Doreen, wie meine Doreen. Die passt zu mir! Gab es Liebe auf den ersten Blick! Ja, es gab keinen Zweifel!

Doreen bemerkte mich lächelnd, und wandte sich an unseren Tierheimvorsteher: „Ich glaube, der Kleine mag mich.“

Eigentlich wollte sie sich die Hunde lediglich anschauen, die Absicht, direkt einen mitzunehmen, das hatte sie nicht geplant.

Unser Betreuer schmunzelte: „Das sehe ich genau so! Jeder Hund, der in gute Hände kommt, ist für uns ein Glücksfall! Sehen sie nur, er himmelt sie an! Na, wer hat denn da wen gefunden? Der Hund sie oder sie ihn?“

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht: „Na, komm mal her, du kleiner Süßer!“

Freudig schwanzwedelnd rannte ich zum Knastgitter, sie streckte ihre Hand hindurch und kraulte mir liebevoll mein Fell.

Diese Streicheleinheiten waren Balsam für meine kleine Hundeseele. Jeder wollte gestreichelt und gekrault werden, was gibt es Schöneres als eine liebevolle Umarmung.

Oh, meine Doreen, solch eine tolle Frau kam hier keineswegs jeden Tag vorbei. Ihre Figur einfach unbeschreiblich, sie war rassig und himmlisch dackelbeinig, ihre Maße: 120-100-120. Diese Beine, herrlich kurz und ein Garant für Gleichschritte mit mir. Unsere Augen trafen sich, meine Zunge hing heraus, der Speichel lief mir die Lefzen herunter und meine Stimme versagte. Nur ein Jaulen konnte ich herauspressen und in ein lautes Freudengeheul einstimmen. Elektrisiert warf mich ihr Anblick glattweg um und zwar in Rückenlage. Die kurzen Beine nach oben, Pfoten zum Himmel, meine Unterwerfung hätte kaum größer sein können.

 

„Willst du mein Frauchen sein! Bitte, lass mich nicht hier!“, winselte ich laut und herzzerreißend.

Die Tür öffnete sich und Doreen nahm mich in ihre Arme. Meine Einsamkeit fand ein Ende, das werde ich ihr niemals vergessen! Meine Treue zu ihr ist Hundeehre, und ich werde Frauchen sicher beschützen. Vor Einbrechern zum Beispiel, falls sie vorhaben das Hundefutter zu klauen.

Ansonsten gab es in ihrem Haus nicht viel zu holen. Ihr Prinzip: Je mehr da ist, umso mehr muss entsorgt werden! Keiner wollte ihre teure – exquisit, geschmackvoll, blumig dekorierte – Einrichtung erben. Ihre herrlichen Bilder in Plastiklederoptik, als Stillleben oder stilles Landschaftsbild. Aktbilder sind keinesfalls vorhanden, derartigen Schweinkram findet hier niemand im Haus. In der Teichstraße 13 herrscht Ordnung.

Dort durfte ich einziehen, ein Umzug aus Liebe in eine ganz normale Kleinstadt. Ich liebe Doreen, und sie liebt mich. Ab sofort ist sie für mein Wohlergehen zuständig und ich für ihres.

GASSIMARATHON

Wo es lang geht auf unserem Gassimarathon, bestimme natürlich ich. Erste Pappel links, dritter Weigelienstrauch rechts, die Eiche in der nächsten Straße muss ebenso bedacht werden. Die Aufzählung sämtlicher Arbeitseinsätze würden den Rahmen sprengen!

Ja, ich bin ein einsatzfreudiges, schwer beschäftigtes, Gassi freudiges Exemplar meiner Rasse. Ein Vorzeigehund, wenn es darum ging, das Revier abzustecken.

Frauchen dachte sicherlich, sie führt mich, aber ich bin überzeugt: „Ich führe sie!“

In diesem Glauben möchte ich sie belassen. Jeder braucht eine Aufgabe und Bestätigung, Hoffnung, dass alles nach eigenen Vorstellungen läuft.

Ich würde sagen: „Selbstbestimmt!“ Selbstbestimmt will ich weiterhin mit meinem Frauchen Gassi gehen!

Laufen und frische Luft, das ist unsere Medizin, wir sind tagtäglich im Training. Was für den Hund gut ist, ist für das Frauchen umso besser. In meinem Hundeleben kommen einige Kilometer zusammen.

Natürlich profitiert Doreen von meiner Lauffreudigkeit und ich frage mich: „Gibt es schon einen Schrittzähler für Hunde?“

Wie würde ich messen: vorn, hinten oder an der Rute, vielleicht im Halsband integriert? Welche Schrittzahl ist optimal und wird alles doppelt pro Beinpaar gerechnet?

Es ist unumgänglich, ein Schrittzähler muss her, natürlich jeder Hunderasse angepasst.

Die Hundezüchter sorgen für eine große Vielfalt, jeder Hundeliebhaber wählt die passende Rasse für sich aus.

Nehmen wir beispielsweise den Besitzer eines Beagles: Der Körperbau ist robust, kompakt mit kräftigen, kurzen, durchtrainierten Beinen, die Rute ist hoch angesetzt und wird fröhlich getragen. Seine Ohren dagegen trägt er tiefhängend, der kräftige Kiefer zeigt ein vollständiges Gebiss. Große haselnussbraune Augen, sanft mit einem gewinnenden Ausdruck runden dieses Modell ab.

Das wäre der richtige Liebhaber für Frauchen, sie sollte mehr Spaß haben! Spaß kann man niemals genug haben. Vielleicht hat er eine Hündin, wir könnten freudig hechelnd gemeinsam Gassi gehen.

Im Park und auf den Straßen der Stadt habe ich Spaß mit Doreen, sie zeigt mir die Wirklichkeit! Die Gassigehende Community berichtet gern und ausgiebig, es sind reale Ereignisse, die sich unter deutschen Dächern abspielen. Geschichten, die nur das Leben schreibt.

Unsere Passion: Was gibt es Neues in der Nachbarschaft?

Einige Tatsachen müssen an die Öffentlichkeit gebracht werden. Selbstredend hinter vorgehaltener Hand, die Hauptakteure wissen keineswegs, dass sie Hauptrollen spielen! Immer freundlich lächeln!

Wichtige Informationen drängen geradezu aus den Wohnungen und Häusern der Anwohner ans Tageslicht. Bereit für sensationelle Informationen, die nicht in der Zeitung stehen, höchstens zwischen den Zeilen. Auf keinen Fall gilt das für sämtliche Zeitungen.

Frauchen ist eine schwer beschäftigte Kleinstadtjournalistin in Geheimmission für eine ungefragte Lebensberatung und Tatsachenauswertungen der Halbwahrheiten. Bei diesen Missionen darf ich sie begleiten und unterstützen.

Meine Begeisterung ist grenzenlos, ich lebe im Kleinstadtdschungel. Das Leben kann so aufregend sein!

Frauchens Lebensaufgabe ist: mich liebevoll zu umsorgen und das öffentlich Gehörte nach bestem Wissen und Gewissen auszuwerten. Objektiv entscheidet sie, was sie weitergeben kann und was nicht.

Meine Lebensaufgabe ist: „Gassi gehen!“ Wisst ihr, wie wichtig das für mich ist? Emotionen schlagen hoch, wenn ich unterwegs auf meiner Gassi-Tour bin, und einer hat bereits vor mir markiert. Der Erste bei den Markierungen bin immer noch ich! Wo kommen wir denn da hin? Waren schon große oder kleine Mitbewerberhunde vorher da, muss ich mein Bein heben, um den Schaden zu minimieren. Hoffentlich nimmt meine Gesundheit keinen Schaden und ich darf mich nicht überfordern. In naher Zukunft sehe ich schon eine Hüftoperation auf mich zukommen. Abwechslung ist bei meinen Geschäftsgebaren von größter Wichtigkeit, die Abläufe meiner Tätigkeit werden von mir gemanagt, ich optimiere die Arbeitsabläufe, um Spätfolgen oder Missbildungen zu vermeiden.

Rechtes Bein, linkes Bein – gleichmäßige Abnutzung spielt die entscheidende Rolle. Hier kann nicht jeder Hund machen, was er will! Ein Rüde präsentiert durch seine Markierungsarbeit Ausdauer und Stärke. Ich als Hund muss sehr oft Pipi, ständiges Gassigehen ist essenziell für mich.

Locker heran an den Strauch und: „Strietz, volle Kraft voraus!“

Na gut, erwischt! Nach dem sechsten Mal, okay nach dem vierten Mal ist die volle Kraft zwar da, aber der Tank leer. Improvisation ist alles, auf keinen Fall darf meine Lage auffallen. Augenblicklich zieht mich Frauchen vom Strauch oder Baum weg.

Ungehalten fängt sie an zu schimpfen: „Waldi, jetzt komm, du kannst doch nicht mehr!“

Hoffentlich hat das niemand gehört, mir wäre das sehr peinlich! Ich buddle sofort ein Loch, um abzutauchen, darin verstecke ich meinen Kopf.

„Waldi hör auf, wie soll ich dich denn sauber kriegen!“, stöhnt Doreen.

‚Ganz einfach!’, denke ich, ‚Ich springe in den Teich, danach Schüttelshake!’

„Waldi, Hilfe! Ich werde ganz nass und dreckig!“, sie springt vor Schreck zwei Schritte zurück.

Ein Taschentuch wird heraus genestelt, und mein Frauchen versucht sich den Dreck abzuwischen. Gleichzeitig werde ich gereinigt, ich bin bereits durchgeschüttelt und vom Dreck befreit. Doreen darf mich nicht Bloßstellen!

Hier geht es um mein Prinzip und außerdem: „Was geht das Doreen an! Schließlich gehe ich mit ihr spazieren!“, Bein hoch und ab geht die Post.

Auf meiner Liste steht an erster Stelle die Arterhaltung, und ich muss bereits wieder Pipi! Die verschiedenen Arten der Markierungspositionen müssen getestet werden.

Haben Hundehalter auch Bedürfnisse, und welche Informationen stehen mir darüber zu Verfügung?

Ich konnte meine Beobachtungen machen und stellte fest: „Ähnlich!“

Von locker grinsend, cool breitbeinig bis hin zur „unnatürlichen Frauen erpressten Sitzkultur“ ist alles möglich.

Mein Fazit: „Männer gehen ungern allein zur Toilette, stramm stehen sie in Reih und Glied.“

Ein Dackel ist für seine Spontanität bekannt, meine Überlegung: Ich werde das Gassi-Emoji erfinden!

Prompt fällt mir Helmuts Herrchen ein, ihr müsst ihn unbedingt kennenlernen! Er heißt Callipo, genannt „Schatzi“.

Sein Beruf ist Chefchirurg, der Spitzname erklärt einiges oder alles? Üblicherweise kommt er in seiner grünen Kluft, auf seinem grünen Fahrrad und mit grüner Gesinnung angeradelt, „Alles Bio oder was!“

Schatzi flitzt zur Arbeit, wie immer hat er es extrem eilig, ständig gestresst.

Eine Notfall Schönheits-OP ist geplant, ich wusste: „Es gibt Notfälle in diesem Bereich, aber dass gleich der Arzt kommt? Weiber, Weiber, Weiber! Solche Privilegien zu haben, unglaublich!“

Mein Kumpel Riesenschnauzer Helmut hatte unzählige Anekdoten auf Lager. Kleine Herrchen, die es sich leisten können, haben große Hunde. In allen Lebenslagen musste Helmut Wache schieben.

Bei meinem ersten Schnüffeltag im Park lernten wir uns kennen, ich mochte ihn sofort. An diesem Tag war ich äußerst nervös, ich spitzte die Ohren, locker schwänzeln war angesagt, Augen auf.

„Was geht ab?“, ich wollte mich von meiner besten Seite zeigen und bellte Grenzen heraus. Jeder sollte sehen, wie weit er gehen darf! Wenn da Missverständnisse aufkamen, selbst Schuld! Die Karten der Hierarchie mussten neu gemischt werden.

Helmut, genannt Schnauze, war der absolut Größte hier. Ein Riesenschnauzer, schwarz mit dichten Augenbrauen, er war früher bei der Polizei! Ein Rauschgiftsuchhund im Ruhestand, cool! Das imponierte mir, er ist ein Schnauzer mit Tiergnadenhofstatus!

Seinen Lebensabend fristet Helmut in einer Chefchirurgenvilla mit bester Stadtrandlage, ein Pool und computergesteuerten Rasenberegnungsanlage sind vorhanden. Die kann ihm manchmal ins Auge regnen, falls er sich auf dem falschen Platz, zur falschen Zeit aufhält. Nasser Hund riecht, mehr oder weniger, je nach Jahreszeit.

„Habt ihr schon einmal einen nassen Hund gerochen?“, ich würde es so beschreiben: „Eine Mischung aus Picknickdecke und Käse, garantiert feuchter, alter Picknickdecke, die in der Garage vergessen wurde und die Käsesorte? Vielleicht eine Mischung aus Tilsiter und Parmesan. Herrlich, ich liebe diesen Geruch!“

Helmuts Treue ist unbestechlich, mutig und ausgeglichen.

Ihn aus der Ruhe zubringen: „Unmöglich!“ Bei ihm wollte ich mich als Berater und Vertrauensmann profilieren.

Unterwürfig fragte ich ihn: „Hey, Großer, darf ich nach dir den Baum markieren?“

Er sah mich von oben herab an und knurrte: „Was bist du denn für einer? Werden sich unsere Wege jetzt öfter kreuzen, Dackelgesicht? Neu in der …“, zack, die Leine zog an und ab ging die Post! Ich durfte nur noch seine Rückseite in Augenschein nehmen, er hechelte seinem Herrchen am Fahrrad hinterher.

Mit Doreen hatte ich ein leichteres Spiel, für ein Schwätzchen gab es genügend Zeit.

„Der hat es ja mal wieder eilig, unser Callipo! Bestimmt ist Cordula außer Hause, und ich möchte gern wissen, wer da auf ihn wartet?“, tratschte Yorkshiresandra ganz nebenbei und verwickelte Frauchen in Gespräch und Hundeleine.

Ihre Yorkshiredame Susi sprang aufgeregt hin und her, sie trug ihre periodische Hundehose und wusste kaum, wie sie ihr Geschäft erledigen sollte.

Yorkshiresandra übersah, dass ihr Yorkshire in Nöten war. Problemlösungen anderer Art hatten dringende Priorität.

Zeit und offene Ohren hatte Doreen: „Frau Doktor kann einen leidtun, sein auffälliges Verhalten kann kaum unbemerkt bleiben! Vielleicht führen sie eine offene Ehe?“, fachsimpelte Sandra, „Das soll ‚in’ sein! Trendsetter sind sie ja.“

Kritisch wurde, dass von meinem Frauchen hinterfragt: „Na, ich weiß nicht? Glücklich aussehen ist etwas anderes. Letztes Mal beim Bäcker sah sie sehr gestresst aus.“

Senf und Lebensweisheiten fügte Sandra ungefragt hinzu: „Es wird keiner jünger, auch an unsere Frau Doktor nagt der Zahn der Zeit.“

Das Gespräch musste kurz unterbrochen werden, ein Notfall. Ihre Yorkshiredame Susi hatte es soeben geschafft, Sandra auf sich aufmerksam zu machen. Sie musste ihr helfen die Notdurft loszuwerden. Auf keinen Fall konnte und wollte Doreen, das mit ansehen. Wir hatten es plötzlich eilig und mussten die offenen Fragen unbeantwortet stehen lassen.

Für Callipo war es einfacher, seine Infos bekam Schatzi über das Handy, von Blond und griffbereit. Sein Beuteschema war visuell, mein Beuteschema ist eher „nasuell“. Der Geruch der Liebe sozusagen! Herrliche Gerüche, die in mir die Lust und Begierde anregen. Das Visuelle spielt bei mir keine große Rolle. Es sind technische Hindernisse, die mir bei meiner männlichen Hundegröße im Wege stehen. Ich kann meine Liebe zeigen, es muss nicht immer zum Äußersten kommen. Wilde und feuchte Küsse sind für meine Auserwählte ebenfalls ein Zeichen von Anerkennung.

Schatzi Callipo durfte keine Zeit verlieren auf das Fahrrad und los. Zwei Kinder und Ehefrau, wie kann er Zeit für ein Stelldichein finden? Bewundernswert, Timing ist alles.

Helmut bedauerte diesen flotten Aufbruch, seine Markierungsarbeiten waren keinesfalls beendet. Bereitwillig half ich ihm, seine Arbeit fertigzustellen, bin ja Kumpel.

 

Alle in der Nachbarschaft wussten es, Callipos letzte Flamme war durchgebrannt. Das Rätsel, wer die Neue war, hatte momentan noch niemand gelöst.

Cordula, seine Ehefrau und Ärztin in der Schönheitsklinik Callipo, war vollkommen ahnungslos. Für solche Gedanken hatte sie keine Zeit, ihr Tagesablauf und Terminplan wurde in Sekunden berechnet. Sie ist die: Familienallrounderin, Wäschewaschfrau, Trocknereignerin, Arbeitsbiene, Putzlappen, Klofrau, Einkaufslogistin, Familienanimateurin, Eventmanagerin, Muttitrösterin für Kinder und Mann. Ihre Notfalldienste als Ärztin blieben zeitlich unberechnet, außerdem die Betreuung ihrer anspruchsvollen Verwandtschaft!

Keinen interessierte das, von ihrem Zeitkonto wurde selbstverständlich von jedem abgebucht. Tägliche Mahlzeit bitte als Event: Vegan, Low Carb, Vollkost und das dreimal am Tag, ohne die Berechnung der Zwischenmahlzeiten.

Meine Empfehlung: Eine Auszeit ist dringend anzuraten, eine Kur oder eine private Pilgerwanderung. Das ist total „in“! Staumeldung auf dem Jakobsweg, der gleicht einer Autobahn. Ein dreispuriger Ausbau wäre für alle Pilger von Vorteil.

Doch bevor die Reise unternommen wird, musste geklärt werden: „Wer übernimmt die Haushaltspflichten von Cordula?“

Können wir einen Vertreter finden oder besser ein ganzes Haushaltsteam? Diesen Haushalt alleine zu führen, kann von niemanden erwartet werden.

Ich schaute mich um und mir wurde klar: „Die Einarbeitung konnte nur problematisch werden!“

Sie würde sicherlich die Ehezeit von 12 Jahren überschreiten und diese vielen Sozialleistungen: Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Feiertagszuschlag. Wer soll das alles finanzieren? Jede Mutter wünscht sich 30 Tage Jahresurlaub.

Stress pur, der Alltag einer berufstätigen Frau! Wo bleibt die Liebe – heiß und innig?

Ich bin ein hoffnungsloser Romantiker: „Liegt sie zwischen gelben Feldern, beeindruckenden Bergen und duftenden Wildblumenwiesen?“ Fragen über Fragen, die wir überdenken und beantworten müssen.

Die Antwort kurz gesagt: „Frauenfeindlich!“

Cordulas Liebe lag zwischen fett verschmierten Ceranfeldern und sandgrauen Wäschebergen. Hand in Hand läuft sie mit dem Rasenmäher durch den Garten, den Unkrautstecher zwischen den Zähnen.

Ich habe kein Verständnis und mein Instinkt sagt mir, warum stresst sich Cordula mit tagtäglichem Putzen? Diese sinnlose Kocherei, Hundefutter gibt es im Beutel oder in der Dose! Diese Nahrung hat mir mein Arzt verschrieben! Mangelerscheinungen werden direkt ausgeschlossen.

„Super! Das Leben ist schön! Punkt!“

Außer einem guten Schlafplatz und täglich leckeres Fressen ist sicher zu Hause kaum etwas los. Das Leben spielt draußen auf der Straße, bei mir dreimal am Tag! Frauchen und ich müssen unsere Runden drehen und Markierungen erneuern.

„Wir Hunde sind Genießer!“, das Einzige, was ich putze, ist mein Fell und mein Ego.

Außerdem lasse ich mich putzen und zwar von meiner Doreen mit ihrer Haarmassagebürste. Herrlich, wenn sie mir den Rücken schrubbt, wäre ich eine Katze, würde ich schnurren. Den Friseur plane ich termingerecht alle drei Monate ein: waschen, schneiden, föhnen und Nageldesign.

Ich sehe das so: Katzenhalter haben völlig andere Probleme, Gassi gehen gehört nicht dazu!

Monika, unsere Nachbarin, besitzt eine Muschikatze. Ihr Name ist Mietzi. Einen Katzenhalter ohne Fusselroller? Praxis und Theorie schließen das aus! Es ist für uns Hunde ziemlich unangenehm und stört, wenn Katzenhaare durch die Luft fliegen.

„Hilfe!“, in meiner Nase kitzelt es, „Hatschi!

Absichtlich niese ich auf die weiße Couchgarnitur, schließlich glänze ich mit Anwesenheit.

Das hat schon etwas, der schrille Ruf meines Namens: „Waldi, wirst du wohl!“ Frauchen mit Tempo 180, Feuchttuch in der Hand. Doreens Putzzwang macht sich beim Couch Abschrubben bezahlt, ungeplant wird der Stressabbau gefördert.

Katzenhaare auf der Hose: „Ups!“, eine unangenehme Situation.

Mietzi ist die Einzige im Haus, die sich divenhafter verhält als Nachbarin Moni. Sogar ich kusche und gehe ihr aus dem Weg. Muschikatze hatte mich ihre Harken ähnlichen Dolche spüren lassen, keine Chance! Eine absichtliche Verwechslung mit ihrem Kratzbaum?

Hatten sie bereits das Vergnügen, getackert oder gepierct zu werden? Dann können sie mir nachempfinden: „Aua!“

Die liebsten Beschäftigungen von Muschi sind: schlafen, schnurren fressen, und sich streicheln lassen.

Moni versucht sie zu besänftigen: „Miez, Miez, Miez! Mein kleiner Fellknäuel schau mal, was ich Schönes für dich habe!“

Ausgiebiges Streicheln wird zur Pflicht gemacht, hier ist Mietzi Chefin. Gefressen wird nur das Beste, sie ist eine Luxuskatze. Schließlich sind alle Katzen Luxus gewöhnt sowie den natürlichen Gehorsam ihres Besitzers.

Katzenleckerlis gehören zum Standard, ansonsten: „Vorsicht!“.

Bestimmt drückt Mietzi deshalb ein Auge zu. Moni kann sie hinaus locken aus ihrem Kuschelbett.

In welchen Betten treibt sich Callipo herum? Eines schönen Tages, es musste natürlich so kommen, fiel Cordula in das Grübelkoma.

Schatzi kam spät nach Hause, ohne ein Küsschen, ohne herzliche Begrüßung, er ließ sie einfach stehen! Ihr Ehemann hatte schlechte Laune und Cordula bekam das sofort zu spüren. Wozu hatte Callipo eine Ehefrau?

Unangebrachte Vorwürfe peitschte er auf sie nieder: „Wie sieht es hier aus, was gibt es zu essen? Haben die Kinder ihre Hausaufgaben gemacht! Ist mein Lieblingspullover gewaschen? Hast du einen Termin beim Friseur? Also Cordula, du lässt dich gehen!“

„Hilfe!“, ein Aufschrei der Ungerechtigkeit jagte durch ihr Gehirn! Cordulas Seele bäumte sich auf!

‚So lasse ich mich auf keinen Fall niedertrampeln! Nein, niemals! Nicht mit mir!’, dachte sie in diesem Moment.

‚Das wird auch Zeit!‘, dachte ich.

Was hatte sie falsch gemacht? Ständig rannte sie in dieses Fitnessstudio, nichts stellte ihn zufrieden. Cordula hatte sich bereits in einen skelettähnlichen Zustand gehungert.

Endlich beschloss sie: ‚So geht es nicht weiter! Zwölf Jahre als treusorgende Ehefrau! Schatzi, du hast mir stetig Steine in den Weg gelegt. Ich liebe nur dich! Liebt er mich noch? Wie kann ich diese unerträgliche Situation beenden?’

Die Fakten erdrückten sie und es half nur die Flucht an die frische Luft! Helmut war ein williger Fluchthelfer, schwanzwedelnd stand er vor Cordula.

Traurig blickte sie ihn an und sagte: „Herrchen ist heute ungenießbar.“ Der Riesenschnauzer hechelte verständnisvoll.

Ihre Sportsachen wurden aus dem Schrank geholt und angezogen. Schnell die Laufschuhe festgezurrt und prompt ging es los. Ein Lauf durch den Stadtpark war gut, um einen klaren Kopf zu bekommen.

Im Park wurde sie von Mopsmarion aufgehalten, sie trafen sich ständig auf ihren Gassiausgängen. Von Weitem erkannte Cordula den Mops, der ausgelassen und voller Eifer die Parkwiese durchkratzte. Die Grasbüschel flogen fröhlich durch die Luft. Vor lauter Aufregung war das Gesicht von Mopsmarions rot angelaufen.

„Hallo Frau Doktor! Ich muss ihnen unbedingt etwas erzählen. Stellen sie sich vor, ich war gestern bei Theodora!“, stürzte sie sich auf die Joggerin.

Japsend schnappte Cordula nach Luft, sie wollte keinesfalls unhöflich erscheinen und stoppte ihren Lauf.

‚Was ist den in Marion gefahren?’, überlegte sie.

Der Schweiß drang der Joggerin aus allen Poren und lief ihr an Stirn herunter. Sicherlich kein angenehmes Gefühl, um eine Unterhaltung zu führen. Ihre Gesprächspartnerin übersah einfach Cordulas feuchtes Angesicht, sie wollte unbedingt ihre Erkenntnisse loswerden.

„Wer ist den Theodora, sollte ich diesen Namen kennen?“, fragte Cordula unsicher.

Enttäuschung breitete sich auf dem Gesicht der Aufgeregten aus, verständnislos schüttelte sie den Kopf.

„Ach haben sie noch nie etwas von unserer Wahrsagerin gehört?“, platzte es aus Mopsmarion heraus, „Ich will doch meine Schwester finden. Theodora hat mir wertvolle Tipps gegeben.“

Diese Vorstellung, eine merkwürdige Geschichte.

Was sollte Cordula mit dieser Erklärung anfangen, sie hatte eine andere Anschauung.

„Woher wusste sie, wo sie sich aufhält? Kennen sie sich?“, fragte sie Interesse vortäuschend nach und beschäftigte sich dabei mit ihrem Riesenschnauzer.

Die Joggerin ließ Helmut von der Leine, denn er hatte die richtige Lauftemperatur erreicht. Sein freudiger Übermut kannte keine Grenzen, und er forderte Franz Joseph zum Laufduell heraus. Die beiden schwarzen Hunde flitzten um die Wette, lustig anzusehen. Mopsi wollte sich unter keinen Umständen abhängen lassen, seine kurzen Beine ratterten emsig drauflos. Riesenschnauzer Helmut liebte die Eleganz und flog durch die Luft, zwei Kraftpakete, die sich gut verstanden.

Ungefragt erzählte Mopsmarion weiter: „Vor zehn Jahren habe ich mich mit meiner Schwester Ilona verstritten. Ich möchte mich mit ihr versöhnen! Verlorene Zeit, die wir niemals zurückholen können. Sie fehlt mir über aller Maßen!“

Plötzlich bemerkte Marion die immer größer werdende Entfernung zu ihrem Mops. Rasch pfiff sie Franz Joseph zurück, er war fast außer Sichtweite. In Cordulas Ohren hallte es schmerzvoll nach, und sie verzog ihr Gesicht.

Ohne Punkt und Komma erzählte Marion weiter: „Wir durchlebten eine blöde Meinungsverschiedenheit wegen meines Ex-mannes, die Betonung liegt auf Ex. Oh, sie hat in allem Recht behalten, ich muss sie dringend sprechen! Ilona kennt mich besser, als ich mich selber kenne. Sie hat den Kerl sofort durchschaut! Unsere Beziehung konnte nie und nimmer gut gehen. Er war auf meinen Körper aus, meine Seele war ihm vollkommen egal!“

Cordula grinste heimlich, und sie versuchte die Puzzleteile, die ihr Mopsmarion hingeworfen hatte, zusammenzusetzen.

„Ist Theodora eine Art Orakel oder Seherin?“, musste sie heimlich schmunzeln

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