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Kabale und Liebe

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Fünfte Scene

Ferdinand von Walter stürzt erschrocken und außer Athem ins Zimmer.

Die Vorigen.

Ferdinand. War mein Vater da?

Luise (fährt mit Schrecken auf). Sein Vater! Allmächtiger Gott!

Frau (zugleich; schlägt die Hände zusammen). Der Präsident! Es ist aus mit uns!

Miller (zugleich; lacht voller Bosheit). Gottlob! Gottlob! da haben wir ja die Bescherung!

Ferdinand (eilt auf Luisen zu und drückt sie stark in die Arme).

Mein bist du, und wärfen Höll' und Himmel sich zwischen uns!

Luise. Mein Tod ist gewiß – Rede weiter – Du sprachst einen schrecklichen Namen aus – Dein Vater?

Ferdinand. Nichts. Nichts. Es ist überstanden. Ich hab' dich ja wieder. Du hast mich ja wieder. O, laß mich Athem schöpfen an dieser Brust! Es war eine schreckliche Stunde.

Luise. Welche? Du tödtest mich?

Ferdinand (tritt zurück und schaut sie bedeutend an). Eine Stunde, Luise, wo zwischen mein Herz und dich eine fremde Gewalt sich warf – wo meine Liebe vor meinem Gewissen erblaßte – wo meine Luise aufhörte, ihrem Ferdinand Alles zu sein-Luise (sinkt mit verhülltem Gesicht auf den Sessel nieder).

Ferdinand (geht schnell auf sie zu, bleibt sprachlos mit starrem Blick vor ihr stehen, dann verläßt er sie plötzlich, in großer Bewegung). Nein! Nimmermehr! Unmöglich, Lady! Zu viel verlangt! Ich kann dir diese Unschuld nicht opfern – Nein, beim unendlichen Gott! ich kann meinen Eid nicht verletzen, der mich laut wie des Himmels Donner aus diesem brechenden Auge mahnt – Lady, blick hieher – hieher, du Rabenvater – Ich soll diesen Engel würgen! Die Hölle soll ich in diesen himmlischen Busen schütten? (Mit Entschluß auf sie zueilend.) Ich will sie führen vor des Weltrichters Thron, und ob meine Liebe Verbrechen ist, soll der Ewige sagen. (Er faßt sie bei der Hand und hebt sie vom Sessel.) Fasse Muth, meine Theuerste! – Du hast gewonnen! Als Sieger komm' ich aus dem gefährlichsten Kampf zurück.

Luise. Nein! Nein! Verhehle mir nichts. Sprich es aus, das entsetzliche Urtheil. Deinen Vater nanntest du? Du nanntest die Lady? – Schauer des Todes ergreifen mich – Man sagt, sie wird heirathen.

Ferdinand (stürzt betäubt zu Luisens Füßen nieder). Mich, Unglückselige!

Luise (nach einer Pause, mit stillem bebenden Ton und schrecklicher Ruhe). Nun – was erschreck' ich denn? Der alte Mann dort hat mir's ja oft gesagt – ich hab' es ihm nie glauben wollen. (Pause, dann wirft sie sich Millern laut weinend in die Arme.). Vater, hier ist deine Tochter wieder – Verzeihung, Vater! – Dein Kind kann ja nicht dafür, daß dieser Traum so schön war, und – so fürchterlich jetzt das Erwachen-Miller. Luise! Luise! – O Gott, sie ist von sich – Meine Tochter, mein armes Kind – Fluch über den Verführer! – Fluch über das Weib, das ihm kuppelte!

Frau (wirft sich jammernd auf Luisen). Verdien' ich diesen Fluch, meine Tochter? Vergeb's Ihnen Gott, Baron! – Was hat dieses Lamm gethan, daß Sie es würgen?

Ferdinand (springt an ihr auf, voll Entschlossenheit). Aber ich will seine Kabalen durchbohren – durchreißen will ich alle diese eisernen Ketten des Vorurtheils – Frei wie ein Mann will ich wählen, daß diese Insektenseelen am Riesenwerk meiner Liebe hinaufschwindeln! (Er will fort.)

Frau (eilt ihm nach, hängt sich an ihn). Der Präsident wird hieher kommen – Er wird unser Kind mißhandeln – Er wird uns mißhandeln – Herr von Walter, und Sie verlassen uns?

Miller (lacht wüthend). Verläßt uns! Freilich! Warum nicht? – Sie gab ihm ja Alles hin! (Mit der einen Hand den Major, mit der andern Luisen fassend.) Geduld, Herr! der Weg aus meinem Hause geht nur über diese da – Erwarte erst deinen Vater! wenn du kein Bube bist – Erzähl' es ihm, wie du dich in ihr Herz stahlst, Betrüger, oder, bei Gott! (Ihm seine Tochter zuschleudernd, wild und heftig.) Du sollst mir zuvor diesen wimmernden Wurm zertreten, den Liebe zu dir so zu Schanden richtete!

Ferdinand (kommt zurück und geht auf und ab in tiefen Gedanken). Zwar die Gewalt des Präsident ist groß – Vaterrecht ist ein weites Wort – der Frevel selbst kann sich in seinen Falten verstecken, er kann es weit damit treiben – weit! – Doch aufs Äußerste treibt's nur die Liebe – Hier, Luise! Deine Hand ist die meinige! (Er faßt diese heftig.) So wahr mich Gott im letzten Hauch nicht verlassen soll! – der Augenblick, der diese zwei Hände trennt, zerreißt auch den Faden zwischen mir und der Schöpfung!

Luise. Mir wird bange! Blick' weg! Deine Lippen beben! Dein Auge rollt fürchterlich-Ferdinand. Nein, Luise! Zittre nicht! Es ist nicht Wahnsinn, was aus mir redet. Es ist das köstliche Geschenk des Himmels, Entschluß in dem geltenden Augenblick, wo die gepreßte Brust nur durch etwas Unerhörtes sich Luft macht – Ich liebe dich, Luise – Du sollst mir bleiben, Luise – Jetzt zu meinem Vater! (Er eilt schnell fort und rennt – gegen den Präsident.)

Sechste Scene

Der Präsident mit einem Gefolge von Bedienten. Vorige.

Präsident (im Hereintreten). Da ist er schon.

Alle (erschrocken).

Ferdinand (weicht einige Schritte zurück). Im Hause der Unschuld.

Präsident. Wo der Sohn Gehorsam gegen den Vater lernt?

Ferdinand. Lassen Sie und das-Präsident (unterbricht ihn, zu Millern). Er ist der Vater?

Miller. Stadtmusikant Miller.

Präsident (zur Frau). Sie die Mutter?

Frau. Ach ja, die Mutter!

Ferdinand (zu Millern). Vater, bring Er die Tochter weg – sie droht eine Ohnmacht.

Präsident. Überflüssige Sorgfalt! Ich will sie anstreichen. (Zu Luisen.) Wie lang kennt Sie den Sohn des Präsidenten?

Luise. Diesem habe ich nie nachgefragt. Ferdinand von Walter besucht mich seit dem November.

Ferdinand. Betet sie an.

Präsident. Erhielt sie Versicherungen?

Ferdinand. Vor wenig Augenblicken die feierlichste im Angesicht Gottes.

Präsident (zornig zu seinem Sohn). Zur Beichte deiner Thorheit wird man dir schon das Zeichen geben. (Zu Luisen.) Ich warte auf Antwort.

Luise. Er schwur mir Liebe.

Ferdinand. Und wird sie halten.

Präsident. Muß ich befehlen, daß du schweigst? – Nahm Sie den Schwur an?

Luise (zärtlich). Ich erwiederte ihn.

Ferdinand (mit fester Stimme). Der Bund ist geschlossen.

Präsident. Ich werde das Echo hinaus werfen lassen. (Boshaft zu Luisen.) Aber er bezahlte Sie doch jederzeit baar?

Luise (aufmerksam). Diese Frage verstehe ich nicht ganz.

Präsident (mit beißendem Lachen). Nicht? Nun! ich meine nur – Jedes Handwerk hat, wie man sagt, einen goldenen Boden – auch Sie, hoff' ich, wird Ihre Gunst nicht verschenkt haben – oder war's Ihr vielleicht mit dem bloßen Verschluß gedient? Wie?

Ferdinand (fährt wie rasend auf). Hölle! was war das?

Luise (zum Major mit Würde und Unwillen). Herr von Walter, jetzt sind Sie frei.

Ferdinand. Vater! Ehrfurcht befiehlt die Tugend auch im Bettlerkleid.

Präsident (lacht lauter). Eine lustige Zumuthung! Der Vater soll die Hure des Sohns respectieren.

Luise (stürzt nieder). O Himmel und Erde!

Ferdinand (mit Luisen zu gleicher Zeit, indem er den Degen nach dem Präsidenten zückt, den er aber schnell wieder sinken läßt). Vater! Sie hatten einmal ein Leben an mich zu fordern – Es ist bezahlt. (Den Degen einsteckend.) Der Schuldbrief der kindlichen Pflicht liegt zerrissen da-Miller (der bis jetzt furchtsam auf der Seite gestanden, tritt hervor in Bewegung, wechselweis vor Wuth mit den Zähnen knirschend und vor Angst damit klappernd): Euer Excellenz – Das Kind ist des Vaters Arbeit – Halten zu Gnaden – Wer das Kind eine Mähre schilt, schlägt den Vater ans Ohr, und Ohrfeig um Ohrfeig – Das ist so Tax bei uns – Halten zu Gnaden.

Frau. Hilf, Herr und Heiland! – Jetzt bricht auch der Alte los – über unserm Kopf wird das Wetter zusammenschlagen.

Präsident (der es nur halb gehört hat). Regt sich der Kuppler auch? – Wir sprechen uns gleich, Kuppler.

Miller. Halten zu Gnaden. Ich heiße Miller, wenn Sie ein Adagio hören wollen – mit Buhlschaften dien' ich nicht. So lang der Hof da noch Vorrath hat, kommt die Lieferung nicht an uns Bürgersleut'. Halten zu Gnaden.

Frau. Um des Himmels willen, Mann! Du bringst Weib und Kind um.

Ferdinand. Sie spielen hier eine Rolle, mein Vater, wobei Sie sich wenigstens die Zeugen hätten ersparen können.

Miller (kommt ihm näher, herzhafter). Deutsch und verständlich. Halten zu Gnaden. Euer Excellenz schalten und walten im Land. Das ist meine Stube. Mein devotestes Compliment, wenn ich dermaleins ein pro memoria bringe, aber den ungehobelten Gast werf' ich zur Thür hinaus – Halten zu Gnaden.

Präsident (vor Wuth blaß). Was? – Was ist das? (Tritt näher.)

Miller (zieht sich sachte zurück). Das war nur so meine Meinung, Herr – Halten zu Gnaden.

Präsident (in Flammen). Ha, Spitzbube! Ins Zuchthaus spricht dich deine vermessene Meinung – Fort! Man soll Gerichtsdiener holen. (Einige vom Gefolge gehen ab; der Präsident rennt voll Wuth durch das Zimmer.) Vater ins Zuchthaus – an den Pranger Mutter und Metze von Tochter! – Die Gerechtigkeit soll meiner Wuth ihre Arme borgen. Für diesen Schimpf muß ich schreckliche Genugthuung haben – Ein solches Gesindel sollte meine Plane zerschlagen und ungestraft Vater und Sohn aneinander hetzen? – Ha, Verflucht! Ich will meinen Haß an eurem Untergang sättigen, die ganze Brut, Vater, Mutter und Tochter, will ich meiner brennenden Rache opfern.

Ferdinand (tritt gelassen und standhaft unter sie hin). O nicht doch! Seit außer Furcht! Ich bin zugegen. (Zum Präsidenten mit Unterwürfigkeit.) Keine Übereilung, mein Vater! Wenn Sie sich selbst lieben, keine Gewaltthätigkeit! – Es gibt eine Gegend in meinem Herzen, worin das Wort Vater noch nie gehört worden ist – Dringen Sie nicht bis in diese.

Präsident. Nichtswürdiger! Schweig! Reize meinen Grimm nicht noch mehr!

 

Miller (kommt aus einer dumpfen Betäubung zu sich selbst).

Schau du nach deinem Kinde, Frau. Ich laufe zum Herzog – Der Leibschneider – das hat mir Gott eingeblasen! – der Leibschneider lernt die Flöte bei mir. Es kann mir nicht fehlen beim Herzog.

(Er will gehen.)

Präsident. Beim Herzog, sagst du? – Hast du vergessen, daß ich die Schwelle bin, worüber du springen oder den Hals brechen mußt? – Beim Herzog, du Dummkopf? – Versuch' es, wenn du, lebendig todt, eine Thurmhöhe tief, unter dem Boden im Kerker liegst, wo die Nacht mit der Hölle liebäugelt und Schall und Licht wieder umkehren. Raßle dann mit deinen Ketten und wimmre: Mir ist zu viel geschehen.

Siebente Scene

Gerichtsdiener. Die Vorigen.

Ferdinand (eilt auf Luisen zu, die ihm halb todt in die Arme fällt).

Luise! Hilfe! Rettung! Der Schrecken überwältigt sie!

Miller (ergreift sein spanisches Rohr, setzt den Hut auf und macht sich zum Angriff gefaßt).

Frau (wirft sich auf die Kniee vor dem Präsident).

Präsident (zu den Gerichtsdienern, seinen Orden entblößend). Legt Hand an, im Namen des Herzogs – Weg von der Metze, Junge – Ohnmächtig oder nicht – wenn sie nur erst das eiserne Halsband um hat, wird man sie schon mit Steinwürfen aufwecken.

Frau. Erbarmung, Ihro Excellenz! Erbarmung! Erbarmung!

Miller (reißt seine Frau in die Höhe). Knie vor Gott! alte Heulhure, und nicht vor – Schelmen, weil ich ja doch schon ins Zuchthaus muß.

Präsident (beißt die Lippen). Du kannst dich verrechnen, Bube. Es stehen noch Galgen leer! (Zu den Gerichtsdienern.) Muß ich es noch einmal sagen?

Gerichtsdiener (dringen auf Luisen ein).

Ferdinand (springt an ihr auf und stellt sich vor sie, grimmig). Wer will was? (Er zieht den Degen sammt der Scheide und wehrt sich mit dem Gefäß.) Wag' es, sie anzurühren, wer nicht auch die Hirnschale an die Gerichte vermiethet hat. (Zum Präsident.) Schonen Sie Ihrer selbst! Treiben Sie mich nicht weiter, mein Vater.

Präsident (drohend zu den Gerichtsdienern). Wenn euch euer Brod lieb ist, Memmen-Gerichtsdiener (greifen Luisen wieder an).

Ferdinand. Tod und alle Teufel! Ich sage: Zurück! – Noch einmal!

Haben Sie Erbarmen mit sich selbst. Treiben Sie mich nicht aufs Äußerste, Vater.

Präsident (aufgebracht zu den Gerichtsdienern). Ist das euer Diensteifer, Schurken?

Gerichtsdiener (greifen hitziger an).

Ferdinand. Wenn es denn sein muß (indem er den Degen zieht und einige von denselben verwundet), so verzeih mir, Gerechtigkeit!

Präsident (voll Zorn). Ich will doch sehen, ob auch ich diesen Degen fühle. (Er faßt Luisen selbst, zerrt sie in die Höhe und übergibt sie einem Gerichtsknecht.)

Ferdinand (lacht erbittert). Vater, Vater! Sie machen hier ein beißendes Pasquill auf die Gottheit, die sich so übel auf ihre Leute verstund und aus vollkommenen Henkersknechten schlechte Minister machte.

Präsident (zu den Übrigen). Fort mit ihr!

Ferdinand. Vater, sie soll an den Pranger stehen, aber mit dem Major, des Präsidenten Sohn – Bestehen Sie noch darauf?

Präsident. Desto possierlicher wird das Spektakel – Fort!

Ferdinand. Vater, ich werfe meinen Officiersdegen auf das Mädchen.

– Bestehen Sie noch darauf?

Präsident. Das Porte-Epée ist an deiner Seite des Prangerstehens gewohnt worden – Fort! Fort! Ihr wißt meinen Willen.

Ferdinand (drückt einen Gerichtsdiener weg, faßt Luisen an einem Arm, mit dem andern zückt er den Degen auf sie). Vater! Eh Sie meine Gemahlin beschimpfen, durchstoß' ich sie – Bestehen Sie noch darauf?

Präsident. Thu' es, wenn deine Klinge noch spitzig ist.

Ferdinand (läßt Luisen fahren und blickt fürchterlich zum Himmel). Du, Allmächtiger, bist Zeuge! Kein menschliches Mittel ließ ich unversucht – ich muß zu einem teuflischen schreiten – Ihr führt sie zum Pranger fort, unterdessen (dem Präsidenten ins Ohr rufend) erzähl' ich der Residenz eine Geschichte, wie man Präsident wird. (Ab.)

Präsident (wie vom Blitz gerührt). Was ist das? – Ferdinand – Laßt sie ledig! (Er eilt dem Major nach.)

Dritter Akt

Saal beim Präsidenten.

Erste Scene

Der Präsident und Sekretär Wurm kommen.

Präsident. Der Streich war verwünscht.

Wurm. Wie ich befürchtete, gnädiger Herr. Zwang erbittert die Schwärmer immer, aber bekehrt sie nie.

Präsident. Ich hatte mein bestes Vertrauen in diesen Anschlag gesetzt. Ich urtheilte so: Wenn das Mädchen beschimpft wird, muß er, als Officier, zurücktreten.

Wurm. Ganz vortrefflich. Aber zum Beschimpfen hätt' es auch kommen sollen.

Präsident. Und doch – wenn ich es jetzt mit kaltem Blut überdenke – Ich hätte mich nicht sollen eintreiben lassen – Es war eine Drohung, woraus er wohl nimmermehr Ernst gemacht hätte.

Wurm. Das denken Sie ja nicht. Der gereizten Leidenschaft ist keine Thorheit zu bunt. Sie sagen mir, der Herr Major habe immer den Kopf zu Ihrer Regierung geschüttelt. Ich glaub's. Die Grundsätze, die er aus Akademien hieher brachte, wollten mir gleich nicht recht einleuchten. Was sollten auch die phantastischen Träumereien von Seelengröße und persönlichem Adel an einem Hof, wo die größte Weisheit diejenige ist, im rechten Tempo, auf eine geschickte Art, groß und klein zu sein! Er ist zu jung und zu feurig, um Geschmack am langsamen, krummen Gang der Kabale zu finden, und nichts wird seine Ambition in Bewegung setzen, als was groß ist und abenteuerlich.

Präsident (verdrießlich). Aber was wird diese wohlweise Anmerkung an unserm Handel verbessern?

Wurm. Wie wird Ew. Excellenz auf die Wunde hinweisen, und auch vielleicht auf den Verband. Einen solchen Charakter – erlauben Sie – hätte man entweder nie zum Vertrauten, oder niemals zum Feind machen sollen. Er verabscheut das Mittel, wodurch Sie gestiegen sind. Vielleicht war es bis jetzt nur der Sohn, der die Zunge des Verräthers band. Geben Sie ihm Gelegenheit, jenen rechtmäßig abzuschütteln; machen Sie ihn durch wiederholte Stürme auf seine Leidenschaft glauben, daß Sie der zärtliche Vater nicht sind, so dringen die Pflichten des Patrioten bei ihm vor. Ja, schon allein die seltsame Phantasie, der Gerechtigkeit ein so merkwürdiges Opfer zu bringen, könnte Reiz genug für ihn haben, selbst seinen Vater zu stürzen.

Präsident. Wurm – Wurm – Er führt mich da vor einen entsetzlichen Abgrund.

Wurm. Ich will Sie zurückführen, gnädiger Herr. Darf ich freimüthig reden?

Präsident (indem er sich niedersetzt). Wie ein Verdammter zum Mitverdammten.

Wurm. Also verzeihen Sie – Sie haben, dünkt mich, der biegsamen Hofkunst den ganzen Präsidenten zu danken, warum vertrauen Sie ihr nicht auch den Vater an? Ich besinne mich, mit welcher Offenheit Sie Ihren Vorgänger damals zu einer Partie Piquet beredeten und bei ihm die halbe Nacht mit freundschaftlichem Burgunder hinwegschwemmten, und das war doch die nämliche Nacht, wo die große Mine losgehen und den guten Mann in die Luft blasen sollte – Warum zeigten Sie Ihrem Sohne den Feind? Nimmermehr hätte dieser erfahren sollen, daß ich um seine Liebesangelegenheit wisse. Sie hätten den Roman von Seiten des Mädchens unterhöhlt und das Herz Ihres Sohnes behalten. Sie hätten den klugen General gespielt, der den Feind nicht am Kern seiner Truppen faßt, sondern Spaltungen unter den Gliedern stiftet.

Präsident. Wie war das zu machen?

Wurm. Auf die einfachste Art – und die Karten sind noch nicht ganz vergeben. Unterdrücken Sie eine Zeit lang, daß Sie Vater sind. Messen Sie sich mit einer Leidenschaft nicht, die jeder Widerstand nur mächtiger machte – Überlassen Sie es mir, an ihrem eigenen Feuer den Wurm auszubrüten, der sie zerfrißt.

Präsident. Ich bin begierig.

Wurm. Ich müßte mich schlecht auf den Barometer der Seele verstehen, oder der Herr Major ist in der Eifersucht schrecklich, wie in der Liebe. Machen Sie ihm das Mädchen verdächtig – Wahrscheinlich oder nicht. Ein Gran Hefe reicht hin, die ganze Masse in eine zerstörende Gährung zu jagen.

Präsident. Aber woher diesen Gran nehmen?

Wurm. Da sind wir auf dem Punkt – vor allen Dingen, gnädiger Herr, erklären Sie sich mir, wie viel Sie bei der ferneren Weigerung des Majors auf dem Spiel haben – in welchem Grade es Ihnen wichtig ist, den Roman mit dem Bürgermädchen zu endigen und die Verbindung mit Lady Milford zu Stand zu bringen?

Präsident. Kann Er noch fragen, Wurm? – Mein ganzer Einfluß ist in Gefahr, wenn die Partie mit der Lady zurückgeht, und wenn ich den Major zwinge, mein Hals.

Wurm (munter). Jetzt haben Sie die Gnade und hören – Den Herrn Major umspinnen wir mit List. Gegen das Mädchen nehmen wir Ihre ganze Gewalt zu Hilfe. Wir dictieren ihr ein Billetdoux an eine dritte Person in die Feder und spielen das mit guter Art dem Major in die Hände. Präsident. Toller Einfall! Als ob sie sich so geschwind hin bequemen würde, ihr eigenes Todesurtheil zu schreiben?

Wurm. Sie muß, wenn Sie mir freie Hand lassen wollen. Ich kenne das gute Herz auf und nieder. Sie hat nicht mehr als zwo tödtliche Seiten, durch welche wir ihre Gewissen bestürmen können – ihren Vater und den Major. Der letztere bleibt ganz und gar aus dem Spiel; desto freier können wir mit dem Musikanten umspringen.

Präsident. Als zum Exempel?

Wurm. Nach Dem, was Ew. Excellenz mir von dem Auftritt in seinem Hause gesagt haben, wird nichts leichter sein, als den Vater mit einem Halsproceß zu bedrohen. Die Person des Günstlings und Siegelbewahrers ist gewissermaßen der Schatten der Majestät – Beleidigungen gegen jenen sind Verletzungen dieser – Wenigstens will ich den armen Schächer mit diesem zusammengeflickten Kobold durch ein Nadelöhr jagen.

Präsident. Doch – ernsthaft dürfte der Handel nicht werden.

Wurm. Ganz und gar nicht – Nur in so weit, als es nöthig ist, die Familie in die Klemme zu treiben – Wir setzen also in aller Stille den Musikus fest – Die Noth um so dringender zu machen, könnte man auch die Mutter mitnehmen, – sprechen von peinlicher Anklage, von Schaffot, von ewiger Festung, und machen den Brief der Tochter zur einzigen Bedingung seiner Befreiung.

Präsident. Gut! Gut! Ich verstehe.

Wurm. Sie liebt ihren Vater – bis zur Leidenschaft, möcht' ich sagen.

Die Gefahr seines Lebens – seiner Freiheit zum Mindesten – die Vorwürfe ihres Gewissens, den Anlaß dazu gegeben zu haben – die Unmöglichkeit, den Major zu besitzen – endlich die Betäubung ihres Kopfs, die ich auf mich nehme – es kann nicht fehlen – sie muß in die Falle gehn.

Präsident. Aber mein Sohn? Wird er nicht auf der Stelle Wind davon haben?

Wurm. Das lassen Sie meine Sorge sein, gnädiger Herr – Vater und Mutter werden nicht eher freigelassen, bis die ganze Familie einen körperlichen Eid darauf abgelegt, den ganzen Vorgang geheim zu halten und den Betrug zu bestätigen.

Präsident. Einen Eid? Was wird ein Eid fruchten, Dummkopf?

Wurm. Nichts bei uns, gnädiger Herr! Bei dieser Menschenart Alles – Und sehen Sie nun, wie schön wir Beide auf diese Manier zum Ziele kommen werden – Das Mädchen verliert die Liebe des Majors und den Ruf ihrer Tugend. Vater und Mutter ziehen gelindere Saiten auf, und durch und durch weich gemacht von Schicksalen dieser Art, erkennen sie's noch zuletzt für Erbarmung, wenn ich der Tochter durch meine Hand ihre Reputation wieder gebe.

Präsident (lacht unter Kopfschütteln). Ja, ich gebe mich dir überwunden, Schurke! Das Geweb' ist satanisch fein. Der Schüler übertrifft seinen Meister – Nun ist die Frage, an wen das Billet muß gerichtet werden? Mit wem wir sie in Verdacht bringen müssen?

Wurm. Nothwendig mit Jemand, der durch den Entschluß Ihres Sohnes Alles gewinnen oder Alles verlieren muß.

Wurm (nach einigem Nachdenken). Ich weiß nur den Hofmarschall.

Wurm (zuckt die Achseln). Mein Geschmack wär' es nun freilich nicht, wenn ich Luise Millerin hieße.

Präsident. Und warum nicht? Wunderlich! Eine blendende Garderobe – Eine Atmosphäre von Eau de mille fleurs und Bisam – und jedes alberne Wort eine Handvoll Ducaten – und alles Das sollte die Delicatesse einer bürgerlichen Dirne nicht endlich bestechen können? O, guter Freund! so scrupulös ist die Eifersucht nicht! Ich schicke zum Marschall. (Klingelt.)

Wurm. Unterdessen, daß Ew. Excellenz dieses und die Gefangennehmung des Geigers besorgen, werd' ich hingehen und den bewußten Liebesbrief aufsetzen.

Präsident (zum Schreibpult gehend). Den Er mir zum Durchlesen heraufbringt, sobald er zu Stand sein wird. (Wurm geht ab. Der Präsident setzt sich zu schreiben; ein Kammerdiener kommt; er steht auf und gibt ihm ein Papier.) Dieser Verhaftsbefehl muß ohne Aufschub in die Gerichte – ein Andrer von euch wird den Hofmarschall zu mir bitten.

 

Kammerdiener. Der gnädige Herr sind so eben hier angefahren.

Präsident. Noch besser – aber die Anstalten sollen mit Vorsicht getroffen werden, sagt ihr, daß kein Aufstand erfolgt.

Kammerdiener. Sehr wohl, Ihr' Excellenz!

Präsident. Versteht ihr? Ganz in der Stille!

Kammerdiener. Ganz gut, Ihr' Excellenz! (Ab.)

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