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Wallensteins Tod

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Dritter Auftritt

Wallenstein. Terzky. Gleich darauf Illo.

Terzky
 
     Max Piccolomini verließ dich eben?
 
Wallenstein
 
     Wo ist der Wrangel?
 
Terzky
 
     Fort ist er.
 
Wallenstein
 
     So eilig?
 
Terzky
 
     Es war, als ob die Erd' ihn eingeschluckt.
     Er war kaum von dir weg, als ich ihm nachging,
     Ich hatt' ihn noch zu sprechen, doch – weg war er,
     Und niemand wußte mir von ihm zu sagen.
     Ich glaub, es ist der Schwarze selbst gewesen,
     Ein Mensch kann nicht auf einmal so verschwinden.
 
Illo. (kommt)
 
     Ist's wahr, daß du den Alten willst verschicken?
 
Terzky
 
     Wie? Den Octavio! Wo denkst du hin?
 
Wallenstein
 
     Er geht nach Frauenberg, die spanischen
     Und welschen Regimenter anzuführen.
 
Terzky
 
     Das wolle Gott nicht, daß du das vollbringst!
 
Illo
 
     Dem Falschen willst du Kriegsvolk anvertrauen?
     Ihn aus den Augen lassen, grade jetzt,
     In diesem Augenblicke der Entscheidung?
 
Terzky
 
     Das wirst du nicht tun. Nein, um alles nicht!
 
Wallenstein
 
     Seltsame Menschen seid ihr.
 
Illo
 
     Oh! nur diesmal
     Gib unsrer Warnung nach. Laß ihn nicht fort.
 
Wallenstein
 
     Und warum soll ich ihm dies eine Mal
     Nicht trauen, da ich's stets getan? Was ist geschehn,
     Das ihn um meine gute Meinung brächte?
     Aus eurer Grille, nicht der meinen, soll ich
     Mein alt erprobtes Urteil von ihm ändern?
     Denkt nicht, daß ich ein Weib sei. Weil ich ihm
     Getraut bis heut, will ich auch heut ihm trauen.
 
Terzky
 
     Muß es denn der just sein? Schick einen andern.
 
Wallenstein
 
     Der muß es sein, den hab ich mir erlesen.
     Er taugt zu dem Geschäft, drum gab ich's ihm.
 
Illo
 
     Weil er ein Welscher ist, drum taugt er dir.
 
Wallenstein
 
     Weiß wohl, ihr wart den beiden nie gewogen,
     Weil ich sie achte, liebe, euch und andern
     Vorziehe, sichtbarlich, wie sie's verdienen,
     Drum sind sie euch ein Dorn im Auge! Was
     Geht euer Neid mich an und mein Geschäft?
     Daß ihr sie haßt, das macht sie mir nicht schlechter.
     Liebt oder haßt einander, wie ihr wollt,
     Ich lasse jedem seinen Sinn und Neigung,
     Weiß doch, was mir ein jeder von euch gilt.
 
Illo
 
     Er geht nicht ab – müßt' ich die Räder ihm am Wagen
     Zerschmettern lassen.
 
Wallenstein
 
     Mäßige dich, Illo!
 
Terzky
 
     Der Questenberger, als er hier gewesen,
     Hat stets zusammen auch gesteckt mit ihm.
 
Wallenstein
 
     Geschah mit meinem Wissen und Erlaubnis.
 
Terzky
 
     Und daß geheime Boten an ihn kommen
     Vom Gallas, weiß ich auch.
 
Wallenstein
 
     Das ist nicht wahr.
 
Illo
 
     Oh! du bist blind mit deinen sehenden Augen!
 
Wallenstein
 
     Du wirst mir meinen Glauben nicht erschüttern,
     Der auf die tiefste Wissenschaft sich baut.
     Lügt er, dann ist die ganze Sternkunst Lüge.
     Denn wißt, ich hab ein Pfand vom Schicksal selbst,
     Daß er der treuste ist von meinen Freunden.
 
Illo
 
     Hast du auch eins, daß jenes Pfand nicht lüge?
 
Wallenstein
 
     Es gibt im Menschenleben Augenblicke,
     Wo er dem Weltgeist näher ist als sonst
     Und eine Frage frei hat an das Schicksal.
     Solch ein Moment war's, als ich in der Nacht,
     Die vor der Lützner Aktion vorherging,
     Gedankenvoll an einen Baum gelehnt,
     Hinaussah in die Ebene. Die Feuer
     Des Lagers brannten düster durch den Nebel,
     Der Waffen dumpfes Rauschen unterbrach,
     Der Runden Ruf einförmig nur die Stille.
     Mein ganzes Leben ging, vergangenes
     Und künftiges, in diesem Augenblick
     An meinem inneren Gesicht vorüber,
     Und an des nächsten Morgens Schicksal knüpfte
     Der ahnungsvolle Geist die fernste Zukunft.
     Da sagt' ich also zu mir selbst: " So vielen
     Gebietest du! Sie folgen deinen Sternen
     Und setzen, wie auf eine große Nummer,
     Ihr Alles auf dein einzig Haupt und sind
     In deines Glückes Schiff mit dir gestiegen.
     Doch kommen wird der Tag, wo diese alle
     Das Schicksal wieder auseinanderstreut,
     Nur wen'ge werden treu bei dir verharren.
     Den möcht' ich wissen, der der Treuste mir
     Von allen ist, die dieses Lager einschließt.
     Gib mir ein Zeichen, Schicksal! Der soll's sein,
     Der an dem nächsten Morgen mir zuerst
     Entgegenkommt mit einem Liebeszeichen".
     Und dieses bei mir denkend, schlief ich ein.
     Und mitten in die Schlacht ward ich geführt
     Im Geist. Groß war der Drang. Mir tötete
     Ein Schuß das Pferd, ich sank, und über mir
     Hinweg, gleichgültig, setzten Roß und Reiter,
     Und keuchend lag ich, wie ein Sterbender,
     Zertreten unter ihrer Hufe Schlag.
     Da faßte plötzlich hilfreich mich ein Arm,
     Es war Octavio – und schnell erwach ich,
     Tag war es, und – Octavio stand vor mir.
     "Mein Bruder", sprach er, "reite heute nicht
     Den Schecken, wie du pflegst. Besteige lieber
     Das sichre Tier, das ich dir ausgesucht.
     Tu's mir zu Lieb'. Es warnte mich ein Traum."
     Und dieses Tieres Schnelligkeit entriß
     Mich Banniers verfolgenden Dragonern.
     Mein Vetter ritt den Schecken an dem Tag,
     Und Roß und Reiter sah ich niemals wieder.
 
Illo
 
     Das war ein Zufall.
 
Wallenstein. (bedeutend)
 
     Es gibt keinen Zufall;
     Und was uns blindes Ohngefähr nur dünkt,
     Gerade das steigt aus den tiefsten Quellen.
     Versiegelt hab ich's und verbrieft, daß er
     Mein guter Engel ist, und nun kein Wort mehr!
 

(Er geht.)

Terzky
 
     Das ist mein Trost, der Max bleibt uns als Geisel.
 
Illo
 
     Und der soll mir nicht lebend hier vom Platze.
 
Wallenstein. (bleibt stehen und kehrt sich um)
 
     Seid ihr nicht wie die Weiber, die beständig
     Zurück nur kommen auf ihr erstes Wort,
     Wenn man Vernunft gesprochen stundenlang!
     – Des Menschen Taten und Gedanken, wißt!
     Sind nicht wie Meeres blind bewegte Wellen.
     Die innre Welt, sein Mikrokosmus, ist
     Der tiefe Schacht, aus dem sie ewig quellen.
     Sie sind notwendig, wie des Baumes Frucht,
     Sie kann der Zufall gaukelnd nicht verwandeln.
     Hab ich des Menschen Kern erst untersucht,
     So weiß ich auch sein Wollen und sein Handeln.
 

(Gehen ab.)

Vierter Auftritt

Zimmer in Piccolominis Wohnung.

Octavio Piccolomini reisefertig. Ein Adjutant.

Octavio
 
     Ist das Kommando da?
 
Adjutant
 
     Es wartet unten.
 
Octavio
 
     Es sind doch sichre Leute, Adjutant?
     Aus welchem Regimente nahmt Ihr sie?
 
Adjutant
 
Von Tiefenbach.
 
Octavio
 
     Dies Regiment ist treu.
     Laßt sie im Hinterhof sich ruhighalten,
     Sich niemand zeigen, bis Ihr klingeln hört;
     Dann wird das Haus geschlossen, scharf bewacht,
     Und jeder, den Ihr antrefft, bleibt verhaftet.
 

(Adjutant ab.)

 
 
     Zwar hoff ich, es bedarf nicht ihres Dienstes,
     Denn meines Kalkuls halt ich mich gewiß.
     Doch es gilt Kaisers Dienst, das Spiel ist groß,
     Und besser zu viel Vorsicht als zu wenig.
 

Fünfter Auftritt

Octavio Piccolomini. Isolani tritt herein.

Isolani
 
     Hier bin ich – Nun! wer kommt noch von den andern?
 
Octavio. (geheimnisvoll)
 
     Vorerst ein Wort mit Euch, Graf Isolani.
 
Isolani. (geheimnisvoll)
 
     Soll's losgehn? Will der Fürst was unternehmen?
     Mir dürft Ihr trauen. Setzt mich auf die Probe.
 
Octavio
 
     Das kann geschehn.
 
Isolani
 
     Herr Bruder, ich bin nicht
     Von denen, die mit Worten tapfer sind
     Und, kommt's zur Tat, das Weite schimpflich suchen.
     Der Herzog hat als Freund an mir getan,
     Weiß Gott, so ist's! Ich bin ihm alles schuldig.
     Auf meine Treue kann er baun.
 
Octavio
 
     Es wird sich zeigen.
 
Isolani
 
     Nehmt Euch in acht. Nicht alle denken so.
     Es halten's hier noch viele mit dem Hof
     Und meinen, daß die Unterschrift von neulich,
     Die abgestohlne, sie zu nichts verbinde.
 
Octavio
 
     So? Nennt mir doch die Herren, die das meinen.
 
Isolani
 
     Zum Henker! Alle Deutschen sprechen so.
     Auch Esterhazy, Kaunitz, Deodat
     Erklären jetzt, man müss' dem Hof gehorchen.
 
Octavio
 
     Das freut micht.
 
Isolani
 
     Freut Euch?
 
Octavio
 
     Daß der Kaiser noch
     So gute Freunde hat und wackre Diener.
 
Isolani
 
     Spaßt nicht. Es sind nicht eben schlechte Männer.
 
Octavio
 
     Gewiß nicht. Gott verhüte, daß ich spaße!
     Sehr ernstlich freut es mich, die gute Sache
     So stark zu sehn.
 
Isolani
 
     Was Teufel! Wie ist das?
     Seid Ihr denn nicht? – Warum bin ich denn hier?
 
Octavio. (mit Ansehen)
 
     Euch zu erklären, rund und nett, ob Ihr
     Ein Freund wollt heißen oder Feind des Kaisers.
 
Isolani. (trotzig)
 
     Darüber werd ich dem Erklärung geben,
     Dem's zukommt, diese Frag' an mich zu tun.
 
Octavio
 
     Ob mir das zukommt, mag dies Blatt Euch lehren.
 
Isolani
 
     Wa – was? Das ist des Kaisers Hand und Siegel.
 

(Liest.)

 
     "Als werden sämtliche Hauptleute unsrer
     Armee der Ordre unsers lieben, treuen,
     Des Generalleutnant Piccolomini,
     Wie unsrer eignen" – Hum – Ja – So – Ja, ja!
     Ich – mach Euch meinen Glückwunsch, Generalleutnant.
 
Octavio
 
     Ihr unterwerft Euch dem Befehl?
 
Isolani
 
     Ich – aber
     Ihr überrascht mich auch so schnell – Man wird
     Mir doch Bedenkzeit, hoff ich —
 
Octavio
 
     Zwei Minuten.
 
Isolani
 
     Mein Gott, der Fall ist aber —
 
Octavio
 
     Klar und einfach.
     Ihr sollt erklären, ob Ihr Euren Herrn
     Verraten wollet oder treu ihm dienen.
 
Isolani
 
     Verrat – Mein Gott – Wer spricht denn von Verrat?
 
Octavio
 
     Das ist der Fall. Der Fürst ist ein Verräter,
     Will die Armee zum Feind hinüberführen.
     Erklärt Euch kurz und gut. Wollt Ihr dem Kaiser
     Abschwören? Euch dem Feind verkaufen? Wollt Ihr?
 
Isolani
 
     Was denkt Ihr? Ich des Kaisers Majestät
     Abschwören? Sagt' ich so? Wann hätt' ich das
     Gesagt?
 
Octavio
 
     Noch habt Ihr's nicht gesagt. Noch nicht.
     Ich warte drauf, ob Ihr es werdet sagen.
 
Isolani
 
     Nun seht, das ist mir lieb, daß Ihr mir selbst
     Bezeugt, ich habe so was nicht gesagt.
 
Octavio
 
     Ihr sagt Euch also von dem Fürsten los?
 
Isolani
 
     Spinnt er Verrat – Verrat trennt alle Bande.
 
Octavio
 
     Und seid entschlossen, gegen ihn zu fechten?
 
Isolani
 
     Er tat mir Gutes – doch wenn er ein Schelm ist,
     Verdamm' ihn Gott! die Rechnung ist zerrissen.
 
Octavio
 
     Mich freut's, daß Ihr in gutem Euch gefügt.
     Heut nacht in aller Stille brecht Ihr auf
     Mit allen leichten Truppen; es muß scheinen,
     Als käm' die Ordre von dem Herzog selbst.
     Zu Frauenberg ist der Versammlungsplatz,
     Dort gibt Euch Gallas weitere Befehle.
 
Isolani
 
     Es soll geschehn. Gedenkt mir's aber auch
     Beim Kaiser, wie bereit Ihr mich gefunden.
 
Octavio
 
     Ich werd es rühmen.
 

(Isolani geht. Es kommt ein Bedienter.)

 
     Oberst Buttler? Gut.
 
Isolani. (zurückkommend)
 
     Vergebt mir auch mein barsches Wesen, Alter.
     Herr Gott! Wie konnt' ich wissen, welch große
     Person ich vor mir hatte!
 
Octavio
 
     Laßt das gut sein.
 
Isolani
 
     Ich bin ein lust'ger alter Knab', und wär'
     Mir auch ein rasches Wörtlein übern Hof
     Entschlüpft zuweilen, in der Lust des Weins,
     Ihr wißt ja, bös war's nicht gemeint.
 

(Geht ab.)

Octavio
 
     Macht Euch
     Darüber keine Sorge! – Das gelang!
     Glück, sei uns auch so günstig bei den andern!
 

Sechster Auftritt

Octavio Piccolomini. Buttler.

Buttler
 
     Ich bin zu Eurer Ordre, Generalleutnant.
 
Octavio
 
     Seid mir als werter Gast und Freund willkommen.
 
Buttler
 
     Zu große Ehr' für mich.
 
Octavio. (nachdem beide Platz genommen)
 
     Ihr habt die Neigung nicht erwidert,
     Womit ich gestern Euch entgegenkam.
     Wohl gar als leere Formel sie verkannt.
     Von Herzen ging mir jener Wunsch, es war
     Mir Ernst um Euch, denn eine Zeit ist jetzt,
     Wo sich die Guten eng verbinden sollten.
 
Buttler
 
     Die Gleichgesinnten können es allein.
 
Octavio
 
     Und alle Guten nenn ich gleichgesinnt.
     Dem Menschen bring ich nur die Tat in Rechnung,
     Wozu ihn ruhig der Charakter treibt;
     Denn blinder Mißverständnisse Gewalt
     Drängt oft den Besten aus dem rechten Gleise.
     Ihr kamt durch Frauenberg. Hat Euch Graf Gallas
     Nichts anvertraut? Sagt mir's. Er ist mein Freund.
 
Buttler
 
     Er hat verlorne Worte nur gesprochen.
 
Octavio
 
     Das hör ich ungern, denn sein Rat war gut.
     Und einen gleichen hätt' ich Euch zu geben.
 
Buttler
 
     Spart Euch die Müh – mir die Verlegenheit,
     So schlecht die gute Meinung zu verdienen.
 
Octavio
 
     Die Zeit ist teuer, laßt uns offen reden.
     Ihr wißt, wie hier die Sachen stehn. Der Herzog
     Sinnt auf Verrat, ich kann Euch mehr noch sagen,
     Er hat ihn schon vollführt; geschlossen ist
     Das Bündnis mit dem Feind vor wen'gen Stunden.
     Nach Prag und Eger reiten schon die Boten,
     Und morgen will er zu dem Feind uns führen.
     Doch er betrügt sich, denn die Klugheit wacht,
     Noch treue Freunde leben hier dem Kaiser,
     Und mächtig steht ihr unsichtbarer Bund.
     Dies Manifest erklärt ihn in die Acht,
     Spricht los das Heer von des Gehorsams Pflichten,
     Und alle Gutgesinnten ruft es auf,
     Sich unter meiner Führung zu versammeln.
     Nun wählt, ob Ihr mit uns die gute Sache,
     Mit ihm der Bösen böses Los wollt teilen?
 
Buttler. (steht auf)
 
     Sein Los ist meines.
 
Octavio
 
     Ist das Euer letzter
     Entschluß?
 
Buttler
 
     Er ist's.
 
Octavio
 
     Bedenkt Euch, Oberst Buttler.
     Noch habt Ihr Zeit. In meiner treuen Brust
     Begraben bleibt das raschgesprochne Wort.
     Nehmt es zurück. Wählt eine bessere
     Partei. Ihr habt die gute nicht ergriffen.
 
Buttler
 
     Befehlt Ihr sonst nocht etwas, Generalleutnant?
 
Octavio
 
     Seht Eure weißen Haare! Nehmt's zurück.
 
Buttler
 
     Lebt wohl!
 
Octavio
 
     Was? Diesen guten, tapfern Degen
     Wollt Ihr in solchem Streite ziehen? Wollt
     In Fluch den Dank verwandeln, den Ihr Euch
     Durch vierzigjähr'ge Treu verdient um Östreich?
 
Buttler. (bitter lachend)
 
     Dank vom Haus Östreich!
 

(Er will gehen.)

 
Octavio. (läßt ihn bis an die Türe gehen, dann ruft er)
 
     Buttler!
 
Buttler
 
     Was beliebt?
 
Octavio
 
     Wie war es mit dem Grafen?
 
Buttler
 
     Grafen! Was?
 
Octavio
 
     Dem Grafentitel, mein ich.
 
Buttler. (heftig auffahrend)
 
     Tod und Teufel!
 
Octavio. (kalt)
 
     Ihr suchtet darum nach. Man wies Euch ab.
 
Buttler
 
     Nicht ungestraft sollt Ihr mich höhnen. Zieht!
 
Octavio
 
     Steckt ein. Sagt ruhig, wie es damit ging. Ich will
     Genugtuung nachher Euch nicht verweigern.
 
Buttler
 
     Mag alle Welt doch um die Schwachheit wissen,
     Die ich mir selbst nie verzeihen kann!
     – Ja! Generalleutnant, ich besitze Ehrgeiz,
     Verachtung hab ich nie ertragen können.
     Es tat mir wehe, daß Geburt und Titel
     Bei der Armee mehr galten als Verdienst.
     Nicht schlechter wollt' ich sein als meinesgleichen,
     So ließ ich mich in unglücksel'ger Stunde
     Zu jenem Schritt verleiten – Es war Torheit!
     Doch nicht verdient' ich, sie so hart zu büßen!
     – Versagen konnte man's – Warum die Weigerung
     Mit dieser kränkenden Verachtung schärfen,
     Den alten Mann, den treu bewährten Diener
     Mit schwerem Hohn zermalmend niederschlagen,
     An seiner Herkunft Schmach so rauh ihn mahnen,
     Weil er in schwacher Stunde sich vergaß!
     Doch einen Stachel gab Natur dem Wurm,
     Den Willkür übermütig spielend tritt —
 
Octavio
 
     Ihr müßt verleumdet sein. Vermutet Ihr
     Den Feind, der Euch den schlimmen Dienst geleistet?
 
Buttler
 
     Sei's, wer es will! Ein niederträcht'ger Bube,
     Ein Höfling muß es sein, ein Spanier,
     Der Junker irgend eines alten Hauses,
     Dem ich im Licht mag stehn, ein neid'scher Schurke,
     Den meine selbstverdiente Würde kränkt.
 
Octavio
 
     Sagt. Billigte der Herzog jenen Schritt?
 
Buttler
 
     Er trieb mich dazu an, verwendete
     Sich selbst für micht, mit edler Freundeswärme.
 
Octavio
 
     So? Wißt ihr das gewiß?
 
Buttler
 
     Ich las den Brief.
 
Octavio. (bedeutend)
 
     Ich auch – doch anders lautete sein Inhalt.
 

(Buttler wird betroffen.)

 
     Durch Zufall bin ich im Besitz des Briefs,
     Kann Euch durch eignen Anblick überführen.
 

(Er gibt ihm den Brief.)

Buttler
 
     Ha! was ist das?
 
Octavio
 
     Ich fürchte, Oberst Buttler,
     Man hat mit Euch ein schändlich Spiel getrieben.
     Der Herzog, sagt Ihr, trieb Euch zu dem Schritt? —
     In diesem Briefe spricht er mit Verachtung
     Von Euch, rät dem Minister, Euren Dünkel,
     Wie er ihn nennt, zu züchtigen.
 

(Buttler hat den Brief gelesen, seine Knie zittern, er greift nach einem Stuhl, setzt sich nieder.)

 
     Kein Feind verfolgt Euch. Niemand will Euch übel.
     Dem Herzog schreibt allein die Kränkung zu,
     Die ihr empfangen; deutlich ist die Absicht.
     Losreißen wollt' er Euch von Eurem Kaiser —
     Von Eurer Rache hofft' er zu erlangen,
     Was Eure wohlbewährte Treu ihn nimmer
     Erwarten ließ bei ruhiger Besinnung.
     Zum blinden Werkzeug wollt' er Euch, zum Mittel,
     Verworfner Zwecke Euch verächtlich brauchen.
     Er hat's erreicht. Zu gut nur glückt' es ihm,
     Euch wegzulocken von dem guten Pfade,
     Auf dem Ihr vierzig Jahre seid gewandelt.
 
Buttler. (mit der Stimme bebend)
 
     Kann mir des Kaisers Majestät vergeben?
 
Octavio
 
     Sie tut noch mehr. Sie macht die Kränkung gut,
     Die unverdient dem Würdigen geschehn.
     Aus freiem Trieb bestätigt sie die Schenkung,
     Die Euch der Fürst zu bösem Zweck gemacht.
     Das Regiment ist Euer, das Ihr führt.
 

Buttler. (will aufstehen, sinkt zurück. Sein Gemüt arbeitet heftig, er versucht zu reden und vermag es nicht. Endlich nimmt er den Degen vom Gehänge und reicht ihn dem Piccolomini)

Octavio
 
     Was wollt Ihr? Faßt Euch.
 
Buttler
 
     Nehmt!
 
Octavio
 
     Wozu? Besinnt Euch.
 
Buttler
 
     Nehmt hin! Nicht wert mehr bin ich dieses Degens.
 
Octavio
 
     Empfangt ihn neu zurück aus meiner Hand
     Und führt ihn stets mit Ehre für das Recht.
 
Buttler
 
     Die Treue brach ich solchem gnäd'gen Kaiser!
 
Octavio
 
     Macht's wieder gut. Schnell trennt Euch von dem Herzog.
 
Buttler
 
     Mich von ihm trennen!
 
Octavio
 
     Wie? Bedenkt Ihr Euch?
 
Buttler. (furchtbar ausbrechend)
 
     Nur von ihm trennen? Oh! er soll nicht leben!
 
Octavio
 
     Folgt mir nach Frauenberg, wo alle Treuen
     Bei Gallas sich und Altringer versammeln.
     Viel andre bracht' ich noch zu ihrer Pflicht
     Zurück, heut nacht entfliehen sie aus Pilsen.
 
Buttler. (ist heftig bewegt auf und ab gegangen und tritt zu Octavio mit entschlossenem Blick)
 
     Graf Piccolomini! Darf Euch der Mann
     Von Ehre sprechen, der die Treue brach?
 
Octavio
 
     Der darf es, der so ernstlich es bereut.
 
Buttler
 
     So laßt mich hier, auf Ehrenwort.
 
Octavio
 
     Was sinnt Ihr?
 
Buttler
 
     Mit meinem Regimente laßt mich bleiben.
 
Octavio
 
     Ich darf Euch trauen. Doch sagt mir, was Ihr brütet?
 
Buttler
 
     Die Tat wird's lehren. Fragt mich jetzt nicht weiter.
     Traut mir! Ihr könnt's! Bei Gott! Ihr überlasset
     Ihn seinem guten Engel nicht! – Lebt wohl!
 

(Geht ab.)

Bedienter. (bringt ein Billet)
 
     Ein Unbekannter bracht's und ging gleich wieder.
     Des Fürsten Pferde stehen auch schon unten.
 

(Ab.)

Octavio. (liest)
 
     "Macht, daß Ihr fortkommt. Euer treuer Isolan."
     – Oh! läge diese Stadt erst hinter mir!
     So nah dem Hafen sollten wir noch scheitern?
     Fort! Fort! Hier ist nicht länger Sicherheit
     Für mich. Wo aber bleibt mein Sohn?
 

Siebenter Auftritt

Beide Piccolomini.

Max. (kömmt in der heftigsten Gemütsbewegung, seine Blicke rollen wild, sein Gang ist unstet; er scheint den Vater nicht zu bemerken, der von ferne steht und ihn mitleidig ansieht. Mit großen Schritten geht er durch das Zimmer, bleibt wieder stehen und wirft sich zuletzt in einen Stuhl, gerad vor sich hin starrend)

Octavio. (nähert sich ihm)
 
     Ich reise ab, mein Sohn.
 

(Da er keine Antwort erhält, faßt er ihn bei der Hand.)

 
     Mein Sohn, leb wohl!
 
Max
 
     Leb wohl!
 
Octavio
 
     Du folgst mir doch bald nach?
 
Max. (ohne ihn anzusehen)
 
     Ich dir?
     Dein Weg ist krumm, er ist der meine nicht.
 

(Octavio läßt seine Hand los, fährt zurück.)

 
     Oh! wärst du wahr gewesen und gerade,
     Nie kam es dahin, alles stünde anders!
     Er hätte nicht das Schreckliche getan,
     Die Guten hätten Kraft bei ihm behalten,
     Nicht in der Schlechten Garn wär' er gefallen.
     Warum so heimlich, hinterlistig lauernd
     Gleich einem Dieb und Diebeshelfer schleichen?
     Unsel'ge Falschheit! Mutter alles Bösen!
     Du jammerbringende, verderbest uns!
     Wahrhaftigkeit, die reine, hätt' uns alle,
     Die welterhaltende, gerettet. Vater!
     Ich kann dich nicht entschuldigen, ich kann's nicht.
     Der Herzog hat mich hintergangen, schrecklich,
     Du aber hast viel besser nicht gehandelt.
 
Octavio
 
     Mein Sohn, ach! ich verzeihe deinem Schmerz.
 
Max. (steht auf, betrachtet ihn mit zweifelhaften Blicken)
 
     Wär's möglich, Vater? Vater? Hättest du's
     Mit Vorbedacht bis dahin treiben wollen?
     Du steigst durch seinen Fall. Octavio,
     Das will mir nicht gefallen.
 
Octavio
 
     Gott im Himmel!
 
Max
 
     Weh mir! Ich habe die Natur verändert,
     Wie kommt der Argwohn in die freie Seele?
     Vertrauen, Glaube, Hoffnung ist dahin,
     Denn alles log mir, was ich hochgeachtet.
     Nein! Nein! Nicht alles! Sie ja lebt mir noch,
     Und sie ist wahr und lauter wie der Himmel.
     Betrug ist überall und Heuchelschein
     Und Mord und Gift und Meineid und Verrat,
     Der einzig reine Ort ist unsre Liebe,
     Der unentweihte in der Menschlichkeit.
 
Octavio
 
     Max! Folg mir lieber gleich, das ist doch besser.
 
Max
 
     Was? Eh' ich Abschied noch von ihr genommen?
     Den letzten – Nimmermehr!
 
Octavio
 
     Erspare dir
     Die Qual der Trennung, der notwendigen.
     Komm mit mir! Komm, mein Sohn!
 

(Will ihn fortziehn.)

Max
 
     Nein! So wahr Gott lebt!
 
Octavio. (dringender)
 
     Komm mit mir, ich gebiete dir's, dein Vater.
 
Max
 
     Gebiete mir, was menschlich ist. Ich bleibe.
 
Octavio
 
     Max! In des Kaisers Namen, folge mir!
 
Max
 
     Kein Kaiser hat dem Herzen vorzuschreiben.
     Und willst du mir das einzige noch rauben,
     Was mir mein Unglück übrigließ, ihr Mitleid?
     Muß grausam auch das Grausame geschehn?
     Das Unabänderliche soll ich noch
     Unedel tun, mit heimlich feiger Flucht,
     Wie ein Unwürdiger mich von ihr stehlen?
     Sie soll mein Leiden sehen, meinen Schmerz,
     Die Klagen hören der zerrißnen Seele
     Und Tränen um mich weinen – Oh! die Menschen
     Sind grausam, aber sie ist wie ein Engel.
     Sie wird von gräßlich wütender Verzweiflung
     Die Seele retten, diesen Schmerz des Todes
     Mit sanften Trostesworten klagend lösen.
 
Octavio
 
     Du reißest dich nicht los, vermagst es nicht.
     Oh! komm, mein Sohn, und rette deine Tugend!
 
Max
 
     Verschwende deine Worte nicht vergebens,
     Dem Herzen folg ich, denn ich darf ihm trauen.
 
Octavio. (außer Fassung, zitternd)
 
     Max! Max! Wenn das Entsetzliche mich trifft,
     Wenn du – mein Sohn – mein eignes Blut – ich darf's
     Nicht denken! dich dem Schändlichen verkaufst,
     Dies Brandmal aufdrückst unsers Hauses Adel,
     Dann soll die Welt das Schauderhafte sehn,
     Und von des Vaters Blute triefen soll
     Des Sohnes Stahl im gräßlichen Gefechte.
 
Max
 
     Oh! hättest du vom Menschen besser stets
     Gedacht, du hättest besser auch gehandelt.
     Fluchwürd'ger Argwohn! Unglücksel'ger Zweife!
     Es ist ihm Festes nichts und Unverrücktes,
     Und alles wanket, wo der Glaube fehlt.
 
Octavio
 
     Und trau ich deinem Herzen auch, wird's immer
     In deiner Macht auch stehen, ihm zu folgen?
 
Max
 
     Du hast des Herzens Stimme nicht bezwungen,
     So wenig wird der Herzog es vermögen.
 
Octavio
 
     Oh! Max, ich seh dich niemals wiederkehren!
 
Max
 
     Unwürdig deiner wirst du nie mich sehn.
 
Octavio
 
     Ich geh nach Frauenberg, die Pappenheimer
     Laß ich dir hier, auch Lothringen, Toscana
     Und Tiefenbach bleibt da, dich zu bedecken.
     Sie lieben dich und sind dem Eide treu
     Und werden lieber tapfer streitend fallen,
     Als von dem Führer weichen und der Ehre.
 
Max
 
     Verlaß dich drauf, ich lasse fechtend hier
     Das Leben oder führe sie aus Pilsen.
 
Octavio. (aufbrechend)
 
     Mein Sohn, leb wohl!
 
Max
 
     Leb wohl!
 
Octavio
 
     Wie? Keinen Blick
     Der Liebe? Keinen Händedruck zum Abschied?
     Es ist ein blut'ger Krieg, in den wir gehn,
     Und ungewiß, verhüllt ist der Erfolg.
     So pflegten wir uns vormals nicht zu trennen.
     Ist es denn wahr? Ich habe keinen Sohn mehr?
 

(Max fällt in seine Arme, sie halten einander lange schweigend umfaßt, dann entfernen sie sich nach verschiedenen Seiten.)

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