Die Freundinnen

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Friedrich Halm

Die Freundinnen

Inhaltsverzeichnis

Über den Autoren

Die Freundinnen

Impressum

Über den Autoren

Friedrich Halm war ein österreichischer Dichter, Novellist und Dramatiker. Er gilt als literarischer Repräsentant der sogenannten Makart-Zeit.

Die Freundinnen

Der Graf von Ormonde war im Herbste des Jahres 1644 zur Belohnung für die Siege, die er über die irländischen Rebellen erfochten, zum Vizekönig von Irland ernannt, bald darauf aber nach London berufen worden, um dort im Kabinette des Königs an wichtigen Beratungen teilzunehmen. In England und Schottland hatten die Unruhen, die Karl I. auf das Blutgerüst führen sollten, bereits eine sehr bedenkliche Höhe erreicht; in Irland aber war damals, dank der ebenso entschiedenen als umsichtigen Haltung des Grafen von Ormonde, die Bewegung einstweilen zum Stillstande gekommen, so daß der Graf seine zärtlich geliebte Gemahlin Elisabeth, vollkommen über ihre Sicherheit beruhigt, nur mit der Sorge verließ, sie werde während seiner Abwesenheit, die gewiß auf einige Wochen, vielleicht auf einen Monat bevorstand, sich um so vereinsamter fühlen, als sie bisher während eines vierzehnjährigen Ehestandes, und selbst während der Graf im Felde lag, kaum mehr als einige wenige Tage der Trennung von ihrem Gemahl erlebt hatte. Allein auch dieser Sorge ward der Graf bald nach seiner Ankunft in London durch die frohe Nachricht enthoben, Lady Isabella Rich, die vertrauteste Jugendfreundin seiner Gemahlin, habe die Absicht kundgegeben, auf einige Wochen als Gast in Kilkenny Castle zu verweilen, eine Mitteilung, die der Graf als eine höchst erwünschte alsbald mit einem zärtlichen und glückwünschenden Schreiben erwiderte, in dem er es als eine besondere Gunst des Himmels hervorhob, seine Gemahlin während seiner Abwesenheit in der Gesellschaft einer Dame zu wissen, die, wie sie seiner Elisabeth nach Gemahl und Kindern das Liebste auf Erden wäre, auch ihm selbst zu allen Zeiten als die Krone ihres Geschlechts erschienen sei.

Während der Graf nunmehr erleichterten Herzens sich zu London den Staatsgeschäften hingab, die von Tag zu Tag immer peinlicher und drohender sich zu verwickeln begannen, sah Gräfin Elisabeth auf Kilkenny Castle daheim mit täglich sich steigernder Ungeduld der Stunde der Wiedervereinigung mit einer Freundin entgegen, welche die Jahre ihrer Jugendblüte teilnehmend und fördernd mit ihr durchlebt, ihr in schwerer Bedrängnis mit Rat und Tat hilfreich zur Seite gestanden und, obgleich älter und gereifter, dennoch die schwärmerische Neigung ihrer jüngeren Gespielin nicht nur geteilt, sondern an Heftigkeit und Leidenschaftlichkeit noch überboten hatte. Endlich verkündeten eines Tages aufwirbelnde Staubwolken die Ankunft der Ersehnten und, von berittenen Dienern umgeben, näherte sich eine schwerfällige Sänfte dem Schloßtore, auf dessen Schwelle die Gräfin mit pochendem Herzen des Augenblickes harrte, der ihr die lang entbehrte Freundin wiedergeben sollte. Mit Lady Isabella Rich war jedoch während der langjährigen nur selten und flüchtig unterbrochenen Trennung der beiden Freundinnen eine so entschiedene und auffallende Veränderung vorgegangen, daß die Gräfin im ersten Augenblicke des Wiedersehens, wenn nicht wie vor einer Fremden, doch im höchsten Grade befremdet und überrascht, mit weit geöffneten Armen, staunend und sprachlos vor ihr stand. Nicht als ob Lady Isabella, wie Unvermählte wohl pflegen, vor der Zeit gealtert, nur noch der Schatten ihrer selbst ihr entgegen getreten wäre; sie stand vielmehr, in der reichsten Fülle weiblichen Reizes, trotz aller Hüllen des unkleidsamen Reiseanzuges blendend schön vor ihr; über ihre anmutigen Züge aber war dabei so hinreißend die Blässe geistiger Reife ausgebreitet, das mutwillige Funkeln ihres blauen Auges war zu einem so leuchtenden Strahle sinnender Schwermut verglommen, um ihre Lippen spielte so verklärend das schmerzliche Lächeln bitterer, aber siegreich überstandener Seelenkämpfe, und solche Würde und Hoheit atmete jede ihrer Bewegungen, daß die Gräfin nahe daran war, ihr wie einer himmlischen Erscheinung zu Füßen zu sinken, wenn nicht Isabella alsbald mit einem lauten Freudenruf die lang entbehrte Freundin umschlungen und an ihr Herz gedrückt hätte.

Wie befremdend und einschüchternd aber der geheimnisvolle Zauber, der über Isabellas ganzes Wesen wie Mondlicht ausgebreitet lag, auch anfangs auf die Gräfin wirken mochte: sie fühlte sich nach wenigen Stunden traulichen Gesprächs um so unwiderstehlicher von ihr eingenommen, als ihr aus jedem Wort, aus jeder Miene das alte treue Herz der Freundin, geläutert in seinen Empfindungen, veredelt in ihrem Ausdruck, aber unverändert in Wohlwollen und Liebe entgegenschlug. Und damit schwand jeder Schatten von Zurückhaltung aus der Seele der Gräfin; selbst der Verdacht, der im Laufe der letzten Jahre so oft in ihr aufgestiegen war, als vermeide Isabella absichtlich mit ihr und den Ihren zusammenzutreffen, wurde als kleinlicher, nunmehr tatsächlich widerlegter Argwohn beiseite gewiesen, und wenn das unbedingte Vertrauen, mit dem sie der Freundin entgegenkam, von dieser auch nicht mit ganz gleicher Hingebung erwidert wurde, wenn Isabella namentlich jeder Erörterung der Ursachen der auffallenden Veränderung, die ihr ganzes Wesen seit ihren Jugendjahren erfahren, sorgfältig aus dem Wege ging, so entschuldigte die Gräfin diese Zurückhaltung mit der Scheu, die wohl jeder empfindet, kaum vernarbte Wunden des Herzens durch Mitteilung wieder aufzureißen; denn nur solche Wunden konnten es sein, die Lady Isabella Rich so umzuwandeln, die sie, die Tochter eines der edelsten Geschlechter des Landes, die Erbin eines bedeutenden Vermögens, zu bestimmen vermochten, die Fülle der Freier, welche sich um ihre Hand bewarben, zurückzuweisen und dem Herbste ihres Lebens unvermählt entgegenzugehen.

Es mochten seit der Abreise des Grafen etwa zehn Tage verstrichen sein, als die Gräfin an einem schönen Herbstmorgen müßig ihren Gedanken sich hingab. Ihre Töchter, drei reizende, von Feuer und Leben strotzende kleine Geschöpfe, waren eben mit ihrer Erzieherin von ihr gegangen; an der Wand ihr gegenüber hingen die Porträte ihrer Söhne, munterer, frischer Knaben, die zu Oxford im Trinity College ihren Studien oblagen. Im beseligenden Gefühle ihres Mutterglückes konnte die Gräfin nicht umhin, wiederholt das harte Schicksal zu beklagen, das ihrer Isabella ähnliche Freuden versagte. Diese Gedanken aber führten sie bald noch weiter in die Vergangenheit zurück. Ihre frühere Jugendzeit stieg farbenhell leuchtend, wie gestern erlebt, vor der Träumenden empor. Sie gedachte lächelnd des tödlichen Hasses, mit welchem die fünfzehnjährige Elisabeth Breston dereinst James Butler, jetzt ihr Gemahl, verfolgte, weil sie, der letzte Sprößling und die Erbin der Grafen von Desmond, an dem Hasse dieses Geschlechtes gegen jenes der Butler festhalten zu müssen glaubte. Dann, die Wangen von lieblichem Erröten übergossen, erinnerte sie sich des Tages, an dem sie ihren Gemahl, damals den Titel Viscount von Thurles führend, zum ersten Male bei Hofe gesehen, und wie der Zauber seiner männlichen Schönheit, die ritterliche Anmut seines Wesens und die glühende Leidenschaft, mit der er ihr huldigte, sie alsbald so ganz gefangennahmen, daß sie, später in dem Geliebten zu ihrem Schrecken einen Butler, einen Todfeind, erkennend, gleichwohl ohne Mühe sich überredete, die Christenpflicht allgemeiner Menschenliebe, wie ihr eigener Vorteil geböten ihr, nicht bloß den alten Haß der Desmonds gegen die Butler für immer zu begraben, sondern auch den endlosen Rechtsstreitigkeiten, in die beide Familien seit Jahren miteinander verwickelt waren, durch die Verbindung mit dem Manne ihrer Wahl endlich ein Ziel zu setzen. Dann aber – und eine Wolke des Unmuts zog auf ihrer Stirne empor –, dann gedachte sie König Jakobs, der das ihm verhaßte Geschlecht der Butler nicht durch das Erbe der Desmonds bereichert sehen wollte und dieser Verbindung seine Zustimmung versagte. Sie gedachte des grausamen Starrsinns, mit dem er sie, um sie jeder Annäherung des Geliebten zu entziehen, der Vormundschaft oder richtiger der Obhut des Grafen von Holland übergeben, und wie dieser sie auf seinem Schlosse Eldon Manor kaum besser als in Gefangenschaft gehalten hatte.

Dort aber hatte sie Lady Isabella Rich, die Nichte des Grafen, damals ein munteres, aufgewecktes, mutwilliges Mädchen, kennen gelernt und ihre Freundschaft gewonnen. Isabella aber war es, wie sie mit Tränen dankbarer Rührung gedachte, die der Verlassenen hilfreich sich angenommen, die Wachsamkeit ihrer Umgebung getäuscht und ihr sogar geheime Zusammenkünfte mit dem Geliebten ermöglicht hatte, bis dieser letztere, die habsüchtigen Günstlinge des schwachen, wunderlichen Königs durch Verheißungen und Geschenke für sich gewinnend, endlich nach einem Jahre schmerzlicher Bedrängnis und schwerer Kämpfe die Zustimmung Jakobs zu ihrer Verbindung zu erringen wußte. Seit jenem Augenblicke aber gedachte sie, einen Blick inniger Liebe auf das Brustbild ihres Gatten heftend, das ihr von der Wand zulächelte, seit jenem Augenblicke sei ihr Leben nur ein sonniger, wolkenlos heiterer Sommertag gewesen, und vierzehn lange Jahre seien ihr verstrichen wie ein seliger Traum! Und wenn sie nun vorwärtsschaute, wenn sie erwog, wie ihr Gemahl, berühmt als Feldherr, noch berühmter als Staatsmann, des Vertrauens seines Königs nicht bloß gewürdigt, sondern in jedem Sinne würdig, schon jetzt in blühendem Mannesalter Graf von Ormonde und Vizekönig von Irland, im Laufe der Jahre notwendig zu immer höheren Würden und Ehren emporsteigen müsse, wie sie selbst, reich, angesehen, mächtig, die Mutter von fünf hochbegabten, blühenden Kindern und dennoch, wie ein zufriedener Blick in den Spiegel ihr bezeugte, in unverwelkter Schönheit selbst jüngere Frauen weit überstrahlend, der unvergänglichen Liebe ihres Gemahls, des schönsten und hervorragendsten Mannes seiner Zeit, gewiß sei, und wie sie selbst ihn mit aller Kraft ihrer Seele liebe – welch ein Herbst reichen Segens, von goldenen Früchten strotzend, welche Fülle des Glückes lag nicht vor ihr!

 

Hufschlag, der im Schloßhofe laut ward, unterbrach sie in ihren Träumen, und als ob der Himmel sich darin gefiele, noch einen Tropfen Freude mehr in den übervollen Becher ihres Glückes zu träufeln, ward ihr auf die Frage, was es gebe, die Antwort: Philipps, der Geheimschreiber des Grafen, sei angekommen und habe ihr ein Schreiben ihres Gemahls zu überreichen. Wirklich stand auch in den nächsten Augenblicken dieser Philipps, ein blasser, schüchterner junger Mann, vor der Gräfin, die ihn mit Fragen nach dem Befinden, nach dem Aussehen, nach der Stimmung ihres Gemahls überschüttete und ihm kaum Zeit zur Antwort gönnte, bis er aus seiner Mappe ein niedliches mit dem Siegel des Grafen versehenes Briefchen hervorgesucht und mit tiefer Verbeugung der Gräfin überreicht hatte. Sobald diese letztere aber erst auf dem Umschlag des Briefes die Aufschrift: »Meiner innigstgeliebten Elisabeth« gelesen und darin die ebenso feste als zierliche Handschrift ihres Gemahls erkannt hatte, brach sie das Gespräch mit dem Überbringer des Briefes, der ihr eben über seine Sendung nach Dublin und andere ihr in diesem Augenblick höchst gleichgültige Umstände berichten wollte, mit einigen höflichen Worten kurz ab, entließ ihn und warf sich in der Wölbung des Erkers in einen Lehnstuhl, um in Sammlung und Ruhe den gesegneten Inhalt des schmerzlich ersehnten, mit Jubel empfangenen Schreibens in sich aufzunehmen. Kaum aber hatte sie das Wachs des Siegels gebrochen und das Blatt mit einem flüchtigen Blicke überflogen, als sie, wie von einer Viper gestochen, emporfuhr, das Blatt sinken ließ und zitternd und blaß mit weit offenen Augen vor sich hinstarrte, als ob ein Gespenst plötzlich schreckend vor ihr auftauche, bis sie nach einer Weile mit der Hand über die mit kaltem Schweiße bedeckte Stirne hinfahrend, als ob sie aus einem schweren Traum erwache, wieder nach dem Blatte griff und es mit schwankender Hand vor sich hinhielt. Sein Inhalt lautete aber so:

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