Die Verschwörung des Fiesco zu Genua

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Die Verschwörung des Fiesco zu Genua
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Friedrich Schiller

Die Verschwörung des Fiesco zu Genua

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Verschwörung des Fiesco zu Genua

Vorrede

Personen des Stücks.

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Vierter Aufzug

Fünfter Aufzug

Impressum neobooks

Die Verschwörung des Fiesco zu Genua

Sallust vom Katilinia

Nam id facinus inprimis ego memorabile

existimo sceleris atque periculi novitate.

Vorrede

Die Geschichte dieser Verschwörung habe ich vorzüglich aus des Kardinals von Retz »Conjuration du Comte Jean Louis de Fiesque«, der »Histoire des Conjurations«, der »Histoire de Gènes« und Robertsons »Geschichte Karls V.« – dem dritten Teil – gezogen. Freiheiten, welche ich mir mit den Begebenheiten herausnahm, wird der Hamburgische Dramaturgist entschuldigen, wenn sie mir geglückt sind; sind sie das nicht, so will ich doch lieber meine Phantasien als facta verdorben haben. Die wahre Katastrophe des Komplotts, worin der Graf durch einen unglücklichen Zufall am Ziel seiner Wünsche zugrunde geht, mußte durchaus verändert werden, denn die Natur des Dramas duldet den Finger des Ohngefährs oder der unmittelbaren Vorsehung nicht. Es sollte mich sehr wundern, warum noch kein tragischer Dichter in diesem Stoffe gearbeitet hat, wenn ich nicht Grund genug in eben dieser undramatischen Wendung fände. Höhere Geister sehen die zarten Spinneweben einer Tat durch die ganze Dehnung des Weltsystems laufen, und vielleicht an die entlegensten Grenzen der Zukunft und Vergangenheit anhängen – wo der Mensch nichts als das in freien Lüften schwebende Faktum sieht. Aber der Künstler wählt für das kurze Gesicht der Menschheit, die er belehren will, nicht für die scharfsichtige Allmacht, von der er lernt.

Ich habe in meinen »Räubern« das Opfer einer ausschweifenden Empfindung zum Vorwurf genommen – Hier versuche ich das Gegenteil, ein Opfer der Kunst und Kabale. Aber so merkwürdig sich auch das unglückliche Projekt des Fiesco in der Geschichte gemacht hat, so leicht kann es doch diese Wirkung auf dem Schauplatz verfehlen. Wenn es wahr ist, daß nur Empfindung Empfindung weckt, so müßte, deucht mich, der politische Held in eben dem Grade kein Subjekt für die Bühne sein, in welchem er den Menschen hintenansetzen muß, um der politische Held zu sein. Es stand daher nicht bei mir, meiner Fabel jene lebendige Glut einzuhauchen, welche durch das lautere Produkt der Begeisterung herrscht, aber die kalte, unfruchtbare Staatsaktion aus dem menschlichen Herzen herauszuspinnen, und eben dadurch an das menschliche Herz wieder anzuknüpfen – den Mann durch den staatsklugen Kopf zu verwickeln – und von der erfindrischen Intrige Situationen für die Menschheit zu entlehnen – das stand bei mir. Mein Verhältnis mit der bürgerlichen Welt machte mich auch mit dem Herzen bekannter als dem Kabinett, und vielleicht ist eben diese politische Schwäche zu einer poetischen Tugend geworden.

Personen des Stücks.

Andreas Doria, Doge von Genua

Ehrwürdiger Greis von achtzig Jahren, Spuren von Feuer. Ein Hauptzug: Gewicht und strenge befehlende Kürze

Gianettino Doria, Neffe des Vorigen. Prätendent

Mann von sechsundzwanzig Jahren. Rauh und anstößig in Sprache, Gang und Manieren. Bäurisch-stolz. Die Bildung zerrissen

Beide Doria tragen Scharlach.

Fiesco, Graf von Lavagna. Haupt der Verschwörung

Junger, schlanker, blühend-schöner Mann von dreiundzwanzig Jahren – stolz mit Anstand – freundlich mit Majestät – höfisch-geschmeidig und ebenso tückisch

Alle Nobili gehen schwarz.

Die Tracht ist durchaus altteutsch

Verrina, verschworner Republikaner

Mann von sechzig Jahren. Schwer, ernst und düster. Tiefe Züge

Bourgognino, Verschworner

Jüngling von zwanzig Jahren. Edel und angenehm. Stolz, rasch und natürlich

Calcagno, Verschworner

Hagrer Wollüstling. Dreißig Jahre. Bildung gefällig und unternehmend

Sacco, Verschworner

Mann von fünfundvierzig Jahren. Gewöhnlicher Mensch

Lomellino, Gianettinos Vertrauter

Ein ausgetrockneter Hofmann

Zenturione,

Zibo,

Asserato, Mißvergnügte

Romano, Maler

Frei, einfach und stolz

Muley Hassan, Mohr von Tunis

Ein konfiszierter Mohrenkopf. Die Physiognomie eine originelle Mischung von Spitzbüberei und Laune

Teutscher der herzoglichen Leibwache

Ehrliche Einfalt. Handfeste Tapferkeit

Drei aufrührerische Bürger

Leonore, Fiescos Gemahlin

Dame von achtzehn Jahren. Blaß und schmächtig. Fein und empfindsam. Sehr anziehend, aber weniger blendend. Im Gesicht schwärmerische Melancholie. Schwarze Kleidung

Julia, Gräfinwitwe Imperiali, Dorias Schwester

Dame von fünfundzwanzig Jahren. Groß und voll. Stolze Kokette. Schönheit verdorben durch Bizarrerie. Blendend und nicht gefallend. Im Gesicht ein böser mokanter Charakter. Schwarze Kleidung

Berta, Verrinas Tochter

Unschuldiges Mädchen

Rosa, Arabella, Leonorens Kammermädchen.

Mehrere Nobili, Bürger, Teutsche, Soldaten.

Bediente, Diebe.

Der Schauplatz Genua. Die Zeit 1547.

Erster Aufzug

Saal bei Fiesco.

Man hört in der Ferne eine Tanzmusik und den Tumult eines Balls.

Erster Auftritt

Leonore maskiert. Rosa, Arabella fliehen zerstört auf die Bühne.

LEONORE reißt die Maske ab. Nichts mehr! Kein Wort mehr! Es ist am Tag. Sie wirft sich in einen Sessel. Das wirft mich nieder.

ARABELLA. Gnädige Frau –

LEONORE aufstehend. Vor meinen Augen! eine stadtkundige Kokette! im Angesicht des ganzen Adels von Genua! Wehmütig. Rosa! Bella! und vor meinen weinenden Augen.

ROSA. Nehmen Sie die Sache für das, was sie wirklich war – eine Galanterie –

LEONORE. Galanterie? – und das emsige Wechselspiel ihrer Augen? Das ängstliche Lauren auf ihre Spuren? Der lange verweilende Kuß auf ihren entblößten Arm, daß noch die Spur seiner Zähne im flammroten Fleck zurückblieb? Ha! und die starre tiefe Betäubung, worein er gleich dem gemalten Entzücken versunken saß, als wär um ihn her die Welt weggeblasen, und er allein mit dieser Julia im ewigen Leeren? Galanterie? – gutes Ding, das noch nie geliebt hat, streite mir nicht über Galanterie und Liebe.

ROSA. Desto besser, Madonna! Einen Gemahl verlieren, heißt zehen Cicisbeo Profit machen.

LEONORE. Verlieren? – ein kleiner aussetzender Puls der Empfindung und Fiesco verloren? Geh, giftige Schwätzerin – komm mir nie wieder vor die Augen! – eine unschuldige Neckerei – vielleicht eine Galanterie? Ist es nicht so, meine empfindende Bella?

ARABELLA. O ja! ganz zuverlässig so!

LEONORE in Tiefsinn versunken. Daß sie darum in seinem Herzen sich wüßte? – daß hinter jedem seiner Gedanken ihr Name im Hinterhalt läge? – ihn anspräche in jeder Fußtapfe der Natur? – Was ist das? Wo gerat ich hin? Daß ihm die schöne, majestätische Welt nichts wäre als der prächtige Demant, worauf nur ihr Bild – nur ihr Bild gestochen ist? – daß er sie liebte? – Julien! O deinen Arm her – halte mich, Bella!

Pause. Die Musik läßt sich von neuem hören.

LEONORE aufgefahren. Horch! War das nicht die Stimme Fiescos, die aus dem Lärme hervordrang? Kann er lachen, wenn seine Leonore im Einsamen weinet? Nicht doch, mein Kind! Es war Gianettino Dorias bäurische Stimme.

ARABELLA. Sie wars, Signora! Aber kommen Sie in ein anderes Zimmer.

LEONORE. Du entfärbst dich, Bella! du lügst – Ich lese in euren Augen – in den Gesichtern der Genueser ein Etwas – ein Etwas. Sich verhüllend. O gewiß! diese Genueser wissen mehr, als für das Ohr einer Gattin taugt.

ROSA. O der alles vergrößernden Eifersucht!

LEONORE schwermütig schwärmend. Da er noch Fiesco war – dahertrat im Pomeranzenhain, wo wir Mädchen lustwandeln gingen, ein blühender Apoll, verschmolzen in den männlich-schönen Antinous. Stolz und herrlich trat er daher, nicht anders, als wenn das durchlauchtige Genua auf seinen jungen Schultern sich wiegte; unsre Augen schlichen diebisch ihm nach und zuckten zurück, wie auf dem Kirchenraub ergriffen, wenn sein wetterleuchtender Blick sie traf. Ach Bella! wie verschlangen wir seine Blicke! Wie parteiisch zählte sie der ängstliche Neid der Nachbarin zu! Sie fielen unter uns wie der Goldapfel des Zanks, zärtliche Augen brannten wilder, sanfte Busen pochten stürmischer, Eifersucht hatte unsre Eintracht zerrissen.

 

ARABELLA. Ich besinne mich. Das ganze weibliche Genua kam in Aufruhr um diese schöne Eroberung.

LEONORE begeistert. Und nun mein ihn zu nennen! Verwegenes, entsetzliches Glück! Mein Genuas größten Mann! Mit Anmut. der vollendet sprang aus dem Meißel der unerschöpflichen Künstlerin, alle Größen seines Geschlechts im lieblichsten Schmelze verband – Höret, Mädchen! Kann ichs nun doch nicht mehr verschweigen! – Höret, Mädchen, ich vertraue euch etwas, Geheimnisvoll. einen Gedanken – als ich am Altar stand neben Fiesco – seine Hand in meine Hand gelegt – hatt ich den Gedanken, den zu denken dem Weibe verboten ist; – dieser Fiesco, dessen Hand itzt in der deinigen liegt – dein Fiesco – aber still! daß kein Mann uns belausche, wie hoch wir uns mit dem Abfall seiner Fürtrefflichkeit brüsten – dieser dein Fiesco – Weh euch! wenn das Gefühl euch nicht höher wirft! – wird – uns Genua von seinen Tyrannen erlösen!

ARABELLA erstaunt. Und diese Vorstellung kam einem Frauenzimmer am Brauttag?

LEONORE. Erstaune, Bella! Der Braut in der Wonne des Brauttags! Lebhafter. Ich bin ein Weib – aber ich fühle den Adel meines Bluts, kann es nicht dulden, daß dieses Haus Doria über unsre Ahnen hinauswachsen will. Jener sanftmütige Andreas – es ist eine Wollust, ihm gut zu sein – mag immer Herzog von Genua heißen, aber Gianettino ist sein Neffe – sein Erbe – und Gianettino hat ein freches, hochmütiges Herz. Genua zittert vor ihm, und Fiesco, In Wehmut hinabgefallen. Fiesco – weinet um mich – liebt seine Schwester.

ARABELLA. Arme, unglückliche Frau –

LEONORE. Gehet itzt und sehet diesen Halbgott der Genueser im schamlosen Kreis der Schwelger und Buhldirnen sitzen, ihre Ohren mit unartigem Witze kitzeln, ihnen Märchen von verwünschten Prinzessinnen erzählen – – das ist Fiesco! – Ach Mädchen! nicht Genua allein verlor seinen Helden – auch ich meinen Gemahl!

ROSA. Reden Sie leiser. Man kömmt durch die Galerie.

LEONORE zusammenschreckend. Fiesco kommt. Flieht! Flieht! Mein Anblick könnte ihm einen trüben Augenblick machen. Sie entspringt in ein Seitenzimmer. Die Mädchen ihr nach.

Zweiter Auftritt

Gianettino Doria maskiert im grünen Mantel. Ein Mohr.

Beide im Gespräch.

GIANETTINO. Du hast mich verstanden.

MOHR. Wohl.

GIANETTINO. Die weiße Maske.

MOHR. Wohl.

GIANETTINO. Ich sage – die weiße Maske!

MOHR. Wohl! Wohl! Wohl!

GIANETTINO. Hörst du? Du kannst sie nur Auf seine Brust deutend. hieher verfehlen.

MOHR. Seid unbekümmert.

GIANETTINO. Und einen tüchtigen Stoß!

MOHR. Er soll zufrieden sein.

GIANETTINO hämisch. Daß der arme Graf nicht lang leide.

MOHR. Um Vergebung – wie schwer möchte ohngefähr sein Kopf ins Gewicht fallen?

GIANETTINO. Hundert Zechinen schwer.

MOHR bläst durch die Finger. Puh! Federleicht.

GIANETTINO. Was brummst du da?

MOHR. Ich sag – es ist eine leichte Arbeit.

GIANETTINO. Das ist deine Sorge. Dieser Mensch ist ein Magnet. Alle unruhigen Köpfe fliegen gegen seine Pole. Höre, Kerl! Fasse ihn ja recht.

MOHR. Aber Herr – ich muß flugs auf die Tat nach Venedig.

GIANETTINO. So nimm deinen Dank voraus! Wirft ihm einen Wechsel zu. In höchstens drei Tagen muß er kalt sein. Ab.

MOHR indem er den Wechsel vom Boden nimmt. Das nenn ich Kredit! Der Herr traut meiner Jaunerparole ohne Handschrift. Ab.

Dritter Auftritt

Calcagno, hinter ihm Sacco. Beide in schwarzen Mänteln.

CALCAGNO. Ich werde gewahr, daß du alle meine Schritte belauerst.

SACCO. Und ich beobachte, daß du mir alle verbirgst. Höre, Calcagno, seit einigen Wochen arbeitet etwas auf deinem Gesichte, das nicht geradezu just dem Vaterland gilt – Ich dächte, Bruder, wir beide könnten schon Geheimnis gegen Geheimnis tauschen, und am Ende hätte keiner beim Schleichhandel verloren – Wirst du aufrichtig sein?

CALCAGNO. So sehr, daß, wenn deine Ohren nicht Lust haben, in meine Brust hinunterzusteigen, mein Herz dir halbwegs auf meiner Zunge entgegenkommen soll – Ich liebe die Gräfin Fiesco.

SACCO tritt verwundernd zurück. Wenigstens das hätt ich nicht entziffert, hätte ich alle Möglichkeiten Revue passieren lassen – Deine Wahl spannt meinen Witz auf die Folter, aber es ist um ihn geschehen, wenn sie glückt.

CALCAGNO. Man sagt, sie sei ein Beispiel der strengsten Tugend.

SACCO. Man lügt. Sie ist das ganze Buch über den abgeschmackten Text. Eins von beiden, Calcagno. Gib dein Gewerb oder dein Herz auf-

CALCAGNO. Der Graf ist ihr ungetreu. Eifersucht ist die abgefeimteste Kupplerin. Ein Anschlag gegen die Doria muß den Grafen in Atem halten und mir im Palaste zu schaffen geben. Während er nun den Wolf aus der Hürde scheucht, soll der Marder in seinen Hühnerstall fallen.

SACCO. Unverbesserlich, Bruder. Habe Dank. Auch mich hast du plötzlich des Rotwerdens überhoben. Was ich mich zu denken geschämt habe, kann ich itzt laut vor dir sagen. Ich bin ein Bettler, wenn die itzige Verfassung nicht übern Haufen fällt.

CALCAGNO. Sind deine Schulden so groß?

SACCO. So ungeheuer, daß mein Lebensfaden, achtfach genommen, am ersten Zehenteil abschnellen muß. Eine Staatsveränderung soll mir Luft machen, hoff ich. Wenn sie mir auch nicht zum Bezahlen hilft, soll sie doch meinen Gläubigern das Fodern entleiden.

CALCAGNO. Ich verstehe – und am Ende, wenn Genua bei der Gelegenheit frei wird, läßt sich Sacco Vater des Vaterlands taufen. Wärme mir einer das verdroschene Märchen von Redlichkeit auf, wenn der Bankerott eines Taugenichts und die Brunst eines Wollüstlings das Glück eines Staats entscheiden. Bei Gott, Sacco! Ich bewundre in uns beiden die feine Spekulation des Himmels, der das Herz des Körpers durch die Eiterbeulen der Gliedmaßen rettet – Weiß Verrina um deinen Anschlag?

SACCO. Soweit der Patriot darum wissen darf. Genua, weißt du selbst, ist die Spindel, um welche sich alle seine Gedanken mit einer eisernen Treue drehen. An dem Fiesco hängt itzt sein Falkenaug. Auch dich hofft er halbwegs zu einem kühnen Komplott.

CALCAGNO. Er hat eine treffliche Nase. Komm, laß uns ihn aufsuchen, und seinen Freiheitssinn mit dem unsrigen schüren!

Gehen ab.

Vierter Auftritt

Julia erhitzt. Fiesco, der einen weißen Mantel trägt, eilt ihr nach.

JULIA. Lakaien! Läufer!

FIESCO. Gräfin, wohin? Was beschließen Sie!

JULIA. Nichts, im mindesten nichts. Bediente. Mein Wagen soll vorfahren!

FIESCO. Sie erlauben – er soll nicht. Hier ist eine Beleidigung.

JULIA. Pah! Doch wohl das nicht! – Weg! Sie zerren mir ja die Garnierung in Stücken – Beleidigung? Wer ist hier, der beleidigen kann? So gehen Sie doch.

FIESCO auf einem Knie. Nicht, bis Sie mir den Verwegenen sagen. –

JULIA steht still mit angestemmten Armen. Ah! Schön! Schön! Sehenswürdig! Rufte doch jemand die Gräfin von Lavagna zu diesem reizenden Schauspiel! – Wie, Graf? Wo bleibt der Gemahl? Diese Stellung taugte ausnehmend in das Schlafgemach Ihrer Frau, wenn sie im Kalender ihrer Liebkosungen blättert, und einen Bruch in der Rechnung findet. Stehen Sie doch auf. Gehen Sie zu Damen, wo Sie wohlfeiler markten. So stehen Sie doch auf. Oder wollen Sie die Impertinenzen Ihrer Frau mit Ihren Galanterien abbüßen?

FIESCO springt auf. Impertinenzen? Ihnen?

JULIA. Aufzubrechen – den Sessel zurückzustoßen – der Tafel den Rücken zu kehren – der Tafel, Graf! an der ich sitze.

FIESCO. Es ist nicht zu entschuldigen.

JULIA. Und mehr ist es nicht? – Über die Fratze! und ist es denn meine Schuld, Sich belächelnd. daß der Graf seine Augen hat?

FIESCO. Das Verbrechen Ihrer Schönheit, Madonna, daß er sie nicht überall hat.

JULIA. Keine Delikatesse, Graf, wo die Ehre das Wort führt. Ich fodre Genugtuung. Finde ich sie bei Ihnen? oder hinter den Donnern des Herzogs?

FIESCO. In den Armen der Liebe, die Ihnen den Mißtritt der Eifersucht abbittet.

JULIA. Eifersucht? Eifersucht? Was will denn das Köpfchen? Vor einem Spiegel gestikulierend. Ob sie wohl eine bessere Fürsprache für ihren Geschmack zu erwarten hat, als wenn ich ihn für den meinigen erkläre? Stolz. Doria und Fiesco? – ob sich die Gräfin von Lavagna nicht geehrt fühlen muß, wenn die Nichte des Herzogs ihre Wahl beneidenswürdig findet? Freundlich, indem sie dem Grafen ihre Hand zum Küssen reicht. Ich setze den Fall, Graf, daß ich sie so fände.

FIESCO lebhaft. Grausamste, und mich dennoch zu quälen! – Ich weiß es, göttliche Julia, daß ich nur Ehrfurcht gegen Sie fühlen sollte. Meine Vernunft heißt mich das Knie des Untertans vor dem Blut Doria beugen, aber mein Herz betet die schöne Julia an. Eine Verbrecherin ist meine Liebe, aber eine Heldin zugleich, die kühn genug ist, die Ringmauer des Rangs durchzubrechen, und gegen die verzehrende Sonne der Majestät anzufliegen.

JULIA. Eine große, große gräfliche Lüge, die auf Stelzen heranhinkt – Seine Zunge vergöttert mich, sein Herz hüpft unter dem Schattenriß einer andern.

FIESCO. Oder besser, Signora, es schlägt unwillig dagegen und will ihn hinwegdrücken. Indem er die Silhouette Leonorens, die an einem himmelblauen Band hängt, herabnimmt und sie der Julia überliefert. Stellen Sie Ihr Bild an diesem Altar auf, so können Sie diesen Götzen zerstören.

JULIA steckt das Bild hastig zu sich, vergnügt. Ein großes Opfer, bei meiner Ehre, das meinen Dank verdient. Sie hängt ihm die ihrige um. So, Sklave! trage die Farbe deines Herrn. Sie geht ab.

FIESCO mit Feuer. Julia liebt mich! Julia! Ich beneide keinen Gott. Frohlockend im Saal. Diese Nacht sei eine Festnacht der Götter, die Freude soll ihr Meisterstück machen! Holla! Holla! Menge Bediente. Der Boden meiner Zimmer lecke zyprischen Nektar. Musik lärme die Mitternacht aus ihrem bleiernen Schlummer auf, tausend brennende Lampen spotten die Morgensonne hinweg – Allgemein sei die Lust, der bacchantische Tanz stampfe das Totenreich in polternde Trümmer!

Er eilt ab. Rauschendes Allegro, unter welchem der Mittelhang aufgezogen wird und einen großen illuminierten Saal eröffnet, worin viele Masken tanzen.

Zur Seite Schenk- und Spieltische, von Gästen besetzt.

Fünfter Auftritt

Gianettino halb betrunken. Lomellin. Zibo. Zenturione. Verrina.

Sacco. Calcagno. Alle maskiert. Mehrere Damen und Nobili.

GIANETTINO lärmend. Bravo! Bravo! Diese Weine glitschen herrlich, unsre Tänzerinnen springen à merveille. Geh einer von euch, streu es in Genua aus, ich sei heitern Humors, man könne sich gütlich tun – Bei meiner Geburt! Sie werden den Tag rot im Kalender zeichnen und drunter schreiben: Heute war Prinz Doria lustig.

GÄSTE setzen die Gläser an. Die Republik! Trompetenstoß.

GIANETTINO wirft das Glas mit Macht auf die Erde. Hier liegen die Scherben. Drei schwarze Masken fahren auf, versammeln sich um Gianettino.

LOMELLIN führt den Prinzen vor. Gnädiger Herr, Sie sagten mir neulich von einem Frauenzimmer, das Ihnen in der Lorenzokirche begegnete?

GIANETTINO. Das hab ich auch, Bursche, und muß ihre Bekanntschaft haben.

LOMELLIN. Das kann ich Euer Gnaden verschaffen.

GIANETTINO rasch. Kannst du? Kannst du? Lomellin, du hast dich neulich zur Prokuratorwürde gemeldet. Du sollst sie erhalten.

LOMELLIN. Gnädiger Prinz, es ist die zweite im Staat, mehr denn sechzig Edelleute bewerben sich darum, alle reicher und angesehener als Euer Gnaden untertäniger Diener.

GIANETTINO schnaubt ihn trotzig an. Donner und Doria! Du sollst Prokurator werden. Die drei Masken kommen vorwärts. Adel in Genua? Laßt sie all ihre Ahnen und Wappen zumal in die Waagschale schmeißen, was braucht es mehr als ein Haar aus dem weißen Bart meines Onkels, Genuas ganze Adelschaft in alle Lüfte zu schnellen? Ich will, du sollst Prokurator sein, das ist soviel als alle Stimmen der Signoria.

 

LOMELLIN leiser. Das Mädchen ist die einzige Tochter eines gewissen Verrina.

GIANETTINO. Das Mädchen ist hübsch, und trutz allen Teufeln! muß ich sie brauchen.

LOMELLIN. Gnädiger Herr! das einzige Kind des starrköpfigsten Republikaners!

GIANETTINO. Geh in die Hölle mit deinem Republikaner! Der Zorn eines Vasallen und meine Leidenschaft! Das heißt, der Leuchtturm muß einstürzen, wenn Buben mit Muscheln darnach werfen. Die drei schwarzen Masken treten mit großen Bewegungen näher. Hat darum Herzog Andreas seine Narben geholt in den Schlachten dieser Lumpenrepublikaner, daß sein Neffe die Gunst ihrer Kinder und Bräute erbetteln soll? Donner und Doria! Diesen Gelust müssen sie niederschlucken, oder ich will über den Gebeinen meines Oheims einen Galgen aufpflanzen, an dem ihre genuesische Freiheit sich zu Tod zappeln soll. Die drei Masken treten zurück.

LOMELLIN. Das Mädchen ist eben itzt allein. Ihr Vater ist hier und eine von den drei Masken.

GIANETTINO. Erwünscht, Lomellin. Gleich bringe mich zu ihr.

LOMELLIN. Aber Sie werden eine Buhlerin suchen und eine Empfindlerin finden.

GIANETTINO. Gewalt ist die beste Beredsamkeit. Führe mich alsobald hin; den republikanischen Hund will ich sehen, der am Bären Doria hinaufspringt. Fiesco begegnet ihm an der Türe. Wo ist die Gräfin?

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